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Der schwerreiche Witwer Milton Finsbury trägt sich mit dem Gedanken, seine hübsche, aber eiskalt berechnende Geliebte Susan zu heiraten, sobald ihre Scheidung durch ist. Doch ihr Ehemann dachte nicht im Geringsten daran, sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Finsburys Schwiegersohn George ist von dieser Hochzeit überhaupt nicht begeistert, denn er ahnt, dass die hübsche, aber undurchsichtige Lady nur auf das Geld aus ist. Er ist nicht dazu bereit, das Erbe, welches seiner Frau Evelyn nach dem Tod Finburys zusteht, mit dieser Dame zu teilen. Zwei Tote – und niemand weiß, wer wer ist.
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Jonas Pickham
Wer ist wer?
Ein klassischer Kriminalroman
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer, 2023
Korrektorat: Ilka Richter
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Wer ist wer?
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
Weitere klassische Kriminal-Romane von Jonas Pickham sind erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung
Der schwerreiche Witwer Milton Finsbury trägt sich mit dem Gedanken, seine hübsche, aber eiskalt berechnende Geliebte Susan zu heiraten, sobald ihre Scheidung durch ist. Doch ihr Ehemann dachte nicht im Geringsten daran, sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Finsburys Schwiegersohn George ist von dieser Hochzeit überhaupt nicht begeistert, denn er ahnt, dass die hübsche, aber undurchsichtige Lady nur auf das Geld aus ist. Er ist nicht dazu bereit, das Erbe, welches seiner Frau Evelyn nach dem Tod Finburys zusteht, mit dieser Dame zu teilen. Zwei Tote – und niemand weiß, wer wer ist.
***
Ein klassischer Kriminalroman von Jonas Pickham
Über die breite Sheridan Road, deren Ostseite vom Lincoln Park, und deren Westseite von Millionärsvillen gesäumt wird, rollte langsam eine schwarze Limousine nach Norden und tauchte in bestimmten Abständen immer wieder aus dem Dunkeln in die hellen, gelben Lichtkreise, die von den hohen Kandelabern auf den polierten Asphalt geworfen wurden. Es war mitten in der Nacht und die ganze Straße so leer und ausgestorben wie bei einem Unwetter, dass die Menschen in ihre Häuser treibt.
Die schwarze Limousine fuhr mit abgeblendeten Lichtern und schlich fast so lautlos dahin wie ein nächtlicher Schemen, der etwas Böses im Schilde führt. Es schien, als ob der Fahrer ein bestimmtes Grundstück suchte, oder als ob er nicht recht wüsste, was er wollte. Aber plötzlich beschleunigte er sein Tempo und bog schnell in eine Nebenstraße ein, wo er nach etwa zwanzig Metern hinter einem anderen Wagen hielt, der dort offenbar eine ›Laternengarage‹ bezogen hatte.
Eine kleine Weile geschah nichts. Hin und wieder drang das Knarren einer Rahe drüben im Jachthafen durch die Stille der Nacht, und dann kamen langsame Schritte die Sheridan Road herunter. Ein Polizist ging drüben vorbei, leise vor sich hin pfeifend, die Hände auf dem Rücken wie ein sorgloser Müßiggänger, der eben gut gespeist hat und schon wieder an die nächste Mahlzeit denkt. Einen kurzen Moment blieb er stehen, betrachtete die beiden parkenden Wagen in der Nebenstraße, und ging weiter.
Der Mann in der Limousine stieg geräuschlos aus, verschloss sorgfältig die Wagentür, ging zur Sheridan Road vor und wartete vorn an der Ecke, um den Polizisten mit starren Augen so lange zu verfolgen, bis das Dunkel der Nacht ihn verschluckt hatte. Dann eilte er auf lautlosen Gummisohlen rasch und entschlossen weiter, um schließlich vor einem Grundstück stehen zu bleiben, das hinter einem hohen, kunstvoll geschmiedeten Gitter lag und aus einem gepflegten, parkähnlichen Garten bestand mit einem weißen, langgestreckten, einstöckigen Gebäude im Hintergrund.
Zwar war von alledem nichts zu sehen in der Dunkelheit, aber der Mann schien sich hier auszukennen. Nachdem er horchend um sich gespäht hatte, zog er seinen Schlapphut noch tiefer über die Stirn, schlug den Kragen seines dunklen Mantels hoch und betrat durch das offenstehende Tor den breiten, geteerten Weg, der in gerader Linie auf das Haus zuführte.
