Mary Ann - She was called Lady Law - Blossom Rydell - E-Book

Mary Ann - She was called Lady Law E-Book

Blossom Rydell

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Beschreibung

Das Krachen des Schusses war noch völlig nicht verhallt, als sie bereits zum zweiten Mal durchzog. Sie störte sich nicht daran, dass der Schuss sowohl im Hotel als auch der angeschlossenen Bar zu hören war. Abermals vollführte der Schnauzbärtige einen hastigen Hüpfer. Geduckt verharrte er zwei Schritte vom Tresen entfernt – unschlüssig, ob er die Flucht ergreifen oder besser die Hände hochnehmen sollte. Ungläubig stierte er die Frau im dunkelbraunen Straßenanzug an. »Du bist tot«, flüsterte er. »Das schwöre ich dir.« Es war offensichtlich, dass er sich kaum konzentrieren konnte. Unablässig wanderte sein Blick auf und ab, von ihrem feingeschnittenen Gesicht und dem langen rotblonden Haar zum ›US-Marshal‹-Stern links neben dem Revers ihres Jacketts zum Dekolleté ihrer weißen Bluse, das ihre festen Brüste fast zur Hälfte zeigte – so überaus nah und doch unerreichbar für einen Kerl wie ihn. Das wurde ihm spätestens in diesem Moment klar, doch er wollte es nicht wahrhaben.

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Mary Ann

She was called Lady Law

Erotic – Western – Novel

Blossom Rydell

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar

1. Auflage

Covergestaltung:

© 2024 Blossom Rydell

Coverfoto:

© 2024 Blossom Rydell

Dieses Werk enthält sexuell explizite Texte und erotisch eindeutige Darstellungen mit entsprechender Wortwahl. Es ist nicht für Minderjährige geeignet und darf nicht in deren Hände gegeben werden. Alle Figuren sind volljährig, nicht miteinander verwandt und fiktiv. Alle Handlungen sind einvernehmlich. Die in diesem Text beschriebenen Personen und Szenen sind rein fiktiv und geben nicht die Realität wieder. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen oder Orten sind rein zufällig. Das Titelbild wurde legal für den Zweck der Covergestaltung erworben und steht in keinem Zusammenhang mit den Inhalten des Werkes. Die Autorin ist eine ausdrückliche Befürworterin von ›Safer Sex‹, sowie von ausführlichen klärenden Gesprächen im Vorfeld von sexuellen Handlungen, gerade im Zusammenhang mit BDSM. Da die hier beschriebenen Szenen jedoch reine Fiktion darstellen, entfallen solche Beschreibungen (wie z.B. das Verwenden von Verhütungsmitteln) unter Umständen. Das stellt keine Empfehlung für das echte Leben dar. Tipps und Ratschläge für den Aufbau von erfüllenden BDSM-Szenen gibt es anderswo. Das vorliegende Buch ist nur als erotische Fantasie gedacht. Viel Vergnügen!

Impressum

© 2024 Blossom Rydell

Verlag: Kinkylicious Books, Bissenkamp 1, 45731 Waltrop

Druck: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN siehe letzte Seite des Buchblocks

»Heute ist ein guter Tag,

zum Sterben.«

Crazy Horse (gest. 05.09.1877)

Kapitel 1

Mit weit aufgerissenen Augen war er erschrocken zur Seite gesprungen. Noch während er seine Hand vom Revolverkolben nahm, sackte seine Kinnlade nach unten, und er bekam seinen Mund nicht wieder zu. Er war aus dem Saloon in die Lobby des Hotels gestürmt. Gerade hatten seine Kumpane drüben an der Theke noch gejohlt. Jetzt wurden sie still, reckten ihre Hälse und bekamen Stielaugen.

Der Angeber wird wohl damit getönt haben, dass er mal rübergeht, um ihnen zu zeigen, wie man mit einem größenwahnsinnigen Weib umspringt, dass sich den Stern in einem Kostümladen gekauft hat, vermutete sie, in sich hineinlächelnd.

Das Krachen des Schusses war noch völlig nicht verhallt, als sie bereits zum zweiten Mal durchzog. Sie störte sich nicht daran, dass der Schuss sowohl im Hotel als auch der angeschlossenen Bar zu hören war.

Abermals vollführte der Schnauzbärtige einen hastigen Hüpfer. Geduckt verharrte er zwei Schritte vom Tresen entfernt – unschlüssig, ob er die Flucht ergreifen oder besser die Hände hochnehmen sollte. Ungläubig stierte er die Frau im dunkelbraunen Straßenanzug an.

