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Dieser Band enthält folgende Romane von Carol East: Sie liebte im dunklen Schatten Der Hund der Sara May Erbin des Fluchs Es war ein idyllisches Bild: Der ruhig dahingleitende Strom, der kaum Wellengang zeigte, die paar Enten, die in aller Ruhe umherschwammen, der leichte Wind, der sich im Ufergebüsch fing und leise in den Ästchen und Zweigen säuselte... und das kleine Mädchen, das am Ufer spielte. Es war zwar ärmlich gekleidet, als sei es die Tochter eines kleinen Bauern, der nur mit Mühe sein tägliches Brot verdiente, aber es war fröhlich und ausgelassen. So machte es als einziges Geschöpf Lärm. Auch wenn die Natur ringsum überhaupt nicht darauf reagierte. Als würde sie es nur mit gelassenem Wohlwollen registrieren. Lisa schaute auf die Szene, und sie spürte dabei wieder dieses seltsame Gefühl in ihrer Brust. Nicht nur, weil sie diese Szene schon so oft gesehen hatte, sie wußte gar nicht mehr wie oft. Es war schon beim ersten Mal so gewesen, auch wenn sie sich an dieses erste Mal eigentlich gar nicht mehr so recht erinnern konnte. Außer eben daran, daß sie auch damals schon dieses Gefühl verspürt hatte: Es war das Gefühl von Vertrautheit, vermischt mit Wehmut, vielleicht auch mit einer gewissen Sehnsucht, als wollte sie niemals mehr dieses Bild loslassen.
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Romantic Thriller Spezialband 3015 - 3 Romane
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Sie liebte im dunklen Schatten: Mitternachtsthriller
Der Hund der Sara May: Mitternachtsthriller
Erbin des Fluches: Mitternachtsthriller
Dieser Band enthält folgende Romane
von Carol East:
Sie liebte im dunklen Schatten
Der Hund der Sara May
Erbin des Fluchs
Es war ein idyllisches Bild: Der ruhig dahingleitende Strom, der kaum Wellengang zeigte, die paar Enten, die in aller Ruhe umherschwammen, der leichte Wind, der sich im Ufergebüsch fing und leise in den Ästchen und Zweigen säuselte... und das kleine Mädchen, das am Ufer spielte. Es war zwar ärmlich gekleidet, als sei es die Tochter eines kleinen Bauern, der nur mit Mühe sein tägliches Brot verdiente, aber es war fröhlich und ausgelassen. So machte es als einziges Geschöpf Lärm. Auch wenn die Natur ringsum überhaupt nicht darauf reagierte. Als würde sie es nur mit gelassenem Wohlwollen registrieren.
Lisa schaute auf die Szene, und sie spürte dabei wieder dieses seltsame Gefühl in ihrer Brust. Nicht nur, weil sie diese Szene schon so oft gesehen hatte, sie wußte gar nicht mehr wie oft. Es war schon beim ersten Mal so gewesen, auch wenn sie sich an dieses erste Mal eigentlich gar nicht mehr so recht erinnern konnte. Außer eben daran, daß sie auch damals schon dieses Gefühl verspürt hatte: Es war das Gefühl von Vertrautheit, vermischt mit Wehmut, vielleicht auch mit einer gewissen Sehnsucht, als wollte sie niemals mehr dieses Bild loslassen.
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Originaltitel:
"Liebe im Schatten"
*
Das Haus war zunächst nur ein schwarzer Fleck in einer unheimlich anmutenden Landschaft. Obwohl... Cindy Fallon vermochte gar nicht zu sagen, was eigentlich an dieser Landschaft so unheimlich wirkte: Alles lag still und schweigend im bleichen Licht des mitternächtlichen Vollmondes, und eigentlich hätte das doch eher friedlich wirken sollen?
Das Haus. Sein großer Schatten erhellte sich, wie von einer unsichtbaren Macht beleuchtet. Das war viel heller, als der Mond allein es vermocht hätte. Es begann, regelrecht von innen heraus zu leuchten. Und das war viel unheimlicher als die Landschaft darum herum je hätte wirken können.
Zunächst hatte Cindy ja so etwas wie aufkeimende Freude verspürt, als das Leuchten ihren Blick auf sich gelenkt hatte. Weil das Licht eigentlich hätte in der Lage sein sollen, den Alpdruck zu vertreiben. Doch jetzt wußte sie, daß Licht nicht immer das Gute bedeuten mußte und Schatten nicht immer das Böse. Und auf einmal umklammerte Angst ihr heftig pochendes Herz. Ach, wie gut, daß sie die Hand des Geliebten in der ihrigen spürte. Das gab ihr Kraft, und das gab ihr den nötigen Mut, um sich dem Haus zu nähern.
Ernest Reed, der Mann nicht nur ihrer Träume, sondern vor allem der Mann ihres Lebens, war mit ihr. Das allein genügte, um alle negativen Gefühle zu vertreiben und nur noch Neugierde übrig zu lassen.
Cindy Fallon runzelte überrascht die Stirn. Sie spürte gar nicht den Boden, auf dem sie ging. Als würde sie dahinschweben. Auch erschien ihr jetzt das Haus in der unwirklichen Landschaft wie ein Modell, so klein. Und jetzt drehte sich das Ganze, als befände sich Cindy mit ihrem Geliebten in einem Hubschrauber, der um das Haus herumkreiste. Alles dies geschah jedoch in wahrhaft gespenstischer Lautlosigkeit.
"Cindy!" stöhnte Ernest gequält.
Cindy wollte sich ihm zuwenden, aber das gelang ihr nicht. Er war bei ihr und doch nicht bei ihr. Das Haus beherrschte nun alles. Es raste heran, bis es so nahe erschien, daß Cindy unwillkürlich danach greifen wollte.
"Cindy!" Es klang diesmal flehentlich, als befände sich Ernest in höchster Not und bedürfte dringend ihrer tätlichen Hilfe.
Sie hatte immer noch seine Hand in ihrer, aber die Angst war wieder da und umklammerte ihr Herz.
"Was geht hier vor?" Die Frage ging ihr kaum über die bebenden Lippen. "Ernest, das Haus... Was ist mit ihm?"
Ja, gewiß, jetzt war ihr auf einmal alles klar: Das Haus war der Dreh- und Angelpunkt. Es übte Macht aus, und sie wurde davon mehr und mehr beherrscht. Deshalb konnte sie ihren Blick nicht mehr wenden, um nach dem Geliebten zu sehen.
Ernest gab keine Antwort. Sie hörte ihn jedenfalls nicht mehr. Und dann entglitt ihr auch noch seine Hand. Das konnte sie nicht verhindern.
"Ernest!" schrie sie panikerfüllt. "Ernest!" Aber ihr Ruf verwehte ungehört. Ernest war nicht mehr bei ihr. Sie fühlte sich verlassen, einsam, schutzlos dieser Macht ausgeliefert.
Das Haus...
Dies war ihr letzter Gedanke, bevor sie sich von unsichtbaren Händen gepackt fühlte, die sie wegrissen in eine andere Sphäre, in die Sphäre der Wirklichkeit: Cindy Fallon erwachte mit einem Schrei auf den Lippen.
