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„Löffel” und Volker, junge Pioniere von der Station Junger Naturforscher, bringen während der Sommerferien ein ganzes Städtchen durcheinander. Aus Übermut lassen sie das zahme Wildschwein Maxi, das auf der Station gehegt und gepflegt wird, aus seinem Gatter heraus. Die Sache wird schlimmer, als es sich die Jungen vorgestellt hatten. Was alles geschieht, bis das Wildschwein wieder eingefangen wird, ist sehr lustig zu lesen.
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Seitenzahl: 130
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Wolfgang Held
Hilfe, ein Wildschwein kommt
ISBN 978-3-96521-033-2 (E-Book)
Die Druckausgabe erschien erstmals 1963 in DER KINDERBUCHVERLAG BERLIN.
Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta
Für Leser von 10 Jahren an
© 2020 EDITION digital
Pekrul & Sohn GbR
Godern
Alte Dorfstraße 2 b
19065 Pinnow
Tel.: 03860-505 788
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Internet: http://www.edition-digital.de
Löffel war wütend. „Lahm!“, sagte er griesgrämig und schnurpste weiter an dem grasgrünen Apfel. Er saß an den Stamm eines Baumes gelehnt, die Knie fast bis ans Kinn gezogen und mit einem Gesicht wie ein Bäcker, dem das Brot im Ofen verbrannt ist. Finster schaute er hinüber zu den Tiergehegen der Station Junger Naturforscher. Zierliche Pekingenten putzten dort am Ufer eines kleinen, künstlich angelegten Teiches gelangweilt ihr Gefieder, ein Pfau stolzierte bedächtig in dem großen Flugkäfig umher und äugte erhaben zu dem unansehnlichen Waldkäuzchen hin, das schläfrig auf seiner Stange hockte. Maxi, das zahme Wildschwein, ließ sich faul die warme Vormittagssonne auf das borstige Fell scheinen und grunzte im Schlummer behaglich, als träume es von saftigen Rüben, knackfrischen Eicheln und anderen Wildschweinleckereien. Im Gehege der Fuchsfamilie regte sich nichts. Meister Reineke hatte mit seinem Anhang die kühle Erdwohnung der Julihitze vorgezogen. Was gab es denn auch schon in der Station zu sehen an diesem stillen Sonnabendvormittag? Die Mädchen und Jungen der Ferienspiele waren heute in aller Frühe aufgebrochen, um den Genossenschaftsbauern der nahen LPG „Frohe Zukunft“ einen Besuch zu machen. Zurückgeblieben waren nur Herr Karst, der Stationsleiter, und die Lagerwache.
Lagerwache! Löffel hätte das Wort an diesem Tag nicht über seine Lippen gebracht, so ärgerte er sich. Da hatte er nun gemeinsam mit seinem Freund Volker tagelang ungeduldig die Stunden gezählt bis zu dem Augenblick, da ihnen die roten Armbinden überreicht wurden, und nun das! Es war zum Ziegelsteine knabbern!
Sie hatten nachts von ihrer Lagerwache geträumt, der Löffel und sein Freund Volker. Das war doch etwas: Mit der roten Binde am Arm in der Station umherspazieren, das Füttern beaufsichtigen und das Revierreinigen, das Signal zum Essen geben und zur Mittagsruhe, kurzum: Die Polizei der Station sein. So eine Lagerwache wie wir beide soll die Station noch nicht erlebt haben, das hatten sie sich vorgenommen. Nicht die kleinste Ordnungssünde soll uns entgehen! Keinen Mucks werden wir während der Mittagsruhe zulassen! Kein Tröpfchen und kein Krümelchen auf den Tischen wird dem Küchendienst verziehen! Wenn wir beide Lagerwache haben, herrscht Disziplin! Wir werden streng sein, passt mal auf!
Und nun war das alles ein Wunschtraum geblieben. Sie trugen wohl die roten Armbinden, aber es gab in der ganzen Station niemanden, an dem sie ihre Aufsichtsgewalt ausüben konnten. Kein einziger Junge, der wegen einer Balgerei zu ermahnen gewesen wäre. Kein Mädchen, das sie wegen einer unordentlich zusammengelegten Schlafdecke hätten rügen können. Nicht mal Besucher ließen sich blicken, die man stolz und sachverständig durch den kleinen Tierpark führen konnte. Was war das also schon für eine Lagerwache? In Löffels Sprachschatz gab es dafür nur ein Wort.