Die Männer in der Bar verließen fluchtartig die Theke und verzogen sich in den hinteren Teil des Schankraums. In der Hotellobby hinter ihr hielt sich ohnehin kein Mensch auf. Es war früher Nachmittag und die meisten Gäste befanden sich noch im Restaurant, das im Erdgeschoss die gesamte rechte Seite des Gebäudes einnahm. Vermutlich hatten sich schon einige zu einem Nickerchen auf ihre Zimmer zurückgezogen. Auch der Angestellte hinter dem Tresen der Rezeption war tief gebückt in deren Nebenraum gehastet.

»Du bist tot«, flüsterte der Schnauzbärtige. »Das schwöre ich dir.« Es war offensichtlich, dass er sich kaum konzentrieren konnte. Unablässig wanderte sein Blick auf und ab, von ihrem feingeschnittenen Gesicht und dem langen rotblonden Haar zum ›US-Marshal‹-Stern links neben dem Revers ihres Jacketts zum Dekolletee ihrer weißen Bluse, das ihre großen Brüste fast zur Hälfte zeigte – so überaus nah und doch unerreichbar für einen Kerl wie ihn. Das wurde ihm spätestens in diesem Moment klar, doch er wollte es nicht wahrhaben.

Natürlich war ihr sehr wohl bewusst, dass sie einen Mann in letzter Konsequenz durchaus um den Verstand bringen konnte, wenn sie ihre Oberweite nur ausgiebig und aufreizend genug zur Schau stellte. Sie sah ihm die lüsternen Gedanken an den tückisch glitzernden Augen an. Betont langsam zog sie den Hahn ihres ›Colts‹ zurück, und während des zweimaligen metallischen Knackens drehte sich die Trommel ebenso langsam. Dann hob sie die Waffe etwas an und richtete die Mündung des Laufs exakt auf die Nasenwurzel des Mannes. »Heute ist dein Glückstag, denn ich werde dich noch mal laufen lassen«, bemerkte sie nonchalant. »Normalerweise müsste ich dich sofort festnehmen. Bedrohen einer Staatsbeamtin wiegt schwer. Aber ich beschränke mich auf die Feststellung deiner Personalien und der Auflage, den Bezirk von ›Sweetwater‹ nicht zu verlassen.«

»Ich glaube nicht, was hier gerade abgeht«, hauchte er fassungslos.

»Was du glaubst oder nicht glaubst, interessiert kein Schwein«, erklärte sie ihm kalt. »Wie heißt du?«

»Das geht dich einen Dreck an, Schlampe«, zischte der Schnauzbärtige hasserfüllt.

Was jetzt folgte, geschah so blitzartig, dass er es erst mitbekam, als es bereits zu spät war, um noch zu reagieren. Noch während sie mit einem Satz bei ihm auf ihn zusprang, versenkte sie ihren Revolver im Holster. Im nächsten Moment durchzuckte ihn ein jäher, stechender Schmerz, als sie seinen rechten Arm packte, auf den Rücken hebelte und im selben Atemzug seinen linken Arm mit einem stahlharten Hieb außer Gefecht setzte. Dann riss sie seinen rechten Arm höher, wirbelte ihn gleichzeitig herum und stieß ihn mit dem Oberkörper auf die Kante des Tresens. Er schrie laut auf, derweil er nach von ihr nach vorne geschleudert wurde und konnte seinen Kopf nur mit knapper Not zur Seite drehen, um zu verhindern, dass er sich auf dem blankpolierten Hartholz die Nase brach. Alles was er noch zustande brachte, war ein geradezu kläglich klingendes Wimmern.

Die Zuschauer in der Bar und der Angestellte von der Rezeption, der vorsichtig um die Türzarge des Nebenraums lugte, kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Mit ungläubigen Erschrecken sperrten sie Mund und Augen weit auf.

»Ich will deinen Namen, Bastard!«, herrschte sie den Schnauzbärtigen an.

»WarrenGreenwald«, kam es ihm schmerzerfüllt über die Lippen.

»Aus?«

»›Fort Laramie‹«, antwortete er mit einem deutlichen Anflug von Stolz.

»Na, wunderbar!«, rief sie. »Da habe ich ja zufällig voll ins Schwarze getroffen! Richte deinem Boss und deinen Kumpanen aus, dass ihr das Fort die längste Zeit in Verruf gebracht habt!«

»Wir betreiben ein legales Frachtunternehmen«, keuchte Greenwald. »Dagegen kann ja wohl keiner was haben.«

»Das werden wir ja sehen«, erwiderte sie grimmig. »Noch haben wir eine Kavallerie, die mit Vergnügen ausmisten wird, was sich im Umfeld des Forts an Gesindel breitgemacht hat.«

»Nie im Leben«, widersprach der Schnauzbärtige trotzig.