+ + +
Es dauerte eine Weile, bis sich Cindy wieder zurechtfand. Der Traum hatte eine sehr nachhaltige Wirkung auf sie. Schweißgebadet saß sie im Bett und lauschte in die Geräuschkulisse der Großstadt London hinaus. Noch nie zuvor hatte diese so beruhigend auf sie gewirkt. Sie war Realität. Der Alptraum hingegen...
Um den unangenehmen Schweiß abzuspülen und wieder klarer denken zu können, ging sie unter die Dusche. Aber erst als das Wasser eine zeitlang auf ihr Gesicht niedergeprasselt war, fühlte sie sich wieder etwas besser.
Sie dachte an Ernest. Eigentlich hätte sie ja gar nichts dagegen gehabt, wenn sie zusammengezogen wären. Obwohl sie sich erst einen Monat kannten. Aber er hatte es nie angesprochen, und so hatte auch sie nichts gesagt. Wie gern hätte sie es jetzt gehabt, wäre er bei ihr gewesen. So aber war er in seiner Wohnung und sie war hier. Allein!
Früher wären solche Gedanken undenkbar gewesen für sie. Cindy hatte von sich immer angenommen, eine Frau zu sein, die so sehr mit beiden Beinen im Leben stand, daß sie niemals einen Partner brauchte, um dieses Leben zu teilen. Vor allem keinen männlichen Partner. Nicht, daß sie niemals einen Freund gehabt hätte. Aber Cindy hatte sich regelrecht davor gefürchtet, einen Mann zu nahe an sich herankommen zu lassen. Einfach, weil sie Angst vor Enttäuschungen hatte. So waren ihre bisherigen Beziehungen eher oberflächlich und eigentlich belanglos und niemals von langer Dauer gewesen.
Bis sie Ernest Reed kennengelernt hatte. Sie waren sich vorher bereits mehrmals auf der Straße begegnet und hatten sich angesehen, mehr nicht. Cindy erinnerte sich an jedesmal, als wäre es erst eine Minute her. Mit heftig klopfendem Herzen war sie weitergegangen. Wäre Ernest Reed ihr gefolgt und hätte sie angesprochen, hätte sie sich gegen ihn gewehrt, mit aller Kraft ihres Herzens. Es wäre nichts aus ihnen geworden. Ganz gewiß nicht. So aber war er bei jeder dieser Begegnungen scheinbar genauso vor ihr geflüchtet wie sie vor ihm.
Und dann kam der allesentscheidende Moment, ebenfalls auf der Straße, ganz woanders in der Stadt.
Und dabei war irgendwie alles anders gewesen.
Sie hatte auf einmal ganz genau gewußt: Das ist mein Schicksal. Das kann man nicht einfach Zufall nennen. Wir sind füreinander bestimmt. Ja, das allmächtige Schicksal will es so.
Und Cindy Fallon war stehengeblieben. Zum ersten Mal. Genauso wie Ernest Reed. Wieder hatten sie sich zunächst nur angesehen, beide deutlich verwirrt.
Cindy konnte sich noch genau an seinen Gesichtsausdruck erinnern. In seinen Augen war sogar Traurigkeit gewesen, eine unendliche Traurigkeit, die sie bis heute nicht deuten konnte. Und dann waren sie einfach aufeinander zugegangen und hatten sich wie selbstverständlich an den Händen gefaßt. Sie hatten sich betrachtet, wahrscheinlich minutenlang. Dabei war alle Welt um sie herum versunken.
"Ich liebe dich!" hatten Cindys Gedanken ausgerufen, aber sie hatte diese Worte nicht über ihre bebenden Lippen gehen lassen. Weil sie es niemals zuvor für möglich gehalten hätte, daß sie solches zu einem Mann jemals hätte sagen wollen.
Wenn Ernest sie gefragt hätte... Ja, ganz gewiß, Cindy wäre sofort zu ihm gezogen. Oder sie hätte ihn bei sich in der Wohnung aufgenommen, wo sie ganz allein wohnte.
Ihre Freundin Ellen hatte es lapidar so kommentiert, als sie es ihr erzählt hatte: "Du spinnst!"
Cindy hatte ihr noch nicht einmal widersprechen können. Wenn Verliebte verrückt waren, ja, dann war sie tatsächlich inzwischen verrückt geworden, unaufhaltsam sozusagen.
Es hatte sich eine sehr glückliche Zeit daraus entwickelt, die ganzen Wochen von ihrer entscheidenden Begegnung an bis - vorgestern. Denn da war die Wende gekommen.
Eigentlich war Ernest schon immer etwas melancholisch gewesen. Es hatte Cindy allerdings nie gestört. Es paßte irgendwie zu ihm. Warum hätte sie es ihm vorwerfen sollen? Nein, sie liebte ihn einfach so, wie er nun einmal war. Er brauchte sich nicht zu ändern. Für sie jedenfalls nicht.
Aus der Melancholie war vor zwei Tagen regelrecht Ablehnung geworden. Cindy hatte ihn gefragt: "Was ist denn los, Ernest? Du bist so geistesabwesend?"
Er hatte sie mit seinen traurigen Augen angesehen und geantwortet: "Die Zeit ist bereits überschritten. Es ist sicherlich besser, wenn wir uns nie mehr wiedersehen."
Noch vor zwei Wochen hatte er vom Haus seiner Vorväter gesprochen und daß es seine Pflicht wäre, sie dort einzuführen, und jetzt das? Ein unerklärliches Verhalten und - recht seltsame Worte. Irgendwie ergab das Ganze für sie überhaupt keinen Sinn.
Sie hatte ihm das vorgehalten. Nicht zänkisch, sondern mit ruhiger Stimme. Sie hatte keinen Streit mit ihm riskieren wollen, sondern nur Klarheit angestrebt. Deshalb hatte sie sich jedes einzelne Wort überlegt. Nein, er hatte nicht böse auf sie werden sollen.
Aber sie hatte keinen Erfolg gehabt, so sehr sie sich auch bemüht hatte. Als hätte sie gegen eine Wand geredet. Wenn überhaupt, dann hatte er ihr nur ausweichende Antworten gegeben. Und dann hatte er sie gebeten, endlich zu gehen.
Ja, zwei Tage waren das jetzt her. Sie hatte ihn verlassen, wie er es von ihr gewünscht hatte, und Ernest hatte sich bei ihr seitdem nicht mehr gemeldet.
Sie hatte ihn in Ruhe gelassen. Sie hatte ihn in keiner Weise bedrängen wollen. Vielleicht war das ein Fehler gewesen?
Jedenfalls hatte es bei ihr zu diesem schrecklichen Alptraum geführt. Davon war sie jetzt überzeugt. Das Haus seiner Vorväter, das war sicher dieses Haus in ihrem Alptraum. Als wäre ein Haus jemals in der Lage, sich zwischen zwei Menschen zu stellen...
Es wurde ihr bewußt, wie unsinnig das erschien.
Cindy stellte die Dusche wieder ab und angelte sich das Badetuch. Sie rubbelte sich trocken, so kräftig, daß ihre Haut sich rötete.
