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USA Today Bestseller!
Ricki Bailey ist den Umgang mit Diplomaten gewohnt und kann zudem komplexe Situationen meistern. Schließlich hat sie einen Großteil ihrer Zeit damit verbracht, die Reisen des Cirque de Magik in ferne Länder zu organisieren – und jetzt auch auf fremde Planeten!
Wenn sie geglaubt hat, dass das Erlernen neuer Gesetze und Bräuche eine Herausforderung ist, dann ist das nichts im Vergleich zu dem plötzlichen Interesse, das sie von einem riesigen blauen Außerirdischen namens Ristéard, dem Großherrscher von Elpidios, erfährt! Ricki fallen plötzlich Worte ein, von denen sie nicht einmal wusste, dass sie Teil ihres Wortschatzes sind – und die meisten dieser Worte sind alles andere als höflich!
Ristéard ist erstaunt, als die Große Kaiserin auftaucht, die schöne Außerirdische, die ihm als Retterin seiner Welt prophezeit wurde. Doch noch mehr erstaunt es ihn, als sie seine Aufmerksamkeit zurückweist! Da das Leben seines Planeten auf dem Spiel steht, hat er keine Zeit, sich groß an Regeln zu halten …
Die international gefeierte Autorin S.E. Smith, Bestsellerautorin der NY Times und der USA Today, präsentiert eine neue Geschichte mit ihrem einzigartigen Humor und vielen überraschenden Wendungen! Spannende Abenteuer, heiße Romanik und Helden mit Kultcharakter haben ihr eine riesige Fangemeinde beschert. Über ZWEI MILLIONEN verkaufte Bücher!
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Seitenzahl: 322
Ich danke meinem Mann Steve dafür, dass er an mich geglaubt hat und so stolz auf mich war, dass ich den Mut hatte, meinem Traum zu folgen. Ein besonderer Dank gilt außerdem meiner Schwester und besten Freundin Linda, die mich nicht nur zum Schreiben ermutigt, sondern auch das Manuskript gelesen hat; und auch meinen anderen Freundinnen, die an mich glauben: Maria, Jennifer, Jasmin, Rebecca, Julie, Jackie, Lisa, Sally, Elizabeth (Beth), Laurelle, und Narelle. Diese Mädels geben mir Kraft!
Und ein ganz besonderes Dankeschön an Paul Heitsch, David Brenin, Samantha Cook, Suzanne Elise Freeman, Laura Sophie, Vincent Fallow, Amandine Vincent, und PJ Ochlan – die wunderbaren Stimmen meiner Hörbücher!
—S.E. Smith
Science Fiction Romance
Ristèards zornige Kaiserin: Die Herrscher von Kassis Buch 4
Copyright © 2024 bei Susan E. Smith
E-Books auf Englisch 2015 und auf Deutsch 2024
Umschlaggestaltung von: Melody Simmons und Montana Publishing
ALLE RECHTE VORBEHALTEN: Kein Teil dieses Buches darf ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Autorin auf irgendeine Art und Weise vervielfältigt werden, dazu zählen auch vollständige oder teilweise elektronische oder fotografische Vervielfältigungen.
Alle Charaktere und Ereignisse in diesem Buch rein fiktiv. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen oder tatsächlichen Ereignissen oder Organisationen sind rein zufällig und von der Autorin nicht beabsichtigt.
Zusammenfassung: Der Großherrscher Ristéard braucht Ricki, denn sie ist die Große Kaiserin, die als Retterin seiner Welt vorhergesagt wurde. Er kann nicht erlauben, dass sie sich lange von ihm fernhält.
ISBN: 9781963823011 (Taschenbuch)
ISBN: 9781963823004 (eBook)
Romantik (Liebe, expliziter sexueller Inhalt) | Science Fiction (Aliens) | Royal | Action / Abenteuer | Schicksalsliebe
Veröffentlicht von Montana Publishing.
www.sesmithfl.com
USA Today Bestseller!
Ricki Bailey ist den Umgang mit Diplomaten gewohnt und kann zudem komplexe Situationen meistern. Schließlich hat sie einen Großteil ihrer Zeit damit verbracht, die Reisen des Cirque de Magik in ferne Länder zu organisieren – und jetzt auch auf fremde Planeten!
Wenn sie geglaubt hat, dass das Erlernen neuer Gesetze und Bräuche eine Herausforderung ist, dann ist das nichts im Vergleich zu dem plötzlichen Interesse, das sie von einem riesigen blauen Außerirdischen namens Ristéard, dem Großherrscher von Elpidios, erfährt! Ricki fallen plötzlich Worte ein, von denen sie nicht einmal wusste, dass sie Teil ihres Wortschatzes sind – und die meisten dieser Worte sind alles andere als höflich!
Ristéard ist erstaunt, als die Große Kaiserin auftaucht, die schöne Außerirdische, die ihm als Retterin seiner Welt prophezeit wurde. Doch noch mehr erstaunt es ihn, als sie seine Aufmerksamkeit zurückweist! Da das Leben seines Planeten auf dem Spiel steht, hat er keine Zeit, sich groß an Regeln zu halten …
Die international gefeierte Autorin S.E. Smith, Bestsellerautorin der NY Times und der USA Today, präsentiert eine neue Geschichte mit ihrem einzigartigen Humor und vielen überraschenden Wendungen! Spannende Abenteuer, heiße Romanik und Helden mit Kultcharakter haben ihr eine riesige Fangemeinde beschert. Über ZWEI MILLIONEN verkaufte Bücher!
Die Erde: Vierundzwanzig Jahre zuvor
Die schwarz gekleidete Gestalt schlich um den dunklen Wohnwagen herum, der an einem großen Truck hing. Er drückte das Bündel so fest an seine Brust, als hätte er Angst, es könne sich in Luft auflösen. Als er aus dem großen Zirkuszelt ein Husten hörte, gefolgt von mehreren Stimmen, hielt er inne. Das Bündel in seinen Armen bewegte sich leicht und rasch konzentrierte er sich wieder auf seinen Auftrag.
Ihm blieb nicht viel Zeit. Er trat zum Wohnwagen und legte das fest eingewickelte Bündel vorsichtig auf der Stufe ab. Kurz schwebte seine Hand über der blassen Wange. Trauer und Bedauern erfassten ihn, zwei Gefühle, die er noch nie zuvor verspürt hatte.
