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Die Hamburger Kommissare Uwe Jörgensen und Roy Müller kämpfen gegen die Mafia. Ein Mitglied der Hamburger Mafia hat sich entschlossen auszusagen, doch bevor es dazu kommt, wird der Staatsanwalt ermordet. Die Polizei zieht die Schlinge enger. Kommt es noch zur Aussage?
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Seitenzahl: 155
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Kommissar Jörgensen und der Kronzeuge der Mafia: Mordermittlung Hamburg
Peter Haberl and Chris Heller
Published by BEKKERpublishing, 2024.
Title Page
Kommissar Jörgensen und der Kronzeuge der Mafia: Mordermittlung Hamburg Kriminalroman
Copyright
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von Peter Haberl & Chris Heller
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Die Hamburger Kommissare Uwe Jörgensen und Roy Müller kämpfen gegen die Mafia. Ein Mitglied der Hamburger Mafia hat sich entschlossen auszusagen, doch bevor es dazu kommt, wird der Staatsanwalt ermordet. Die Polizei zieht die Schlinge enger. Kommt es noch zur Aussage?
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Alfred Bekker
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© dieser Ausgabe 2024 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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Es war ein bewölkter Herbstabend in Hamburg, und ich saß am Hafen auf der alten Kaimauer. Das Plätschern der Wellen gegen die Steine und das Rufen der Möwen hatten etwas Beruhigendes. In den letzten Jahren war das Angeln für mich weniger ein Hobby und mehr eine Flucht vor dem Alltagslärm und den immer düsterer werdenden Fällen geworden. Mein Kollege Roy meint oft scherzhaft, ich hätte mehr Geduld als ein Heiliger, aber in Wirklichkeit war es eher eine meditative Übung, denn Fische holte ich selten aus der Elbe.
Seit fast zwanzig Jahren bin ich nun bei der Kripo Hamburg, und meine Karriere hat Höhen und Tiefen erlebt. Einen Großteil meiner Arbeit verbringe ich mit Fällen, die mir nachts den Schlaf rauben. Ich sehe die Stadt jeden Tag von ihrer besten und von ihrer schlimmsten Seite. Die Reeperbahn mit ihren bunten Lichtern, in denen die Schatten der Nachtgestalten tanzen; die labyrinthartigen Straßen der Altstadt, in denen jedes alte Gebäude scheinbar eine Geschichte von Verbrechen in seinen Mauern trägt; und der Hafen, dessen kriminelle Unterströmungen tief und schwer zu durchschauen sind.
Heute dachte ich an die letzten Wochen und die bevorstehenden Herausforderungen. Kriminaldirektor Jonathan Bock hatte uns gestern Nachmittag ins Büro gerufen. Sein durchdringender Blick sagte uns sofort, dass etwas Großes anstand. Er zog eine Akte hervor und legte sie bedächtig auf den Tisch. „Jörgensen, Müller, wir haben es mit einer Serie von Morden zu tun. Die Opfer sind alle Frauen, alle im gleichen Alter, alle auf ähnliche Weise getötet. Die Medien haben noch keinen Wind davon bekommen, aber das wird nicht lange so bleiben.“
Ich seufzte und erinnerte mich daran, wie mein Kollege Roy Müller und ich wortlos den Raum verlassen hatten. Es ist selten, dass wir beide sprachlos sind. Normalerweise folgt auf ein solches Briefing ein wortreicher Austausch darüber, wie wir vorgehen wollen, aber diese Fälle schienen uns beiden einen Kloß im Hals zu bescheren. Wir wussten, dass uns lange Nächte bevorstehen würden, die durchsetzt sind mit Sorge, Kaffee und viel Papierkram.
