Lore-Roman 42 - Birke May - E-Book

Lore-Roman 42 E-Book

Birke May

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Beschreibung

Nur die Nacht sah ihre Tränen - Ein außergewöhnlicher Roman um eine große Liebe

Die junge Mona Mainberg wohnt nach dem Tod der Eltern bei ihrem Bruder, der eine reiche, aber manipulative Frau geheiratet hat. Die Schwägerin nimmt jede Gelegenheit wahr, um sie zu demütigen und spüren zu lassen, dass sie von ihrem Geld lebt. Mona leidet sehr. Ihr Leben ist ohne Freude, bis sie Peter Steiner kennenlernt. Sie genießt die Zeit mit ihm in vollen Zügen, und als er ihr einen Heiratsantrag macht, willigt sie überglücklich ein.
Doch ihr kurzes Glück wird jäh zerstört. Peter verunglückt mit dem Wagen. Völlig gebrochen steht Mona am Grab des Geliebten. Sie übersieht die tröstende Hand von Vilmar von Pardenau, denn sie gibt ihm die Schuld an Peters Tod. Von Pardenau fuhr den Wagen, mit dem Peter zusammenstieß. Mona empfindet für diesen Mann nur Hass, und sie ahnt nicht, dass es ausgerechnet er ist, der bald noch als Einziger zur ihr hält ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Nur die Nacht sah ihre Tränen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Grape_vein / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 978-3-7325-7340-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Nur die Nacht sah ihre Tränen

Ein außergewöhnlicher Roman um eine große Liebe

Von Birke May

Die junge Mona Mainberg wohnt nach dem Tod der Eltern bei ihrem Bruder, der eine reiche, aber manipulative Frau geheiratet hat. Die Schwägerin nimmt jede Gelegenheit wahr, um sie zu demütigen und spüren zu lassen, dass sie von ihrem Geld lebt. Mona leidet sehr. Ihr Leben ist ohne Freude, bis sie Peter Steiner kennenlernt. Sie genießt die Zeit mit ihm in vollen Zügen, und als er ihr einen Heiratsantrag macht, willigt sie überglücklich ein.

Doch ihr kurzes Glück wird jäh zerstört. Peter verunglückt mit dem Wagen. Völlig gebrochen steht Mona am Grab des Geliebten. Sie übersieht die tröstende Hand von Vilmar von Pardenau, denn sie gibt ihm die Schuld an Peters Tod. Von Pardenau fuhr den Wagen, mit dem Peter zusammenstieß. Mona empfindet für diesen Mann nur Hass, und sie ahnt nicht, dass es ausgerechnet er ist, der bald noch als Einziger zur ihr hält …

„Es war ein Skandal, wie du dich benommen hast, Mona“, tadelte Johanne Mainberg ihre Schwägerin. „Dein Verhalten war einfach unmöglich und nicht zu verzeihen! Du hast nicht nur dich blamiert, sondern uns alle.“

Über den kleinen Gartentisch hinweg warf sie einen beinahe feindseligen Blick auf das junge Mädchen, das vor sich hinstarrte.

„In meinen Augen ist er ein Mörder. Es spielt überhaupt keine Rolle, wie viele Titel er hat und wie groß sein Vermögen ist.“ Monas grüne Augen glänzten.

„Sei vorsichtig mit solchen Äußerungen, Mona! Du hast bereits genug Unheil angerichtet, und du hast deinem einzigen Bruder viel Kummer bereitet. Es steht einwandfrei fest, dass Herr von Pardenau unschuldig ist, dass er alles getan hat, um das Unglück zu verhindern.“

„Es steht ebenfalls einwandfrei fest, dass Peter tot ist“, erwiderte Mona erregt. Sie stand auf.

Johanne Mainberg fuhr zusammen. Ihr blasses Gesicht verzog sich, während sie sich mit den Fingerspitzen über die Schläfen fuhr.

„Peter Steiner war allein schuld“, widersprach sie. „Er hatte Alkohol getrunken. Er fuhr viel zu schnell. Ich habe es nie verstanden, dass du dich mit einem so leichtsinnigen jungen Mann verlobt hast. Aber es lag dir ja schon immer sehr viel daran, deinen Willen um jeden Preis durchzusetzen. Du bist bisher niemals auch nur eine Sekunde lang dafür dankbar gewesen, dass dein Bruder Georg so nachsichtig mit dir verfährt.“

Finster blickte Mona auf ihre Schwägerin. Ich könnte ihr jetzt sagen, warum ich mich so schnell mit Peter verlobt habe, dachte sie. Ich könnte diesen Augenblick auch für mich nutzen und ihr endlich einmal klarmachen, wie sehr ich sie verachte.

