Perry Rhodan 162: Der Tod eines Kriegers (Silberband) - Perry Rhodan - E-Book

Perry Rhodan 162: Der Tod eines Kriegers (Silberband) E-Book

Perry Rhodan

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Beschreibung

Die Ewigen Krieger stammen aus den fernen Galaxien der Superintelligenz ESTARTU und herrschen in der Milchstraße. Doch immer mehr Galaktiker wehren sich gegen sie. So stellen sich die Haluter gegen Sotho Tyg Ian, den Anführer der Besatzungstruppen. Zur gleichen Zeit schmiedet der geheimnisvolle Große Bruder eine neue Koalition. Unter seiner Federführung bereitet sich der Widerstand auf einen Schlag vor, der die Macht des Sothos entscheidend schwächen soll. Auch in der kleinen Galaxis Fornax spitzt sich die Lage zu. Galaktiker sind auf der Spur der mysteriösen Wissenden. Was wissen die heimlichen Herrscher über die katzenähnlichen Kartanin? Was sind ihre düsteren Geheimnisse?

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Nr. 162

Der Tod eines Kriegers

Cover

Klappentext

1. Der Diapath

2. Brennpunkt Big Planet

3. Hygorasch

4. Rebellion der Haluter

5. Der Rosebud-Effekt

6. Gefangen im Raumfort

7. Gestrandet auf Halut

8. PALADIN VI

9. Der Große Bruder

10. Peregrin

11. Maakar über Kabarei

12. Gegenschlag der Kartanin

13. Testlauf

14. Ein alter Bekannter

15. Der Tod eines Kriegers

16. Jagd auf die Wissenden

17. Die geheimnisvolle Stadt

18. Das Geheimnis der Wissenden

Nachwort

Zeittafel

Impressum

Die Ewigen Krieger stammen aus den fernen Galaxien der Superintelligenz ESTARTU und herrschen in der Milchstraße. Doch immer mehr Galaktiker wehren sich gegen sie.

So stellen sich die Haluter gegen Sotho Tyg Ian, den Anführer der Besatzungstruppen. Zur gleichen Zeit schmiedet der geheimnisvolle Große Bruder eine neue Koalition. Unter seiner Federführung bereitet sich der Widerstand auf einen Schlag vor, der die Macht des Sothos entscheidend schwächen soll.

1. Der Diapath

»Wann sind wir in BERGEN?«, fragte Julian Tifflor den Kommandanten des Walzenraumers OSFAR I.

Captain Ahab schritt vor ihm auf und ab. Dabei bewegte er sich mit Seitwärtsschritten wie ein Krebs. »In etwa fünf Stunden«, antwortete er. »Du hast also noch Zeit.«

»Ich geh zu dem Kleinen«, sagte Tiff. »Es geht ihm nicht gut, und vielleicht kann ich ihm helfen.«

Er verließ die Zentrale, um zu dem Blue Tirzo zu gehen, der eine Kabine im mittleren Bereich des Walzenraumers bewohnte.

Er dachte daran, dass im Kosmischen Basar BERGEN eine Sondersitzung der Galaktischen Räte einberufen worden war. Der Grund dafür waren die Informationen, die ein Parateam unter seiner Leitung vom SOTHOM der Tschomolungma-Upanishad geliefert hatte. Sie besagten, dass Sotho Tyg Ian einen Anschlag auf die Blues-Völker plante. Tifflor war bei der Auswertung der Informationen zu dem Ergebnis gekommen, dass Tyg Ian aus Estartu die Unterstützung eines Ewigen Kriegers mitsamt dessen Tross angefordert hatte.

Wir müssen mit einer Flotte von wenigstens 50.000 Schiffen rechnen, sagte er sich.

Diese Flotte sollte offenbar in der Eastside dafür sorgen, dass die Blues in den Permanenten Konflikt gerissen wurden. Stygian spekulierte fraglos mit den kriegerischen Urinstinkten der Blues. Er konnte zudem damit rechnen, dass das Galaktikum den Blues im Fall einer Auseinandersetzung zu Hilfe kam, sodass er dies als Vorwand nutzen konnte, sein gesamtes Kriegspotenzial einzusetzen und sich die Milchstraße endgültig zu unterwerfen.

Doch Sotho Tyg Ian wäre nicht der Stygian, wenn er sich nicht noch eine zusätzliche Teufelei ausgedacht hätte, machte sich Tiff bewusst.

In den vom Parateam erbeuteten Informationen befand sich eine Anmerkung des Sothos. Sie lautete: Ich werde den Blues-Völkern ein Geschenk machen, das sie einfach nicht ablehnen können.

Worum es sich bei diesem »Geschenk« handelte, hatte die Group Organic Independence nicht in Erfahrung gebracht. Tifflor und einige andere Mitglieder der GOI vermuteten, dass es sich um ein Hightech-Gerät aus Estartu handelte, das den Blues das Leben schwer machen sollte.

Und so waren sie auf dem Weg zum Kosmischen Basar. Sie hätten ihn ohne Weiteres mit einem Transmitter erreichen können. Doch sie mussten davon ausgehen, dass Tyg Ian der Krisensitzung des Galaktischen Rats sein besonderes Augenmerk schenken würde. Daher hatten Nia und er – als meistgesuchte Gois – die zeitraubendere, aber auch sicherere Beförderungsart mit der OSFAR I gewählt. Sie wollten das Treffen als unsichtbare Zuschauer aus dem Hintergrund beobachten und nötigenfalls beeinflussen.

Tiff betrat die Kabine des Blues. Erschrocken blickte er auf den Diapathen, der in eigenartig verkrümmter Haltung auf seinem Bett lag und Arme und Beine schlaff von sich streckte.

»Was ist los?«, fragte er bestürzt.

Tirzo blickte ihn teilnahmslos an. Tiff glaubte jedoch, so etwas wie Trauer in seinen Augen erkennen zu können.

»Lass mich in Ruhe«, bat Tirzo. »Ich werde mich schon wieder erholen.«

Er war 1,92 m groß und eine durchschnittliche Erscheinung ohne besondere körperliche Merkmale. Ungewöhnlich an ihm war allerdings, dass er am 30. Dezember 428 NGZ auf Gatas geboren worden war, und zwar in dem Augenblick, in dem Perry Rhodan dieses Chronofossil aktiviert hatte.

Schon bald war klar geworden, dass Tirzo eine künstlerische Ader hatte. Mit 14 Jahren war er in die Kunstakademie von Gatas aufgenommen worden, wo er sein großes Talent bei der Gestaltung von phantasievollen Holografien unter Beweis gestellt hatte.

Als er während des Studiums der Kunstgeschichte auf die Psychode der Prä-Zwotter aufmerksam wurde, hatte er den Entschluss gefasst, selbst solche Psychode zu erschaffen. Dieses Ziel verfolgte er noch immer. Er wollte es mithilfe von Paratau-Tropfen erreichen. Grund dafür war, dass er zufällig in den Besitz eines Tropfens dieses Psichogons gekommen und dabei in einen rauschähnlichen Zustand verfallen war.

Julian Tifflor erinnerte sich daran, dass Tirzo über einen Mäzen später tatsächlich an drei Dutzend Tropfen Paratau gekommen war. Der Blue hatte sie alle auf einmal zur spontanen Deflagration gebracht – und dabei fast den Verstand verloren.

Tirzo war nach Aralon gebracht worden, doch die Aras hatten ihm nicht helfen können. Er hatte sich wie ein Schlafwandler bewegt und nur im Ultraschallbereich gesprochen. Es hatte den Anschein gehabt, als sei sein Geist in einer anderen Dimension gefangen gewesen.

Captain Ahab – tatsächlich Stalker – war auf Tirzo aufmerksam geworden. Er hatte ihn an das Parateam der GOI vermittelt. Und in CLARK FLIPPER war Tirzo mit Paratau behandelt und mithilfe des Psichogons in die Wirklichkeit zurückgeholt worden. Seine Fähigkeit aber, in andere Dimensionen zu sehen, hatte er behalten. Durch dieses Talent hatte er quasi eine Wesensverwandtschaft mit den Nakken erworben. Er konnte ebenso wie diese in psionische Kraftfeldlinien hineinblicken und hineinhorchen.

Tirzos Fähigkeit, die sich nur im Zusammenhang mit Paratau entfaltete, wurde als Diapathie bezeichnet.

Julian Tifflor fragte sich, ob der Blue einen Rückfall erlitten hatte und wie er ihm helfen konnte. »Wir sind bald in BERGEN«, sagte er. »Spielt das eine Rolle für dich?«

»Nein. Überhaupt nicht«, antwortete der Blue.

»Worum geht es dann?«

»Um meine Mutter«, stammelte Tirzo. »Ich brauche sie.«

Tifflor glaubte, sich verhört zu haben. »Du willst mich auf den Arm nehmen, Tirzo.«

»Nein. Wirklich nicht. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist, aber ich habe das Gefühl, ich verliere meinen Verstand, wenn ich nicht mit meiner Mutter reden kann.«

Tifflor erhob sich. Er war ratlos. »Dir ist doch klar, dass es so gut wie unmöglich ist, deine Mutter zu finden? Du hast sie nie zu Gesicht bekommen.«

»Das ist es ja, was mich quält. Aber ich brauche sie.«

Julian Tifflor blickte auf, als Captain Ahab in die Kabine trat. In der Maske des Mossek ban Osfar war Stalker 1,89 Meter groß, breitschultrig und stämmig gebaut. Er hatte feuerrotes Haar, das ihm lockig bis auf die Schultern fiel, und einen ebenso roten Vollbart, in den er bunte Ornamente eingeflochten hatte. Seine Kleidung wirkte protzig, und seine Stimme war tief und dröhnend.

»Was ist los mit dem Kleinen?«, fragte er. »Wir sind bald am Ziel. Wir werden eine Reihe von Großcontainern ausladen. Darin könnt ihr euch verstecken. Ihr werdet von eingeweihten Hausangestellten in ein geheimes Quartier gebracht.«

Tifflor blickte den Blue an. Jemand anderes musste sich um ihn kümmern. Er konnte im Moment nichts für ihn tun.