Er sagte es immer, wenn er seiner tiefsten Geringschätzung Ausdruck geben wollte: Lahm!
In der dichten Laubkrone über Löffel wurde ein Knirschen und Knacken laut. Zwei nackte Beine baumelten herab, dann plumpste Volker neben seinem Freund ins Gras. Er knöpfte die Hemdbrust auf, und ein wahrer Apfelsegen kullerte vor Löffels Füße. Gewissenhaft begann Volker zu teilen.
„Kannst du dir vorstellen, wie sie heute Abend prahlen werden?“, fragte Löffel und polierte einen der Äpfel an seinem Hosenbein.
Volker nickte. „Schorch hat gesagt, dass es auch Pferde dort geben soll“, sagte er und biss herzhaft in das harte Fruchtfleisch. Die Kerne im Apfelgehäuse waren noch weiß. Volker kniff beim Kauen die Augen zusammen. Ein Glück, dass der Karst mit seinen Bienen zu tun hat, dachte er. Der würde ganz schön spucken, wenn er uns hier sehen könnte! „Pass auf, die dürfen sogar reiten!“
„Wie du dir das … Hör mal, ich habe einen weniger“, stellte Löffel sachlich fest. Es ging ihm nicht um den Apfel, aber er war für Gerechtigkeit. Wenn geteilt wird, dann muss genau geteilt werden. „Lass nur“, winkte er ab. „Es war nur wegen der Ordnung! … Und reiten dürfen sie bestimmt nicht. Mal streicheln vielleicht, na ja. Reiten auf keinen Fall!“ Er sagte das so entschieden, als wäre er der LPG-Vorsitzende. Volker wiegte trotzdem zweifelnd den Kopf.
„Außerdem hätten wir nicht an den Baum rangekonnt, wenn sie hiergeblieben wären!“, fügte Löffel hinzu, aber es war ihm anzusehen, dass ihm dieser schwache Trost selbst nicht genügte. Ärgerlich warf er den Apfelgriebs im hohen Bogen in das Maisfeld jenseits des Zaunes. Die kräftigen Stauden verdeckten mit ihren breiten Blättern die Sicht zur Stadt, die nicht weit von der Station im Tal das Sonnenlicht auf ihren Dächern spiegelte. Irgendwo dort unten stand auch die nun schon seit zwei Wochen verwaiste Schule, aber gerade an sie dachten in diesen Tagen Löffel und Volker am allerwenigsten. Was wären das auch schon für Ferien, wenn man dabei an Diktate und Mathematik denken müsste?
„Komm, wir geben Maxi etwas ab“, schlug Volker plötzlich vor. Ein schwaches Piken in der Magengegend machte ihn stutzig. Auch Löffel war auffällig schnell bereit, seinen restlichen Apfelvorrat dem borstigen Vierbeiner zu spenden.
Maxi hob träge den Kopf, als die beiden Jungen ihre Arme auf das Gatter legten. Mit seinen kleinen Augen blinzelte es ihnen zu, was wohl soviel heißen sollte wie: Ach, ihr seid es! Ich würde ja zur Begrüßung herankommen, aber bei dieser Hitze … Na, ihr nehmt mir das sicher nicht übel, Freunde! – Und Maxi schlummerte weiter. Es zuckte zwar ein paarmal genießerisch mit dem schwarzen Rüssel, als die Äpfel in den Trog polterten, aber die Faulheit blieb stärker als die Fresslust.
„Dem ist es genau so langweilig wie uns“, meinte Volker verständnisvoll. Er hatte sein Kinn auf die Arme gestützt und betrachtete Maxi mitfühlend. Anders Löffel. Er vermochte seinen Unwillen weniger im Zaum zu halten. Klatschend schlug er die Hand auf den Gatterbalken und schimpfte: „So ein Mist aber auch! Wenn hier doch wenigstens was passieren würde. Ein kleines Feuer meinetwegen oder ein Agent … Weiß der Teufel was, nur neidisch sollten sie werden, wenn sie heute Abend von ihren Pferden kommen. Verstehst du, sie sollen sich ärgern, dass sie nicht hier gewesen sind!“
„Hm“, machte Volker nachdenklich und begann an seinem Daumennagel zu knabbern. Das tat er nur, wenn ihn eine ganz besonders schwierige Frage beschäftigte, beispielsweise, wenn er das Wort Chaiselongue schreiben wollte. Löffel sah es und wurde neugierig. Ungeduldig wartete er auf das Ergebnis der Überlegungen seines Freundes. Er musste ziemlich lange warten. Endlich meinte Volker versonnen: „Ein Agent wäre ganz gut, aber es gäbe noch etwas viel besseres … Ein Löwe!“
„Ein Löwe?“ Löffel schaute seinen Freund an, als hätte der eben vorgeschlagen, dass man sich Zöpfe wachsen lassen sollte. Der spinnt! dachte er. Das muss von der Sonne sein! „Wenn du mich auf den Arm nehmen willst, kommst du an den Falschen.“
Volker hob nicht einmal den Kopf. „Im Ernst“, sagte er ruhig.
