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Freddy Jonasson ist ein Bild von einem Mann: charmant, gut aussehend, amüsant. Zudem stammt er aus reichem Hause und ist der Sohn und Alleinerbe einer florierenden Firma.
Susanne hat es voll erwischt. Sie liebt Freddy mit einer zärtlichen Hingabe und träumt von einer wunderschönen, gemeinsamen Zukunft. Am letzten Abend ihres romantischen Winterurlaubs erwartet sie herzklopfend, dass er ihr endlich den ersehnten Antrag macht.
Doch während Susanne sich festlich anzieht, sitzt Freddy Jonasson mit unglücklichem Gesicht in der Hotelbar. Er hat Angst vor den nächsten Minuten, denn er weiß, dass er Susanne endlich die Wahrheit sagen muss. Und diese Wahrheit wird zwischen ihnen alles verändern ...
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Seitenzahl: 139
Cover
Der ehrenvolle Auftrag
Vorschau
Impressum
Der ehrenvolle Auftrag
Ein herzbewegender Schicksalsroman für besondere Stunden
Freddy Jonasson ist ein Bild von einem Mann: charmant, gut aussehend, amüsant. Zudem stammt er aus reichem Hause und ist der Sohn und Alleinerbe einer florierenden Firma.
Susanne hat es voll erwischt. Sie liebt Freddy mit einer zärtlichen Hingabe und träumt von einer wunderschönen, gemeinsamen Zukunft. Am letzten Abend ihres romantischen Winterurlaubs erwartet sie herzklopfend, dass er ihr endlich den ersehnten Antrag macht.
Doch während Susanne sich festlich anzieht, sitzt Freddy Jonasson mit unglücklichem Gesicht in der Hotelbar. Er hat Angst vor den nächsten Minuten, denn er weiß, dass er Susanne endlich die Wahrheit sagen muss. Und diese Wahrheit wird zwischen ihnen alles verändern ...
Der Schnee glitzerte im Mondlicht. Es war sehr kalt.
Susanne wurde es ganz andächtig zumute vor lauter Glück, so unwirklich schön war die weiße, mondhelle Winterwelt, durch die sie auf Langlaufskiern an der Seite des Mannes dahinglitt, den sie liebte.
Es war ihr letzter Abend in dem Skiparadies, in das sie aus der hektischen City und dem alltäglichen Stress für ein wundervolles langes Wochenende geflüchtet waren.
Der Zar war natürlich nicht damit einverstanden gewesen. Er hatte immer etwas dagegen, wenn jemand – und sei es nur für ein Wochenende – aus seiner Flotte ausscherte. Aber er hatte keine Einwände erheben können, weil Susanne und sein Sohn Freddy so viele Überstunden gemacht hatten, dass ihnen ein paar freie Tage längst zustanden.
Die Stille summte förmlich in den verschneiten Wäldern, und auf halber Höhe tauchte die erleuchtete Kulisse des Nobelhotels auf, das natürlich dem Zar gehörte und in dem Susanne und Freddy Quartier bezogen hatten. Das hellerleuchtete Haus sah wie ein Märchenschloss aus, in dem Träume wahr wurden und Wünsche in Erfüllung gingen.
Susanne blieb stehen.
»Ist was, Susu?«, fragte Freddy. Alle nannten sie so, sie kannte es schon gar nicht mehr anders.
»Nein«, versicherte Susu. »Es ist nichts. Ich möchte nur dieses Bild mitnehmen!«
»Wir haben aber unseren Fotoapparat nicht dabei!«, gab Freddy zu bedenken.
»Fotoapparat!« Susu lachte ihr helles Mädchenlachen. »Ich brauche keinen Fotoapparat, um dieses Bild mitzunehmen. Ich bewahre es in meiner Erinnerung auf. Knips! So einfach ist das! Die Erinnerung kann einem niemand fortnehmen!«
»Wer will dir schon etwas fortnehmen?«, fragte Freddy.
Er mochte es nicht, wenn Susu ihre sentimentalen Anwandlungen hatte, auch wenn er gerne zugab, dass sie, wie er es formulierte, auch dann noch »erste Sahne« war.
Er betrachtete sie verliebt, und er hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen, als er daran dachte, was für eine Eröffnung er Susu spätestens an der Après-Ski-Bar machen musste.
Er wälzte diese Eröffnung vor sich her wie einen Schneeball, und je länger es dauerte, bis er sie loswurde, desto lawinenartiger wuchs sie an. Im Moment brachte er es jedenfalls einfach nicht fertig, Susu zu sagen, was er ihr doch unbedingt sagen musste.