»Vom Quartier aus könnt ihr die Konferenz beobachten und mit den Galaktischen Räten Kontakt aufnehmen«, fuhr Captain Ahab fort. Er nahm nicht die geringste Rücksicht auf Tirzo, der sich gequält die Hände an den Kopf legte.

Tifflor unterrichtete Stalker über den Zustand des Blues, konnte jedoch kein Mitgefühl bei ihm erzeugen. Er lachte laut auf und schlug Tirzo eine Hand auf die Schulter. »Lass nur, Kleiner«, rief er. »Wenn es nötig ist, werde ich dir Mutter sein!«

Damit führte er Tifflor hinaus.

»Ich mache mir wirklich Sorgen um ihn«, erklärte der Terraner.

»Ich auch«, gab Captain Ahab mit gedämpfter Stimme zu, »aber das muss ich ihm ja nicht so deutlich zeigen. Ich werde es mit Paratau versuchen. Ich habe noch einige Tropfen. Vielleicht hilft das.«

Er lachte erneut auf und verabschiedete sich an einem Antigravschacht von Tifflor. Er wollte nicht auf BERGEN bleiben, sondern sich für einige Tage vom Handelsstützpunkt entfernen.

Als Julian Tifflor in den Antigravschacht stieg, glitt Nia Selegris zu ihm heran. Ihre grünen Augen blitzten auf. »Alles klar, Tiff?«. Sie lachte. »Ahab scheint ja bester Laune zu sein.«

»Das scheint nur so«, entgegnete er. »Ich glaube, unter der Maske sieht es etwas anders aus.«

»Das ist allerdings wahr.« Sie lachte erneut. »Und ich bin froh, dass Ahab sich uns nicht ohne Maske zeigt. Ich habe keine Lust, den verkrüppelten Rücken und die anderen Verunstaltungen zu sehen.«

»Die äußerliche Erscheinung Stalkers meinte ich nicht«, stellte er richtig. »Ich dachte daran, wie es im Innern Stalkers aussieht. Er hasst Stygian abgrundtief und plant immerzu, wie er ihn eines Tages stellen und im Zweikampf töten wird.«

»Ja, davon bin ich überzeugt.« Geschmeidig verließ Nia den Antigravschacht vor ihm. »Und wenn er das geschafft hat, wird er nach Estartu zurückkehren und die Suche nach der gleichnamigen Superintelligenz aufnehmen, um sie zu veranlassen, für Ordnung in ihrer Mächtigkeitsballung zu sorgen. Ich glaube, seit er durch Fazzy Slutch von der Abwesenheit ESTARTUS erfahren hat, lässt ihn dieser Gedanke nicht mehr los.«

Nach dem Kampf mit Stygian war Stalker auf Tahun behandelt worden, doch er hatte nicht die Geduld gehabt, so lange zu bleiben, bis er vollständig wiederhergestellt war. Er war geschrumpft und besaß keinen Psi-Pressor mehr. Das Hohlkreuz war von drei höckerartigen Wucherungen ausgefüllt, und die rechte Schulter hing tiefer als die linke. Die Höhle des rechten Auges war nicht mehr dreieckig, sondern rund, und das nunmehr starr blickende Auge quoll leicht aus der Höhle hervor. Seine Beine wirkten auf groteske Weise verdreht, und er konnte nur noch seitwärts gehen wie ein Krebs. Nach wie vor aber verfügte er über große körperliche Kräfte, und er war für jeden, der gegen ihn antrat, ein nahezu unüberwindlicher Gegner.

Er hätte mit den Mitteln der modernen Medizin vollständig wiederhergestellt werden können. Doch Stalker wollte nicht. Er verstand seine neue Gestalt als Hinweis darauf, dass er seinen bisherigen Weg verlassen und neue Wege beschreiten musste. War er früher ein Kämpfer und ein Intrigant, war er nunmehr in erster Linie ein Intrigant, der nur noch in Ausnahmefällen kämpfte.

Mit diesen Gedanken stieg Tifflor in den geöffneten Container, der mit allerlei kleineren Behältern beladen war. Nia setzte sich zu ihm auf eine Kiste.

Der Container wurde geschlossen. Gleich darauf wurde die OSFAR I in den Kosmischen Basar eingeschleust, und die Entladung begann. Die Container wurden von Antigravneutralisatoren aus dem Schiff gehoben. Keine vier Minuten verstrichen, und der Behälter öffnete sich wieder. Ein schmächtiger Terraner trat auf Tifflor und Nia zu.

»Ich bin Aaran Aran«, stellte er sich vor. »Ich werde euch zu eurem Quartier bringen. Bitte, beeilt euch! Wir können die Lagerhalle jetzt ungesehen verlassen, aber gleich wird hier allerlei los sein.«

Sie verließen den Container, liefen zu einer roten Tür und eilten dann über einen Gang bis zu einer wartenden Liftkabine. Darin rasten sie einige Decks tiefer bis mitten in eine Halle, in der Waren aus allen Teilen der Galaxis gelagert wurden. Über eine Treppe ging es in eine Wohneinheit, die mit einer Vielzahl von Kommunikationsgeräten ausgestattet war.

»Von hier aus könnt ihr die Konferenz beobachten«, erläuterte Aaran Aran. Er drückte einige Tasten an der Wand, und ein Bild, das bisher die abstrakte Darstellung eines weiblichen Gesichts gezeigt hatte, wurde zum Fenster, durch das sie in den Konferenzraum sehen konnten.

»Auf der anderen Seite ist eine Platte, die sich durch nichts von den anderen Platten zu unterscheiden scheint, die für die Verschalung des Raumes genommen wurden«, erklärte der Helfer. »Sie ist nur von dieser Seite durchsichtig.«

Tifflor nickte nur.

»Sheela Rogard wird euch in etwa einer Stunde hier aufsuchen«, eröffnete ihnen Aaran.

Sheela Rogard, die ehemalige Erste Terranerin, saß für Terra im Galaktikum. Erster Terraner war Blake Gordon, der Perry Rhodan als Hanse-Sprecher vertreten hatte. Während Aaran Aran den Raum verließ, blickte Nia durch das Fenster in den großen Versammlungsraum des Galaktikums, zu dem mittlerweile genau 400 Völker der Milchstraße gehörten.

Auch die Vertreter der die Milchstraße begleitenden Kugelsternhaufen hatten ihren Sitz im Galaktikum, ebenso die Posbis von der Hundertsonnenwelt. Die Porleyter waren jedoch nicht vertreten. Nia dachte daran, dass der Kugelsternhaufen M 3, der Lebensbereich der Porleyter, besonders stark von dem psionischen Leuchtfeuer, der sogenannten Kriegerfaust, betroffen war.

Ganz in der Nähe des Spionfensters befand sich der Platz des Vorsitzenden Pratt Montmanor, der Gründungsmitglied des Galaktikums war. Er war einige Schritte von den Sitzen der anderen Galaktischen Räte entfernt.

Zurzeit hielten sich nur wenige Räte im Saal auf. Nia erkannte den Blue Pryit, den Arkoniden Barnon und die Terranerin Sheela Rogard in einer Gruppe von anderen Galaktischen Räten, die ihr unbekannt waren.

»Es sind einige schon recht alte Gesichter dabei«, stellte sie fest. »Ich dachte, es würden mehr neue Kräfte auftauchen. Manchen Völkern würde frisches Blut guttun.«

»Das überlassen wir jedem Volk selbst«, erwiderte Tiff. »Wie du weißt, gibt es keine allgemein festgelegten Wahlperioden. Jedes Mitgliedsvolk entscheidet, in welchem Rhythmus seine Vertreter ins Galaktikum gewählt werden.«

»Ich sehe keinen Haluter.«

Julian Tifflor kam zu ihr und blickte ebenfalls durch das Fenster in den Saal, der sich allmählich füllte. »Das wundert mich nicht«, entgegnete er. »Die Haluter sind ungeduldig. Sie wollen Taten sehen und nicht mehr länger diskutieren, sie wollen aktiv werden, um der Gefahr so schnell und so hart wie möglich zu begegnen.«

»Dann sollte Ovo Jambor gerade hier sein. Wie kann er seine Forderung deutlich machen, wenn er nicht in der Konferenz erscheint?«

Julian Tifflor lächelte. »Ovo Jambor bereitet seinen Auftritt sorgfältig vor. Er weiß, dass es schwer, wenn nicht gar unmöglich ist, das Galaktikum zu einer gemeinsamen militärischen Aktion zu veranlassen. Er wird genau zu dem Zeitpunkt in der Konferenz erscheinen, zu dem er die größte Wirkung für seine Vorstellungen erreichen kann.«

»Da bin ich aber gespannt.«

»Noch wissen nur wenige Galaktische Räte, was die GOI über die Bedrohung der Eastside herausgefunden hat. Sheela Rogard ist informiert worden. Und sie hat ihr Wissen sicherlich an einige der Räte weitergegeben. Erst heute wird sie der Konferenz eröffnen, was wir herausgefunden haben. Ich bin sicher, dass ihre Rede wie eine Bombe einschlagen wird.«

Er blickte auf sein Chronometer. Es zeigte den 5. April 446 an. »Wir haben die Informationen vor vier Wochen beschafft und somit Zeit genug für die Auswertung und schließlich die Einberufung der Krisensitzung des Galaktikums gehabt. Was wir Sheela in die Hand gegeben haben, ist nicht zu widerlegen.«

Er ging zum Kommunikationspult und schaltete die Geräte ein. Mithilfe von Monitoren konnte er jedes einzelne Mitglied des Galaktikums gesondert beobachten und abhören. Angeschlossene Aufzeichnungsmaschinen hielten jedes Wort fest, sodass sie nicht zu befürchten brauchten, dass ihnen etwas entgehen würde.

