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Taylor M. Harris III. Abenteuerlustiger Milliardär aus New York, und seine langjährigen Freunde Sheila Armstrong und Mike Iron geraten durch Zufall an eine uralte, mysteriöse Karte. Der Versuch, die Geheimnisse dieser Karte zu enträtseln, führt sie zunächst in den Himalaya, wo es gilt, ein verborgen gelegenes Tal aufzuspüren. Doch was als Ziel ihrer Expedition gedacht war, entpuppt sich dort erst als Beginn eines unglaublichen Abenteuers, eines Abenteuers ‘Unter fremder Sonne’ Sci-Fi Abenteuer-Roman.
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Seitenzahl: 164
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Der hochgewachsene schlanke Mann stand nachdenklich vor den riesigen Fenstern seines Schlafzimmers und blickte hinaus in die Nacht über New York. Tausende und Abertausende von Lichtern in allen nur denkbaren Farben blinkten dort, täuschten einen falschen Tag vor, lockten mit Hundert wahren und unwahren Versprechen. Der Blick seiner stahlblauen Augen wanderte über die nächtliche Skyline. Noch immer vermisste er die markante Doppelsilhouette der Zwillingstürme des am 09.11.2001 von Terroristen zerstörten World Trade Centers. Bisher hatte es die Politik nicht vermocht, die schmerzliche Lücke im Körper der Riesenstadt, des Big Apple, zu schließen. Außer Ankündigungen und Beteuerungen war bisher tatsächlich noch nichts geschehen. Diese Untätigkeit ging dem blonden Mann mit den markanten, männlichen Gesichtszügen, gegen den Strich. Hätte man ihn damit beauftragt, dort, am Ground Zero, ein neues Gebäude, Fanal für den unbeugsamen Freiheitswillen der Amerikaner, zu errichten, THAR Buildings Inc. hätte diese Aufgabe innerhalb kürzester Zeit erledigt, und New York damit ein neues Wahrzeichen gehabt. Doch, wie so viele andere Dinge, es war ja noch nicht entschieden, wer wann was bauen sollte, durfte, würde.
Der blonde Mann seufzte. Damals, in jenem September des Jahres 2001, da schwappte eine Welle des »Wir«-Gefühls, des Miteinanders, der Solidarität nicht nur über die Bürger New Yorks hinweg. Für kurze Zeit konnte man glauben, die Menschen des Westens seien einander näher gerückt, eine neue Ära angebrochen. Doch die damalige amerikanische Regierung hatte es geschafft, die Menschen weiter auseinanderzubringen, als es jeder Terrorist vermocht hatte. Und jetzt, fast neun Jahre später, war eigentlich alles wieder so, wie es immer gewesen war, hier an den Ufern des Hudson Rivers, den Inseln wie Manhattan oder Staten Island, und am Atlantischen Ozean. War dies der Grund, warum es Zeiten gab, in denen der Mann in dem dunklen Zimmer die so genannte feine Gesellschaft nur schwer ertrug?
Auf sein Gesicht fiel nur ein schwacher Lichtschimmer, der aus den Straßenschluchten des Big Apple zu seinem Penthouse im 110. Stockwerk des Harris-Buildings empor drang.
Nachdenklichkeit spiegelte sich in seinen ebenmäßigen, schönen, wie aus Marmor gemeißelten Gesichtszügen. Und einige tiefe Falten auf der Stirn störten das sonst makellos glatte und reine Antlitz. Überhaupt wirkte die gesamte Erscheinung des Mannes sportlich durchtrainiert, ja geradezu athletisch.
Er hielt seine Arme vor der Brust verschränkt. Dass er dabei die Blüten der zart rosafarbenen Orchidee, die in der linken Brusttasche seines dunkel-violetten, tadellos geschnittenen Designer-Anzuges steckte, zerdrückte, schien ihn nicht im geringsten zu stören.
»New York...«, flüsterte er leise.
Der Big Apple - ein Stadtgigant und Menschen verschlingender Moloch!
Wie konnte man sich in einer derart hektischen und aufgewühlten Umgebung bloß wohl fühlen? Fiel es den anderen nicht auch schwer? Kaum jemand verstand es, dass er jede Möglichkeit nutzte, den Straßenschluchten und Menschen dieser Stadt zu entfliehen.
Ein weiteres Seufzen entrang sich aus dem Mund des Mannes, und es schien, als käme es aus den tiefsten Tiefen seiner Seele, dem Grunde all seiner Empfindungen, Sehnsüchte und Wünschen, emporgestiegen.
