Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 706 - Viola Larsen - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 706 E-Book

Viola Larsen

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Beschreibung

Seit fünf Jahren lebt Christina wie in einem dunklen Traum. Damals starb ihr Mann bei einem schweren Unglück in Venezuela, und als die Nachricht sie in ihrer Villa in Süddeutschland erreichte, brach ihre Welt zusammen. Seither lebt sie in einsamer Stille und wartet trotz aller Hoffnungslosigkeit noch immer darauf, dass ihr geliebter Wolfgang zurückkommt, dass er plötzlich einfach vor ihr steht.

Was Christina nicht ahnt: Ihr Liebster ist keineswegs tot - er lebt! Und auch er trauert, denn durch ein tragisches Missverständnis hält er wiederum Christina für tot.
Dann schlägt das Schicksal erneut zu: Plötzlich stehen Christina und Wolfgang einander gegenüber, und ihre Herzen schlagen füreinander wie einst. Aber es ist aussichtslos, denn Wolfgang hat vor wenigen Jahren erneut geheiratet. Seiner jetzigen Frau verdankt er unendlich viel, und er weiß, dass sie ihn liebt. Nie könnte er sie einfach so im Stich lassen ...


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Inhalt

Cover

Liebe ohne Hoffnungsstern

Vorschau

Impressum

Liebe ohne Hoffnungsstern

Ein unglückliches Herz wartet auf Erlösung

Seit fünf Jahren lebt Christina wie in einem dunklen Traum. Damals starb ihr Mann bei einem schweren Unglück in Venezuela, und als die Nachricht sie in ihrer Villa in Süddeutschland erreichte, brach ihre Welt zusammen. Seither lebt sie in einsamer Stille und wartet trotz aller Hoffnungslosigkeit noch immer darauf, dass ihr geliebter Wolfgang zurückkommt, dass er plötzlich einfach vor ihr steht.

Was Christina nicht ahnt: Ihr Liebster ist keineswegs tot – er lebt! Und auch er trauert, denn durch ein tragisches Missverständnis hält er wiederum Christina für tot.

Dann schlägt das Schicksal erneut zu: Plötzlich stehen Christina und Wolfgang einander gegenüber, und ihre Herzen schlagen füreinander wie einst. Aber es ist aussichtslos, denn Wolfgang hat vor wenigen Jahren erneut geheiratet. Seiner jetzigen Frau verdankt er unendlich viel, und er weiß, dass sie ihn liebt. Nie könnte er sie einfach so im Stich lassen ...

Das schrille Läuten des Telefons schreckte Wolfgang auf. Er saß träge in seinem Lieblingssessel in der Klubecke der Wohnhalle und trank einen Whisky.

Ärgerlich schüttelte er den Kopf. Hatte man denn keine Sekunde mehr seine Ruhe, wenn man erst ein berühmter Star war? Aber als er den Hörer abgenommen hatte und die vertraute Stimme seines Freundes Malcolm vernahm, hellte sich seine Miene sofort auf.

»Grüß dich, Malcolm, was gibt es, alter Junge?«

»Ich wollte dir nur zu deinem Erfolg gratulieren, Wolfgang!« Malcolm sprach bedächtig wie stets, und seine tiefe Stimme klang ehrlich erfreut. »Jetzt hast du es geschafft!«

»Orchidee hat es geschafft!«, widersprach Wolfgang. »Hast du meine Sendung denn gesehen?«

»Natürlich«, versicherte Malcolm. »Obwohl ich ja sonst nichts für das Showgeschäft übrig habe, wie du weißt. Aber deine erste große Fernsehsendung, die musste ich mir doch ansehen, und ich kann nur sagen: Du warst großartig!«

»Danke, Malcolm! Orchidee wird sich freuen, wenn sie hört, dass dir die Sendung gefallen hat. Du weißt, sie gibt viel auf dein Urteil.«

Malcolm blickte in den blauen kalifornischen Himmel und seufzte.