»Was glaubst du, was dabei herauskommt?«, fragte Nia.

Captain Ahab verließ den Kosmischen Basar BERGEN sofort wieder, als er seine Fracht entladen und einige Frachtstücke für den Weitertransport übernommen hatte.

Als der neue Kurs anlag und das Schiff beschleunigte, suchte er Tirzo auf. Er fand den jungen Blue in einer völlig veränderten Verfassung vor.

Als Ahab die Tür zu der Kabine öffnete, dröhnte ihm rhythmische Musik entgegen. Sie war selbst ihm zu laut, doch er konnte sie nicht leiser stellen, denn zwischen ihm und dem Beschallungsgerät hüpfte Tirzo ausgelassen herum. Er wirbelte ein Seil so schnell um seinen Körper, dass der Kommandant der OSFAR I es kaum sehen konnte.

»Hallo, Captain Ahab!«, rief er atemlos und hüpfte weiter über das Seil. »Ist alles klar?«

»Ich habe deine Mutter gefunden.«

Der Blue quietschte laut vor Vergnügen. »So ein Blödsinn!«, rief er. »Du weißt doch genau, dass ich keinen Bock auf sie habe.«

Diese Redeweise war ungewöhnlich für Tirzo, und Ahab konnte sich nicht vorstellen, dass der Junge so schnell vergessen haben sollte, dass er noch vor kaum einer Stunde unter der Sehnsucht nach seiner Mutter gelitten hatte.

»Ich wäre fast auf dich hereingefallen«, sagte er.

Tirzo fing das Seil ab und warf es auf sein Bett. Dann ging er in die Hygienekabine und übergoss sich mit eiskaltem Wasser. Er schüttelte sich vor Vergnügen, trocknete sich im Luftstrom ab und streifte sich eine Kombination über.

»Was ist los mit dir, Captain Ahab?«, fragte er. »Du redest wirres Zeug.«

»Hast du vergessen, in welchem Zustand du vor einer Stunde warst?«

Tirzo legte den Kopf schief, als könne er nicht gut hören. »Wovon redest du eigentlich?«

»Mit anderen Worten: Du hast vergessen, was mit dir los war.«

Tirzo stellte die Musik leiser. »Heiß«, sagte er bewundernd. »Ungeheuer heiß. Dieser Rhythmus haut mich um. Du bist völlig unmusikalisch, was?«

»Ich habe eine andere Auffassung von Musik. Und ein anderes Gehör.«

»Na ja! Du bist ein alter Mann. Das erklärt alles.«

Captain Ahab blieb nach wie vor ruhig. Aufmerksam beobachtete er den jungen Blue

»Um das klarzustellen, Tirzo«, sagte er. »Wir sind auf dem Kurs zu einem Ziel, an dem uns eine schwere Aufgabe erwartet. Die schwerste wahrscheinlich, die wir bisher zu bewältigen hatten.«

»Wir?«

»Wir werden zusammenarbeiten, aber die Hauptlast wird auf deinen Schultern liegen.«

»Ich verstehe.« Tirzo tänzelte leicht hin und her. Er schnippte im Rhythmus der Musik mit den Fingern.

»Das bezweifle ich. Hör zu. Was ich vorhabe, kann nur gelingen, wenn du dich durch nichts ablenken lässt.«

»Ich bin hundert Prozent da«, behauptete der Blue.

Ahab schaltete die Lautsprecher ab. »Entweder reden wir in Ruhe miteinander oder überhaupt nicht«, sagte er, und seine Stimme wurde etwas lauter, als er beabsichtigt hatte.

Tirzo verschränkte die Arme vor der Brust. Wieder legte er den Kopf zur Seite und blickte den Kommandanten forschend an. »In fünf Minuten in der Messe«, schlug er vor. »Ich habe einen Hunger wie ein Haluter nach der Drangwäsche.«

»Also gut. Wir treffen uns beim Essen. In fünf Minuten.«

»Aber klar doch. Ich bin da. Mach dir bloß keine Sorgen. Ich bin immer pünktlich.«

Der Blue begleitete ihn zur Tür und beteuerte noch einmal, dass er in wenigen Minuten in der Messe sein würde.

Als Tirzo zehn Minuten später in die Messe kam, wartete Ahab bereits voller Ungeduld auf ihn.

»Ach du meine Güte, bin ich wieder unpünktlich«, seufzte der Blue theatralisch und strich sich affektiert mit den Fingern unter dem Tellerkopf entlang. Er blickte den Kommandanten der OSFAR I mit seinen vorderen Augen an. »Es sind aber auch so viele nette Leute unterwegs, mit denen man ein paar Worte plaudern muss.«

»Ich kann auch andere Saiten aufziehen, mein Lieber!«, fuhr Captain Ahab ihn an.

»Nicht doch«, seufzte Tirzo. »Diese Töne ertrage ich heute nicht.«

Stalker fuhr sich mit beiden Händen an den Bart und zerrte so heftig daran, dass die darin eingeflochtenen Ornamente zu Boden fielen.

»Mag sein, dass du dir in der Rolle eines abseitigen Blues gefällst«, fuhr er Tirzo an. »Mir gefällt das nicht. Schluss damit!«

»Ich glaube, ich gehe wieder ins Bett. Ich fühle mich nicht gut. Entschuldige mich.«

Tirzo wollte aufstehen und weggehen, doch Ahab packte ihn am Arm und hielt ihn fest.

»Du bleibst hier. Schluss mit dem Theater! Du irrst dich, wenn du glaubst, dass du mich zum Narren halten kannst.«

»Du machst heute so auf Macho-Typ. Das gefällt mir nicht.«

Captain Ahab legte beide Hände auf den Tisch. Er blickte den Blue durchdringend an, und plötzlich erfasste er, dass Tirzo nicht Herr seiner selbst war. Etwas nahm Einfluss auf ihn und ließ ihn mal in Gefühlen der Einsamkeit versinken, mal zum übermütigen Jungen werden, der nichts anderes im Kopf hatte als Musik, um ihm dann wieder eine andere, völlig neue Rolle aufzuzwingen.

»Ich habe ein gewaltiges Problem zu lösen, Tirzo«, sagte er so ruhig, als wäre nichts vorgefallen. »Und ich schaffe es auf gar keinen Fall ohne dich. Mir ist jetzt klar, dass irgendetwas oder irgendjemand dich beeinflusst, und das müssen wir ändern. Dazu brauche ich deine Hilfe. Jetzt sofort.«

Er legte einige Paratau-Tropfen auf den Tisch.

Der Blue blickte ihn verständnislos an. »Was soll ich damit?«

»Nimm sie und befreie dich.«

»Ich bin frei.« Tirzo schnippte die Tropfen mit den Fingern vom Tisch, erhob sich und ging, bevor Ahab es verhindern konnte.

Ahab fand Tirzo im Syntro-Schulungsraum, in dem sich jeder an Bord weiterbilden konnte. »Was machst du da?«, fragte er.

»Ich informiere mich über die Geschichte meines Volkes«, erwiderte der Blue. »Es ist wirklich interessant. Wusstest du, dass es schon siebenhundert Jahre vor der ersten Begegnung mit den Terranern einen Astrophysiker gegeben hat, der alle Einzelheiten dieses Zusammentreffens vorausgesagt hat?«

»Das wusste ich nicht«, erwiderte Ahab. Er setzte sich zu dem Jungen. »Ist auch nicht so wichtig.«

»Dir vielleicht nicht. Mir schon. Ich interessiere mich für das Ego-Problem eines solchen Blues.«

»Was bezeichnest du als Ego-Problem?«

»Du willst es wirklich wissen?«

»Sonst hätte ich nicht gefragt.«

»Also gut.« Wie beschwörend hob Tirzo die Hände, um die Wirkung seiner Worte zu erhöhen. »Nehmen wir an, du wüsstest plötzlich, wie ein Teil der Zukunft aussieht, und du möchtest dein Wissen anderen mitteilen.«

»Das kann ich nicht, denn wenn ich es tue, beeinflusse ich die Zukunft und verändere damit die Wahrscheinlichkeiten. Wenn ich den Leuten sage, wie die Zukunft wird, bewirke ich, dass sie darauf reagieren. Das hätte zur Folge, dass die Zukunft anders wird. Eben nicht so, wie ich sie vorausgesehen habe.«

»Das Ego-Problem«, stimmte Tirzo befriedigt zu. »Ich kann mich selbst und mein Wissen nicht so darstellen, wie ich es möchte, weil ich den Beweis für die Richtigkeit meiner Erkenntnisse damit vernichten würde.«

»Und das beschäftigt dich?«

»Ich habe selbst das Gefühl, zeitweilig in die Zukunft sehen zu können. Ich habe das niemals zuvor gekonnt. Mir ist, als wäre da draußen im Weltall irgendein Wesen, das auf geistiger Basis Verbindung mit mir aufgenommen hat und mir eine Welt erschließt, die mir vorher verborgen war.«

»Vielleicht gibt es wirklich irgendwo eine Kraft, die eine mentale Verbindung zu dir sucht, um Teil deiner Persönlichkeit zu werden. Wenn es so ist, solltest du dich dagegen wehren und dich dieser Kraft nicht derart naiv öffnen. Sie könnte dich überwältigen, und dann ist es zu spät für dich.«

»Du hast Angst, dass mich jemand übernehmen könnte?«

»So ungefähr. Das darf auf keinen Fall passieren. Ich möchte, dass es den Blue Tirzo auch morgen noch gibt.«

»Danke!«, erwiderte Tirzo. Er schien gerührt ob dieses Sympathiebeweises.

