Lore-Roman 155 - Birke May - E-Book

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Birke May

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Beschreibung

Corinna Feet hat sich auf dem Geburtstag ihrer Freundin dazu überreden lassen, mit ihr den Presseball zu besuchen. Niemand hätte es erfahren sollen, schon gar nicht ihr konservativer Verlobter, doch nun prangt das eindeutige Beweisfoto auf dem Klatschblatt der Stadt. Ausgerechnet mit dem vielfachen Millionär und begehrtestem Junggesellen Europas Diether Graf hat Corinna zufällig mehrfach getanzt und wurde dabei abgelichtet. Zu allem Überfluss wird ihr nun nachgesagt, sie habe die Liebe zwischen Diether Graf und Gabriele von Dobritz zerstört. Für die konservative Familie Feet ist das Ganze ein Skandal: Ihre anständige Corinna wird mit solch einem Playboy in Verbindung gebracht! Hansjürgen hat die Verlobung gelöst, der Vater hat getobt, die Mutter stundenlang geweint und der Bruder hält sie nun für ein leichtsinniges Mädchen. Corinna kann sich nirgendwo mehr sehen lassen. In einen Teufelskreis scheint sie geraten zu sein, an dem nur der Fotograf Helmut Kamp schuld ist. Doch der weigert sich, die verfahrene Geschichte klarzustellen. In ihrer Not wendet sich Corinna mit einem Brief an den Millionär ...


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Inhalt

Cover

Corinna und der Millionär

Vorschau

Impressum

Corinna und der Millionär

Eine Ballnacht wurde ihr zum Schicksal

Von Birke May

Corinna Feet hat sich auf dem Geburtstag ihrer Freundin dazu überreden lassen, mit ihr den Presseball zu besuchen. Niemand hätte es erfahren sollen, schon gar nicht ihr konservativer Verlobter, doch nun prangt das eindeutige Beweisfoto auf dem Klatschblatt der Stadt. Ausgerechnet mit dem vielfachen Millionär und begehrtestem Junggesellen Europas Diether Graf hat Corinna zufällig mehrfach getanzt und wurde dabei abgelichtet. Zu allem Überfluss wird ihr nun nachgesagt, sie habe die Liebe zwischen Diether Graf und Gabriele von Dobritz zerstört. Für die konservative Familie Feet ist das Ganze ein Skandal: Ihre anständige Corinna wird mit solch einem Playboy in Verbindung gebracht! Hansjürgen hat die Verlobung gelöst, der Vater hat getobt, die Mutter stundenlang geweint und der Bruder hält sie nun für ein leichtsinniges Mädchen. Corinna kann sich nirgendwo mehr sehen lassen. In einen Teufelskreis scheint sie geraten zu sein, an dem nur der Fotograf Helmut Kamp schuld ist. Doch der weigert sich, die verfahrene Geschichte klarzustellen. In ihrer Not wendet sich Corinna mit einem Brief an den Millionär ...

»Soll ich bei dem herrlichen Wetter stundenlang in der Dunkelkammer hocken? Ihr könnt mich alle mal. Und da es hier so ruhig ist, werde ich jetzt ...«

Im gleichen Augenblick wurde hinter ihm die Tür mit einem Ruck geöffnet. Sie schlug gegen seinen Rücken und ließ ihn gegen den hölzernen Garderobenständer taumeln.

»Hoppla!«, rief Helmut Kamp und drehte sich um.

Was da bunt und grazil hereingefegt kam, nahm ihm den Atem zu vorwurfsvollen Worten. Sichtlich erfreut blickte er die junge Dame an.

»Wer sind Sie?«, fuhr sie ihn an.

Mit breitem Grinsen stellte er sich vor. »Helmut Kamp, Starfotograf, unbeweibt, hochintelligent, ewig missverstanden und gerade im Begriff, mich bei Kaffee und einer Zigarette zu erholen. Darf ich Sie einladen, unbekanntes Fräulein?«

Wütend starrte sie ihn an.

