Mord am Siegburger Michaelsberg - Kersten Wächtler - E-Book

Mord am Siegburger Michaelsberg E-Book

Kersten Wächtler

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Beschreibung

RHEIN-SIEG-KREIS KRIMI Der 16. Fall der Kommissarin Thekla Sommer. Gleich zwei Leichen, die fast zeitgleich am Michaelsberg entdeckt werden, stellen Thekl und Ihr Team vor einen zeitlich doppelten Ermittlungsaufwand. Wo gibt es die Verbindung zu den beiden Fällen? Gibt es überhaupt eine?

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Alle Personen und Tathergänge sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig.

Die siebzehnjährige Simone Welter erwachte. Sie öffnete die Augen und starrte in die Dunkelheit. Ihr Kopf pochte so, als wäre eine Horde Pferde über sie drüber gelaufen. Sie spürte auch, dass ihr Rücken stark schmerzte. Sie versuchte sich an den gestrigen Abend zu erinnern. Grinsend erinnerte sie sich daran, dass sie mit Freundinnen bei einer Party von Susanne Clemens war. Es sollte eine berauschende Party zum Abschluss der Junggesellinnenzeit werden, da Susanne nächste Woche heiraten würde. Obwohl Susanne nur vier Jahre älter war als Simone, wünschte sie sich von ihrem Freund, mit dem sie seit zwei Jahren eine gemeinsame Dachgeschoßwohnung in Siegburg-Wolsdorf bezogen hatte, ein Baby. Dieser Wunsch sollte nun in Erfüllung gehen ebenso wie der Wunsch, den gemeinsamen Lebensweg mit einer Hochzeit zu besiegeln. War die Party so aus dem Ruder gelaufen, dass der Alkohol Simones Körper dermaßen zugesetzt hatte und sie deshalb einen „Brummschädel“ hatte? Simone spürte, dass sie fröstelte und instinktiv griff ihre rechte Hand nach der Decke. Da sie sich nachts öfter frei strampelte, vermutete sie auch heute die Decke im Bereich ihrer Beine. Doch, - was war das? Simones rechter Ellenbogen berührte eine Wand und beim Versuch sich aufzurichten, stieß ihr Kopf gegen etwas Hartes. Reflexartig wollte sie ihren Kopf wieder in das weiche Kissen fallen lassen, jedoch knallte ihr Hinterkopf auf einen harten Untergrund. Panik erfasste Simones Bewusstsein. Wo war sie hier? War das einer der Alpträume, die sie seit einiger Zeit plagten? Sie streckte die Arme in die Höhe und stellte fest, dass ihre Hände, etwa vierzig Zentimeter über ihr, gegen Holzbretter stießen. Ihre Panik nahm zu, als sie links und rechts neben sich ebenfalls Bretter berührte. Simone schrie wie von Sinnen. War sie in einem Sarg? War sie lebendig begraben? Was war passiert? Sie trommelte wild mit den Händen und Füssen gegen die oberen und seitlichen Bretter des Verschlages. Tränen schossen ihr in die Augen und liefen ihr seitlich am Kopf herunter.

