Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 616 - Birke May - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 616 E-Book

Birke May

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Beschreibung

Seit sieben Jahren ist Professor Lutz Friedmar nun schon Witwer, und er trägt sich mit dem Gedanken an eine Wiederheirat. Steht ihm nicht neben der erdrückenden Arbeit als Chefarzt einer großen Klinik und der Betreuung seines siebenjährigen Sohnes auch die Wärme und Zärtlichkeit einer liebenden Frau zu?

Der kleine Philipp lehnt sich jedoch mit aller Kraft gegen die Heirat seines Vaters auf. "Schick sie weg!", verlangt er immer wieder.
Aber Professor Lutz Friedmar ist fest entschlossen, mit der schönen Gracia den Bund der Ehe einzugehen. Dann plötzlich geschieht etwas Unvorhergesehenes, das dem kleinen Jungen in die Hände spielt und Professor Friedmars Zukunftspläne in eine ganz neue Richtung lenkt ...

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Inhalt

Cover

So nimm denn meine Hände

Vorschau

Impressum

So nimm denn meine Hände

Erfolgsroman um die Allmacht der Liebe

Seit sieben Jahren ist Professor Lutz Friedmar nun schon Witwer, und er trägt sich mit dem Gedanken an eine Wiederheirat. Steht ihm nicht neben der erdrückenden Arbeit als Chefarzt einer großen Klinik und der Betreuung seines siebenjährigen Sohnes auch die Wärme und Zärtlichkeit einer liebenden Frau zu?

Der kleine Philipp lehnt sich jedoch mit aller Kraft gegen die Heirat seines Vaters auf. »Schick sie weg!«, verlangt er immer wieder.

Aber Professor Lutz Friedmar ist entschlossen, mit der schönen Gracia den Bund der Ehe einzugehen. Dann plötzlich geschieht etwas Unvorhergesehenes, das dem kleinen Jungen in die Hände spielt und Professor Friedmars Zukunftspläne in eine ganz neue Richtung lenkt ...

»Fall ja nicht auf den Schmus rein, Fips«, warnte Rüdiger Lenz seinen Klassenkameraden Philipp Friedmar. »Es dauert nämlich gar nicht lange, dann wollen sie dich los sein. Kinder wie wir sind immer lästig, wenn keine Mutter mehr da ist.«

Der siebenjährige Junge, der neben ihm auf dem Rasen hockte, nickte und gab einen Knurrlaut von sich. Mit beiden Händen fuhr er sich durch das viel zu kurz geschnittene dunkle Haar und starrte aus großen blauen Augen finster geradeaus.

»Bei uns fing es auch so an«, sprach Rüdiger weiter und warf einen Stein auf ein Seerosenblatt im Teich. »Erst konnte sie nicht genug von mir kriegen und fand mich so süß. Und seitdem mein Papa sie geheiratet hat, schimpft sie nur noch mit mir. Ach, Fips, du hast ja keine Ahnung, wie Stiefmütter sind!«

Philipp sah voller Bewunderung auf den Kameraden, der über ein Jahr älter als er war und selbstverständlich auch reicher an Erfahrungen. Rüdiger war bei der letzten Versetzung zu ihm in die Klasse gekommen. Sie hatten gleich Freundschaft geschlossen, und er war froh, sich Rüdiger anvertrauen zu können und nicht ausgelacht zu werden.

»Wenn du jetzt nicht aufpasst, Fips«, fuhr Rüdiger fort, »dann wirst du nie mehr fröhlich sein. Warum sagst du es deiner Großmama nicht, was bei euch los ist?«

»Großmama wohnt weit weg, und außerdem ist sie schon alt und darf sich nicht aufregen, Rüdiger.«

»Hm«, brummte dieser, und schon flog der zweite Stein in Richtung Wasser. Doch der verfehlte sein Ziel und prallte gegen die Einkaufstasche einer älteren Spaziergängerin.

»Pass doch auf, du Bengel!«, fuhr diese ihn an. »Siehst du nicht, dass ich daherkomme? Und siehst du die Schwäne nicht?«

»Ich dachte, das sind Enten?«, gab der Junge mit dem unschuldigsten Gesicht der Welt zurück.

Entsetzt über so viel Dummheit und Frechheit, schüttelte die Dame den Kopf und ging weiter.

»Der hast du es aber gegeben«, stellte Fips grinsend fest.