Während ich mit meinen Gedanken am Hafen saß, wurde mir bewusst, dass ich gar nicht wirklich an den Fischen interessiert war. Vielmehr war es der Kampf gegen das Verbrechen, der mich antreibt. Die Mörder und Diebe, die sich in den Schatten der Hansestadt verstecken, halten mich auf Trab. In solch stillen Momenten wird mir immer klar, wie sehr ich diese Stadt liebe. Hamburg ist widersprüchlich – glänzend und düster, offen und geheimnisvoll zugleich. Aber sie ist meine Stadt. Und ich bin fest entschlossen, sie zu beschützen.
Der Wind frischte auf und riss mich aus meinen Gedanken. Ich packte meine Angel zusammen und machte mich auf den Weg zurück zum Hauptkommissariat. Roy würde sicherlich noch im Büro sein, vertieft in die Aktenberge, die unser gemeinsamer Albtraum und unser Lebenswerk zugleich darstellten. Es war Zeit, sich dem nächsten Fall zu widmen - einem Fall, der uns fordern würde und den wir trotzdem lösen würden. Denn dafür leben wir, Roy und ich. In den Schatten dieser Stadt und im Licht unserer Entschlossenheit.
Der Weg zurück ins Hauptkommissariat führte mich durch die beleuchteten Straßen der HafenCity. Die moderne Architektur spiegelte sich im glitzernden Wasser der Elbe wider, und die friedliche Szenerie stand im krassen Kontrast zu dem dunklen Netz aus Verbrechen, das tief unter der Oberfläche lauerte. Ich hatte Mühe, mich von der Schönheit der nächtlichen Stadt nicht zu sehr ablenken zu lassen, wusste jedoch, dass jede Minute, die ich zögerte, eine Minute zu viel war.
Als ich das Hauptkommissariat erreichte, begrüßte mich das vertraute Dröhnen der automatischen Türen und das Summen der Neonlichter. Die Luft war erfüllt von der Mischung aus Kaffee und Papier, die den Duft der Detektivarbeit ausmachte. Ich ging direkt zu unserem Büro, wo ich Roy erwartete. Und wie ich es mir gedacht hatte, saß er dort, vertieft in die Mordakten, die Kriminaldirektor Bock gestern präsentiert hatte.
*
Hamburg bei Nacht – ein schimmerndes Gemälde aus Neonlichtern, verschwommenen Silhouetten und schattigen Gassen. Auf der Reeperbahn, wo das Leben nie stillsteht, mischt sich der Duft von Parfum mit dem Geruch von gegrillten Würstchen und dem süßlichen Hauch von Marihuana.
Am westlichen Ende der Straße, nahe dem berüchtigten Club „El Dorado“, lehnte sich Karim, ein charismatischer, aber skrupelloser Drogendealer, an die kühlen Backsteinmauern. Er beobachtete die Menge mit wachsamen Augen. Sein Handy vibrierte – eine Nachricht von einem neuen Kunden. Schnell tippte er eine Antwort und verschwand in die Dunkelheit.
Ein paar Schritte weiter winkte Lilly, eine elegante Edel-Prostituierte, einem vorbeifahrenden Wagen zu. Ihre langen blonden Haare fielen ihr in sanften Wellen auf die Schultern, ihr roter Lippenstift war perfekt aufgetragen. Doch ihre Augen verrieten Geschichten von gebrochenen Herzen und durchwachten Nächten. „Hey Süße, lang nicht mehr gesehen!“, rief eine tiefe Stimme hinter ihr.
Es war Vince, einer der bekanntesten Zuhälter der Gegend, mit einem maßgeschneiderten Anzug und einer goldenen Uhr am Handgelenk. Ein Mann, der wusste, wie man Türen öffnet, die für andere verschlossen waren. „Hast du Neuigkeiten für mich?“, fragte er, das Eau de Toilette, das er trug, wehte in einer der unzähligen Duftwolken zu Lilly hinüber.
Im „Blue Velvet“, einer eleganten Bar, die sich durch sensationelle Cocktails und noch sensationellere Skandale auszeichnete, führte Besitzerin Elena ein Gespräch mit Axel, einem smarten Geschäftsmann. Er hatte gerade eine neue Geschäftsidee vorgestellt, die sich um eine exklusive Serie von Privatpartys drehte. „Und was wird aus den Einnahmen?“, fragte sie, ihre Augen funkelten vor Interesse und Misstrauen zugleich. „Wir teilen fair, 70 zu 30“, antwortete Axel mit einem Lächeln, das Gefahr und Versprechen gleichzeitig in sich trug.