„Pass auf dich auf, meine Tochter. Wenn es mir möglich ist, werde ich dich holen, wenn du älter bist“, flüsterte die tiefe Stimme beruhigend und mit einem seltsamen Dialekt.
Seine leuchtend blauen Augen wurden vor Traurigkeit ganz dunkel, als er einen Umschlag aus seinem Hemd zog und ihn in das Bündel steckte. Dann richtete er sich auf, und trat in den Schatten des Wohnwagens, als der Klang der Stimmen näherkam. Bald würde die Dämmerung anbrechen, und er musste verschwinden, damit ihn die Gestalten nicht sahen, die sich langsam auf in seine Richtung bewegten.
Er war gerade hinter den Wohnwagen getreten, als er hörte, wie sich dessen Tür öffnete. Ein langsames, erschrockenes Einatmen, gefolgt von einem leisen Schrei erfüllte die Luft. Er blieb in seinem Versteck und wartete, um festzustellen, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte.
„Walter!“, rief eine Frau. „Walter, komm her!“
„Was gibt es denn, Nema?“, fragte die tiefe Stimme des Mannes, der Walter hieß.
In Gedanken konnte er fast sehen, was die Frau auf ihrer Türschwelle entdeckt hatte: dieselbe blasse, zarte Haut, dasselbe lebhafte goldene Haar und die Verheißung seiner eigenen blauen Augen – das einzig offensichtliche, was seine Tochter von ihm geerbt hatte. Er ballte die Fäuste und zwang sich ruhig und gelassen zu bleiben, während er darauf wartete, dass sie das kostbare Geschenk annahmen, das er ihnen vor die Tür gelegt hatte.
„Hier ist ein Baby“, flüsterte Nema, ihre Stimme war voller Tränen. „Ist die Kleine nicht wunderschön, Walter?“
„Also, Nema“, begann Walter, bevor seine Stimme abbrach. „Was ist denn das?“
Ein schwacher Lichtstrahl erschien, gefolgt von Papierrascheln. Die Stille wurde nur durch das leise Bellen eines Hundes in der Ferne und das leise Quaken von Fröschen aus einem nahegelegenen Teich unterbrochen.
„Was steht da?“, fragte Nema leise.
„Bitte beschützt unsere Tochter“, murmelte Walter. „Sie braucht ein liebevolles Zuhause, in dem sie so akzeptiert wird, wie sie ist. Ihr Name ist Ricki. Ich gebe euch hiermit mein Herz, bitte haltet und beschützt es … Bitte kümmert euch um sie, als wäre sie euer eigenes Kind.“
„Oh, Walter“, schniefte Nema. „Sie ist bezaubernd. Wir haben eine Tochter, eine reizende Tochter, die nun uns gehört!“
„Nema …“, begann Walter, bevor er seufzte und innehielt. „Sie ist wunderschön, genau wie du. Wir werden in zwei Stunden abreisen.“
„Müssen wir denn nicht …“, flüsterte Nema zögernd, während sie auf den schlafenden Säugling in ihren Armen hinunterblickte.
„Nein, ich kenne einen Anwalt, der sich um die offiziellen Dokumente kümmern kann“, antwortete Walter mit rauer Stimme.
„Ricki“, sagte Nema zärtlich. „Ricki Rose Bailey.“
„Aber, Nema …“, sagte Walter.
„Rose hätte nichts dagegen“, antwortete Nema. „Sie hätte sich sehr gefreut, eine kleine Schwester zu haben, die nach ihr benannt ist. Ich weiß, dass sie jetzt dort oben lächelt und voller Stolz auf sie herabschaut.“
„Ricki Rose ist ein sehr schöner Name“, antwortete Walter mit fester Stimme, als er an ihre Tochter dachte, die sie vor einem Jahr bei der Geburt verloren hatten. Auch Nema hätte er beinahe verloren. Sie musste notoperiert werden, damit sie nicht verblutete. Und anschließend war klar, dass sie nie das Kind bekommen würden, von dem sie geträumt hatten. Seine Finger zitterten, als er behutsam die Wange des schlafenden Säuglings berührte. Als er aufblickte, sah er die Hoffnung, die Angst und die Tränen in den Augen seiner geliebten Frau. „Sie ist genau so schön wie du, Nema. Ich liebe dich.“
Nema sah ihn an und lächelte. „Ich liebe dich auch, Walter“, flüsterte sie, bevor sie fröhlich trällerte: „Kannst du nachsehen, ob Mary etwas Muttermilchersatz hat? Ich muss die Sachen herausholen, die wir für Rose hatten. Oh, Walter, wir haben ein kleines Mädchen!“
Walter blickte auf Nemas winzige Gestalt. Mit einer Größe von kaum mehr als einem Meter sah sie von hinten aus wie ein Kind, und er überragte sie mit seinen eineinhalb Metern deutlich. Ein Seufzer entrang sich ihm, als er an die beiden Kisten dachte, die ganz hinten im Schlafzimmerschrank verstaut waren. Sie hatte ihm verboten, ihn die Babygeschenke wegzugeben, weil sie nicht bereit war, das tote Kind loszulassen. Er wusste, dass sie hoffte, eines Tages ein Baby adoptieren zu können. Er bezweifelte allerdings, dass irgendein Richter ihnen die Erlaubnis erteilen würde – nicht, weil sie beide kleinwüchsig waren, sondern wegen ihres Lebensstils. Als Besitzer des Cirque de Magik, eines kleinen, aber außergewöhnlichen Zirkus mit einzigartigen Figuren aus aller Welt, waren sie ständig unterwegs. Er hatte alles Geld, das er geerbt und im Laufe seines Lebens verdient hatte, verwendet, um den Zirkus von seinen früheren Besitzern zu kaufen, in der Hoffnung, ihn zu einem der besten aller Zeiten zu machen.