»Verschwinde, bevor ich mehr als deinen Stolz verletze!«, fuhr sie ihn an, ehe sie ihn grob vom Tresen wegriss und an der Bar vorbei auf die staubige Hauptstraße nach draußen beförderte. »Das nächste Mal kommst du mir nicht so glimpflich davon. Wir werden uns wiedersehen. Verlass' dich darauf!«

»Darauf kannst du Gift nehmen«, knurrte Greenwald, während er davonstolperte ...

***

Kapitel 2

»Willst du es dir nicht doch noch überlegen?«, fragte die dunkelhaarige Schönheit und stützte sich auf den rechten Ellbogen, als er aus dem Bad zurückkehrte. Schmollend sah sie ihm dabei zu, wie er in seine frisch gewaschenen Hosen und die geputzten Stiefel stieg, ehe er das ebenfalls saubere und sorgfältig auf Kante gebügelte Hemd von der Kommode nahm und auseinanderfaltete. Mit bewundernden Blicken folgte sie jeder Bewegung des großen Mannes, dem sie erst unlängst gesagt hatte, dass sie sich an ihm nicht sattsehen konnte.

»Carol, es ist bereits Mittag, und wir haben noch nicht einmal gefrühstückt«, mahnte er mit sonorer Stimme, daran denkend, wie komfortabel er in den letzten Tagen lebte – und dass er es der Frau zu verdanken hatte, die nackt auf dem breiten Bett lag und ihm schmollend zusah, wie er sich ankleidete. »Dein Vormann und die Männer sind seit heute Morgen um sieben abmarschbereit, und sie wissen alle, warum sie so lange warten müssen.«

»Ja, sicher. Deinetwegen.« Ein spitzbübisches Lächeln umspielte die zarten Lippen der Rancherin. »Weil du es einfach nicht fertigbringst, mich allein zu lassen.«

Lachend streifte er sich das beigefarbene Hemd über. Am frühen Morgen war sie in einen Hausmantel geschlüpft und ihren Hausverwalter losgeschickt, um den Männern in der Schlafbaracke auszurichten, dass sie noch warten sollten. Während er das Hemd zuknöpfte, näherte er sich dem Bett und blickte auf sie hinab. Ihr Körper war einfach perfekt – rund, wo er rund sein musste, und straff und prall, wo ein Mann es zu schätzen wusste. Diese Eigenschaften trafen auf ihre vollen Brüste auch im Liegen zu, aus deren Mitte ihre Nippel keck emporragten. »Ist dir klar, dass sich Geschichten über dich erzählen? Die ganze verdammte Wartezeit verbringen sie damit, über dich zu tratschen.«

»Über mich, Howard?« Sie gab sich ahnungslos. »Was sollten sie denn über mich erzählen?«

»Sie malen sich aus, warum sie so lange warten müssen.«

Carol kicherte. »Du meinst, in allen Einzelheiten?«

»Was denn sonst?«

»Na, hör' mal! Das gehört sich nicht!«, prustete sie. »Für die Männer bin ich eine Respektsperson. Ich bin hier die Rancherin. Vergiss das nicht.«

Mit einem breiten Grinsen stopfte sich Howard das Hemd in die Hose. »Nachher, wenn wir unterwegs sind, werden sie mich ausfragen, wie es war mit dir.«

»Nie im Leben!«, rief sie in gespielter Empörung. »Das werden sie nicht wagen. Oh, nein. Und wenn sie das tun, werde ich sie alle feuern.«

»Unsinn, wirst du nicht. Ich werde auch keinen von ihnen verraten … Du kannst froh sein, wenn sie alle wohlbehalten zurückkehren.«

Carol ging nicht darauf ein. Stattdessen sah sie ihn sinnierend an. »Meinst du nicht, dass Hank den Job allein erledigen kann?«, fragte sie schließlich. »Er ist ein ausgezeichneter Vormann, den ich viel länger kenne als du. Ich weiß wovon ich rede, und dass ich mich hundertprozentig auf ihn verlassen kann.«