»Jetzt hör mal zu, Wolfgang. Ich finde es ja sehr nett von dir, dass du so bescheiden bist. Aber wenn du nichts könntest, dann wäre Orchidees Mühe vergebens gewesen. Letzten Endes ist es das Gleiche wie mit meinen Orangen: Wenn die nichts sind, dann kann ich auch nichts aus ihnen machen, da nützt meine ganze Arbeit und alle Mühe nichts!«

»Du und deine Orangen!« Wolfgang lachte. »Willst du heute Abend deine Orangen nicht einmal allein lassen und zu uns zum Abendessen kommen?«

»Ich denke, ihr gebt heute eine große Party?«

»Du bist herzlich eingeladen!«

»Vielen Dank, Wolfgang. Cocktailpartys sind mir ein Gräuel, das weißt du ja. Ich komme lieber ein andermal, wenn ihr allein seid. Grüße bitte Orchidee von mir.«

»Ich werde es ausrichten, Malcolm. Bis bald. Und vielen Dank für deinen Anruf!«

Wolfgang betrachtete den Hörer, ehe er ihn zurücklegte. Er schüttelte den Kopf und pfiff leise durch die Zähne. Das rauchfarbene, elegant geschwungene Telefon war ein genauso ungewohnter Luxus für ihn wie die chromblitzende Hausbar, der Teakholztisch, der Garten, der Swimming-Pool, das ländlich vornehme Haus – sein ganzes Leben mit Orchidee.

Aber jetzt hatte er es geschafft. Seine Show war ein Riesenerfolg. Wolfgang trank einen Whisky und vertiefte sich in die Kritiken. Sie waren großartig.

Mit einem gewissen Stolz studierte er den Namen unter seinen Bildern: Roger King. Das war also er, Wolfgang Clausen. Roger King.

Erst hatte er sich gegen den Namen gewehrt, aber schließlich hatte er nachgegeben, denn Roger King hörte sich für das Showgeschäft besser an als Wolfgang Clausen.

»Die wievielte Zigarette ist das?«

Er hatte Orchidee nicht kommen hören. Sie stand unter der Terrassentür. Vor dem leuchtend blauen Hintergrund des kalifornischen Himmels wirkte ihre weiß gekleidete Gestalt fast filigran.

»Dein Haar flammt richtig, Orchidee«, sagte Wolfgang zärtlich. »Du müsstest immer vor einem blauen Hintergrund stehen!«

»Rot und blau, du bist verrückt! Die wievielte Zigarette das ist, habe ich gefragt, mein Herz.«

»Weiß nicht.«

»Du solltest es aber wissen!«

Orchidees Gang war leicht und schwebend. Sie ging immer weiß gekleidet. Sie liebte diese Farbe, und sie hätte es auch getan, wenn Weiß nicht so gut mit ihrer goldbraunen Haut und dem leuchtend roten Haar kontrastiert hätte.

Alles an Orchidee war leicht, schwebend, grazil. Sogar ihre Stimme klang wie das Zwitschern eines Vogels. Nichts verriet die stählerne Härte ihres Wesens, ihre unbeugsame Energie, ihre Tatkraft und Vitalität. Vielleicht ihre Augen! Sie waren tiefblau, aber sie wechselten die Farbe, und manchmal waren sie so dunkel, dass Wolfgang glaubte, darin zu ertrinken.

Zärtlich, aber bestimmt nahm Orchidee ihm die Zigarette aus der Hand.

»Tu's nicht«, sagte Wolfgang. »Bitte, tu's nicht, Liebling. Ich muss dir sonst deinen hübschen Hals umdrehen.«

Orchidee lachte. »Du hast eine Stimme, die Millionen Dollar wert ist. Dieser Stimme sind nicht mehr als fünf Zigaretten täglich zuzumuten.«

»Allmächtiger! Ich rauche mindestens zwanzig am Tag!«

»Das hast du getan, mein Liebling. Jetzt tust du es nicht mehr!« Orchidee sah bezaubernd aus, wenn sie lachte. »Schenke mir einen Whisky ein, Darling.« Sie setzte sich in den Sessel Wolfgang gegenüber und streckte die langen Beine von sich. Der knapp sitzende weiße Hausdress stand ihr gut, und das wusste sie auch.

