Lolo, Bibi und Piccolina, das Eselchen - Volker Schoßwald - E-Book

Lolo, Bibi und Piccolina, das Eselchen E-Book

Volker Schoßwald

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Beschreibung

Lolo macht mit seinen Eltern Ferien auf Elba. Dort begegnet er dem reizenden Eselchen mit der schwarzen Mähne, Piccolina. Und er lernt Bibi kennen, die auch gerade Ferien macht. Da erleben sie ein unglaubliches Abenteuer!

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Lolo, Bibi und Piccolina, das Eselchen

Auf hoher See

Papa fährt durch die Berge

Klaro Karo

Das Eselchen

Auf dem Rücken

Mitten in der Nacht

In der Fattoria

Bianca heißt Bibi

Zwei gehen an Bord

Probleme in Piombino

Guter Rat ist teuer

Schreckensfahrt zur Eselsfarm

Freche Jungs und süße Mädchen

Lolo kommt ins Zittern, Bibi ins Bibbern

Auf der Flucht

Esel gut, alles gut

Für Levi,

der Eselchen und Abenteuer liebt

1 Auf hoher See

Die Schiffssirene tutete. Die Heckklappe der Fähre schloss sich. Die Passagiere an Bord strömten nach oben, um den Blick auf das weite Meer zu genießen. Lolo schob sich durch die Erwachsenen nach vorne, also nach hinten, wo das Schiff noch an Land war. Auch er wollte alles genau sehen…

Papa hatte ihr Auto durch das große Maul des Schiffes „Moby“ gesteuert, eine blau-weiß gestrichene Fähre, in der sich Meer und Wolken spiegelten. Nach Papas klaren Anweisungen durfte Lolo sich frei an Bord bewegen.

Jetzt stand er am Heck und schaute zum Hafen. Viele Leute tummelten sich dort. Vereinzelt warteten Autos auf eine andere Fähre. Im Hintergrund erhoben sich die Berge der Toskana, an denen sie auf der Autofahrt entlang gedüst waren.

Der Boden unter ihm zitterte. Lolo lächelte. Er hatte natürlich keine Angst. Er wusste, was da zittert: Der Kapitän hatte den großen Motor der Fähre angelassen, die Taue wurden vom Kai gelöst und auf dem Schiff aufgerollt, dann bewegte es sich von der Mole weg.

Das Wasser unter ihm schäumte weiß auf. Nur nicht hineinfallen! Dabei grinste er: Nein, so dumm war niemand.

Wo waren überhaupt die Rettungsringe? Er blickte suchend umher: Da drüben hingen weiß-rote Reifen an der Wand. Und Rettungsboote, falls ein Unglück geschah? Nein. Oder doch? Er musste sich einmal umschauen. Aber erst einmal freute er sich darüber, dass das Ufer immer weiter weg schwamm. Die Menschen wurden kleiner, und bald war vom Lärm nichts mehr zu hören. Oder doch? Über ihm lärmte es ziemlich!

Er schaute nach oben. Blauer Himmel, weiße Wolken und? Majestätisch wie Königinnen der Luft segelten Möwen über ihnen. Sie kreischten, gar nicht königlich, aber ihre Schwingen waren gewaltig. Wenn jetzt eine käme und ihn mitnähme? Wenn er sich auf eine Möwe setzen könnte und über das Meer reiten? Dann sähe er den Dampfer immer kleiner werden und könnte über die ganze Welt schauen, das weite, weite Meer und sicherlich auch vom Hafen Piombino bis zum Hafen in Portoferraio. Denn dort war ihr Ziel. Dorthin sollte die Reise gehen: nach Elba.

Die Insel. Er wollte sie unbedingt sehen. Also machte er sich auf den Weg zum Bug. Der Bug, das wusste Lolo, ist beim Schiff vorne, während hinten das Heck ist. „H“-eck wie „h“inten, so konnte er es sich merken.

Ach ja, unterwegs wollte er noch nach den Rettungsbooten schauen. Immerhin hatte Papa gesagt, dass sie eine ganze Stunde unterwegs seien. Das hieß: ganz viel Wasser vor ihnen, hinter ihnen und unter ihnen. Wenn es einen Unfall geben sollte, bräuchten sie schon gute Rettungsboote. Plötzlich stutzte er: Vor ihm hing ein Schiff in der Luft! Ein oranges Schiff! Was für eine scheußliche Farbe!

Ein Luftschiff? Konnte er damit fliegen wie auf einer Möwe? Lolo lachte. Dann griff er sich in die verstrubbelten Haare: KlaroKaro! Dort oben baumelten die Rettungsboote. Am liebsten wäre er auf der Stelle hochgeklettert und hätte sich in eines gesetzt. Das ging leider nicht. Also wanderte er unter ihnen durch weiter vor zum Bug.

Wo man aufs offene Meer hinaus blicken konnte, standen schon eine Menge Leute und der Wind pfiff ihnen durch die Haare – falls sie welche hatten; manche Männer wollten ja lieber Glatzen. Lolo verstand das gar nicht. Er liebte es, wenn seine Haare im Wind flogen!