»Ich habe schon versucht, dir zu erklären, dass eine schwierige Aufgabe vor uns liegt.«

»Verzeih, Ahab. Ich habe nicht zugehört.«

»Deshalb versuche ich es jetzt noch einmal.«

»Was hast du vor?«

»Wir sind auf dem Weg nach Big Planet oder Terzrock, wie diese Welt auch genannt wird.«

Die Augen des Blues weiteten sich. »Du willst Domo Sokrat befreien?«

»Genau das habe ich vor.«

»Aber das ist unmöglich. Big Planet liegt unter einem undurchdringlichen Quarantäneschirm, seit Sotho Tyg Ian dich dort verprü...« Tirzo hüstelte erschrocken. »Ich meine, seit du dort mit deinem Nachfolger gekämpft hast.«

Captain Ahab schloss die Augen und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, als sei er unendlich müde.

»Ja«, sagte der Kommandant der OSFAR I. »Big Planet liegt unter einem Quarantäneschirm. Das ist das Problem. Ihn müssen wir überwinden, wenn wir Domo Sokrat befreien wollen.«

»Aber das ist unmöglich.«

»Ich habe einen Plan«, erwiderte Captain Ahab. Er strich sich über den feuerroten Bart. »Du weißt, dass es auf Big Planet zwei Pyramiden gibt, die mit dem Teleport-System zu tun haben.«

»Ja, das ist mir bekannt.«

»Du bist Diapath, Tirzo.«

»Ja, das bin ich, aber was hat das damit zu tun?«

»Als Diapath kannst du in psionische Kraftlinien hineinsehen oder hineinhorchen. Du kannst mit deinen Sinnen in andere Dimensionen eindringen.«

»Ja, das ist richtig.«

»Sobald wir in der Nähe von Big Planet sind, wirst du in das Psi-Netz des Teleport-Systems hineinlauschen und Domo Sokrats Teleport-Code herausfinden.«

Tirzo ließ sich in seinem Sessel zurücksinken.

»Weißt du, was du da von mir verlangst? Im Psi-Netz des Teleport-Systems sind bestimmt Tausende von Codes gespeichert. Wie kommst du auf den Gedanken, dass ich ausgerechnet den von Domo Sokrat herausfinden kann?«

»Es ist eine Frage der Konzentration und des Willens. Du wirst es schaffen, Tirzo.«

»Bist du sicher, dass Domo Sokrat einen Teleportgürtel hat und dass er über ihn erreichbar ist?«

»Ganz sicher, Tirzo.« Ahab lächelte. »Ich kenne Domo Sokrat gut genug.«

»Wann erreichen wir das Terz-Tos-System?«

»In zehn Stunden.«

Ein dumpfes Röcheln entrang sich der Kehle von Domo Sokrat. Sonnenhelle Energiestrahlen zuckten zwischen ihm und dem Archäologen Benk Monz hin und her. Es sah nicht so aus, als ob er ihm helfen konnte.

Benk Monz wirbelte um seine Achse. Er streckte die vier Arme Halt suchend aus, prallte dabei mehrfach mit den Fäusten gegen senkrecht aufsteigende Metallsäulen, erreichte jedoch so gut wie nichts. Die Falle gab ihn nicht mehr frei.

Es sah ganz so aus, als sei der von langer Hand vorbereitete Versuch, den Planeten Terzrock zu verlassen, gescheitert.

15 Jahre lang lebte Domo Sokrat bereits auf diesem Planeten in einer Art Verbannung. Oft hatte er versucht, aus dieser Welt auszubrechen, es war ihm nicht gelungen. Sein einziger Erfolg war es bislang gewesen, Benk Monz wiederzufinden, den er in den Höhlen aus den Augen verloren hatte. Seitdem waren die beiden unzertrennlich.

Seit Stalker den Kampf gegen Sotho Tyg Ian verloren hatte, lag der »Big Planet« unter einem Quarantäneschirm, der nur in einer Richtung durchlässig war. Raumschiffe konnten auf Terzrock landen, aber den Planeten nicht wieder verlassen.

Sokrat musste daran denken, dass Sotho Tyg Ian überzeugt war, Stalker sei noch immer auf Terzrock. Dabei hatte dieser den Planeten noch vor der Errichtung des Quarantäneschirms verlassen können.

Der Haluter kannte viele, die es ebenfalls versucht hatten und von denen er nie wieder gehört hatte. Gerüchte besagten, dass sie entweder am Energieschirm oder an den Wachstationen gescheitert waren, die sich in einer Umlaufbahn um Terzrock befanden.

Auf Terzrock konnte sich jeder frei bewegen, denn Stygian hatte das Teleport-System eingeführt. Den Gürtel dazu musste man sich jedoch erkämpfen. Domo Sokrat hatte es getan, Benk Monz auch. Das war der erste Schritt gewesen.

Auf dem Raumhafen von Chosmort hatte Stygian eine etwa 1000 Meter hohe Dreikantpyramide errichtet. Sie trug das Symbol für den »Dritten Weg« – ein durch drei Pfeile dreigeteiltes, gleichschenkeliges Dreieck. Darin befand sich ein Labyrinth mit allen nur erdenklichen Fallen. Wer es schaffte, sich durch dieses Labyrinth zu kämpfen, erhielt im Zentrum den Teleportgürtel, wurde registriert, ins psionische Teleport-Netz integriert und konnte danach beliebig auf Big Planet teleportieren. Es war allerdings nicht möglich, sich mitten in diese Pyramide oder in die von Gularr zu versetzen oder auf dem gleichen Weg zu verschwinden.

In der Zeit der Quarantäne hatten sich etwa 10.000 Terzrocker – Haluter und Gurrads – auf diese Weise einen Teleportgürtel verschafft. Sokrat hatte Gerüchte gehört, dass sich auch die STAR WARRIORS unter der Leitung von Major Tom Fox an dieser Aufgabe versucht hatten – und wohl gescheitert waren, da man nie wieder von ihnen gehört hatte.

Dem Haluter kam es mittlerweile auf den nächsten Schritt an.

Stygian hatte eine zweite Pyramide bauen lassen. Sie stand bei der Handelsniederlassung Gularr, und sie sollte eine Doppelfunktion haben. Wollte man den Gerüchten glauben, handelte es sich zum einen um die syntronische Bodenstation für das Teleport-System und zum anderen um den Projektorturm für die Aggregate des Quarantäneschirms.

Immer wieder hatten Terzrocker versucht, diesen zweiten Schritt zu gehen. Sie waren nie wieder gesehen worden. Im Innern der Gularr-Pyramide befand sich ein unübersehbares Gewirr von Todesfallen.

Er wandelte die Molekularstruktur seines Körpers um und stürzte sich auf Benk Monz, um ihm zu helfen. Die beiden Haluter prallten dröhnend zusammen und rollten einige Meter weit über den Boden bis an eine Wand. Ein Metalldorn schoss von der Decke herab und schlug krachend gegen den Nacken Domo Sokrats, ohne ihn verletzen zu können.

Sokrat schlug mit einer Faust nach dem Dorn und zertrümmerte ihn. »Sind Sie in Ordnung?«, fragte er den Archäologen.

»Weitgehend«, antwortete Benk Monz. Er richtete sich stöhnend auf. »Ich war nur ein wenig geblendet, sonst hätte ich mir wohl selbst helfen können.«

Domo Sokrat glaubte nicht daran, dass die Gularr-Pyramide wirklich nur eine Todesfalle war. Wer die Chosmort-Pyramide bewältigte, wurde mit einem Teleportgürtel belohnt. Warum sollte es für den bestandenen Kampf gegen diese Pyramide nicht auch eine Belohnung geben? Alles andere hätte den Prinzipien des Kriegerkults widersprochen.

»Was ist los?«, fragte Tirzo. »Warum unterbrechen wir den Flug? Es sind erst zwei Stunden vergangen seit unserem Gespräch. Wir können unmöglich schon im Terz-Tos-System sein.«

Er hatte Captain Ahab abgefangen, als dieser an seiner Kabine vorbeikam. Da Ahab nicht stehen blieb, folgte er ihm bis zu einem der großen Hangars im mittleren Bereich des Walzenraumers.

»Wir halten nicht. Wir bewegen uns noch immer mit etwa hundertzwanzigtausend Kilometern in der Sekunde durch den Raum.«

»Warum beantwortest du meine Frage nicht? Du weißt doch genau, was ich wissen will.«

Ahab lachte dröhnend. »Wir haben eine kleine Tauschaktion vor.« Sie betraten den Hangar, und Tirzo sah drei bärtige Terraner, die einem Raumgleiter entstiegen waren. Aus dem Frachtraum des Transportgeräts schwebte ein kleiner Container.

»Es sind haargenau tausend Paratau-Tropfen«, erklärte einer der Terraner. Er war ein großer, grobschlächtiger Mann mit tief liegenden Augen.

Schwarzhändler aus dem Fornaxsystem, dachte der Blue. Deshalb hat Captain Ahab den Flug unterbrochen.

»Ihr erhaltet Hightech-Gerät wie abgesprochen dafür«, erwiderte Stalker. Er deutete auf zwei Transportbehälter, die in der Nähe standen. Er begrüßte die drei Männer mit Handschlag und sprach einige Minuten lang mit ihnen. Da Tirzo einige Schritte von ihnen entfernt blieb, verstand er nicht, worüber sie redeten. Schließlich stiegen die Schwarzhändler wieder in ihre Maschine, Ahab ließ die Paratau-Tropfen von einem Roboter wegbringen, dann verließ er zusammen mit Tirzo den Hangar. Der Raumgleiter startete.

»Für wen sind die Paratau-Tropfen?«, fragte Tirzo, als sie sich seiner Kabine näherten.

»Für die GOI«, antwortete Captain Ahab. »Das heißt, eigentlich für den Großen Bruder. Und das war nur ein kleiner Teil der Menge, die wir beschaffen werden. Insgesamt werden wir 15 Tonnen Paratau übernehmen.«

»Der Große Bruder? Wer ist das?«

Stalker antwortete nicht. Er ging weiter, und er schien nicht zu bemerken, dass der Blue ihm nicht mehr folgte.

Vor ihnen lag eine Treppe, die in allen Farben des Regenbogens schillerte. Sie führte in sanftem Bogen nach oben. Vorsichtig stiegen sie hinauf.