„Mit einem Löwen wäre das eine tolle Sache! Ich hab mal so was gelesen. Spannend, kann ich dir sagen!“ Und er erzählte die Geschichte jenes Löwen, der in einem Zirkus ausgebrochen war und erst nach mehrstündiger abenteuerlicher Jagd wieder von mutigen Männern eingefangen wurde. „Wenn wir jetzt so einen Löwen hier in der Station hätten, das wäre Klasse!“, meinte er schließlich träumerisch, als hätte er schon von seinem Weihnachtswunschzettel gesprochen.
„Du meinst, wir könnten ihn einfach rauslassen, den Löwen?“, fragte Löffel und betrachtete seinen Freund erstaunt. „Spinnst du? Zu Gulasch würde uns das Vieh machen, Mensch!“
„Sag bloß, du glaubst, dass die im Zirkus wilde Löwen haben.“ Volker grinste überlegen. „So einen hätten sie damals erschossen, aber nicht wieder eingefangen. Zahm war der. Garantiert! So zahm wie unser Maxi!“
„Wie Maxi?“ Löffel stutzte. Er starrte das in seinem Gehege schlummernde Wildschwein an und dann seinen Freund und wieder das Wildschwein. „Mensch, Volker“, stieß er darauf hervor und massierte aufgeregt die Stoppelhaare an seinem Hinterkopf. „Ich habe eine Idee. Eine lässige Idee!“
Wenn Löffel „lässig“ sagte, meinte er das Gegenteil von „lahm“. Und es gab für ihn eine ganze Menge „lässiger“ Dinge. Die Sputniks und die Weltraumfahrer, der Radweltmeister im Straßenfahren, bunt karierte Sporthemden, chromblitzende Straßenkreuzer, Piloten der Interflug und Götterspeise mit Vanillesoße, um nur eine kleine Auswahl davon zu nennen.
„Du denkst …“ Volker sprach nicht weiter. Den Rest des Satzes verriet sein Blick. Er sah zu Maxi hin.
„Genau!“, trumpfte Löffel auf. Mit zwei Schritten war er bei der Gattertür. Er spähte in Richtung des Bienenhauses, aber vom Stationsleiter war auch jetzt noch nichts zu sehen. „Los, hol einen Eimer Wasser!“, befahl er seinem Freund, der verdattert Löffels Tun beobachtete. Dem gefiel dieses Zögern gar nicht. Unwillig schnaubte er: „Nun sei bloß kein Frosch! Wir sagen, dass es passiert ist, als wir die Tränke nachfüllen wollten, klar?“
„Nee! Das könnten wir doch auch von außen“, widersprach Volker und rührte sich nicht von der Stelle. Natürlich wusste er, dass ihnen von Maxi keine Gefahr drohte. Bestimmt war es das lammfrommste Wildschwein der Welt. Ein Förster hatte es den Jungen Naturforschern geschenkt, als es noch im Frischlingsalter gewesen war. Die Mädchen und Jungen hatten es mit der Nuckelflasche großgezogen. Nun hätte jeder von ihnen unbesorgt in Maxis Gehege schlafen können, so friedlich war es. Und trotzdem erwachte in Volker ein ungutes Gefühl bei dem Gedanken, den inzwischen immerhin meterhohen und ziemlich schwergewichtigen Vierbeiner so einfach in der Station umherlaufen zu lassen. Wer konnte denn wissen, was in einem Wildschweinkopf bei solch einem ungewohnten Spaziergang alles vorgehen würde?
„Nun hol schon das Wasser! Stell dir vor, wie die staunen, wenn wir ihnen heute Abend erzählen, wie wir Maxi eingefangen haben! … Bist du festgewachsen oder feige?“
„Ich gehe ja schon.“ Volker nickte nun doch. Auf die ganz bestimmt neidvollen Gesichter der anderen heute Abend hätte er vielleicht noch verzichtet, aber den Vorwurf der Feigheit wollte er nicht auf sich sitzen lassen. In diesem Punkt war er empfindlich. Feig sein ist schließlich viel schlimmer als einen schmutzigen Hals haben. Es ist überhaupt das Schlimmste für einen Jungen.