Es war eine mondlose Nacht, und die Finsternis hier abseits der Straße schien nahezu vollkommen. Auch aus dem Haus drang nirgendwo ein Licht, und es gab kein Fenster und keine Tür, die erleuchtet gewesen wäre. Es war nicht zu bezweifeln, dass alle, die im Hause waren, schliefen.
Der Mann hatte das ganze Wohngebäude umkreist und schlich sich jetzt zum Garagenhaus, das, hinter einer hohen Taxushecke verborgen, rechts neben dem Wohnhaus lag. Es war ein niedriger, breiter Betonbau, in dem zwei Wagen bequem nebeneinander Platz hatten, und der durch einen eisernen Rollladen verschlossen war. Der Mann zückte eine Taschenlampe und tastete damit vorsichtig die etwa fußbreite rechte Hauskante ab, bis der Lichtstrahl einen Schalter und eine darüber befindliche kreisrunde Öffnung erreichte, die mit einer konvexen, geriffelten Glasscheibe bedeckt war. Zugleich begann sich der eiserne Vorhang mit einem leisen Knistern und Knacken zu heben. Schnell nahm der Mann den Lichtstrahl wieder weg, und der Vorhang blieb stehen.
Es war alles so, wie man ihm gesagt hatte, und der Mechanismus, der durch eine Selenzelle in Betrieb gesetzt wurde, sobald Licht darauf fiel, funktionierte ausgezeichnet. Er bückte sich und leuchtete in das Innere der Garage hinein. Sie war leer bis auf einige Gartengeräte, die in der linken hinteren Ecke neben der kleinen Tür herumstanden. Er richtete sich wieder auf, betätigte den Schalter, und der Vorhang senkte sich wieder. Befriedigt wandte er sich ab und lief den Weg wieder zurück, den er gekommen war.
Er bestieg seinen Wagen, wendete und bog ohne Licht in die Sheridan Road ein, die immer noch einsam und verlassen dalag wie vorhin. Mit leisem summendem Motor fuhr er auf das Grundstück, bremste vor der Garage und schaltete die Scheinwerfer ein. Sofort hob sich der Rollladen, um sich gleich darauf wieder zu senken, nachdem der Wagen in die Garage hineingefahren war. Wenige Minuten später geschah das gleiche, und der Wagen rollte rückwärts wieder heraus. Der Vorhang fiel, und die schwarze Limousine sauste ohne Licht auf die Straße hinaus, bog in eine Seitenstraße ein und verlor sich schließlich im Gewirr der nächtlichen Boulevards und Avenuen.
Um die gleiche Zeit etwa – es mochte auch etwas später sein – schreckte Evelyn Clinton, geborene Finsbury, aus einem unruhigen Schlaf auf, als ob irgendein Geräusch sie geweckt hätte. Verstört richtete sie sich auf, machte Licht und blickte um sich.
Sie fand sich in ihrem breiten Doppelbett in ihrer Sechszimmerwohnung, die in der vierten Etage eines sechzehn Stockwerk hohen Hauses in der nördlichen Halsted Street lag, und für die leider die letzte Monatsmiete noch nicht bezahlt war, obgleich sie sehr leicht hätte bezahlt werden können, wenn George etwas weniger faul und etwas weniger leichtsinnig gewesen wäre, und wenn er etwas weniger trinken würde. Sie strich sich lässig ihre Haare zurück, betrachtete nachdenklich und mit einer kleinen steilen Falte auf der Stirn die leere Hälfte ihres Ehebetts und fragte sich, wie lange das wohl so weitergehen sollte.
Sie war noch so jung, erst neunzehn, aber in den letzten Wochen war sie allmählich zu der Überzeugung gelangt, dass die trüben Erfahrungen ihrer Ehe, die vor einem Jahr mit einer großen Leidenschaft begonnen hatte, und die jetzt im Begriff stand, an der Unzulänglichkeit ihres Mannes zu zerbrechen, sie zu einer Dreißig oder gar Vierzigjährigen gemacht hatten. George war ein befähigter und gesuchter Graphiker, der leicht seine zwölf bis fünfzehntausend im Jahr hätte verdienen können. Aber seit er die Hunderttausende seines Schwiegervaters Milton Finsbury hinter sich wusste, schien sein Beruf keinen Reiz mehr für ihn zu haben. Die Mitgift seiner Frau hatte ihn größenwahnsinnig gemacht und ihn den Wert ehrlicher Arbeit vergessen und verachten lassen. Er nahm großartige Allüren an, bildete sich ein, nunmehr zu den oberen Tausend der Stadt zu gehören, entdeckte seine Spielleidenschaft und verlor beträchtliche Summen beim Poker. In Jahresfrist war die Mitgift zum Teufel.