Auf einem kleinen Absatz blieb Benk Monz stehen und schaltete den Antigrav seines Kampfanzugs ein. Sein Armgerät zeigte an, dass der Antigrav arbeitete, aber seine Füße hoben nicht vom Boden ab.

»Es hat keinen Zweck«, stellte Domo Sokrat fest. »Wir können nicht fliegen. Wir müssen gehen.«

Monz machte wenig später mit seinen infrarotempfindlichen Augen einige Stufen aus, die eine höhere Temperatur hatten als die Stufen davor und danach. »Sicherlich eine Falle, aber was für eine?«

Sokrat verharrte unschlüssig auf der Stelle. »Der Sotho weiß, dass wir die Temperaturunterschiede sehen können«, überlegte er. »Also kann es keine Falle für uns sein. Sie ist für Gurrads gedacht, denen die Wärmedifferenz nicht auffällt.«

»Oder wir Haluter sollen dazu verleitet werden, sie zu überspringen, damit wir bei den nachfolgenden Stufen umso sicherer in einer Falle landen.«

»Genau das ist es«, stimmte Domo Sokrat zu. Mit einem mächtigen Satz sprang er auf die erwärmten Stufen, stieß sich kraftvoll von ihnen ab und flog über die nächsten zehn Stufen hinweg. Er landete krachend auf der Treppe, in der plötzlich mehrere Stufen fehlten. An ihrer Stelle gähnte ein schwarzes Loch.

Domo Sokrat hastete einige Stufen weiter und drehte sich dann um. Zufrieden lachend entblößte er die Doppelreihe seiner kegelförmigen Zähne.

»Viel hätte nicht gefehlt, und wir wären mitten in die Falle gesprungen«, sagte Benk Monz erschrocken. Mit einem weiten Satz überwand er die Lücke in der Treppe.

»Wir müssen mit dem Experiment beginnen«, sagte Captain Ahab. »Wir haben das Terz-Tos-System erreicht.«

»Das ist schön«, erwiderte Tirzo. Er lag bäuchlings auf dem Boden und malte ein ausschließlich in blauen Farben gehaltenes Bild eines Blues auf den Bodenbelag.

»Hörst du mir überhaupt zu?«, fragte Stalker.

»Nein.«

Ahab packte den Jungen bei den Schultern und zog ihn energisch hoch.

»Schluss jetzt mit dem Blödsinn!«, forderte er ärgerlich. »Du scheinst vergessen zu haben, um was es geht.«

»Das habe ich nicht.«

»Dann wirst du dich jetzt auf deine Aufgabe konzentrieren.«

»Das tue ich die ganze Zeit.«

Ahab blickte ihn verblüfft an. »Was willst du damit sagen? Hast du dich etwa auf die Suche nach Domo Sokrat gemacht, während du hier auf dem Boden gelegen und gemalt hast?«

»Ich habe mich auf mein künstlerisches Werk konzentriert. Und wenn du nicht darauf herumtrampeln würdest, hättest du gesehen, dass es höchsten Ansprüchen genügt.«

Stalker schritt seitlich gehend zu einem Sessel und setzte sich. Er wirkte nun ganz ruhig.

»Ich dachte, wir hätten diese Phase überwunden, Kleiner.«

»Ich weiß nicht, wovon du sprichst.« Tirzo ließ sich wieder auf den Boden sinken, um die Schäden zu beseitigen, die Ahab an seinem Bild angerichtet hatte.

»Ich meine, jenes Wesen, das Einfluss auf dich zu nehmen versucht und das, wie ich sehe, dabei recht erfolgreich ist.«

Tirzo unterbrach seine Arbeit am Bild. Er richtete sich auf und setzte sich auf sein Bett. Verwirrt fuhr er sich mit den Händen über die Augen. »Es will nicht, dass ich suche«, sagte er überrascht. Er blickte mit sichtlicher Verlegenheit auf das Bild, als werde er sich erst bewusst, dass es da war. Er sprang auf und eilte in der Kabine hin und her, und es schien, als befreie er sich mit jedem Schritt ein wenig mehr von dem Unbekannten, das ihn beeinflusste.

»Es will nicht, dass du Domo Sokrat suchst?«, forschte Ahab. »Bist du sicher?«

Tirzo blieb stehen. Er faltete die Hände. Seine Blicke waren in die Ferne gerichtet. »Ich bin völlig in Ordnung«, versicherte er. »Ich habe dieses Wesen zurückgedrängt. Es ist eigenartig ... fremdartig. Ich kann es nicht erklären«

Ahab fasste einen Entschluss. »Wir werden uns durch dieses Wesen nicht aufhalten lassen. Wahrscheinlich hat es mit unserem Projekt nichts zu tun. Wir werden uns auf das konzentrieren, was für uns wirklich wichtig ist.«

»Domo Sokrat.«

»Richtig! Wir haben das Terz-Tos-System erreicht und dringen langsam darin ein. Du wirst deine Aufmerksamkeit auf den Satelliten richten, der sich auf einer geostationären Laufbahn um Terzrock befindet. Der erste Schritt wird sein, herauszufinden, welchen Code der Teleportgürtel von Domo Sokrat hat.«

»Und du bist dir sicher, dass ich das herausfinden kann?«

»Du wirst es schaffen, Tirzo. Du bist Diapath. Du kannst in das psionische Netzwerk hineinblicken. Du wirst den Code finden. Und dann wirst du dem Haluter eine Nachricht zukommen lassen.«

»Was für eine Nachricht?«

»Du wirst ihn auffordern, in das Herz der Gularr-Pyramide einzudringen, und ihm in Aussicht stellen, dass er befreit werden wird.«

Tirzo kratzte sich am Kopf. Er schien Bedenken gegen den Plan zu haben.

»Keine Sorge«, lächelte Captain Ahab. »Domo Sokrat wird sofort wissen, von wem die Nachricht kommt, wenn du sie so formulierst, wie ich will.«

»Also gut. Ich versuche es.«

Tirzo entnahm einem Sicherheitsbehälter zwei Paratau-Tropfen, legte sich auf sein Bett und schloss die Augen. Seine Hände ruhten kurz an seinen Seiten, schoben sich dann jedoch zum Kopf und legten sich dagegen.

Ahab ließ den Blue nicht aus den Augen. Er spürte die Willenskraft des Jungen. Er konnte nur ahnen, wie sich die diapathischen Sinne Tirzos an den Satelliten von Terzrock herantasteten und in das psionische Netzwerk eintauchten, um dort die gesuchten Informationen zu finden.

2. Brennpunkt Big Planet

Domo Sokrat blieb zögernd stehen, als er einen Tunnel erreichte, dessen gerundete Wände in ständig wechselnden Farben leuchteten. Es sah aus, als sei diese Wegstrecke mit pulsierendem Leben erfüllt.

Über 20 Fallen hatten sie in den letzten Stunden passiert, ohne dass es zu einem gefährlichen Zwischenfall gekommen wäre. Noch aber waren sie weit vom Herzen der Pyramide entfernt.

Sie beobachteten das Wechselspiel der Farben einige Sekunden lang, dann nickte Sokrat. »Es ist eine Sprache«, erklärte er. »Eine syntronische Sprache. Wir müssen herausfinden, was dieser Tunnel uns mitteilen will.«

»Helfen will er uns wohl kaum.« Der Archäologe lehnte sich gegen die Wand und kreuzte die vier Arme vor dem Körper. »Es ist eine Falle, und sie sieht mir viel zu harmlos aus.«

»Natürlich ist sie gefährlich«, erwiderte Sokrat. »Aber wir werden mit ihr fertig.«

»Fangen wir an. Ich bin gespannt, welche Botschaft diese Farbimpulse enthalten.«

Die beiden Haluter konzentrierten sich unabhängig voneinander auf die Impulse, und es gelang ihnen nach einigen Minuten angestrengter Arbeit, Teile der Botschaft zu entziffern.

»Der Tunnel fordert uns auf, weiterzumachen«, sagte Benk Monz überrascht.

»Er möchte ein Gespräch mit uns.« Domo Sokrat ließ sich auf den Boden sinken. Er war hellwach und voller Argwohn. Je länger er sich mit dem Tunnel beschäftigte, desto sicherer war er, dass es sich um eine Falle handelte, die versuchte, ihre Aufmerksamkeit einzuschläfern. Sie war wie ein lebendes Wesen, das mitdachte und auf sie zu reagieren vermochte.

Die Planhirne der beiden Haluter arbeiteten wie positronische Computer. Sie konnten zahllose Informationen in Bruchteilen von Sekunden aufnehmen und verwerten, ohne dass es sich dabei um bewusste Denkvorgänge handelte. Sie öffneten sich der Impulsfülle, und die daraus resultierenden Erkenntnisse der unterschiedlichsten Art lagen bereits Sekundenbruchteile später vor.

Domo Sokrat und der Archäologe gingen vorsichtig auf die Wünsche des Tunnels ein. Sie nahmen die Farbimpulse in sich auf und reagierten mit entsprechenden Antworten darauf.

»Ihr wisst mittlerweile, welchem Zweck diese Pyramide dient«, stellte der Tunnel mit schillerndem Farbenspiel fest.

»Nein«, schwindelte Domo Sokrat. »Wir wissen es nicht, aber wir haben unsere Vermutungen.«

»Ihr seid weit vorgedrungen, und wenn ihr so weitermacht wie bisher, werdet ihr das Herz der Pyramide erreichen«, übersetzten sie das Farbenspiel des Tunnels, das immer schneller wurde. Mühelos hielten die beiden Haluter der Beschleunigung stand. »Wenn ihr das Herz der Pyramide erreicht, werdet ihr zu einem Satelliten außerhalb des Quarantäneschirms abgestrahlt.«

Das war nichts Neues. Doch die beiden Haluter hüteten sich, ihr Wissen preiszugeben.

»Damit erwerbt ihr euch das Recht auf eine Upanishad-Ausbildung.« Der Ton der Mitteilung wurde noch vertraulicher als zuvor.