Wer Orchidee kennenlernte, wunderte sich darüber, dass dieses engelszarte Geschöpf trinken konnte wie ein Mann. Auch Wolfgang war es anfangs so ergangen. Jetzt hatte er sich daran gewöhnt, dass Orchidee ihr Glas in einem Zug leerte. Sie stellte es auf den Tisch zurück und schlug die Mappe auf, die sie unter dem Arm getragen hatte.

»Wir müssen das durchsprechen, Darling.«

»Ich habe es befürchtet. Malcolm hat übrigens angerufen. Er lässt dich grüßen.«

»Danke. Was wollte er?«

»Gratulieren.«

»Oh, er hat die Sendung gesehen?«

»Ja, und ich glaube, er war begeistert.«

Orchidee nickte. »Habe es nicht anders erwartet. Das ist ja deine große Chance: Du sprichst auch Menschen an, die sonst nichts von einer Show wissen wollen.«

»Auf dieses Kompliment hin werde ich mir noch eine Zigarette anzünden.«

Orchidee war viel zu klug, um gleich zu widersprechen. Sie vertiefte sich in die Manuskriptblätter.

»Soll ich dir alles vorlesen?«

»O bitte, nein. Das Wesentliche genügt.«

»Wie du willst, Darling. Aber du musst dir alles, was hier steht, genau einprägen. Es ist maßgebend für sämtliche zukünftigen Interviews, die du gibst. Es ist deine Lebensgeschichte, so wie wir sie heute Abend der Presse übergeben.«

»Also schön, fang an.« Wolfgang schenkte sich noch einen Whisky ein und lehnte sich in den Sessel zurück.

»Du bist dreißig Jahre alt, in Berlin als Sohn eines Brückenbauingenieurs geboren. Deine Vorfahren väterlicherseits stammen aus Italien. Die Ehe deiner Eltern war glücklich. Deine Mutter war eine erfolgreiche Sängerin, die ihre Karriere der Liebe geopfert hat. Du hattest eine unbeschwerte Kindheit.«

»Stimmt. Bis hierher stimmt alles.«

Orchidee warf ihm einen kurzen Blick zu.

»Und jetzt legst du die Zigarette weg, ja?«

Es war schwer, Orchidee eine Bitte abzuschlagen. Wolfgang legte die Zigarette in den Ascher.

»Danke, Liebling.« Orchidee belohnte ihn mit einem strahlenden Lächeln und fuhr fort: »Schon von Kindheit an war es dein glühender Wunsch, einmal ein großer Sänger zu werden. Nach einer Opernvorstellung, die du mit deiner Mutter zusammen besucht hattest, nahmst du heimlich Gesangunterricht.«

»Ich wollte Trambahnschaffner werden, und ich habe nie heimlich Gesangunterricht genommen. Außerdem hatte ich nur fünf Mark Taschengeld.«

»O doch, du hattest Geld, du hast es dir verdient!«

»Ich war so faul, dass es zum Himmel schrie!«

»Du hast Zeitungen ausgetragen, Kohlen geschleppt, Teppiche geklopft, Babys gehütet – alles, um dir dein heimliches Gesangstudium verdienen zu können.«

»Ich habe in jeder freien Minute Karl May gelesen und ansonsten Kaninchen gezüchtet und mein Aquarium versorgt. Einen Hamster hatte ich auch.«

»Richtig. Auch diese Tiere hast du deiner Sehnsucht geopfert. Du hast sie verkauft. Alles für dein Studium.«

»Ich hätte eher drei Tage nichts gegessen, obwohl ich immer unheimlich hungrig war, als meine Tiere herzugeben.«

»Dann schlug das Schicksal zum ersten Mal zu.«

»Wie bitte?«

»Du verlorst deine Mutter durch einen tragischen Unglücksfall.«

»Im Leben nicht. Sie starb an einer zu spät erkannten Lungenentzündung, meine arme Mama.«