Und das Traurigste an der ganzen Geschichte war, dass der gute alte Milton, der allerdings nur widerwillig seine Zustimmung zu der ›Mesalliance‹ Finsbury Clinton gegeben hatte, plötzlich streikte und gesonnen schien, seine Tochter, seine einzige, geliebte Tochter verhungern zu lassen.
Die arme kleine Evelyn zerdrückte kummervoll eine salzige Träne, die sich aus ihren schönen Augen durch die langen Wimpern stahl, um dann langsam auf ihrer Wange zu verrinnen. Natürlich liebte sie trotz allem noch ihren George, weil selbst die unverantwortlichste Leichtfertigkeit eines Mannes nur selten bis zum Herzen einer Frau vorzudringen vermag, und weil die Liebe, die große, leidenschaftliche und, ach, so herrlich romantische Liebe eben immer nur auf Kosten der Vernunft existieren kann.
Und das war auch der Grund ihres Erwachens, ihres plötzlichen Aufschreckens aus dem Schlaf. Das niemals ruhende Unterbewusstsein, ihr sechster Sinn hatte sich gemeldet und sie wissen lassen, dass der geliebte George im Anmarsch war. Sie fühlte seine Nähe, ohne dass sie etwas von ihm hörte. Aber das lag in der Hauptsache daran, dass der Fahrstuhl, der sie sonst immer geweckt hatte, nicht funktionierte, und dass George die vier Treppen zu Fuß heraufschlich.
Er war merkwürdigerweise nicht betrunken, wie sie eigentlich erwartet hatte, und wie sie ihn zu sehen gewohnt war, wenn er nachts nach Hause kam. Aber er schien leicht verstört zu sein und betrat das Schlafzimmer, nachdem er Hut und Mantel draußen abgelegt hatte, mit einem Gesichtsausdruck, der zu besagen schien, dass alles aus sei.
»Was ist los, George?«, fragte sie besorgt.
Er antwortete nicht, setzte sich auf die Bettkante und starrte vornübergebeugt auf den Boden.
»Du hast wieder verspielt, nicht?«, fuhr sie fort.
Er nickte. »Das auch«, erwiderte er, und sein bleiches, glattes Gesicht, das in einem heftigen Kontrast zu seinem gewellten tiefschwarzen Haar stand, wurde noch betrübter. »Aber das ist nicht das Schlimmste. Ich habe heute gehört, dass dein Vater wieder heiraten will.«
Das war zwar keine sehr freudige Nachricht für Evelyn, deren Mutter schon vor vielen Jahren das Zeitliche gesegnet hatte, aber konnte sie ihrem Vater, der ja noch lange kein Greis war, verwehren, dass er sich nach einer zweiten Frau umsah?
»Wen?«, fragte sie nach kurzem Nachdenken.
»Eine Mrs. Gienmore. Schon mal von ihr gehört?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nie gehört von ihr. Witwe?«
Ohne sich zu rühren, war Clinton wieder in ein dumpfes Brüten verfallen. Er hatte die Ellbogen auf die Knie und den Kopf in die Hände gestützt, seine Mundwinkel waren tief herabgezogen, und zwischen seinen Augenbrauen standen düstere, senkrechte Falten. Alles in allem machte er den Eindruck eines Menschen, der von finsteren Gedanken und trüben Visionen gequält wurde.
Plötzlich hob er den Kopf und betrachtete seine Frau, die mit ihren langen blonden Locken, ihrem zarten Gesicht und der leuchtend weißen Haut in ihrem Bett saß, als ob sie – nachdem sie den ganzen Tag über den schönheitsdurstigen Blicken einer Legion Männer standgehalten hatte – eben einem Gemälde von Gainsborough entstiegen war, um schlafen zu gehen.
»Du scheinst dir überhaupt keinen Begriff davon zu machen, was das für uns bedeutet, wenn dein Vater wieder heiratet«, sagte er ärgerlich.
