Ruhrpottabschied - Angie Pfeiffer - E-Book

Ruhrpottabschied E-Book

Angie Pfeiffer

0,0

Beschreibung

Ruhrpottabschied Roman Sieben Jahre sind seit der Scheidung von Alfred und Elisa vergangen. Sieben Jahre, in denen Elisa und ihre beiden Söhne sich gut in ihrem neuen Leben eingerichtet haben. Doch in der letzten Zeit muss Elisa immer öfter daran denken wie es wäre, sich neu zu verlieben, mit allem Drum und Dran: „Mit Schmetterlingen im Bauch und nachts vor Sehnsucht nicht schlafen können. Mit kribbeln in den Fußsohlen und das Handy mit aufs Klo nehmen, weil man sonst seinen Anruf verpasst.“ Als sie ihrer besten Freundin Annerose von ihren Sehnsüchten erzählt, winkt diese ab. Anne steckt mitten in einer Beziehung, in der es gewaltig kriselt. Schließlich überredet Elisa ihre Freundin, mit ihr zusammen eine virtuelle Kontaktanzeige aufzugeben. Die beiden bekommen eine Menge Post und machen sich daran, die Angebote zu sichten. Auch Lara, Elisas Ex-Schwägerin, ist in ihrer Ehe nicht glücklich. Doch im Gegensatz zu den Freundinnen sucht sie einen Mann zum Fremdgehen und meldet sich in einem Forum an, das diskrete Seitensprünge verspricht. Alle diese Aktivitäten können nur zu Verwicklungen und komischen Situationen führen. Ruhrpottabschied ist der vierte und letzte Teil der Ruhrpottsaga, in dem Angie Pfeiffer mit Herz und Humor schildert, was frau passieren kann, wenn sie sich auf die Männersuche per Internet begibt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 268

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen oder Persönlichkeiten ist selbstverständlich nicht gewollt und rein zufällig.

„Die große Liebe ist das unentrinnbare

Schicksal, noch in einem zweiten Ich zu leben

und in ihm tödlich verwundbar zu sein.“

Joachim Fernau, ‚Disteln für Hagen’

Inhaltsverzeichnis

März

April

Mai

Juni

Juli

August

September

Oktober

November

Dezember

Januar

Februar

Halt, noch nicht ganz! Es bleibt noch etwas nachzutragen

März

„Schon 7 Jahre. Heute genau auf den Tag“, dachte Elisa, während sie aus ihrer Kaffeetasse nippte. Zur Sicherheit schaute sie noch einmal auf den Kalender. Doch, sie hatte sich nicht verguckt. Neben dem heutigen Datum stand eindeutig ein Vermerk: ‚Scheidung, unbedingt feiern’.

Das hatte sie, so wie in jedem Jahr, eigenhändig im Kalender eingetragen. Sie nahm sich vor, am Abend eine Flasche Sekt zu öffnen und auf die beste Entscheidung ihres Lebens anzustoßen. Sie würde Annerose, ihre beste Freundin, im Laufe des Tages anrufen und sie fragen, ob sie Lust hätte an der kleinen Feier teilzunehmen. In der Regel ließ es sich Anne nicht nehmen, an diesem Tag bei Elisa vorbeizuschauen.

***

Jetzt, nach gut sieben Jahren, konnte Elisa überhaupt nicht mehr verstehen, wie sie es so lange mit Alfred ausgehalten hatte. Er war alles andere als ein Traummann gewesen, doch hatte sie immer zu ihm gestanden. Wenn sie nicht während einer Operation einen Herzstillstand bekommen und dadurch begonnen hätte, ihr Leben neu zu überdenken, wäre sie vielleicht immer noch bei ihm. Den Ausschlag für die Trennung hatte allerdings ein Ausbruch von Gewalttätigkeit seinerseits gegeben. Er hatte nicht nur sie, sondern auch die zwei Söhne böse misshandelt.

Nachdem Elisa beschlossen hatte, sich endgültig von Alfred zu trennen, war alles leicht gewesen. Zunächst hatte sie noch das Gespräch gesucht, ihn gebeten seinerseits auszuziehen, sie mit den Kindern in der Eigentumswohnung der Eheleute wohnen zu lassen. Das hatte er kategorisch abgelehnt. „Was denkst du dir eigentlich? Du willst dir wohl meine Wohnung unter den Nagel reißen was? Das könnte dir so passen. Wenn du die Trennung willst, dann sieh gefälligst zu, wo du mit den Blagen unterkommst. Ich werde euch nicht die Wohnung überlassen.“

„Es ist nicht deine, sondern unsere Wohnung, mein Bester“, klärte Elisa den Unbelehrbaren auf. „Zudem wäre es für die Kinder das Beste, wenn sie in ihrem gewohnten Umfeld blieben. Schließlich müssen sie unsere Trennung verarbeiten, das ist schlimm genug.“ Alfred unterbrach sie harsch. „Ja wer will denn abhauen? Ich vielleicht? Ja wer hat denn wen dazu gebracht die Nerven zu verlieren? Hättest du mich nicht so provoziert, dann wäre ich auch nicht ausgerastet. Jetzt schiebst du mir den schwarzen Peter zu und willst mich auch noch aus meiner Wohnung vertreiben. Das kommt gar nicht in Frage. Wenn du weg willst – bitteschön. Aber vergiss nicht, deine Blagen mitzunehmen, sonst verklage ich dich.“