»Liebling! Ich spreche von Roger Kings Mutter. Sie kam bei einem Autounfall ums Leben. Du warst ein zarter Knabe von zwölf Jahren.«

»Ich war fünfundzwanzig, als Mama starb.«

»Unterbrich mich nicht ständig. Weiter. Dein Vater wollte von deinen künstlerischen Zukunftsplänen nichts wissen und steckte dich, als er hinter deinen heimlichen Gesangunterricht kam, in ein Internat.«

»Mein Vater war der großartigste Bursche, den es je gab. Er hätte seinen Jungen niemals in ein Internat gesteckt.«

»Schenke mir noch einen Whisky ein, und dann unterbrich mich nicht mehr. Danke.« Orchidee leerte auch dieses Glas in einem Zug. »Im Internat fandest du einen alten Musiklehrer, der dein Talent erkannte und dich weiter ausbildete. Dieser Lehrer hat dir das Leben in dem schrecklichen Internat erträglich gemacht. Dein Vater ahnte nichts. Er ließ dir eine ausgezeichnete Erziehung angedeihen und zwang dich schließlich, Ingenieur zu werden.«

»Keine Rede! Ich bin freiwillig Ingenieur geworden. Ich hatte von jeher eine große Leidenschaft für Technik.«

»Obwohl du dich dem Willen deines Vaters beugen musstest, hattest du allerdings nur ein Ziel: den verhassten Beruf so rasch wie möglich aufzugeben, um endlich dein großes Lebensziel zu erreichen, ein Sänger zu werden. Trotzdem hattest du Erfolg in deinem Beruf. Du kamst im Auftrag einer großen Firma als Montageingenieur nach Chile, Paraguay, Peru, Argentinien und Brasilien.«

»Das stimmt zwar wieder, aber muss das sein, Orchidee?«, unterbrach Wolfgang sie gereizt. »Ich meine diese lächerlichen Verdrehungen der Tatsachen?«

Sie lächelte. »Die Wahrheit wäre zweifellos interessanter. Ich meine beispielsweise die Wahrheit über uns beide. Aber ob sie deiner Karriere zuträglich wäre?«

Wolfgang presste die Lippen aufeinander.

»Ein zweites Mal schlug das Schicksal zu«, fuhr Orchidee fort. »Während du in Venezuela Bohrtürme errichtest, erhältst du die Nachricht, dass die Frau deines Herzens, die in Deutschland auf dich wartete, durch einen tragischen ...«

»Nein!«, unterbrach Wolfgang sie hart.

»Was ist denn, Liebling? Ich denke, wir besprechen die Lebensgeschichte Roger Kings?«

»Orchidee! Wenn das alles sein muss, bitte. Es ist mir egal, was du aus meiner Kindheit und Jugend machst. Aber Christina bleibt aus dem Spiel.«

Orchidee warf den Kopf zurück. Eine jähe Röte schlug in ihre Wangen. Sie presste die Lippen aufeinander.

»Entschuldige, Liebling«, begütigte Wolfgang. »Du musst das verstehen. Christina – das geht die Leute nichts an. Das ist etwas, das nicht hierhergehört. Christina war meine Frau. Ich will nicht, dass sie in diesen Reklamerummel hineingezogen wird.«

Orchidee hielt die Lippen noch immer aufeinandergepresst. Die Lider waren über die Augen gesenkt, aber Wolfgang wusste, wenn sie jetzt aufblickte, waren ihre Augen schwarz.

Sie blickte nicht auf. Sie nahm den Rotstift und strich zwei Absätze des Manuskriptes durch.

»Einverstanden«, sagte sie beherrscht. »Streichen wir deine erste Ehe. Du warst also nicht verheiratet. Dann muss ich einen anderen Übergang finden. Denn das Unglück in Venezuela wäre doch nie geschehen, wenn du nicht die Todesnachricht von Christina erhalten hättest?«

Er zuckte unmerklich zusammen.

