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Der Chef der Kriminalpolizeilichen Ermittlungsgruppe des Bundes lässt Kriminalkommissar Uwe Jörgensen zu sich kommen, um ihn über etwas zu informieren, das Jörgensen mit Entsetzen vernimmt und in große Sorge versetzt. Sein Kollege und Freund Roy Müller wurde angeschossen und sein Leben steht auf Messers Schneide. Aufgrund Personalmangels hatten sich die beiden Kommissare ihre Fälle geteilt. Doch nun ermittelt Jörgensen in beiden Fällen und muss dabei feststellen, dass man es auch auf ihn abgesehen hat ...
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Seitenzahl: 267
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Kommissar Jörgensen und der letzte Fall seines Kollegen: Mordermittlung Hamburg Kriminalroman
Pete Hackett and Chris Heller
Published by BEKKERpublishing, 2024.
Title Page
Kommissar Jörgensen und der letzte Fall seines Kollegen: Mordermittlung Hamburg Kriminalroman | Krimi von Peter Haberl & Chris Heller
Copyright
Kapitel 0: Schatten über den Hafen
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
––––––––
Der Chef der Kriminalpolizeilichen Ermittlungsgruppe des Bundes lässt Kriminalkommissar Uwe Jörgensen zu sich kommen, um ihn über etwas zu informieren, das Jörgensen mit Entsetzen vernimmt und in große Sorge versetzt. Sein Kollege und Freund Roy Müller wurde angeschossen und sein Leben steht auf Messers Schneide.
Aufgrund Personalmangels hatten sich die beiden Kommissare ihre Fälle geteilt. Doch nun ermittelt Jörgensen in beiden Fällen und muss dabei feststellen, dass man es auch auf ihn abgesehen hat ...
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Alfred Bekker
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© dieser Ausgabe 2024 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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Alles rund um Belletristik!
Die Straßen von Hamburg waren ein Netz aus Geschichten, verwoben wie die Stränge einer alten Schiffsleine. Es war eine Stadt, in der das Licht der Häuser mit dem neonfarbenen Glanz der Reeperbahn um die Wette strahlte. Hier begegneten sich Träume und Abstürze, überlagert von dem salzigen Geruch des nahen Wassers.
In einer schmalen Gasse, nicht weit vom geschäftigen Treiben der Landungsbrücken, lehnten zwei Gestalten an einer schäbigen Wand. Es waren Jimmy und Reza, ein ungleiches Duo. Während Jimmy, ein kleiner, zotteliger Typ mit einem dauerhaften Grinsen, seinen Boden als Taschendieb verstand, war Reza ein breit gebauter Kerl mit einem kühlen Blick, der seine Geschäfte im Schatten des Nachtlebens führte – Drogen waren sein Metier.
„Hast du die neue Lieferung gesehen?“, fragte Jimmy mit einem schelmischen Funkeln in den Augen. „Wurde gleich um die Ecke im Club 'Blaue Nacht' angeliefert. Der Türsteher hat mir einen Blick darauf gewährt, der Stoff ist erstklassig!“
Rezas Mundwinkel zogen sich nach oben, aber sein Blick blieb wachsam. „Die Jungs von den Clans sind schon seit Wochen daran, die Kontrolle über den Markt zu übernehmen. Du steckst da rein und bist ruckzuck weg vom Fenster, mein Freund.“
Jimmy zuckte mit den Schultern, „Ich weiß, aber das Risiko ist das Adrenalin – und das Geld!“
Ein paar Straßen weiter, in der verwahrlosten Bar „Schattenblick“, saß Moni, eine strahlende Frau mit einem schillernden Farbenspiel in ihrem Haar. Sie war eine Stripperin, die den Hunger der Männer nach Vergnügen und Ablenkung stillte und gleichzeitig die Last ihrer eigenen Träume trug. Moni schüttelte den Kopf über die debilsten Männerfantasien, während sie Polaroids ihrer besten Tänze sortierte.
„Das ist kein Leben“, murmelte sie leise, als ein dicker Zuhälter mit Goldketten über ihr kam, um ihr ihre Miete für den Abend abzunehmen. Er grinste und ließ sich auf den Barhocker fallen, „Mach mal einen guten Abend für die Jungs, Moni!“
„Sicher, Timo, aber nicht für einen Preis, den du nicht würdig bist“, antwortete sie schelmisch und mischte ihm einen Drink, den er nicht so schnell vergessen würde.
Auf der anderen Seite der Reeperbahn war ein belebter kleiner Kneipentreff, das „Hafenkind“. Der Besitzer, Klaus, ein Kerl mit einer Vorliebe für alte Rockmusik, schüttelte den Kopf über das Geschehen, das ihm ständig unter den Augen durchlief. „Die Stadt frisst uns alle“, seufzte er und machte eine Runde durch die Menge. „Aber nicht so schnell. Und ich lass mich nicht unterkriegen. Hier gibt es noch Platz für die alten Werte.“
Draußen auf der Straße, sammelten sich einige Obdachlose um ein Feuerschalenlager. Einer von ihnen, ein vernarbter Mann namens Rudi, sprach aufgeregt mit einem anderen, „Hast du heute Abend was von den Jungs gehört? Die kommen angeblich wieder vorbei, um zu kassieren.“ Rudi nickte zu einer Gruppe von Rockern, die gerade ihre Maschinen abstellten. „Wenn die erst einmal ins Spiel kommen, wird es gefährlich.“
„Sag es nicht laut, Kumpel“, flüsterte der andere. Doch Rudi grinste, als wäre er ein Teil dieses Spiels, in dem er nicht einmal mitspielen durfte.