„Gut, wenn du das so siehst, dann werden wir die Wohnung eben verkaufen und uns das Geld teilen. Schließlich ist sie so gut wie bezahlt. Und noch einmal, du und ich stehen gemeinsam im Grundbuch, also gehört die Wohnung auch uns beiden.“

Alfred baute sich drohend vor Elisa auf. „Ich bleibe hier wohnen. Du schaffst es sowieso nicht, auf eigenen Beinen zu stehen. Wenn es das erste Mal eng für dich wird, dann kommst du heulend zu mir zurück.“

Nach diesem Ausbruch gab es Elisa auf, vernünftig mit Alfred zu reden und machte sich stattdessen auf die Wohnungssuche.

Eine kleine Wohnung für sie und die Jungen war bald gefunden. Wie sie es vermutet hatte, fehlte Alfred seinen Söhnen nicht. Das Gegenteil war der Fall. Während der Ehe hatte er Felix und Matts nur zur Kenntnis genommen, wenn sie ihn gestört hatten. Dann konnte er ansatzlos ausrasten. Bei einer solchen Gelegenheit hatte er Matts, seinen jüngeren Sohn, einmal mit einem Spazierstock geschlagen, ehe Elisa dazwischen gehen konnte. Als Folge hatte das Kind den ganzen Rücken voller blauer Flecke, woraufhin Elisa ihrem Mann angedroht hatte, das Jugendamt einzuschalten, bzw. ihn anzuzeigen. Alfred hatte sich tatsächlich eine längere Zeit zurückgehalten, jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an dem er seine Frau geschlagen hatte.

Mutter und Kinder richteten sich in ihrem neuen Leben ein, kamen gut zurecht.

Ein paar Wochen nach Elisas Auszug tauchte Alfred überraschend in der neuen Wohnung auf. Er flegelte sich in einen Sessel, ohne überhaupt nach den Kindern geschaut zu haben und blickte sich neugierig um. „Donnerwetter! So schlecht sieht es hier gar nicht aus.“

„Was du nicht sagst“, Elisa war richtig stolz auf sich. „Was hast du denn gedacht? Dass ich ohne dich nicht zurecht komme? Das ist nicht dein Ernst, oder?“

Alfred musterte sie einen Moment und grinste dann breit. „Ehrlich? Ich hätte gedacht, dass du schon nach ein paar Tagen zu mir zurückgekrochen kommst, aber fürs Erste hast du dich ja gut hier eingerichtet. Egal, dann dauert es eben ein wenig länger. Das schaffst du nie, schließlich sind die Blagen noch klein. Du wirst schon sehen, was du davon hast, dass du mich sitzen gelassen hast. Das sagt die Mutti auch. “

Elisa blieb für einen Augenblick die Luft weg, doch dann gewann ihr ganzer Frust und auch die Wut auf Alfred die Überhand. „Um mir das zu sagen bist du hier aufgelaufen? Was bildest du dir eigentlich ein, du unverschämter Armleuchter. Ich habe gedacht, ich könnte endlich einmal vernünftig mit dir reden. Schließlich ist immer noch unsere Eigentumswohnung da, bei der wir zu einer Lösung kommen müssen. Aber dir ist nicht zu helfen.“ Sie erhob sie sich und öffnete die Zimmertür. „Wo es hinaus geht weißt du! Lass dich hier nie wieder blicken! Du wirst von meiner Anwältin hören.“

Alfred lief rot an und stürzte zur Tür hinaus. Elisa folgte ihm. „Und einen schönen Gruß an deine geliebte Mutter, sie kann ihr Söhnchen von jetzt an ganz für sich allein haben. Ich dachte einmal, ich hätte einen Mann geheiratet und kein Muttersöhnchen.“

Alfred drehte sich noch einmal um, öffnete den Mund, doch es schien ihm keine passende Antwort einzufallen. So warf er die Wohnungstür mit einem lauten Knall ins Schloss. Felix und Matts steckten neugierig die Köpfe aus dem Kinderzimmer, in dem sie miteinander gespielt hatten.

„Papa ist wohl weg, was“, bemerkte Felix trocken. Er winkte seinem Bruder. „Los, Matts, jetzt können wir in Ruhe weitermachen und müssen nicht aufpassen, dass wir leise sind.“

Elisa nahm die beiden ihn den Arm. „Das müsst ihr in Zukunft sowieso nicht mehr.“

Nach diesem Zwischenfall ließ Alfred sich nicht mehr blicken. Elisa suchte tatsächlich eine Anwältin auf, die sich mit dem uneinsichtigen Ehemann in Verbindung setzte. Nach langem hin und her willigte Alfred zähneknirschend ein, das Eigentum zu verkaufen. Der Erlös wurde zwischen den Eheleuten geteilt. Er zog in eine Mietwohnung, überwies pünktlich den Unterhalt für die Jungen und kümmerte sich ansonsten wie gewohnt wenig bis gar nicht um seine Söhne. Mit der Zeit ließ er den Kontakt völlig einschlafen.