Keine zwei Minuten vergingen, und Volker stampfte mit einem randvollen Eimer herbei. Er beeilte sich so sehr, dass ihm das Wasser auf die Füße schwappte. Er achtete nicht darauf.
Löffel hatte die Gattertür schon sperrangelweit geöffnet. Er nahm seinem Freund den Eimer ab. „Bleib hier draußen und schnapp dir einen Besen. Maxi darf nicht zum Tor kommen!“, sagte er. Sein Gesicht glühte vor Eifer.
Ahnungslos duselte Maxi, umgeben von behaglicher Sonnenwärme. Es hörte das Wasser in den Tränktrog plätschern und wackelte ein wenig mit seinen buschigen Ohren. Störungen mochte es jetzt gar nicht. Gewiss wäre es nicht so unbekümmert liegengeblieben, wenn es gesehen hätte, was in dieser Minute hinter seinem struppigen Rücken vorging. Löffel konnte froh sein, dass Wildschweine nun mal ebenso wie Menschen keine Augen im Nacken haben. Vielleicht wäre sonst alles anders gekommen.
Volker hatte einen Besen gefunden. Wie eine spießbewehrte Schildwache stand er damit in der Nähe des großen Flugkäfigs. Ein Fahrweg führte von dort aus durch das einen Steinwurf weit entfernte, stets geöffnete Tor. Ein paar hundert Meter weiter erreichte der Weg dann eine Kastanienallee, die vom Berg herab zwei Reihen mächtiger Baumkronen vorbei am Stadtpark bis in die weite Häuserinsel hineinschob.
Achtung! sollte eine Handbewegung Löffels heißen. Volker fasste den Besen fester. Er sah, wie sein Freund sich mit halberhobenem Eimer Maxi langsam von hinten näherte. Der hat nicht mal die Hälfte des Wassers in die Tränke geschüttet, vermutete er und hatte recht damit. Ihm wurde heiß. Er hielt jetzt den Besen wie einen Jagdspieß. Die Igelitborsten waren gegen den Gattereingang gerichtet. Volker wollte Löffel noch mit einem Warnruf zurückhalten, doch da war es auch schon geschehen!
Alles ging blitzschnell. Löffel kippte den Eimer. Maxi quietschte empört auf. Die kühle Wasserflut triefte von seinem schwarzen Fell. Mit einem Satz war es auf den Beinen. Einen Augenblick stand es wie versteinert. So etwas war ihm schließlich in seinem ganzen Wildschweinleben noch nicht vorgekommen. Eine Frechheit! Entrüstet schüttelte Maxi die Nässe und den Schreck ab. Für Sekunden war es eingehüllt in einen glitzernden Schleier aus tausend Wassertröpfchen. Dann wandte es sich bedächtig zu Löffel um. Der erstarrte. Maxi schenkte der offenen Gattertür keinen Blick. Es interessierte sich allein für den Übeltäter. Löffel konnte die kleinen Augen blitzen sehen. Schnüffelnd und gemächlich kam Maxi näher. Löffel wich zurück. Schon spürte er im Rücken die Gatterbalken. Unter normalen Umständen wäre das für einen Jungen wie ihn kein Hindernis gewesen, aber jetzt wagte er nicht, dem Wildschwein den Rücken zuzuwenden. Beinahe beschwörend schaute er ihm entgegen. Nur noch ein Meter war zwischen ihnen. Schützend hielt Löffel den Eimer vor seine Knie. „Komm doch her, Volker!“, rief er, und es klang gar nicht mehr selbstsicher. Eher wie ein Hilferuf.
Jetzt hatte Maxi den in seinem Gehege ungebetenen Gast erreicht. Auf Löffels Stirn wuchsen kleine glänzende Schweißperlen. Wieder rief er nach Volker. Seine Stimme war schrill, aber auch das brachte seinen Freund nur bis zum Gattereingang. Dort blieb er mit vorgehaltenem Besen stehen und ließ lediglich ein klägliches „Schschschschttt – schschschschschttt“ vernehmen. Maxi drehte nicht einmal den spitzen Kopf.
