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Carla ist eine attraktive und bezaubernde junge Frau. Auf dem Chefsessel des großen Einrichtungshauses macht sie eine gute Figur. Das können die Herren, die im Vorstand sitzen, durchaus nicht bestreiten. Aber Carla ahnt, dass sie als Chefin von ihnen nicht akzeptiert wird, sie ist ja schließlich »nur« eine Frau. Ja, wenn sie einen Ehemann vorweisen könnte, dann sähe die Sache wahrscheinlich schon anders aus. Da kommt Carla eine Idee. Man kann doch alles Mögliche mieten, warum also nicht auch einen Mann, und sei es nur für eine gewisse Zeit?
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Seitenzahl: 136
Cover
Nur Ehemann auf Zeit
Vorschau
Impressum
Nur Ehemann auf Zeit
Turbulenter Roman um ein Liebesabenteuer
Von Viola Larsen
Carla ist eine attraktive und bezaubernde junge Frau. Auf dem Chefsessel des großen Einrichtungshauses macht sie eine gute Figur. Das können die Herren, die im Vorstand sitzen, durchaus nicht bestreiten. Aber Carla ahnt, dass sie als Chefin von ihnen nicht akzeptiert wird, sie ist ja schließlich »nur« eine Frau. Ja, wenn sie einen Ehemann vorweisen könnte, dann sähe die Sache wahrscheinlich schon anders aus. Da kommt Carla eine Idee. Man kann doch alles Mögliche mieten, warum also nicht auch einen Mann, und sei es nur für eine gewisse Zeit?
Carla war an diesem Morgen nicht gut drauf.
Vielleicht lief die Konferenz deshalb so verheerend schief?
Dabei ging es neben anderen wichtigen Fragen, die zur Debatte standen, ausgerechnet auch noch um die Gestaltung des »Hundertjährigen« der Firma »Hottenkamp und Stevenson«.
Wenn eine Firma seit hundert Jahren bestand und immer noch als führend in der Branche galt, war das schließlich kein Pappenstiel. Nach Carlas Ansicht musste das Jubiläum deshalb gebührend gefeiert werden.
Stevenson hingegen empfahl äußerste Sparsamkeit bei der Planung des Festes, weil er die Ansicht vertrat, dass die fetten Jahre vorbei waren.
»Es steht um die Firma derzeit nicht zum Besten«, betonte er mit seiner ungeheuer sonoren Stimme. »Sparen ist angesagt!« Die roten Zahlen, die gelegentlich geschrieben wurden, gaben ihm da leider recht. »Wir sollten deshalb im Interesse der Firma auf jede unnötige Ausgabe verzichten!«, fuhr er fort. »Zum Jubeln besteht kein Anlass!« Dabei sah er Carla scharf und mit ärgerlicher Miene an, wenngleich ihr Anblick doch durchaus erfreulich war!
Sie saß Stevenson an dem ovalen Konferenztisch genau gegenüber, und ihre Blicke begegneten sich in stummer Feindseligkeit.
Etwas mühsam brachte Carla ein überlegenes Lächeln zuwege, jenes Lächeln nämlich, das Stevenson rasend machte, wie sie wusste.
»Wir werden darüber nachdenken«, versicherte sie mit aufreizender Liebenswürdigkeit.
Mit dem »Wir« meinte sie natürlich den gesamten Vorstand und sich, doch es hörte sich an, als rede sie wie weiland die französischen Könige per »Wir« von sich selbst.
Prompt zuckte Stevensons linke Braue arrogant in die Höhe, was bei ihm stets ein Anzeichen äußerster Gereiztheit war.
Das freute Carla.
Aber es ärgerte sie, dass die sieben Herren, die um den ovalen Tisch versammelt waren, offensichtlich gar nicht nachzudenken brauchten, um sich Stevensons Meinung anzuschließen.
Die Herren akzeptierten immer, was Stevenson sagte! Sie waren eben Männer und eine verschworene Gemeinschaft. Eine Frau hatte nach Ansicht dieses Männerklüngels auf einem Chefsessel wohl nichts verloren!
Nur gehörte Carla genau auf diesen Sessel, weil sie die Erbin der Hottenkamp-Anteile war, und die waren nun einmal größer als die Stevenson-Anteile.
Nicht einmal die Herren mochten indessen sicher bestreiten, dass Carla sehr dekorativ in dem Chefsessel saß. Sie war eine attraktive und ganz bezaubernde junge Frau.