»Hilfe! – Hallo! –Hilfe!«, schrie sie so laut sie konnte, wobei sie nicht bemerkte, dass sie sich ihre Hände und ihre nackten Füße vom Schlagen an dem rauen Holz bereits blutig gerieben hatten. »Hallo, - ist da jemand? « rief sie in Panik immer lauter. Die Angst in ihr nahm weiter zu, gerade auch als ihr die Gedanken kamen, lebendig beerdigt worden zu sein. Neben ihren Kopfschmerzen merkte sie, wie sie immer mehr zu frieren begann. War es eine Reaktion des Körpers, der sich durch die hervorgerufene Situation, in der sie sich befand nun auf „Notreserve“ umschaltete? Simone wollte sich durch ein Umklammern des Körpers Wärme verschaffen, wobei sie feststellte, dass sie außer einem Slip und ihrem BH gar keine Kleidung anhatte. Hatte man sie fast nackt in einen Sarg gelegt und dann auf einem Friedhof beerdigt? Langsam glitten ihre zitternden Hände über ihren Körper, vom Hals ausgehend bis zum Bauch, wo sie dann innehielt. »Was ist das? « dachte sie, als sie etwas Feuchtes auf ihrem Bauch aber auch weiter unten im Bereich des Slips und den Oberschenkeln berührte. Simone musste würgen. Nur mit Mühe unterdrückte sie den Brechreiz. Hatte sich ein Perverser an ihr vergangen und hatte sich auf ihr ergossen? Oder war sie sogar von mehreren Männern auf abscheuliche Art missbraucht worden? Sie erinnerte sich an nichts. Einige Minuten vergingen. Nachdem Simone erkannte, dass die Schreie und Schläge gegen die Bretter keinen Sinn zu haben schienen, hielt sie inne und konzentrierte sich darauf, erst einmal zur Ruhe zu kommen und nachzudenken. Sie hob, immer noch auf dem Rücken liegend, ihren Hinterkopf etwas an und drückte ihr Kinn gegen den vorderen Bereich ihres Halses. Dabei schaute sie in die Richtung ihrer Füße und sah einen schmalen Lichtschein, der ihre Zehen umspielte. Zuerst glaubte sie, es wäre eine Wunschprojektion ihres Gehirns, aber der Lichtstrahl war Realität. Da sich Simones Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, nahm sie nun den Lichtschein und die schemenhaften Umrisse ihrer Beine wahr. Hoffnung machte sich um ihr Herz breit, da sie doch nicht beerdigt zu sein schien. Wieder schrie sie laut los. »Hilfe! - ist da jemand? Hilfe! Nach einer Weile sackte sie erneut von dem kraftraubenden Geschrei in sich zusammen. Da,- auf einmal hörte sie, wie von fern ein leises Wimmern.

»Hallo? – Ist da noch jemand? « nahm Simone eine leise, mädchenhaft wirkende Stimme wahr.

Simone schöpfte Hoffnung auf nahende Rettung und schrie: »Hier, - hier bin ich, in einer Kiste«. Sie stampfte wie wild mit der ihr verbliebenen Kraft immer und immer wieder mit ihren Füßen gegen den unteren Teil des, wie sie meinte, Holzsarges. Plötzlich merkte sie, dass ihre Bemühungen Erfolg hatten. Langsam gaben die Nägel der zusammengezimmerten Kiste nach und mehr Licht drang durch den größer werdenden Spalt am Fußende. Voller Zuversicht das „Gefängnis“ verlassen zu können, nahm sie alle Kraft zusammen und trat, wie von Sinnen, zu. Endlich hatte sie es geschafft! Gedämpfte Helligkeit flutete den Holzverschlag und Simone robbte ganz langsam auf dem Rücken liegend über die splitterhaltigen Bretter nach unten ins Freie, wobei sie in einen kalten großen mit hellgrauen Kacheln gefliesten Raum gelangte. Licht schimmerte durch schmale verglaste Lichtschächte, die unterhalb der Decke angebracht waren und bereits Jahre nicht mehr gereinigt worden waren.

*

Fünf Schüsse, schnell hintereinander abgefeuert, zerfetzten die Stille des frühen Samstagmorgens, der einer kalten Nacht wich. Die Schüsse hallten über den Dächern von Siegburg bis hin zum TÜV am Stallberg und weiter bis hin zur JVA am Brückberg und bis zum ICE-Bahnhof. Abgefeuert wurden die Schüsse auf halber Höhe des Michelsbergs, unweit vom „Johannistürmchen“ entfernt, aus einer „Beretta M951“, einer Selbstladepistole, die seinerzeit in Italien für die dortigen Streitkräfte entwickelt wurde. Sie konnten ihr Ziel nicht verfehlen, denn Wolfgang Lambrecht stand nur etwa vier Meter von der tödlichen Waffe entfernt, als der Abzug betätigt wurde. Lambrecht hatte noch gefleht:

»Man kann doch über alles reden, - ich mache alles wieder gut. Wieviel Geld willst Du? «

Es hatte keinen Einfluss mehr darauf gehabt, dass der Abzug der totbringenden Waffe betätigt wurde.