„Und wie denkst du dir jetzt deine Zukunft, Mona?“, fragte Johanne Mainberg, die sich durch den düsteren Blick des jungen Mädchens nicht hatte beirren lassen.

„Wie meinst du das?“, murmelte Mona.

„Du bist wieder frei. Peter ist tot.“

„Ich – ich verstehe nicht.“

„Dann muss ich wohl deutlicher werden, Mona. Du standest kurz vor der Hochzeit. Du wirst doch nicht die Absicht haben, ewig in meinem Haus zu leben.“

„In deinem Haus?“, wiederholte Mona spöttisch.

„Ja“, bestätigte die Schwägerin und machte eine Bewegung in die Runde. „Alles gehört mir – das Haus, der Garten, der angrenzende Wald und die Fabrik am Ende der Stadt. Hier entscheide ich allein. Georg wird nicht gern mit Dingen konfrontiert, die unangenehm sind. Er überlässt es mir, dir zu sagen, wie wenig wir dein Benehmen verstehen und wie peinlich es uns ist, dich vor den Leuten auch noch entschuldigen zu müssen.“

Diese Worte waren deutlich genug. Sie trieben eine dunkle Röte in Monas Gesicht und verhärteten den Glanz in ihren grünen Augen. Doch als sie sich nun wortlos über die Terrasse ins Haus begeben wollte, forderte Johanne Mainberg mit müder Stimme: „Du bleibst jetzt hier und hörst mir zu.“

Mona blieb abwartend stehen und richtete den Blick auf die schmalen Falten von Johannes braunem Seidenkleid.

„Du kannst nicht länger hierbleiben“, verkündete Johanne Mainberg schnell. Und jetzt glitzerte unverhüllter Hass in ihren blauen Augen auf. „Du wirst uns bald verlassen, Mona, mit Rücksicht auf Georg, der durch dich unnötig leiden muss.“

„Das ist nicht wahr!“, begehrte das Mädchen auf.

„Ich habe fest damit gerechnet, dass du noch vor unserem Urlaub aus dem Haus bist“, fuhr die Schwägerin unerbittlich fort.

Mona sah sie an, in stummer Verzweiflung. „Wie kannst du nur so grausam sein!“, flüsterte sie.

„Danach hast du nicht gefragt, als du dich ohne unser Wissen verlobtest. Es war dir auch dann gleichgültig, als du auf dem Friedhof einen Mann brüskiertest, den alle achten und verehren.“

„Bedeutet euch ein von Pardenau so viel?“

„Auf jeden Fall mehr als ein leichtsinniger junger Mann, der seiner Familie nur Kummer bereitete.“

Mona zuckte zusammen. Erst jetzt erinnerte sie sich daran, dass irgendwo weit außerhalb des kleinen Städtchens Peters Mutter und Tante lebten, die sich gewiss noch viel weniger damit abfinden konnten, dass er nie mehr erscheinen und mit seinem sorglosen Wesen alles aufheitern würde.

„Um Gottes willen“, murmelte sie. „Dass ich daran nicht gedacht habe!“

„Woran?“, forschte die Schwägerin mit misstrauischem Blick.

Sie erhielt keine Antwort. Mona hatte sich abgewendet. Eilig begab sie sich ins Haus. Johanne Mainberg sah ihr zornig nach. Sie würde es nicht vergessen, dass Mona es gewagt hatte, schon wieder zu trotzen und sich einfach zu entfernen.

Lange saß Johanne noch am Gartentisch und lauschte zum Haus hin. Aber Mona kam nicht wieder.

„Fräulein Mainberg ist vorhin fortgegangen, gnädige Frau“, verriet das Mädchen später unaufgefordert.

„Räume den Tisch ab, Gesine“, befahl Johanne.

Sie erhob sich und ging langsam ins Haus.

***

Georg Mainberg, der gegen vier Uhr abgespannt heimkam und etwas Frieden suchte, um den Ärger vergessen zu können, den es in der Firma gegeben hatte, fand das große Haus still vor.