Auch seine Familie, insbesondere seine Mutter, brach den Kontakt mit Elisa und den Kindern ab. Nur Alfreds Schwester Lara schnitt Elisa nicht. Sie erklärte kategorisch, dass sie mit den Problemen zwischen Elisa und Alfred nichts zu tun habe und bemühte sich um eine neutrale Haltung beiden gegenüber. Mit der Zeit wurden aus den Schwägerinnen gute Freundinnen, die sich regelmäßig trafen. Doch je weniger Alfreds Familie sich um die Kinder kümmerten, umso rührender taten das Elisas Eltern und ihr Bruder Peter.

„Ich habe es dir gleich gesagt, Spatz, dieser Gimpel ist kein Mann für dich. Ich habe ihn nie leiden können. Es ist ein Wunder, dass du so lange bei ihm geblieben bist“, erklärte ihr Vater. „Dass du mir seine Gewalttätigkeit immer verschwiegen hast kann ich nicht verstehen. Wenn ich daran denke, dass er dich und die Jungen geschlagen hat, dann könnte ich mit dem abgerissenen Tischbein bei ihm vorbei gehen und ihm Manieren beibringen.“

Tatsächlich hatte Elisa ihrem Umfeld sorgsam eine heile Welt vorgespielt. Sie schämte sich für Alfred. Hinzu kam, dass sie es lange Zeit nicht wahrhaben wollte, dass ihre Ehe schon längst gescheitert war. Aber das alles hatte sie hinter sich gelassen.

Jetzt musste sie bei dem Gedanken an ihrem nicht besonders kräftigen Vater mit dem abgerissenen Tischbein in der Hand grinsen, während ihre Mutter amüsiert die Hände in die gut gepolsterten Hüften stützte. „Kalle Jollenbeck! Wenn der Gedanke mir auch gefallen würde, wirst du mir nicht den schönen Wohnzimmertisch verschandeln, schon gar nicht nachträglich. Übrigens kriegst du das Tischbein nicht einmal mehr abmontiert, geschweige denn abgerissen. Die Zeiten sind vorbei, mein Lieber. Du bist nicht mehr der Jüngste.“

Kalle tätschelte seine Frau. „Ist ja gut, Ilsekind. Ich meine das auch nur so. Der Mistkerl soll mir nicht über den Weg laufen, ob ich nun ein alter Opa bin oder nicht.“

Nach einem Trennungsjahr wurde die Ehe auf Elisas Betreiben geschieden, wobei Alfred sich auch hier gegen eine gütliche Einigung sträubte. Er bestand auf getrennten Anwälten, was die Scheidung für beide Teile erheblich verteuerte. Am Tag des Gerichtstermins trafen die Eheleute zum ersten Mal nach längerer Zeit aufeinander. Elisa streckte Alfred die Hand entgegen. „Hallo Alfred. Ich denke wir sollten wirklich anfangen vernünftig miteinander umzugehen.“ Alfred schnaufte vernehmlich, schaute anschließend verächtlich auf ihre Hand und drehte sich weg, ohne Elisa ins Gesicht geschaut zu haben. Sie zuckte die Schultern. „Wenigstens habe ich es noch einmal versucht“, wandte sie sich an ihre Anwältin.

„Das hätte ich ihnen gleich sagen könne. Ich kenne diesen Typ Mann zur Genüge. Er wird ihnen nie verzeihen, dass Sie ihn verlassen haben, wo er doch unfehlbar ist“, erwiderte diese belustigt. „Seien Sie froh, dass Sie ihn los sind.“ Die Anwältin musterte ihre Mandantin mit einem kritischen Blick. „Aber ich denke, so lange bleiben Sie nicht allein. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Sie irgendwann wieder heiraten.“

Elisa machte eine abwehrende Handbewegung. „Never ever! Ich noch einmal heiraten – niemals. Wer macht schon den gleichen Fehler zweimal!“

Die Anwältin erhob sich. „Wir werden sehen. Jetzt müssen wir in den Gerichtssaal und dann sollte die Scheidung schnell über die Bühne gehen.“

Was ihre Arbeitsstelle anbetraf, so hatte Elisa auch hier Glück. Nach einiger Zeit wurde in der Boutique, in der sie halbtags arbeitete, eine Ganztagsstelle frei. Das war sicherlich nicht ihr Traumberuf, aber er half ihr, eine bisher ungeahnte Selbstständigkeit zu entwickeln, denn sie kam finanziell gut über die Runden.

***

Das alles war inzwischen 7 Jahre her. Obwohl sich alles zum Guten entwickelte, Elisa einen großen Bekanntenkreis hatte, fühlte sie sich in letzter Zeit nicht besonders wohl.

Immer öfter musste sie an Alan denken. Alan mit den rauchgrauen Augen, den sie kurz vor ihrer Trennung von Alfred kennen gelernt hatte. In den sie sich verliebt und den sie trotzdem zurückgewiesen hatten. Damals war sie sicher gewesen, das Richtige zu tun. Schließlich musste sie ihr Leben neu sortieren, musste zunächst einmal an die beiden Kinder denken. Jetzt war sie nicht mehr so sicher, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte.

