Schriftsteller sucht Sekretärin – Ein Fall für Scotland Yard: Ein klassischer Kriminalroman - Jonas Pickham - E-Book

Schriftsteller sucht Sekretärin – Ein Fall für Scotland Yard: Ein klassischer Kriminalroman E-Book

Jonas Pickham

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Beschreibung

Der Londoner Kommissar Jeremias Greenwood ermittelt in dem kuriosen Fall eines gefundenen abgerissenen Frauenarmes, der von einem spanischen Yachtbesitzer beim Angeln herausgezogen wurde.
Seine Ermittlungen ergeben, dass der Arm einer gewissen Peggy Lane zuzuordnenden ist und von Peggy fehlt jede Spur. Seine Suche nach ihr führt ihn bis in ein kleines Dorf unweit Longtown in Hereford, wo er auf drei alte kauzige, aber sehr nette und freundliche Brüder trifft, die ihm bestätigten, dass die junge Frau für sie tätig war, aber bereits vor Monaten gekündigt hatte und abgereist war. Betrübt, dass seine Nachforschungen nicht das gewünschte Ergebnis brachten, kehrt Greenwood in die ortsansässige Gaststätte zurück und erfährt dort weitere seltsame Dinge, die ihn zum Bleiben veranlassen …

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Jonas Pickham

 

 

Schriftsteller sucht

Sekretärin

 

 

 

 

Ein Fall für Scotland Yard 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Steve Mayer, 2023

Korrektorat: Ilka Richter

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen , welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv.

 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Schriftsteller sucht Sekretärin 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel  

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

17. Kapitel 

Weitere klassische Kriminal-Romane von Jonas Pickham sind erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung 

 

Das Buch

 

 

 

Der Londoner Kommissar Jeremias Greenwood ermittelt in dem kuriosen Fall eines gefundenen abgerissenen Frauenarmes, der von einem spanischen Yachtbesitzer beim Angeln herausgezogen wurde.

Seine Ermittlungen ergeben, dass der Arm einer gewissen Peggy Lane zuzuordnenden ist und von Peggy fehlt jede Spur. Seine Suche nach ihr führt ihn bis in ein kleines Dorf unweit Longtown in Hereford, wo er auf drei alte kauzige, aber sehr nette und freundliche Brüder trifft, die ihm bestätigten, dass die junge Frau für sie tätig war, aber bereits vor Monaten gekündigt hatte und abgereist war. Betrübt, dass seine Nachforschungen nicht das gewünschte Ergebnis brachten, kehrt Greenwood in die ortsansässige Gaststätte zurück und erfährt dort weitere seltsame Dinge, die ihn zum Bleiben veranlassen …

 

 

***

Schriftsteller sucht Sekretärin

 

Ein Fall für Scotland Yard

 

 

1. Kapitel

 

Es war an einem strahlenden Sommernachmittag, als Frank Wellington sein rassiges Sport-Coupé durch die farbenprächtige Landschaft von Westengland steuerte. Es war ein weißer Rolls Royce, in dem der etwa dreißigjährige junge Mann saß, braungebrannt und sportgestählt, mit einem unternehmungslustigen Pfeifen und lebhaft blitzenden Augen.

Man sah Frank Wellington an, dass er Erfolg im Leben gehabt hatte. Er war nicht eines jener verweichlichten Söhnchen aus reichem Hause, die alles, was sie besaßen, ihren Vorfahren verdankten. Was er sein Eigen nannte, war in zähem, unerbittlichem Kampf drunten in Südafrika erworben worden. Er hatte dort als kleiner Ingenieur begonnen und war vor einem Jahr als Kompagnon zu einem gelähmten Minenbesitzer ins Geschäft gestiegen.

Was Frank jetzt nach England zurückgeführt hatte, war in einem Satz gesagt. Er wollte eine junge Dame besuchen, die er in Transvaal kennengelernt hatte. Sie hieß Elisabeth Warren, war etwa zweiundzwanzigjährig und, in Franks Augen wenigstens, ein sehr schönes und begehrenswertes Mädchen.