»Sie!«, fauchte das Mädchen, riss die grüne Lackledertasche von der Schulter, öffnete sie und nahm ein zusammengefaltetes Blatt heraus. »K«, fuhr sie fort, »das müssen Sie sein. Und wenn ich Sie so betrachte, wird mir klar, wie blöde der Mann sein muss, der solch einen hirnverbrannten Unsinn veröffentlicht und sich dann noch für intelligent hält.«

»Na, hören Sie mal!«, wehrte sich Helmut Kamp verdutzt.

Sein älterer Kollege lachte schallend.

»Sie werden mir gut zuhören und sich dann gefälligst entschuldigen«, erwiderte sie und sah ihn aus schrägen grünen Augen herausfordernd an.

Helmut Kamp wandte sich seinem Kollegen zu und hob in stummer Bitte die Hände.

»Benno«, sagte er verzweifelt, »schaff mir dieses kriegerische Geschöpf vom Hals. Es trifft mich bis ins Mark, wenn ich auf nüchternem Magen so angegriffen werde. Ich, der ich doch zu allen Frauen lieb und nett bin!«

Benno Sommer erhob sich. Er ging um den Schreibtisch herum auf die junge Dame zu und lächelte verbindlich.

Während er sich höflich verbeugte, fragte er: »Worum geht es, Fräulein?«

»Um den da«, antwortete sie und wies mit dem Blatt auf Helmut Kamp. »Der Supertrottel hat mein Glück zerstört. Und das wird er mir büßen, wenn er nicht alles daransetzt, die verfahrene Geschichte schnellstens in Ordnung zu bringen.«

»Sie wollen mich heiraten?«, spottete Helmut Kamp. »Nun, darüber ließe sich reden. Obwohl mir fülligere Frauen lieber sind.«

»Noch ein Wort, und es geschieht etwas Furchtbares! Hier ...« Sie faltete das Blatt auseinander und deutete auf eine farbige Fotografie. »Haben Sie die Aufnahme gemacht, oder nicht?«

Helmut Kamp nahm das Blatt und betrachtete es. Benno Sommer sah über seine Schulter. Und beide stellten beinahe gleichzeitig fest: »Ah, der Presseball!«

»Ja, der Presseball«, bestätigte die junge Dame wütend. »Auf den ich nur durch einen dummen Zufall geriet und von dem mein Verlobter nichts erfahren sollte, weil er in seinen Ansichten ein bisschen altmodisch ist.«

Helmut Kamp pfiff leise durch die Zähne.

»Sie fangen mit Ihren Heimlichkeiten reichlich früh an, mein Fräulein. Doch warum regen Sie sich über dieses hübsche Foto so auf? Der Mann ist der berühmte und sehr begehrte Millionär Diether Graf. Und die rothaarige Dame, mit der er so verliebt tanzt, ist ...«

»Das bin ich!«, fiel sie ihm ins Wort und riss ihm das Blatt aus der Hand.

»Sie?«, fragte er verblüfft. »Aber — aber Sie sehen doch ganz anders aus. Sie haben glattes schwarzes Haar und ...« Mit großen Augen sah er zu, wie sie die dunkle Perücke vom Kopf riss, wild die roten Löckchen schüttelte und sich mit zornfunkelnden Augen noch dichter vor ihm aufbaute.