Stille.

Sie war gefährlich, diese Stille, und sie wussten es beide.

»Nein«, sagte Wolfgang endlich mühsam. »Aber das geht die Leute nichts an, zum Teufel! Lass das Schicksal eben noch einmal zuschlagen. Ein Ölturm explodiert, ich werde schwer verletzt, Tropenfieber kommt hinzu, ich kann meinen Beruf nicht mehr ausüben, gehe nach New York, ein gebrochener Mann, arbeite als Schuhputzer, Tellerwäscher, Liftboy, na, und so weiter, stimmt ja auch ungefähr, und dann treffe ich die Frau meiner Zukunft – dich.«

»Gehe ich denn die Leute etwas an?«

»Du gehörst zu Roger King. Du hast ihn gemacht. Wäre ich dir nicht begegnet, würde ich wahrscheinlich immer noch ein elendes Dasein in New York fristen. Du hast mich aus dem Dreck gezogen. Du hast meine Stimme erst ausbilden lassen. Du hast mich gemanagt – oder diesen Roger King, egal. Ohne dich gäbe es keinen Roger King. Ich verdanke dir alles, was ich bin und habe.«

»Du verdankst alles deinem Können, deiner beispiellosen Energie und deinem Talent.«

»Wir wollen nicht streiten, Liebling. Ich gebe zu, dass ich ganz begabt bin, wahrscheinlich ein Erbe meiner Mutter und meiner italienischen Vorfahren. Aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, ins Showgeschäft einzusteigen, wenn ich dir nicht begegnet wäre. Schreibe die Story, wie du sie für richtig hältst. Ich vertraue dir, dass du es richtig machst. Ich werde mir das Zeug nachher durchlesen und es auswendig lernen, wenn es sein muss. Zufrieden?«

Orchidee sah noch immer nicht auf.

»Wohin gehst du?«, fragte sie nur, als Wolfgang aufstand.

»Bisschen an die frische Luft. Beine vertreten. Die Party wird hart genug werden. Bis später, Liebling.«

»Bis später, Wolfgang.« Jetzt hob Orchidee langsam den Blick und sah Wolfgang nach, der mit weit ausholenden Schritten in den Garten eilte. So war es immer. So war es jedes Mal, wenn das Gespräch auf Christina kam.

♥♥♥

Die Party wurde ein großer Erfolg, sie begann um neun Uhr abends und zog sich bis in den hellen Morgen hin. Orchidee war eine hervorragende Gastgeberin, die es verstand, auch Riesengesellschaften eine persönliche Note zu verleihen.

Wolfgang gab mehrere Interviews, trug einige seiner Glanznummern vor, lächelte unentwegt und plauderte mit fremden Menschen. Er trank mehr Whisky, als ihm guttat, und gewöhnte sich im Laufe der Nacht daran, dass die Leute, »die man kennen musste«, Roger zu ihm sagten und ihn großartig fanden. Als die letzten Gäste den Bungalow verließen, stand fest, dass Roger King »gemacht« war.

Am nächsten Morgen stand es dann in allen Zeitungen. Leslie und Jim studierten die Berichte gegen Mittag in der Küche. Sie waren beide übermüdet. Jim hatte um sechs Uhr früh die letzten Gäste nach Hause gefahren, und Leslie musste nach Ende der Party mit den Aushilfsmädchen aufräumen.

Jim las eines der Interviews vor, die Wolfgang gegeben hatte, Leslie schlürfte dabei den starken Mokka.

»Ich wusste ich gar nicht, dass Herr Wolfgang die Gnädige kennengelernt hat, als er Liftboy war«, sagte sie nachdenklich.