»So ähnlich musst du es ab jetzt bei dir zu Hause machen«, riet der Freund ihm. »Du musst versuchen, sie aus dem Haus zu graulen. Gracia – was für ein Name! Da weiß man doch gleich, was einem blüht!«

»Gracia Kersten«, murmelte Philipp und seufzt tief.

»Ist dein Papa sehr in sie verliebt?«, erkundigte sich Rüdiger.

»Weiß nicht. Ich bin ja nie dabei, wenn sie abends da ist.«

»Du musst sie unbedingt vergraulen, solange die beiden noch nicht verheiratet sind«, riet Rüdiger Philipp noch einmal. »Hat dein Vater deine Mutter eigentlich gerngehabt?«, fragte er dann.

»Ich weiß nicht«, erwiderte Philipp. »Ich war ja noch ein Baby, als sie starb.«

»Siehst du, bis jetzt ist er auch ohne Frau ausgekommen, Fips.«

Die beiden standen auf und verließen den Park.

»Mein Vater hat einen neuen Wagen«, verriet Philipp seinem Freund.

»Auch der wird ihr gehören, wenn du nichts unternimmst, Fips.«

Dieser Satz klang noch lange in dem dunkelhaarigen kleinen Arztsohn nach.

»Morgen gehst du gleich nach der Schule zum Friseur, Philipp«, sagte Dörthe am Abend zu dem Jungen.

Der Junge blickte vorwurfsvoll zu der Frau hin, die seit dem Tode seiner Mutter den Haushalt versorgte und die ihm in manchen dunklen Augenblicken liebevolle Trösterin gewesen war.

»Mein Haar ist viel zu kurz, Dörthe«, begehrte er auf. »Rüdiger hat auch schon darüber gelacht.«

»Zu kurz?« Die Haushälterin strich ihm übers Haar. »Du hast recht«, pflichtete sie dem Jungen dann bei.

»Und wenn es länger ist, dann bleibt es auch so«, erwiderte er und warf ihr einen grimmigen Blick zu.

»Hast du Ärger gehabt?«, fragte sie verständnisvoll.

»Nein.«

»Gut, dann geh jetzt ins Bad und putz dir die Zähne.«

Philipp verzog den Mund. Er half heute nicht wie sonst, den Tisch abzuräumen. Störrisch blieb er sitzen und ließ die dreiundfünfzig Jahre alte Frau hin und her laufen.

»Dörthe, wie war meine Mutter?«, fragte er plötzlich.

»Ach, Bub«, sagte sie mitleidvoll, »ich kam ja erst her, als deine Mutti nicht mehr lebte. Ich kenne sie auch nur von den Fotos. Sie war eine schöne Frau, und sie soll sehr lieb gewesen sein.«

»Meinst du, mein Vater hat sie lieb gehabt, Dörthe?«

»Aber gewiss doch!«, erwiderte sie mit fester Stimme.

»Hast du deinen Mann auch lieb gehabt?«, forschte Philipp weiter.

»Selbstverständlich!«

»Hast du deshalb nicht wieder geheiratet, Dörthe?«

»Ich hatte nie das Verlangen, nach einem anderen Mann Ausschau zu halten«, erklärte sie. »Und dann kamst ja auch du in mein Leben, und seitdem interessiert mich nur noch, was hier im Doktorhaus vorgeht.«

»Du hast ihn lieb gehabt, lieber als mein Vater meine Mutter«, stellte der Junge leise fest.

»Philipp!«, rief sie bestürzt aus.

»Wenn er sie heiratet, laufe ich fort«, drohte er mit Tränen in den Augen. »Und ich komme nie mehr zurück!«

»Ach, Spatz«, sagte sie zärtlich, obwohl ihr Herz sich mit eisiger Sorge füllte, »was weißt denn du vom Leben?«

»Von Stiefmüttern weiß ich genug. Rüdiger hat eine. Und was der von ihr erzählt, das ist schrecklich.«

»Es gibt auch nette Stiefmütter, Philipp.«

»Aber nicht sie! Sie hat mich nicht gern. Ihre Augen sind so grün und kalt wie die von der Nixe in meinem Märchenbuch. Ich mag sie nicht! Sie soll nicht mehr herkommen!«

Nun war Dörthe Farensmann doch so erschüttert, dass sie keiner Antwort fähig war. Aber die Anklagen des Jungen brachten sie zum Nachdenken. Hatte er nicht recht? Musste man nicht befürchten, dass diese Gracia mit den feuerroten Locken hier einzog und alles beherrschte? Dann würde sie, Dörthe, bestimmt bald gehen müssen und durch eine junge Kraft ersetzt werden. Und das bedeutete, dass der kleine Philipp mit einem Schlag von zwei ihm noch fremden Menschen betreut werden würde.