Vom ersten Augenblick an hatte sie ihm gefallen, und er hatte nie ein Hehl aus seinen Gefühlen gemacht. Trotzdem hatte es sechs Monate gedauert, bis es ihm gelungen war, Elisabeth zum Abendessen einzuladen. Da er schon wochenlang darauf gewartet hatte, einmal ganz allein mit ihr zu sein, war er an diesem Abend der glücklichste Mensch in der ganzen Südafrikanischen Union gewesen.

Frank schüttelte lächelnd seinen lockigen Kopf. Er hatte schon viele Frauen vor Elisabeth geküsst, und nie hatte eine auch nur daran gedacht, ihm deswegen böse zu sein. Aber was hatte Miss Warren getan? Sie hatte ihm eine Ohrfeige gegeben, dass ihm die Sterne vor die Augen gekommen waren. Anschließend war sie zitternd vor Wut aus seinem Wagen gesprungen, um die fünf Meilen zu Fuß nach Haus zu traben. Er selbst hatte den ganzen Weg im ersten Gang zurückgelegt, immer neben ihr herfahrend und sie ununterbrochen um Verzeihung bittend, völlig umsonst allerdings, denn sie hatte genau so getan, als wäre er Luft für sie, und ihn keines Blickes mehr gewürdigt.

Seither hatte er die rabiate Elisabeth nicht mehr gesehen. Am nächsten Morgen hatte ihm sein Kompagnon mit nicht zu überhörendem Vorwurf mitgeteilt, dass Miss Warren telefonisch gekündigt habe und nach England gefahren sei.

Damit hätte dieses Kapitel in Franks bewegtem Leben beendet sein können. Wenn es ihm nur gelungen wäre, die liebenswerte aber nicht sehr liebenswürdige Elisabeth Warren zu vergessen! Monatelang war er mit einem Gesicht herumgelaufen, als hätten ihm die Hühner das Brot weggegessen. Um es offen heraus zu sagen: er hatte sich krank nach dem Mädchen gesehnt. Weshalb, hätte er eigentlich selbst nicht verraten können. Tatsache jedenfalls war, dass er es nicht mehr ausgehalten und vor einer Woche einen Privatdetektiv damit beauftragt hatte, nach ihr zu forschen, und als er vorgestern erfahren hatte, dass sie seit drei Wochen als Privatsekretärin bei einem Schriftsteller in einem kleinen Dorf unweit Longtown in Hereford arbeitete, hatte er sich gleich ins Flugzeug gesetzt und war nach London geflogen. Dort hatte er sich einen Wagen gekauft, und augenblicklich befand er sich höchstens noch eine Meile von seinem Ziel entfernt. Er hatte Longtown bereits vor einer Weile hinter sich gelassen, und ganz in der Ferne sah er eine Ortschaft liegen, in der, wenn er sich auf die Angaben seines Privatdetektivs verlassen konnte, die kratzbürstige Miss Warren Zuflucht gesucht haben musste.

»Hallo, junge Dame!« Frank brachte seinen schnittigen Wagen auf einem kleinen Platz zum Stehen und beugte sich nach links hinüber, um sich an ein etwa dreizehnjähriges Mädchen zu wenden: »Wo kann ich hier Mr. Hartmoore finden?«

»Welchen Mr. Hartmoore, Sir?«, fragte die Kleine mit leierndem Tonfall zurück. »Wir haben drei Brüder Hartmoore im Dorf. Einen Mr. Cedric Hartmoore, einen Mr. Paul Hartmoore, und einen Mr. John Hartmoore.« Sie starrte den braungebrannten Mann wie ein Weltwunder an und trat vor lauter Verlegenheit von einem Fuß auf den anderen.

»Ich suche den Schriftsteller«, sagte Frank, dem der Vorname von Miss Warrens Arbeitgeber nicht bekannt war.