»Das Mondlicht steht dir super«, meinte er stattdessen, und das stimmte.
Auch der schicke rote Skidress stand Susu perfekt. Sie war ein schlankes, sportliches Mädchen. Sie hatte dunkelblondes Haar und ein apartes, schmales Gesicht. Ihre Augen waren groß und dunkel, sie funkelten manchmal übermütig, konnten aber auch sehr ernst blicken. Susus Mund war rot und frisch, sie lachte gern.
Dabei hatte sie in ihrem vierundzwanzig Jahre jungen Leben eigentlich noch nicht viel zu lachen gehabt. Susu hatte ihre Eltern früh verloren. Sie war bei einer Tante aufgewachsen, die nicht viel Humor gehabt hatte und bei der es nicht besonders lustig zugegangen war.
Trotzdem war Susu sehr traurig gewesen, als ihre Tante verstorben war, denn nun hatte sie niemanden mehr gehabt und war ganz allein gewesen.
Zielstrebig hatte sie ihr Berufsziel angesteuert. Sie war eine begabte und schon recht erfolgreiche junge Hotelfachfrau.
Sie lebte immer noch in der alten, mit Antiquitäten vollgestopften Wohnung, die ihre Tante ihr vererbt hatte. Allerdings war Susu nur selten zu Hause. Sie gehörte zur »dynamischen Flotte« des Zaren, alias Alfred Jonasson senior, den böse Zungen auch den »Fuchs« nannten.
»Zar« war ein Spitzname, der einem Ehrentitel gleichkam und den Jonasson durchaus verdiente, denn er war tatsächlich der »Zar« seiner Branche. »Fuchs« wurde er genannt, weil er ein ganz gerissener Bursche war.
»Fertig?«, fragte Freddy, der kalte Füße bekam. »Hast du das Bild auf deinem Erinnerungsfilm?«
Susu schüttelte den Kopf.
»Warum bist du nur immer so ungeduldig, Freddy?«, fragte sie etwas vorwurfsvoll. »So ein Augenblick wie dieser kommt niemals wieder!«
Das befürchtete Freddy auch.
Wenn er Susu seine Eröffnung erst gemacht hatte, dessen war er sich ziemlich sicher, bekam ihr Erinnerungsfoto wahrscheinlich einen scheußlichen Knacks, weil es danach sicher unterbelichtet war. Freddy nahm an, dass er selbst eine ziemlich jämmerliche Figur auf diesem Foto abgeben würde.
Er fand das vom Schicksal irgendwie ungerecht, denn er war sonst ein sehr fotogener Bursche. Er war ein drahtiger, smarter Typ. Er war attraktiv, und er wusste das auch.
Freddy war absolut nordisch, er hätte ein Schwede sein können. Er war lang, blond, hellhäutig und blauäugig. Er besaß einen gewissen spröden Charme, der bei den Frauen unheimlich gut ankam.
Auch Susu war Freddys sprödem Charme verfallen, sie hatte sich vom ersten Augenblick ihrer Begegnung an heillos in ihn verliebt, und natürlich träumte sie von einer wunderschönen, gemeinsamen Zukunft.
Selbst bei nüchterner Beurteilung der Dinge stand dieser wunderschönen, gemeinsamen Zukunft eigentlich nichts im Wege.
Der Zar war ein Hotelier, der rund um den Globus erstklassige Häuser besaß. Sein Sohn, der »Zarewitsch«, wie Freddy von Insidern genannt wurde, musste natürlich einmal eine Hotelfachfrau heimführen, und Susu war eine Hotelfachfrau.
Der Zar war mit Susus Leistungen sehr zufrieden, und er mochte sie auch persönlich gut leiden. Er schätzte ihren Optimismus, ihren Humor und die saubere Frische, die Susu ausstrahlte. Es gefiel ihm, wie sie selbst schwierige Aufgaben mit unkomplizierter Zielstrebigkeit anpackte, und es imponierte ihm, dass sie sich von Rückschlägen oder Niederlagen nie entmutigen ließ.
Trotzdem hatte der Zar andere Pläne mit seinem Zarewitsch, und in diese Pläne passte Susu nicht hinein. Deshalb sah er die Liebelei zwischen den beiden nicht gern, und er hatte seinen Sohn wiederholt nachdrücklich darauf hingewiesen, dass eine feste Bindung mit Susu nicht infrage komme.
Allmählich befürchtete der Zar, dass seine Weisungen nicht mehr ankamen, denn Freddy war reinweg vernarrt in Susu. Genau deshalb hatte der Zar beschlossen, zu handeln und einen Schlusspunkt hinter die Affäre zu setzen.