„Johanne!“, rief er verhalten.

Nichts rührte sich. Es blieb bedrückend still. Da schien der Mann zu ahnen, dass ihn auch hier nichts Angenehmes erwartete. Mit einem leisen Seufzer hängte er das Jackett an die Garderobe und begab sich nach oben. Als er die Tür zum Schlafgemach öffnete, fuhr er unwillkürlich zurück. Tiefste Dunkelheit empfing ihn und der Geruch von Baldrian. Doch fand er den Weg zum Bett hin, auf dem seine Ehefrau lag.

„Du kommst früh heute, Georg“, stellte sie mit leidend klingender Stimme fest.

„Ja“, entgegnete er und schaltete die Nachttischlampe ein.

Ihr abgeschirmtes Licht ließ ihn nicht viel erkennen. Doch dass Johanne wieder einmal zürnte, war deutlich genug zu sehen.

„Du fragst nicht, wie es mir geht?“, fragte sie vorwurfsvoll.

„Wenn ich heimkomme und dich hier vorfinde, weiß ich doch, wie es dir geht, Johanne“, erwiderte er ruhig.

„Und es rührt dich nicht ein bisschen“, warf sie ihm vor. „Gewiss bist du heute nur deshalb eher gekommen, weil dir deine Schwester leidtut. Kaum hat sie den angeblich so geliebten Mann zur letzten Ruhe geleitet, da benimmt sie sich denen gegenüber, denen sie Dank und Liebe schuldet, aufsässig und frech. Ach Georg! Ich ertrage es nicht länger. Ich hatte so sehr gehofft, dass Mona bald aus dem Haus ist. Seit sie hier lebt, verstehen wir uns nicht mehr so gut. Du bist abends öfter und länger mit ihr zusammen als mit mir.“

„Das liegt allein an dir, Johanne. Du ziehst dich von Tag zu Tag früher zurück. Mona braucht mich jetzt. Sie ist noch so jung. Sie weiß wohl nicht, was sie verloren hat.“

„Einen Mann, der charakterlich minderwertig war, der nur dem Vergnügen nachrannte, der sie mit einem Kind hätte sitzen lassen, wäre er nicht so plötzlich ums Leben gekommen.“

Schmerz und Trauer lagen in seinem Blick, als er in das von Wut verzerrte Antlitz seiner Frau sah.

„Ich bin auch dafür, dass Mona zukünftig woanders wohnt“, stimmte er zu ihrer Überraschung zu. „Es wäre für uns alle besser. Du und Mona – ihr zwei seid zu verschieden.“

„Sie versteht es, sich bei dir ins rechte Licht zu setzen. Mit mir hast du dir nie so viel Mühe gegeben, Georg.“

„Ach Johanne“, murmelte er und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. „Willst du nicht aufstehen und Kaffee mit mir trinken? Es ist ein so herrlicher Tag“, fragte er dann ablenkend.

„Damit uns auch dabei deine Schwester wieder stört?“, fuhr sie auf. „Ich möchte hierbleiben – allein mit dir, Georg.“

„Dann lass mich wenigstens die Vorhänge öffnen, Johanne.“

„Nein! Das tut meinen Augen weh. Hat denn keiner in diesem Haus Mitleid mit mir?“

„Johanne!“, ermahnte er sie liebevoll.

Er beugte sich vor und wollte sie auf die Wange küssen. Mit beiden Händen stieß sie ihn fort.

„Ich muss mit dir sprechen. Jetzt gleich“, verlangte sie und richtete sich langsam auf. Schatten lagen unter ihren Augen. Sie sah tatsächlich krank aus.

„Worum geht es?“, erkundigte er sich, obwohl er schon wusste, von wem jetzt wieder die Rede sein würde.

„Wir werden nicht am Ball im Hause Engermann teilnehmen!“, stieß sie hervor und verkrampfte die Hände.

„Das ist doch selbstverständlich“, erwiderte er ein wenig verwundert. „Peter ist gestern beerdigt worden. Mona war ein halbes Jahr lang mit ihm verlobt!“

„Und was haben wir damit zu tun?“

„Aber Johanne! Ich bin doch Monas Bruder! Und du bist ihre Schwägerin!“

„Diese Verlobung hat sie sich erzwungen. Das weißt du ganz genau, Georg.“

„Peter war zu Gast in unserem Haus.“

„In meinem Haus“, korrigierte sie und sah ihn lauernd an.