Leise öffnete sich die Tür des Schlafzimmers hinter ihm.
Der Mann bemerkte es zwar, machte jedoch keine Anstalten, sich umzudrehen und nachzuschauen.
Er schien es vorzuziehen, weiterhin hinaus in die Dunkelheit über New York City zu starren.
Warmer Lichtschein drang durch die nun geöffnete Tür in das dunkle Schlafzimmer herein. Ein Schatten tauchte in dem hell erleuchteten Rechteck auf.
»Mr. Harris, Sir?«
Die tiefe, wohltönende Bassstimme, die zu dem Schattenumriss gehörte, besaß einen drängenden Unterton. Aber auch dieser Umstand schien nicht weiter dazu angetan, den Mann am Fenster zu stören.
»Mr. Harris, Sir!«
Der Tonfall der Stimme wurde noch eine Spur drängender.
Endlich regte sich die Gestalt am anderen Zimmerende.
»Ich höre ja ...«, erwiderte sie, unwillig und knurrend.
»Was wollen Sie, Herbert?«
»Mr. Harris, Sir, es ist Zeit zu gehen. Die Party... man wird schon vermissen! Sie sollten los ... Ihr Chauffeur steht bereit.«
Der Angesprochene drehte sich zu dem großen, breitschultrigen und massiv wirkenden Mann in der Türöffnung um.
»Und wenn ich nun absolut keine Lust verspüre, dort hinzugehen?«, rief er, mit einer deutlichen Spur von Aggressivität in seiner Stimme. »Sie wissen doch genau, wie sehr ich alle Arten von gesellschaftlichen Verpflichtungen hasse. Und ganz besonders hasse ich diese Upper-Class-Parties! Das sind doch nur Ansammlungen reicher Hohlköpfe, die belangloses Blabla von sich geben und sich dabei unheimlich gebildet und erhaben vorkommen!«
Der zuvor als ›Herbert‹ angesprochene Mann stieß nun seinerseits ein verhaltenes Seufzen aus.
»Aber Mr. Harris«, meinte er kopfschüttelnd, »Diese Diskussion haben wir doch weiß Gott schon tausend Mal geführt. Als ihr Vater, Gott hab ihn selig, verschieden ist, hinterließ er Ihnen nicht nur ein stattliches Milliardenvermögen, Sie haben auch die Leitung der THAR Holding übernommen. Und dadurch eben auch ...«
»Auch die damit verbundenen, gesellschaftlichen Verpflichtungen«, fiel ihm Harris ins Wort. »Taylor M. Harris der Dritte, Industrietycoon und Partylöwe!«
Bitterkeit schwang in der Stimme von Harris mit.
»Ich kenne ja Ihre Einstellung zu diesen Dingen«, versuchte Herbert, beruhigend auf seinen Chef einzuwirken. »Doch diese Party wird schließlich von einem Ihrer wichtigsten Geschäftspartner gegeben. THAR Industries macht jedes Jahr Milliardenumsätze mit den Firmen von Mr. Richardson. Und deswegen sollten Sie sich dort zumindest für kurze Zeit sehen lassen. Sonst sagt man Ihnen womöglich noch Desinteresse für Ihre Firma nach.«
Taylor M. Harris seufzte erneut tief auf.
»In dem Fall höchstens Desinteresse für eine Firma. Es gibt ja noch THAR Buildings, TMH-Entertainment, THAR Logistics, THAR Developement and Research Foundation, THAR-Air, THAR Railways, THAR Financial, THAR Foods, und so weiter, und so fort!«
»In der Tat, Sir. Und mit diesen Firmen erwirtschaften Sie das Geld, welches Sie in jedem Jahr für unzählige karitativ tätige Vereine und Nothilfeeinrichtungen spenden.«
Taylor M. Harris III. hob in ergebener Geste seine beiden Hände.
»Schon gut, schon gut ... Sie haben gewonnen!«, gab er sich geschlagen. »Da ist man nun ein schwer reicher Industriemanager, und dann muss man sich von seinem Butler sagen lassen, worauf es ankommt. Herbert – Sie sind ein Ungeheuer!«
»Ich weiß, Sir«, erwiderte der blonde Hüne mit einem feinen Lächeln auf seinen Lippen. »Ihr Herr Vater pflegte dergleichen des öfteren zu mir zu sagen.«
»Na gut, dann bringen Sie mir schon meinen Mantel. Ich werde gehen... wenn auch nur unter Protest!«, schimpfte Harris. Allerdings musste er selbst dabei schmunzeln.