Domo Sokrat stutzte. Wieso diese Vertraulichkeit? Warum sprach der Tunnel sie nicht mit dem gewohnten »Sie« an?

Er blickte Benk Monz an. Der Archäologe hatte glasige Augen. Er schien nicht mehr zu wissen, wo er war.

Und plötzlich begriff Sokrat. »Nein!«, brüllte er, packte den Freund und riss ihn mit aller Gewalt zurück. Zusammen mit ihm stürzte er nach hinten und rollte einige Meter weit durch den Gang, durch den sie gekommen waren. Monz schlug in seinem Schrecken unwillkürlich um sich, doch Sokrat umklammerte ihn mit allen vier Armen, sodass er sich nicht mehr rühren konnte.

»Was ist los?«, stammelte der Archäologe.

»Die Falle! Es ist eine teuflische Falle«, keuchte Domo Sokrat. »Sie lullt uns langsam ein. Ich bin sicher, dass sie uns ein Virus eingeben wird, wenn wir noch mehr auf sie eingehen.«

»Ein Virus?«, fragte Benk Monz. »Was meinen Sie damit?«

»Einen Löschbefehl«, antwortete Domo Sokrat mit schwankender Stimme. Ihm war anzuhören, dass ihm der Schrecken in die Glieder gefahren war.

»Ich verstehe noch immer nicht. Was für einen Löschbefehl?«

Der Archäologe löste sich aus den Armen des Freundes, richtete sich auf und ließ sich mit den Schultern gegen die Wand des Ganges sinken. Er war sichtlich verwirrt und hatte Mühe, in die Wirklichkeit zurückzufinden.

»Es ist ganz einfach«, erläuterte Sokrat. »Der Tunnel will uns das Gefühl verleihen, dass er uns wichtige Informationen gibt. Er will uns dazu verführen, mehr und mehr Fragen zu stellen, damit er entsprechend antworten kann. Und dann – irgendwann, wenn wir nicht mehr aufpassen – schickt er uns ein Killer-Virus. Damit löscht er alles in unseren Gehirnen gespeicherte Wissen.«

Benk Monz ließ sich in die Hocke sinken. Er blickte mit verengten Augen auf den schillernden Tunnel. »Jetzt sind es überwiegend blaue und graue Farbtöne«, stellte er mit bebender Stimme fest. »Die Falle ist enttäuscht.«

Ihm war anzumerken, wie erschrocken er war. Die Umgebung seiner drei Augen war hellgrau geworden, und über seinen hornigen Lippen hatten sich tiefe Falten gebildet.

»Nur nicht einschüchtern lassen«, sagte Domo Sokrat. »Wir haben es noch rechtzeitig gemerkt.«

Er ging auf den Tunnel zu.

»Was haben Sie vor?«, fragte Monz.

»Wir gehen weiter«, sagte Sokrat entschlossen. »Wir halten uns nicht mit dem Tunnel auf.«

Er stürmte in den Tunnel hinein, doch dann schien es plötzlich, als sei er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Er stolperte und stürzte krachend zu Boden.

In ihm klang eine Stimme auf. Ich befreie dich, mein Freund, vernahm er.

Im ersten Moment glaubte Domo Sokrat an eine Falle. Er rappelte sich auf und stürzte erneut zu Boden, als der Archäologe gegen ihn prallte.

»Es ist eine Falle!«, schrie Benk Monz und gab damit zu verstehen, dass er die Worte ebenfalls vernommen hatte. »Es muss eine sein.«

Er half Domo Sokrat auf und rannte mit ihm weiter bis an das Ende des farbenprächtigen Tunnels. Ein Schott öffnete sich vor ihnen, und sie taumelten in einen Antigravschacht, der sie einige Meter weit in die Höhe trug und dann in einen kreisrunden Raum entließ. Die beiden Haluter blieben stehen und blickten sich an.

»Ich war fest davon überzeugt, dass es eine Falle ist«, erklärte der Archäologe. »Ich wollte nur so schnell wie möglich hinaus aus dem Tunnel.«

»Zunächst habe ich es auch geglaubt«, entgegnete Domo Sokrat. »Doch jetzt bin ich nicht mehr davon überzeugt. Dieses eigenartige Wort mein Freund erinnert mich an Stalker.«

»Niemand weiß, ob er noch lebt.«

»Er könnte sich von dem Kampf mit Stygian erholt haben«, meinte Sokrat.

Benk Monz lachte plötzlich. »Das wäre eine höchst peinliche Situation für seinen Nachfolger«, sagte er. »Es wäre durchaus möglich, dass es Stalker noch gibt.«

»Dann wäre er es, der uns befreien will.«

»Der Domo Sokrat befreien will«, verbesserte der Archäologe.

»Da gibt es keinen Unterschied«, beteuerte Domo Sokrat. »Entweder das Versprechen betrifft uns beide oder keinen von uns.«

»Ich nehme an, ihr habt gehört, dass es zu einer Kontroverse zwischen den Halutern und den Blues gekommen ist?«, fragte Sheela Rogard, die Galaktische Rätin der LFT. Sie saß Julian Tifflor und Nia Selegris gegenüber.

»Pryit zweifelt an der Echtheit der Informationen«, erwiderte Nia Selegris. »Es ist uns nicht gelungen, ihn zu überzeugen. Die Haluter hingegen sind ungeduldig. Sie würden am liebsten sofort losschlagen.«

»Das kann ich mir denken«, sagte Sheela Rogard. Das grün gefärbte Haar schmiegte sich in weichen Locken um ihr ebenmäßiges Gesicht. Sie war Wortführerin der »Kosmopoliten« gewesen, einer terranischen Bewegung, die Terra und die Liga Freier Terraner als Teil des Galaktikums betrachtete, die eine enge, gleichberechtigte Zusammenarbeit mit allen Völkern der Milchstraße anstrebte und vor allem die Kosmische Hanse der Kontrolle des Galaktikums unterwerfen wollte. Die Ziele dieser Gruppe waren weitgehend erreicht, wenngleich noch nicht so, wie Sheela Rogard es sich vorgestellt hatte.

»Ich glaube nicht, dass die Haluter diesmal stillhalten werden«, fügte Julian Tifflor hinzu. »Ihre Geduld wurde zu arg strapaziert. Wir sollten da vermitteln.«

»Ich bin dankbar für die Informationen, die ihr uns geliefert habt«, stellte Sheela Rogard fest. »Ihr habt gute Arbeit geleistet.«

»Danke!« Nia Selegris blickte die Galaktische Rätin aufmerksam an. Sie wusste, dass sie ihnen kein ungeteiltes Lob aussprechen würde.

»Damit sollte es genug sein«, fuhr Sheela Rogard energisch fort.

»Wie meinst du das?«, fragte Nia.

»Alles Weitere ist unsere Sache«, erklärte die Galaktische Rätin kühl und abweisend. »Ihr habt eure Aufgabe erledigt, und ihr habt sie gut gemacht. Die Entscheidung über alles Weitere liegt beim Galaktikum, und ich warne euch ganz entschieden vor jedem Versuch, Einfluss auf die politische Entscheidung des Gremiums zu nehmen.«

»Aber Sheela!«, erregte sich Nia Selegris. »Es kann doch gar keine Zweifel darüber geben, wie die Entscheidung des Galaktikums aussehen muss. Sotho Tyg Ian will uns einen Ewigen Krieger mit fünfzigtausend Raumschiffen auf den Hals schicken. Unter diesen Umständen müssen wir uns einig sein!«

»Oh, das sind wir«, wies Sheela Rogard sie zurück. »Das Galaktikum diskutiert noch über die Informationen, die ihr beschafft habt, und über die notwendigen Konsequenzen. Das ist nun einmal so in einem Gremium dieser Größe und mit derart vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten, die alle ihre eigenen Interessen verfolgen. Das Galaktikum aber entscheidet. Nicht ihr. Eure Aufgabe ist beendet. Und da ich das Gefühl habe, dass ihr das nicht so recht einzusehen vermögt, fordere ich euch auf, BERGEN sofort zu verlassen.«

Nia Selegris presste erbittert die Lippen zusammen. Sie wich den Blicken der Galaktischen Rätin aus.

»Wir verschwinden«, antwortete Julian Tifflor, der wesentlich gelassener war. »Allerdings brauchen wir noch ein paar Stunden.«

»In dieser Zeit werdet ihr euch mit keinem der Galaktischen Räte mehr treffen«, forderte Sheela Rogard. »Wenn überhaupt jemand zu entscheiden hat, dann nicht ihr, sondern die Menschen der Erde. Sie werde ich notfalls zu einer Blitzabstimmung aufrufen. Haben wir uns verstanden?«

»Absolut!«, gab Nia Selegris zurück.

»Ich freue mich«, sagte die Galaktische Rätin und erhob sich, um den Raum zu verlassen. »Ich fürchtete schon, ihr könntet uneinsichtig sein.«

Sie lächelte und ging hinaus. Ihre Haltung verriet, dass sie um keinen Preis von ihrer einmal gefassten Meinung abweichen würde.

Nia Selegris blickte ihr mit mühsam beherrschtem Zorn nach. Als sich die Tür hinter ihr schloss, sprang sie auf.

»Oh, ich könnte sie ...!«, stöhnte sie.

Julian Tifflor lächelte.

»Was regst du dich auf, Nia? Sie hat doch recht.«

»Sie hat recht?«

»Aber natürlich. Wir haben höchstens eine beratende Funktion. Die Entscheidung liegt beim Galaktikum.«

»Dann willst du von hier also verschwinden? Einfach so? Mitten in deiner Arbeit? Ohne ein konkretes Ergebnis?«

Julian Tifflor lächelte erneut.

»Das habe ich nicht gesagt«, widersprach er. »Ich werde noch jemanden beraten, bevor ich gehe.«

Tirzo blickte verwirrt auf.

