Lobo - Der Einzelgänger 11: Kampf um Adobe Walls - Alfred Wallon - E-Book

Lobo - Der Einzelgänger 11: Kampf um Adobe Walls E-Book

Alfred Wallon

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Beschreibung

Lobo reitet Richtung Adobe Walls. Dort hält sich ein Trupp Büffeljäger auf. Die Männer jagen und töten große Herden, um Profit zu machen. Die Kwahadi-Comanchen unter Führung von Quanah Parker wollen dem Abschlachten nicht länger tatenlos zusehen und sammeln sich zum Krieg.Lobo wird Zeuge der ersten Gewalttaten, noch bevor er Adobe Walls erreicht. Die Lage eskaliert.

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In dieser Reihe bisher erschienen

4201 Dietmar Kuegler Ausgestoßen4202 Alfred Wallon Caleb Murphys Gesetz4203 Dietmar Kuegler Todesfährte4204 Alfred Wallon Victorios Krieg4205 Alex Mann Schwarze Pferde4206 Dietmar Kuegler Der Galgenbruder4207 Alfred Wallon Ein Strick für Johnny Concho4208 Alfred Wallon Jagd auf Black Horse4209 Alfred Wallon Terror im Johnson County4210 Dietmar Kuegler Trail des Todes4211 Alfred Wallon Kampf um Adobe Walls4212 Will Thompson Das Geheimnis der Broken Bow4213 Lee Roy Jordan Die Nacht des Bastards

Kampf um Adobe Walls

Lobo - Der Einzelgänger

Buch 11

Alfred Wallon

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

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Copyright © 2024 BLITZ-Verlag  

Hurster Straße 2a,  51570 Windeck

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Logo: Mario Heyer

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-7579-8625-4

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Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Nachwort

„Lasst sie sie töten, abhäuten und verkaufen, bis alle Büffel ausgerottet sind. Es ist die einzige Möglichkeit, dauerhaften Frieden und eine Ausbreitung der weißen Zivilisation zu erreichen.“

Zitat von General Sheridan, 1874

KapitelEins

Die Luft über der weiten, wüstenähnlichen Ebene der Staked Plains flimmerte vor Hitze. Am stahlblauen Himmel waren nur ganz selten eine oder gar zwei Wolken zu sehen. Seit Wochen hatte es in diesem trockenen Landstrich nicht mehr geregnet. Die wenigen Wasserlöcher in der Einöde, von denen ein Weißer nur eine geringe Anzahl jemals zu Gesicht bekommen hatte, waren am Austrocknen. Sommerhitze! Die Stunden des Tages, wo jeder ein schattiges Fleckchen Erde suchte, um den glühenden Sonnenstrahlen zu entgehen.

Der einsame Reiter, der sich von Nordosten her dem ausgetrockneten Flussbett näherte, schien die Mittagshitze nicht zu spüren. Er lenkte das Pferd zielstrebig auf den Arroyo zu, während seine Augen nach links und rechts spähten.

Der Mann war groß und sehnig. Er trug Lederkleidung, die an etlichen Stellen schon geflickt war. Unter einem breitkrempigen Hut von unbestimmter Farbe fielen ihm dunkle Haare bis in den Kragen seines Lederhemdes. Im krassen Gegensatz zu seiner abgetragenen Kleidung standen die Waffen, die der Mann mit sich führte. Eine großkalibrige Büffelflinte, eine sogenannte Big Fifty Sharps, die er immer sehr sauber hielt und sie auch jetzt vor dem Wüstenstaub gut zu schützen versuchte. Das Gleiche galt für den ebenfalls großkalibrigen Revolver an der rechten Hüfte.

Er saß ruhig, fast gleichgültig im Sattel. Aber das täuschte. Man brauchte nur einen einzigen Blick in seine Augen zu werfen, um zu erkennen, dass diese Gelassenheit nur äußerlichen Charakter hatte. Stattdessen war der Mann jederzeit zum Handeln bereit, wenn seine wachsamen Augen etwas erspähen sollten, was die Monotonie dieser trostlosen Landschaft unterbrach.