„Du musst wissen, was du willst. Wenn du im Moment keine Beziehung eingehen kannst, so werde ich das schweren Herzens akzeptieren. Aber solltest du uns nicht wenigstens die Chance geben, uns richtig kennenzulernen? Vielleicht änderst du deine Meinung“, sagte Alan, während er sie sanft in die Arme zog. Elisa machte sich entschlossen frei. „Bitte, mach es mir nicht so schwer. Ich muss erst einmal den Kopf frei bekommen. Es ist im Moment alles zu viel für mich. Erst muss ich mich von meinem Mann trennen, eine Baustelle fertig machen“, erklärte Elisa mit einem schiefen Lächeln. „Dann kann ich neu anfangen.“

„Du hast alle Zeit der Welt, kannst dich jeder Zeit bei mir melden. Ich bin für dich da, wenn du das möchtest. Aber das musst du mir dann schon sagen. Ich werde dir nicht hinterherlaufen. Schließlich habe ich auch meinen Stolz.“

Bei diesem Satz war es geblieben. Elisa hatte nie wieder Kontakt mit ihm aufgenommen und Alan hatte sich, wie er es gesagt hatte, nicht bei ihr gemeldet.

‚Jetzt ist es aber genug’, mit einem energischen Ruck holte sich Elisa in die Wirklichkeit zurück. ‚Dir geht es gut. Du wolltest nie wieder fest mit einem Mann zusammen sein und niemals und unter keinen Umständen wieder in die Ehefalle tappen!’ Das hatte sie sich hoch und heilig geschworen.

Trotzdem, es wäre schön, sich wieder zu verlieben. Schließlich hatte sie aus ihren Fehlern gelernt. In einer neuen Beziehung würde sie alles richtig machen.

***

„Du spinnst ja“, erklärte ihr die Ex Schwägerin Lara unumwunden, als Elisa bei einem spontanen Treffen von den wieder erwachten Sehnsüchten erzählte. „Sei froh, dass du frei und ungebunden bist. Ich würde sonst was darum geben.“

Erstaunt horchte Elisa auf. „Sag mal, was ist jetzt los? Roland und du, ihr seid schon so lange zusammen. Ihr versteht euch doch fantastisch, jedenfalls sieht das nach außen hin so aus. Ist irgendetwas passiert? Muss ich mir Sorgen machen?“

„Ach, weißt du, es mag alles toll aussehen zwischen uns, ist es aber schon lange nicht mehr. Roland arbeitet immer so viel. Er ist meist abgeschlafft, schlecht gelaunt und will von mir von vorn bis hinten bedient werden. Zudem unternehmen wir überhaupt nichts mehr zusammen, nicht einmal am Wochenende hat er Lust aus dem Haus zu gehen.“ Gedankenversunken rührte die Freundin in ihrem Kaffee herum. „Wenn ich noch einmal die Zeit zurückdrehen könnte, dann würde ich nicht heiraten.“

„Aber Lara, wie kannst du das nur sagen“, rief Elisa geschockt aus. „Bestimmt hast du nur eine Depri-Phase. Oder kommst du schon in die Wechseljahre? Roland ist immer so lieb und zuvorkommend zu dir. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es zwischen euch mal so richtig kracht.“

„Ich bin weder in den Wechseljahren, noch depressiv, meine Liebe. Und von wegen zuvorkommend und lieb! Hast du eine Ahnung. So benimmt sich Roland, wenn jemand dabei ist. Sind wir allein, so lässt er den Macho raushängen. In der letzten Zeit streiten wir uns nur noch. Wenn das so weitergeht, dann, dann ...“, Lara suchte nach Worten, „ ... dann suche ich mir einen Liebhaber, was fürs Herz und zum Kuscheln. Du und ich können ja zusammen damit anfangen“, fügte sie grinsend hinzu.

„So war das aber jetzt nicht gemeint“, grinste Elisa zurück. „Im Grunde deines Herzens liebst du Roland, auch wenn du jetzt über ihn herziehst. Bestimmt renkt sich alles wieder ein. Du musst einfach Geduld haben.“

„Du hast gut reden, dir geht nicht ständig jemand auf den Geist. Aber lassen wir das jetzt. Was hast du vor? Du kannst ja schlecht ein Plakat vor dir hertragen mit der Aufschrift: Suche netten Mann zum Verlieben.“

„Stimmt. Vielleicht rede ich mal mit Anne. Sie hat in Punkto Männer mehr Erfahrung als wir beide zusammen.“

***

Tatsächlich ergab sich für Elisa bald die Gelegenheit, mit ihrer besten Freundin über das Thema zu sprechen. Sie und Annerose hatten es sich in Elisas Wohnzimmer bei einem Glas Rotwein bequem gemacht. Diese Mädel Abende hatten sich nach Elisas Trennung wieder eingebürgert. Manchmal klinkte sich Lara mit ein, was aber heute nicht der Fall war.

Annerose und Elisa hatten sich während der Ausbildung als Bürokauffrau bei einem Opelhändler kennengelernt und wurden schnell Freundinnen. Bald lernten die Mädchen zwei miteinander befreundete Arbeitskollegen kennen, die als Gesellen in der Autowerkstatt arbeiteten. Während es zwischen der blonden, vorwitzigen Annerose und dem bulligen Mario sofort funkte, brauchte Elisa einen zweiten Anlauf, um mit Alfred Gimpel zusammen zu kommen. Beide Ehen wurden nicht glücklich, doch während Annes Ehe kinderlos blieb und bereits nach sieben Jahren geschieden wurde, hielt die Verbindung zwischen Alfred und Elisa wesentlich länger.