An einer Straßenecke, notgedrungen und unterkühlt, versammelte sich eine Gruppe von Obdachlosen um ein brennendes Fass. „Hast du den neuen Typ im Viertel gesehen?“, fragte Paul, ein älterer Mann mit struppigem Bart. „Der, mit den vielen Tätowierungen?“, antwortete Lisa, während sie ihre dünne Decke enger um sich zog. „Der gehört bestimmt zu den Rockern. Hab gehört, die suchen hier nach einer neuen Basis.“
Direkt gegenüber war der „Red Dragon“, ein Club, der für seine knallharten Türsteher und die lautesten Nächte bekannt war. Tom, ein muskulöser Türsteher mit vielen Kämpfen auf seinem Buckel, lehnte gelassen an der Mauer und begrüßte die Gäste. „Habt ihr schon das Neueste gehört?“, fragte er seine Kollegen. „Die Clans wollen das Gebiet vergrößern. Es wird bald richtig heiß hier.“
In einem stillen Winkel der Reeperbahn, dort, wo die Schatten immer ein wenig tiefer sind, schlich sich Alex, ein gewiefter Taschendieb, durch die Menge. Immer auf der Suche nach seiner nächsten Beute, tauchte er in eine Menschenmenge ein und kam mit einer glänzenden Uhr in der Hand wieder heraus.
Hamburg, diese Stadt der Lichter und Finsternis, schien nie zu schlafen. Hier, wo Geschichten aufeinanderprallten und Schicksale sich untrennbar verflochten, lebten und kämpften die Menschen. Jeder von ihnen trug ein Geheimnis mit sich, verborgen unter der Oberfläche. Und auch wenn die Nacht ruhig schien, kündigte sich bereits am Horizont ein Sturm an, der alles verändern würde.
Doch davon wussten die Bewohner der Reeperbahn zu diesem Zeitpunkt noch nichts.
Während sie sich ahnungslos in ihre kleinen Dramen vertieften, kreuzten sich ihre Wege in einem unsichtbaren Netz aus Intrigen und unausgesprochenen Absprachen, das die Reeperbahn fest im Griff hielt.
Unweit der berühmten Davidwache, in einer stilleren Ecke der Reeperbahn, saß Rolf, der ehemalige Besitzer eines einstmals florierenden Musikclubs, auf einer Parkbank. Vor Jahren hatte er alles verloren – sein Geschäft, seine Frau und fast seine Würde. Nun gab er vor, ein harmloser Säufer zu sein, starrte in die Sterne, während er doch jede Bewegung in seinem ehemaligen Königreich genauestens beobachtete. „Der Schlüssel zur Macht ist Informationen“, murmelte er leise vor sich hin, wippte im Takt einer unsichtbaren Melodie mit dem Fuß.
Die Nacht begann langsam, sich ihrer eigenen Magie hinzugeben, als neue Akteure die Bühne betraten. Marina, eine Stripperin aus dem „Velvet Rose“, zog die Blicke auf sich, als sie nach ihrer Show im Hinterhof eine Zigarette anzündete. Ihre Bewegungen waren selbstbewusst, doch ihre Augen suchten zwischen den Schatten der anrainenden Gebäude. „Alles okay, Marina?“, fragte Sonja, ihre Kollegin, die nach der Show ebenfalls frische Luft schnappte.