Sein Name war Lobo Gates, und er war ein Halbblut. Seine Mutter hatte zum Stamm der Pima-Apachen gehört. Lobos Eltern und sein Bruder Caine waren von gewissenlosen Mördern getötet worden, und Lobo hatte geschworen, nicht zu ruhen, bis er die Halunken zur Strecke gebracht hatte. Das war lange her, und seitdem war er immer wieder auf Ablehnung gestoßen. Die Weißen trauten ihm nicht, weil er ein Halbblut war, und nur wenige Indianer hielten ihn für vertrauenswürdig. Er war ein Mann zwischen zwei Träumen und gehörte weder zur einen noch zur anderen Rasse.

Noch vor weniger als einem Jahr hatte er zusammen mit seinem alten Freund Billy Dixon Büffel gejagt. Der Büffel, das war die Lebensgrundlage des roten Mannes. Lobos Augen ließen den Horizont weiterhin im Blickfeld, während er sich an die Zeiten erinnerte, wo unübersehbare Herden die weiten Ebenen bevölkert hatten. Das war noch nicht einmal so lange her. Aber in dieser so kurzen Zeitspanne hatte sich viel verändert. Stinkende Kadaver und Skelette getöteter Büffel übersäten das Land. Wölfe und Bussarde tummelten sich zwischen den ausgebleichten Knochen.

Lobos Gedanken brachen ab, als er weiter südlich einige dunkle Punkte am Himmel ausmachte, die über einer ganz bestimmten Stelle kreisten. Bussarde waren das! Die gefiederten Todesboten der Wüste, die immer dann erschienen, wenn sie leichte Beute witterten. Wer oder was sich auch in der Nähe des Arroyos befinden mochte: Es schien dem Tode nahe zu sein, denn die Bussarde zogen jetzt immer engere Kreise. Schon bald würden sie über ihre Beute herfallen.

Seine Linke tastete unwillkürlich nach dem Revolver im Holster, während er mit der anderen Hand dem Pferd die Zügel freigab. Vielleicht war es ein Fehler, allzu neugierig zu sein, aber für Lobo galt nach wie vor der Grundsatz, dass es besser war, wenn man wusste, was sich in unmittelbarer Nähe abspielte, denn umso gewappneter war man dann im Falle einer unliebsamen Überraschung!

Er hörte das Krächzen der Bussarde, als er in die Nähe des Arroyos kam. Wachsam spähte er nach allen Seiten, denn er musste damit rechnen, hier draußen auf Comanchen und Kiowa zu treffen. Lobo hatte zwar einige Freunde unter den Kiowa, aber auf so etwas konnte er sich jetzt nicht mehr verlassen. Seit die Weißen beschlossen hatten, die Abmachungen des Vertrages von Medicine Lodge einfach zu ignorieren und stattdessen den Büffeljägern erlaubten, auch südlich des Arkansas River zu jagen, gärte es in den Staked Plains. Lobo wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis aus dem schwelenden Glühen ein loderndes Feuer werden würde.

Aber noch war alles ruhig. Kein Comanche war in Sicht. Das musste jedoch nichts bedeuten, denn die erfahrenen Krieger ließen sich nur sehen, wenn sie wirklich gesehen werden wollten. Lobo fasste nach dem Revolver und spürte gleichzeitig, wie ihm trotz der fürchterlichen Hitze ein leichter Schauer über den Rücken jagte. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut bei dem Gedanken, vielleicht in eine Falle der Comanchen getappt zu sein!

* * *

Er roch den schwachen Rauch der Überreste des Lagerfeuers, noch bevor er den Punkt erreicht hatte, von dem aus er hinunter in den Arroyo blicken konnte. Was sich dann seinen Blicken darbot, ließ ihn unwillkürlich zusammenzucken.