Wie immer war die Nacht jung, und mit dem Dunkel kam das Leben. In Hamburg, wo die Schatten der Kriminalität sich in den schmalen Gassen versteckten, wartete jeder auf den nächsten großen Coup oder die unerwartete Wendung, die das Schicksal bereit hielt.
Und während die Stadt pulsierte, zog sich das unsichtbare Netz immer weiter, Band für Band, bis es einen Moment gab, der alles und jeden veränderte.
Die Nacht breitete sich weiter über Hamburg aus, und das Neonlicht der Reeperbahn flimmerte verheißungsvoll, als ob es geheimnisvolle Geschichten erzählen wollte. Als der Abend fortschritt, öffnete das „Hafenkind“ seine Türen für eine neue Klientel – Touristen, auf der Suche nach dem echten Hamburger Nachtleben. Klaus wusste, dass in den Schatten oft gefährliche Verbindungen lauerten.
Im hinteren Bereich der Bar saß eine elegante Frau, deren Ankunft nicht unbemerkt blieb. Lena, die sich selbst als „Beraterin“ bezeichnete, hatte eine Aura, die sowohl anziehend als auch angsteinflößend war. Ihre Gedanken waren ein ständiges Taktieren auf einem Schachbrett, auf dem sich oft auch ihre Kunden und deren fehlerhafte Entscheidungen befanden. Heute war sie nicht hier, um unauffällig zu sein. Sie wollte etwas auslösen.
Währenddessen war Reza in eine schattige Ecke der Bar geraten, seine Augen folgten dem Hin und Her der Leute. Plötzlich spürte er die Absicht hinter Lenas Blick, als ihre Augen sich trafen. Ein kurzes Nicken, und der Deal war in trockenen Tüchern. Es ging um Informationen – wer die Geschäfte in der Gegend kontrollierte, wer rivalisierte und wer bei der nächsten Abrechnung nicht mehr unter den Lebenden sein würde.
„Aber das ist gefährlich, Lena“, warnte er, als sie sich in die Nähe schob. „Die Clans sind nicht zu unterschätzen. Du solltest dich nicht in ihre Angelegenheiten mischen, sie sind rücksichtslos.“
Sie lächelte, und die Schönheit ihres Ausdrucks vermischte sich mit einer kalten Berechnung. „Oh, Reza. In dieser Stadt, wo jeder seine eigenen Schatten hat, muss ich nur sicherstellen, dass meine Dunkelheit diejenigen um mich herum nicht verschlingt. Ich biete dir eine Gelegenheit an. Möchtest du sie wahrnehmen?“
In dem Moment kam Moni zurück, die nach einem schnellen Auftritt eine Runde Drinks für das Publikum servierte. Sie hatte die Anspannung zwischen den beiden gespürt und wollte nicht, dass Lena ihre Pläne weiter schmieden konnte. „Reza! Sei vorsichtig mit ihr. Sie hat einen finsteren Plan, und ich kann immer noch sehen, wie der Teufel direkt in ihre Augen brennt“, warnte sie und ließ sich unauffällig zwischen die beiden drängen.
Währenddessen fiel der Blick von Klaus auf die Gruppe, die gerade die Bar betreten hatte – eine Clique von Rockern, die in der Stadt für ihre unbändige Aggressivität bekannt waren. Er hatte schon viel über sie gehört, ihre Exzesse und illegalen Geschäfte waren in der Gegend ein offenes Geheimnis. Eine Mischung aus Nervosität und Faszination überkam ihn, und er sammelte schnell alle Warnzeichen, während er sie beobachtete.
Einer der Rocker, ein großer Typ mit einer Skimütze, erkannte Klaus’ zögernde Miene. „Hey, Wirt! Was ist los, du siehst aus, als ob du einen Geist gesehen hast?“
Klaus erwiderte mit einem schiefen Lächeln, „Nichts dergleichen. Nur der alltägliche Wahnsinn in dieser Stadt. Ihr seid nicht gerade für eure milden Manieren bekannt.“
Die Gruppe lachte, und für Klaus war klar, dass diese Nächte nie langweilig waren. Aber beim Lachen - und beim Trinken - wurden die Wunden manchmal tiefer.
Draußen, in der Gasse, flüsterte Rudi einem anderen Obdachlosen zu: „Hast du das gehört? Es gibt Gerüchte, dass die Jungs von den Clans sich an die Rocker heranmachen wollen. Es wird unbemerkt geschehen, aber ich kann die Luft darin schon riechen. Ein Sturm zieht auf.“
Mit einem tiefen Atemzug bemerkte der andere: „Hier gibt es nie Frieden, mein Freund.“
Die Stadt lebte einmal mehr in der Dämmerung, gefangen zwischen Krawall, Verlangen und den verlockenden Versprechungen des Verborgenen. Triebe und Sehnsüchte prallten aufeinander, während die Uhr unaufhaltsam voranschritt. Niemand kannte die Dramen, die sich bereits in den dunklen Ecken zusammenbrauten, deren Ausbruch jeden von ihnen in den Strudel des Geschehens ziehen könnte.