*

Thekla Sommer, Leiterin der Dienstgruppe II der Siegburger Mordkommission, hatte ihre Laufschuhe der Marke ACSIS angezogen und joggte auf dem Weg von ihrer Wohnung am Siegburger Stallberg in Richtung Siegburg Zentrum. Sie hatte ein mäßiges Lauftempo eingelegt. Ihre morgendlichen circa sieben Kilometer langen Runden zum Michelsberg hin, den sie dreimal umrundete, um wieder nach Hause zu laufen, sollten lediglich ihrer Ausdauer dienen, die sie in ihrem Job gelegentlich brauchte. Um sich dann noch auszupowern und Kampfsport zu trainieren, hatte sie sich in einem Siegburger Kick-Box-Center angemeldet, das sie hin und wieder aufsuchte. Als Thekla an diesem Morgen die Straße „Neuenhof“, an der Siegburger Feuerwache verließ, um zum Michelsberg und über den Rundweg zu laufen, der an der „Schlittenwiese“ vorbeiführte, auf der sich bereits Theklas Vater in seiner Kindheit im hohen Schnee vergnügt hatte, kam sie zu einem Tatort, der mit rot-weißem Flatterband bereits abgesperrt war. Die Kollegen der Spurensicherung in ihren weißen Overalls, gingen dort bereits ihrer Arbeit nach.

»Moment bitte«, meinte ein Streifenbeamter der Siegburger Polizeidienststelle und kam Thekla mit erhobener Hand entgegen, als diese das Plastikband hochhielt, um darunter hindurch, aufrecht zu gehen, »das ist ein Tatort, - Sie können hier nicht so einfach …«.

»Lass gut sein«, rief ihm ein älterer Kollege zu, der dem neuen Streifenkollegen, die ersten Tage seines Dienstes zugeteilt war, »das ist die Mordkommission, - wenn auch in Zivil«. Der Kollege winkte Thekla lächelnd zu. Thekla hob die Hand und grüßte zurück, blieb jedoch vor dem neuen Kollegen stehen, schaute ihm geradewegs in die Augen und meinte mit ausgestreckter Hand: »Guten Morgen Kollege, - Thekla Sommer, Mordkommission«.

Der Leiter der Spurensicherung machte Thekla auf die undeutliche Spurenlage rund um den Fundort der Leiche aufmerksam. »Wir haben hier sehr viele unterschiedliche Fußspuren«, meinte er, »aber das ist auch kein Wunder. Das hier«, er zeigte auf den wundervollen Ausblick über die Dächer von Siegburg, »lädt ja so manchen Spaziergänger und Jogger ein«. Er beugte sich wieder über den Toten.

Thekla ging näher zu dem Fundort, der dort liegenden Leiche. »Kann man schon etwas sagen? « fragte Thekla, obwohl ihr der Fall noch gar nicht zugeteilt war. Vor ihr lag ein Mann mittleren Alters, durchsiebt von mehreren Einschusslöchern.

*

Die letzten Tropfen heißen Wassers tröpfelten in das fein gemahlene Kaffeemehl. Robert Hanf, Theklas Lebensgefährte und gleichzeitig auch Kollege in der gleichen Dienstgruppe der Mordkommission, hatte frische Brötchen beim Bäcker um die Ecke besorgt. Er freute sich darauf, mit seiner Liebsten am bereits gedeckten Tisch, das Wochenende zu beginnen. Normalerweise lief Robert hin und wieder mit Thekla gemeinsam die Trainingsstrecke, doch nachdem es am Vorabend etwas spät geworden war, fühlte er sich heute Morgen zu müde. »Eins von den fünfzehn Warsteiner Pils muss wohl schlecht gewesen sein« dachte er, wobei er grinsen musste. Jeden Moment erwartete er Thekla zurück, doch statt der Türklingel, klingelte sein Handy.

»Schatz, - wo bleibst Du? Der Tisch ist gedeckt«, sprach er, bevor Thekla etwas sagen konnte.

»Das Frühstück muss warten«, entgegnete Thekla, »wir haben einen neuen Fall. Soeben hat mich Alfred angerufen und gebeten, einen möglichen Mordfall am Michelsberg zu übernehmen. Kurioserweise war ich bereits vor seinem Anruf am Fundort der Leiche. Die Spusi war bereits vor Ort, als ich auf meiner üblichen Laufstrecke hier ankam«.