Langsam erhellte ein Lächeln sein Gesicht, da er Nema leise singen hörte. „Ich bin Vater geworden“, kicherte er. „Wir haben eine Tochter!“
* * *
Die Gestalt im Schatten entfernte sich lautlos, nachdem sich die Tür geschlossen hatte. Das enge Gefühl in seiner Brust löste sich etwas, als er sich vom Wanderzirkus entfernte, den er heute entdeckt hatte. Er hatte den größten Teil des Tages damit verbracht, sich das Spektakel aus der Ferne anzusehen und dem Treiben zu lauschen. Tief in seinem Inneren wusste er, dass dies der vielversprechendste Ort war, an dem seine Tochter vor denen geschützt wäre, die sie umbringen wollten – so, wie sie ihre Mutter umgebracht hatten.
Er hielt nur kurz inne, um einen letzten Blick auf die seltsame Ansammlung von Zelten, Wohnwagen und Schaustellern zu werfen, bevor er sich umdrehte. Wo er hinging, war kein Ort für ein Kleinkind. Ihm entgingen die beiden Männer, die ihn beobachteten, während er sich im Nebel des Morgengrauens davonmachte.
Ristéard wischte mit dem Handrücken über das Blut, das aus der Schnittwunde an seiner Wange sickerte. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete er wachsam die zwei Männer und eine Frau, die ihn umkreisten. Er bewegte die Klinge in seiner rechten Hand und drückte einen im Griff eingelassenen Knopf.
Er ließ die linke Hand fallen und fing die zweite Klinge auf, sie sich von der ersten löste. Als die Frau ihn anknurrte und vortrat, wirbelte er herum und schnitt mit der Klinge in seiner linken Hand durch ihren Hals, bevor er den Kreis fortsetzte und die Klinge in seiner rechten Hand durch den Oberschenkel eines der Männer zog.
Er verspürte Befriedigung, als der Mann zu Boden fiel, während er Muskeln, Sehnen und Adern durchtrennte. Der Mann umklammerte sein Bein und versuchte verzweifelt, das Blut, das aus der klaffenden Wunde floss, zu stoppen. Ristéard wusste, dass sein Schnitt die Oberschenkelarterie durchtrennt hatte und der Attentäter ohne sofortige medizinische Hilfe in wenigen Minuten verbluten würde.
„Wer hat dich geschickt?“, fragte Ristéard, während er den anderen Attentäter umkreiste.
Der Mann schüttelte nur den Kopf und grinste, ohne den Blick von ihm abzuwenden. Er wich nach hinten aus und wehrte den Schlag ab, als der Mann seinen Arm ausstreckte. Ein leiser Fluch entkam ihm, als die Klinge des Schwertes plötzlich ausfuhr und ihm einen langen, flachen Schnitt entlang seines Halses verpasste.
Brennende Wut rauschte durch seine Adern, bevor sich eine eisige Ruhe über ihn legte. Er würde dem Bastard das selbstgefällige Grinsen aus der Fresse prügeln. Er trat zurück und ließ die kurze, dünne Klinge in seiner linken Hand in eine Scheide an seiner Taille gleiten. Er drehte die Klinge in seiner rechten Hand und wehrte einen weiteren Stoß ab, während er zur Seite trat.
„Ich werde meine Antworten bekommen, und dann wirst du dir wünschen, du wärst anstelle deines Kameraden als Erster gestorben“, sagte Ristéard mit emotionsloser Stimme.
„Du wirst derjenige sein, der stirbt, Großherrscher“, zischte der Mann, während er sich von rechts an Ristéard heranschlich. „Du hättest beide Klingen behalten sollen, dann hättest du vielleicht eine Chance gehabt.“
„Wer sagt, dass ich es nicht getan habe?“, murmelte Ristéard zufrieden.
Er schwang die Waffe in seiner Hand in einem Bogen vor seinem Körper, sein Finger glitt über den zweiten Knopf am Griff und gab damit Dutzende winziger Klingen frei, die mit einem langsam wirkenden Gift versehen waren. Die Waffe war seine eigene Erfindung und hatte ihm in der Vergangenheit schon oft das Leben gerettet.
Überraschung zeigte sich auf dem Gesicht des Mannes, als ihn die tödlichen Geschosse in Brust, Arme und Bauch trafen. Ristéard wusste, dass er nur wenig Zeit haben würde, um die gewünschten Informationen zu erhalten, bevor der Mann starb. Er hatte aus dem Mord an seinem Großvater gelernt, dass es am besten war, jegliche Bedrohung schnellstmöglich zu beseitigen. Sein Großvater war bei dem Versuch gestorben, Informationen aus einem der Männer herauszubekommen, die ihn umbringen wollten.
Das laute Klappern des Schwertes hallte durch den langen, dunklen Korridor des Palastes. Er sah zu, wie der Mann auf die Knie sank, den Blick auf Ristéards kalte Silberaugen geheftet. Das Gift begann bereits, die Muskeln des Angreifers zu lähmen.
„Ich hatte erwartet, dass du länger widerstehen könntest“, flüsterte der Mann heiser.
„Du hast falsch gedacht“, erwiderte Ristéard und trat vor. Er legte den Kopf schief, während er mit der Spitze seiner Klinge über die Wange des Mannes fuhr, und zwar an der Stelle, wo die Frau ihn geschnitten hatte. „Wer hat dich geschickt?“
„Das werde ich … dir … nie … sagen“, zischte der Mann angestrengt.
Ristéard schüttelte den Kopf. „Falsche Antwort“, sagte er kalt, und schlug den Mann nieder, wobei er auf seiner Seite auf dem Boden aufkam. „Ich werde die Antworten auf meine Fragen bekommen, bevor ich dich sterben lasse.“
Seine Augen schossen zur Tür, die hell aufleuchtete, bevor sie nach innen fiel. Drei seiner vier persönlichen Wachen, die er sorgfältig ausgewählt hatte, standen im Eingang und sahen sich kurz prüfend um, bevor sie eintraten. Jeder von ihnen war blutverschmiert, teils war es ihr eigenes Blut, das meiste stammte jedoch von demjenigen, den sie bekämpft hatten.
Sie waren nach Elpidios zurückgekehrt und mussten dann feststellen, dass man ihnen eine Falle gestellt hatte. Er hatte nichts anderes erwartet. Er wusste, dass es Mitglieder im Rat gab, die der Ansicht waren, er tue nicht genug zur Rettung ihrer Welt. Die Tatsache, dass die Bastarde der eigentliche Grund für den Niedergang der Welt waren, war ein ermüdendes Argument.
