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Die Parolen „Selbstverwirklichung“, „Selbstbestimmung“, „Emanzipation“ und „Autonomie“ sind heute in aller Munde. Ihnen gemeinsam ist, dass sie das Streben des Menschen zum Ausdruck bringen, aus sich selbst zu leben, über sich selbst zu bestimmen und zu sich selbst zu finden. Der Mensch kommt von sich selbst, bleibt bei sich selbst und geht zu sich selbst. Er hat in sich selbst Anfang, Weg und Ziel. Er ist sich selbst genug. Wie anders lauten da die Aussagen der Bibel: Der Mensch kommt von Gott, lebt in Gott und geht zu Gott (1 Kor 8,6; Kol 1,16ff.). Christus ist der Anfang und das Ende, der Weg und das Ziel (Joh 14,6; Eph 1,1ff.; Offb 1,8). Jesus sagt: „Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden“ (Mt 16,24f.). Ist heute das Selbst des Menschen an die Stelle Gottes getreten? Dieses Buch beschäftigt sich mit dieser äußerst wichtigen Frage und legt eine biblische Lösung vor.
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Seitenzahl: 68
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Selbstverwirklichung – Das Zauberwort in Psychologie und Seelsorge
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Lothar Gassmann
© 2017 Folgen Verlag, Langerwehe
Autor: Lothar Gassmann
Cover: Caspar Kaufmann
ISBN: 978-3-95893-106-0
Verlags-Seite: www.folgenverlag.de
Kontakt: [email protected]
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Dr. Lothar Gassmann dient als Prediger, Lehrer, Evangelist und Publizist. Er schrieb zahlreiche christliche Bücher, Aufsätze und Lieder zu geistlichen und theologischen Themen. Seit 2009 ist er Mitarbeiter beim Christlichen Gemeinde-Dienst (CGD) und Schriftleiter der Vierteljahres-Zeitschrift "Der schmale Weg". Er ist Mitbegründer der freien Bibelgemeinde Pforzheim und des Jeremia-Verlags sowie Mitbegründer und 1. Vorsitzender der Lukas-Schriftenmission. Sein Motto lautet: "Ich weiß nichts als allein JESUS CHRISTUS, den Gekreuzigten" (1. Korinther 2,2).
Titelblatt
Impressum
Autorenvorstellung
1. Die Krise der Theologie und Seelsorge – ein Vorwort
2. Selbstverwirklichung - das Zauberwort
3. Pastoralpsychologie - Seelsorge ohne Gottes Wort?
4. Selbstverwirklichung durch die Christuswirklichkeit - eine Antwort
5. Seelsorge und Humanwissenschaften - ein Nachwort
Unsere Empfehlungen
Die heutige Seelsorge ist weithin nicht mehr vom biblisch-christlichen Menschenbild, sondern von unbiblischen Methoden der Pastoralpsychologie geprägt. Das Ziel ist weithin nicht mehr die Hinführung des Menschen zu Gott, sondern die Selbstverwirklichung des Menschen. Die Heilung wird nicht mehr primär in der Heilung der Gottesbeziehung gesucht, sondern in der Entfaltung der „im Menschen liegenden Kraftpotentiale“. Damit ist der christlichen Seelsorge das Eigentliche verlorengegangen: das Wort Gottes, das uns unverfügbar von außen trifft, das unseren von der Sünde gezeichneten Lebenszusammenhang radikal unterbricht und das allein uns von Grund auf verändern, heilen und erneuern kann.
Wie konnte es zu diesem Verlust des Eigentlichen, zu diesem „Substanzverlust der Seelsorge“ (H. Tacke) kommen? Die Antwort wird überraschen: Es konnte nicht nur, es musste dazu kommen. Seelsorge ist eingebettet in das Gesamtfeld der Theologie, und Theologie ist anfällig für philosophische und ideologische Strömungen in Wissenschaft und Gesellschaft. Die maßgebliche Ideologie und gleichzeitig die Grundlage sämtlicher anderer Ideologien ist das Streben nach menschlicher Selbstverwirklichung. Diese Ideologie, die mehr oder weniger offenkundig immer schon da war, ist in der Philosophie, der Psychologie, der Theologie und damit auch in der Seelsorge des 20. Jahrhunderts nun vollends zum Durchbruch gekommen. Menschliche Selbstverwirklichung aber, wie sie heute verstanden wird, steht im Gegensatz zur Wirklichkeit des Wortes Gottes und damit zur Wirklichkeit Christi selber, der in seiner Person. das Wort (griech. logos) ist. Das Streben nach der menschlichen Selbstverwirklichung macht wahre - biblische - Seelsorge unmöglich. Das Pochen auf menschliche Selbstverwirklichung ist die Wurzel sämtlicher Übel in der (Praktischen) Theologie. Die nun folgenden Darlegungen sollen diesen Tatbestand näher beleuchten.