„Er war zu Gast in deinem Haus“, berichtigte er sich leise und starrte blicklos an ihr vorbei.

„Er ist tot – und sie ist frei, Georg. Sie wird sich bald entscheiden müssen, wie sie ihre Zukunft gestaltet. Wenn Mona ihr Geld selbst verdienen muss, wird sie einsehen, wie undankbar sie mir gegenüber war.“

„Du hast nie versucht, Mona zu verstehen, Johanne.“

„Sie hat vom ersten Augenblick an gegen mich intrigiert.“

„Das lag und liegt ihr völlig fern. Sie ist nur ganz anders als du. Es muss ein Schock für sie gewesen sein, so kurz vor der Hochzeit den geliebten Mann zu verlieren. Wenn sie sich etwas beruhigt hat, wird sie alles klarer und vernünftiger beurteilen.“

„Es war ein Skandal, Georg! Sie hat uns blamiert! Ich sehe es noch deutlich vor mir, wie sie Herrn von Pardenau einfach stehen ließ. Du siehst nur die schöne Maske, die sie trägt.“

„Johanne“, meinte er ablenkend und strich sanft über ihre rechte Hand, „möchtest du nicht doch aufstehen und Kaffee mit mir trinken? Die frische Luft wird dir guttun.“

Während sie die Hand hob und sich über das mattblonde Haar strich, gestand sie seufzend: „Und mir liegt so viel daran, am Ball bei Engermanns teilzunehmen, Georg.“

„Dann werde ich mit Paul Engermann reden. Ich sehe ihn diese Woche noch, Johanne.“

„Das wirst du nicht tun, Georg! Sollen wir uns noch mehr blamieren? Sie haben uns doch nicht mit Rücksicht auf Peter Steiners Tod ausgeladen, sondern darum, weil auch sie sich durch Monas Benehmen schockiert fühlen und Herrn von Pardenaus Partei ergreifen.“

Georg Mainberg runzelte die Stirn. Aus dunklen Augen sandte er einen fragenden Blick auf seine Frau. „Wer sagt das?“

„Ich sage es, Georg. Denn Traude Engermann hat es mir sehr geschickt beigebracht, weshalb sie uns nicht unter ihren Gästen wünscht. Was Rang und Namen hat, wird auf ihrem Ball vertreten sein. Doch wir werden schön brav zu Hause sitzen und uns weiterhin von einem Mädchen tyrannisieren lassen müssen.“

„Mona hat nie versucht, uns zu tyrannisieren, Johanne.“

„Und damit wären wir wieder einmal bei unserem Lieblingsthema“, spottete sie.

Sie richtete sich auf und schob die Beine über die Kante des Bettes. Höflich wollte Georg ihr helfen. Aber sie schob seine stützenden Hände zur Seite.

„Deine Schwester lebt in meinem Haus“, begann sie erneut, während sie in die Hausschuhe schlüpfte. „Sie kränkt mich, wo sie kann. Ich bin nicht länger gewillt, darauf Rücksicht zu nehmen, dass sie deine einzige Schwester ist, Georg. Ich habe inzwischen schon mit Doktor Hübner gesprochen …“

„Du hast mit einem Juristen gesprochen?“, fragte er empört.

„Ja – und du hast nicht den geringsten Grund, dich darüber aufzuregen! Es ist mein gutes Recht, mich in jeder Beziehung abzusichern. Wir haben keine Kinder. Stößt mir etwas zu, erbst auch du nur dann etwas, wenn ich es testamentarisch verfüge.“

„Warum sollte dir etwas zustoßen, Johanne?“, murmelte er.

„Wer weiß das schon“, erwiderte sie. „Du bist nicht immer hier. Mona ist ein kluges, aber vorsichtiges Mädchen. Es könnte ihr jetzt mehr denn je daran liegen, sich hier ins warme Nest zu setzen.“

„Das ist ganz gewiss nicht ihre Absicht“, verteidigte Georg seine Schwester.