»Und nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich gedenke, mich gnadenlos zu betrinken!«, fügte er dann noch mit grimmig entschlossener Miene hinzu.
»Viel Erfolg dabei, und viel Vergnügen für den Tag danach«, lautete des Butlers kurze und trockene Antwort auf die ›drohende‹ Ankündigung seines Chefs.
Kurz darauf schloss sich die Tür des Penthouse hinter Harris. Aufatmend lehnte sich Herbert, der Butler, daneben gegen die Wand.
Das war wieder einmal geschafft!
Sein Boss und die Verpflichtungen der Gesellschaft – ein Verhältnis wie Feuer und Wasser. Kopfschüttelnd begab sich der Butler in die Küche, um einen kleinen Spätimbiss für seinen Chef vorzubereiten. Danach suchte er sein Zimmer auf. Er hatte vor, noch ein wenig Fern zu sehen, sich einen kühlen Drink zu genehmigen, um dann in aller Ruhe ins Bett zu gehen. Morgen wartete wieder ein langer Tag auf ihn, und er wusste aus Erfahrung, dass ein verkaterter Chef ein besonders anstrengender Chef zu sein pflegte.
Es kam, wie es Taylor M. Harris der III. im Voraus befürchtet hatte. Die vielen Menschen, die Reichen und die Schönen auf der Party, bedrückten ihn. Er kannte zwar viele von Ihnen persönlich, doch wenn es sich nicht gerade um geschäftliche Dinge handelte, wollte er in der Regel nichts mit diesen Leute zu tun haben.
Die Oberflächlichkeit der Gäste und der überwiegend nichtssagende Partytalk ödeten Ihn Abgrundtief an.
So hielt er sich meist gelangweilt irgendwo Abseits und nippte ab und zu an seinem Drink, einem viel zu süßen und noch dazu schlecht gemixten Mai Tai. Ein original Schottischer Whisky wäre ihm bedeutend lieber gewesen. Doch das konnte ihm hier nicht geboten werden. Aus irgendwelchen, kaum nachzuvollziehenden lokalpatriotischen Gründen gab es lediglich amerikanischen Bourbon. Damit konnte man Harris allerdings jagen!
Gelegentlich wechselte mit dem einen oder anderen Anwesenden der Höflichkeit halber ein paar belanglose Worte, während er in Gedanken überlegte, wie lange er wohl noch bleiben müsste, um nicht unhöflich zu erscheinen.
»Man sieht dir an, dass du dich absolut Königlich amüsierst«, erklang da plötzlich eine warme und volltönende, weibliche Stimme hinter ihm. »Etwas mehr Selbstbeherrschung in der Öffentlichkeit, mein lieber Taylor. Deine Gesichtszüge drohen zu entgleisen!«
Taylor Harris wirbelte herum und er erblickte die attraktive Erscheinung der Urheberin dieser Worte, einer 29-jährigen Frau. Feuerrotes, glänzendes Haar, das in dichten Locken bis auf die atemberaubenden, vom perfekt geschnittenen Kleid nicht verborgenen Schultern fiel, umwallte ein fröhlich lachendes, sommersprossiges Gesicht, aus dem ihm zwei intensiv grüne Augen frech zuzwinkerten.
»Sheila...!« ,rief er auf das Angenehmste überrascht aus.
Er breitete seine Arme aus, und die beiden umarmten sich zur Begrüßung.
»Sheila Armstrong – wo kommst du denn auf einmal her?«, erkundigte er sich dann bei seiner langjährigen Freundin, die er allerdings schon einige Wochen nicht mehr gesehen hatte.
»Ach du weißt ja, man sagt mir nach, dass ich das zweite Gesicht hätte«, erwiderte sie mit betont geheimnisvollem Unterton in ihrer Stimme.
»Hier dabei, oder zu Hause im Nachttisch?«, wollte Harris darauf frech grinsend von der unverkennbar Irisch stämmigen Frau wissen.
»Uff!«
Auch das kam von ihm. Diesmal als Reaktion auf den Rippenstoß, den ihm die Rothaarige versetzt hatte.
»Schuft!«, rief sie lachend. »Aber gut, dann will ich dir mal reinen Wein einschenken«, fügte sie noch hinzu.
