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Die erste Pizza, Gianna Nannini, der Bagnino am Strand und das Gelato am Abend: Für die meisten von uns war Italien das erste exotische Reiseziel und ist bis heute ein Sehnsuchtsort geblieben. Dieses Buch richtet sich an alle, die in Kindheit und Jugend ihre Urlaube in Italien verbracht haben und bis heute davon geprägt sind. In üppiger Bildsprache verspricht es eine Zeitreise mit Gänsehaut-Garantie, begleitende Essays erklären die Faszination des Landes und seiner Küche. Zahlreiche klassische Rezepte verführen zum Nachkochen, moderne Neuinterpretationen typischer Traditionsgerichte finden ihren Platz. Und mit der richtigen Playlist im Ohr kommt in der heimischen Küche sofort echtes Trattoria-Gefühl auf.
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Seitenzahl: 156
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© eBook: 2024 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
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Projektleitung: Dr. Maria Haumaier, Eva-Maria Hege
Lektorat: Eva Stadler
Bildredaktion: Nafsika Mylona
Korrektorat: Anne-Sophie Zähringer
Covergestaltung: Eva Stadler
eBook-Herstellung: Evelynn Ruckdäschel
ISBN 978-3-8338-9453-4
1. Auflage 2024
Bildnachweis
Coverabbildung: stock.adobe.com: links oben; laif: rechts oben; Getty Images: rechts unten; Unsplash: links unten
Fotos: Alamy; AWL Images; Heike Bogenberger; Bridgeman Images; dpa picture alliance; Klaus-Maria Einwanger; gemeinfrei; Getty Images; Huber Images; imago; INTERFOTO; iStockphoto; laif; look photos; Mauritius Images; Mathias Neubauer; Pexels; seasons.agency; Shutterstock.com; Eva Stadler; stock.adobe.com; Stockfood; Franz Sußbauer; Unsplash; Nicky Walsh
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Hier begann für viele die Italienliebe: am Gardasee. Der Ort Limone sul Garda liegt am nordwestlichen Ufer.
Toskana-Klassiker: sanfte Hügel, mächtige Villen, Zypressen und Olivenhaine.
Zauberhafte Stimmung: das Navigli-Viertel in Mailand.
Am oder auf dem Wasser: Nachtleben in Venedigs Stadtteil Cannaregio.
Unbekümmert kombiniertes Mobiliar, Essen quasi auf der Straße: Restaurant in Catania auf Sizilien.
Für uns Kinder damals der ultimative Ferientraum: Strand, Mittelmeer, den ganzen Tag planschen, fertig.
Keine Scheu vor starken Farben: typische Fassade in einem italienischen Örtchen.
Perfekte Mischung aus vertraut (Berge) und aufregend fremd (Palmen): Hafen von Limone sul Garda am Gardasee.
Bougainvilleen kommen eigentlich aus den Tropen, doch auch auf der Südseite der Alpen gefällt es ihnen gut.
We call it a Knutschkugel: Zwischen 1957 und 1975 wurde der erste Fiat 500 gebaut.
Wurde schon in den 1970er- und -80er-Jahren angesteuert: Bibione mit seinen endlosen Reihen von Sonnenschirmen.
Es musste nicht immer der Gardasee sein: Hier springen zwei Jungen in den Caldonazzosee im Valsugana-Tal.
Warum es uns seit jeher in den Süden zieht
Oh, du große Verführerin! Während der kühle Märzregen den letzten Schnee fortwusch, schleppten wir uns im nachmittäglichen Grau von der Schule nach Hause. Und entdeckten die ersten Reisekataloge auf dem Wohnzimmertisch. Bunte Prospekte voller Sonne, Strand und leichtbekleideter Menschen.
Urlaubsreisen wurden von unseren Eltern damals über Monate geplant, inklusive ausführlichem Brief- und Faxverkehr und Besuchen im Reisebüro, was ohne Internet ja auch gar nicht anders ging. Routen wurden mit Textmarkern im Autoatlas markiert, jenem unverzichtbaren Zubehör eines jeden Fernreisenden, als es noch keinerlei Navigationssysteme gab.