„Ristéard“, rief Andras, während er, Emyr und Sadao sich vorsichtig vorwärtsbewegten.
„Wo ist Harald?“, fragte Ristéard und betrachtete erneut den sterbenden Mann, der sich zu seinen Füßen zu winden begann, während das Gift langsam durch seinen Körper rauschte.
„Er spielt mit seinem Attentäter“, antwortete Emyr und warf einen Blick auf den Mann am Boden, bevor er die beiden anderen toten Angreifer musterte. „Diesmal waren es anscheinend neun.“
„Findet Harald“, befahl Ristéard. „Ich treffe dich in meinem Büro, sobald ich hier fertig bin.“
Andras hob eine Hand, und die beiden anderen Männer nickten. Ein schwaches Lächeln trat auf Ristéards Lippen. Er wusste, dass Andras ihn nicht wieder allein lassen würde. Er hockte sich hin und rollte die sich windende Gestalt auf den Rücken.
„Und nun wirst du mir sagen, was du weißt“, sagte er und hob seine Klinge.
* * *
Zwei Stunden später schaute Ristéard aus dem Fenster seines Büros. Die Schilde hielten über dem Planeten, wenn auch nur knapp. Bald würden massive Evakuierungen der Städte notwendig sein, und die sekundären Schilde würden aktiviert werden müssen, um sie zu schützen.
Die Blutkristalle, mit denen er zurückgekehrt war, würden seiner Welt vorübergehend helfen, aber sie brauchten mehr, viel mehr, wenn sie überleben sollte. Seine Spezies konnte eine höhere Strahlung verkraften als die meisten anderen, aber selbst sie würden nicht überleben können, wenn die Strahlung weiter zunahm. Ein Klopfen an seiner Bürotür lenkte seine Aufmerksamkeit von den schwachen Sonnenstrahlen ab, die durch die getönten Fenster schienen.
„Eintreten“, befahl er und schaute zur Tür.
Seine Hand lag auf der Klinge an seiner Seite, er ließ sie jedoch sinken, als er Andras an der Tür sah. Er nickte und drehte sich wieder um, um die Stadt unter ihm zu betrachten. Das Leben ging weiter, als herrschten keine Bedenken darüber, dass morgen alles zu Ende sein könnte.
Das Bild eines zarten Gesichts formte sich plötzlich in seinem Kopf. Das Gesicht einer Frau mit Haaren in der Farbe der Sonne, Augen in der Farbe eines neugeborenen Babys auf Elpidios und Haut in der Farbe der Nachtblumen, die nur bei Doppelvollmond blühten. Stimmte die Prophezeiung? War sie diejenige, die seine Welt retten würde? Und wenn ja, wie? Wie konnte eine Frau – und dann noch eine Außerirdische aus einer anderen Welt – sie retten, wenn sie nichts über sein Volk wusste?
Andras ging schweigend durch den Raum und stellte sich neben ihn. Eine Weile lang sagte keiner von ihnen etwas, während sie auf die Stadt hinunterblickten. Sie hatten eine kurze Gnadenfrist. Die von den Kassisanern replizierten Kristalle funktionierten, sie waren allerdings kleiner und schwächer als die Kristalle, die einst im Überfluss auf ihrem Planeten zu finden waren.
Andras seufzte schwer, bevor er sprach. „Der Angreifer, hinter dem Harald her war, hatte keine neuen Informationen. Alles, was Harald von dem Mann erfahren konnte, war, dass der neue Anführer am Jahrestag des Aufgangs von Elpidios auftauchen würde. Es ist ein Ereignis, das nur alle zweitausend Jahre stattfindet. Dann tritt der der dritte Mond aus dem Schatten seiner größeren Geschwistermonde heraus und erstrahlt. Genau das hat jeder von ihnen in den vergangenen zwei Jahren gesagt“, erklärte er. „Ich fürchte, wir sind nicht schlauer, wer hinter den Angriffen steckt, als wir es vor dem Tod deines Vaters waren. Ich schlage vor, wir bringen die Sache hinter uns und bringen alle Ratsmitglieder zur Strecke.“
Ein amüsiertes Lächeln trat auf Ristéards Lippen bei Andras' Bemerkung. „Du klingst ja langsam ganz wie ich“, antwortete er.
„Unsere Welt stirbt“, murmelte Andras und sah hinab auf die Leute, die geschäftig durch die Gegend liefen. „Selbst mit der Hilfe der Kassisaner können wir nicht genug produzieren, um die Schilde für längere Zeit zu aktivieren. Schon jetzt sind Teile des Planeten unbewohnbar geworden. Es wäre besser, mit der Evakuierung zu beginnen.“
„Und was dann? Sollen wir uns unterirdisch versiegeln und dann einen langsameren Tod sterben?“, fragte Ristéard herausfordernd. „Nein, es gibt noch eine andere Möglichkeit.“
Andras sah Ristéard überrascht an. „Was für eine Möglichkeit? Haben die Kassisaner mehr Kristalle, die sie uns überlassen würden?“, fragte er und runzelte verwirrt die Stirn.
„Nein, sie haben etwas viel Wertvolleres“, antwortete Ristéard, wandte sich vom Fenster ab und ging zu seinem Schreibtisch.
Andras sah frustriert auf Ristéards Rücken. „Was denn?“
Ristéard drückte eine Taste auf dem Tablet auf seinem Schreibtisch. Das Bild der Frau, an die er vorhin gedacht hatte, erschien. Er betrachtete die blassen, fremden Züge und war überrascht, wie sehr er sich von den leuchtend blauen Augen angezogen fühlte, die ihn mit einem Hauch von Wut ansahen. Als er sich an ihre leisen, zornigen Worte erinnerte, die sie vor ein paar Wochen zu ihm gesagt hatte, musste er lächeln.
„Die sagenhafte Kaiserin von Elpidios, meine mythische Braut“, sprach Ristéard und blickte in Andras' schockiertes Gesicht. „Die Prophezeiung besagt, dass sie unsere Welt retten wird. Ich schlage vor, wir stellen sie auf die Probe.“
Andras blickte von dem holographischen Bild der Frau zu Ristéard und wieder zurück. Sein Mund öffnete und schloss sich zweimal, während er versuchte zu begreifen, wie dieses seltsame, blasse Wesen die prophezeite Kaiserin sein sollte, von der alle Kinder des jungen Elpidios zur Schlafenszeit erzählt bekamen.