»Ach den!« Das Mädchen strahlte den verführerischen Fremden schüchtern, aber bereits ein ganz klein wenig kokett an. »Da fahren Sie hinter der Schule gleich nach rechts und dann immer geradeaus, bis Sie linker Hand ein Schloss sehen. Da wohnt er.«

»Vielen Dank, junge Dame.«

Frank brauste davon und bog hinter dem alten Schulgebäude auf zwei Rädern in einen schmalen Seitenweg ein. Hier aber musste er sein Tempo etwas drosseln, denn er befand sich unversehens auf einem Teppich von Kuhfladen und Schlaglöchern, die mit leeren Konservendosen und anderen undefinierbaren Dingen garniert waren. Nach einer halben Meile erblickte er zu seiner Linken ein altes, verfallenes Gemäuer, das eher eine Schlossruine als ein Schloss war. Im Schneckentempo wechselte er auf einen holprigen Pfad hinüber, der sich durch eine wahre Wildnis von Park schlängelte und endlich auf eine lebensgefährlich aussehende Freitreppe stieß.

Der unternehmungslustige Minenbesitzer fühlte sich auf einmal nicht mehr ganz wohl in seiner Haut. Mit konsterniertem Gesicht saß er in seinem Coupé und starrte peinlich berührt in die Runde. Das Ganze hätte wunderbar als Szenerie zu einem amerikanischen Gruselfilm gepasst, und mit Grauen stellte er sich vor, wie es hier wohl aussehen musste, wenn zu nächtlicher Zeit die Käuzchen in dem verwahrlosten Park schrien und der Mond sein gespenstisches Licht über diese Geisterlandschaft streute. Eines stand jedenfalls fest: Elisabeth musste allerhand Mumm in den Knochen haben. Er für sein Teil würde hier nicht leben wollen, selbst wenn er tausend Pfund Sterling im Monat verdiente.

Frank riss sich gewaltsam zusammen und griff nach dem Rosenstrauß, der neben ihm auf dem Sitz lag. Kopfschüttelnd stieg er aus und kraxelte über die wackligen Stufen der Freitreppe zum Portal hinauf. Hier musste er plötzlich lächeln. Auf dem kleinen Messingschild neben dem altmodischen Klingelgriff standen sämtliche drei Namen, die ihm das Mädchen vorhin genannt hatte Die Herren Cedric, Paul und John Hartmoore wohnten folglich alle drei unter dem gleichen Dach. Die Kleine hatte ihm also nur die Würmer aus der Nase ziehen wollen, um zu hören, zu welchem der Herren er genau wollte.

Frank läutete. Ein heiseres Glöckchen schlug an. Eine ganze Weile später vernahm er einen schlurfenden Schritt jenseits des wurmstichigen Portals. Dann rasselte eine Schließkette.

»Guten Tag«, sagte der junge Mann freundlich, als einer der Torflügel sich um eine Handbreit geöffnet hatte und ein fahles, nicht allzu intelligent wirkendes Frauengesicht in dem Spalt erschienen war. »Ich möchte Miss Warren besuchen, wenn Sie nichts dagegen haben.«

Keine Antwort.

Zwei stumpfe Augen blickten ihn wie hypnotisiert an, und der breite Mund in der Mitte der schmalen Öffnung blieb krampfhaft geschlossen. Ein leichtes Unbehagen wollte Frank befallen, während er sich so angestarrt fühlte. Aber ehe es richtig aufflammen konnte, verschwand das stupide Gesicht plötzlich, und eine bärtige Physiognomie, über der ein altertümlicher Kneifer thronte, nahm seine Stelle ein.

»Einen Moment, bitte!«, sagte eine höfliche Stimme.