Löffel war im Irrtum, wenn er sich von dem Wildschwein schon gebissen, zerrissen und zertrampelt glaubte. Maxi verstand einen Spaß und auch einen schlechten Scherz. Maxi war kein Spielverderber und … Maxi hatte die Kinder gern. Seelenruhig schob es den Eimer zur Seite.
„Hihihihihi“, kicherte Löffel los und ging auf die Zehenspitzen, weil ihm die feuchte Wildschweinschnauze zutraulich die nackten Waden kitzelte. Seine Furcht zerschmolz dabei wie Schnee in der Frühlingssonne. Drei, vier Atemzüge später war er schon wieder ganz der Alte. „Komm doch rein, du Memme. Maxi tut dir ja nichts!“, rief er seinem Freund großspurig zu und tat so, als könne er den schwarzen Vierbeiner um den kleinen Finger wickeln.
Volker war nicht so schnell zu überzeugen. Er raffte seinen ganzen Mut zusammen und kam nur vorsichtig näher. Erst als auch er dem zufrieden grunzenden Wildschwein eine Weile unbeschadet das drahtige Fell gekrault hatte, wurden seine watteweichen Knie wieder fest.
„Das ist noch mal gut gegangen“, sagte er aufatmend und hielt nunmehr die Aktion für beendet. Er schlug vor, das Feld zu räumen, bevor sie vielleicht noch vom Stationsleiter entdeckt würden. Das Betreten des Geheges ist streng verboten, erinnerte er Löffel, doch der tippte den Zeigefinger gegen die Stirn. „Du musst doch nicht alle Hühner auf der Stange haben, dass dir das jetzt einfällt!“, sagte er grimmig. „Einfangen, habe ich gesagt … Also muss Maxi hier erst mal raus! Ausbrechen, du Träne!“
„Aber wenn wir nun heute Abend einfach erzählen …“, widersprach die „Träne“ kleinlaut, verstummte aber sofort wieder vor dem Blick des Freundes.
„Schwindeln kommt bei mir nicht in Frage“, entschied Löffel energisch und gab zu verstehen, dass er jedes weitere Wort in dieser Richtung als schmählichen Verrat betrachten würde. Volker hätte dieser Auffassung von Ehrlichkeit eine Menge entgegensetzen können, aber er schwieg wohlweislich, denn er kannte seinen Freund. Löffel, der Dickkopf, bringt es fertig und macht es allein. Ich kneife nicht!
Löffel musste allerdings bald erkennen, dass die Geschichte mit dem Einfangen leichter gedacht als getan war. Um jemanden wieder einzufangen, muss er schließlich erst einmal ausgerissen sein. Und gerade dabei machte Maxi Schwierigkeiten. Es war einfach nicht zu bewegen, sein Gehege zu verlassen. So sehr die beiden Freunde auch lockten, das Wildschwein blieb stur und setzte keine Zehe über die Grenze seiner Behausung.
Lange rieb Löffel seinen Hinterkopf, bis er endlich die Lösung gefunden zu haben glaubte: „Wir müssen es herausschieben!“
Gesagt, getan. Sie stemmten ihre Hände gegen Maxis Hinterteil, schwitzten und stöhnten, und … es gelang!
Neugierig betrachtete Maxi die ungewohnte Aussicht. Es trippelte ein paar Schritte nach rechts, ein paar Schritte nach links und schien keinen rechten Gefallen an dieser gatterlosen Umgebung zu finden. Schon schaute es wieder sehnsüchtig zu seinem Gehege hin, als die Dinge plötzlich eine überraschende Wendung nahmen.
Von Löffel und Volker unbemerkt, wurde über dem Hügel, der das Bienenhaus verbarg, zuerst ein breitkrempiger Imkerhut sichtbar. Unter dem Hut tauchte ein Kopf auf und unter dem Kopf ein Oberkörper, und endlich stand dort in voller Lebensgröße der Stationsleiter. Ja, er stand, denn der unerwartete Anblick lähmte ihm die Beine. Er kniff die Augen fest zu, riss sie wieder weit auf und wollte es immer noch nicht für möglich halten. „Maxi!“, rief er so laut, dass der Pfau im Flugkäfig erschrocken seinen schillernden Federfächer zusammenklappte. „Maxi!“ Und das hätte Herr Karst nicht tun sollen! War schon der unschuldige Pfau durch diesen Ruf wie von einem Stein getroffen, so wirkte die Stimme vom Hügel auf die beiden Freunde wie ein ganzes Dutzend Gewitterblitze gleichzeitig.