Skepsis verdüsterte sein Gesicht, als er seinen Freund und Anführer musterte. „Glaubst du das tatsächlich? Sie sieht ja nicht einmal aus wie wir! Sie ist sehr … bleich“, fügte er mit einer Grimasse hinzu. „Außerdem weiß doch jeder, dass es nur ein Märchen ist, um kleinen Kindern Hoffnung zu geben.“
Ristéard starrte weiter gedankenverloren auf das Bild. Ja, es war ein Märchen, das kleinen Kindern Hoffnung machen sollte. Doch in jedem großen Märchen steckte auch ein Funken Wahrheit. Er dachte an einen seiner befehlshabenden Offiziere, ihre Name war Mena Rue. Sie beharrte leidenschaftlich darauf, dass die alten Tafeln, die ihre Eltern einst gefunden hatten, das erste Vorzeichen für die Ankunft der großen Kaiserin waren.
Was ihn beunruhigte, war die Tatsache, dass das Vorausgesagte nun tatsächlich eintrat!
Der Kampf gegen die verräterischen Kassisaner und die drei ungewöhnlichen Frauen, die Torak und Jazin Ja Kel Coradon, zwei der drei herrschenden Mitglieder des Hauses Kassis, das Leben gerettet hatten, waren zu viele Zufälle und er konnte sie nicht einfach ignorieren. Es waren nicht nur drei großartige Kriegerinnen, sondern sie waren auch maßgeblich an der Rettung des Hauses Kassis beteiligt gewesen und hatten eine ungewöhnliche Gruppe von Kriegern mitgebracht, darunter eine Frau, die verdächtig aussah wie …
„Sag Kommandantin Rue, dass ich sie sofort sehen will“, befahl Ristéard plötzlich und sah Andras an. „Außerdem will ich jegliche Informationen, die Dedeis Rue und seine Braut aus den alten Tafeln entziffert haben, die sie gefunden haben.“
Andras senkte den Kopf, bevor er zur Tür ging. Als sie sich öffnete, hielt er nochmals inne, drehte sich um und sah Ristéard stirnrunzelnd an. Dann ging sein Blick wieder zu der holografischen Darstellung.
„Wie willst du herausfinden, ob sie wirklich die Kaiserin ist, die unsere Welt retten wird?“ fragte Andras leise. „Was ist, wenn sie gar nicht bereit ist, uns zu helfen?“
Ristéard sah mit einem finsteren Blick von dem holografischen Bild auf. „Das wird sie“, antwortete er arrogant.
„Woher weißt du das?“, fragte Andras.
„Weil sie keine andere Wahl haben wird“, antwortete Ristéard, seine Augen funkelten entschlossen. „Sie wird uns helfen, auch wenn ich sie dafür entführen muss.“
Andras sagte einen Moment lang nichts, bevor ein widerwilliges Grinsen auf seine Lippen trat. Offensichtlich würden die Dinge sehr interessant werden … so oder so. Entweder würden sie entdecken, dass sie die prophezeite Kaiserin des Elpidios-Aufstandes gefunden hatten, oder sie würden sich mit den Kassisanern im Krieg befinden. Das Leben der Bewohner von Elpidios und ihres Großherrschers würde sich in jedem Fall verändern.
„Ich werde Kommandantin Rue anweisen, unverzüglich herzukommen und sämtliche Informationen mitzubringen, die sie haben könnte“, antwortete Andras. „Und ich werde Emyr, Sadao und Harald vorwarnen, dass sich auf eine verdeckte Mission vorbereiten sollen.“
Ristéard nickte zustimmend. Langsam ließ er sich in den großen Stuhl hinter seinem Schreibtisch sinken, die Augen starr auf das Bild von Ricki Bailey gerichtet. Einen Moment lang war er unentschlossen. Er schob das Gefühl beiseite, beugte sich vor und tippte einen Befehl in die Konsole auf seinem Schreibtisch.
Ein zweites Bild erschien, dieses Mal von den alten Tafeln, die Dedeis Rue entdeckt hatte. Er wollte die Informationen, die Kommandantin Rue ihm brachte, mit dem vergleichen, was er bereits erhalten hatte. Wenn ihnen allen ihr Leben lieb war, stimmte es besser überein oder war ausführlicher als das, was er derzeit hatte.
„Wer bist du?“, flüsterte er und betrachtete die beiden Bilder eingehend. „Wie kann das überhaupt möglich sein?“
Die Bilder waren fast identisch. Die Farbe auf der Steintafel war verblasst und ein Teil davon fehlte, doch die Gesichtszüge ließen denken, Ricki Bailey hätte für das Bildnis auf dem zweitausend Jahre alten Stein posiert. Wenn es etwas gab, das er nicht ausstehen konnte, dann waren es offene Fragen.
„Herein“, rief er, als ein leises Klopfen an der Tür ertönte.
Eine schlanke, blaue Frauengestalt trat ein, mit einem sinnlichen Lächeln auf den Lippen. Sie trug das traditionelle Gewand, das die meisten Frauen anhatten. Es schmiegte sich um ihre Figur, entblößte eine zarte, blaue Schulter und wurde von einer großen, schwarzen Brosche im Brustbereich zusammengehalten. Er machte ein finsteres Gesicht, als sie die Tür hinter sich schloss und begann, die Brosche zu lösen.
„Ich habe gehört, dass Sie zurückgekehrt sind“, flüsterte sie. „Ich bin hier, um Ihnen Freuden zu bereiten, mein Großherrscher.“
Ricki suchte das Zelt nach ihrem Vater ab. Ein Lächeln trat auf ihre Lippen, als sie sah, dass er sich mit Stan unterhielt, dem Computergenie, das für zahlreiche ihrer Shows verantwortlich war. Stan war ein ausgesprochen netter Mann und versuchte seit einem Jahr, sie zu einem Date mit ihm zu überreden.
Das Problem war nur, dass sie eine sehr strenge Regel hatte, was Verabredungen mit Zirkusmitgliedern anging. Sie wollte sichergehen, dass jeder, mit dem sie sich verabredete, an ihr als Person und nicht am Reichtum ihrer Eltern interessiert war. Außerdem würde es ihr Leben erschweren, wenn daraus nichts wurde. Da sie nicht vorhatte, den Zirkus zu verlassen, würde das bedeuten, dass sie entweder mit der Person leben oder sie aus dem Zirkus schmeißen müsste.