An besonders trüben Tagen war Italien immer präsent, nicht nur in Reiseprospekten und Atlanten. Im Fernsehen, etwa in der ZDF-Hitparade, traten Alice und Loretta Goggi auf. Im Radio hörten die Älteren Conny Froboess (»Zwei kleine Italiener«) und Caterina Valente (»Tschau, Tschau, Bambina«), die Jüngeren Zucchero, Gianna Nannini und Eros Ramazzotti.
Vokuhila-Frisuren, labbrige T-Shirts: Touristen in Rom, 1985. Vom Sanremo-Festival in die ganze Welt: Eros Ramazzotti (links). Wie köstlich (und wie riesig) konnte Obst sein: Kinder mit Wassermelone am Strand, 1970er-Jahre.
Im Kino verzückten uns die Italofilme mit Adriano Celentano, der mit seinem schütteren Haar und der merkwürdig geschwungenen Unterlippe eigentlich wie das Gegenteil eines Gigolos aussah, aber vielleicht war das sein Erfolgsgeheimnis – sein unglaublicher Charme, sein Charisma und seine Präsenz ließen sogar Ornella Muti dahinschmelzen. Seine Filme waren das pure Dolce Vita, er besiegte alle mit Cleverness und guter Laune. Konnte das Leben wirklich so wunderbar unbeschwert sein? Ganz anders lösten es Bud Spencer und Terence Hill. Dass die beiden tatsächlich Italiener waren, war für uns Jugendliche eine große Überraschung. Dass Terence Hill nahezu perfekt Deutsch spricht und als Kind einer Deutschen die apokalyptische Bombennacht von Dresden im Februar 1945 überlebt hat, gehört zu den erstaunlichsten unbekannten deutsch-italienischen Geschichten. (Seit 2022 ist er übrigens auch deutscher Staatsbürger.) Und zu den Filmen der beiden passte der heitere Sound von Oliver Onions – dahinter verbargen sich die Brüder Guido und Maurizio De Angelis aus Rom, die übrigens auch »Santa Maria« komponierten, einen Schlager, der in der deutschen Version, gesungen von Roland Kaiser, ein gigantischer Erfolg wurde.
Apropos: Der Italo-Discosound war stilbildend und für viele von uns die erste Musik, zu der wir uns auf die Tanzfläche trauten: zu Gazebos »Lunatic« und »I Like Chopin«, zu Ryan Paris’ »Dolce Vita« oder zu Den Harrows Playback-Performances. Diese Musik dann im Urlaub an der Strandbar zu hören, war eigenartig vertraut und exotisch zugleich.
Aber nichts ging über die Erfahrung des italienischen Essens. Wie anders und wie gut! Wir Kinder waren keine Feinschmecker, wahrlich nicht. Wir tauchten kopfüber in die Pasta, schnitten ungelenk in die Pizza; wir machten vieles falsch. Aber wir wussten, dass hier etwas Besonderes vor sich ging: Jede Nudel, jedes Pizza-prosciutto-Achtel machte etwas mit uns. Jeder Bissen ließ unsere Liebe zu dem Land ein klein wenig weiter wachsen.
Mit diesem Buch wollen wir Erinnerungen an unsere frühen Reisen wachrufen: das aufgeregte Ankommen, den betörenden Duft, die munteren Melodien und das heiße Prickeln eines mediterranen Sommers.
Wir wollen Italien entdecken, als wäre es das erste Mal.
Was italienische Restaurants in Deutschland mit uns machen
Sollen sie es doch versuchen mit ihren rot-weiß karierten Tischdecken, den Tropfkerzen auf Weinflaschen, dem Fresco an der Wand und vielleicht noch Zucchero oder Eros im Hintergrund, in ambitionierten Lokalen gern in der Instrumentalversion. Egal, wie viel Kitsch sie uns entgegenwerfen: Unser Herz haben italienische Restaurants dennoch.