„Ja, klar“, antwortete Marina knapp, dann fügte sie leiser hinzu: „Hast du etwas über den neuen Besitzer gehört?“
Sonja nickte. „Er soll richtig gefährlich sein. Es heißt, er hat Verbindungen zu den ukrainischen Clans.“
Im „Dragon's Den“, der Lieblingsplatz der Motorradclubmitglieder, stieg der Lautstärkepegel. Rocco, der Anführer des „Iron Fist“-Motorradclubs, erhob sein Glas und prostete seinen Kameraden zu. „Auf die Erweiterung unseres Territoriums!“, rief er und erntete zustimmendes Geheul. „Aber vergesst nicht, Jungs“, er wurde plötzlich ernst, „die Clans schlafen nicht. Wir müssen vorbereitet sein.“
Währenddessen schlenderte Felix, ein gewiefter Immobilienhai, den Kiez entlang. Er hatte ein großes Projekt in der Pipeline – ein luxuriöses Hotel, das alles verändern könnte. „Holger, ich brauche diese Zustimmung nächste Woche“, flüsterte er in sein Handy. „Und vergiss nicht, vor Ort zu sein. Ein paar Scheinchen hier und da sollten die richtigen Leute überzeugen.“
Nicht weit von dort stand ein alter, heruntergekommener Laden, dessen einst neonfarbendes Schild nur noch flackerte. Drinnen befand sich ein kleiner Raum, in dem sich Max, ein einst erfolgreicher Boxtrainer, und Lars, ein junger Boxer mit strahlenden Augen und einem dunklen Geheimnis, aufhielten. „Du hast Potenzial, Junge“, sagte Max, während er Lars beobachtete, wie dieser den Sandsack bearbeitete. „Aber du musst dich von den Drogen fernhalten. Die Clans werden dich sonst zerstören.“
Lars starrte seinen Trainer an, seine Nerven waren angespannt. „Ich versuche es, Max. Aber es ist schwer, wenn sie andauernd an deine Tür klopfen.“
Der Mond stand hoch über der Stadt, als sich die verschiedenen Geschichten und Geheimnisse weiter verwoben. Jeder Schritt, jede Entscheidung, jedes gehauchte Versprechen trug zur wachsenden Spannung bei, die wie ein unsichtbares Band über Hamburg lag.
Und während die meisten Menschen an der Reeperbahn ihre nächtlichen Ablenkungen suchten, ihre eigenen kleinen Siege und Niederlagen erlebten, erwachte die Stadt in ihrer düsteren Pracht. Hamburg war eine Stadt, die niemals schlief, und in dieser Nacht, wie in jeder anderen Nacht, kreuzten sich Schicksale, wurden Pläne geschmiedet und die unerschütterliche Ordnung des Kiezes herausgefordert – alles unter dem scharfen, stillen Blick der Sterne.
Doch was niemand ahnte, war, dass jede Nacht, jede flüchtige Begegnung und jedes halb geäußerte Geheimnis ihre Schicksale zunehmend miteinander verknüpfte. Bald würde das Verborgene ans Licht treten und die goldenen Fassaden würden Risse bekommen. Und diejenigen, die noch heute frei durch die Schatten wandelten, könnten schon bald vor den allgegenwärtigen Konsequenzen stehen.
»Weber hat sich entschlossen, gegen Maurizio De Santis Anklage zu erheben«, sagte Herr Bock.
»Ausgesprochen mutig«, antwortete ich. »Das wird Marco De Santis gar nicht gefallen.«
»In den Nachrichten wurde von Morddrohungen gegen Weber berichtet«, bemerkte Roy.
»Das ist richtig«, antwortete der Chef der Kriminalpolizeilichen Ermittlungsgruppe des Bundes und nickte. »Lange Zeit stand es auch auf der Kippe, ob überhaupt Anklage erhoben wird. Aber jetzt hat sich ein Mann namens Jimmy Schneider als Kronzeuge der Anklage zur Verfügung gestellt.«
»Es gibt tatsächlich jemand, der es wagt, gegen einen De Santis auszusagen«, entfuhr es mir.
»Ja. Allerdings ist das Leben dieses Mannes bedroht. Darum habe ich Sie beide dazu ausersehen, ihn zu beschützen.«
Wir hatten einen neuen Job.