»Nach dem Artikel und dem Foto muss ich mich verkleiden«, erklärte sie. »Ich kann mich sonst vor albernen Fragen kaum noch retten. Ich habe meine Stelle wechseln müssen und sieben Tage lang heftige Auseinandersetzungen gehabt.«

»Setzen wir uns erst einmal«, versuchte Benno Sommer zu vermitteln. »Und vielleicht erzählen Sie, was Sie dazu veranlasst hat, meinem Kollegen Kamp dieses wirklich ausgezeichnete Foto zum Vorwurf zu machen. Es wird Ihnen gewiss bekannt sein, dass wir seit einem halben Jahr ein Boulevardblatt herausgeben. Diese Zeitung muss ansprechen. Wir müssen etwas bringen, das aus dem Alltag herausragt und von dem manche heimlich träumen. Natürlich wird der Kommentar zu den einzelnen Fotos auch entsprechend abgefasst.«

»So«, meinte sie und setzte sich. Sie schlug die Beine übereinander. Ob diese Beine so schlank und anmutig waren wie das ganze Persönchen, konnte Helmut Kamp nicht feststellen. Schmale braune Lederstiefel verbargen Waden und Fesseln vor seinem Blick. »Um Ihr offensichtlich schlecht funktionierendes Gedächtnis etwas aufzufrischen«, begann die junge Besucherin in spöttischem Ton, »möchte ich einige der kompromittierenden Zeilen Ihres Artikels wiedergeben. Zum Beispiel: Diether Graf, begehrtester Junggeselle Europas und vielfacher Millionär, auf dem Weg in ein neues Glück! Wird die rothaarige Göttin das Rennen machen? Diether Graf tanzte eine ganze Nacht lang mit einer schönen Unbekannten! Rothaariges Mädchen zerstört eine große Liebe! Wird Gabriele von Dobritz kampflos aufgeben? Zärtliche Romanze am Rande des Presseballs!«

»Oh, Sie kennen alle Zeilen auswendig!«, staunte Helmut Kamp.

Benno Sommer fragte ruhig: »Was ist dagegen auszusetzen? Waren Sie auf dem Ball? Haben Sie mit Graf getanzt oder nicht?«

»Ich war auf jenem Ball. Und getanzt habe ich auch. Aber mit diesem millionenschweren Herrn nur dreimal, und zwar bei den Tänzen, wo die Partner ständig gewechselt wurden. Das ist alles.«

»Trotzdem ist an meiner Aufnahme nichts auszusetzen«, erwiderte Helmut Kamp. »Höchstens an Ihrer Heimlichtuerei. Warum haben Sie auch ohne Wissen Ihres Verlobten an einem Ball teilgenommen, der ein aufsehenerregendes Ereignis ist, weil sich Prominente einfinden, die gesehen, beachtet und auch fotografiert werden wollen.«

»Ist das alles, was Sie zu Ihrer Entschuldigung zu sagen haben?«

»Nein. Wie heißen Sie?«

»Corinna Feet. Warum?«, fragte sie betroffen.

»Nur so. Schließlich möchte man ja wissen, mit wem man sich so angeregt unterhält.«

»Mit Ihnen spreche ich kein Wort mehr. Sie sind mir zu unhöflich, und wenn Sie nicht sofort ...«

»Halt!«, rief Helmut Kamp und grinste dabei Benno Sommer an. »Mein Kollege wird sich gern allein mit Ihnen unterhalten und sich Ihrer Wünsche annehmen, obwohl es sich hier nicht um ein Inserat handelt. Mich entschuldigen Sie bitte. Mir steht nach anstrengenden Stunden eine Tasse Kaffee und eine Zigarette zu. Doch bevor ich gehe, möchte ich Ihnen noch zwei gutgemeinte Ratschläge geben: Danken Sie mir, dass Sie auf solch eine Weise einen Mann loswerden, der sich wegen Harmlosigkeiten ereifert. Und öffnen Sie beim nächsten Besuch die Tür etwas vorsichtiger. Mein Rücken schmerzt. Ich werde meinen Hausarzt aufsuchen und mich vielleicht krankschreiben lassen müssen.«

Ehe Corinna Feet ihrer Empörung Luft gemacht hatte, war er verschwunden.