Jetzt ging es ihr wieder besser, wenn auch der Schmerz in ihrem Herzen geblieben war, Ernest betreffend. Ja, es schmerzte sie. Es war so schön gewesen, mit ihnen beiden. Sie hatte nur deshalb nie einen Mann zu nahe an sich herangelassen, weil sie genau davor Angst gehabt hatte, was jetzt mit ihr wohl geschehen würde: Ernest war ihrer überdrüssig geworden und zog sich zurück.
"Diese Männer sind alle gleich!" redete sie sich ein. Aber sie wußte gleichzeitig, daß diese Pauschalierung irgendwie billig war. Es mußte einen Grund geben für das Verhalten von Ernest. Anders war es nicht erklärbar. Es reichte einfach nicht, anzunehmen, er sei ihrer nur überdrüssig geworden oder so und deshalb würde er sich zurückziehen. Da war etwas, was Cindy vielleicht herausfinden sollte, bevor es endgültig für ihre Liebe zu spät war?
Sie warf sich in ihren Bademantel und ging entschlossen zum Telefon. Es war zwar schon nach Mitternacht, aber sie würde Ernest trotzdem anrufen, jetzt sofort. Sie durfte nicht mehr länger zögern, vielleicht aus gekränktem Stolz heraus oder so. Dafür bedeutete er ihr zuviel. Wenn er wirklich nichts mehr von ihr wissen wollte, dann sollte er es ihr ganz deutlich sagen, und außerdem nicht ohne Begründung. Darauf würde Cindy bestehen. Und wenn er nicht darauf eingehen wollte, dann würde sie nicht mehr lockerlassen. Nein, so einfach ließ sie sich nicht abspeisen.
"Du hast gesagt, daß du mich liebst, Ernest, und ich empfinde dasselbe für dich. Eine solche Liebe, wie wir sie füreinander verspüren, erlischt nicht von heute auf morgen, einfach so. Und ich werde für diese Liebe kämpfen. Das weiß ich jetzt. Und kein Alptraum der Welt kann mich davon abhalten."
Es klang sehr entschlossen aus dem Mund der selbstbewußten jungen Frau, und wenn Cindy Fallon einen solchen Schwur leistete, dann pflegte sie ihn auch zu halten.
Obwohl es für sie vielleicht doch in diesem Fall besser gewesen wäre, die Entscheidung von Ernest Reed so zu akzeptieren, wie sie sich darstellte. Doch das wußte Cindy Fallon zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht. Sie konnte nicht einmal ahnen, auf was sie sich da wirklich einließ. Es würde viel mehr sein, als "nur" der Kampf um ihre große Liebe...
+ + +
Cindy Fallon ließ es mehrmals durchläuten, aber Ernest ging nicht an den Apparat. Ein Beweis dafür, daß er nicht daheim war? Cindy mochte es einfach nicht glauben. Deshalb wollte sie zunächst nicht aufgeben, auch wenn es im Moment unvernünftig erschien.
"Warum gehst du nicht an den Apparat?" fragte sie in den Hörer hinein, lauschte noch ein paarmal dem Rufton nach und legte dann endlich auf.
Eine Weile starrte sie auf den Apparat wie auf einen bösen Feind. Sie wußte nicht, was sie jetzt tun sollte. Nur eines war klar: Sie würde sich nicht wieder ins Bett legen und so tun, als sei alles in bester Ordnung. Sie würde sowieso keine Sekunde schlafen können.
Ihre Freundin Ellen kam ihr in den Sinn. Ellen Stanwick war mehr als eine normale Freundin. Sie war ein Mensch, der mit einem durch Dick und Dünn ging, im wahrsten Sinne des Wortes. Ellen würde zwar sauer sein, wenn sie mitten in der Nacht angerufen wurde, aber sie würde Verständnis aufbringen. Sie eher als jeder andere Mensch auf der Welt.
Während Cindy die Nummer wählte, die sie auswendig wußte, erschien Ellen vor ihrem geistigen Auge. Sie war nicht sehr groß, ging der hochgewachsenen Cindy nur bis zur Schulter, aber dafür war sie äußerst agil. Ellen lachte gern und viel, und dann blitzte der blanke Schalk in ihren blauen Augen. Die ganz feinen Sommersprossen um ihre Stupsnase schienen dabei regelrecht zu leuchten.
Cindy hatte Männer beobachtet, die sich dabei auf der Stelle und scheinbar "unsterblich" in Ellen verliebt hatten. Aber Ellen hielt es genauso wie Cindy bisher, bevor diese Ernest kennengelernt hatte.
Vielleicht begegnet dir auch eines Tages der Richtige, Ellen, bei dem du es wagst, ihn näher an dich heran zu lassen als nur wie ein flüchtiger Bekannter! Das hatte Cindy in den glücklichen Wochen mit Ernest oft gedacht. Denn sie hätte ihrer Freundin Ellen ein solches Glück mehr als alles andere gegönnt.
Und jetzt war sie dabei, Ellen anzurufen, um ihr mitzuteilen, daß die Furcht vor einer engerer Beziehung mit einem Mann tatsächlich berechtigt erschien?
Bevor es bei Ellen läutete, drückte Cindy auch schon wieder die Gabel herunter. Nein, das fand sie nicht gut, jetzt Ellen damit zu belästigen. Sie mußte allein für das Glück der letzten Wochen bezahlen und durfte Ellen nicht mit hineinziehen. Das hatte diese nicht verdient.
Cindy legte den Hörer wieder auf und ging ins Schlafzimmer. Sie schaute in den großen Spiegel am Spiegelschrank. Eine hochgewachsene Superblondine erwiderte ihren Blick. Eine Zeitlang hatte sie die naturblonden Haare regelrecht gehaßt. Für manche Männer hatten sie sozusagen eine Signalwirkung. Sie flogen darauf wie Motten auf das Licht. Deshalb hatte sie sie lieber dunkel färben lassen. Es hatte tatsächlich geholfen.
Dank Ellen war sie in dieser Beziehung wieder selbstbewußter geworden und trug inzwischen längst ihr Haar wieder so, wie es von Natur aus war. Dabei war sie ganz sicher, daß Ernest sich auch dann in sie verliebt hätte, wäre sie nicht die schlanke, hochgewachsene, gutaussehende Blondine gewesen.
Cindy betrachtete sich von allen Seiten. Sie hatte die Figur einer ausgewählten Tänzerin, obwohl sie genau das nicht besonders beherrschte. Aber sie tat auch so eine ganze Menge für ihre Figur, einmal genauer betrachtet. Mindestens viermal die Woche traf sie sich mit Ellen in einem der über hundert Fitneßcenter in London, und dann animierten sie sich gegenseitig zu einem recht schweißtreibenden Fitneßtraining. Es machte ihnen beiden gleichermaßen Spaß, und eine besonders gute Figur war dabei für beide sozusagen die kostenlose Dreingabe.
Ellen!