Der Torflügel schloss sich wieder. Drinnen rasselte die Schließkette. Dann wurde das Portal weit geöffnet, und ein kleiner untersetzter Mann stand jovial lächelnd auf der Schwelle. »Guten Tag«, sagte er herzlich, während er Frank seine Hand entgegenstreckte. »Sie wollten Miss Warren sprechen, wenn ich richtig gehört habe?«

»Allerdings.« Frank erwiderte den kräftigen Händedruck. »Falls es sich ermöglichen lässt, heißt das.«

»Du kannst gehen, Barbara«, wandte sich der alte Herr auffallend laut und seine Worte gut artikulierend an die Frau, die neben ihm stand und Frank noch immer mit verwirrtem Blick anstierte. Er wartete, bis sie davongeschlurft war. Dann drehte er sich wieder um und erklärte mit einem mitleidigen Lächeln: »Sie ist taubstumm, die Ärmste. Aber sie ist eine gute Haut. Und treu wie Gold.« Er strich sich mit jäh wechselndem Gesichtsausdruck den schwarzen Vollbart. »Tja, was nun Miss Warren betrifft«, meinte er bedauernd, »muss ich Ihnen leider mitteilen, dass Sie umsonst nach Rendon gekommen sind. Miss Warren hat ihren Dienst gekündigt und ist nach London gefahren.«

»Wirklich?« Frank konnte nichts dafür, aber er musste dem alten Herrn ganz unverfroren ins Gesicht grinsen.

Er glaubte nämlich nicht, dass Elisabeth in London sein sollte. Seiner Ansicht nach hatte diese ihn eben aus seinem Wagen steigen sehen und ihren Brotherrn gebeten, ihn abzuwimmeln.

»Was grinsen Sie denn so dämlich, junger Mann?«, fragte Mr. Hartmoore, der offenbar nicht allzu viel Spaß verstand. »Sie nehmen doch hoffentlich nicht an, dass ich Ihnen hier einen Bären aufbinde?«

»Aber keinesfalls, Mr. Hartmoore!«, antwortete Frank mit einem jungenhaften Lachen »Trotzdem wäre ich sehr froh, wenn Sie Miss Warren einen schönen Gruß von mir ausrichten würden. Und sagen Sie ihr bitte, ich bliebe solange hier im Dorf, bis sie mir wenigstens guten Tag sagen käme!«

»Ich glaube, Sie sind von Sinnen!«, stieß Mr. Hartmoore zitternd vor Empörung hervor.

»Nein, nur verliebt, Mr. Hartmoore. »Bye, bye! Und vergessen Sie nicht, meine Grüße zu bestellen.« Frank drückte dem wie versteinert dastehenden Hausherrn seinen Blumenstrauß in den Arm und sprang in einem einzigen Satz die Freitreppe hinab.

Während der schnittige Wagen auf engstem Raum wendete und mit Vollgas den holprigen Pfad entlangbrauste, verharrte Mr. Hartmoore noch immer reglos auf der Schwelle seines Hauses. Sein Gesicht war wie aus Erz gegossen. Bloß in seinen grauen Augen war Leben. Sie schickten zornige Blicke hinter dem eigenartigen Besucher her. Aber es war nicht nur Zorn, der in ihnen flackerte. Sie enthielten auch noch etwas anderes. Etwas, das Frank Wellington vielleicht erschreckt hätte, wenn er es hätte sehen können.

Als das weiße Coupé in der Ferne verschwunden war, drehte Mr. Hartmoore sich langsam um und drückte das Portal hinter sich ins Schloss. Dann ging er mit ruhigen, gleichmäßigen Schritten durch die riesige, kahle Halle und stieß eine Tür auf, die in ein großes, nicht allzu vornehm möbliertes Wohnzimmer mündete.

»Verdammte Schweinerei!«, knirschte er, während er, von einem jähen Wutanfall geschüttelt, den Rosenstrauß zu Boden schleuderte und mit den Füßen darauf herumzutrampeln begann.

»Was wollte der Kerl?«, fragte ein zweiter Mann, der vor einer Staffelei am Fenster saß und mit verklärter Miene Kreise, Striche und Punkte auf seine Leinwand pinselte.

»Er will Miss Warren besuchen!«, fauchte der andere, nachdem er die Tür mit lautem Krachen ins Schloss geworfen hatte.