»Ich hatte Kontakt«, sagte er, »aber es war ganz anders, als ich eigentlich wollte.«

»Du hast den Code für den Teleportgürtel Domo Sokrats herausgefunden?«

»Nein, das habe ich nicht«, erwiderte der Diapath. »Es ging nicht, weil der Gürtel abgeschirmt wird.«

Er berichtete, dass sich Domo Sokrat zusammen mit Benk Monz bereits in der Gularr-Pyramide befand und auf dem Weg zu ihrer Zentrale war.

»Woher weißt du das, wenn der Gürtel nicht zugänglich ist?«, fragte Captain Ahab erstaunt.

»Ich habe telepathischen Kontakt gehabt. So in der Art. Aber irgendwie auch nicht so.«

»Aber du bist kein Telepath, sondern ein Diapath. Das ist etwas ganz anderes.«

»Ich weiß«, entgegnete Tirzo. Er saß auf dem Bett und ließ ratlos die Arme hängen. »Eigentlich hätte ich keine Gedanken auffangen dürfen, aber da ist ein Wesen, das mir dazu verholfen hat. Sozusagen ...«

»Was soll das bedeuten?«

»Ich kann es nicht erklären. Lass es mich noch einmal versuchen.«

»Also schön«, stimmte Stalker zu. »Wir haben Zeit.«

Der Blue ließ sich wieder auf den Rücken sinken, nachdem er abermals zwei Paratau-Tropfen genommen hatte. Er schloss die Augen und versank in einer Art Trance. Sofort erhielt er Kontakt mit einem Wesen, das zu ihm eine geistige Verwandtschaft zu erkennen glaubte. Es hielt ihn sogar für artgleich!

Tirzo widersprach dieser Ansicht nicht. Zugleich begriff er, dass er es mit einem Nakken zu tun hatte. Die Erkenntnis elektrisierte ihn, und er hatte Mühe, seine Erregung vor dem so geheimnisumwitterten Schneckenwesen zu verbergen.

Eine Mitteilung kam von dem Nakken. Es gibt kein Leben außer in Meekorah, denn Tarkan, die Schrumpfende, birgt nur den Tod.

Tirzo horchte diesen Worten verwundert nach. Er wusste nichts damit anzufangen, da er ihre Bedeutung nicht erfasste. Schließlich sagte er sich, dass sie so etwas wie ein Erkennungszeichen oder eine Parole gewesen seien.

Der Nakk will eine Antwort, schoss es ihm durch den Kopf. Er erwartet, dass du in ganz bestimmter Weise reagierst. Aber wie?

Er war so überrascht, dass er nichts zu entgegnen wusste. Zudem ließ seine Konzentration nach, und der Kontakt brach ab.

Er schlug die Augen auf und erblickte Captain Ahab, der sich besorgt über ihn beugte.

»Ist alles in Ordnung?«, fragte die dröhnende Stimme.

»Ja«, erwiderte er. »Allerdings habe ich etwas gehört, womit ich nichts anfangen kann.« Er wiederholte die Mitteilung des Nakken.

Ahab richtete sich auf. Seine Finger legten sich um den feuerroten Bart, und sein Gesicht rötete sich ein wenig. Er war nicht weniger erregt als der Blue.

»Hast du gewusst, dass ich Kontakt mit einem Nakken haben könnte?«, fragte Tirzo.

Ahab schüttelte unwillig den Kopf. »Natürlich nicht.«

»Aber du wusstest, dass ein Nakk in dem Satelliten ist.«

»Sicher«, antwortete Ahab einsilbig.

»Was soll ich erwidern? Ich darf nicht allzu lange schweigen. Für mich ergibt dieser Satz keinen Sinn. Für dich etwa?« Er setzte sich aufrecht und ließ den stämmigen rothaarigen Mann nicht aus den Augen. »Es gibt kein Leben außer in Meekorah, denn Tarkan, die Schrumpfende, birgt nur den Tod. Was bedeutet das?«

»Ich weiß es nicht. Woher sollte ich es wissen?«

»Wenn ich Domo Sokrat helfen soll, ist es wichtig, dass der Nakk keine Schwierigkeiten macht. Er könnte deinen Plan durchkreuzen.«

»Ich bin mir dessen durchaus bewusst«, fuhr Ahab ihn an. »Und nun halte endlich den Mund, damit ich nachdenken kann.«

»Schon gut, schon gut. Ich sage ja gar nichts.« Tirzo ließ sich auf das Bett sinken, drehte sich zur Seite und schloss die Augen. Stalker ging zu einem Tisch, stützte sich mit den Händen darauf und senkte den Kopf. Einige Minuten verstrichen, in denen er immer wieder über die seltsamen Worte des Nakken nachdachte. Dann kehrte er langsam zu dem Blue zurück.

»Hör zu, Kleiner!«, sagte er.

»Kleiner! Was soll denn das? Musst du mich immer so anreden?«, erregte sich Tirzo. »Ich mag das nicht. Das habe ich dir schon oft genug gesagt.«

»Ach, tatsächlich?« Captain Ahab schien erstaunt zu sein. Offenbar war ihm nicht in den Sinn gekommen, dass dem Blue diese Anrede nicht gefiel. »Aber du bist erst achtzehn Jahre alt. Noch ein Junge.«

»Deshalb will ich trotzdem nicht, dass du immer Kleiner zu mir sagst. Ich rede dich ja auch nicht mit Rotbart oder Maske an. Und dabei wäre das sogar noch zutreffend.«

»Also schön, Tirzo«, erwiderte Captain Ahab. »Ich werde dich nicht mehr Kleiner nennen. Und jetzt lass uns auf diesen eigenartigen Satz des Nakken zurückkommen.«

»Du weißt, was ich darauf antworten soll?«

»Ja, ich glaube, ich weiß es.« Er fügte die Erwiderung hinzu, die er für richtig hielt.

»Ich werde es versuchen. Jetzt gleich. Ich bin sicher, dass der Nakk darauf wartet.«

Ahab nickte zustimmend. Er legte dem Blue die Hand aufmunternd auf die Schulter und setzte sich dann etwas abseits in einen Sessel.

Tirzo versorgte sich erneut mit Paratau und entspannte sich. Dann glitten seine Sinne wieder ins Nichts hinaus und tasteten sich zu dem Satelliten. Er spürte, dass der Nakk auf ihn gewartet hatte.

Es gibt kein Leben außer in Meekorah, denn Tarkan, die Schrumpfende, birgt den Tod, wiederholte er.

Die Aufmerksamkeit des Nakken stieg. Tirzo fühlte, dass sich das geheimnisvolle Wesen ihm öffnete. »Also lasst uns das Leben wählen«, fügte er hinzu.

Sekundenlang herrschte Stille. Tirzo spürte, dass der Nakk noch da war, aber es war, als hielte er den Atem an. Dann reagierte das schneckenähnliche Wesen geradezu euphorisch auf diese Antwort und verlangte weitere Informationen von Tirzo. Doch der Blue blieb zurückhaltend, so, wie Captain Ahab es ihm empfohlen hatte.

Wie ist dein Name?, fragte er.

Arfahr, antwortete der Nakk bereitwillig.

Bevor ich dir weitere Informationen gebe, muss ich dir sagen, dass ich Hilfe benötige, teilte Tirzo ihm mit. Zwei Haluter befinden sich in der Pyramide. Sie sind auf dem Weg zur Zentrale. Hilf ihnen.

Der Nakk schien ihn nicht verstanden zu haben. Er gab sich ganz seiner euphorischen Stimmung hin. Deutlicher noch als zuvor spürte Tirzo, dass das schneckenähnliche Wesen ihn aufgrund ähnlicher geistiger Veranlagung für ein artgleiches Wesen hielt, nicht für einen Nakken, aber für ein Geschöpf von vergleichbarer Herkunft oder Abstammung.

Domo Sokrat stürmte durch eine Lücke in der Wand in einen Nebenraum und von dort durch ein offenes Schott in eine etwa 30 Meter hohe Hohlkugel. Ein etwa fünf Meter breiter Steg führte bis zu ihrem Mittelpunkt. Als er das Ende des Steges erreicht hatte, blickte Sokrat sich um. Die Wände der Hohlkugel waren überdeckt mit zahllosen Instrumenten, Schalttafeln und Monitoren, wie sie für eine Schaltzentrale typisch waren.

Es konnte keinen Zweifel mehr geben. Sie hatten das Herz der Pyramide erreicht.

»Und jetzt?«, fragte Benk Monz, der ihm gefolgt war. »Und was passiert jetzt? Zertrümmern wir diese Zentrale? Das dürfte kein Problem sein.«

»Führt uns aber keinen Schritt weiter«, antwortete Sokrat. »Nein, das werden wir nicht tun.«

Keine drei Meter von ihnen entfernt entstand die lebensgroße Holografie Stygians. Sie schwebte frei im Raum. Unwillkürlich wichen die beiden Haluter einen Schritt zurück. Domo Sokrat wollte in seiner aufbrausenden Art etwas sagen, aber der bedächtigere Benk Monz hielt ihn zurück.

»Ich begrüße euch!«, hallte es aus der holografischen Projektion.

Die beiden Haluter richteten sich kaum merklich auf. Ein aufmerksamer Beobachter hätte jedoch bemerkt, dass sie sich versteiften und eine ablehnende Haltung einnahmen. Ihnen gefiel die vertrauliche Anrede nicht, aber sie verzichteten aus taktischen Gründen darauf, eine höflichere zu fordern.

»Ich begrüße euch als die potenziellen Angehörigen des Trosses, und ich verspreche euch hiermit die Freiheit.«

Die Holografie wirkte so lebendig, als schwebe Sotho Tyg Ian leibhaftig in der Zentrale der Pyramide. Manch anderer wäre sicherlich in Zweifel geraten, aber einen Haluter mit einer holografischen Projektion zu täuschen, war unmöglich. Den infrarotempfindlichen Augen der Kolosse fiel die fehlende Körperwärme eines lebenden Wesens sofort auf.