Dafür gibt es viele Gründe. Der erste und ganz banale: Italiener sind einfach gute Gastgeber. Schon bei unserem zweiten Besuch wissen sie, dass wir das Wasser lieber still als sprudelnd haben und auf der Weinkarte besonders gern bei den aufgelisteten Pinot Neros schauen. Dass wir keinen Brotkorb brauchen, dafür gern ein paar Grissini mehr, grazie. Und der dottore und die dottoressa bekommen natürlich ihren Lieblingsplatz in der Ecke, wie immer. Diese Anreden sind keine Schau, sondern auch in Italien selbst üblich: Wer erkennbar einen Schulabschluss hat, wird so angeredet, und Luft nach oben ist immer: professore (für alle Akademiker ab Grundschullehramt), presidente (auch für den Präsidenten der örtlichen Trachtenvereins), avvocato (wie Gianni Agnelli) oder cavaliere (wie Silvio Berlusconi). Der Handwerker freut sich über ein maestro, der Carabiniere im Dorf ist der maresciallo. Ein bisschen ist das höflich-ironisches Spiel, aber il rispetto vor allen Tätigkeiten, ob studiert oder nicht, ist durchaus dabei.
Diese Professionalität ist den studentischen Bedienungen im aktuellen Szenebistro fremd, denn die betrachten das Kellnern als unter ihrer Würde. In Italien ist der Beruf des cameriere dagegen ein angesehener Karriereweg, und die camerieri sind auch mächtig stolz auf die Speisen, die sie an den Tisch tragen, was generell die Stimmung hebt. Reibereien zwischen weißer und schwarzer Brigade, in vielen Restaurants zu beobachten, sind hier selten. Auch, weil oft enge innerfamiliäre Bindungen bestehen.
Mangiare bedeutet „essen“ auf Italienisch, aber es ist so viel mehr als das. Italienische Restaurants sind wie eine Familie. Das drückt sich auch im Sprachgebrauch aus: Wir gehen nicht ins „Bella Venezia“, sondern „zu Enzo“.
Essen beim Italiener: Das ist ein Kurzurlaub ohne lästige Nebengeräusche, dafür mit viel Nostalgie.
Daraus ergibt sich eine in der Gastronomie einmalige personelle Kontinuität. Gigi war schon vor zehn Jahren da, ist heute wieder da und wird vermutlich auch in zehn Jahren da sein. Pasquale, der vor fünfzehn Jahren der Tochter noch kleingeschnittene Lasagne und Buntstifte gebracht hat, serviert nun den Prosecco zu ihrer Abifeier. Italienische Restaurants sind wie eine Familie. Das drückt sich auch im Sprachgebrauch aus: Wir gehen nicht ins »Bella Venezia« oder »Roma«, sondern »zu Enzo«. Und einer der besten Italiener der Republik hieß »Ana e Bruno«.
Italienische Küche ist etwas, auf das wir alle uns einigen können, ungewohnt und vertraut zugleich. Sie ist von allen fremden Küchen die zugänglichste, die generationenübergreifendste. Von Kindern, die keine Spaghetti mit Tomatensauce mögen, hat noch kein Volkskundler je gehört. Und Omis Dritte, die beim Krustenschweinebraten an ihre Grenzen stoßen, haben keine Schwierigkeiten mit den Tortellini.
Zum Italiener gehen wir aber nicht nur zum Essen, sondern auch, um Teil einer Gemeinschaft zu sein. Jenes virtuellen Dorfs, das sich dort versammelt. Der Piazza, auf der jeder mit jedem plaudert. Wir sehen bekannte Gestalten, nicht nur beim Personal. »Beim Italiener« – da trifft sich die Nachbarschaft. Dazu passt, dass italienische Restaurants selten raffiniert eingerichtet sind. Sie sind oft viel zu hell, die Akustik ist eine Katastrophe, die Tische und Stühle wackelnde Massenware. Im Lieblingsitaliener des Autors grüßt am Eingang in Augenhöhe ein Feuerlöscher. Das ist deswegen erstaunlich, weil Italiener ja ganz wesentlich Architektur- und Designprinzipien begründet haben, die noch heute gelten. Aber so wie in Italien auch, wo in den Trattorien gern mal ein Fernseher läuft, ist das Ambiente nebensächlich. Es kommt nicht darauf an, wo man ist, sondern mit wem.