Anne hatte sich, nach den negativen Erfahrungen mit ihrem Ehemann, nie wieder fest gebunden. Zwar gab es in regelmäßigen Abständen einen Favoriten, doch hielten diese Beziehungen nie sehr lange. Ihre letzte Eroberung war ein 10 Jahre jüngerer Mann, der in der Wohnung über ihr lebte. Die Beziehung zwischen den beiden war ein ständiges auf und ab, wobei es in der letzten Zeit sehr nach einer steilen Talfahrt aussah. Auch Anne schien beziehungstechnisch so gar nicht zufrieden zu sein. „Wie schaut es mit deinem Henry aus? Habt ihr euch nach dem letzten Streit wieder zusammengerauft?“, fragte Elisa interessiert.

Anne zuckte betont gleichgültig die Schultern. „Er ist nicht mein Henry und es interessiert mich nicht, was der Typ macht. Es ist ärgerlich, dass er mein Nachbar ist. Ich sehe ihn viel zu oft durch den Hausflur schleichen.“

„Das hört sich gar nicht gut an. Du hast ihm doch vor gar nicht so langer Zeit den tollen Schreibtisch spendiert. Da hat es noch ausgesehen, als wärt ihr das Dream-Team schlechthin. Hat er sich für das Geschenk nicht revanchiert und dich nett zum Essen ausgeführt oder warum bist du so sauer auf ihn?“

Anne pustete die Wangen auf, ließ die Luft anschließend langsam wieder entweichen. „Witzbold. Wie sollte er das. Er steckt doch immer noch mitten im Studium und ist chronisch pleite. Wie oft ich ihm schon Geld geliehen habe, kannst du dir nicht vorstellen. Ich kann ihn höchstens zum Essen einladen, aber darauf habe ich auch keine Lust mehr. Das letzte Mal ist er anschließend zwar mit in meine Wohnung gekommen, hat sich dann allerdings auf die Couch gelegt und ist eingeschlafen. Und geschnarcht hat er auch noch.“

Elisa unterdrückte ein Kichern, was Anne noch mehr in Rage brachte. „Ich habe ihn kurzerhand rausgeschmissen und mir zur Beruhigung einen Krimi angeschaut. Das muss ich mir wirklich nicht noch einmal antun. Überhaupt ist er in der letzten Zeit immer müde und hat keine Lust auf Sex. Egal was ich probiere, er winkt jedes Mal ab.“

„Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Henry ist doch gerade mal 30. Eigentlich müsste er scharf wie sonst was auf dich sein. Hat er denn in der Uni so viel Stress? Oder meinst du, dass er, na ja, dass er eine Andere kennengelernt hat?“, fragte Elisa vorsichtig.

„Das glaube ich nicht. Wenn er nicht in der Uni ist, dann ist er zu Hause oder hier bei mir. Wann sollte er sich mit einer anderen Perle treffen? Ob er in der Uni Stress hat? Auf mich macht er jedenfalls einen tiefenentspannten Eindruck, wenn er zurückkommt. So anstrengend ist das alles also auch nicht“, sinnierte Anne. „Vielleicht liegt es daran, dass wir schon fast zwei Jahre zusammen sind. Nach einiger Zeit schleicht sich in jede Beziehung eine gewisse Routine ein. Ich werde ihm vorschlagen eine Beziehungspause einzulegen, denke ich, damit wir uns beide darüber klar werden, was wir wollen.“

„Jetzt komm, Anne. Weißt du nicht, was du willst? Vor allem: Willst du Henry wirklich nicht mehr? Eine Pause von der Beziehung, das klingt wie der Anfang vom Ende. Du solltest ihn öfter mal anmachen, wenn er lustlos ist. Das bringt ihn schon in die Puschen.“

„Du ahnungsloser Engel. Meinst du, dass ich auf die Idee nicht schon selbst gekommen bin? Letzte Woche habe ich den allerletzten Versuch gestartet. Dazu hatte ich mir richtig scharfe Wäsche gekauft und die passenden Halterlosen. Das habe ich angezogen, Highheels dazu und meinen schwarzen Seidenkimono. Ich wusste, dass Henry oben in seiner Wohnung war. Er hatte sich abgesetzt, weil er lernen wollte. So bin ich also hochgegangen. Der Nachbar von ganz oben ist mir im Flur begegnet. Du glaubst nicht, was der für Stielaugen gekriegt hat, dass ihm der Sabber nicht das Kinn hinunter gelaufen ist, war alles. Egal, ich habe jedenfalls bei Henry geklingelt und mich gegen den Türpfosten gelehnt, so in etwa.“ An dieser Stelle lehnte sich Anne in einer eindeutig lasziven Pose an die Wohnzimmertür. Elisa verfolgte ihr Tun mit offenem Mund. „Und dann hat er dich in die Wohnung gezerrt und so richtig ...“