Zwei reglose Körper lagen in den Resten des Feuers, fürchterlich zugerichtet. Der Gestank angekohlten Fleisches, gemischt mit dem süßlichen Verwesungsgeruch, drehte ihm fast den Magen um, als sich der Wallach in Bewegung setzte. Gerade rechtzeitig, denn zwei der Bussarde waren mit schlagenden Flügeln neben den Toten gelandet und wollten sich jetzt auf sie stürzen, mit den spitzen Schnäbeln in Richtung der Augen zielend.

Lobo krächzte etwas mit rauer Stimme. Das reichte aus, um den Bussarden zu signalisieren, dass sie noch nicht an der Reihe waren. Das plötzliche Auftauchen eines lebenden Menschen vertrieb sie. Sie stiegen wieder auf in die Luft, aber immer noch abwartend, was weiter geschah.

Lobo brauchte nicht lange, um zu erkennen, was hier stattgefunden haben musste. Langsam stieg er aus dem Sattel und ging auf die beiden Toten zu. Auf den ersten Blick erkannte er, dass es sich um Büffeljäger handelte. Wahrscheinlich aus Adobe Walls oder einem der umliegenden Camps. Sie waren wohl aufgebrochen, um Häute einzusammeln, wie der verbrannte Karren mit den verkohlten Fellresten bewies, der weiter drüben stand. Besser gesagt, was das Feuer davon übrig gelassen hatte. Dabei mussten sie wohl von einem Trupp Comanchen erwischt worden sein, und die hatten natürlich kurzen Prozess mit ihnen gemacht.

Natürlich nicht, ohne vorher ihren Unmut über das Büffeltöten an den Weißen auszulassen. Die Comanchen waren wirkliche Meister, wenn es darum ging, einen Menschen ganz langsam und qualvoll sterben zu lassen. Diese armen Hunde mussten viel durchgemacht haben, bevor sie der Tod endlich von ihren Schmerzen erlöst hatte!

Angewidert wandte sich Lobo von dem ersten Toten ab und ging hinüber zu dem zweiten Mann, der neben dem verbrannten Häutekarren lag. Offensichtlich schienen die Comanchen großen Spaß daran gehabt zu haben, auf seinem Bauch ein Feuer anzuzünden, bevor sie ihn dann skalpiert hatten. Der leichte Druck in Lobos Magen wurde zusehends stärker.

Er wollte sich schon umdrehen, um zurück zu seinem Pferd zu gehen, als er innehielt. Ungläubig weiteten sich seine Augen, als er das schwache Stöhnen hörte. Zuerst glaubte er an eine Sinnestäuschung, aber dann vernahm er es klar und deutlich. Der skalpierte Mann röchelte. Er war noch am Leben, trotz allem, was man mit ihm angestellt hatte!

Lobo beugte sich sofort über den Mann und blickte in das blutige Gesicht, dessen Züge sich jetzt zu regen begannen. Wahrscheinlich war er aus der Agonie von Schmerzen erwacht, als er die Schritte gehört hatte.

„Wasser“, röchelte der Sterbende. „Bitte ...“

Lobo ging schnell zurück zu seinem Pferd und holte die schwere Canteenflasche. Obwohl er wusste, dass der Mann nur noch wenige Augenblicke zu leben hatte, wollte er ihm noch einen Schluck Wasser geben, um wenigstens einen Teil der Schmerzen zu lindern. Lobo öffnete den Verschluss und hielt die Flasche an die blutverkrusteten, rissigen Lippen des Mannes. Schlucken konnte der Mann schon nicht mehr, denn das wenige Wasser, das ihm Lobo gab, lief ihm aus den Mundwinkeln wieder hinaus. Trotzdem lächelte der Sterbende. Zumindest deutete es Lobo so.

„Reite ... nach Adobe Walls ...“, stieß der Sterbende jetzt hervor und versuchte, einen Arm zu heben. Doch dazu war er zu müde. Der Tod hatte schon seine knöchernen Finger nach ihm ausgestreckt und das wusste er auch. Trotzdem bemühte er sich, Lobo etwas zu sagen, aber seine Stimme wurde zusehends leiser. Lobo musste sich schon nahe über ihn beugen, um ihn überhaupt noch verstehen zu können. „Warne ... Billy und die ... anderen ...“

Er wollte noch mehr sagen, aber ein jäher Blutsturz machte dieses Vorhaben zunichte. Mit leeren Augen fiel der Mann zurück. Er hatte es hinter sich!