Wenn man sich Karrierefrauen immer langbeinig, mit Model-Maßen, ungeheuer blond und cool vorstellte, so war Carla eigentlich ein Anti-Typ.
Lange Beine hatte sie zwar auch, und mit ihren Maßen hätte jedes Model gewiss gut leben können, aber sie war weder blond noch cool. Sie war brünett und sehr temperamentvoll, hatte haselnussbraune Augen und sinnlich geschwungene Lippen.
Ihre Gesten waren lebhaft, und ihr Mienenspiel verriet manchmal zu viel, allerdings nie, wenn sie mit Stevenson zusammen war, da hatte sie sich selbst fabelhaft unter Kontrolle, denn sie gönnte ihm auch nicht den geringsten Vorteil.
Aber an diesem verflixten Morgen sammelte er Punkte für sich, und zwar gleich im Dutzend.
Unbestreitbar war auch Don Stevenson attraktiv. Er war ein gut aussehender Mann Mitte dreißig, fast eins neunzig lang, hatte eine schlanke, durchtrainierte Figur und das »gewisse Etwas«, wie die gesamte weibliche Belegschaft der Firma schwärmte.
Was das nun eigentlich genau war, dieses »gewisse Etwas« brachte Carla nie heraus, erklären konnte ihr das keine seiner Fans, doch er hatte es eben.
An seiner Figur und seinem Gesicht allein konnte es nicht liegen, grübelte Carla, während er den nächsten Punkt der Tagesordnung in Angriff nahm, und das waren ausgerechnet die Seidentapeten für die Louis-Quinze-Etage, um deren Gestaltung schon seit Längerem ein Streit zwischen Carla und Stevenson schwelte.
Sie gab ja gerne zu, dass Don Stevenson ein markant geschnittenes Männergesicht hatte, Tatsachen leugnete sie nie. Er hatte intelligente blaugraue Augen und volles dunkles Haar. Sie empfand es nicht als unangenehm, ihn anzusehen, doch von Verzückung konnte keine Rede sein, wenn sie ihn betrachtete.
Ganz im Gegenteil! Sein Anblick reizte sie irgendwie. Seine sonore Stimme riss sie keineswegs vom Sessel wie andere Leute, und was er sagte, fand sie, war auch nicht immer das Gelbe vom Ei.
»Sagten Sie etwas, Carla?«, fragte er.
Sie hatte einen Moment nicht aufgepasst und deshalb den Faden verloren. Das machte sie wütend.
»Wenn Sie reden, höre ich und schweige, Don!«, erwiderte sie spöttisch.
Sie nannten sich gegenseitig bei ihren Vornamen. Das war aber auch das einzige Zugeständnis an die Freundschaft ihrer Ahnen, die einmal die Firma zusammen gegründet hatten.
Die Männerrunde lachte, als habe Carla etwas sehr Nettes und Passendes gesagt. Natürlich, schoss es ihr zornig durch den Kopf, wenn Don Stevenson redet, hört man zu und schweigt, vor allem, wenn man eine Frau ist.
Es machte sie ganz rabiat, dass niemand in der Herrenrunde sie so richtig ernst zu nehmen schien.
Das stimmte nicht ganz. Man nahm Carla schon ernst. Aber Don Stevenson nahm man eben ernster.
Deshalb stimmte man auch seinem Vorschlag zu, die Gestaltung der Barock-Etage noch einmal zu überdenken. Man wollte Carla offensichtlich nicht vor den Kopf stoßen, gab insgeheim aber offensichtlich Stevenson recht.
Carla sah rot.
Es ging ja nicht nur um die Barock-Etage, sondern letztendlich um eine Grundsatzfrage, nämlich die Entscheidung darüber, ob »Hottenkamp und Stevenson« weiterhin den absolut konservativen und nostalgischen Stil pflegen oder nicht in neue Regionen vorstoßen sollte. Für das Neue plädierte Stevenson. Carla hielt an dem Bewährten fest.
Alle sahen sie mit Mienen an, als erwarteten sie selbstverständlich, dass Carla dem Vorschlag zustimmte.
Sie dachte ja nicht daran. Außerdem hatte sie die Nase voll.
Abrupt stand sie auf. »Tut mir leid. Ich erwarte ein wichtiges Gespräch aus London. Wenn Sie mich, bitte, entschuldigen wollen, meine Herren?«
Das war ein offener Affront, denn ohne Carla war die ganze Konferenz für die Katz, weil ohne ihre Stimme keine Beschlüsse gefasst werden konnten.