Jeder Besuch weckt auch Nostalgie, denn die echten Italiener sterben aus. Die meisten Pizzerien sind schon längst in den Händen von Südosteuropäern und Asiaten, auch immer mehr italienische Traditionslokale auf dem Land werden verdächtig in »Adria-Grill« umbenannt; die Adria ist groß und schwappt ans Ufer vieler Staaten. Der Zauber verschwindet. Denn die Kinder und Enkel der Köche und camerieri wollen lieber echte dottori werden, so wie ihre Klienten, die mit den großen Autos vorfahren.
Also ist jeder Gang zum Italiener auch ein bisschen mit Angst verbunden. Doch unser Italiener, wie wir bei unserem Besuch mit einem zufriedenen Seufzer feststellen, wehrt sich tapfer. Gigi und Pasquale sind noch da. Und wir setzen uns erleichtert auf die wackligen Stühle an unserem Lieblingsplatz in der Ecke.
Irgendwann geht es zu Ende.
Aber nicht heute.
Der Siegeszug einer emilianischen Spezialität
Auch in der Firmenkantine leben wir unsere italianità aus und träumen uns in den Süden: Seit dem Jahr 2020 haben nämlich die Spaghetti bolognese, gern »Bolo« genannt, die Currywurst als Mittagessen Nummer eins in Betriebsgaststätten verdrängt.
In Deutschland liebt man ein Gericht, das es in Italien so eigentlich gar nicht gibt.
Enthalten das Glückshormon Serotonin oder regen den Körper an, es zu produzieren: Nudeln, Käse, Tomaten. Ob die »Bolo« deswegen so sehr geliebt wird?
Italiener bekommen immer ein leichtes Ziehen in der Seele, wenn sie den Begriff Spaghetti bolognese lesen oder hören. Warum das so ist? Weil es dieses Gericht eigentlich gar nicht gibt, jedenfalls nicht in den traditionellen Restaurants Italiens und schon gar nicht in Bologna selbst. Das hat zwei Gründe. Erstens sind Spaghetti die falschen Nudeln, die Fleischsauce wird traditionell mit Tagliatelle serviert, also breiteren Bandnudeln aus Eierteig. (Und wenn schon Spaghetti, dann doch bitte Spaghetti grossi, die dickere Variante, denn dünne Spaghettini, wie sie in Deutschland üblich sind, halten dem kräftigen Sugo nicht stand.) Zweitens heißt es in Italien nicht Tagliatelle bolognese, sondern Tagliatelle al ragù. Die Herkunftsbezeichnung wird nicht mitgenannt. Es gibt, finden Traditionalisten (vor allem diejenigen aus Bologna), eben nur das einzig wahre ragù, nämlich das aus Bologna, und deswegen ist jede weitere Bezeichnung überflüssig, ja beinahe beleidigend.
Nichts geht mehr bei Sterzing in Südtirol: Stau im Jahr 1987.
Die Brennerautobahn führt uns in den Süden – doch der Weg hat seinen Preis. Auch jenseits der Maut
Was für ein elendiges Nadelöhr! Die Brennerautobahn ist seit jeher Traum und Trauma zugleich. »Wenn die Räder noch rollen, ist alles gut«, sagen die Eltern, wenn hinter München der Stau beginnt. Dann rollen die Räder nicht mehr.
»Solange die Leute nicht aussteigen, geht es gleich weiter«, sagen die Eltern. Dann steigen die Leute aus ihren Fahrzeugen.
Keiner hat ein Auge für die Autobahn selbst, dieses Meisterwerk der Ingenieurskunst, die genialen Brücken, die klugen Kurven …
Der Asphalt flirrt vor Hitze, es riecht nach Benzin und Gummi und Teer, und die Klimaanlage – soweit überhaupt vorhanden! – hat längst schlapp gemacht.