»Ich will dir nicht widersprechen, Carol. Du wirst besser wissen, was du an Hank Collins hast. Nach dem Stand meiner bisherigen Ermittlungen kann ich auch niemanden auf der Ranch Vorwürfe machen … Vergiss aber nicht, dass die Banditen bislang nicht davor zurückgeschreckt haben, nahezu jeden von euren Transporte zu überfallen … und wenn es nur der Verpflegungswagen mit Küchenvorräten war.«

Sie sah ihn mit gerunzelter Stirn an. »Was willst du damit sagen?«

»Nichts weiter. Es geht mir nur um die Fakten!«, entgegnete er. »Ich bin jetzt seit fünf Tagen hier und dir ausgesprochen dankbar dafür, deine Ranch als Stützpunkt benutzen zu können.« Er wandte sich von ihr ab und trat an das große Fenster, das ihm einen Panoramablick über das sanft geschwungene Grün des Hügellands östlich des Haupthauses bot, das mit den übrigen Gebäuden der CD-Ranch auf einer ausgedehnten Anhöhe stand.

Carol schwang ihre langen schlanken Beine aus dem Bett und schmiegte sich an seine Seite. »Außer ein paar Überfällen haben uns die Banditen bislang nichts getan. Solange sie da draußen in ihrem sogenannten Fort kampieren und nicht meine Rinder stehlen und die Gebäude niederbrennen, will ich mich nicht beklagen. Du weißt, dass die ›Outlaws‹ in anderen Gegenden viel schlimmer sind.«

Howard legte seinen Arm um ihre nackte Schulter.

»Die Regierung hätte mich nicht hergeschickt, wenn dieser Gates und seine Strolche so harmlos wären, wie du sie darstellst. Du vergisst dabei, dass er mit den Indianerrebellen zusammenarbeitet, mit Waffen beliefert und alles beschafft, was sie sonst noch brauchen. Es ist eh schon unglaublich, dass sich diese Kerle hier im ›Sweetwater County‹ niederlassen konnten und niemand sie daran gehindert hat. Das hat sich auch in Washington herumgesprochen und die Regierung auf die mehr als bedrohliche Lage aufmerksam werden lassen, was etwas heißen will, wie ich finde.«

»Bisher war man dort aber nicht bereit, die Armee zu entsenden, um hier für Ordnung zu sorgen. Das Fort ist historischer Boden. Viele in der Stadt und im ›County‹ halten es für eine Schande, dass die Bande dort einen Schlupfwinkel einrichten konnte … Vor aller Augen gewissermaßen.«

»Deshalb bin ich hier.«

»Als Washingtons schlagkräftigste Ein-Mann-Armee?« Carol bedachte ihn mit einem zweifelnden Seitenblick.

»Du triffst es auf den Punkt«, erwiderte Howard grinsend, »und jetzt muss deine Ein-Mann-Armee endlich ausrücken.«

»Willst du es dir nicht doch noch überlegen?«, schnurrte sie sanft wie ein Kätzchen. »Braucht nicht jede Armee eine ausreichende Vorbereitungszeit für einen Einsatz? Sollten ihre Soldaten nicht ausgeruht sein, wenn der Trompeter das Signal zum Abmarsch bläst?« Ihre rechte Hand tastete zielstrebig nach seiner Gürtelschließe, von dort aus abwärts und als sie seine Erektion fühlte, seufzte sie enttäuscht.

»Vorfreude ist die schönste Freude, sagt man«, tröstete er sie. »Ich bin ja bald zurück.«

»Dafür gibt es aber keine Garantie, oder?«

Howard schürzte die Lippen. »Nennen wir es … ein Versprechen.«

Carol seufzte abermals. »Für das, was du vorhast, gibt es bei der Armee einen Ausdruck. Es ist ein… ein …«

»… Himmelfahrtskommando«, half er ihr aus.

***

Kapitel 3

Einen langen Moment verharrte sie an der Tür des Hotels, bis sie überzeugt war, dass sich Warren Greenwald nicht mehr blicken ließ. Sie beachtete die Staunenden auf der Straße nicht weiter und wandte sich ab. Da sie sich bereits an der Rezeption ins Gästebuch eingetragen hatte, brauchte sie lediglich ihren Zimmerschlüssel mitzunehmen.

»Bitte, Miss Crawford« Mit einer ehrfürchtigen Verbeugung händigte der Angestellte ihn ihr aus.

»Danke. Haben Sie meinen Handkoffer bereits aufs Zimmer bringen lassen?«, erkundigte sie sich und lächelte, als dieser höflich nickte, ehe sie sich auf den Weg ins Restaurant machte.

