Osterglocken - Nataly von Eschstruth - E-Book

Osterglocken E-Book

Nataly von Eschstruth

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Beschreibung

Der junge Heinrich Selke hat mit Gott, der Menschheit, kurzum: dem Leben abgeschlossen. Er ist in jeder Beziehung am Ende und sucht nichts mehr als den Tod. Verzweifelt im Dreck liegend, dem Hungertod nahe und das Ende erwartend hört er plötzlich vom Dorf her den Klang der österlichen Glocken. "Wunderlich – es ist, als ob der Klang eine Stimme wär',– eine Stimme vom Himmel, die ruft unaufhörlich – komm – komm – komm! Ruft sie auch ihn, den Verirrten und Verlorenen?" Nataly von Eschstruths ergreifende Novelle gibt auch dem Leser neuen Mut und dokumentiert eindrucksvoll, dass es nie zu spät für Umkehr und Rettung ist.-

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Seitenzahl: 20

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Nataly von Eschstruth

Osterglocken

Novelle

Saga

Osterglocken

German

© 1901 Nataly von Eschstruth

Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

All rights reserved

ISBN: 9788711487457

1. Ebook-Auflage, 2016

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

Osterglocken

Er richtete sich schwerfällig auf und starrte mit schlaftrunkenen Augen um sich her, — gähnte ein-, zweimal und schüttelte die Stroh- und Heuhalme aus dem verwilderten Haar und Bart.

Und dann rang sich ein Aufstöhnen aus seiner Brust. Er hatte geträumt, — nur geträumt, dass er wie ehedem in seinem Bett gelegen, ein Dach zu Häupten, ein Frühstück auf dem Tisch, anständige Kleider am Nagel und ein Portemonnaie in der Tasche ....

Ein Fluch klang zischend über die schmalen, farblosen Lippen, mit kurzem, wutendem Ruck richtete er sich empor und schleuderte die Heubündel von sich. —

Jetzt war er erwacht, und er sah sein ganzes, bitteres Elend wieder vor Augen.

Wie ein Stück Vieh war er in einem Heuschober untergekrochen, Lumpen auf dem Leibe, nagenden Hunger im Leibe und keinen Heller Geld im Beutel, ein Strolch, ein verkommener, elender, tief gesunkener Mensch!

Wie ein scharfes Hohnlachen schrillt’s aus seinem Munde. Er rafft sich empor, packt den schweren Knotenstock und blickt um sich her.

Milde, strahlende Frühlingssonne. Die nahen Berge prangen im winterlich grünen Tannenkleide, überhaucht von zartwallenden Duftschleiern, welche ihre hochragenden Häupter mit dem lichten Himmelsgrau zu verschmelzen scheinen.

Maigrüne Felder ziehen ihre zarten Streifen an den Berghängen empor und breiten sich im schmalen Thal zu künstlichem Teppich aus, zwischen dessen Saatmuster üppige Wiesen in junger Frühlingspracht leuchten.

Und mitten in diesem herrlichen Bild prangt das schmucke Dörfchen dicht vor ihm, mit roten Ziegeldächern durch knospende Baumzweige lachend, kräuselnde Rauchwolken über den Schornsteinen, ein freundlich helles Kirchlein auf freiem Platz.

Der verkommene Mensch vor dem Heuschober kneift die geschwollenen Augen zusammen und blinzelt mit hasserfülltem Blick über die friedliche Gotteswelt und Stätte wohnlichen Behagens hin, dann setzt er sich langsam wieder auf das Heu nieder und stützt ingrimmig das hagere Gesicht auf die Fäuste.