Cindy runzelte die Stirn und überdachte noch einmal, ob sie tatsächlich ihre Freundin anrufen sollte. Eigentlich hatte sie die Freundschaft mit Ellen in den letzten Wochen ganz schön vernachlässigt. Auch war sie kaum zum gemeinsamen Training erschienen. Alles wegen Ernest. Es wäre wirklich fairer gewesen, sie nicht anzurufen. Sozusagen deshalb, weil sie Ellen an den positiven Seiten mit Ernest nicht hatte teilhaben lassen, sollte Ellen jetzt an den negativen Seiten auch nicht teilhaben.
Aber es war Theorie, und die Praxis sah ganz anders aus: Cindy brauchte dringend jemanden, mit dem sie über die Angelegenheit sprechen konnte, wenn es nicht Ernest selber sein konnte. Deshalb blieb ihr einfach nichts anderes übrig, als Ellen anzurufen.
Entschlossen verließ sie wieder das Schlafzimmer und ging zurück zum Telefon. Diesmal hängte sie nicht wieder vor der Zeit ein und ließ es läuten.
Es dauerte eine Weile, bis Ellen wach war und sich endlich aufgerafft hatte, den Hörer abzunehmen.
"Ja?" hörte Cindy ihre schlaftrunken klingende Stimme.
"Ich bin es, Cindy!" Sie konnte es nicht verhindern, daß ihre Stimme deutlich zitterte.
"Cindy?" rief Ellen alarmiert. Sie war schlagartig hellwach. Schließlich kannte sie ihre Freundin bestens und wußte sofort, daß etwas passiert war, wobei sie dringend Hilfe brauchte.
"Es - es tut mir leid, Ellen, daß ich dich mitten in der Nacht herausgeklingelt habe, aber ich muß unbedingt mit jemandem sprechen und..."
"Ist doch richtig so, Liebes. Warte ein paar Minuten. Ich werfe mich in die Klamotten, und dann bin ich wie der sprichwörtliche geölte Blitz bei dir!"
Cindy hatte keine Chance, ihr zu widersprechen: Ellen knallte den Hörer auf die Gabel zurück, und Cindy wußte nur zu genau, daß die Formulierung mit dem "geölten Blitz" durchaus fast wörtlich zu nehmen war. Ellen war praktisch schon unterwegs, und sie würde sich von nichts und niemand davon abhalten lassen, ihrer besten Freundin beizustehen, obwohl sie doch noch gar nicht wußte, um was es eigentlich ging.
Cindy blieb im Bademantel und setzte sich in einen Sessel im Wohnzimmer. Wenn Ellen kam, brauchte sie ihr noch nicht einmal zu öffnen. Ellen hatte einen Wohnungsschlüssel, wenn sie auch nur dann auf diesen zurückgriff, falls es erforderlich erschien. Sie hatten gegenseitig so eine Art Abkommen, daß sie jederzeit füreinander da waren.
"Kein Wunder, daß wir beide niemals eine feste Beziehung mit einem Mann eingehen wollten. Wir hatten sie uns sozusagen gegenseitig ersetzt, und da genügte es scheinbar, jede Liebelei mit einem Mann eher oberflächlich bleiben zu lassen", murmelte Cindy vor sich hin. Es war ihr noch nie so bewußt gewesen, wie im Moment. Bei aller Freude, die sie über den Beistand von Ellen empfand. Aber war Ellen tatsächlich die richtige Gesprächspartnerin, wenn es um die Probleme ging, die Cindy mit Ernest sah? Neigte Ellen nicht zwangsläufig dazu, ihr eher den endgültigen und dauerhaften Bruch mit Ernest zu raten, damit es nicht noch schlimmer wurde?
Beinahe bereute sie es wieder, daß sie Ellen angerufen hatte, aber jetzt war es nicht mehr rückgängig zu machen. Ellen war ja schon unterwegs hierher.
+ + +
Ellen Stanwick war ganz außer Atem, als sie hereingestürmt kam. Sie tat gerade so, als würde das Haus abbrennen und sie müßte ihre Freundin rechtzeitig retten.
Beinahe hätte Cindy darüber gelacht, wäre nicht alles andere für sie so unendlich traurig gewesen.
Ellen stellte sich vor sie und stemmte die Arme in die Seite. Ihre Augen blitzten zornig.
"Was hat der Schweinekerl dir angetan, Liebes? Sage es mir, damit ich es ihm heimzahlen kann!"
Ja, das war Ellen, wie sie leibte und lebte. Cindy hätte sich eher gewundert, hätte sie sich anders verhalten.
Cindy winkte mit beiden Händen ab. "Rege dich nicht auf, Ellen, so schlimm ist es auch wieder nicht."
Ellen ließ sich auf die Couch fallen und klopfte auf den freien Platz neben sich. "Setze dich zu mir und erzähle!" Das war ein regelrechter Befehl von ihr, dem sich Cindy nicht entziehen konnte.
Cindy setzte sich also neben Ellen, und dann suchte sie nach Worten. Wie sollte sie anfangen? Was sollte sie überhaupt zu Ellen sagen?
"Bis vorgestern war alles wunderschön", begann sie zögernd. "Seitdem benimmt er sich seltsam und - abweisend. Als ich ihn danach fragte... Ja, er will scheinbar gar nichts mehr von mir wissen!" brach es auf einmal aus ihr hervor, begleitet von einer wahren Tränenflut.
Ellen nahm sie tröstend in die Arme und streichelte ihr über das lange Blondhaar.
"Also doch!" murmelte sie vor sich hin. "Ich habe es mir doch gleich gedacht: Diese Kerle sind alle gleich. Erst verdrehen sie einem den Kopf und dann geben sie einem den Laufpaß."
Cindy befreite sich von ihr und widersprach: "Nein, Ernest ist nicht so!" Sie tat es heftiger als gewollt. "Er... nun..."
Sie brach ab. Wie sollte man etwas erklären können, was man selber nicht begriff?
Ellen blinzelte verwirrt. Sie betrachtete ihre Freundin, als würde sie sie jetzt erst sehen. "Was denn, du verteidigst ihn auch noch? Schlimm, schlimm!"
Cindy packte sie hart an den Schultern. "Hör zu, Ellen, du siehst es falsch, wirklich falsch, glaube mir! Irgend etwas ist vorgefallen, ich weiß nur nicht was, und dieser Vorfall steht seitdem zwischen uns. Ernest hat mir nicht einfach nur den Laufpaß gegeben. Er braucht vielleicht sogar meine Hilfe? Aber wie kann ich ihm helfen, wenn er mir nichts sagt und mich sogar wegschickt?"
Ellen schüttelte den Kopf. Sie wich Cindys Blick aus.
"Bitte, Ellen, jetzt halte mich nicht wieder für verrückt wegen Ernest. Vielleicht bin ich es ja sogar? Wie soll ich das denn wissen? Aber nach allem, was zwischen Ernest und mir war, paßt dieses Ende einfach nicht."
Ellen schaute sie wieder an. "Du willst sagen: Es paßt dir so nicht!"
Cindys Hände glitten wieder von den Schultern ihrer Freundin ab. Ihre Arme fielen herab, als hätte sie jegliche Kraft verlassen.
Cindy lehnte sich zurück und schloß die Augen.