»Dein Vater ist noch jung, Philipp«, sagte sie freundlich. »Du darfst nicht von ihm verlangen, dass er nur für dich da ist.«

»Er hat auch Patienten, die ihn immer brauchen. Und wenn er heimkommt, müsste ich ihm doch genügen, Dörthe.«

»Ach, Philipp, Fräulein Kersten ist doch sehr nett, jung und aufgeschlossen. Du wirst dich bestimmt gut mit ihr verstehen. Aber natürlich musst auch du etwas dazu beitragen. Für sie wird es ebenfalls nicht leicht sein. Wenn sie einen Witwer mit Kind heiratet, muss sie schon ein gutes und großes Herz haben.«

»Und wenn sie es nicht hat, Dörthe?«

»Noch ist es ja nicht so weit«, wich die Haushälterin aus. »Geh jetzt ins Bad und putze dir die Zähne. Ich habe deinem Vater versprochen, dafür zu sorgen, dass du heute zeitig ins Bett kommst.«

»Ist er heute wieder nicht zu Hause?«, fragte Philipp traurig.

»Sie gehen heute ins Theater. Das ist für deinen Vater eine Entspannung, die du ihm gönnen solltest, Philipp. Und nun mach dir keine Sorgen mehr. Es wird schon alles gut werden.«

♥♥♥

»Es war ein wundervoller Abend«, sagte Gracia Kersten zu dem dunkelhaarigen Mann, als dieser sie vor ihrer Wohnung absetzte. »Wir sollten öfter so viel Zeit füreinander haben, Lutz.«

Professor Lutz Friedmar nickte zwar zustimmend, schaute die schöne Rothaarige aber zweifelnd an.

»Diese Stunden im Theater habe ich mir stehlen müssen, Gracia«, gestand er. »Ein Mann wie ich ist immer mehr dem Beruf verpflichtet als dem Privatleben.«

»Aber du hast dennoch sehr oft mehr Zeit für deinen Sohn als für mich, Lutz.«

»Philipp hängt sehr an mir. Von Geburt an war ich ihm Vater und Mutter zugleich und musste stets Zeit für ihn haben und viel Geduld.«

»Ist das nicht ein bisschen egoistisch von ihm, Lutz?«

»Darüber wird er sich noch keine Gedanken gemacht haben, Gracia. Für ihn bin ich halt der Vater und habe da zu sein, wenn er mich braucht.«

»Und wenn ein anderer dich braucht?«, fragte sie leise und mit lockender Stimme.

»Zerreißen kann ich mich nicht, Gracia, obwohl ich das schon manches Mal gewünscht habe.«

»Aber ich bin viel allein«, beschwerte sie sich und legte ihre Hand auf seinen Arm. »Willst du wirklich sofort nach Hause, Lutz?«

»Nicht nach Hause, sondern in die Klinik«, berichtigte er sie seufzend. »Mit Rücksicht auf diesen ersten Theaterabend der Saison habe ich dir bis jetzt verschwiegen, dass man mich dort erwartet, weil wir zwei sehr komplizierte Fälle haben.«

»Wirst du immer mehr Arzt sein wollen als ein Mann?«, erkundigte sie sich mit einem schmachtenden Blick in seine Augen hinein.

»Bisher war ich immer mehr Arzt, Gracia. Erst seit ich dich kenne, weiß ich, dass es noch mehr gibt als die Klinik und einen kleinen Jungen.«

»Ich wollte, ich könnte der Mittelpunkt deines Lebens sein!«, stieß sie hervor.

Als Professor Friedmar nun ausstieg und ihr den Schlag öffnete, kamen zwei Personen aus dem Haus.

»Vielen Dank, Herr Professor«, verabschiedete Gracia sich nun in spöttischem Ton und maß die Herauskommenden mit einem hochmütigen Blick. »Und eine Empfehlung an Ihren Sohn!«, rief sie ihm nach, als er sich schon abwandte. Sie wusste, wie viel ihm daran lag, Anstand und Würde zu wahren.

Gracia wollte, dass sich dieser gut aussehende und so fähige Mann endlich zu ihr bekannte. Sie wollte so bald wie möglich Frau Friedmar sein, die beneidete Frau eines Mannes, der so jung schon eine Professur erhalten hatte und über die Grenzen des Landes hinaus durch seine Herzoperationen bekannt geworden war.