Und während die Nacht weiterging, war jeder bereit, seine Karten zu spielen – manche aus Angst, andere aus Gier und wieder andere aus schierer Verzweiflung. In Hamburg, einer Stadt voller Tricks und Geheimnisse, war niemand wirklich sicher, und jeder hatte etwas zu verlieren.
Als die Rocker die „Hafenkind“-Bar betraten, war es, als ob ein gewaltiger Sturm die Tür aufgerissen hätte. Die kühle Nachtluft strömte hinter ihnen herein, gefüllt mit der Energie ihrer Ankunft. Sie waren eine markante Truppe, gekleidet in Lederjacken, die mit Patches dekoriert waren. Ihre muskulösen Körper standen in starkem Kontrast zu Klaus, der hinter der Bar stand und eine Flasche Bier für einen Gast öffnete.
Der Anführer der Gruppe, ein beeindruckender Kerl mit einem dichten Bart und tätowierten Armen, schnitt mit seiner Stimme durch die warme Luft des Lokals, „Hey, Wirt! Mach uns einen Drink, wir feiern heute Nacht!“ Seine Augen funkelten vor herausfordernder Entschlossenheit, als er sich umblickte, um die Bar und ihre Gäste einzuschätzen.
Klaus bemerkte die brutale Macht, die von diesen Männern ausging – ihre Präsenz war fast greifbar, und er war sich bewusst, dass sie in der Lage waren, Probleme heraufzubeschwören, wenn ihre Laune auf den falschen Fuß geriet. Er nahm einen tiefen Atemzug, unterdrückte die Nervosität, die in seiner Magengegend aufbrodelte, und trat entschlossen nach vorne.
„Natürlich, Jungs“, erwiderte Klaus mit einem schiefen Lächeln, „aber vergesst nicht, dass hier nicht der Platz für unnötigen Krach ist. Ich bin nicht bereit, die Polizei auf den Plan zu rufen.“ Sein Blick blieb fest, auch wenn seine Stimme leicht zitterte.
Die Rocker lachten, als sie sich an die Bar drängten und ihre Gewohnheit des Respekts oder der Gefahr gleichgültig ignorierten. „Du solltest uns vielleicht besser kennenlernen“, sagte der große Kerl, der sich als Axel vorstellen sollte. „Wir sind hier für einen guten Abend, aber jede Uniform sollte besser auf dem anderen Ende der Straße bleiben.“
Klaus nickte, während er die Biere einschenkte. Ein gewisses Maß an Resignation fuhr durch ihn – er wusste, dass er auf diesen Männer nicht wirklich Einfluss hatte, es blieb ihm also nichts anderes übrig, als ihre Launen zu ertragen. „Was kann ich euch bringen?“
Die Rocker waren typisch fürs Nachtleben: wild und ungestüm. Sie schickten immer wieder Jokes und provozierten sich gegenseitig mit geflüsterten Schimpfworten und verbalen Sticheleien. Doch während sie lachten, spürte Klaus die drohende Gewitterwolke über ihrem Frieden.
Gerade in dem Moment, als er die Getränke servierte, setzte ein neuer Ankömmling in die Bar einen Aufmerksamkeitsfokus auf Axel. Es war ein kurzes Gespräch, von dem Klaus nichts mitbekam, aber er bemerkte, dass der Ton, der darin ausgesprochen wurde, sich schnell änderte. Die zunehmende Spannung war für Klaus greifbar, und er spürte förmlich die Temperatur in der Luft steigen.
„Was hast du gerade gesagt?“, fragte Axel, der sich plötzlich aufrichtete und den anderen Blicken, die ihn umstanden, zur Seite wendete.
Einer der Rocker hatte etwas geflüstert, das wie eine Provokation klang. Klaus kämpfte gegen das kleine Brennen der Angst an, ihn könnten sie für das Geschehene verantwortlich machen. „Ich wollte hier keinen Ärger“, murmelte er, und sein Herz begann schneller zu schlagen.
“Wir sind hier nicht zum Streiten“, grinste Axel plötzlich, seine Augen blitzten vor einer mischievollen Energie, “aber ich empfehle es jedem, der unseren Respekt nicht erkennt.“ Sein Finger tippte auf die Theke und drohte mit einer vagen Bedrohung, die nicht unbeantwortet blieb.
Klaus sah all die Zusammentreffen der emotionalen Aufregung, die sich um ihn herum entfaltete, und schloss sich umso mehr auf der anderen Seite der Bar an. Hinter einem gewissen Abstand stellte er sicher, dass jeder angesammelte Gast in der Bar auf der Hut war, denn der Glaube an das Leben über die Taten des Augenblicks war alles, was ihm blieb.