»Hast du ihm erzählt, dass sie abgereist ist?«, erkundigte sich ein dritter, der vor einem Tisch hockte und mit kindlichem Eifer an einem Modellflugzeug bastelte.

»Natürlich habe ich ihm erzählt, dass sie abgereist ist!«, zischte der erste. Er begann wie ein gereizter Tiger im Zimmer hin und her zu rennen. »Aber er hat mir’s nicht geglaubt! Er will im Dorf bleiben, bis sie ihm guten Tag sagen kommt!«

Jetzt blickten die beiden anderen endlich von ihrer Arbeit auf. Ungläubiges Staunen im Gesicht, starrten sie ihren Bruder an. Die Mitteilung, die dieser ihnen eben gemacht hatte, schien von ungeheurer Wichtigkeit für sie zu sein.

»Der Junge ist wohl krank?«, sagte einer von ihnen nach einer Weile mit sehr sanftem Tonfall.

»Mir scheint eher, als wäre er lebensmüde!«, verbesserte der Flugzeugkonstrukteur genau so friedlich und widmete sich kopfschüttelnd wieder seiner Liebhaberei.

 

 

2. Kapitel

 

In Scotland Yard war Jeremias Greenwood nicht sehr beliebt Der kometenhafte Aufstieg, der ihn innerhalb von drei Jahren vom kleinen Hilfsagenten zum Kommissar geführt hatte, war schuld daran, dass er überall mit scheelen Blicken bedacht und von all seinen Kollegen – bis auf wenige Ausnahmen – beneidet wurde. Doch daraus machte sich Mr. Greenwood herzlich wenig. Er wusste, dass er seine rasch hintereinander erfolgten Beförderungen nur seiner harten Arbeit und nicht etwa der Fürsprache eines gnädig gesinnten Vorgesetzten verdankte.

Es gab natürlich auch Leute, die für ihn durchs Feuer gegangen wären. Einer von dieser Sorte war der Inspektor, der augenblicklich neben ihm saß. Er hatte dem jungen Mann vor einem Jahr das Leben gerettet, und das vergaß Jack Perkins ihm nicht. Als Gegenleistung für seine unter dramatischen Umständen stattgefundene Lebensrettung ertrug Perkins alle Launen seines Vorgesetzten, ohne mit einer Wimper zu zucken.

Was Jeremias Greenwood jetzt zum Yachthafen führte, war eher eine Bagatelle. Er war für einen Kollegen eingesprungen, dessen Frau plötzlich erkrankt war, und er rechnete damit, die ganze Affäre innerhalb einiger Stunden geklärt zu haben und sich dann wieder seinen eigenen Fällen widmen zu können.

Am Hafen angekommen, wurde er in dieser Überzeugung noch bestärkt. Das Ganze sah denn auch wirklich sehr harmlos aus. Ein spanischer Yachtbesitzer hatte am späten Nachmittag auf seinem Weg von Calais nach London seinem Lieblingssport, dem Fischen, gehuldigt Dabei hatte plötzlich etwas an seiner Angel gebaumelt, das er anfangs für einen besonders schweren Fisch gehalten hatte. Zu seinem nicht geringen Entsetzen aber hatte er bald konstatieren müssen, dass es ein menschlicher Arm, bestehend aus Hand, Unter- und halben Oberarm, gewesen war.

Obwohl der Spanier kein Wort Englisch sprach, war der Tatbestand im Handumdrehen aufgenommen. Greenwood beherrschte die wichtigsten Ausdrücke aller existierenden Sprachen, und so verstanden die beiden sich ausgezeichnet. Nachdem die Aussagen des Südländers zu Papier gebracht und unterzeichnet waren, wickelte Inspektor Perkins den offenbar von einem Frauenkörper stammenden Arm in ein Segeltuch, und die beiden Beamten machten sich wieder auf den Heimweg.