Roy ließ seine Stimme erklingen: »Man wirft De Santis einige Morde, Schutzgelderpressung, Drogenhandel und eine ganze Reihe weiterer Verbrechen vor. Wenn man ihm nur einen Bruchteil davon beweisen kann, dann wandert er bis zum Ende seines Lebens hinter Gitter. In welcher Sache will dieser Schneider gegen ihn aussagen?«
»Es geht um insgesamt drei Morde, die De Santis in Auftrag gegeben haben soll. Man hat Schneider Straffreiheit und Zeugenschutz zugesichert. Er befindet sich in einer Wohnung in Volksdorf, die der Kriminalpolizei gehört. Zwei Kommissare befinden sich bei ihm. Jim Möller und Bernhard Anders. Da aber die Angelegenheit einer gewissen Brisanz nicht entbehrt, beauftrage ich Sie mit der Bewachung. Schneider darf auf keinen Fall etwas zustoßen. Und nur bei Ihnen beiden weiß ich ihn in den besten Händen.«
»Das wird Jim und Bernhard nicht gefallen«, gab ich zu bedenken.
»Darauf kann ich keine Rücksicht nehmen«, erwiderte der Chef. »Es gibt Dinge, die persönlichen Interessen vorgehen. Danach muss ich meine Entscheidungen ausrichten.«
»In welchem Zusammenhang steht Schneider zu den De Santis‘?«, fragte ich.
»Er hat im Auftrag von Maurizio De Santis versucht, einen von De Santis‘ Konkurrenten zu erschießen. Ich weiß nicht, ob Ihnen der Name Carmona etwas sagt – Mario Carmona. Carmonas Bodyguards verletzten Schneider, anhand seiner DNA wurde er überführt, seine Verhaftung war nur noch eine Formalität. Er ließ sich auf den Deal mit der Staatsanwaltschaft ein und wurde auf freien Fuß gesetzt, weil er selbst im Gefängnis vor De Santis nicht sicher gewesen wäre.«
»Wir müssen also einen Killer beschützen«, knurrte Roy ohne die Spur von Begeisterung.
»Schneider ist ein sehr wichtiger Mann für die Anklagebehörde«, versetzte Herr Bock. Und nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Hans-Steffen Weber hat sich dem Kampf gegen das organisierte Verbrechen verschrieben. Er kann – wenn es zu einer Verurteilung von De Santis kommt -, der italienischen Mafia einen empfindlichen Schlag versetzen.« Der Chef lächelte. »Nicht von ungefähr ordne ich meine besten Leute ab, um Schneider zu bewachen.«
»Vielen Dank für das Kompliment«, sagte ich. Dann bat ich den Chef, uns die Adresse der Wohnung in Volksdorf zu nennen.
Zwanzig Minuten später waren wir auf dem Weg. Es war zehn Uhr vorbei und Hamburg stand wieder einmal vor dem verkehrsmäßigen Kollaps. Bremsen, anfahren, bremsen... Ein Hupkonzert erfüllte die Straßenschluchten. Man musste eine Menge Geduld aufbringen und obwohl ich wirklich ein sehr geduldiger Mann war, brachte das Fahrverhalten so manches Zeitgenossen meine Nerven zum Schwingen.
Nun, wir kamen nach fast einer Stunde glücklich in Volksdorf an. Die beiden Kollegen, die Schneider bewachten, waren telefonisch in Kenntnis gesetzt worden, dass wir sie ablösten. Ein Codewort war vereinbart worden.
Roy läutete an der Wohnungstür.
»Wer ist draußen?«, ertönte es aus dem Lautsprecher.
»Jörgensen und Müller.«
»Wer schickt euch?«
»Alpha, Delta.« Das stand für Chef der Kriminalpolizeilichen Ermittlungsgruppe des Bundes und war die Losung.
Die Tür wurde geöffnet.