Ricki hielt sich für einen sehr ruhigen, logischen Menschen und bedachte stets alle möglichen Szenarien. Ausgehend von der Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Beziehung nicht funktionieren würde, hatte sie beschlossen, dass der beste Weg zu einem glückliche, gesunden Arbeits- und Privatleben der war, persönliche Beziehungen zu denjenigen zu vermeiden, die mit ihnen reisten. Da folgerichtig nur noch die Männer infrage kamen, die nichts mit dem Zirkus zu tun hatten – der ständig unterwegs war – bedeutete das, dass sie keine nennenswerten Beziehungen gehabt hatte. Oh, zwar hatte sie sich gelegentlich mit jemandem verabredet, den sie unterwegs kennengelernt hatte, aber sie stellte schnell fest, dass diese Leute mehr in ihren Lebensstil als in sie verliebt waren. Und diese Erkenntnis bedeutete oft das Ende für jedes Versprechen einer zweiten Verabredung.
Jetzt, tja … jetzt musste sie ihre strengen Regeln vielleicht überdenken, da sie nicht länger auf der Erde waren. Ihr Blick wanderte durch das Zelt und nahm die bekannten und weniger bekannten Gesichter in Augenschein. Eine leichte Röte stieg ihr in die Wangen, als sie sah, wie einer der Kassisan-Wächter, an dessen Anwesenheit sie sich gewöhnt hatte, sie interessiert ansah.
Nein, dachte sie und setzte ein gleichgültiges Gesicht auf, was sie immer dann tat, wenn sie sich unsicher fühlte. Die Dinge waren nicht mehr so wie früher.
Als sie sich umdrehte, lächelte sie Jo Strauss an, oder Jo Ja Kel Coradon, wie sie jetzt genannt wurde. Jo war ihre beste Freundin und die Einzige, die wirklich wusste und verstand, wie unzulänglich sich Ricki oft fühlte. Sie war nicht so begabt wie Jo und deren jüngere Schwester, Star. Sie konnte nicht durch die Luft fliegen oder Messer werfen wie River Knight-Ja Kel Coradon oder komplexe Programme schreiben wie Stan oder Menschen zum Lachen bringen oder die Hunderte von anderen Dingen, die ihre Freunde und ihre Ersatzfamilie des Zirkus konnten. Sie konnte zwei Sachen gut: Dinge organisieren und mit zahllosen komplexen Problemen umgehen, die mit dem Umzug eines Zirkus von der Größe des Cirque de Magik von einem Ort zum anderen einhergingen.
Das Lächeln auf ihrem Gesicht wurde noch breiter, als sie Marvin und Martin, die beiden Pantomimen, die sich als Außerirdische entpuppt hatten, dabei beobachtete, wie sie Manota Ja Kel Coradon, Jos Ehemann, aufhielten. Sie war schon immer von ihnen fasziniert gewesen. Sie waren einfach so gut in dem, was sie taten, dass sogar sie sich oft von ihnen hatte an der Nase herumführen lassen. Die Entdeckung, dass sie keine Menschen waren, ließ sie nicht anders über die beiden denken. Im Gegenteil! Sie passten sogar noch mehr zu ihnen. Ihr Vater und ihre Mutter hatten im Laufe der Jahre so viele Außenseiter und verlorene Seelen in die Zirkusfamilie aufgenommen, dass das einfach der Normalzustand war.
Und außerdem, dachte Ricki mit einem Seufzer, bin ich genauso eine Außenseiterin wie die anderen. Vielleicht ist das der Grund, warum ich den Zirkus nie verlassen will.
Als sie fünf Jahre alt war, hatten ihre Eltern ihr erklärt, wie sie ein Teil ihres Lebens geworden war. Damals war sie schon fast so groß wie ihre kleinwüchsige Mutter. Sie erinnerte sich, dass sie ihre Mutter gefragt hatte, warum sie so anders aussah als sie.
* * *
„Mom, warum habe ich blondes Haar, wenn du und Papa braunes Haar haben“, erinnert sie sich, gefragt zu haben. „Star und Jo sehen aus wie ihre Eltern, aber ich sehe überhaupt nicht aus wie du und Dad.“
Ihre Mutter hatte ihren Vater eine Weile schweigend angesehen und dann sanft ihre Hand genommen und sich zu ihr gesetzt. Ricki erinnerte sich daran, wie ihre Mutter ihr erzählt hatte, wie sie sie auf der Treppe ihres Wohnwagens gefunden hatte. Sie hatte aufmerksam zugehört und genickt, als ihre Eltern ihr sagten, dass sie ein wunderbares Geschenk für sie sei und sie sie sehr, sehr liebhatten.
„Glaubst du, sie werden zurückkommen und mich wegholen?“, hatte sie voller Angst gefragt. „Wenn wir weiterziehen, können sie mich nicht finden, oder? Ich will nicht, dass sie mich von dir und Dad wegholen.“
„Oh, Ricki“, hatte Nema geantwortet, sie in ihre Arme gezogen und ihren kleinen zitternden Körper ganz fest umarmt. „Nein, Ricki, wir würden niemals zulassen, dass sie dich uns wegnehmen. Du bist unser kleines Mädchen! Ist es nicht so, Walter? Sie gehört uns!“
„Verdammt richtig“, versicherte Walter mit seiner rauen Stimme. „Wir sind deine Eltern, Ricki. Und ich kann dir sagen, dass jedes einzelne Mitglied dieses Zirkus in den Kampf ziehen würde, um dich bei uns zu behalten. Du bist für immer unser kleines Mädchen, ganz gleich, was passiert“, erklärte er und breitete seine Arme aus.
„Da hast du verdammt recht, Dad“, erklärte Ricki leidenschaftlich und neigte stur ihr Kinn. „Ich werde weder dich, noch Mom, noch den Zirkus jemals verlassen!“
Ricki kicherte leise, als sie sich an ihre heftige Reaktion erinnerte. Es hatte sowohl sie als auch ihre Eltern überrascht, aber es war der Moment gewesen, in dem sie wusste, dass sie den Zirkus nie verlassen würde. Jedes einzelne Mitglied akzeptierte sie so, wie sie war: die ganz normale Ricki. Es war ihnen egal, dass sie nicht all die wunderbaren, magischen Dinge tun konnte, die sie konnten. Sie liebten sie einfach so, wie sie war … die schüchterne, logische, organisierte, praktische Ricki.