Die Fähre bei Porto Ferraio

Geschmeidig drängte er sich durch die Erwachsenen bis ganz vorne an die Reling! Die Möwen kreischten über ihnen, das Wasser schäumte vor ihnen, die dicken, braunen Taue lagen zusammengerollt an Deck unter ihnen. Lolo wusste: Wenn wir im Hafen ankommen, werden die Taue über Bord geworfen und draußen am Kai aufgewickelt, damit das Schiff festgezurrt werden kann.

Lolo legte die Hand über die Augen, um ganz genau zu sehen, was vor ihnen lag. Richtig, dort hinten entdeckte er einen Streifen auf dem Meer. Das musste die Insel sein, das musste der Hafen sein, bald wären sie da!

So ein Schiff ist ganz schön langsam, dachte Lolo. Je länger er dachte, umso näher kam die Küste. Langsam schwamm die Insel auf das Schiff zu. Erst erkannte er nur die Berge, die bis ans Meer gingen. Dann entdeckte er einige flache Häuser mit Pinien daneben. Schließlich kamen größere Häuser in Sicht und ein Leuchtturm. „Da ist der Hafen!“ rief er.

Plötzlich spürte er eine Hand auf der Schulter. Erschrocken dreht er sich um und blickte nach oben. Dort lachte ihm das Gesicht seines Vaters entgegen: „Ahoi, Lolo, wir sind da! Jetzt schauen wir uns noch an, wie das Boot anlegt und dann…“

„Ich bin schon ganz gespannt, wo wir wohnen werden!“ krähte Lolo dazwischen, als wäre er eine Möwe.

Der Vater nickte: „Und ich erst! Hoffentlich lobt mich Mama, was ich da ausgesucht habe.“

2 Papa fährt durch die Berge

„Hey!“ Lolo klammerte sich an Papa. Das Boot hatte einen riesigen Stoß bekommen. Alles wackelte. Die Erwachsenen lachten, Papa auch. „Das war mal ein hartes Anlegen“, grinste er und deutete mit dem Daumen zum Kapitän: „Besser aufpassen, mein Junge…“ Dabei kannte er den Käpt’n doch gar nicht…

Liebevoll packte er seinen echten Jungen beim Kragen und sie drängten sich zur Treppentür, denn nun ging es zurück zum Auto. Natürlich waren sie nicht die einzigen, die drängten. Was wurde da geschubst! Was war das für ein Chaos! Und doch käme keiner auch nur eine Sekunde früher raus, das wusste Lolo, denn die Autos standen ganz eng beieinander. Überholen? Nee.

Gemütlich stiegen sie ins Auto. Lolo schnallte sich an. Mama strahlte zu Papa hinüber: „Jetzt sind wir gleich da, Schatz!“ und gab ihm einen kräftigen Kuss auf die Wange.

Der Boden vibrierte immer noch. Mit einem Mal wurde es vorne hell: die Klappe öffnete sich wie von Geisterhand und bald holperten die ersten Autos an Land.

„Mensch, das ruckelt!“ ächzte Lolo und flog ein bisschen in die Höhe, als sie über die Schwelle fuhren.

„Weißt du auch, wo’s hingeht?“ fragte Mama. Und Papa nickte souverän. Papa wusste immer, wo’s lang geht. Oder fast immer. Oder zumindest, wenn er nachgeschaut hatte.

„Wenn wir ankommen, gibt’s ein Eis!“ versprach Mama. Das klang super.

Tatsächlich stoppte Papa, als er unterwegs das berühmte italienische „Gelato“ sah. Lolo bekam das versprochene Eishörnchen. Joghurt, das klang in Italien genauso wie zu Hause. Ob es so gut war, noch mal kurz vor der Gebirgsfahrt etwas Süßes zu essen?

Unterwegs wurde es Lolo doch ziemlich bange. Papa schien heute prima drauf zu sein. Er fuhr, als ginge es um ein Autorennen. Dabei musste er wie ein Weltmeister Kurven fahren, es ging hinauf, es ging hinunter und manchmal blickte Lolo sogar in eine Schlucht.

„Huch!“ schrie Mama auf. Aber Papa lachte nur, nachdem er eine Linkskurve am Berg ganz schnittig genommen hatte und den Eselskarren direkt dahinter erst im letzten Augenblick sah. Schnittig brauste er dran vorbei. Der Esel konnte nur den Kopf schütteln, aber Mama schimpfte.