„Von wegen, so richtig“, unterbrach die Freundin sie. „Er hat die Tür aufgemacht, kurz gestutzt und hat sich wieder an seinen Computer gesetzt. Ach ja und er hat ‚komm doch rein’ gemurmelt. Aber ich habe nicht aufgegeben, sondern den Kimono runtergleiten lassen, bin zu ihm hin gestöckelt und habe ihm sanft die Schultern massiert. Weil er doch so verspannt war und so.“ Anne, die immer noch an der Tür gestanden hatte, ließ sich in ihren Sessel plumpsen. „Was soll ich dir sagen. Er hat kurz aufgeschaut und gesagt, ich solle doch den Kimono oder besser seinen alten Frotteebademantel anziehen, sonst würde ich mich wohlmöglich erkälten. Dann hat er weiter wie verrückt auf der Tastatur herumgetippt und mich vollständig ignoriert. Das kann doch nicht normal sein. Wenn ich mir vorstelle wie das vor einem Jahr gewesen ist, dann werde ich ganz wehmütig.“

„Vielleicht solltest du ihm etwas Zeit geben. Oder tatsächlich eine Beziehungspause einlegen, obwohl ich das nicht für richtig halte, wenn du mit ihm zusammenbleiben möchtest“, hier zögerte Elisa einen Moment, bevor sie entschlossen fortfuhr. „Möglicherweise ist er sich auch seiner Sache zu sicher. Ein bisschen Eifersucht hat noch nie geschadet. Ich weiß, du würdest ihn nie betrügen, das sollst du ja auch gar nicht“, kam sie der Freundin zuvor, die protestierend aufgefahren war. „Er soll nur wieder merken, was für eine tolle Frau du bist, dass du an jedem Finger zehn Kerle haben könntest, wenn du das wolltest. Übrigens wäre es einfach schön, sich neu zu verlieben, meinst du nicht? Na ja, wenigstens etwas verlieben“, erklärte sie mit einem Seitenblick auf Annes skeptische Miene. „So mit Schmetterlingen im Bauch und nachts vor Sehnsucht nicht schlafen können. Mit kribbeln in den Fußsohlen und das Handy mit aufs Klo nehmen, weil man sonst seinen Anruf verpasst.“

„Ja, klar und mit Heulattacken, weil er nicht anruft. Mit Schlafentzug und am nächsten Morgen völlig fertig sein. Mit mitleidigen Blicken von den Kollegen und einem ernsten Gespräch beim Chef. Und das alles letztendlich nur, um meinen Freund eifersüchtig zu machen? Das muss ich wirklich nicht haben.“ Anne schaute ihre Freundin für einen Augenblick aufmerksam an. „Was ist los mit dir? Bisher hieß es immer: Ach nö, bloß nicht wieder eine Beziehung eingehen. Das kommt für mich nicht in Frage. Plötzlich redest du vom Kribbeln und von Schmetterlingen im Bauch.“

Elisa seufzte. „Das habe ich auch immer so gemeint wie ich es sagte. Aber es hat sich in der letzten Zeit einiges verändert. Die Jungen sind jetzt 14 und 16 Jahre alt und brauchen mich nicht mehr so, wie nach der Trennung von Alfred. Sie machen ihr Ding, sind mit ihren Freunden unterwegs. Nicht mal mehr ins Kino gehen sie mit mir. Und ich habe lange gebraucht, um mit dem traurigen Ende meiner Ehe klarzukommen. Das alles zu verarbeiten hat seine Zeit gedauert, das weißt du doch aus Erfahrung. Inzwischen habe ich mich in meinem Leben eingerichtet, fühle mich wohl darin. Jetzt hätte ich Platz und Zeit für eine neue Liebe.“

„Das ist ja alles gut und schön, aber wie stellst du dir das vor. Wir sind beide nicht mehr taufrisch. Männer, die altersmäßig zu uns passen ... Henry lasse ich jetzt mal außen vor, der ist ausgesprochen frühreif“, grinste Anne ihre Freundin an, was diese laut auflachen ließ. „Also, passende Männer sind entweder verheiratet und suchen eine Gelegenheit für einen Seitensprung. Oder sie sind geschieden, haben kleinere Kinder und müssen Unterhalt bezahlen. Ja, und dann gibt es noch die unverheirateten, aber das die nicht alle Latten im Zaun haben ist an fünf Fingern abzuzählen. Schöne Aussichten.“ Entschlossen trank Anne ihr Weinglas leer. „Und jetzt bist du dran.“

April

„Das ist ja wohl das Allerletzte. So nötig kannst du es doch nicht haben. Wenn ich dir einen Rat geben darf: Am Besten erzählst du keinem anderen davon. Schon gar nicht deinen Eltern, sie wären entsetzt, dass ihre Tochter sich einen Kerl per Kontaktanzeige anlachen will“, hier hielt Annerose inne, um Luft zu holen.

Tatsächlich durchforstete Elisa in letzter Zeit regelmäßig die Rubrik „Er sucht Sie“, die in der Wochenendbeilage der Tageszeitung abgedruckt war. Sie war dabei auf eine interessante Annonce gestoßen:

„Er (48), sympathischer, humorvoller, gutaussehender Singlemann sucht liebenswerte, lustige Frau (Alter Nebensache) für besondere Treffen.“

Elisa hatte einen kurzen Brief verfasst und ihn, versehen mit einem Foto und großen Hoffnungen, abgeschickt. Eine Woche später flatterte ihr ein netter Brief ins Haus. Der Mann bat um ein Treffen, schlug ein unverbindliches Kaffeetreffen vor, wobei er gleich die Uhrzeit und das Lokal vorgab. Kurzentschlossen willigte Elisa ein.