»Ihr werdet von hier aus zum geostationären Satelliten gebracht«, fuhr Stygian fort. »Alles Weitere wird sich dann ergeben.«

Die Projektion verschwand.

Der Boden schien unter ihnen zu weichen, als ein unsichtbares Kraftfeld nach ihnen griff. In instinktiver Reaktion versuchten sie auszuweichen, doch das Energiefeld riss sie mit.

Julian Tifflor und Nia Selegris eilten zur Unterkunft der Haluter. Sie waren entschlossen, BERGEN nicht zu verlassen, bevor sie mit Ovo Jambor gesprochen hatten.

»Setzen Sie sich doch«, bot der Galaktische Rat der Haluter ihnen an. »Vorausgesetzt, die Sessel sind Ihnen nicht zu groß.«

Nia Selegris und der Terraner hatten in der Tat reichlich Platz in den für Haluter bemessenen Sitzen. Sie kamen sich ein wenig verloren darin vor.

»Sind Sie hier, um mir mitzuteilen, dass sich das Galaktikum dazu entschlossen hat, loszuschlagen?«, fragte Ovo Jambor. »Ich muss wohl nicht betonen, dass wir mit unserer Geduld am Ende sind. Bisher haben wir uns zur Zurückhaltung gezwungen, um die Interessen des Galaktikums zu wahren, aber damit ist jetzt Schluss. Das Galaktikum möchte dem Permanenten Konflikt aus dem Weg gehen. Wir denken anders. Wir haben dem Galaktikum immer wieder eine Frist eingeräumt, damit das Sotho-Problem auf friedlichem Weg bewältigt werden kann. Es gibt keine Verlängerung.«

»Ich bin erstaunt, dass die Haluter sich so geduldig und nachsichtig gezeigt haben.«

Ovo Jambor blickte überrascht auf. Seine roten Augen funkelten, und ein dumpfes Knurren kam aus der Kehle. »Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass das Galaktikum die anstehenden Probleme nicht auf seine Weise lösen kann, also werden wir sie mit unseren Methoden angehen. Wir werden nicht länger zusehen, wie Stygian mit den Völkern der Milchstraße ein permanentes Spießrutenlaufen veranstaltet.«

Julian Tifflor ließ sich gegen die Rückenlehne seines Sessels zurücksinken und setzte die Füße auf die Kante der Sitzfläche. So saß er einigermaßen bequem.

»Was haben Sie vor?«

»Wir haben genug geredet. Jetzt folgen Taten. Wir Haluter werden zeigen, dass wir die Probleme lösen können.«

»Das eigenmächtige Handeln eines galaktischen Volkes kann zum Auseinanderbrechen des Galaktikums führen«, gab Tifflor zu bedenken.

»Das Risiko gehen wir ein.«

»Warum eigentlich?«

»Wie bitte?« Ovo Jambor blickte ihn erstaunt an.

»Ich frage: Warum ein solches Risiko eingehen?« Julian Tifflor lächelte. »Es gibt einen eleganteren Weg.«

»Welchen?«

»Um das Galaktikum nicht zu gefährden«, führte der Chef der GOI aus, »könnten die Haluter zum Schein austreten und geheim mit der GOI zusammenarbeiten. Dann wäre sogar eine wesentlich intensivere Zusammenarbeit möglich.«

Ovo Jambor war so überrascht, dass er Tifflor nur wortlos anblickte. Kein Laut kam über seine Hornlippen.

»Die Haluter könnten sogar ihrer Drangwäsche nachgeben und dabei gegen die Sotho-Flotten vorgehen. Wenn sie zuvor das Galaktikum verlassen haben, können sie frei und ungebunden handeln und das tun, was sie für richtig halten. Wenn sie es als Nichtmitglieder des Galaktikums tun, geben sie Stygian keine Handhabe, gegen die übrigen Völker der Milchstraße vorzugehen.«

»Beachtlich!«, brüllte der Haluter. Er sprang so heftig auf, dass er beinahe den Tisch umgestoßen hätte. »Was für ein Vorschlag!«

»Wichtig wäre die geheime Zusammenarbeit und Abstimmung mit der GOI, damit es nicht zu unliebsamen Pannen kommt.«

Ovo Jambor blickte auf Julian Tifflor hinab. Seine roten Augen funkelten. »Ich hätte nicht erwartet, dass man meinem Volk so viel Verständnis entgegenbringt«, erklärte er mit einer Stimme, der die Rührung über diese Haltung anzumerken war. Tiff war froh, dass er im Sessel saß, da er fürchtete, dass der Haluter ihn sonst umarmt hätte. Nia Selegris hegte wohl den gleichen Verdacht. Sie verkroch sich ein wenig tiefer in ihren Sessel.

»Dann befürworten Sie meinen Plan?«, fragte der Terraner.

»Ich bin begeistert!«, verkündete der Haluter. Er sprach so laut, dass die Wände erzitterten.

»Was werden Sie tun?«, wollte Nia wissen.

»In einer Stunde beginnt die Abschlusssitzung«, antwortete der Koloss. »Das Galaktikum wird zu keiner Einigung kommen. Es wird Ausschüsse und Unterausschüsse bilden, die das Problem von allen Seiten beleuchten sollen. Aber das alles berührt mich nicht. Ich werde erklären, dass das Volk von Halut aus dem Galaktikum ausscheiden und fortan eigene Wege gehen wird.«

Er senkte seine Stimme noch weiter. »Natürlich verlassen wir das Galaktikum nicht wirklich. Wir fühlen uns den Völkern der Milchstraße zugehörig.« Er streckte Tifflor und Nia Selegris zwei seiner mächtigen Hände entgegen. »Wir werden ebenso eng wie geheim mit der GOI zusammenarbeiten. Das ist sicher.«

»Sie können das so ohne Weiteres entscheiden?«, fragte ihn die Frau.

»Das kann ich«, bestätigte Ovo Jambor. »Selbstverständlich werde ich mit den anderen Vertretern meines Volkes reden, aber ich weiß schon jetzt, dass sie meiner Meinung sein werden.«

Der Chef der GOI und Nia Selegris verabschiedeten sich und kehrten in ihr Quartier zurück.

Domo Sokrat und Benk Monz wechselten von der Zentrale der Pyramide in eine halbkugelförmige Halle, von deren Decke zahlreiche Kristallstreben bogenförmig zu verschiedenen Maschinenblöcken herabführten. Die beiden Haluter konnten nicht erkennen, welchem Zweck diese überwiegend roten Bogen dienten.

Vier Springer, zwei Akonen und ein Topsider kamen durch ein grell erleuchtetes Schott herein. Sie waren alle mit Energiestrahlern bewaffnet.

»Wo sind wir?«, fragte der Archäologe leise. »Immer noch auf Big Planet in der Pyramide oder tatsächlich in dem Satelliten?«

Sie konnten nicht feststellen, ob sie Terzrock tatsächlich verlassen hatten. Auffallend war, dass sie von ihrem graublauen, sich ständig verändernden Schatten umgeben waren. Herrschte außerhalb dieses Schattens eine geringere Schwerkraft? Den Gardisten des Sothos war nicht anzusehen, ob sie Antigravgürtel trugen. Sie bewegten sich jedoch so leicht und selbstverständlich, dass sie auf gar keinen Fall einer höheren Schwerkraft ausgesetzt sein konnten, als für sie normal war.

Einer der Akonen schien den höchsten Rang zu bekleiden. Er ging einen Schritt vor den anderen her. Etwa fünf Meter von den beiden Halutern entfernt blieb er stehen.

Nicht nur im Vergleich zu ihnen war er klein. Domo Sokrat schätzte, dass er etwa 1,60 m groß war. Er hatte einen ungewöhnlich schmalen Kopf, den er dadurch betonte, dass er das braune Haar straff zurückgekämmt und im Nacken verknotet trug. Die schmalen Schultern hingen leicht nach vorn, und in die gleiche Richtung drückte er auch den Kopf. Da er eine schnabelartige Nase, einen langen Hals mit weit vorspringendem Adamsapfel hatte und den Kopf abwechselnd nach links und nach rechts zur Seite neigte, erinnerte er die beiden Haluter an einen terranischen Geier, der neugierig seine Beute musterte.

»Mein Name ist Raik«, stellte er sich mit krächzender Stimme vor. »Ich begrüße euch. Ihr habt die große Prüfung bestanden und alle Fallen in der Pyramide überwunden. Damit habt ihr das Anrecht erworben, eine Upanishad-Ausbildung zu bekommen und in der Sotho-Flotte Dienst zu tun. Ich nehme an, dass ich euch nichts Neues erzähle. Ihr habt gewusst, welcher Lohn auf euch wartet, sonst hättet ihr kaum gewagt, in die Pyramide einzudringen.«

Domo Sokrat dachte einen kurzen Augenblick an die Situation im Fallen-Tunnel, wo ihm und Benk Monz ebenfalls eine Upanishad-Ausbildung in Aussicht gestellt worden war. Weder die Falle noch die ihnen etwas später erschienene Projektion Stygians waren darauf eingegangen, dass er, Sokrat, bereits unter Stalker alle zehn Schritte der Upanishad-Schule absolviert hatte, und Raik ebenfalls nicht

Erkannten sie ihn nicht? Waren die Programme zu simpel gestrickt?

Der Haluter schob seine Gedanken beiseite und widmete sich wieder dem Akonen. »Wo sind wir?«, fragte er.

»Auf dem geostationären Satelliten über Big Planet.«

»Das kann jeder sagen«, erwiderte der Haluter. »Wir wollen Beweise.«

Der Akone blickte ihn missbilligend an. »Du musst mir schon glauben, Haluter.«

»Ich glaube niemandem, der nicht einmal die primitivsten Regeln der Höflichkeit beachtet.«

Raik lachte. »Hört euch den Narren an«, wandte er sich an seine Begleiter. »Er verlangt tatsächlich, dass ich ihn sieze.«