Im Yard ergriff Kommissar Greenwood sofort alle für solche Fälle üblichen Routinemaßnahmen. Zuerst schaffte er den Arm in die daktyloskopische Abteilung, damit die Fingerabdrücke der früheren Besitzerin festgestellt werden sollten. Dann trug er ihn ins Laboratorium, wo er Millimeter um Millimeter untersucht wurde. Er selbst begab sich unterdessen in die Fahndungsabteilung, um zu sehen, ob während der letzten Zeit nicht eine Tote gefunden wurde, deren rechter Arm durch Abwesenheit geglänzt hatte. Da nicht feststand, aus welchem Land der Arm stammte, wurden dabei nicht nur die britischen Meldungen berücksichtigt, sondern auch die der Interpol.

Das Resultat dieser Nachforschungen war negativ. Es war nirgends eine Leiche mit nur einem Arm gefunden worden. Das berechtigte zu dem Verdacht, dass der Spanier wahrscheinlich nur einen Teil des Leichnams aus dem Meer gefischt hatte, und dass der Rest, entweder als Ganzes oder in mehreren Stücken, noch in der See herumschwamm. Hieraus ergab sich eine neue Untersuchung. Mit Hilfe der Fingerabdrücke mussten jetzt sämtliche Vermisstenmeldungen der letzten Wochen überprüft werden, ganz gleich, aus welchen Ländern sie herrührten.

Greenwood begab sich wieder in die daktyloskopische Sektion, um die Fotos abzuholen. Hier aber erwartete ihn eine angenehme Überraschung. Anhand der Fingerabdrücke hatte man die Identität der Armbesitzerin bereits festgestellt. Es handelte sich um ein junges Mädchen namens Peggy Lane, die vor zwei Jahren an einem Krankenpflegekursus des Roten Kreuzes teilgenommen hatte und bei dieser Gelegenheit ordnungsgemäß registriert worden war. Von Beruf war sie Sekretärin, und sie hatte damals auf Nummer 39 in der Victoria Street gewohnt.

Wo Miss Lane zuletzt gewohnt hatte, stand natürlich nicht auf der Karte.

Aber um das zu erfahren, brauchte sich Greenwood nur kurz ans Telefon zu klemmen. Als er den Hörer wieder auflegte, machte er allerdings ein ziemlich nachdenkliches Gesicht. Peggy Lane war vor sieben Monaten, aus einem kleinen Dorf in der Provinz kommend, in einer Familienpension in der Oxford Street abgestiegen. Hier war sie etwa zwei Wochen geblieben. Dann hatte sie sich nach Paris abgemeldet, war aber nicht dort angekommen. Ihre Ankunft war wenigstens vom Pariser Einwohneramt nicht bestätigt worden.

Dass Peggy tot war, daran zweifelte der Kommissar keine Sekunde lang. Wenn ein Menschenarm in der See trieb, war es ziemlich unwahrscheinlich, dass sein Eigentümer sich freiwillig von ihm getrennt haben sollte. Was Greenwood so nachdenklich stimmte, war, dass das Mädchen bereits vor sechseinhalb Monaten nach Paris gereist war, und dass ihr Arm jetzt erst aus dem Wasser gezogen wurde – in einem Zustande, der vermuten ließ, dass seine Besitzerin vor drei Tagen noch am Leben gewesen sein musste!

Wo war Peggy Lane während dieser sechseinhalb Monate gewesen? Noch immer in London? Oder in Paris? Oder vielleicht auf einem Schiff?

Jeremias Greenwood sah ein, dass er nicht daran vorbeikam, der Familienpension in der Oxford Street einen Besuch abzustatten. Es war dies die einzige Möglichkeit, Miss Lanes Spur zu verfolgen, die sie bei ihrer Abreise hinterlassen hatte. Vielleicht! Denn es gab ja leider auch Menschen, die spurlos verschwanden. So, als hätte die Erde sie verschluckt.

Es war noch keine Stunde vergangen, seit er im Yachthafen gewesen war, als er vor der Pension ›Red Lion‹ aus seinem Wagen stieg und durch eine schlechtgeölte Drehtür in den kleinen, etwas muffig riechenden Empfangsraum trat.

---ENDE DER LESEPROBE---