Lobo erhob sich mit verbitterter Miene. Er hatte in seinem ruhelosen Leben schon viel Schlimmes erlebt. Trotzdem berührte es ihn immer noch, wenn ein Mann auf diese grauenvolle Weise sein Leben lassen musste. Aber ein Büffeljäger, der südlich des Arkansas auf Büffel schoss, musste immer damit rechnen, dass sein Leben an einem seidenen Faden hing. Trotzdem hatten es diese Männer gewagt und dabei ihr Leben verloren.

Lobo erhob sich seufzend und blickte hinauf zum Himmel, wo immer noch Bussarde kreisten. Ihnen durfte er sie nicht ausliefern. Sie verdienten ein ordentliches Begräbnis. Das war das wenigste, was Lobo für die armen Schweine tun konnte.

Er war schon im Begriff, Steine zusammenzutragen und sie über die Toten zu häufen, als er plötzlich das aufgeregte Krächzen der Bussarde vernahm. Sofort blickte er hoch und erkannte, dass irgendetwas die Vögel in so große Unruhe versetzt haben musste und sie es vorzogen, ihre schon sichere Beute doch lieber im Stich zu lassen.

Sekunden später erkannte Lobo, was die Ursache für das plötzliche Wegfliegen der gefiederten Totengräber war. Unweit vom nördlichen Rand des Arroyos hoben sich stumme Gestalten gegen den stahlblauen Himmel ab. Comanchen! Still und reglos verhielten sie dort mit ihren Pferden und blickten hinunter in die Senke, wo sich Lobo befand. Stolze, bronzefarbene Gestalten mit Kriegslanzen in den Händen und erschreckend bemalten Gesichtern. Noch regten sie sich nicht, aber Lobo wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis die Falle, in die er in seiner verdammten Neugier getappt war, sich unerbittlich schließen würde. Und dann gab es kein Entkommen mehr für ihn!

* * *

Lobo fühlte sich wie gelähmt, als er drei weitere Reiter am anderen Rand des Arroyos sah, ebenfalls mit Lanzen und Bögen bewaffnet. Er schalt sich selbst einen Narren, weil er nichts von ihnen bemerkt hatte. Er hätte sich doch denken können, dass noch Comanchen in der Nähe waren. Nun half es nichts, sich Vorwürfe zu machen. Jetzt musste er zusehen, wie er sich aus dieser Klemme wieder hinausmanövrierte.

Lobo wusste, dass es seinen Tod bedeutete, wenn er jetzt zur Waffe griff und versuchte, sich so gut wie möglich gegen den bevorstehenden Angriff zu wehren. Aber mit den drei Comanchen, die jetzt aus ihrem Versteck aufgetaucht waren, waren es insgesamt sieben Gegner. Zu viele für einen einzelnen Mann, um diesen Kampf gewinnen zu können. Nein – so schwer es ihm auch fiel – er musste sich ganz ruhig verhalten und abwarten, was die Krieger im Sinn hatten. Erst wenn er das wusste, konnte er weiter überlegen, was zu tun war.

Er sah, wie einer der Comanchen die rechte Hand hob und den anderen ein Zeichen gab. Langsam ritten sie jetzt hinunter in die Senke, fast wie in Zeitlupe. Lobo erschienen die Comanchen wie apokalyptische Reiter aus einer anderen Welt, als er gegen die Sonne blinzelte, um mehr sehen zu können. Sie ließen sich sehr viel Zeit, um zu dem Weißen zu reiten, wussten sie doch, dass er ihnen ohnehin ausgeliefert war.