„Ricki!“, rief Jo und riss sie aus ihren Gedanken.
„Hi, Jo“, antwortete Ricki und kicherte, als sie Manota leise knurren hörte, während Marvin einen langen Schal aus seinem Ohr zog. „Ich hoffe, Manota bringt die beiden nicht um.“
Jo schnaubte und blickte mit einem liebevollen Blick zu Manota. „Mast du Witze? Nachdem, was wir seit ein paar Wochen über sie wissen? Ich glaube nicht, dass irgendetwas sie umbringen könnte.“
Ricki lächelte, als Martin sich umdrehte. Ihr Blick wurde weicher, als er sie so fragend ansah. Er schien ihre Reaktion einschätzen zu wollen. Sie neigte leicht den Kopf, um ihm zu verstehen zu geben, dass sie mit seinem und Marvins neuem Status als Außerirdische im Zirkus einverstanden war.
„Wie geht es Thea?“, fragte Ricki leise. „Sie hat sich ganz schön aufgeregt. Hat sie ihnen schon verziehen?“
Jo schüttelte den Kopf. „Sie sagt nicht viel, aber ich glaube nicht, dass es sie so aufregt, weil die beiden Männer, die sie liebt, ganz anders sind. Sondern es ist wohl eher die Tatsache, dass sie es ihr verheimlicht haben“, antwortete sie mit einem Seufzer.
Ricki nickte und sah zu, wie die beiden Brüder sich umdrehten und schweigend aus dem großen Zirkuszelt gingen. „Ich glaube, sie sind fertig damit, deinen Mann zu ärgern“, kicherte Ricki.
„Ich habe sie gebeten, ihn aufzuhalten, sollte er hinter mir her sein“, gestand Jo augenzwinkernd. „Seit er weiß, dass ich schwanger bin, versucht er mich einzusperren. Er hat schreckliche Angst, ganz egal, was ich tue.“
„Geh zu ihm“, murmelte Ricki mit einem traurigen Lächeln. „Er will dich doch bloß beschützen. Es ist offensichtlich, dass er dich innig liebt.“
Sie beobachtete, wie Jo sich umdrehte und Manota sie beobachtete. Besorgnis und Liebe waren in seinem Blick, als er Jos Bäuchlein betrachete. Sie nickte, als Jo murmelte, dass sie sich später sehen würden. Irgendetwas sagte Ricki allerdings, dass Jo wahrscheinlich sehr beschäftigt sein würde. Allein der Gedanke daran ließ Rickis Wangen wieder leicht erröten. Sie fragte sich, wie es sich wohl anfühlen würde, so sehr geliebt zu werden.
„Du bist so schön wie eh und je, Ricki“, stellte Stan fest und kam auf sie zu. „Wann lässt du dich endlich von mir zum Essen ausführen?“
Ricki drehte sich überrascht um. Sie betrachtete Stan ein paar Sekunden, bevor sie beschloss, dass sie eine Entscheidung treffen musste. Sie war nicht mehr auf der Erde. Wenn sie eine Beziehung haben wollte – war es dann nicht besser, mit jemandem zusammen zu sein, den sie kannte, dem sie vertraute und den sie respektierte? Auf Stan traf all dies zu. Er ließ ihren Puls zwar nicht so schnell schlagen wie …
„Wie wäre es mit heute Abend?“, antwortete Ricki plötzlich und lenkte ihre Gedanken von dem Weg ab, den sie einschlagen wollten. „Das heißt, wenn …“
„Heute Abend passt prima“, stimmte Stan sofort zu und grinste. „Ich werde kurz vor Einbruch der Dunkelheit zu deinem Wohnwagen kommen. Ich habe in der Stadt ein hübsches Restaurant gefunden.“
Ricki neigte zustimmend den Kopf und schob ihre Brille hoch. „Das klingt wunderbar“, sagte sie mit einem nervösen Lächeln. „Ich freue mich darauf, dich heute Abend zu sehen. Und jetzt entschuldige mich bitte, ich muss noch ein paar Dinge mit meinem Vater besprechen. Bis später.“
Ricki schenkte Stan ein schüchternes Lächeln. Sie sah zu, wie er sich umdrehte und zu einem der Clowns ging, der an den Takelagen arbeitete und Hilfe benötigte. Sie weigerte sich, die Schmetterlinge in ihrem Bauch weiter zu beachten. Es war Zeit, dass sie eine Entscheidung darüber traf, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte. Stan hatte bewiesen, dass er verlässlich, freundlich und fürsorglich war, und jetzt spielte der Reichtum ihrer Eltern ohnehin keine Rolle mehr – sie bezweifelte stark, dass die irdische Währung hier akzeptiert wurde.
„Dad, ich muss mit dir ein paar Dinge besprechen, wenn du einen Moment Zeit hast“, rief Ricki und ging zu ihrem Vater.
* * *
Walter warf einen Blick auf Ricki und verspürte zugleich Stolz und Sorge, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder Marcus zuwandte. Der ‚Magier Extraordinaire‘ war in Wirklichkeit ein meisterhafter Taschendieb und Gauner, der sein Handwerk auf den Straßen von Las Vegas gelernt hatte. Er war nur einer von zahlreichen Menschen, die es zum Zirkus gezogen hatte, auf der Suche nach einem Leben, das sie vor ihrer Vergangenheit schützte und ihnen gleichzeitig den ersehnten Nervenkitzel gab.