Jetzt erzählte sie ihrer Freundin freudestrahlend von dem Date und war erstaunt über Annes Reaktion. „Das kannst du knicken, da wird sowieso nix draus. Das Alter der Frau, die er sucht ist Nebensache? Der ist nicht wählerisch, was? Hast du überhaupt schon ein Foto von dem Typen gesehen?“

„Nein“, gab Elisa zögernd zu. „Aber wieso klingst du so negativ? Vielleicht ist das ein ganz Netter, der, wie ich, allein ist. Sicher hat er sich bei der Bemerkung über das Alter der Frau gar nichts gedacht. Übrigens will ich ihn mir ja nur mal ansehen, das ist alles.“

„Dann achte aber lieber mal darauf, dass du die Möglichkeit hast gleich wieder zu gehen, wenn es nötig ist. Die Erfahrungen habe ich schon hinter mir.“

Annerose hatte vor Jahren dieselbe Idee wie ihre Freundin gehabt. Allerdings hatte sie selbst eine Kontaktanzeige aufgegeben. Sie bekam eine Menge Post und machte sich daran, die Bewerber einen nach dem anderen kennenzulernen. Nach kurzer Zeit stellte sie fest, dass es gar nicht einfach war, die Spreu vom Weizen zu trennen.

„Wobei von einem Traumprinzen keine Rede sein konnte. Einer war schlimmer als der Andere. Schließlich habe ich mich nur noch auf einem Parkplatz verabredet. Ich blieb im Auto sitzen und schaute mir erst einmal in Ruhe an, was da aus dem Wagen stieg. Einmal preschte ein nagelneuer Porsche auf den Parkplatz. ‚Nicht schlecht’, dachte ich, aber nur so lange, bis der Typ ausgestiegen war. Wenn das kein Zuhälter war, dann heiße ich Erna: Muskelshirt, natürlich zu eng. Den Hosenboden der Jeans in den Kniekehlen. Dicke Goldkette um den Hals, dickes goldenes Armband, fette Uhr. Die Haare blondiert, in Locken, schulterlang, Dreitagbart. Er entsprach wirklich jedem Klischee. Als er freudestrahlend auf mein Auto zukam, habe ich so was von Gas gegeben!“ Anne schüttelte sich noch im Nachhinein. „Danach habe ich die Sache aufgegeben.“

„Aber nur weil du schlechte Erfahrungen gemacht hast heißt es ja nicht, dass ich das auch machen muss. Vielleicht ist dieser Mann die Ausnahme. Übrigens habe ich natürlich niemandem außer dir davon erzählt und schon gar nicht meinen Eltern. Was meinst du denn. Ich kann mir vorstellen, dass mein Bruder sich erst totlachen und mich dann andauernd damit aufziehen würde, wenn er davon wüsste.“

„Damit hätte er Recht, du wirst schon sehen. Wie geht es Peter eigentlich? Ihn habe ich schon lange nicht mehr gesehen“, erkundigte sich Anne betont harmlos.

„Stimmt, bei mir hat er sich auch länger nicht mehr blicken lassen. Er hat im Moment wohl mit seinem Fuhrunternehmen alle Hände voll zu tun. Du weißt, dass er dich gut findet. Das hat er dir mehr als deutlich gezeigt. Wenn du gewollt hättest ...“

Annerose unterbrach die Freundin. „Hör auf mich zu verkuppeln. Im Moment bin ich noch mit Henry zusammen.“ Sie schwieg einen Moment nachdenklich. „Allerdings weiß ich nicht, wie lange das noch gut geht. Wenn er sich weiter so gleichgültig verhält, dann werde ich wohl doch Schluss machen.“

„Siehst du. Vielleicht überlegst du dir meinen Vorschlag doch noch. Wenn es mit meinem Zeitungsdate nichts wird, dann können wir ja mal zusammen gucken, ab wir den passenden Typen für uns finden. Für jede von uns einen, meine ich“, fügte Elisa lachend hinzu.

***

Nervös betrat Elisa das Café. Es kam ihr entgegen, dass der Mann ein Lokal im Nachbarort ausgesucht hatte. Somit war nicht damit zu rechnen, jemand Bekanntes zu treffen. Ein Date per Zeitungsannonce, das klang ausgesprochen spießig, ja hausbacken. Sie war etwas zu früh und steuerte einen freien Tisch in einer Ecke an, ohne sich großartig umzusehen. Hier setzte sie sich auf die Stuhlkante, schloss für einen Moment die Augen. Sie atmete tief ein und aus um sich zu beruhigen. Annes Horrorgeschichten gingen ihr schon seit einer Weile durch den Kopf. Sie hoffte, dass der zu erwartende Mann wenigstens einigermaßen normal aussah. Schließlich hatte sie ihn noch nie gesehen. Während sie ihm ein Foto von sich geschickt hatte, musste sie sich auf seine Selbstbeschreibung verlassen.

Ein Stuhl scharrte über den Boden, Geschirr klirrte, jemand setzte sich zu ihr. „Wenn das kein Zufall ist, was machst du hier“, sagte ihr Bruder.