Ganz langsam senkte Lobo seine rechte Hand. Er brachte sie in die Nähe seines Holsters, um somit rascher ziehen zu können. Auch wenn er jetzt im Nachteil war, so hatte er nicht vor, sich einfach abschlachten zu lassen.

Ein freudiger Schreck durchfuhr ihn, als er den vordersten Reiter sah. Diesen Comanchen kannte er. Sein Name war Eagle Hand. Ein junger Hitzkopf von Quanah Parkers Kwahadi-Comanchen, den er zuletzt vor mehr als einem Jahr gesehen hatte. Damals waren sie noch so etwas wie Freunde gewesen. Wenn man das überhaupt so bezeichnen konnte. Für Lobo war ein Comanche schon ein Freund, wenn er ihn nicht angriff.

Eagle Hand schien ihn offensichtlich noch zu kennen, denn Lobo erkannte in den Augen des jungen Comanchenkriegers ein kurzes Aufleuchten. Nicht gerade eine freundliche Geste, dachte Lobo und sah weiter zu, wie Eagle Hand seinen Gefährten mit kehliger Stimme etwas zurief. Die Hitzköpfigsten des Trupps ließen daraufhin ihre Lanzen sinken, richteten aber nach wie vor ihre drohenden Blicke auf den Weißen, der keine Zeichen von Furcht zeigte.

„Lobo!“, sagte dann Eagle Hand zu dem sehnigen Mann und musterte ihn mit einem durchdringenden Blick. „Es ist keine gute Zeit, um dieses Land zu durchqueren.“

„Ich weiß“, erwiderte er und wies nach hinten zu den beiden toten Büffeljägern. „Habt ihr die beiden dort umgebracht?“

Über Eagle Hands grell bemaltes Gesicht huschte ein triumphierendes Grinsen. Er ballte die linke Hand zur Faust und schüttelte sie drohend.

„Die Weißaugen töten unsere Büffel, Lobo“, sagte er dann und erhielt zustimmendes Gemurmel seiner Gefährten. „Sollen wir untätig zusehen, wie ihr uns alles nehmt, was uns noch geblieben ist? Weißt du nicht, was P-te, der Büffel, für uns bedeutet? Hast du das vergessen, Lobo?“

Lobo schüttelte stumm den Kopf. Es wäre ohnehin zwecklos gewesen, daraufhin etwas zu antworten. Er kannte die angespannte Situation südlich des Arkansas und verfluchte jetzt im Stillen seinen Entschluss, nach Adobe Walls zu reiten, um Billy Dixon die Hand zu schütteln. So wie es jetzt aussah, war er gefährlich nahe, dem Tod die Stiefel zu putzen.

„Ich will keinen Krieg mit dir und deinen Leuten, Eagle Hand“, versuchte er es dann im Guten. „Denk daran, dein Vetter Stormbringer und ich waren einmal Freunde.“

„Das war in einer anderen Zeit“, unterbrach ihn Eagle Hand wütend und machte mit der Lanze eine dementsprechende Geste. „Es ist viel geschehen seitdem, Lobo. Zu viel, als dass wir noch länger zusehen werden, wie P-te geschlachtet wird. Der große Prophet Isatai hat uns vorausgesagt, dass wir euch alle aus diesem Land vertreiben werden. Die Büffel werden zurückkommen, und alles wird so sein, wie es einst war.“

„Das ist nicht wahr, Eagle Hand“, antwortete Lobo. „Und du weißt es auch. Schau dich doch um in den Staked Plains. Bist du blind, dass du die vielen Kadaver der großen Büffelherden nicht sehen willst? Die Büffel werden ausgerottet, und ihr könnt gar nichts dagegen tun. Wenn ihr einen Krieg anfangt, dann werden Soldaten kommen und viele von euch töten. Willst du das dir und deinen Leuten antun?“

„Es wird Krieg geben!“, beharrte der sture Krieger. „Isatai hat es vorausgesagt. Die Mutter Erde wird sich nach oben kehren und euch alle verschlingen. Sie wird euch und eure schlechten Herzen begraben, bis wieder Friede herrscht und P-te zurückgekehrt ist. Lobo, reite weg von hier – weit weg. Sonst wirst du auch sterben wie alle anderen Weißaugen.“