»Hier steht es!« Jim deutete auf die Zeitung. »Er hat es selbst gesagt. Pass auf: ,Ich bediente den Lift des Hotels, in dem meine Frau während ihres New Yorker Aufenthaltes wohnte. Wir sahen uns das erste Mal, als ich sie im Lift zur Bar fuhr. Es war Liebe auf den ersten Blick.' Fragt sich nur, ob es stimmt!« Jim faltete die Zeitung zusammen. »Schenke mir noch einen Mokka ein. Mädchen. Nett siehst du aus mit den verschleierten Augen.«

»Ich bin nur müde!« Leslie unterdrückte ein Gähnen und lächelte geschmeichelt. »Wie meinst du das, Jim, dass es vielleicht nicht stimmt, was in der Zeitung steht, wenn Herr Wolfgang es doch selbst gesagt hat?«

»Roger.«

»Wie?«

»Herr Roger! Vergiss das nicht. Befehl von der Gnädigen. Ab sofort ist Herr Wolfgang Clausen Mr. Roger King zu nennen. Sie kann unangenehm werden, wenn man so etwas vergisst, so nett sie sonst ist.«

»Ja? Findest du sie nett?«

»Du bist natürlich netter!« Jim beugte sich rasch vor und küsste Leslie.

»Lass das! Sag mir lieber, warum du das meinst, das mit dem Interview.«

»Ganz einfach. Wenn einer ein Star wird, dann wird er ,gemacht'. Das heißt unter anderem, er bekommt eine Lebensgeschichte nach Maß verpasst, verstehst du, Kleine? Man erfindet Geschichten um ihn herum, die ihn interessant machen. So ist das im Showbusiness. Was wissen wir denn von den Clausens – sorry, den Kings? Gar nichts. Sie sind hierhergekommen, haben den Bungalow gemietet und als Landhaus eingerichtet. Kein Mensch weiß etwas von ihnen.«

»Du vergisst Mr. Malcolm.«

»Ganz recht«, gab Jim zu. »Den habe ich vergessen. Aber von Herrn Malcolm weiß auch niemand etwas, wenn er auch schon eine ganze Weile hier ansässig ist. Manche sagen, er sei ein Abenteurer gewesen, ehe er hierherzog und anfing, Orangen zu züchten.«

»Uns kann es schließlich egal sein, ob es stimmt oder nicht!« Leslie stand auf und räumte den Frühstückstisch ab. »Hauptsache, die Herrschaften sind in Ordnung, und das sind sie. Außerdem ist es interessant, bei einem Star zu arbeiten.«

♥♥♥

Es wurde später Nachmittag, bis Wolfgang sich erhob, ausgiebig Kaffee trank und nach dem Wagen rief.

»Soll ich chauffieren, Mr. King?«, fragte Jim, obwohl er genau wusste, dass sein Herr jetzt wahrscheinlich allein sein wollte.

Wolfgang sah ihn merkwürdig an; vermutlich war er noch nicht daran gewöhnt, »Mr. King« genannt zu werden. Dann schüttelte er den Kopf.

»Vielen Dank, Jim. Ich fahre selbst. Falls meine Frau nach mir fragen sollte – ich werde in zwei bis drei Stunden zurück sein.«

»Sehr wohl, Mr. King.«

Wieder warf Wolfgang seinem Chauffeur diesen merkwürdigen Blick zu, beinahe blitzte es wie Spott in seinen Augen. Er nahm hinter dem Steuer seines Jaguars Platz und fuhr rasch an.

Jim sah ihm nach. Armer Teufel, dachte er, ich möchte kein Showstar sein, der seinen Namen und sein Leben wechselt wie ein Hemd. Ich bin gespannt, wie lange er das aushält.

Das Gleiche fragte sich Wolfgang. Nicht die Show selbst, die machte ihm Spaß, sie war genauso ein Job wie jeder andere. Aber das Übrige. Das fiel ihm auf die Nerven, jetzt schon, und es hatte erst angefangen.

Er fuhr sehr rasch. Für die großartige Landschaft hatte er keinen Blick. Er sah nur auf die Fahrstraße.

Ich darf Orchidee nicht enttäuschen, dachte er. Ich muss das durchhalten, ganz egal wie, und vielleicht gewöhnt man sich im Laufe der Zeit daran.