Das gemeinsame Ski-Wochenende hatte er seinem Sohn widerstrebend und nur unter der Bedingung zugestanden, dass er Susu endlich reinen Wein einschenkte.
»Ich hoffe«, hatte der Zar gedonnert, »du hast dem Mädchen noch keine falschen Hoffnungen gemacht, sodass sie sich irgendwelche Flausen in den Kopf gesetzt hat, denn ich würde sie nur ungern aus meiner Flotte verlieren! Sie ist tüchtig, sie ist fleißig, sie ist in der Flotte sozusagen unentbehrlich, und ich habe überhaupt nichts an ihr auszusetzen. Nur als Schwiegertochter passt sie mir nicht!«
Freddy dachte nicht gerne an jene lautstarke Auseinandersetzung mit seinem Vater zurück.
Er verstand sich sonst gut mit dem Zaren. Sie hatten die gleichen Interessen und verfolgten die gleichen Ziele, deshalb hatte es die berühmten Generationsprobleme auch nie zwischen ihnen gegeben.
Da Freddys Mutter jung verstorben war, hatten Vater und Sohn sich eng aneinander angeschlossen, und Freddy wollte, so verliebt er in Susu war, das gute Einvernehmen mit seinem Vater nicht einer schnellen Bindung wegen riskieren.
»Fertig!«, verkündete Susu. Sie atmete tief durch. »Ich werde dieses Bild nie, niemals vergessen, Freddy.« Sie wandte ihm ihr strahlendes Gesicht zu. »Du, ich bin wahnsinnig glücklich.«
»Ich bin auch sehr glücklich«, beeilte sich Freddy zu versichern, doch es klang etwas lahm.
Susu lachte. »Du hast wieder mal kalte Füße, oder?«
»Richtig!«
»Dann nichts wie in die warme, gute Stube!« Susu stob davon. Sie konnte manchmal ein rechter Wirbelwind sein.
Freddy gefiel Susus Temperament, er mochte sie wirklich sehr gern, es war mehr als nur eine flüchtige Verliebtheit, die er für sie empfand, aber das änderte nichts an der traurigen Tatsache ihrer baldigen Trennung, und die Stunde der Wahrheit nahte unentrinnbar.
Wenigstens noch ein kurzer Aufschub war Freddy beschieden, und er war dankbar dafür. Er beeilte sich trotz seiner kalten Füße gar nicht so sehr, Susu zu folgen, und er ließ sich auch ziemlich lange Zeit mit dem Abschnallen seiner Skier.
Susu war viel schneller fertig als er.
»Macht nichts!«, meinte sie gutmütig. »Ich brauche dafür länger zum Umziehen. Treffen wir uns an der Tropicana-Bar?«
»Ja, natürlich!«
»Vergiss nicht, in deinen Smoking zu steigen, ich mache mich nämlich fein!«, verkündete Susu. Sie gab Freddy einen zärtlichen Kuss. »Lass dir nur Zeit. Ich gehe schon mal voraus.«
Sie bewohnten getrennte Zimmer. So modern, aufgeschlossen, ja, emanzipiert Susu auch war, in gewissen Dingen war sie durchaus altmodisch, und sie behauptete immer, hier breche die Erziehung ihrer gestrengen Tante durch.
Das mochte zum Teil stimmen. Aber tatsächlich wollte Susu keine »Ehe auf Probe«, wie sie das umschrieb.
»Es ist wie vorgegessenes Brot«, hatte sie einmal zu Freddy gesagt. »Ich finde, man bringt sich um das Schönste, wenn man schon vor der Hochzeit wie ein Ehepaar zusammenlebt!«
Freddy war in diesem Punkt zwar anderer Ansicht, doch er akzeptierte Susus Verhalten, auch wenn es ihm schwerfiel.
Ihre Einstellung imponierte ihm sogar, und er bedauerte es aufrichtig, dass er wohl nie eine Chance dazu haben würde, das eheliche Brot mit Susu zu teilen.
Sie lief schon leichtfüßig ins Haus, während er immer noch an seinen Brettern herumwurstelte, aber natürlich machte er das nur, um noch etwas Zeit zu gewinnen, denn er hatte wirklich kalte Füße und sehnte sich nach einem heißen Bad.
Danach sehnte sich auch Susu. Sie war ziemlich durchgefroren, und sie gönnte sich in ihrer luxuriösen Suite eine Pflegepause, wie sie das nannte.
Das Glück strahlte ihr aus den Augen! Sie freute sich auf den Abend mit dem Liebsten, denn im Geheimen hoffte und erwartete sie, dass Freddy sich nun endlich erklärte und ihr einen Antrag machte!