Ihre Stimme klang energisch: „Urlaub hin oder her! Freiheit hin oder her! Du bist kein Kind auf dem Jahrmarkt! Jetzt fährst du anständig! Ich will mich erholen und keinen Herzinfarkt bekommen!“

Papa lächelte urlaubsmäßig entspannt, drosselte das Tempo und nervte nur noch durch sein entspanntes Pfeifen. „Azzurro!“ erklärte Mama, „so heißt dieses Lied.“

„Ja,“ lachte Papa, „Azzurro heißt blau, wir fahren nach Porto Azzurro, also zum blauen Hafen mit dem tollen blauen Meer!“

Lolo freute sich auf Meer, Eis und…

Sie kamen doch noch an, Papa ganz entspannt, Mama ohne Herzinfarkt und im Hafen durfte Lolo ein zweites Eis lecken, ein leckeres Pistazieneis.

Sie saßen entspannt unter schattigen Platanen an der Promenade und betrachteten die Schiffe.

„Und wo wohnen wir?“ wollte Lolo wissen.

Papa deutete auf einen Berg: „Dort…“

„Auf dem Berg?“

„Nein, hinter dem Berg steht ein toller Bauernhof. Da können wir es uns gut gehen lassen…“

„Ja,“ schnurrte Mama, „du hast deinen Wein und ich meine Ruhe…“

Lolo genoss den Rest von seiner Eiswaffel.

Dann ging‘s zum Auto und Vati fuhr gemächlich weiter.

Den Berg fuhr er natürlich nicht schnurgerade hoch, sondern in langgezogenen Kurven.

„Das nennt man Serpentinen…“ erklärte er seiner Familie. „Das ist das italienische Wort für Schlangen.“

„Igitt“, kreischte Mama, „ich will nicht auf Schlangenstraßen fahren!“

Aber sie lachte dabei.

Nach bestimmt zehn Kurven erreichten sie den Pass. „Schaut euch noch mal um, zum tollen Meer!“ riet Papa.

„Azzurro!“ sang Mama, und Lolo grinste: „Azurro heißt blau!“

Dann fuhren sie wieder bergab, aber nur ein kurzes Stück, denn plötzlich rief Papa: „Arriviamo!“

Eindrucksvoll lag vor ihnen in der Ebene ein riesiger Bauernhof mit mehreren Gebäuden, Olivenbäumen und… als sie näher kamen, erkannten sie auch Mäuerchen, Hecken und Liegestühle. Also alles für Mama, Papa und vor allem Lolo. „Arriviamo! Wir kommen an!“

Vorsichtig bog Papa auf den Vorplatz ein. Niemand ließ sich sehen, aber sie hatten wohl auch die falsche Tageszeit erwischt. Bestimmt waren alle bei der Arbeit, am frühen Nachmittag.

Mama stieg als erste aus dem Auto und suchte die Haustüre. Bald kehrte sie zurück und deutete auf eine große Holztür, von der aus eine ältere Frau winkte. „Signora Asinata!“ erklärte Mama. Sie gingen zu der Frau, die sie freundlichst begrüßte.

„Wie heißt denn du, ragazzo?“ fragte Signora Asinata.

„Ragazzo bedeutet wilder Bursche…“ grinste Papa und Lolo antwortete brav: „Ich heiße Lorenz.“

„Si chiama Lorenzo.“ erklärte Mama weltmännisch auf Italienisch, doch Signora Asinata lächelte Lolo an: „Ich hab dich schon verstanden. Ich habe einen Enkel in Deutschland, den besuche ich immer wieder. Er heißt übrigens Mario. – Und du, darf ich dich Lorenz nennen?“

Lolo schüttelte entsetzt den Kopf: „Nein, bloß nicht. Diesen doofen Namen haben sich meine Eltern ausgedacht. In Wirklichkeit heiße ich Lolo und das bleibt so.'"

„Ok, Lolo, das machen wir.“

Dann führte sie die drei ins Haus, zeigte den Eltern die Zimmer, die Küche, die Betten und Waschgelegenheiten und überreichte ihnen schließlich die Schlüssel: „Ich denke, jetzt ist alles klar. Also, viel Vergnügen, einen schönen Aufenthalt und wenn Sie Fragen haben, Sie wissen ja, wo ich wohne…“

3 Klaro Karo

„Der Hahn wird dich schon wecken!“ flüsterte Mama ihm beim Zubettgehen nach dem Abendgebet ins Ohr. Er freute sich schon darauf: Die Sonne scheint ins Zimmer, und der Hahn kräht, das waren schöne Ferien.

Aber es kam ganz anders. Er wachte auf, weil ein Kind furchtbar schrie. Immer wieder! Es schrie zwar „Ja!“, aber der Schrei klang gar nicht freundlich. Lolo sprang aus dem Bett und schaute aus dem Fenster. Draußen schien ganz frech die helle Sonne, die schon ohne ihn aufgegangen war. Ein Hahn ließ sich nicht sehen, auch kein Kind. Bei all dem Frieden vor seinem Fenster schien sich auch niemand über das schreiende Kind zu ärgern. Niemand kümmerte sich.

Für die anderen hatte der Tag längst begonnen. Auf dem Hof liefen Männer in Arbeitskleidern geschäftig herum. Der Bauer und seine Mitarbeiter brachten den Hof in Ordnung.