♥♥♥

Nach ein paar Stunden der Entspannung mit einer bildhübschen jungen Frau kehrte Professor Friedmar noch einmal in die Klinik zurück, um sich persönlich davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung war. Die beiden komplizierten Fälle waren unverändert besorgniserregend und hatten jeder eine Nachtwache. Außerdem gab es eine Neuaufnahme, die ebenso schwierig wie bedauerlich schien.

»Frau Thorwald ist noch ohne Bewusstsein«, berichtete die Oberschwester, als sie im Flur standen. »Auf Doktor Buchners Anordnung hin haben wir sie in das Einzelzimmer neun gelegt, Herr Professor.«

»Und der Junge?«, erkundigte der Professor sich mit Blick auf den Krankenbericht, den er in der Hand hielt.

»Er ist vor zehn Minuten gestorben, Herr Professor. Ein niedlicher Junge mit blauen Augen und dunklem Haar.«

»Man hätte mich rufen sollen«, sagte er leise und doch vorwurfsvoll. »Es war schließlich bekannt, wo ich mich aufhielt.«

»Es war nichts mehr zu machen, Herr Professor. Die Verbrennungen des Kindes waren zu schwer.«

»Das ist tragisch. Ich werde jetzt nach der Patientin sehen. Wie war noch ihr Name?«

»Thorwald, Herr Professor, Ariane Thorwald.«

Professor Friedmar wandte sich ab und schritt über den langen, schwach erhellten Flur, der von Desinfektionsgeruch erfüllt war.

Vor einer Tür blieb er dann stehen, legte die Hand auf die Messingklinke und drückte sie langsam nieder. Als er das Krankenzimmer betrat, erhob sich die junge Schwester, die in der Nähe des Bettes gewacht hatte. Er nickte ihr beruhigend zu und näherte sich dem Lager, auf dem die schwer verletzte Ariane Thorwald ruhte. Es zuckte in seinem Gesicht. Er presste die Lippen aufeinander.

Die junge Schwester hatte keine Ahnung, dass hier nach über zehn Jahren ein Wiedersehen stattfand, das sich ungewollt und unter tragischen Umständen vollzog. Der Professor beugte sich nieder und betrachtete das von Brandwunden bedeckte Frauenantlitz.

»Sie war kurz bei Bewusstsein, Herr Professor«, flüsterte sie ihm zu. »Doktor Buchner hat ein beruhigendes Mittel injiziert. Innere Verletzungen konnten nicht genau festgestellt werden. Aber es besteht der Verdacht ...«

Sie brach ab, als er heftig abwinkte.

»Lassen Sie mich eine Weile allein, Schwester«, befahl er.

Leise verließ die Schwester das Krankenzimmer. Der Professor war vollkommen niedergeschmettert. Er sank neben dem Bett auf den Stuhl und richtete seinen Blick voller Schmerz auf die Patientin, die ruhig atmend dalag und die Augen geschlossen hielt.

Er kannte die Farbe ihrer Augen. Es kam ihm fast so vor, als hätten ihn diese Augen erst gestern angeschaut. Doch es war über zehn Jahre her, seitdem er von Ariane Abschied genommen hatte und der Verzweiflung nahe gewesen war.

Seine überstürzte Verlobung mit Sandra, der einzigen Tochter seines Vorgesetzten, hatte alle Bekannten und Freunde überrascht. Ihn, Lutz, vielleicht am meisten. Aber die Ehe mit Sandra war glücklich gewesen, wenn man es nachträglich als ein Glück bezeichnen konnte, nur knapp zwei Jahre verheiratet gewesen zu sein.

Und nun lag sie hier vor ihm, das Mädchen seiner Jugendträume, dessen von Wunden bedecktes Gesicht herbe Züge trug. Ariane war wohl nicht so glücklich geworden, wie sie damals gehofft und auch strahlend verkündet hatte. Ihr Kind war tot, den Brandwunden erlegen, die es sich beim Spiel am Lagerfeuer zugezogen hatte. Und Ariane hatte sich vergebens eingesetzt und versucht, den tödlichen Flammen Einhalt zu gebieten.

Ob sie noch mehr Kinder hatte, wusste der Professor nicht. Er nahm sich vor, alles in seiner Macht Stehende für Ariane zu tun.