Susu wartete schon lange darauf. Sie dachte, dass es nun an der Zeit sei, ihre Romanze zu legalisieren, denn es fiel auch ihr ziemlich schwer, Freddy fernzubleiben und ihm nie mehr als einen zärtlichen Kuss zuzugestehen.
Sie sehnte sich danach, ihm endlich ganz zu gehören, und sie träumte von Myrtenkranz und Schleier, Orgelklang und Hochzeitsglocken!
Nach Susus Ansicht war das luxuriöse Nobelhotel genau der richtige Rahmen für einen Heiratsantrag des Zarewitsch!
Freddy hatte das Hotel schließlich mit aufgebaut, und niemand sah dem feudalen Haus mehr an, dass es einmal ein heruntergekommenes und verlottertes Schloss gewesen war.
Der Zar wurde nicht umsonst auch der »Fuchs« genannt! Er war darauf spezialisiert, alte, verwahrloste Gemäuer, an die niemand sich mehr herantraute, billig aufzukaufen, um gewinnträchtige Unternehmen daraus zu machen, und er hatte das richtige Gespür für derlei Objekte.
Diesen manchmal gewagten Aktionen verdankte er seinen Reichtum, und der Zar war ein sehr reicher Mann.
Er hatte allerdings auch eine gesunde Witterung dafür, wenn eine Sache schieflief, und er scheute sich dann nicht, notfalls einmal mit Verlust wieder zu verkaufen, bevor er sich in ein unkalkulierbares und unrentables Abenteuer stürzte.
Die »dynamische Flotte«, wie der Zar seine Mitarbeiter nannte, war ständig unterwegs, um irgendwo irgendwelche Projekte des Zaren zu verwirklichen. Er hatte immer neue Pläne, und er verstand es, sich in allen Teilen der Welt lukrative Märkte zu erschließen, auf die vor ihm noch niemand gekommen war.
Susu hatte für den Zaren, was die verlotterten Projekte anbetraf, sinnbildlich schon etliche heiße Kastanien mitten aus dem Feuer geholt, denn sie war ein ungeheuer einfallsreiches und kreatives Mädchen.
Allerdings hatte der Zar ihr noch nie die Leitung eines solchen Projekts allein übertragen, weil sie, wie er sie vertröstete, erst Erfahrungen sammeln müsste. Dabei brannte Susu darauf, die ganze Palette ihrer Fähigkeiten endlich unter Beweis stellen zu können.
Das heiße Bad tat Susu wohl. Sie fühlte sich danach wie neugeboren.
Erwartungsvoll schlüpfte sie in das zauberhafte Kleid, das sie sich für den letzten Abend ihres Traumwochenendes aufgespart hatte.
Es war ein weißes, knöchellanges Cocktailkleid aus Duchesse und Spitze, und wenn der breite goldene Gürtel nicht gewesen wäre, hätte man es für ein Brautkleid halten können.
Susu betrachtete sich kritisch in dem dreiteiligen Spiegel des Ankleidezimmers. Sie streifte die Goldsandaletten über und drapierte die duftige Stola um ihre Schultern.
Sie trug nicht gerne Schmuck, obwohl sie einige sehr schöne und kostbare Stücke von ihrer Tante geerbt hatte, weil sie fand, dass sie noch zu jung für teures Geschmeide war. Aber nach kurzem Zögern legte sie nun doch ein schmales Goldhalsband um, an dem wie ein Tautropfen ein Diamant funkelte.
Genau dieses Diamanthalsband brachte es, wie man so flott sagte. Es war das berühmte Tüpfelchen auf dem i.
Susu strahlte sich im Spiegel an.
»Susanne Cramm!« In besonders feierlichen Momenten redete sie sich mit ihrem vollen Namen an, wenn sie, was manchmal passierte, Selbstgespräche führte. »Du siehst aus wie eine Braut! Freddy wird sagen: ›Susu, du bist erste Sahne!‹ Und ich wette, bis wir uns im Spiegel wiedersehen, bis du tatsächlich eine Braut!«
Mit einer anmutigen Verneigung verabschiedete sie sich von ihrem Spiegelbild.
Erwartungsvoll und neugierig auf das große Ereignis, nämlich Freddys Heiratsantrag, verließ sie ihre Suite.
Der Korridor war eine Farbensinfonie in Rot, Gold und Alabaster. Der Zar hatte bei der Renovierung wirklich an nichts gespart, um dem ehemaligen Schloss ein wahrhaft fürstliches Flair zu verpassen. Dementsprechend fürstlich waren natürlich auch die Preise. Nur wirklich reiche Leute konnten es sich leisten, hier während ihres Winterurlaubs zu residieren.