‚Nein, bitte nicht’, dachte Elisa entsetzt und riss die Augen auf.

„Ich weiß, dass wir uns ein paar Wochen nicht gesehen haben, aber so verändert habe ich mich in der Zeit jetzt auch nicht. Du guckst mich an, als wäre ich Jack the Ripper“, erklärte Peter trocken.

„Hallo, was machst du denn hier?“, hauchte Elisa matt.

„Ich habe zuerst gefragt. Egal, ich arbeite, fahre Ware aus. Das macht man so, wenn man ein Kleinunternehmer ist, der sich kein Personal leisten kann, weißt du. Ich bin beim letzten Kunden früher mit dem Abladen fertig geworden als geplant und genehmige mir deshalb einen Kaffee. Das ist das ganze Geheimnis.“ Peter schwieg, sah sie erwartungsvoll an.

„Ich will auch einen Kaffee trinken.“

„Tatsächlich? Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Das ist aber so gar nicht deine Gegend hier, oder?“, fragte Peter interessiert.

Elisa zuckte hilflos die Schultern. „Wieso jetzt nicht meine Gegend. Ich war gerade hier in der Ecke, habe eine Freundin besucht. Überhaupt geht dich das gar nichts an, wo ich Kaffee trinke.“ Sie sah sich demonstrativ nach der Bedienung um und orderte einen Milchkaffee. Nach dem sie einen Schluck genommen hatte, musterte sie ihren Bruder verzweifelt. „Willst du nicht mal wieder los? Ich denke du arbeitest.“

Peter grinste sie an. „Ich habe noch etwas Zeit. Ich bleibe bis du ausgetrunken hast, dann musst du nicht so allein hier sitzen. Weißt du was, ich geben dir den Kaffee aus.“

Die Tür öffnete sich und ein Mann betrat das Café. Elisa durchfuhr es heiß. War das ... Nein! Dieser Mann setzte sich an einen Tisch, zog die Zeitung hervor und begann konzentriert zu lesen.

Elisa seufzte resigniert, beschloss ihrem neugierigen Bruder die Wahrheit zu sagen. Vielleicht würde er sich dann diskret zurückziehe. „Hör zu, ich bin hier verabredet. Mit einem Mann, wenn du es genau wissen willst. Und bevor du mich weiter ausquetschst: Ich habe ihn über eine Zeitungsannonce kennengelernt. Wehe du lachst, dann kannst du was erleben.“

Um Peters Mundwinkel zuckte es, aber er hatte sich bemerkenswert im Griff. Er kannte seine kleine Schwester und wusste, dass sie zuweilen unbeherrscht reagieren konnte. „So, so. Zeitungsannonce“, brummelte er. „Du bist ja bekloppt, hast du das nötig?“

„Das geht dich gar nichts an“, zischte Elisa ihn an. „Und jetzt zieh Leine, bevor er kommt.“

Mit einem breiten Grinsen erhob sich Peter. „Dann will ich dir die Tour nicht vermasseln, Schwesterherz. Viel Spaß noch.“ Elisa atmete auf. Doch statt das Café zu verlassen, setzte sich ihr Bruder an einen freien Tisch und bestellte ein Mineralwasser. ‚Das wird mir jetzt alles zu blöd. Ich zahle und dann gehe ich einfach’, dachte Elisa. Doch bevor sie das Gedachte in die Tat umsetzen konnte, betrat ein Herr mittleren Alters das Café. Er sah sich suchend um und steuerte zielsicher ihren Tisch an. „Hallo, ich glaube wir sind verabredet“, strahlte er, stutzte aber, als er Elisas düstere Miene bemerkte. „Oder irre ich mich?“

„Nein, das stimmt schon“, würgte sie heraus, während sie zu ihrem Bruder hinschielte, der interessiert in ihre Richtung schaute. Als er ihren Blick bemerkte, prostete er ihr grinsend mit dem Wasserglas zu. Elisa verdrehte die Augen und konzentrierte sich auf ihr Gegenüber. „Sie sind also Herr Ölschlegel?“

„Für sie bitte Ludger“, grinste der. „Ich dachte schon, ich wäre am falschen Tisch. Sie haben ein wenig, wie soll ich sagen, ernst geschaut. Ich hoffe es geht Ihnen gut. Jedenfalls freue ich mich Sie kennenzulernen.“

„Das tut mir leid“, erleichtert registrierte Elisa, dass ihr Bruder sich anschickte das Café zu verlassen. In der Tür drehte er sich noch einmal um, deutete auf Ludger Ölschlegel, schüttelte den Kopf. Elisa zog eine Grimasse.

„Oh, ist ihnen nicht gut?“ fragte Ludger besorgt.

„Doch, doch, das ist die Aufregung. Schließlich lerne ich nicht jeden Tag einen Mann kennen, mit dem ich über die Zeitung in Kontakt gekommen bin“, beeilte sich Elisa zu versichern.

Ludger zuckte die Achseln. „Kein Problem, meine Liebe. Ich bin von Beruf Makler und habe mit Menschen aller Couleur zu tun. Da ist mir nichts fremd, nichts menschliches, jedenfalls. Ich werde sie noch entspannen.“