»Ach, George«, erwiderte sie, »natürlich kenne ich deine Gedanken. Du fürchtest, dass diese Mrs. Gienmore später einmal den Löwenanteil der Erbmasse schlucken wird, und dass wir zu kurz kommen.«
»Habe ich nicht recht?«, rief er lebhaft.
»Nein«, erwiderte sie ruhig. »Auch für uns wird noch genug übrigbleiben. Aber, sag mal, willst du wirklich nur darauf warten?«
Was sollte er darauf antworten? Sollte er zugeben, dass er tatsächlich darauf wartete?
»Vater lebt noch lange«, fuhr sie fort. »Und was soll in der Zwischenzeit werden? Er kennt deinen Lebenswandel, und das ist auch der Grund seiner jetzigen Zurückhaltung. Er will dich zwingen, wieder ordentlich zu arbeiten und Geld zu verdienen. Und du weißt das auch.«
»Natürlich weiß ich das«, rief er ungeduldig. »Und natürlich wird mir nichts weiter übrigbleiben, als an die Arbeit zu gehen. Aber trotzdem muss etwas getan werden.«
Ungestüm sprang er auf, verließ das Zimmer und kam wenige Augenblicke später mit einer Flasche und einem Glas in den Händen zurück.
»Du wirst Vater nicht davon abhalten können, wieder zu heiraten«, setzte sie das Gespräch fort.
»Wahrscheinlich nicht«, gab er zu und nahm einen langen Schluck. »Aber es gibt noch andere Mittel.«
»Was für Mittel?«
»Na, und du?«, meinte er heftig. »Lässt es dich vollkommen kalt, dass dein Vater dir eine neue Mutter vorsetzen will?«
»Vollkommen«, erklärte sie gelassen. »Ich habe ja nichts mit ihr zu tun.«
»Sie soll eine sehr schöne Frau sein.«
»Umso besser für ihn. Ich bin nicht eifersüchtig.«
Er hatte sich wieder auf ihrer Bettkante niedergelassen, mit der Flasche in der Linken und dem Glas in der Rechten. Mit schwach zitternden Händen schenkte er wieder ein und kippte den Whisky mit einem Ruck hinunter. Sie hatte ihre Versuche, ihm das Trinken abzugewöhnen, längst aufgegeben. Männer müssen wahrscheinlich trinken, sagte sie sich, obgleich sie sich nicht erklären konnte, warum.
»Und an was für Mittel denkst du sonst noch?«, wollte sie wissen.
Er hob die Schultern. »Ich weiß nicht«, sagte er. »Aber selbst, wenn ich etwas wüsste, würde ich nicht mit dir darüber sprechen.«
»Zerbrich dir deshalb nicht den Kopf«, riet sie ihm mit einem kleinen überlegenen Lächeln. »Kein Mensch kann meinen Vater daran hindern, etwas zu tun, was er sich in den Kopf gesetzt hat. Aber sag mal, was sind das für Flecke auf deinem Ärmel? Sieht beinahe aus wie Blut.«
Er ließ seine Augen nachdenklich auf den dunklen Spritzern ruhen, die den linken Ärmel seines grauen Jacketts zierten. »Rotwein wahrscheinlich«, meinte er schließlich. »Irgendein Idiot von Kellner wird mich da bekleckert haben.«
Etwas schwerfällig stand er auf, füllte noch einmal sein Glas – es war das fünfte –, trank es aus und schmetterte es wütend auf den Boden. Da es auf dem weichen Teppich nicht zerbrach, wie er es beabsichtigt hatte, trampelte er darauf herum, bis nur noch Scherben und Splitter vorhanden waren. Die noch halbvolle Flasche aber behielt er krampfhaft in der Hand.
Evelyn starrte ihn aus weit aufgerissenen, erschrockenen Kinderaugen an.
»Mach dir keine Kopfschmerzen deshalb«, fauchte er unbeherrscht. »Ich meine wegen der …der roten Flecke. Leg dich wieder hin und schlaf weiter! Ich muss noch mal weg.«
Um die gleiche Zeit etwa geschah es, dass Mrs. Susan Gienmore in einem dunkelgrünen Morgenrock und mit einem nervös zerknüllten Taschentuch in der Hand aufgeregt in ihrer Sechszimmerwohnung herumlief, die mit einem vorgebauten Altan im zweiten Stock eines teuren Wohngebäudes in der Park Avenue lag, und die fast genauso eingerichtet war, wie die Millionen anderer Etagenwohnungen gutsituierter Leute in Amerika, der Wandschmuck einbegriffen.