Freddy bewohnte die Suite, die Susus Suite gegenüberlag.
Susu klopfte an, doch niemand antwortete. Sie schloss daraus, dass Freddy schon in die Bar hinuntergegangen war. Sie hatten sich ja auch in der Bar verabredet. Sie beeilte sich, um Freddy nicht warten zu lassen.
Der Lift war eine Sinfonie in Grün und Mahagoni. Der Innenarchitekt des Zaren verstand sich auf wirkungsvolle farbliche Effekte, die ganz bestimmte Gefühlsregungen hervorriefen.
Grün und Mahagoni, das signalisierte selbst Leuten, die nicht gerne mit einem Lift fuhren, Ruhe und Sicherheit.
Susu stieg in der Etage aus, in der sich die Bar befand.
Die hochhackigen Absätze ihrer Goldschuhe klapperten über die Marmorfliesen, die ein farbenprächtiges Ornament bildeten und an den Innenhof eines orientalischen Palastes erinnerten.
Natürlich gab es in dem Luxushotel nicht nur eine einzige Bar. Das wäre auch entschieden zu wenig gewesen, denn das Haus verfügte über mehr als hundert Gästezimmer, und zum Après-Ski, ein Vergnügen, das hier fast noch wichtiger als das Skifahren selbst war, traf man sich eben an einer Bar.
Die Tropicana-Bar gefiel Susu am besten, und hier hielt sie sich zum Après-Ski am liebsten auf.
Die Tropicana beschwor durch ihre üppige Pflanzenpracht, das Südsee-Dekor und die herrlichen, schillernden Drinks, die hier gereicht wurden, tatsächlich tropische Impressionen herauf.
In der Spiegelwand hinter der Bar wiederholte sich der ganze Zauber, und die Keeper in ihren scharlachroten Jacken wirkten aufregend exotisch. Aber Susu sah in dem Spiegel nur Freddy, und ihr Herz klopfte ganz schnell vor lauter Erwartung, Sehnsucht und Zärtlichkeit.
Natürlich sah Freddy im Smoking toll aus. Aber Susu hätte auch Herzklopfen bekommen, wenn er nicht so toll ausgesehen hätte, denn sie war schließlich nicht in seinen Smoking verliebt!
Es war noch nichts los in der Bar. Es war Dinner-Time, und die meisten Gäste stärkten sich erst im Speisesaal, bevor sie sich für eine lange Nacht an der Bar niederließen.
Susu und Freddy waren die einzigen Gäste.
Die Band fing zu spielen an, sie untermalte Susus Auftritt mit einem zärtlichen Liebeslied.
Freddy nahm weder das Liebeslied noch Susu zur Kenntnis. Er machte ein todunglückliches Gesicht und hielt sich krampfhaft an einem vollen Whiskyglas fest.
Susu trat hinter ihn und tippte leicht auf seine Schulter.
Er zuckte erschrocken zusammen und blickte entgeistert in den Spiegel.
»Siehst du ein Gespenst?«, fragte Susu heiter.
»Nein«, antwortete Freddy verstört. »Aber ich sehe eine Braut!«
♥♥♥
»Ist das denn so schlimm, dass du eine Braut siehst?«, fragte Susu zärtlich und lachte leise.
Freddy nickte stumm und verzweifelt.
Das irritierte Susu, denn natürlich hatte sie lebhaften Widerspruch erwartet.
»Du hast doch nicht vielleicht schon zu viel getrunken, Freddy?«, forschte sie besorgt.
»Nein, habe ich nicht«, versicherte er treuherzig. »Du kannst es mir glauben!«
Susu bezweifelte es nicht, denn Freddy trank zwar gern einen guten Tropfen, aber sie hatte noch nie erlebt, dass er zu viel getrunken hatte.
Deshalb erschütterte es sie, dass Freddy nun, seiner Beteuerung zum Trotz, den Whisky in dem Glas, an dem er sich förmlich festklammerte, in einem Zug hinunterschüttete.
Er trinkt sich Mut an, dachte Susu gerührt, er trinkt sich Mut an, um seinen Antrag loszuwerden.
Sie vermutete, dass es keinem Mann leichtfiel, einem Mädchen einen Antrag zu machen und sich auf diese Weise sozusagen höchstpersönlich seiner Freiheit zu berauben.
Ich muss es ihm leicht machen, überlegte sie, ich muss ihm entgegenkommen und ihm helfen, sonst schafft er es womöglich gar nicht.