Er wollte nichts weiter, als dass die Nacht schnell vorbeiging und die Rocker mit der nächsten Fuhre an Alkohol wieder in die Dunkelheit von Hamburg verschwanden, die Geschichten und Geheimnisse mit in das Herz der Stadt trugen – ohne sie jemals zu enthüllen.
Die Spannung in der „Hafenkind“-Bar war nun wie ein Drahtseil, das darauf wartete, zu reißen. Klaus spürte, wie sich die Lage schlagartig veränderte, als Axel sich zu dem anderen Rocker umdrehte. Der schüchterne Ausdruck in seinen Augen war verschwunden und einem Ausdruck der Wut gewichen, der wie Blitze in der Nacht blitzte.
„Du hast mich nicht klar verstanden, Arschloch!“, brüllte Axel, und die Bar kam für einen kurzen Augenblick zum Stillstand. Die Gespräche und das Klirren von Gläsern verstummten, jeder hatte die Dramatik der Situation erfasst. Axel nahm einen Schritt vor und wirbelte seine Lederjacke, offenbar bereit, seine Grenzen zu testen.
„Komm schon, Axel, lass uns nicht gleich übertreiben“, murmelte einer der anderen Rocker, doch seine Stimme ging in der aufbrausenden Aggression unter. Axels Augen waren glühend, eine Mischung aus Unverständnis und gefährlicher Anspannung.
„Nein, ich werde nicht stehenlassen, wie dieses Weichei hier versucht, mich hinters Licht zu führen“, knurrte er und deutete mit dem Bierglas in der Hand auf Klaus, dessen Puls auf über 200 stieg. Klaus war sich nicht sicher, ob es die hysterische Spannung oder die drohende Gewalt war, die ihn zum Schwitzen brachte.
„Hey, wir sind hier in meiner Bar“, keuchte Klaus hastig, während er sich bemühte, die Kontrolle über die Situation zurückzugewinnen. „Bleiben wir cool, okay? Hier wird nicht gekämpft!“
Der Rest der Rocker sah zwischen Axel und Klaus hin und her, und langsam, wie ein unruhiges Meer, begannen sie, sich zu verschieben. Es war kein Schulhofstreit; die Atmosphäre war geladen mit dem Versprechen von Gewalt, und Klaus fühlte, wie seine Knie weich wurden.
„Wir sind keine Weicheier, Wirt!“, knurrte Axel verzweifelt, während er auf den Tresen schlug und sein Bier über den Rand schwappte. „Wir sind hier, um Spaß zu haben, aber deine Muckefuck-Attitüde geht mir auf die Nerven!“
Plötzlich trat ein anderer Rocker, Lars, vor, dessen Humor bei allen bekannt war. „Hey, Axel, beruhige dich! Wir wollen einfach einen ruhigen Abend in der Bar verbringen und haben nicht die Absicht, hier alles kaputt zu machen. Sei nicht so ein Zimtschneckchen!“
Aber Axel ließ sich nicht besänftigen. „Ich bin nicht hier, um die gute Laune zu fördern! Wenn dieser Typ mich nicht respektiert, dann hat er hier auch keinen Platz für seine braveren Antworten!“ Er warf sein Glas gegen die Wand, und die Scherben zerstreuten sich wie ein schwarzes Gewitter über den Boden.
Klaus wich für einen Moment zurück, während die Schreie der Gläser in den Ohren hallten, und ein Gefühl der Panik überkam ihn. Der Krach zog die Aufmerksamkeit aller in der Bar auf sich, und es war klar, dass die Nacht, die eigentlich Spaß und Geselligkeit versprach, gerade in einen Überlebenskampf umschlug.
Die anderen Gäste, die gerade ihren Abend genossen hatten, hasteten in Deckung oder schauten neugierig und ängstlich zu. Klaus spürte, wie seine Kehle trocken wurde. „Leute, bitte“, flüsterte er, „das ist keine Lösung. Lasst uns einfach normal weitermachen, okay?“
Doch Axel hatte nicht vor, aufzuhören. In einem plötzlichen Aufblitzen von Wut stürzte er sich vor Klaus und schnappte sich ihn am Kragen. „Ihr denkt, ihr seid die Könige hier? Zeit, dass du lernt, wer wirklich die Kontrolle hat!“
Klaus fühlte beim Griff von Axel, wie ihm die Luft aus der Lunge gepresst wurde, und Panik raste durch ihn. Doch just in diesem Moment sprang Lars ein, hielt Axel zurück und riss ihn weg von Klaus. „Ruhig, Axel! Du machst es nur schlimmer!“
Die Situation war absolut explosiv. Die Bar schien in Aufruhr zu geraten, als die anderen Rocker auf ihre Konfrontation reagierten und sich bereit machten, sich entweder einzugreifen oder zu unterstützen. Moni, die bis dahin reglos an der Seite gestanden hatte, betrat nun das Geschehen,
„Lasst uns nicht vergessen, wer uns versorgt!“, rief sie laut und versuchte, zwischen der aufgeladenen Energie der Rocker und Klaus zu vermitteln. „Jeder hier will nur einen ruhigen Abend, das sind nur Worte!“
Aber die Glut der Gewalt war entfacht, und es war nicht mehr aufzuhalten. Die Bar war nun ein Feuerwerk aus geflüsterten Beleidigungen, Provokationen und der Anspannung. Die Nacht, voller Versprechen und Möglichkeiten, drohte in einem Scherbenhaufen zu enden, und Klaus offenbarte mit seiner inneren Überzeugung, dass aller Respekt, den er den Rockern entgegengebracht hatte, nun flüchtig und voller Stiche ist.