Nachdem Professor Friedmar den Puls geprüft hatte, verließ er das Krankenzimmer und nickte nur, als die Schwester an ihm vorbei und wieder ans Bett der Patientin huschte. Während er davonging, schlugen seine Gedanken den Weg in die Vergangenheit ein.

Er sah sich wieder mit Ariane Michels am Bootssteg stehen und traurig über das Wasser starren.

»Mach dir nichts draus, Lutz«, glaubte er sie wieder fröhlich sagen zu hören. »Du hast es verdient, dass du eine Frau bekommst, die dich wirklich liebt. Und ich habe mich nun mal in Gregor Thorwald verliebt ...«

Ja, und dann war er allein am Wasser zurückgeblieben, hatte die Wendemanöver der Segler beobachtet und doch nicht viel davon gesehen. Schließlich hatte er nicht nur den Jachtklub verlassen, sondern auch die Stadt und alles, was ihn an die unglückliche Liebe erinnern konnte.

Hierher war er gekommen, an die Klinik und zu Professor Lundhammer, dessen Tochter Sandra er dann bald geheiratet hatte. In der Arbeit hatte er Vergessen gesucht. Doch erst jetzt war ihm klar, dass er jene Zeit niemals ganz würde vergessen können.

Ich darf sie nicht zu oft sehen, nahm er sich vor. Ich werde Kollege Buchner beauftragen, sich ganz besonders um diesen Fall zu kümmern, der mir so am Herzen liegt.

Nur mit größter Mühe vermochte der Professor sich in den nächsten Stunden auf seine Arbeit zu konzentrieren. Nach der Visite las er noch einmal durch, was über den Fall Thorwald notiert worden war. Dann legte er die Notizen beiseite und ließ die Oberschwester kommen.

»Es geht um die Patientin Thorwald, Schwester Martha«, begann der Professor zögernd und nach richtigen Worten suchend. »Akute Gefahr besteht für sie keine, doch wünsche ich, dass ständig eine Schwester bei ihr wacht. Was ist mit der Familie? Ich vermisse die Fragen des Ehemannes.«

»Frau Thorwald ist geschieden. Haben Sie das nicht gewusst, Herr Professor?«

»Ich muss es beim Lesen des Berichts übersehen haben. Nun, es ist ja auch nicht relevant, Schwester Martha. Zunächst ist das Leben von Frau Thorwald wichtig. Den Tod ihres Kindes wird sie überwinden müssen. Bitte sorgen Sie dafür, dass man ihr nicht zu früh vom Tod ihres Sohnes berichtet. Heute und morgen werden die Medikamente so stark wirken, dass sie kaum Fragen stellen wird. Danach werden wir weitersehen. Wer hat die beiden in die Klinik gebracht?«

»Ein Nachbar, der ihre Schreie gehört hatte. Der Mann holte sich ein paar Verletzungen, leichte Brandwunden, die ambulant behandelt wurden.«

»Mitten in der Stadt ein Lagerfeuer«, knurrte Lutz Friedmar und schüttelte den Kopf.

»Es war nicht mal in ihrem Garten«, berichtete die Oberschwester. »Der Nachbar hat mir erzählt, dass das Feuer auf einer Wiese hinter den Gärten war. Eine Menge Kinder sollen sich dort aufgehalten und gespielt haben. Der kleine Thorwald geriet zu nahe an die Flammen. Sein Indianerkostüm, das er vor Kurzem erst zum Geburtstag bekommen hatte, entzündete sich. Sie wissen ja, wie schnell dieses synthetische Zeug in Brand gerät.«

»Ja«, murmelte der Professor und sah im Geiste wieder Arianes Gesicht vor sich.

»Frau Thorwalds Wunden im Gesicht sind nicht so arg wie die an der rechten Schulter, an den Armen und Händen«, fuhr die Oberschwester bekümmert fort. »Wer weiß, ob sie jemals wieder richtig zugreifen kann.«

»Das wird sie!«, erwiderte er in fester Überzeugung seiner eigenen Tüchtigkeit und Befähigung, gerade Ariane genesen zu lassen. Sie würde einen Spezialisten aufsuchen müssen. Nur geschickte Transplantationen konnten die Spuren des Unglücks völlig tilgen.

»Und ihre Familie?«, forschte er weiter. »Sie muss doch Angehörige haben, Schwester Martha«, meinte er auf ihren verwunderten Blick hin.

»Aus den Papieren geht nichts hervor, und jener Nachbar hat auch nichts erwähnt, Herr Professor.«