"Bisher haben wir uns immer gut verstanden, Ellen, aber in diesem Fall verstehen wir uns überhaupt nicht. Egal, was ich zu dir sage, du legst es stets anders aus. Ich spreche wie gegen eine Wand. Bei dir genauso wie bei Ernest."
Sie spürte die Hand Ellens auf ihrem Unterarm und schlug die Augen wieder auf.
"Du irrst dich, Cindy!" sagte Ellen warm. "Ich war deine Freundin in guten wie in schlechten Tagen und werde es auch in Zukunft sein. Wenn ich so reagiere wie ich es tu, dann doch nur, um keinen Fehler zu machen. Verstehst du das denn nicht? Ich meine, du hast dich unsterblich verliebt in diesen Ernest, und ich kann mir denken, daß man in einem solchen Zustand nicht mehr so ganz logisch denken kann. Habe ich nicht recht?"
Cindy nickte nur.
Ellen fuhr fort: "Du hast gesagt, sein Entschluß kam unerwartet?"
Cindy nickte abermals.
"Und du hast nicht die leiseste Ahnung, was der Grund sein könnte?"
Cindy dachte an den seltsamen Alptraum. Das war alles so real gewesen. Ernest war bei ihr gewesen. Sie hatte ihn so wirklich gespürt, als hätten sie tatsächlich gemeinsam vor diesem Haus gestanden.
Aber sagte man denn nicht, "Träume wären nur Schäume", und man sollte ihnen lieber keinerlei Bedeutung beimessen?
Cindy lauschte diesen Gedanken nach und begann, auf einmal an dieser Behauptung zu zweifeln. Und dann entschloß sie sich dazu, Ellen doch von ihrem Traum zu erzählen. Jetzt war Ellen soweit eingeweiht, dann sollte sie auch alles erfahren. Vielleicht konnte sie sogar aus dem Traumerlebnis etwas ableiten, was sich Cindy nicht bewußt werden ließ?
Ellen hörte aufmerksam zu und unterbrach diesmal nicht ein einziges Mal. Erst als Cindy schloß, fragte sie: "Und Ernest hat dieses Haus erwähnt? Ich meine, er hat doch gesagt, daß er dich zum Haus seiner Vorväter bringen muß? Eigentlich klingt das ja so, als wollte er dich daheim vorstellen. Vielleicht hat das diesen Traum ausgelöst? Ich meine, vielleicht ist seine Familie dagegen, und du weißt das unbewußt, und deshalb ist dieses Haus in deinem Traum so eine Art Symbol, die Familie von Ernest betreffend?"
"Was sollte seine Familie denn gegen mich haben?" gab Cindy zu bedenken. "Sie kennt mich doch überhaupt noch nicht."
"Kann doch sein, du bist nicht standesgemäß oder so etwas. Dein Ernest stammt vielleicht aus einer stinkfeinen Familie, und du bist für die einfach zu normal."
Cindy zuckte die Achseln. Ganz so von der Hand zu weisen waren diese Argumente sicherlich nicht. Aber Ellen hatte es noch nicht geschafft, alle Bedenken bei ihr auszuräumen: "Und warum sagt Ernest es mir nicht? Warum macht er ein solches Geheimnis daraus und schickt mich einfach ohne Begründung weg?"
"Vielleicht will er dir nur nicht wehtun? Oder er befürchtet eine entsprechende Diskussion mit dir. Ich nehme an, du würdest ein solches Argument nicht einfach hinnehmen und würdest ihn darum bitten, sich deinetwegen gegen seine eigene Familie zu stellen. Nehmen wir doch einfach einmal an, er hat ganz gewichtige Gründe, wegen denen er sich niemals gegen seine Familie wenden kann."
Cindy schüttelte den Kopf. "Es klingt ja alles recht einleuchtend, was du da sagst, und es erklärt sogar diesen unheimlichen Alptraum, den ich hatte. Aber es ist halt nur eine Theorie und nicht die letzte Erkenntnis."
"Na, dem könnte man abhelfen, Cindy!"
Cindy Fallon horchte auf. "Wie meinst du das?"
"Ganz einfach: Du mußt den Ursachen auf den Grund gehen, und zwar nicht, indem du hier herumsitzt, sondern indem du die Initiative ergreifst."
"Initiative?" echote Cindy verständnislos.
"Ich will damit sagen, du mußt dich in dein Auto schwingen und zu ihm hinfahren. Wir spielen da ein wenig Detektiv und beschatten ihn sozusagen. Dann werden wir schon sehen, was mit dem Burschen los ist. Wir bleiben ihm so lange auf den Fersen, bis alle Fragen beantwortet sind, die er uns nicht beantworten will."
"Wir? Uns?"
"Ja, glaubst du denn, ich lasse dich dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen, Liebes? Wie heißt es noch so schön: Mitgefangen, mitgehangen - oder so ähnlich." Ellen lächelte dabei spitzbübisch.
Cindy mußte unwillkürlich lachen. Es klang befreit.
Nicht nur, daß Ellen es geschafft hatte, für alles eine plausible Erklärung zu finden: sie hatte es auch geschafft, Cindy aus ihrem tiefen Jammertal herauszuholen.
Jetzt bereute sie es nicht mehr, daß sie Ellen mit in die Angelegenheit hineingezogen hatte. Ach, was würde sie ohne ihre gute Freundin denn überhaupt anfangen?
+ + +
Sie fuhren mit Cindys kleinem Stadtflitzer zu dem Haus, in dem Ernest Reed wohnte. Er hatte einmal erwähnt, es sei nur seine Stadtwohnung. Als sei er aus dem Haus seiner Vorväter, wie er es nannte, niemals wirklich ausgezogen und sei immer nur vorübergehend in der Stadt.
"Sag mal, was macht dein Ernest eigentlich beruflich?" fragte Ellen unterwegs.
"Beruflich?" Cindy zeigte sich überrascht. Ja, sie konnte diese Frage ja überhaupt nicht beantworten! Zum ersten Mal wurde ihr bewußt, wie wenig sie über ihn überhaupt wußte.
"Ich, ich weiß es eigentlich gar nicht", gab Cindy kleinlaut zu.
"Du weißt es gar nicht?"
"Na, ich habe ihn halt nie danach gefragt, und außerdem hat es mich auch eigentlich gar nicht interessiert. Er ist der Mann, den ich liebe. Da sind andere Dinge nicht mehr so wichtig."
"Na, also weißt du!" Ellen schüttelte den Kopf, sagte aber nichts mehr in dieser Richtung. Cindy war ihr dankbar darum.
Sie erreichten das Mehrfamilienhaus im vornehmen Westend von London und hatten Glück mit einem Parkplatz.
Cindy schaute ein wenig unschlüssig hinüber. Von ihrem Parkplatz aus konnten sie den Eingang zum Haus gut sehen. Die Fenster im dritten Stock, wo Ernest wohnte, waren unbeleuchtet. Nun, es ging ja auch schon auf den Morgen zu.
Vielleicht hat er tatsächlich deshalb nicht abgehoben, weil er heimgefahren ist? schoß es Cindy durch den Kopf.