Plötzlich flogen die ersten Schläge, und das Chaos entlud sich, als die Fronten klar waren – zwischen Macht und Ohnmacht, zwischen Freiheit und Gefangenschaft. Hamburgs Schatten wurden noch dunkler, als diese Menschen sich in das Chaos stürzten, das hilfreich, lächerlich und vor allem gefährlich war.
Das Chaos brach in der „Hafenkind“-Bar über alle herein. Drohungen und Flüche hallten wider, während die Rocker sich gegenseitig anfeuerten, und Klaus, dessen Kehle trocken war, fühlte sich wie ein gefangener Zuschauer im eigenen Etablissement. Moni, mit einem entschlossenen Blick, versuchte, Axel und Lars auseinanderzuhalten, als die ersten Fäuste flogen und die Gläser zerbrachen.
Mit jedem Schlag, jedem Schrei schien die Zerstörung der letzten verfluchten Abende zu folgen. Klaus schaute um sich, atemlos und ungläubig. Dort, wo vor wenigen Minuten noch fröhliches Gelächter gewesen war, war jetzt der Raum in einem Nebel aus Wut, Angst und gebrochener Hoffnung gehüllt.
Plötzlich ertönte lautes Geschrei: „Raus hier!“ Es war ein Türsteher – brutale Präsenz, oft als das letzte Bollwerk gegen das Chaos. Er war ein muskulöser Mann mit einer messerscharfen Stimme, die keiner ignorieren konnte. „Weg mit euch, sonst gibt’s kein Morgen!“
Doch die Rocker schienen fest entschlossen, während sie sich immer mehr in die Eskalation hineinsteigerten; Adrenalin und Triumph über die Verbote trugen sie weiter. Klaus zitterte, als er sah, wie Tische umgestoßen wurden, Stühle flogen – die Bar war jetzt mehr ein Schlachtfeld als ein Ort der Geselligkeit.
Ehe Klaus sich versah, hatte Axel seine Fäuste in ein weiteres Gesicht geschlagen. Ein Ruck ging durch den Raum, als die Rocker sich mehr und mehr in eine Art Wettbewerb der Gewalt verwickelten. Das Geräusch von zerbrochenem Glas und erstickten Schreien wurde lauter, und plötzlich gab es einen brutalen Aufschrei – Lars war gefallen, das Ergebnis eines heftigen Schlags, und sofort flogen seine Kumpels auf ihn los.
Inmitten des Tumults sah Klaus seine Chance und schrie: „Hört auf! Wir sind hier nicht in einem Kampfclub!“ Doch niemand hörte zu. Die Zerstörung war zur Normalität übergegangen, und jede Stimme, die versuchte, Frieden zu schließen, wurde mit einem weiteren Aufschrei überdröhnt.
Gerade als die Lage noch schlimmer zu werden drohte, sprintete Moni zu Klaus und zog ihn hastig hinter die Bar. „Was machst du? Hier kannst du nicht bleiben!“, rief sie über das Geschrei hinweg. Sie fasste einen Entschluss und mit einem Zeichen ihrer Hand holte sie den Türsteher.
Er stürmte mit Selbstvertrauen auf die Rocker zu, und Klaus beobachtete, wie er sich zwischen Axel und den anderen stellte. „Raus, jetzt!“, bellte der Türsteher. Es war der Moment, in dem die Bar den Atem hielt. „Sie haben hier nichts verloren, wenn sie Ärger machen!“
Die Rocker waren plötzlich in die Enge gedrängt, und der aufkeimende Konflikt machte Platz für eine kühle Realität. Die Härte des Türstehers und die Entschlossenheit von Moni führten dazu, dass die übrigen Rocker schüchtern zurücktraten, während zahlreiche Gäste das Weite suchten.
„Wir lassen das nicht auf uns sitzen!“, rief Axel, während er zögernd zurücktrat, seine Wut schien ihn immer noch zu durchdringen. Doch als die letzten Worte seines Herausforderers durch die Luft flogen, war klar, dass die Machtverhältnisse sich verschoben hatten.
Und so flohen die Rocker, angeführt von Axel, aus der Bar – das Geräusch ihrer schweren Schritte verblasste in der Nacht. Draußen schallten ihre Motoren, und der Abend verwandelte sich zurück in das gewohnte Geräusch des Hamburger Hafenlebens.
Als der Staub sich legte und die Verkettung des Chaos endgültig zur Ruhe kam, saßen Klaus und Moni auf dem Boden der Bar, umgeben von einem Trümmerfeld aus zerbrochenem Glas und verstreuten Stühlen. „Wir haben es geschafft“, flüsterte Klaus, unfähig zu begreifen, was gerade geschehen war.