»So ein Ekel!«, schimpfte sie. Dann schaute sie Benno Sommer an. Sie schluchzte plötzlich auf. Dicke Tränen rollten über ihre Wangen. Tränen, die Benno Sommers ohnehin zu weiches Herz rührten.

»Aber Fräulein Feet«, tröstete er väterlich, »die Sache wird doch einzurenken sein. Wenn Ihr Verlobter Sie ehrlich liebt, muss er verzeihen können. Zumal es ja nur eine Bagatelle ist.«

»Er nicht. Ach, Sie kennen Hansjürgen nicht. Er verzeiht sich, selbst nicht die geringste Schwäche und ist immer korrekt und untadelig. Er muss an seinen guten Ruf denken und an die Karriere, die er vor sich hat, sobald der Rektor pensioniert wird. Er kann sich solch einen Skandal nicht leisten. Und für unser Städtchen ist es ein Skandal, wenn ein anständiges junges Mädchen mit solch einem Playboy in Verbindung gebracht wird — und dazu noch mit einem Riesenfoto in einer Zeitschrift, die bei mir daheim strengstens verboten ist.«

Mein Gott!, dachte Benno Sommer, in welch einer Gegend mag dieses zauberhafte Geschöpf herangewachsen sein?

»Ist Ihr Herr Vater denn so streng?«

»Er ist Lehrer wie Hansjürgen. Warum?«

»Tja dann ...« Benno Sommer wusste auch keinen Rat. Ihm fiel die Arbeit ein, die noch zu erledigen war. Er dachte an den Chef, der morgen von einem Flug nach Ostende zurückkehren würde.

»Sie hören mir ja gar nicht zu«, sagte Corinna vorwurfsvoll.

Benno Sommer schüttelte den Kopf.

»Nehmen Sie es nicht so tragisch«, meinte er. »Ihr Fall ist ja nichts Neues. Und wenn Ihr Verlobter solch ein Spießer ist, hätten Sie sich vor dem Ball darüber Gedanken machen sollen. Jetzt ist es zu spät.«

»Die Verlobung hat er gelöst«, erregte sie sich. »So einfach gelöst! Begreifen Sie, was das für mich bedeutet? Ich kann mich in unserem Städtchen kaum noch sehen lassen! Ich finde nirgends Glauben. Mein Vater hat getobt, meine Mutter stundenlang geweint. Und mein Bruder hält mich für ein leichtsinniges Mädchen.«

»Na, das ist ja wohl alles stark übertrieben.«

»Das sagen Sie! Ach, Sie haben ja keine Ahnung! Bei uns ist die Zeit stehen geblieben. Und die Vormanns, ich meine Hansjürgens Eltern, sind angesehene und vermögende Leute, die sowieso für ihren einzigen Sohn eine bessere Partie wünschten.

Nun werden sie froh und erleichtert sein. Nun können sie wieder nach einer Schwiegertochter Ausschau halten, die niemals aufbegehrt. Und das alles nur«, sie schluchzte wieder auf, »weil ich mich auf dem Geburtstag meiner Freundin dazu überreden ließ, mit ihr und ihrem Mann an dem Presseball teilzunehmen. Ich war mir keiner Schuld bewusst. Ich fand es einfach toll, dass ich mitkommen durfte. Und da ich ohnehin übers Wochenende bei meiner Freundin weilte, hätte niemand etwas erfahren, wenn nicht ... Oh, wie ich alle hasse! Alle, Ihren ekelhaften Kollegen und auch diesen Diether Graf, der leicht angetrunken war und mich eine rothaarige Teufelin nannte, als ich mich von ihm abwandte. Er verstand es nicht, dass er mich nicht interessierte. Ich wusste ja nicht einmal, wer er war.«

»Der Graf sieht sehr gut aus«, sagte Benno Sommer, fuhr sich mit der rechten Hand über das schüttere Haar und seufzte, »und dass Sie ihm gefallen haben, ist verständlich.«

»Wäre ich wirklich eine Teufelin«, brummte Corinna, »hätte ich ihn längst zur Hölle geschickt. So aber ...« Sie zog ein Taschentuch hervor und drückte es gegen die Augen.