Bevor Lobo etwas sagen konnte, meldete sich ein hünenhafter Krieger zu Wort, dem es offensichtlich gar nicht gefiel, dass Lobo ungeschoren davonkommen sollte. Mit lautstarker Stimme redete er auf Eagle Hand ein. Lobo verstand zwar nur knapp die Hälfte davon, konnte aber anhand der Mimik des wütenden Comanchen erkennen, dass dieser ihn am liebsten auf der Stelle getötet hätte. Und die anderen Comanchen schienen seiner Meinung zu sein. Außer Eagle Hand, und der ließ sich vielleicht von seinen Gefährten noch umstimmen. Dann allerdings war guter Rat wirklich teuer.

„Geh weg von hier, Lobo!“, befahl Eagle Hand und erhob drohend seine Lanze. „Die Krieger sind zornig auf jeden Weißen, der ihnen begegnet. Du lebst bei ihnen, also gehörst du auch dazu. Noch kann ich sie zurückhalten. Aber wer weiß, wie lange noch, wenn sie dich länger zu Gesicht bekommen. Reite und kehre nie wieder in dieses Land zurück. Diesmal schützt dich die Freundschaft mit Stormbringer. Ein zweites Mal wirst du sterben, Lobo!“

Lobo nickte. Mit langsamen Schritten näherte er sich seinem Wallach, der ohnehin nervös genug war. Die Anwesenheit der Comanchen und ihre Wildheit spürte auch er. Es kostete Lobo eine gewaltige Anstrengung, zu seinem Pferd zu gehen und sich dabei nicht umzudrehen. Obwohl ihm klar war, dass jeden Augenblick eine messerscharfe Lanze seine Schulterblätter durchbohren konnte. Doch wenn er jetzt nach der Waffe griff, dann bedeutete dies das Ende für ihn. Nein, er musste es durchstehen, dann kam er noch einmal mit einem blauen Auge davon!

Bleischwer fühlten sich seine Glieder an, als er sich in den Sattel des Wallachs zog. Er wollte schon nach den Zügeln greifen und losreiten, als er aus den Augenwinkeln plötzlich eine hastige Bewegung sah. Einer der Comanchen schien trotz Eagle Hands Befehl anderer Meinung zu sein. In einem unbeobachteten Moment hatte er seine Lanze erhoben und nach dem Mann in Leder gezielt. Lobo hatte es nur seinen jahrelang bestens erprobten Instinkten zu verdanken, dass ihm die Lanze nicht zwischen die Schulterblätter fuhr. Sie streifte seine Jacke und flog haarscharf an ihm vorbei.

Noch während sich Lobo drehte, zuckte seine Rechte hinunter zur Hüfte. Den Revolver zog er mit einer einzigen fließenden Bewegung aus dem Holster. Er hörte das aufgeregte Gemurmel der Krieger und drückte in diesem Moment ab. Ein Schuss bellte hart und trocken auf, und die Kugel aus Lobos Revolver pfiff gefährlich nahe am Kopf des Comanchen vorbei, der die Lanze nach ihm geschleudert hatte.

„Der Nächste, der eine falsche Bewegung macht, stirbt!“, warnte er die Comanchen mit entschlossener Stimme. „Eagle Hand, ich dachte, ich könnte deinem Wort vertrauen! Du redest von Freundschaft und wolltest mich hinterrücks ermorden lassen. So handelt kein Mann von Ehre.“

Lobo pokerte jetzt. Schließlich wusste er, dass die Lage immer noch recht unsicher für ihn war. Die meisten der Comanchenkrieger hätten ihn am liebsten getötet, aber Eagle Hand hatte ihm sein Wort gegeben, dass er in Frieden ziehen konnte. Und nun war er selbst bloßgestellt, weil einer der Krieger seinem Befehl nicht gehorcht hatte. Für einen Anführer eines Kriegertrupps war das ziemlich blamabel, das wusste auch Lobo. Die Spannung in ihm legte sich erst, als er sah, wie Eagle Hand dem jähzornigen Comanchen einen wütenden Blick zuwarf und auf ihn einredete.