Alle sind genervt. Und keiner hat ein Auge für die Autobahn selbst, die A 22, dieses Meisterwerk der Ingenieurskunst, die genialen Brücken, die klugen Kurven, die behutsamen Steigungen trotz der gewaltigen Höhenunterschiede. Noch in den 1930er-Jahren galt eine Autobahn über die Alpen als nicht realisierbar, doch nach dem Zweiten Weltkrieg zwang der Verkehr die Verantwortlichen, das Unmögliche zu versuchen. Die Europabrücke, die 1963 eröffnet wurde, führt in 190 Metern Höhe über das Tal der Sill, ist eine der höchsten Brücken der Welt und hält auf ihren bis zu 146 Meter hohen Pfeilern 12 Millionen Autos pro Jahr aus.
Aber nein, all das interessiert uns nicht. Wir freuen uns nur, wenn alle wieder in ihre Autos steigen, wenn die Motoren angeworfen werden, wenn die Räder Richtung Süden rollen, erst langsamer, dann immer schneller.
Und kein Eis schmeckt besser als das nach dem überstandenen Stau – am liebsten ein Dolomiti mit Dolomitenblick.
Schirme mit Charme in Monterosso al Mare an der ligurischen Küste.
Weit im Süden und traumhaft schön: der Strandclub La Fontelina auf Capri.
Farben, Farben, Farben: Man könnte Tage damit verbringen, einfach das südliche Licht zu bewundern.
Kirche, Festung, winziger Hafen: das malerische Vernazza, eines der jahrhundertealten Dörfer der Cinque Terre.
Ferien in Milano Marittima – das nichts mit Mailand zu tun hat, sondern an der Adria liegt.
Der freundliche Service von Campari hat es sicher in unzählige Fotoalben geschafft: Uhr und Schaukel im seichten Wasser.
materia prima
Keine Spezialität prägt unser Bild von Italien stärker als Spaghetti, Tagliatelle & Co.
Italien ohne Nudel ist überhaupt nicht vorstellbar. Seit dem fünften Jahrhundert vor Christus sind in Europa die ersten Mühlvorrichtungen nachgewiesen, bis zur Pasta von heute war es aber noch ein weiter Weg: In der Rezeptsammlung des Marcus Gavius Apicius aus dem ersten Jahrhundert vor Christus mit Namen De re coquinaria (»Über die Kochkunst«) werden Nudeln nicht erwähnt, dafür aber Flamingozungen, Sauzitzen und gefüllte Haselmäuse.
Um Apicius’ Zeit kannten die Römer immerhin ein Gericht namens lagane, bei dem es sich um einen nudelähnlichen Teig aus Mehl und Wasser handelte, der aber nicht in Wasser gekocht, sondern gebraten oder im Ofen gebacken und ausgewalzt wurde. Die Walzung war wichtig, um die vielen Parasiten abzutöten, die sich im Mehl munter vermehrten. Weist das Wort lagane auf die spätere Lasagne hin? Unklar. Obwohl Chinas Klima eher prädestiniert für den Reisanbau ist, tauchen in der Han-Periode ab 200 vor Christus erste schriftliche Zeugnisse eines Gerichts namens lawoan auf, bei dem es sich offenbar um gefüllte Teigtaschen handelte.
Im Jahr 1154 berichtet der arabische Geograf Idrisi, dass im sizilianischen Ort Trabia bei Palermo eine fadenförmige Pasta hergestellt wird, die in der weiteren Umgebung und bis nach Arabien exportiert wird – der erste unumstößliche Nachweis der heutigen Pasta im Mittelmeerraum. Und auch ein Beleg dafür, dass Italien schon früh als Nudelexporteur auftrat. Italiener sehen diesen Reisebericht übrigens als Beweis, dass sie und nicht die Chinesen die Nudel in ihrer heutigen Form erfunden haben.
Ab dem frühen 13. Jahrhundert findet sich die Pasta in italienischen Rezeptsammlungen und in anderen schriftlichen Dokumenten, besonders anschaulich im Decamerone von Giovanni Boccaccio, wo in der dritten Novelle des achten Tages das Land der Bengodi beschrieben wird, die italienische Version des Schlaraffenlands: »Ein gewaltiger Berg aus geriebenem Käse, auf welchem Menschen waren, die nichts anderes taten als Makkaroni und Ravioli zu formen und sie in der Brühe vom Kapaun zu kochen.«