»Ein kleines Vöglein der Gattung Herbertinum Butlerius hat mir da was zugeflüstert. Nämlich, dass es einen Ort gäbe, an dem sich Jemand, den ich persönlich gut kenne, gar entsetzlich langweilt. Und sozial eingestellt, wie ich nun mal bin, eilte ich sogleich zu dessen Errettung herbei.«
»Der immer um mein Wohl besorgte Herbert...«, schmunzelte Harris.
»Ich glaube, ich sollte endlich mal wieder sein Gehalt erhöhen.«
Etwas lauter und zu Sheila gewandt, sagte er dann:
»Damit scheinen wir den heutigen Abend ja doch noch gerettet zu haben. Hast du schon eine Idee, was wir damit anfangen?«
»Wir werden gepflegt Essen, Trinken und Tanzen gehen. Mike kennt ein fabelhaftes Restaurant. Er wartet übrigens unten vor dem Haus auf uns.«
Da ging ein fröhliches Strahlen über Taylors Gesicht.
»Mike?«, fragte er freudig überrascht nach.
»Mike Iron? Mein guter, alter Mike? Er ist auch hier? Das ist ja sagenhaft! Unsere Superclique wäre dann ja wieder einmal komplett. Das wird ja dann doch noch ein wundervoller Abend!«
Taylor M. Harris war wirklich begeistert. Mike Iron und er waren mehr als gute Freunde. Einige Jahre lang hatten sie sogar als feste Lebenspartner zusammen gelebt. Mike kam allerdings nicht gut damit zurecht, der Mann an der Seite eines Multimilliardärs zu sein. Das Leben in der Öffentlichkeit hatte ihm dabei nicht sonderlich behagt und sogar ziemlich zugesetzt. So trennten sich die Wege von ihm und Harris wieder. Doch trotz all dem verband sie nach wie vor eine innige Freundschaft. Mikes Beruf als Bodyguard brachte es allerdings mit sich, dass sich die Beiden oft Monate nicht sahen. Um so mehr freute es ihn, dass er jetzt unten vor dem Gebäude auf ihn und ihre gemeinsame Freundin wartete.
Taylor hakte sich bei Sheila ein. Anschließend schlenderten beide unauffällig in Richtung des Ausgangs. Nachdem sie sich noch einmal davon überzeugt hatten, dass niemand sie beachtete, schlüpften sie rasch durch die Tür hinaus und strebten den Aufzügen zu. In dem Trubel würde es vermutlich kaum auffallen, dass der Milliardär sich bereits von der Party verabschiedete.
Harris Mantel hing zwar noch in der Garderobe, aber es war zum einen nicht kalt draußen, und zum anderen konnte er am nächsten Morgen einen seiner vielen Angestellten vorbeischicken, um ihn abzuholen zu lassen.
Unten vor dem Haus trafen die zwei auf Mike Iron, der schon ungeduldig auf sie wartete.
Mike, dem man seinen Beruf eines Bodyguards ansah, von großer, bulliger und breitschultriger Erscheinung, begrüßte Taylors herzlich und mit einer ausgiebigen Umarmung.
»Es ist wunderbar, dass du auch dabei bist, Mike!«, rief Taylor über das ganze Gesicht strahlend aus. »Wir haben uns ja viel zu lange nicht mehr gesehen!«
»Ich freue mich auch, dich zu sehen, Taylor«, erwiderte der attraktiv aussehende Mann und grinste den Freund aus seinem schwarzen Vollbart heraus an.
»Es ist wirklich zu lange her, seit wir das letzte Mal ein wenig Zeit miteinander verbracht haben! Darum habe ich auch sofort ›Ja‹ gesagt, als die liebe Sheila mich anrief und mir vorschlug, dich von dieser langweiligen Party zu entführen. Zum Glück hatte ich auch die Zeit dazu, denn mein letztes Engagement ist gerade zu Ende gegangen, und ich konnte noch keinen neuen Job an Land ziehen.«
»Es freut mich wirklich wahnsinnig, Mike«, sagte Taylor zu seinem Freund.
»Wohin wollt ihr mich denn nun entführen?«, erkundigte er sich sodann. »Sheila hat da zwar bereits so ein paar Andeutungen gemacht, aber die Katze noch nicht so richtig aus dem Sack gelassen.«
Taylor strich sich mit seiner linken Hand über die kurz geschnittenen, dunkelblonden Haare und schaute dabei seinen Freund erwartungsvoll an.