Wieder ließ Benno Sommer sie weinen. Als das Schluchzen nachließ, legte er die Hand auf ihren Arm und sagte: »Wenn es tatsächlich so schlimm ist, sollten Sie sich an ihn wenden, Fräulein Feet.«

»An wen?«

»Na, an Diether Graf. Er hält sich zurzeit in unserer Stadt auf, weil er den größten Teil der Schule für geistig und körperlich behinderte Kinder finanziert hat, die in zwei Tagen feierlich eröffnet werden soll. Wenn Sie mit ihm sprechen, ist er vielleicht bereit, Ihnen zu helfen. Gewiss würde es ihm eher gelingen, Ihre Familie wie auch Ihren Verlobten zu beruhigen. Wenn Sie ihm weniger zornig als uns gegenübertreten, können Sie ihn leicht davon überzeugen, wie wichtig eine Erklärung seinerseits für Sie ist.«

»Und wenn er es ablehnt?«

Benno Sommer antwortete mit einem Schulterzucken und lächelte hilflos.

»Warum nur wurde gerade das Foto durch solche Schlagzeilen hervorgehoben?«, fragte Corinna traurig. »Man kann doch nicht einfach daherkommen und zufällig Tanzende zu verliebten Paaren machen! Ihr Kollege scheint sich nicht darüber klar zu sein, was er angerichtet hat. Ich musste meine Arbeit im Sekretariat der Schule aufgeben. Ich nahm vorzeitig Urlaub und zog hierher, weil ich hoffte, hier eine neue Stellung zu finden. Das ist sehr schwierig, das dürfen Sie mir glauben.«

»Haben Sie noch keine Tätigkeit gefunden?«, erkundigte sich Benno Sommer und überlegte, wie er ihr helfen könne.

»Doch, aber wenn man zu Hause wüsste, womit ich jetzt mein Geld verdiene, würde man die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und mich endgültig verbannen.«

»Um Himmels willen!«, rief er erschrocken.

Doch sie lachte.

»Nichts weswegen ich mich schämen müsste«, erklärte sie. »Ich bin als Mannequin tätig, bis ich die Stellung antreten kann, die im Herbst dieses Jahres frei wird und meiner Ausbildung entspricht. Ich werde dann im Sekretariat einer Ingenieurschule in Süddeutschland arbeiten, mehr Gehalt beziehen als bisher und auch eine kleine Wohnung bekommen. Bis dahin muss ich mit der Arbeit Geld verdienen, die sich mir bietet. Als Mannequin zu arbeiten, ist ganz interessant. Wir werden nämlich zu Außenaufnahmen nach Süden fliegen. Dort war ich noch nie. Vielleicht kann ich dann schneller vergessen, was ...«

»Schluss mit den Tränen!«, befahl Benno Sommer, als sie wieder zu schluchzen begann. »Ich lasse Ihnen Diether Grafs Anschrift heraussuchen. Sollten Sie bei ihm den gewünschten Erfolg haben, können Sie ja noch mal herkommen. Das mit dem Job als Mannequin gefällt mir nicht. Sie sind noch sehr jung, Fräulein Feet. Zu jung für einen Beruf, der manche Gefahr mit sich bringt.«

»Ich bin zweiundzwanzig. Ich kann auf mich allein aufpassen. Und Mitleid brauche ich auch nicht«, erwiderte Corinna trotzig.

»Überlegen Sie es sich. Ich bin nicht abgeneigt, Ihnen hier bei uns eine Arbeitsmöglichkeit zu besorgen, bis Sie in Süddeutschland anfangen können. Denn schließlich fühle ich mich doch ein bisschen verantwortlich für Sie, nachdem Sie durch uns so viele Unannehmlichkeiten hatten.« Er lächelte.