Ellen ergriff wieder die Initiative: "Vielleicht gehst du einfach mal hinüber und schaust selber nach, ob er nun da ist oder nicht?"
"Du meinst, ich soll einfach klingeln und warten, ob er aufmacht?" fragte Cindy zweifelnd.
"Ja, hast du denn keinen Schlüssel zu seiner Wohnung?"
"Nein, natürlich nicht. Wie käme ich dazu, von ihm einen Schlüssel zu fordern?"
Ellen stöhnte ergeben. "Also ehrlich, Cindy, ich erkenne dich kaum wieder. Dich hat es so schlimm erwischt, daß dein Verstand wohl darunter leidet. Ganz erheblich sogar. Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß du irgendwann einmal so ein verliebtes Dummerchen werden könntest, daß du wochenlang mit einem Mann Hand in Hand herumziehst und weder weißt, was er von Berufs wegen macht, noch einen Schlüssel von seiner Wohnung besitzt, geschweige denn sonst noch etwas über ihn weißt..."
Cindy gab sich beleidigt. Ellen sah es und lachte entschuldigend: "Schwamm darüber, Liebes! Sei mir bitte nicht böse, aber es mußte einfach mal gesagt werden. Schließlich kennen wir uns lange genug, nicht wahr? Es wird wirklich an der Zeit, daß ich dir helfe, und ich mache mir ehrlich Vorwürfe, daß ich nicht schon vorher eingegriffen habe und dich mit diesem Ernest lieber deiner Wege ziehen ließ. Als echte Freundin hätte ich da mehr tun sollen. Auch wenn du alles getan hättest, um genau das zu verhindern." Sie tätschelte Cindy beruhigend den Arm.
Cindy verzieh ihr wieder. Sie wußte, daß Ellen es nicht böse meinte, und außerdem hatte Ellen ja vollkommen recht. Im nachhinein konnte Cindy sich selbst nicht mehr verstehen. Ja, sie liebte Ernest, aber gehörte denn nicht auch dazu, daß man in einem solchen Fall möglichst alles über den Mann erfahren mochte, den man so liebte?
Nein, vielleicht ist es doch noch nicht zu spät! redete sie sich ein. Ich habe eine Menge Fehler gemacht, und Ellen hat mir die Augen geöffnet. Und jetzt steht sie mir bei, um alles nachzuholen, was ich versäumt habe. Dabei hoffe ich inbrünstig, Ernest, daß es wirklich noch rechtzeitig ist.
Eines weiß ich ganz sicher: Ich werde dich nicht aufgeben, zumindest nicht, bis ich klar sehe! Nein, so einfach wirst du mich nicht mehr los. Nicht Cindy Fallon!
Es war wie ein heiliger Schwur, und Ellen schaute sie dabei lächelnd an, als könnte sie ihre Gedanken lesen, Wort für Wort, und wäre damit endlich zufrieden.
+ + +
Cindy ging allein zum Haus hinüber. Immer wieder schaute sie zum dritten Stock empor. Es rührte sich dort nichts.
Die Haustür war um diese Zeit abgesperrt. Bevor Cindy den Klingelknopf drückte, zögerte sie. Wenn er da war: Was sollte sie zu ihm sagen? Aber dann machte sie sich weiter keine Gedanken mehr darum und legte den Daumen auf den Knopf. Sie ließ nicht mehr los, auch nach Minuten noch nicht. Sie war hergekommen, weil sie sicher war, daß er in der Wohnung weilte, auch wenn er nicht ans Telefon gehen wollte und auch nicht aufmachte. Aber sie hatte sich vorgenommen, nicht mehr lockerzulassen. Noch vor Wochen hätte sie es niemals für möglich gehalten, daß sie einem Mann sozusagen nachlaufen würde. Denn genauso sah es ja aus. Aber sie kämpfte um ihre Liebe und wollte außerdem wiedergutmachen, was sie versäumt hatte. Ellen hatte ihr die Augen geöffnet. Ja, es war falsch gewesen, einfach die vergangenen Wochen als glücklichste Zeit ihres Lebens zu genießen, ohne auch nur eine Minute über alles nachzudenken. Kein Wunder, daß es letztlich so gekommen war.
Cindy Fallon konnte später nicht mehr sagen, wie lange sie Sturm geläutet hatte. Auf einmal knackte es im Lautsprecher der Sprechanlage.
"Ja?" fragte eine männliche Stimme. Es war die Stimme von - Ernest.
Cindys Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie brachte zunächst keinen Ton heraus.
Endlich fand sie die Kraft, wenigstens den Daumen vom Klingelknopf zu nehmen. Er war ganz weiß geworden und tat weh, aber das war ihr im Moment völlig egal.
"Hier Cindy!" sagte sie einfach.
"Was willst du um diese Zeit?" Es klang kalt und abweisend, wie vor zwei Tagen.
"Das fragst du mich? Ich habe versucht, dich anzurufen, aber du hast nicht abgehoben. Deshalb bin ich persönlich gekommen. Ich habe dir zwei Tage Bedenkzeit gelassen, und jetzt bitte ich dich, mich hinein zu lassen, damit wir über alles reden können."
"Es gibt nichts zu reden!"
"So, meinst du? Und die vergangenen Wochen? Die willst du einfach so ungeschehen machen? Und du glaubst wirklich, ich gebe mich damit zufrieden und ziehe mich aus deinem Leben zurück, als wäre alles nur ein großer Irrtum gewesen?"
"Cindy, du verstehst nicht."
"Ja, da muß ich dir rechtgeben: Ich verstehe nicht! - Ernest, ich habe dir gesagt, daß ich dich liebe. Das hat von mir noch niemals zuvor ein Mann zu hören bekommen. Und ich habe es ernst gemeint. Von meiner Seite aus hat sich nichts geändert. Auch wenn du mich hier vor deiner Haustür stehen läßt und dich nur noch über die Sprechanlage mit mir unterhältst. Aber ich verspreche dir eines: Ich gebe nicht eher auf, bis ich Klarheit habe. Also, sage es mir: Was ist passiert?"
Eine Weile blieb es ruhig. Hatte sich Ernest wieder zurückgezogen? Flüchtete er sich wieder ins Schweigen?
"Bist du noch da?" fragte sie ängstlich.
"Ja", antwortete er, "ich bin noch da, und ich habe jedes einzelne Wort gehört und verstanden, glaube mir. - Also gut!" Er gab sich hörbar einen Ruck. "Ich komme morgen zu dir, und dann sprechen wir darüber."
"Erst morgen?"
"Ja, Cindy, es muß sein. Bitte, vertraue mir, und glaube mir, daß ich wichtige Gründe habe, dich jetzt nicht herein zu lassen."
Cindy fiel etwas ein, und sie machte sofort eine entsprechende Frage daraus: "Bist du etwa nicht allein?"
"Nein, keine andere Frau, Cindy. Es existiert keine. Es sind andere Gründe."
"Und du wirst mir morgen alles erklären?"
"Wir werden morgen darüber reden, wie versprochen!" wich er aus.
Er knackte wieder in der Sprechanlage. Er hatte den Hörer aufgelegt.