Dieser grinste geheimnisvoll, was durch seinen kurz getrimmten, gepflegten, schwarzen Vollbart besonders gut zur Geltung kam. Er deutete mit dem Daumen seiner rechten Hand nach hinten über die Schulter.
»Da hinten, nur ein paar Häuserblocks weiter, gibt es ein urig-gemütliches Lokal.
Es heißt »The Smugglers Cave«, und ist absolut originell eingerichtet. So mit Schatztruhen, Fischernetzen, Wrackteilen. Die Räume selbst hat man wie richtige kleine Höhlen gestaltet. Das Essen dort ist einfach, aber Spitze! Zudem spielen die da immer recht gute Musik, und zwar mit verschiedenen Live-Bands. Nicht zu leise, aber auch nicht zu laut, so dass man sich beim reden anschreien müsste.«
Taylor nickte anerkennend.
»Von dem Lokal habe ich zwar noch nie etwas gehört, doch es hört sich ja wirklich gut an. Deine Schilderungen haben mich neugierig gemacht!«
Harris war tatsächlich sehr gespannt auf die Empfehlung seiner Freunde.
»Worauf warten wir dann noch?«, sagte Sheila auffordernd zu den beiden Männern. »Lasst uns endlich losgehen. Ich komme schon fast um vor Hunger, denn heute hatte ich noch nichts richtiges zum Essen gehabt. Nur einen kleinen Salat am Mittag.«
»Also, bevor du hier noch auf der Straße verhungerst, gehen wir lieber los«, meinte Harris lachend.
Er und Mike hakten sich links und rechts bei Sheila ein. Gut gelaunt, und sich dabei angeregt unterhaltend, marschierten die drei Freunde in Richtung von »The Smugglers Cave« los.
Sie waren nur einige Straßenzüge weit gekommen, als Sheila plötzlich wie angewurzelt stehen blieb Mike, der gerade die Speisekarte des anvisierten Lokals in den höchsten Tönen lobte, und Taylor reagierten nicht sofort. So machten die beiden noch einen Schritt weiter und zogen so die gemeinsame Freundin ein Stückchen mit sich mit.
»He Sheila, was ist? Warum gehst du denn nicht weiter?«, rief Taylor ihr fragend zu.
»Pst!«
Das gezischte Wort war die einzige Antwort, welche die beiden Männer von der schlanken Frau zu hören bekamen. Taylor und Mike sahen sich daraufhin erstaunt an.
»Was ist denn bloß auf einmal mit dir los?«
Mike warf ihr einen mehr als fragenden Blick zu. Taylor Harris musterte seine langjährige Freundin aufmerksam. Ihm entging nicht, dass sie in höchster Konzentration auf irgendetwas zu lauschen schien. Die drei New Yorker verharrten einige Momente in völliger Stille.
Schließlich zuckte Sheila mit ihren Schultern und ihr Gesichtsausdruck entspannte sich wieder.
»Nichts ...«, meinte sie dann nur lapidar.
»Was - Nichts?«
Der blonde Milliardär schüttelte nur verständnislos seinen Kopf. »Könntest du dich nicht ein bisschen genauer ausdrücken, meine Gute?«
»Ich dachte, ich hätte jemanden um Hilfe rufen hören«, erwiderte die rothaarige Frau ernst. »Aber anscheinend habe ich mich getäuscht - es hat sich nicht wiederholt.«
»Also, wenn da nichts ist, könnten wir dann eventuell weiter gehen?«, meinte Harris schließlich. »So langsam knurrt mir nämlich auch der Magen! Auf der Party gab es nichts gescheites zu essen. Nur so Schicki-Micki-Zeugs.«
Sheila und Mike nickten zustimmend, dann setzten sich alle Drei sich wieder in Richtung des Restaurants in Bewegung.
Sie waren noch keine vier Meter weit gegangen, als sie es dieses Mal alle hörten: In nicht all zu weiter Entfernung rief jemand in höchster Not um Hilfe!
»Das muss dort drüben aus der Seitenstraße gekommen sein!«, rief Taylor Harris alarmiert aus. Dabei zeigte er mit ausgestrecktem Arm auf eine dunkle Abzweigung auf der anderen Seite der breiten Hauptstraße.
»Los Leute, lasst uns sehen, was da vor sich geht!«, rief Mike den beiden Freunden zu, während er sich selbst schon in Bewegung setzte.