„Ich stehe zu meinem Wort, Lobo“, sagte Eagle Hand mit würdiger Miene. „Aber reite jetzt, sonst werde ich vielleicht noch anders denken. Reite weit weg von hier, Lobo. Am besten wieder nach Norden. Im Süden wartet nur der Tod auf dich.“

Der sehnige Mann nickte und gab seinem Pferd die Zügel frei. Er blickte nicht zurück, als sich der Wallach in Bewegung setzte, denn er wusste, dass man das als ein Zeichen von Schwäche auslegen würde. Erst als er schon ein gehöriges Stück zwischen sich und die Comanchen gebracht hatte, wagte er es, sich umzudrehen. Natürlich beobachteten ihn die Krieger noch. Er sah zwei Reiter auf einer Anhöhe, die dort Posten bezogen hatten und wohl überprüfen wollten, ob er auch wirklich nach Norden ritt. Natürlich hatte er das nicht vor, aber jetzt musste er gute Miene zum bösen Spiel machen. Deshalb lenkte er den Wallach wieder auf den Weg zurück, von wo er gekommen war. Später würde er dann wieder in einem Bogen nach Süden reiten, sobald sich die Comanchen verzogen hatten.

Weit hinter ihm zogen die Bussarde wieder ihre Kreise.

* * *

„Warum hast du ihn reiten lassen, Eagle Hand?“, stieß derjenige Krieger mit gepresster Stimme hervor, der die Lanze geschleudert hatte. „Ich glaube ihm kein einziges Wort. Er wird dieses Land nicht verlassen.“

„Es ist seine Entscheidung“, antwortete Eagle Hand nach kurzem Überlegen. „Wenn er reitet, bleibt er am Leben. Wenn er zu dem Ort reitet, wo sich die Büffeljäger aufhalten, wird er mit ihnen zusammen sterben.“

„Isatai hat große Macht“, sagte der Krieger, dessen Name Thunder-in-the-Sky war. „Ich vertraue ihm. Er muss Quanah und die anderen Häuptlinge dazu bewegen, die Weißen endlich anzugreifen. Wir haben viel zu lange gewartet und zugesehen, wie unsere Büffel abgeschlachtet werden. Es ist nicht mehr die Zeit der Worte, Eagle Hand. Die Zeit des Kampfes hat schon begonnen, auch wenn du noch zögerst.“

„Ich tue das, was Quanah und die anderen Anführer unseres Volkes entscheiden, Thunder-in-the-Sky“, antwortete Eagle Hand und blickte dabei in die Richtung, aus der die beiden Späher geritten kamen und die auch Lobo eingeschlagen hatte. Gespannt blickte er ihnen entgegen.

„Er reitet wieder nach Norden“, berichtete einer der Späher. „Er hat wohl verstanden, dass im Süden nur der Tod auf ihn wartet.“

„Ihr hättet ihm noch weiter folgen sollen“, äußerte Thunder-in-the-Sky seine Zweifel ganz offen. „Er hat dich angelogen, Eagle Hand. Du wirst es bald selbst erkennen.“

„Er war einmal ein Freund“, sagte Eagle Hand. „Aber die Zeiten ändern sich. Um der alten Freundschaft willen habe ich ihn gehen lassen. Sollte ich ihm jemals wieder in diesem Land begegnen, dann gibt es zwischen ihm und mir keine Freundschaft mehr. Dann muss er sterben.“

Er sagte das in solch endgültigem Ton, dass selbst der skeptische Thunder-in-the-Sky sich damit zufriedengab. Anschließend ritten Eagle Hand und seine Stammesgefährten wieder zurück zu der Stelle, wo sich das Lager ihres Volkes befand. Im Herzen des Llano Estacado, den die Weißen auch Staked Plains nannten.

KapitelZwei