Die Herren erhoben sich mit etwas bestürzten Mienen sofort höflich, als Carla aufstand. Nur Stevenson machte das etwas langsamer als die anderen, und seine Miene war auch nicht bestürzt, sondern eher amüsiert, und seine gescheiten, blaugrauen Augen sahen sie ironisch an.
Das gab ihr den Rest.
»Schönen Tag noch allerseits«, wünschte sie und ging.
Die Tür zu dem Konferenzzimmer fiel ziemlich hart hinter ihr zu. Doch das lag ja sicher nur daran, dass die Klinke ihr versehentlich aus der Hand rutschte?
Am liebsten hätte sie die Tür natürlich hinter sich zugeknallt! Doch Beherrschung war nun einmal alles in ihrem Job als junge Unternehmerin, und bis zu einem gewissen Grad gelang es Carla auch meistens, ihr Temperament zu zügeln, einigermaßen zumindest.
Ihr Chefbüro lag dem Konferenzzimmer genau gegenüber, sie brauchte also nur über den Korridor zu gehen, und sie atmete auf, als sie in ihrem eigenen Bereich und den Männerklüngel los war.
Innerlich raste sie. So wütend war sie schon lange nicht mehr gewesen! Allerdings hatte sie eben auch schon eine Weile nicht mehr an dem ovalen Tisch mit Stevenson zusammen gesessen, weil er längere Zeit in Fernost gewesen war, um Einkäufe für die fernöstlichen Etagen der Firma zu tätigen.
Wäre er doch auf dem Himalaja geblieben, wütete Carla innerlich, oder am Ganges oder auf dem Popocatepetl. Aber der lag ja nicht in Fernost! Wo immer er auch geblieben wäre, giftete sie, nur eben weit fort!
Er war zwar öfter weit fort, doch leider kam er immer wieder.
Sie brauchte jetzt einen Espresso, um ihre Nerven zu beruhigen. Andere Leute tranken das Gebräu, um sich aufzuputschen, doch bei Carla bewirkte es genau das Gegenteil. Nach einem Espresso wurde sie unheimlich ruhig und gelassen.
Die Espresso-Maschine stand im Vorzimmer. Eigentlich wollte sie jetzt niemand sehen, aber einen Espresso wollte sie eben auch.
Sie bemühte die Sprechanlage auf ihrem Schreibtisch.
»Kristin, kann ich, bitte, einen Espresso haben?«
»Sofort, Frau Hottenkamp«, antwortete Stefan.
»Und wo ist Kristin?«
»Sie ist noch auf Etage drei beschäftigt.«
Das hatte Carla ganz vergessen. Sie hatte Kristin selbst in Etage drei abgeordnet, damit sie dort einmal nach dem Rechten sah, denn da schienen einige Unregelmäßigkeiten vorgekommen zu sein, und derlei ließ Carla nicht durchgehen.
Kristin und Stefan, oder »das Duo«, wie sie nur genannt wurden, waren die guten Vorzimmer-Geister Carlas. Ohne die beiden lief gar nichts. Sie ergänzten einander aber auch vortrefflich. Kristin war für die Schreibarbeit und den ganzen Bürokram zuständig, während Stefan als Carlas persönlicher Assistent fungierte.
Stefan verstand es großartig, zu koordinieren, zu planen, Termine aufeinander abzustimmen und alle unliebsamen Dinge von der Chefin fernzuhalten. Mit der Espresso-Maschine kam er hingegen nicht so gut zurecht, es dauerte deshalb, bis der Espresso kam.
Carla geriet unterdessen immer mehr in Rage.
Warum, fragte sie sich, hatte sie sich Stevenson gegenüber nur nicht durchgesetzt? Sowohl was die Jubiläumsfete als auch was die Barock-Etage betraf!
Als Frau, steigerte sie sich in ihren Zorn hinein, wird man von den Männern einfach nicht akzeptiert, da kann man noch so tüchtig sein. Eine Frau hat in der Chefetage einer Firma nichts verloren! Das ist eine Männerdomäne. Und wenn diese Frau auch noch eine Single ist und nicht einmal einen Vorzeigemann hat, ist das Rennen schon gelaufen, bevor es angefangen hat.
An dem Wort »Vorzeigemann« hakte Carlas Zorn sich fest.
Stefan brachte endlich den Espresso.
»Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, Frau Hottenkamp, aber mit dieser komischen Maschine komme ich nie zurecht.«
»Macht nichts. Her mit dem Espresso.«
»Hat es Ärger gegeben?«, fragte Stefan vorsichtig nach.
»Wie immer.«
»Wie immer, wenn Herr Stevenson bei einer Besprechung dabei ist«, ergänzte Stefan.
»Sie sagen es!«
Wie friedlich, dachte Stefan, waren doch die Zeiten, als Herr Stevenson noch nicht in der Firma gewesen ist!
Vor knapp einem Jahr war Don Stevenson aufgetaucht und seitdem penetrant anwesend, wenn man von seinen gelegentlichen Auslandsreisen absah.
Er war aus Amerika gekommen, aus Boston, dort hatte er einen tollen Job gemacht. Er schien dieser Zeit in seinem Leben zwar irgendwie nachzutrauern, doch statt nach Boston zurückzukehren, blieb er bei »Hottenkamp und Stevenson«, und daran konnte ihn niemand hindern, weil er nun einmal der Erbe der Stevenson-Anteile war und ihm ein entsprechender Posten in der Firma zustand.
»Ist sonst noch was?«, fragte Carla, die den Espresso wie eine Medizin mit kleinen Schlucken trank, wobei sie darauf wartete, dass die beruhigende Wirkung einsetzte.
»Da wären noch die Unterschriften, Frau Hottenkamp.« Stefan hatte außer dem Kaffee auch die Postmappe mitgebracht. »Es sind einige dringende Sachen darunter. Wenn Sie die vielleicht gleich unterschreiben wollten?«
Eigentlich wollte Carla nicht.
Sie unterschrieb nämlich nie etwas, ohne es vorher nicht durchzulesen, das hatte ihr Vater ihr von klein auf beigebracht. »Unterschreibe nie etwas, das du nicht gelesen hast, Kind«, hatte er zu ihr gesagt. Daran hielt sie sich, und im Moment war sie absolut nicht in der Stimmung, um Geschäftsbriefe zu lesen. Auf Stefan war zwar absolut Verlass, aber blind unterschrieb sie trotzdem auch kein Schriftstück, das er ihr vorlegte.
Stefan wusste das und akzeptierte es, auch wenn es ihn manchmal ein bisschen kränkte.
Er schlug die erste Seite der Mappe auf und reicht Carla den Füllfederhalter, den er zuvor aufschraubte.
Er war wirklich unübertrefflich!
Und Carla unterschrieb, ohne den Brief auch nur anzusehen.
Stefan stutzte etwas, löschte dann die tintenfeuchte Unterschrift ab und drehte die Seite um.
Carla unterschrieb auch den nächsten Brief, ohne einen Blick darauf zu werfen.
»Ist was?«, fragte Stefan befremdet, denn Carlas Verhalten irritierte ihn. Die Chefin unterschrieb doch nie etwas, bevor sie es nicht gelesen hatte! Aber jetzt setzte sie ihren Namen gleich reihenweise unter ungelesene Briefe, er kam gar nicht so schnell damit nach, die Seiten umzudrehen.
Und warum sah sie ihn so merkwürdig an? Sie kannte ihn doch schließlich seit zwei Jahren, seit er als Volontär in der Firma angefangen hatte! Aber sie machte ein Gesicht, als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen. Er hätte gerne gewusst, was sie nur dabei dachte?
Er ist ein gut aussehender Junge, dachte Carla, er ist intelligent, zuverlässig, loyal und grundanständig.
Die Charaktereigenschaften stimmten, und es war ebenfalls richtig, dass Stefan gut aussah, wenn man ihn auch getrost als einen Softie-Typ bezeichnen mochte.
Er trug die blonden Haare ziemlich lang, zu lang für die derzeitige Mode, doch es stand ihm, weil es zu ihm passte. Er hatte ein etwas blasses, aber hübsches Gesicht und freundliche, blaue Augen.
Eine ungeheure Idee durchzuckte Carla.
Sie holte tief Luft.
»Stefan, was würden sie dazu sagen, wenn ich Ihnen einen Antrag mache?«
»Was für einen Antrag, Frau Hottenkamp?«
»Nun – wenn ich Sie bitten würde, mein Mann zu werden?«
»Ihr – was?«, stotterte Stefan. Er wurde rot wie ein Schuljunge.
Carla hatte das verflixte Gefühl, dass sie da in irgendein Fettnäpfchen voll hineingetreten war.