„Ja, aber nur auf Zeit“, seufzte Moni, während sie sich aufrichtete und ihm die Hand reichte. „Diese Stadt hat ihre Schatten, und die werden zurückkommen. Das ist das Leben, das wir hier führen.“
Klaus sah in ihr Gesicht und erkannte die Entschlossenheit und Weisheit, die darin lagen. Es war eine schmerzhafte Wahrheit, die ihn durchzog, und er wusste, dass sie nur ein weiteres Kapitel der Geschichten waren, die Hamburg in seinen dunklen Gassen schrieb.
Die letzte Frage, die in der Luft hing, war die nach der Zukunft. Doch während sie zusammen aufstiegen und die Trümmer der Nacht beiseite schoben, wusste Klaus, dass es ein Neuanfang war – ein Schritt in eine ungewisse Dunkelheit, aus der helles Licht zu blitzen vermochte. Hier in Hamburg, dieser Stadt voller Geheimnisse und ungezähmter Geschichten, waren die Schatten nur der Anfang. Und in jedem Schatten existierte die Möglichkeit, dass etwas Neues, etwas Unvorhergesehenes, immer darauf wartete, ans Licht zu kommen.
Es war ein sonniger Tag im Juni. Seit Tagen hatte es schon nicht mehr geregnet. Die Menschen in Hamburg zog es in die Parks. Man musste die schöne Zeit genießen.
Anders Adrian Felten. Er registrierte zwar den Sonnenschein, doch dieser drang nicht bis in sein Gemüt vor. Er hatte ein anonymes Schreiben erhalten. Es war mit einem Computer geschrieben und ausgedruckt worden. >Du wirst sterben<, hieß es da. Die drei Wörter füllten das ganze Blatt aus. Der Verfasser hatte die größte Schriftgröße benutzt, die das Schreibprogramm bot.
Felten hatte noch mit niemand darüber gesprochen. Sicher, ein Mann wie er hatte Feinde. Er hatte im Geschäft mit dem Verbrechen Karriere gemacht und kontrollierte den Drogenhandel in Hamburg-Mitte. Nichts ging ohne seinen Segen. Natürlich hatte er sich behaupten müssen. Immer wieder hatte jemand versucht, ins Geschäft zu drängen. Er war aus den verschiedenen Auseinandersetzungen immer wieder als strahlender Sieger hervorgegangen.
>Du wirst sterben!<
Felten hatte keine Ahnung, weshalb ihn die drei Wörter so sehr beunruhigten. Er hatte in seinem Leben jede noch so brenzlige Situation gemeistert. Er war der Boss. Sein Wort hatte Gewicht. Seine Verbindungen reichten bis in die Wirtschaft und in die Politik. Er war angesehen und wurde respektiert.
Aber jetzt ...
Adrian Felten spürte das Unheil tief in der Seele.
Er ging zum Fenster und schaute hinaus. Vor seinem Blick lag die Dachterrasse. Er bewohnte die Penthousewohnung in einem Hochhaus in Hafencity, einem der bevorzugten Wohngebiete Hamburg-Mittes. Es mangelte ihm an nichts.
Seine Gedanken verloren sich.
»Ich gehe jetzt!«
Die drei Worte hieben in seine Versunkenheit und er zuckte zusammen. Sekundenlang schaute er wie ein Erwachender drein, dann drehte er sich langsam herum und sein Blick erfasste Alina, seine junge Frau. Sie war sechzehn Jahre jünger als er und ausgesprochen hübsch. Alina lächelte. Ihre sinnlichen Lippen gaben eine Reihe perlweißer Zähne frei. »Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?« Ihr Lächeln erlosch. Ihr war der Ernst in seinen Zügen nicht verborgen geblieben.
»Es ist nichts«, murmelte er. »Geh nur! Bestelle Christin schöne Grüße von mir! Und -« jetzt versuchte er zu grinsen, aber es verrutschte kläglich und veränderte sein Gesicht nur zu einer verzerrten Maske, »- sei gnädig mit mir. Du weißt, das Geld ist sauer zu verdienen.«
»Ich werde nur ein paar Kleinigkeiten einkaufen«, versprach Alina und kam drei Schritte näher. »Was ist los mit dir, Adrian. Etwas stimmt doch nicht. Was ist es? Hast du schlechte Nachrichten erhalten?«
Felten kämpfte einen Moment mit sich. Er wusste nicht, ob er Alina mit seinem Problem belasten sollte. Dann aber entschied er sich, holte das zusammengefaltete Blatt Papier aus der Brusttasche seines Hemdes und reichte es der Frau. Alina faltete den Bogen auseinander, ihre blauen Augen hefteten sich auf die drei Wörter, in ihren Mundwinkeln zuckte es.
»Wann hast du das erhalten?«
»Heute Morgen. Die Drohung wurde in einem verschlossenen Kuvert unter der Tür durchgeschoben.« Felten hob die Schultern. »Ich bin ausgesprochen beunruhigt.«
»Hast du schon mit Björn darüber gesprochen?«, fragte Alina.