Cindy blieb noch eine Minute unschlüssig stehen. Sie ließ den Dialog immer und immer wieder durch ihren Kopf gehen.
Endlich wandte sie sich wieder zum Gehen.
Ellen schaute ihr erwartungsvoll entgegen. Aber Cindy sagte erst etwas, als sie im Wagen saß und die Tür hinter sich zugezogen hatte.
"Er will morgen mit mir reden."
"Und was tust du inzwischen?"
"Zuerst werde ich mal hier wegfahren. Vielleicht steht er an einem der Fenster und beobachtet uns? Es wäre mir peinlich."
"Nichts ist peinlich, wenn es um die Suche nach Wahrheit geht!" belehrte Ellen sie.
"Wo hast du denn diesen Spruch her?"
Ellen lachte: "Jetzt klingst du fast wieder normal und nicht wie das verliebte Dummerchen, mit dem ich hierhergefahren bin. Also hat der kurze Dialog mit deinem Ernest doch etwas genutzt?"
"Zweifelst du daran, daß er morgen zu mir kommt, um mit mir zu reden?"
"Wir werden sehen", wich Ellen aus.
Cindy fuhr an. Sie wußte, was sie bis dahin tun würde: Daheim sitzen und warten. Für alles weitere fehlte ihr einfach die Kraft. Es sei denn, Ellen würde es schaffen, sie wieder dazu zu bringen, die Initiative zu ergreifen. Wie auch immer das aussehen mochte.
+ + +
Als sie wieder am Haus angelangt waren, in dem Cindy wohnte, hatte sie sich längst zu einem Entschluß durchgerungen, und dieser Entschluß war unumstößlich. Sie stieg nicht gleich aus, sondern wandte sich vorher ihrer Freundin Ellen zu.
"Du hast mir unendlich viel geholfen. Aber du weißt sicherlich selber, daß du gewissermaßen mein Retter in der Not warst. Ich hatte dadurch Gelegenheit, den richtigen Weg zu erkennen, den ich beschreiten muß. Dessentwegen bin ich dir sehr dankbar, Ellen."
Ellen Stanwick machte eine lässig anmutende Handbewegung. "Ach, ich bin sicher, daß du es umgekehrt für mich auch getan hättest. Aber was willst du wirklich damit sagen? Willst mich wohl wieder loswerden?"
"Nein, so darfst du das nicht sehen, Ellen: Ich bin dir dankbar, aber ich will jetzt wieder allein sein. Verstehst du das? Es nutzt nichts, jetzt das Haus zu beobachten, in dem Ernest wohnt. Wenn er wirklich mich belogen hat und morgen nicht zu mir kommt, dann kann ich es nicht mehr ändern. Ich muß daheim sitzen und auf ihn warten. Etwas anderes gibt es jetzt nicht mehr zu tun. Und ich bitte dich deshalb darum, nicht bei mir zu bleiben, weil ich nicht haben will, daß er uns gemeinsam antrifft. Einfach, weil ich Angst habe, daß er dann nicht so offen mit mir sprechen mag."
Ellen zögerte. Dann nickte sie. "Also gut", sagte sie ergeben. "Ich ziehe mich zurück, auch wenn ich es nicht recht einsehen will. Aber ich bleibe in Bereitschaft - sozusagen. Du kannst jederzeit auf mich zurückgreifen." Sie legte ihre Hand an Ellens Oberarm. "Paß gut auf dich auf, Liebes. Verspreche es mir! Und gebe nicht auf, so lange du deiner Liebe sicher bist!"
Cindy schüttelte verwirrt den Kopf. Sie hätte es nicht vermutet, daß Ellen wirklich Verständnis für ihr Verhalten aufbringen könnte. Aber in dieser Beziehung hatte sie sich offensichtlich in ihrer besten Freundin getäuscht.
Fast kamen ihr die Tränen vor Rührung. Sie hielt sie gerade noch rechtzeitig zurück, damit Ellen nicht meinen sollte, sie sei wieder schwach geworden. Nein, Cindy hatte sich fest vorgenommen, stark genug zu sein, um für die Liebe zu Ernest zu kämpfen. Sie hatte sich sogar vorgenommen, auch dann noch zu kämpfen, wenn er sie morgen versetzen würde.
Es war gut, zu wissen, daß sie in ihrer Freundin Ellen eine so wichtige Stütze hatte, auf die sie jederzeit zurückgreifen konnte!
Ellen nickte ihr noch einmal lächelnd zu und stieg aus. Sie ging zu ihrem eigenen Wagen, stieg ein und fuhr ohne weiteren Gruß davon.
Cindy blieb noch ein paar Sekunden sitzen und schaute ihrer davonfahrenden Freundin sinnend nach. Dann stieg auch sie aus.
Sie fühlte sich wie betäubt, als sie zum Haus ging. Umständlich fingerte sie die Schlüssel heraus und sperrte auf.
Wie sollte sie die Zeit überstehen, bis Ernest kam? Wann wollte er überhaupt kommen? Eine Uhrzeit hatte er nicht genannt. Morgen hatte er gesagt.
+++
Cindy Fallon ging in ihre Wohnung hinauf, zog den Mantel aus und ließ sich in einen der Sessel fallen. So saß sie eine Weile.
Die Zeit verging, wenn auch viel zu langsam, während sie ihren Gedanken nachhing.
Und da hörte sie auf einmal, daß jemand von außen einen Schlüssel ins Schloß steckte und ihn drehte.
"Ellen!" entfuhr es ihr. Also hatte ihre Freundin nicht Wort gehalten und war zurückgekehrt? Wer anders konnte es denn sonst sein?
Sie starrte mit heftig pochendem Herzen auf die Tür. Diese öffnete sich ganz zaghaft. Ein hoher Schatten erschien im Türrahmen.
Cindy blinzelte verwirrt. Nein, das war nicht Ellen. Wem hatte sie denn sonst noch einen Schlüssel zu ihrer Wohnung gegeben?
Dafür kam eigentlich nur eine ganz bestimmte Person infrage: Im Treppenhaus hinter der Gestalt war es zwar dunkel, aber Cindy erkannte den hochgewachsenen Schatten auch an seinen Umrissen. Sie wollte es nur nicht glauben, daß er es wirklich war: Ernest! Bis er vollends hereinkam und ins Licht trat.
Die Tür fiel hinter ihm leise ins Schloß. Er schaute Cindy an, aber dann wich er ihrem Blick aus.
Cindy stand halb auf, um ihm entgegenzueilen, aber etwas an ihm schreckte sie ab.
Sie betrachtete ihn. Ernest Reed war groß und sportlich. Die dunkelblonden Haare hielt er glatt zurückgekämmt, was ihm sehr gut stand. Sein Gesicht zeigte markante Züge. Am energischen Kinn hatte er ein nettes, kleines Grübchen. Wenn man sein Alter hätte schätzen wollen, hätte man sich schwergetan. War er um die Dreißig? Oder vielleicht sogar zehn Jahre älter? Und Cindy wurde bewußt, daß sie auch das nicht einmal wußte!