Die drei überquerten rasch die zu dieser Tageszeit wenig frequentierte Fahrbahn, um bald darauf in die schmale, nur spärlich beleuchtete Seitenstraße hinein zu laufen, die zu diversen Hintereingängen von den Häuserblocks rechts und links davon führte. Hier dominierten nicht die Lichter und der Glanz der Großstadt, hier lag das Reich der Müllcontainer und Schmuddelecken. Es lagen große Mengen Unrat auf dem Boden verstreut herum, Papierreste, alte Kartons, leere Getränkedosen und sonstiger Abfall. Hier und da schimmerte eine ölige Pfütze.
Trübe Lampen über den wenigen Hintereingängen von diversen Gebäuden spendeten kaum brauchbares Licht.
In einigen Metern Entfernung von den drei New Yorkern herrschte ein wildes Gerangel. Zwei Männer in dunkler Lederkleidung stand vornübergebeugt an einem der Hauseingänge. Beide schlugen mit nicht genau erkennbaren Gegenständen auf eine am Boden liegende Gestalt ein, bei der es sich um einen weiteren Mann zu handeln schien. Er lag dort in zusammengekrümmter Haltung und gab ein schauerliches Wimmern und Jammern von sich.
»Aufhören! Sofort damit aufhören! Lasst den Mann in Ruhe!«
Zornig hallte Taylor Harris Aufschrei durch die schmale Seitenstraße.
Noch im Laufen griff sich der schlanke und durchtrainierte Geschäftsmann einen Holzprügel, der gegen eine Hauswand lehnte, und warf ihn Sheila zu.
Die beiden finsteren Schläger schreckten auf und wirbelten herum. Jetzt konnte man erkennen, dass beide mit Baseballschlägern bewaffnet waren, die sie nun drohend gegen Taylor und Mike erhoben.
Mit einem Urschrei setzte Taylor Harris zu einem Kampfsprung an. Mit angewinkelten Armen und weit vorgestrecktem, rechten Bein schoss er auf einen der Angreifer zu. Mit voller Gewalt traf er das Handgelenk seines völlig überraschten Gegners.
Ein schmerzerfüllter Schrei hallte durch die Nacht und der Baseballschlägers des finsteren Typen wirbelte wie ein Propeller durch die Luft davon.
Harris, der wie eine Katze auf Finger- und Zehenspitzen landete, rappelte sich sofort wieder auf, um das Überraschungsmoment weiter für sich auszunutzen.
Wieder einmal kam ihm zu Gute, das er sich durch verschiedene asiatische Kampfsportarten körperlich fit hielt und schon mehrere schwarze Gürtel errungen hatte.
Während er seinen Gegner heftig attackierte, hatte sich Mike Iron auf den zweiten Angreifer gestürzt. Durch seinen Beruf als Bodyguard befand er sich ebenfalls ständig im Training und war vor allem auch im Nahkampf trainiert. Er deckte den Gegner vor ihm mit einer Reihe von heftigen und gezielten Faustschlägen ein.
Allerdings setzte sich der bullige Typ, ein richtiger Schläger mit unsympathischen Narbengesicht, auch recht heftig zur Wehr.
»Mistkerl«, rief Mike keuchend, während er mit seinem Gegner rang. »Dir werde ich es zeigen. Alte Männer zusammenschlagen. Das machst du nicht nochmal!«
Er setzte zu einer neuen Reihe von starken und schnellen Schlägen an, die dem Angreifer förmlich die Luft aus seinen Lungen trieb.
Es gelang ihm den Baseballschläger aus den Händen des miesen Kerls zu winden.
In hohem Bogen warf Mike diesen hinter sich, verbesserte so seine Position. Dann bereitete er sich darauf vor, den Schläger vollends Schachmatt zu setzen.
Unterdessen kümmerte sich Sheila Armstrong um den am Boden kauernden Mann.
Seine Verwundungen schienen ziemlich schwer zu sein. Er blutete aus vielen kleinen und größeren Platzwunden, aus seinem linken Ohr und auch aus seinem Mundwinkel rann ein dünner, roter Strom von dunkelrotem Blut hervor.
Sein Atem ging schwer. Ein Röcheln und Pfeifen begleitete jedes Luft holen, was die junge Frau mit größter Besorgnis zur Kenntnis nahm. Sheila, die in ihrer Freizeit oft freiwilligen Sanitätsdienst bei verschiedenen Hilfsorganisationen verrichtete, hegte die schlimmsten Befürchtungen. Für den Alten sah es wirklich nicht gut aus, das war Sheila schon nach wenigen Augenblicken klar.