Felten schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Sprich mit ihm! Wenn die Drohung ernst gemeint ist ...«
»Sie ist ernst gemeint«, unterbrach Felten seine Frau. »Ich spüre es ganz deutlich.«
»Ich muss gehen, Christin wartet. Sprich mit Björn darüber! Er weiß sicher, was zu tun ist.«
Felten presste die Lippen zusammen und nickte. »Es ist schon in Ordnung. Ich werde Björn anrufen.«
Die Frau verließ die Wohnung, um mit ihrer Freundin Christin durch die Geschäfte im Neuen Wall zu ziehen und der Verschwendungssucht zu frönen.
Adrian Felten holte sich das Telefon und ließ sich in einen der schweren Sessel fallen, schlug die Beine übereinander und holte eine eingespeicherte Nummer auf das Display. Dann stellte er eine Verbindung her.
»Hallo, Adrian«, ertönte es. »Was gibt es?«
»Ich werde bedroht.«
»Das wäre nicht das erste Mal«, versetzte Björn Fischer. »Misst du dem große Bedeutung bei?«
»Es beunruhigt mich ungemein. Man hat mir den Zettel unter der Tür durchgeschoben. >Du wirst sterben<, steht drauf. Nicht mehr und nicht weniger. Hast du irgendetwas mitbekommen, dass sich jemand ins Geschäft drängt? Macht sich vielleicht Mateo Weißner stark?«
»Ich glaube nicht, dass diese Drohung von Weißner kommt. Okay, Adrian. Wir dürfen sie sicher nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich schicke zwei Leute zu deiner Wohnung, die ... Nein! Du wirst deine Wohnung für ein paar Tage verlassen. Ich buche für dich und Alina eine Suite im >Michel-Hotel< in der Neanderstraße. Dort tauchst du ein paar Tage unter.«
»Eine gute Idee«, murmelte Felten. »Ich werde Alina Bescheid sagen.«
»Du scheinst die Drohung wirklich sehr ernst zu nehmen«, sagte Björn Fischer.
»Sie erfüllt mich mit Unruhe, denn sie kommt gewissermaßen aus heiterem Himmel. Ich kenne meinen Gegner nicht, und das macht mich nervös.«
»Wir werden das Kind schon schaukeln.«
Sie beendeten das Gespräch. Felten nahm sein Handy und wählte Alinas Nummer. Sie meldete sich und er sagte: »Wir ziehen vorübergehend ins >Michel-Hotel<. Komm dorthin, wenn du mit dem Einkauf fertig bist! Ich fahre schon voraus. Björn bucht für uns eine Suite.«
»Ich brauche eine Reihe von Dingen«, wandte die Frau ein.
»Hol dir alles, was du brauchst, aus der Wohnung! Aber wie gesagt: Es ist nur für ein paar Tage. Du brauchst also nicht ganze Koffer voll ...«
Die Frau unterbrach ihn ungeduldig: »Reagierst du nicht ein wenig über?«
»Ich nehme die Drohung sehr, sehr ernst.«
*
Mein Telefon läutete und ich schnappte mir den Hörer. Es war Herr Bock, der sagte: »Guten Morgen, Uwe. Kommen Sie und Roy doch gleich einmal zu mir!«
»Okay, Chef«, sagte ich gutgelaunt. Es war ein schöner Tag, die Sonne schien, entsprechend war meine Laune. »Wir sind in einer Minute bei Ihnen.« Ich legte auf und sagte an Roy gewandt: »Zum Chef.«
»Auf in den Kampf«, knurrte Roy und erhob sich.
Wenig später betraten wir Mandys Büro. Die hübsche Sekretärin des Chefs der Kriminalpolizeilichen Ermittlungsgruppe des Bundes lächelte. »Geht nur hinein! Der Kaffee läuft bereits.«
Roy schnüffelte. »Man riecht es. Du bist so gut zu uns, Mandy.«
»Wenn du es nur zu würdigen weißt«, lachte die Frau.
Ich klopfte an die Tür zum Büro des Chefs und öffnete.
»Hereinspaziert«, rief Herr Bock und ich betrat sein Büro. Roy folgte mir auf dem Fuße. Der Chef saß hinter seinem Schreibtisch. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Er wies auf den kleinen Besprechungstisch und forderte uns auf, Platz zu nehmen. Als wir saßen, erhob er sich, kam um seinen Schreibtisch herum und ließ sich bei uns nieder.
»Ich habe einen Sonderauftrag für Sie«, sagte der Chef der Kriminalpolizeilichen Ermittlungsgruppe des Bundes.
»Worum geht es?«, fragte Roy. »Am liebsten wäre mir ein Job irgendwo im Stadtpark, bei dem ich mein Gesicht in die Sonne halten kann und ...«
»Damit kann ich leider nicht dienen, Roy«, sagte der Chef. »Es geht um Personenschutz.«
Roys Brauen schoben sich zusammen. Zwei senkrechte Falten bildeten sich über seiner Nasenwurzel. »Wen sollen wir beschützen?«
»Einen Mann namens Adrian Felten.«
»Wer ist das?«
»Immobilienmakler, Geldverleiher, Wohltäter.«
»Wohltäter?«, echote ich.