Sie schaute in seine stets so traurig wirkenden Augen und sah darin: Nein, er hatte seine Meinung keineswegs geändert, was ihre Beziehung betraf. Das war für sie überdeutlich.
"Ich freue mich, daß du gekommen bist", sagte sie dennoch.
"Ich hatte es dir versprochen", wich er aus.
"Es ist gut, daß du mich nicht so lange hast warten lassen - bis morgen."
"Ich kam erst, als ich sicher war, daß du allein bist", erklärte er. Dabei vermied er es, sie direkt anzuschauen. "Du bist mit deiner Freundin zu mir gekommen. Ich habe euch gesehen. Deshalb wollte ich dich nicht herein lassen. Und jetzt bin ich hier, um dir zu erklären, daß du nicht länger auf mich warten solltest. Es ist vorbei, für immer vorbei."
Sie schüttelte den Kopf, daß ihre langen, blonden Haare flogen. Tränen stiegen ihr in die Augen.
"So, glaubst du?" rief sie aus.
Überrascht schaute er sie an.
"So schnell gebe ich nicht auf, Ernest!" fügte sie hinzu, und sie hatte keine Schwierigkeiten, seinen Blick zu erwidern, bis er ihr wieder auswich.
"Du weißt nicht, was du tust, glaube mir, Cindy! Es gibt keine Chance für uns beide. Da sind Dinge, denen ich verpflichtet bin. Wenn ich mich für dich entscheide, kostet es unser beider Leben."
"Willst du mir damit einreden, man bringt uns dessentwegen um? Wer denn? Deine Familie? Wegen der Schande oder so etwas? Weil ich nicht standesgemäß bin? Was hat deine Familie denn an mir auszusetzen, außer daß ich nicht adelig bin? Soviel ich weiß, bist auch du kein Adeliger. Was bist du überhaupt? Was tust du beruflich?"
Er winkte schwach ab. "Das sind eine ganze Menge Fragen, auf die ich nicht antworten kann. Jedenfalls nicht so, wie es dir gefallen würde. Ja, gewiß, du hast in einem recht: Es geht um meine Familie. Da gibt es Schwierigkeiten, die ich dir nicht zumuten kann. Aber du hast mich vorhin mißverstanden. Niemand wird uns umbringen."
"Was hast du sonst gemeint?"
"Ich meinte es sozusagen symbolisch. Meine Familie erlaubt es nicht, und ich muß meiner Familie gehorchen. Glaube mir, sie hat die Macht, mich dazu zu zwingen, und du mußt mir versprechen, daß du es akzeptierst. Es bleibt dir keine Wahl. Genauso wenig wie mir. Für uns beide gibt es nun einmal keine Zukunft und darf es auch niemals geben."
"Deshalb bist du gekommen?" fragte sie ungläubig. "Um die Verlobung zu lösen und die Trennung endgültig zu machen?"
"Ja, weil du es so gewollt hast. Ich wollte es uns beiden ersparen, aber du hast nicht locker gelassen. Deshalb bin ich hier. Ich werde noch heute London den Rücken kehren. Das wird wohl das Beste sein. Du wirst mich niemals mehr wiedersehen. Und wenn es der Zufall doch will, mußt du versprechen, mich wie einen Fremden zu behandeln. Glaube mir, es ist das Beste für uns beide."
Cindy hätte noch so vieles sagen können, aber es wäre sinnlos gewesen. Das wußte sie jetzt ganz genau. Deshalb sagte sie überhaupt nichts mehr.
Ein wenig unschlüssig stand Ernest noch herum. Dann wandte er sich wieder zum Gehen.
Cindy sagte auch jetzt nichts. Sie wußte, daß es ihr nicht möglich war, ihn aufzuhalten. Da war etwas, was stärker war als seine Liebe zu ihr. Noch! Er hatte sogar angedeutet, daß es für ihn um Leben und Tod ging, auch wenn er es anschließend wieder zurückgezogen hatte.
Ja, Cindy wußte eines ganz sicher: Sie würde ihn zwar gehenlassen, aber sie würde ihn niemals wie einen Fremden ansehen können. Dafür war zuviel zwischen ihnen.
Denn eines hatte diese Begegnung vor allem gezeigt: Er machte nicht leichten Herzens mit ihr Schluß, sondern tatsächlich unter einem fremden Zwang. Er machte Schluß mit ihr, weil er tatsächlich keine andere Möglichkeit mehr sah.
Ich werde dich nicht so ohne weiteres aus meinem Leben entlassen, Ernest! schwor sich Cindy im stillen. Ich werde alles tun, um hinter dein Geheimnis zu kommen - und hinter das Geheimnis deiner Familie. Was immer es auch sei und wie schrecklich es vielleicht auch sein sollte.
Schrecklich? Wie kam sie eigentlich darauf, daß dieses Geheimnis - schrecklich sein könnte?
Sie schüttelte verwirrt den Kopf und schaute zur Tür. Aber Ernest war gegangen. Seiner Meinung nach für immer. Cindy war anderer Meinung. Und sogar die Möglichkeit, daß es sie vielleicht das Leben kosten könnte, schreckte sie nicht. Jetzt nicht mehr, da sie gesehen hatte, daß Ernest sie noch immer so liebte wie sie ihn.
Sie ging zur Tür und streichelte mit den Händen darüber, als wäre sie das Symbol für den Geliebten, der sie soeben verlassen hatte.
"Ernest, wir lieben uns. Du hast nicht die Kraft, für unsere Liebe einzustehen. Aber ich werde die Kraft aufbringen - für uns beide. Das verspreche ich hiermit hoch und heilig. Und sei es das letzte, was ich in diesem Leben noch tun kann!"
+ + +
Cindy Fallon wartete nicht lange. Als sie sicher war, daß Ernest nicht mehr mit ihrer Verfolgung rechnete, eilte sie zu ihrem Stadtflitzer und sicherte nach allen Seiten. Nein, Ernest lauerte nicht irgendwo hier, um sich davon zu überzeugen, daß sie endlich aufgab. Er war weggefahren, und sie konnte sich halbwegs denken wohin: zu seiner Stadtwohnung. Bestimmt wollte er noch das eine oder andere von dort mitnehmen.
Cindy hoffte, daß sie sich darin nicht irrte, denn dann hätte sie ihren Plan nicht durchführen können: Sie wollte ihn nämlich verfolgen, wenn er wie angekündigt die Stadt verließ.
Gerade fuhr sie an, als jemand aus dem Schatten einer Einfahrt sprang und ihr zuwinkte.
Cindy erschrak. Stirnrunzelnd schaute sie denjenigen an: Es war Ellen! Was tat die denn noch hier?
Ärgerlich kurbelte sie das Fenster herunter. Ellen trat an ihre Seite.
"Tut mir leid, Liebes, daß ich nur so getan habe, als würde ich heimfahren. Ich lag auf der Lauer und habe Ernest beobachtet. Er ist in die Richtung gefahren, in der er wohnt, und wie ich sehe, willst du ihn verfolgen."
"Ja, aber du hältst mich auf! Und, bitte, ich möchte ihm allein hinterherfahren!"