Wie sie vermutet hatte, war die Tische noch gut besetzt. Der Oberkellner führte sie an einem freien Tisch am Fenster, von dem sie, unter dem Saum der spitzenbesetzten weißen Gardinen hindurch, einen Großteil der Hauptstraße überblicken konnte. Die Mittagsruhe war noch nicht beendet, weshalb nur wenig Betrieb herrschte. Gespanne zeigten sich gar nicht, nur der eine oder andere Reiter und einige Fußgänger waren unterwegs.

Das größte und imposanteste Gebäude stand direkt schräg gegenüber. Es war zweigeschossig, aus rotem Backstein gemauert, und in Höhe des ersten Stocks prangten die aus Gusseisen geformten Lettern ›Town Hall‹. Unten im Rathaus waren die Büros des ›Sheriffs‹ und des ›US-Marshals‹ untergebracht. Entsprechend lackierte Holzschilder mit schwarzer Beschriftung wiesen darauf hin. Sie wusste bereits, das der ›County Sheriff‹ JosephLynchund der ›Marshal‹ William Freeman hieß.

Der freundlichen Empfehlung des Oberkellners folgend, bestellte sie das Rumpsteak mit Bohnen, knusprig gebratenem Bacon und Röstkartoffeln, und wählte dazu ein Glas hausgemachter, eisgekühlter Zitronenlimonade. Zu dieser Jahreszeit verfügten noch viele Restaurants und ›Saloons‹ – es war Ende Oktober und immer noch sommerlich warm – über einen recht gut bestückten Eiskeller. Überdies waren die Transportwege von ›Sweetwater‹, im Norden des Bundesstaats Wyoming, bis zu den Höhenregionen der Bighorn- und Rocky Mountains nicht allzu lang. Nach dem Essen fühlte sie sich gestärkt. Lächelnd sah sie den beiden Kellner zu, wie sie das Geschirr abräumten und ließ sich ein neues Glas Limonade bringen.

Das Restaurant hatte sich mittlerweile zur Hälfte geleert, als sich eine elegant gekleidete Frau, mit hochgestecktem brünetten Haar, ihrem Tisch näherte. Sie trug ein rotes Kleid, aufwendig besetzt mit schwarzen und grünen Chiffonstreifen, dessen Dekolleté mit weißen Seidenrüschen verziert war. Ihre strahlend blauen Augen blickten sie freundlich und warmherzig an. »Guten Tag, Madam. Mir gehört dieses Haus und der ›Saloon‹. Ich heiße Dorothy Schwartz«, stellte sie sich vor. »Waren Sie mit dem Essen zufrieden?«

»Oh, mehr als das«, antwortete sie und reichte ihr höflich die Hand. »Mary Ann Crawford ... Bitte sagen Sie Ihrem Küchenpersonal, dass es hervorragend geschmeckt hat.«

»Das werde ich gerne ausrichten.« Die Inhaberin lächelte verbindlich. »Im Übrigen möchte ich mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen, die Sie an der Rezeption hinnehmen mussten.«

Mary Ann schüttelte den Kopf. »Dafür müssen Sie sich nicht entschuldigen, Madam. Selbstverständlich wird meine Dienststelle für den entstandenen Schaden am Fußboden aufkommen.«

»Ach, du liebe Güte!« Die Hotelbesitzerin winkte bagatellisierend ab. »Das ist nichts, gemessen an dem, was jeden Abend drüben in meinem ›Saloon‹, angerichtet wird.« Sie lachte auf und deutete auf die andere Straßenseite. »Die Schadensregulierung ist nichts, verglichen mit all den Mühen, die es mich gekostet hat, in dieser Stadt von der Männerwelt akzeptiert zu werden.«

»Dann sitzen wir gewissermaßen in einem Boot«, erwiderte Mary Ann und deutete einladend auf die andere Seite des Tischs. »Bitte, nehmen Sie doch Platz.«

Dorothy Schwartz bedankte sich und folgte der Aufforderung. »Bitte, nennen sie mich Dorothy.«

»Gerne, dann bin ich aber Mary Ann«, stimmte Mary Ann zu und war schon bald in ein angeregtes Gespräch mit ihr vertieft. So erfuhr sie von ihr, dass sie die Eigentümerin beider stattlicher Gebäude, des ›Big Horn View‹-Hotels und des ›Woodfire‹-Saloons, zu dem ein Tanzsaal mit Bühne gehörte, während Restaurant und Bar dem Hotel angeschlossen war. Sie fassten rasch Vertrauen zueinander, sodass Dorothy auch freimütig über private Angelegenheiten sprach. »Sind Sie verheiratet?«, erkundigte sie sich.