»Ja. Er spendet hohe Beträge für soziale Zwecke. Der Bürgermeister ist sein Freund. Seinen Einladungen folgen Wirtschaftsbosse, Politiker, Prominenz aus Film und Fernsehen.«
»Das lässt tief blicken«, murmelte Roy. »Ein angesehener, geachteter Mann. Wer will ihm an den Kragen?«
»Das weiß ich nicht. An mich wurde von oberer Stelle die Bitte herangetragen, zwei Leute zu seinem Schutz abzustellen. Eine anonyme Todesdrohung. Nur drei Wörter auf einem Blatt Papier. >Du wirst sterben<. Woran arbeiten Sie gerade?«
»An der Sache mit den Softwareentwicklern.«
»Sind Sie schon weitergekommen?«
»Nein. Wir haben zwei spurlos verschwundene Programmierer und ein halb fertiges Programm, das >Werner Technologies GbR< nach Fertigstellung im Herbst auf den Markt werfen wollte, das aber aufgrund der beiden verschwundenen Softwareentwickler auf Eis gelegt wurde.«
»Soll ich Ihnen den Fall abnehmen?«, fragte der Chef.
»Nein, lassen Sie nur. Wir werden zweigleisig fahren. Während Roy den Wohltäter bewacht, ermittle ich in unserem Fall. Wenn ich den Personenschutz übernehme, arbeitet Roy daran.«
»Was denken Sie? Wurden die beiden Programmierer entführt?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Es ist nicht auszuschließen. Es kann aber auch sein, dass sie bei Werner abgesprungen sind und ihr Wissen einem anderen Softwarehersteller verkauft haben. Sie arbeiteten verantwortlich an einem neuen Betriebssystem, das den Markt revolutionieren sollte. So wurde es uns jedenfalls beschrieben.«
»Finden Sie die Wahrheit heraus, meine Herren«, sagt der Chef. Dann wechselte er wieder das Thema. »Felten wohnt in der Shanghaiallee. Aber er hat sein Apartment verlassen und ist ins >Michel-Hotel< gezogen. Sie finden das Hotel in der Neanderstraße.«
Mandy brachte den Kaffee. Wir besprachen mit dem Chef noch dieses und jenes, und als wir unseren Kaffee getrunken hatten, verabschiedeten wir uns.
»Okay«, sagte Roy, als wir in unserem Büro anlangten, »teilen wir uns die Aufgaben. Fahr du in die Neanderstraße und pass auf den Wohltäter auf! Ich mache mich auf die Socken zu >Werners Technologies<, um mit dem Geschäftsführer noch einmal ein Gespräch zu führen. Um 20 Uhr löse ich dich ab. Du kannst dir dann einen gemütlichen Abend machen.«
»Das hört sich gut an«, sagte ich. »Du bist wieder einmal so uneigennützig.«
»Ja, das ist mein Naturell. Ich kann eben nicht über meinen Schatten springen.«
»Vielleicht wirst du eines Tages heilig gesprochen.«
»Warum nicht? Einen Heiligen Roy gibt es noch nicht. Schutzpatron aller Kriminalkommissare. Man würde Kirchen nach mir benennen. Saint Roy Cathedrale – würde sich doch gut anhören, meinst du nicht.«
»Träum weiter«, knurrte ich.
Ich verließ das Büro, fuhr in die Tiefgarage und setzte mich in den Sportwagen. Wenig später trug mich mein roter Flitzer hinaus auf die Hindenburgstraße. Ich fädelte mich in den fließenden Verkehr ein und steuerte den Wagen in die Neanderstraße.
*
Von weitem hörte ich die Sirenen. Als ich vom Steinweg abbog und in die Neanderstraße hineinfuhr, sah ich in dem Abschnitt zwischen Steinweg und Hüttenstraße ein ganzes Aufgebot von Feuerwehrautos. Aus den Fenstern im zweiten Stock eines Gebäudes schlugen Flammen. Rauch ballte sich über den Häusern. Auch einige Polizeifahrzeuge waren vor Ort. Der Verkehr wurde umgeleitet.
Ich hatte angehalten. Ein Polizist näherte sich dem Sportwagen, ich ließ die Seitenscheibe nach unten. Der Polizist rief: »Fahren sie auf der Steinweg weiter! Hier kommen Sie nicht durch.«
Ich zückte meine ID-Card, hielt sie dem Polizisten hin und sagte: »Kommissar Jörgensen, Kriminalpolizei. Sieht aus, als würde es im >Michel-Hotel< brennen.«
Der Uniformierte nickte.
»Ja, das Feuer ist in einer Suite in der zweiten Etage ausgebrochen. Es hat sich rasend schnell ausgebreitet.«
Ich fuhr den Sportwagen rechts ran, stieg aus und näherte mich zu Fuß dem brennenden Gebäude. Die Leitern der Löschfahrzeuge waren ausgefahren, Feuerwehrmänner bekämpften den Brand mit Wasser.
Ich fragte mich zum Einsatzleiter durch. Und dann stand ich dem Mann gegenüber.
»Befinden sich noch Menschen in der zweiten und den darüberliegenden Etagen?«, fragte ich.