»Kann uns Fred nicht einmal ein freies Wochenende gönnen? « maulte Robert ins Handy. Er wusste, dass Alfred Bollenkamp, der Leiter der drei Dienstgruppen der Mordkommission, die an der Frankfurter Straße in Siegburg untergebracht war, die Dienste an eine freie Dienstgruppe verteilen musste. Er wusste auch, dass Fred dabei immer sehr gerecht vorging. Dass es dieses Mal Theklas Team traf, war keine böse Absicht.

Robert dachte wieder an den gestrigen Abend. Sie waren auf der Verlobungsfeier eines uniformierten Kollegen, dessen Wache ebenfalls im Polizeipräsidium in Siegburg, wie auch die Kriminalpolizei, untergebracht ist. Zu der Feier waren neben den Kollegen der Wache und einige von der Kripo, etwa weitere fünfzehn Freunde des Paares eingeladen. Da die Feier im Garten der Braut stattfand, hatte man zur Verpflegung der Gäste einen mobilen Street-Foot-Wagen angeheuert. Unter dem Namen „Onkel Fritts“ hatten sich zwei clevere Bornheimer in Bornheim und dem Vorgebirge einen guten Namen gemacht, hochwertige Erzeugnisse zu leckeren und kreativen Snacks zuzubereiten. Ob Rheinischer Sauerbraten mit handgeschnittenen Pommes, mariniertes gegrilltes Schweinefleisch mit hausgemachtem Krautsalat oder Räucherlachs mit Zitronen-Majo mit Kräutern und Zitrone auf Pommes, - hier war für jeden Geschmack etwas dabei. Dazu war an dem Imbisswagen stets Kölsche Musik zu hören. Ein Dialekt, den die beiden Betreiber des Street-Foot Events ausgiebig pflegten. Nicht nur an festen Standorten, sondern auch zu verschiedenen Anlässen waren die Zwei buchbar, so eben auch hier bei der Verlobungsfeier.

Nachdem Robert aufgelegt hatte, räumte er eilig den bereits auf dem Frühstückstisch stehenden Frischkäse und die Wurst in den Kühlschrank. Bevor er den frischen Kaffee aus der Kanne in den Ausfluss kippte, nippte er noch an seiner Tasse. Dann machte er sich auf den Weg zu Thekla, die am Michaelsberg wartete. Thekla hatte die Kollegen der Dienstgruppe II., Peter Ludwig und Lisa Drollig bereits informiert und diese waren nun ebenfalls auf dem Weg zum Tatort. Lisa war vor einem halben Jahr nach Siegburg-Zange gezogen. Sie war es leid, ewig von Bonn aus über die viel befahrene Bundesstraße 8 und den Knotenpunkt Sankt Augustin zu fahren. Stets stand sie dort im Stau, wenn sie ins Polizeipräsidium nach Siegburg wollte. Heute nun war sie bereits nach wenigen Minuten bei Thekla. Sie hatte sich für die Fahrten innerhalb Siegburgs und der näheren Peripherie, einen Vespa Roller zugelegt. Thekla hatte zum Absuchen der näheren Umgebung noch einige Beamte der Polizeiwache angefordert. Bereits nach kurzer Zeit meldeten sich die uniformierten Beamten über Funk bei Thekla und den Kollegen der Mordkommission. Sie hatten etwa einhundert Meter vom Fundort der Leiche entfernt, eine weitere Leiche entdeckt. Unter dichtem und zur Abfuhr zusammengelegten Haufen abgesägter Äste und Reisig, lag der nackte Leichnam einer jungen Frau. Thekla eilte mit den Kollegen der Dienstgruppe II zur beschriebenen Stelle des Fundortes. Dort, unterhalb des zur Abtei Michaelsberg gehörenden Johannistürmchens, lag die junge Frau. Eine von Thekla sofort alarmierte zweite Abteilung der Spurensicherung, stellte nach kurzer Begutachtung des Fundortes fest, dass es sich vermutlich nicht um den Tatort handeln würde, da keinerlei