„Ich bin gleich da, Ricki“, antwortete Walter mit einem Nicken. „Marcus, arbeite mit Stan zusammen und seht, wie morgen alles abläuft. Das ist für alle noch neu, und ich weiß, dass morgen ein paar Wissenschaftler kommen, um unsere Tiere zu untersuchen.“
Marcus schnitt eine Grimasse. „Du weißt, wie sehr Katarina ihre Tiger beschützt, Walter“, stöhnte er. „Sie wird ihnen eher befehlen, die Aliens zu fressen, als dass sie einen von denen in die Nähe eines ihrer Babys lässt.“
„Tja, dann kümmerst du dich besser darum, dass sie das nicht tut!“, grunzte Walter und wandte sich ab. „Sag ihr, dass sie ihre verdammten Raubtiere besser im Griff hat, und dass das Fressen unserer Gastgeber nicht dazu beitragen wird, dass uns akzeptieren.“
„Verflucht noch mal“, brummte Marcus. „Ich hasse es, mich mit dieser verrückten Russin auseinanderzusetzen. Sie schickt mir immer eine ihrer verfluchten Tiger auf den Hals.“
„Naja, das würde sie sicher nicht tun, wenn sie dich nicht dabei erwischt hätte, wie du das Ozelot-Junges in eine deiner magischen Verschwindeboxen steckst“, bemerkte Stan und wischte sich die Hände ab, nachdem er einem der Clowns mit der Ausrüstung geholfen hatte. „Ich habe dich vorgewarnt, dass sie sie sehr beschützt.“
Walter schüttelte den Kopf, als die beiden Männer aus dem Zelt gingen. Marcus hatte Recht, Katarina Danshov war extrem wählerisch, was ihre Fellfreunde betraf, und hatte daher stets einen oder mehrere an ihrer Seite. Er fragte sich nicht länger, wie sie die Biester unter Kontrolle hielt. Da er nun wusste, dass Außerirdische tatsächlich existierten, fand er das gar nicht mehr so seltsam.
„Was kann ich für dich tun, Liebes?“, fragte Walter und sah Ricki an. „Ich schwöre, du wirst jeden Tag hübscher. Wann wirst du dir einen jungen Mann suchen? Du weißt doch, dass deine Mutter unbedingt ein Enkelkind haben möchte.“
Ricki verdrehte die Augen und presste die Lippen zusammen, um sich ein Stöhnen zu verkneifen. Jetzt, wo River, Star und Jo schwanger waren, hatte ihre Mutter Andeutungen gemacht, wie gern sie selbst eine Enkeltochter oder einen Enkelsohn zum Kuscheln hätte.
Immer wieder wies sie in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es hilfreich sei, zuerst einen Ehemann zu haben, und dann ein Baby zu bekommen. Und das hatte dazu geführt, dass ihre Mutter heute Morgen eine lange Liste mit in Frage kommenden Männern auf ihrem Tablet zusammengestellt hatte. Ricki sah ihren Vater kopfschüttelnd an und starrte dann auf das Tablet in ihrer Hand.
„Du bist genauso schlimm wie Mom“, brummte Ricki leise.
Walter schnaubte und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wir werden nicht jünger und du auch nicht“, erklärte er, bevor sein Blick weicher wurde, als er ihre geröteten Wangen sah. „Wir wollen doch bloß nicht, dass du allein bist, Ricki. Wenn deiner Mutter und mir etwas zustoßen sollte …“
Ricki sah schnell in das Gesicht ihres Vaters. Besorgnis und Angst verdunkelten ihre leuchtend blauen Augen, als sie auf ihn hinabsah. Sie biss sich besorgt auf die Lippe. War einer von ihnen beiden krank? Sie könnte einen Termin bei den Heilern hier vereinbaren. Das medizinische Personal schien viel besser ausgebildet zu sein als auf der Erde. Wenn etwas nicht in Ordnung war, konnten die Ärzte hier es sicher heilen.
„Ist einer von euch beiden krank?“, fragte Ricki, ihre Stimme klang heiser. „Ich kann sofort einen Termin bei Shavic machen. River sagt, er ist wunderbar.“
Walter ließ die Arme sinken, bevor er beruhigend Rickis Hand nahm. Kopfschüttelnd führte er sie zu den Metallbänken und wartete, bis sie sich gesetzt hatte. Nema hatte ihn gebeten, ein Gespräch mit Ricki zu führen.
„Ähm, Ricki, ich wollte etwas mit dir besprechen“, begann Walter verlegen, während er vor ihr hin und her ging. „Deine Mutter und ich … na ja … Sie dachte, es sei vielleicht besser, wenn ich mit dir darüber rede, um dir, ähm, die Sichtweise eines Mannes zu vermitteln und so.“
* * *
Ricki riss kurz die Augen auf, bevor sie ihre Augenlider senkte, um die Belustigung und gleichzeitige Beschämung in ihrem Blick zu verbergen. Sie bekam das Gefühl, dass ihr nicht gefallen würde, was ihr Vater zu sagen hatte. Als er sich räusperte, sah sie ihn erneut an.
„Also, Ricki“, begann er mürrisch. „Es gibt da ein paar Dinge im Leben, die ganz natürlich ablaufen. Zum Beispiel, wenn ein Mann eine Frau kennenlernt oder umgekehrt. Wenn ein Mann eine Frau attraktiv findet, wird er das auf viele verschiedene Arten zeigen. Wenn er Manieren hat und weiß, was gut für ihn ist, wird er das Richtige tun und mich um Erlaubnis bitten, dir den Hof zu machen.“
Ricki sah ihren Vater mit großen Augen an, als er plötzlich vor ihr stehen blieb und sie mit einem so grimmigen Blick ansah, der Männer, die viermal so groß waren wie er, in die Flucht geschlagen hätte. Sie hatte herausgefunden, dass nicht die Körpergröße einen Mann ausmachte, sondern die Art, wie er sich gab. Ihr Vater war eindrucksvoller und grimmiger als jeder einzelne dieser außerirdischen Krieger … selbst der große blaue, wie sie fand.
„Und wenn er es nicht tut?“, fragte Ricki neugierig und sah ihren Vater mit schiefgelegtem Kopf an. „Was passiert dann?“
„Dann werde ich seine Eier über offenem Feuer rösten und den Rest seines Hinterns an Katarinas Tiger verfüttern“, knurrte ihr Vater mit tiefer, grimmiger Stimme. „Wenn der Mann dich respektiert, wird er mich zuerst fragen. Wenn er das nicht tut, ist er Tonys Elefantenpisse nicht wert, wenn du mich fragst.“
Ricki blinzelte mehrmals, bevor sie sich auf die Lippe biss und zur Zeltöffnung blickte. „Ich … Stan“, begann sie zu sagen, bevor sie wieder zu ihrem Vater sah.