Wir wechselten ein paar belanglose Worte mit den Kollegen. Nur Möller ließ ein paar anzügliche Worte wegen ihrer Ablösung fallen. Weder Roy noch ich gingen darauf ein. Schließlich zogen die beiden ab. Ich wandte mich Jimmy Schneider zu, der im Wohnzimmer in einem Sessel saß und uns misstrauisch beäugte.
»Ich bin Kommissar Jörgensen«, stellte ich mich vor und wies auf Roy. »Kommissar Müller. Man hat Sie sicher darüber in Kenntnis gesetzt, dass wir Ihre Bewachung übernehmen.«
Schneider nickte. Er war ein Mann von etwa vierzig Jahren, seine Haare hatten eine rotblonde Färbung und waren gewellt, seine Augen waren von einer blassblauer Farbe. Sie waren kalt wie die Augen eines Reptils. Ein Blick in sie sagte mir, dass dieser Mann keine Skrupel kannte und über Leichen ging. Ich verspürte Abneigung.
»Ja, man hat mich informiert«, erklärte Schneider und seine Stimme klang etwas heiser. Sie passte irgendwie zu diesem Mann. Meine Antipathie wuchs. »Ich hoffe, Sie halten, was man sich von Ihnen verspricht. Man hat Sie mir als zwei besonders fähige Beamte beschrieben. Marco De Santis wird alles daransetzen, um zu verhindern, dass ich gegen seinen Bruder aussage.«
»Wir wissen Bescheid«, gab Roy zu verstehen und schürzte die Lippen. »Keine Sorge. Wir werden Sie behüten wie unseren Augapfel. Sie sind nämlich ein sehr wichtiger Mann.«
»Ihr dürft mir glauben, dass der Staatsanwalt kein Wort von mir erfahren hätte, wenn mir nicht das Wasser bis zum Hals stünde. Sich mit De Santis anzulegen ist so gut wie ein Todesurteil. Doch um zu sterben, fühle ich mich noch zu jung.«
»Werden Sie mit Ihrer Aussage auch Marco De Santis belasten?«, wollte ich wissen.
»Mit dem hatte ich nie etwas zu tun. Ebenso wenig mit Giuseppe Marchetti, seiner rechten Hand. Soviel ich weiß, waren Marco und Maurizio De Santis als Bosse der Italienermafia gleichberechtigt. Das ist aber auch alles. Allerdings muss Marco fürchten, dass Maurizio umfällt, wenn ihn der Staatsanwalt in die Enge treibt. Deshalb wird Marco alle Hebel in Bewegung setzen, um mich mundtot zu machen. Das zu verhindern ist Ihr Job.«
»Dieser Hinweis war überflüssig«, knurrte Roy etwas genervt. »Man hat uns unmissverständlich instruiert.«
Mir war klar, dass auch mein Kollege diesen Jimmy Schneider nicht leiden konnte. Und der Blick, den mir Roy jetzt zuschoss, unterstrich diese Vermutung auf unmissverständliche Weise.
Maurizio De Santis besprach sich mit seinem Anwalt. Sie befanden sich in einem der dafür vorgesehen Räume im Gefängnis. De Santis war zweiundvierzig Jahre alt und dunkelhaarig. Bei dem Anwalt handelte es sich um einen Vertrauten der De Santis-Brüder.
»Es handelt sich um Jimmy Schneider, der sich bereit erklärt hat, gegen dich auszusagen«, sagte der Anwalt. »Marco hat seine Beziehungen spielen lassen und es herausgefunden. Man wirft Schneider versuchten Mord vor.«
»Dieser verdammte Hund«, knirschte Maurizio. »Wenn er aussagt, bin ich geliefert. Wie können wir verhindern, dass er mich belastet?«
»Marco meint, dass er sich etwas einfallen lassen wird. Und du weißt, auf Marco ist Verlass. Die Kriminalpolizei bewacht Schneider. Aber das ist für Marco sicher kein Hindernis.«
»Was ist, wenn es ihm nicht gelingt, Schneider auszuschalten?«
»Dann hast du ein Problem. Und ich kann dir nicht helfen.«
»Verdammt!«