„Ach, Georg, wenn du mich doch nur besser verstehen würdest! Ich liebe dich! Ich möchte dich mit keinem teilen. Ist Mona erst einmal aus dem Haus, dann werden wir wieder glücklich sein.“

„Ich werde mit Mona sprechen“, erklärte er eine Weile später. „Ich sehe ein, dass es so nicht weitergehen kann. Aber ich werde sie eine Zeit lang unterstützen müssen. Mona hat ja keinen Beruf erlernt.“

„Sie ist jung genug, um zu lernen. Wenn wir sie unterstützen, dann jedoch nicht so, dass sie davon herrlich und in Freuden leben kann. Sie wird über jede Mark Rechenschaft ablegen müssen. Nur so kann man verhindern, dass sie noch mehr Unglück über uns bringt.“

„Komm, Johanne“, bat er sanft.

Er sah ihr Lächeln des Triumphes nicht und auch nicht den harten Glanz in ihren blauen Augen …

***

Mona Mainberg hatte das vierstöckige Mietshaus erreicht, in dem Peters Mutter und Tante wohnten.

Auf ihr kurzes Klingeln hin kam keine Antwort. Mona wurde ungeduldig. Doch in der Sekunde, da sie wieder auf den weißen Knopf drücken wollte, vernahm sie Schritte und dann die heisere Stimme von Peters Tante: „Wer ist da?“

„Ich bin es – Mona.“

„Wir sind nicht auf Besuch eingerichtet“, erklärte die heisere Stimme.

„Darf ich trotzdem hineinkommen?“, fragte Mona freundlich.

Sie erhielt keine Antwort. Dann wurde langsam und zögernd geöffnet. Mona staunte, als ihr Blick auf Grete Steiner fiel. Die alte Dame trug ein elegantes Seidenkleid. Ihr Haar war frisch frisiert. Und trotzdem hatte sie eben behauptet, nicht auf Besuch eingerichtet zu sein.

„Guten Tag, Fräulein Steiner“, grüßte Mona höflich.

„Kommen Sie herein! Es zieht“, erwiderte die alte Dame.

Mona folgte ihr in die kleine Wohnung, die mit alten Möbeln vollgestopft war. Die Tür zum Wohnzimmer stand offen.

Staunend schaute Mona sich um, ehe sie Peters Mutter begrüßte, die am Fenster in einem Sessel saß.

„Ich – ich wollte rasch mal sehen, wie es euch geht“, erklärte Mona, als sie keinen Gruß erhielt.

„Sie haben sich Zeit gelassen“, entgegnete die Tante und setzte sich.

Sie boten Mona keinen Platz an. Sie saßen da und starrten zu ihr hin.

„Es wundert mich, dass Sie überhaupt herkommen, Fräulein Mainberg“, sagte da Peters Mutter mit scharfer Stimme. „Nach dem, was Sie sich gestern erlaubt haben, schäme ich mich für Sie.“

„Leider bin ich nun hier“, erwiderte Mona ebenso scharf und noch immer verwundert über diesen eisigen Empfang. „Ich wollte etwas für Sie tun. Ich dachte, wir müssten jetzt zusammenhalten. Ich konnte nicht ahnen, dass Sie es mir zum Vorwurf machen würden, weil ich für Peter und nicht für Herrn von Pardenau Partei ergreife. Für mich war es eine Herausforderung, ihn am Grab zu sehen. Er hat Peter getötet. Ist das noch nicht in Ihr Bewusstsein gedrungen?“

„Ein sehr netter, christlich denkender Mann“, murmelte Grete Steiner. „Peter war immer sehr sorglos, leichtsinnig und seines guten Sternes allzu sicher. Ich weiß, dass er noch leben würde, hätte er Sie nicht kennengelernt.“

„Aber – aber ich bin doch nicht schuld an seinem Tod!“, stieß Mona hervor.

„Indirekt ja, denn er wollte Ihnen immer imponieren. Ihretwegen hat er sich in Schulden gestürzt. Er hat sich Ihre Liebe erkaufen wollen. Indem er Ihnen ständig wertvolle Geschenke machte, wollte er Ihrer sicher werden. Er hat es gespürt, dass Sie ihn nicht liebten, dass Sie ihn nur als Mittel zum Zweck benutzten.“

„Was – was reden Sie da?“, stammelte Mona.

Während die Empörung wie eine heiße Flamme in ihr aufzuckte, gab doch schon die leise Stimme des Gewissens zu: Ja, sie hat recht. Ich habe Peter nur genommen, um all dem zu entfliehen, was ich bei Johanne erlebe. Seine vielen Geschenke haben mich darum so sehr erfreut, weil ich seit Langem nichts mehr geschenkt bekommen habe.