Susan Gienmore war wirklich ein faszinierendes Frauenzimmer, und man konnte verstehen, dass Milton Finsbury sich auf Biegen oder Brechen in ihre Figur, in ihr regelmäßiges weiches Gesicht mit dem sinnlichen Mund, in ihre etwas schlitzförmigen grünen Augen und in ihr leuchtendes kastanienfarbiges Haar verliebt hatte. Sie war eine Art Kleopatra, wie Hollywood sie sich vorstellte, und natürlich älter, als sie aussah.
Zum dritten Male betrat sie jetzt das Arbeitszimmer ihres Mannes, griff zum Telefon und wählte die Nummer North 47873. Und wiederum meldete sich niemand. Weiß der liebe Himmel, wo Milton wieder steckte!
Schon den ganzen Nachmittag über hatte sie versucht, ihn zu erreichen, und beinahe wäre es ihr auch gelungen. Nur um Minuten war sie zu spät gekommen, denn dreimal sagte man ihr: »Mr. Finsbury ist eben weggegangen. Darf ich ihm etwas ausrichten?«
Und bei zwei anderen Anrufen sagte man ihr: »Mr. Finsbury ist nicht da, aber sehr wahrscheinlich kommt er noch.« Worauf sie gebeten hatte, ihm zu bestellen, er möchte die Nummer South 21564 anrufen. Aber er hatte nicht angerufen. Es war zum Verrücktwerden!
Und dabei hatte sie ihm eine Neuigkeit mitzuteilen, die für sie beide von großer Tragweite war. Ihr Anwalt hatte ihr heute eröffnet, dass Robert Gienmore nicht daran dachte, sich von seiner Frau scheiden zu lassen.
Sie setzte sich hinter den aufgeräumten, leeren Schreibtisch ihres Mannes, der sich nun schon seit einer Woche geschäftlich in Minneapolis aufhielt, aber jeden Tag zurückkehren konnte. Sie hasste ihn nicht, noch liebte sie ihn. Er war ihr gleichgültig, aber trotzdem wäre sie – bis auf weiteres – bereit gewesen, seine Frau zu bleiben, wenn nicht Milton Finsbury jetzt in ihr Leben getreten wäre, um sie ständig zu bedrängen, seine Frau zu werden.
Natürlich war Milton kein stürmischer Jüngling mehr, aber was lag ihr daran. Dafür war er reich und ein Mann, und nicht nur ein Mann in den besten, sondern in den allerbesten Jahren, ein Mann, der in seinen Stiefeln stand wie ein Fels im Meer, dem auch die heftigste Brandung nichts anhaben konnte. Kein so armseliger Patron wie Robert Gienmore, der im Schweiße seines Angesichts wie ein Roboter schaffen musste, um die paar Ansprüche zu befriedigen, die sie billigerweise an das Leben zu stellen berechtigt war.
Selbstverständlich war Finsbury ihr als Mensch genauso gleichgültig wie Robert Gienmore. Sie liebte weder den einen noch den anderen, sie liebte nur sich selbst. Und in zweiter Linie – wenn auch nicht mit dem Herzen – Bennie Tusker.
Ein Schauer durchrieselte ihren Körper, als sie an Bennie dachte, an seine Küsse und seine zärtlichen Hände. Aber sie durfte jetzt nicht an ihn denken. Es gab andere Dinge zu überlegen, Dinge, die lebenswichtig waren. Bennie war nicht lebenswichtig. Es gab genug andere junge Männer ohne Geld und ohne Zukunft, die ihn ersetzen konnten, wenn es sein musste.
Das Telefon rasselte erschreckend laut durch die Stille der Nacht, von der sie umgeben war. Ihr erster Gedanke war Milton. Sollten ihre Lockrufe, die den ganzen Nachmittag und Abend über durch die Stadt geschwirrt waren, doch Erfolg gehabt haben?
Aber es war nicht Milton, sondern Bennie.
»Hallo, Susan!«, rief er aufgeräumt über den Draht. »Darf ich jetzt noch einen Besuch bei dir machen?«
»Wozu?«, fragte sie zurückhaltend, denn sie hatte im Augenblick keine übermäßige Sehnsucht nach ihm.
»Ich möchte dich mit einem Gentleman bekannt machen.