Doch er wurde kühl und abweisend, als sie forderte: »Dann dementieren Sie! Teilen Sie Ihren Lesern mit, dass Sie einen Mitarbeiter haben, der von allen guten Geistern verlassen gewesen sein muss, als er auf dem Presseball ...«

»Tut mir leid. Das geht nicht«, unterbrach er sie mit fester Stimme. »Wir hatten den Auftrag, das Interesse unserer Leser auf Diether Graf zu lenken. Kollege Kamp tat nur seine Pflicht. Wir werden noch mehr von Graf berichten. Es wird nämlich gemunkelt, dass man ihn zum Ehrenbürger der Stadt machen will. Er wurde hier geboren. Und obwohl er die meiste Zeit im Ausland ist, kehrt er einmal im Jahr für kurze Zeit zurück. Es ist begreiflich, dass wir jeden seiner Schritte hier beobachten werden.«

»Dann geht das Affentheater also weiter. Und ich verliere am Ende auch noch meine neue Stellung.« Corinna steckte das Taschentuch ein und stand auf.

»Vielleicht wird man auf Sie aufmerksam«, sagte Benno Sommer, indem er sich ebenfalls erhob. »Sie sind bildhübsch und haben auch genügend Temperament, um sich durchzusetzen. Mit Diether Graf in Verbindung gebracht zu werden, ist ganz gewiss nur in Ihrer Heimat ein Skandal. Hier bei uns träumt manches Mädchen davon, einmal dem Mann nahe zu sein, vom dem eine Ausstrahlung ausgeht, der sich kaum eine entziehen kann.«

»Bei mir dürfte er ausstrahlen so viel er will«, erklärte Corinna. Sie schob den Riemen der grünen Lacktasche über die Schulter und schloss den Reißverschluss ihrer gelben Jacke.

»Warten Sie! Ich lasse Ihnen Herrn Grafs Anschrift aufschreiben.« Schon eilte Benno Sommer nach nebenan.

Corinna hörte ihn ruhig und freundlich sprechen, während sie langsam hin und her ging. Schmerz und Wut waren nicht mehr so groß, weil sie in Gedanken bei dem Mann weilte, den sie eventuell aufsuchen würde, um ihn um Hilfe zu bitten. Vater, Mutter und Bruder zürnten ihr seit zwei Wochen. Hansjürgen hatte sie eine Lügnerin genannt. Das tat weher, als sie sich eingestehen wollte. Und wieder blitzte die Wut in ihren grünen Augen auf.

***

»Wieder keine Post von ihr«, stellte Hanni Feet an diesem Morgen betrübt fest, als der Briefträger vorüberradelte und nicht einen Blick für ihr Haus hatte.

Sie blickte ihm nach und beobachtete, wie er an der Ecke vom Rad stieg und mit Frau Vormann sprach. Diese lachte, sah die Straße hinab und ging dann mit stolz erhobenem Kopf am Haus vorbei.

»Dumme Gans!«, sagte Hanni Feet und trat vom Fenster zurück.

Tränen traten in ihre Augen, als sie an Corinna dachte. Sehnsucht überfiel sie wie ein jäher Schmerz. Und fast war sie gewillt, nun den tränenreichen Beteuerungen ihrer Tochter Glauben zu schenken. Vielleicht war es tatsächlich so harmlos gewesen, wie auch die Freundin es dargestellt hatte, die sie ohne Wissen des strengen Gemahls angerufen hatte.

Ich werde ihr nicht nachtragen, dass sie so Hals über Kopf von hier fortgegangen ist, sagte sie sich. Sobald sie uns schreibt, werde ich ihr antworten und ihr versichern, dass ich ihr glaube. Schließlich ist der Mann ihrer Freundin ein angesehener und sehr tüchtiger Augenarzt. Er hat ja auch bestätigt, dass ...