»Pardon«, schwächte sie schnell ab. »Wahrscheinlich sind Sie längst anderweitig verbandelt. Es war nur eine Frage!«
»Eine gute Frage!«, behauptete Stefan mutig.
So gut nun auch wieder nicht, dachte Carla. Laut sagte sie: »Es müsste ja nicht für immer sein.«
»Und was soll das heißen?«, stotterte Stefan. »Es müsste nicht für immer sein?«
»Spätere Scheidung nicht ausgeschlossen, wenn Sie verstehen, was ich meine?«
Stefan verstand nichts.
Carla merkte es, und beinahe bereute sie, etwas gesagt zu haben.
Stefan war noch ziemlich jung, Mitte zwanzig, schätzte sie, also etwas jünger als sie selbst, und viel Erfahrungen mit Frauen hatte er bestimmt nicht. Wenn sie sich nicht täuschte, lebte er noch bei seiner Mutter.
»Sie leben noch zu Hause nicht wahr?«
»Bei meiner Mutter, ja. Sie ist verwitwet.«
»Das tut mir leid.«
»Danke, Frau Hottenkamp. Aber es ist schon ziemlich lange her, dass mein Vater starb. Ich war gerade drei Jahre alt.«
Söhne, die ohne Vater aufgewachsen waren, hatten meist ein sehr enges Verhältnis zu ihren Müttern.
Carla seufzte. »Schade«, murmelte sie.
»Was ist schade, Frau Hottenkamp?«
»Ach, vergessen Sie es, Stefan.«
»Und was, bitte, soll ich vergessen?«
»Meinen Antrag!« Carla lachte etwas nervös.
»Dann war es wohl nur ein Scherz oder so etwas?«
Das war es nicht gewesen. Aber wie hätte sie das erklären sollen?
Zum Glück kam Kristin und unterbrach das Gespräch. Sie erstattete Meldung über die Vorkommnisse in Etage drei.
»Das war nur ein Missverständnis, Frau Hottenkamp. Von Unregelmäßigkeiten kann jedenfalls keine Rede sein.« Sie wollte zu einer längeren Erklärung ansetzen, doch Carla winkte ab.
»Wenn Sie das sagen, Kristin, glaube ich es Ihnen.«
Kristin war ein hübsches, junges Mädchen. »Rauschgoldengel« nannte Carla sie manchmal, weil Kristin so blond und zart war und sich gerne mit Glitzerschmuck herausputzte. Sie sah dann wirklich wie ein ganz bezaubernder Rauschgoldengel aus.
Am liebsten trug sie Blau in allen Schattierungen. An diesem Tag war es ein vergissmeinnichtblaues Kleid, das ihr ganz entzückend stand.
Carla dachte, dass sie frische Luft brauchte, dass sie es in ihrem Chefbüro, so elegant und vollklimatisiert es auch sein mochte, keine Sekunde länger mehr aushielt. »Ich gehe dann jetzt«, erklärte sie kurz entschlossen.
»Das geht nicht!«, rief Stefan.
»Und warum nicht?«
»Weil in einer halben Stunde der Designer wegen der Seidentapeten für die Barock-Etage kommt. Das ist der junge Mann, der sich bei uns beworben hat, Sie erinnern sich doch? Ich habe ihn auf Ihren Wunsch ausdrücklich gebeten, den Termin pünktlich einzuhalten.«
Das hatte Carla gerade noch gefehlt!
Wenn sie jetzt von etwas nichts hören und sehen wollte, dann waren es die Seidentapeten für die Barock-Etage!
Aber deshalb konnte sie den Termin nicht einfach platzen lassen. So etwas machte sie nie. Außerdem hätte sie es als ein Zeichen von Schwäche empfunden. Sie war schließlich keineswegs bereit, die Barock-Etage den Plänen Stevensons zu opfern!
Kristin fragte rasch: »Soll ich versuchen, den Termin noch abzusagen?«
Carla überlegte.
Wenn sie den Termin absagte, änderte das nichts an der Situation. Das Problem mit der Barock-Etage lag nun einmal auf dem Tisch, es musste gelöst werden, und sie musste ihre Entscheidung treffen!
Dabei ging es letztendlich ja um viel mehr, als nur um die paar Seidentapeten. Es ging um die Zukunft der ganzen Firma! Wenn es Stevenson gelang, dem Unternehmen den Stempel seiner Persönlichkeit aufzudrücken, hatte Carla verspielt.
Aber Carla war wild entschlossen, ihren Willen durchzusetzen und zwar gegen den Willen Don Stevensons.