Die Parolen „Selbstverwirklichung“, „Selbstbestimmung“, „Emanzipation“ und „Autonomie“ sind heute in aller Munde. Ihnen gemeinsam ist, dass sie das Streben des Menschen zum Ausdruck bringen, aus sich selbst zu leben, über sich selbst zu bestimmen und zu sich selbst zu finden. Der Mensch kommt von sich selbst, bleibt bei sich selbst und geht zu sich selbst. Er hat in sich selbst Anfang, Weg und Ziel. Er ist sich selbst genug.
Wie anders lauten da die Aussagen der Bibel: Der Mensch kommt von Gott, lebt in Gott und geht zu Gott (1 Kor 8,6; Kol 1,16ff.). Christus ist der Anfang und das Ende, der Weg und das Ziel (Joh 14,6; Eph 1,1ff.; Offb 1,8). Jesus sagt: „Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden“ (Mt 16,24f.).
Ist heute das Selbst des Menschen an die Stelle Gottes getreten? Heinzpeter Hempelmann nennt die Folgen des aufklärerischen und humanistischen Denkens der Neuzeit: „Menschwerdung und Menschsein des Menschen sind nur möglich unter der Voraussetzung der Emanzipation des Menschen von Gott; Selbstverwirklichung ist nur denkbar unter der Voraussetzung der Gottesleugnung; Humanismus ist nur möglich als Atheismus.“1 „Der Abnahme der Bedeutung des Gottesglaubens entspricht die Zunahme des Glaubens an den Menschen und seine - im Prinzip - unbegrenzten Fähigkeiten.“2
Der letzte Satz ist - wie wir noch sehen werden - grundlegend für das Verständnis der Humanistischen Psychologie und der Pastoralpsychologie. Zunächst aber müssen wir festhalten: Der Begriff „Selbstverwirklichung“ (auf diesen Kernbegriff wollen wir uns nun konzentrieren) kann unterschiedlich gebraucht und interpretiert werden. Auf das Verhältnis von Einzelmensch und allgemeiner Ordnung blickend, stellt Hempelmann heraus, dass Selbstverwirklichung in der Antike, im Mittelalter und auch noch bei Kant „Entsprechung zu vorgegebenen Normen, Realisation von anerkannten Werten“3 bedeutete - und damit also auch in Beziehung zu Gott als Ordnungsgeber stand. Heute ist diese Dimension verlorengegangen. „Für die Antike bis zu Kant ist ein vorgegebenes Allgemeines noch Bedingung der Möglichkeit der Selbstverwirklichung; heute versteht man dagegen allgemeine Ordnungen, Regeln und Gegebenheiten primär als Einengungen und Beeinträchtigungen der Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen.“4 „Die Aufklärungsbewegung des 18. und 19. Jahrhunderts emanzipiert sich mehr und mehr vom Gottesgedanken und der mit diesem gegebenen ethischen und weltanschaulichen Orientierung.“5
Wenn wir nachfolgend das Wort „Selbstverwirklichung“ gebrauchen, dann in seiner neuzeitlich geprägten Form, der die Dimension über dem Menschen (Gott) und zum großen Teil auch die neben dem Menschen (Mitmensch) verlorengegangen ist. Wir bezeichnen diese neuzeitliche Art der Selbstverwirklichung genauer als „menschlich-humanistische Selbstverwirklichung“ oder einfach als „menschliche Selbstverwirklichung" (Verwirklichung dessen, was das autonome menschliche Selbst ausmacht). Der neuzeitliche, sich selbst verwirklichende Mensch will keinen Normgeber über oder neben sich anerkennen, sondern sein „eigener Herr sein“. Er ist „verkrümmt in sich selber“ (Luther) und in seinem eigenen Selbstbezug gefangen. (Gelänge es, diese Verengung und Verkehrung des Begriffs „Selbstverwirklichung“ aufzusprengen und ihn neu von einem transzendenten Bezug her zu bestimmen, dann wäre eine Benutzung dieses Wortes auch im christlichen Sinn möglich. Das soll in Kapitel 4 versucht werden.)
In ungebrochenem Optimismus geht hingegen der aufklärerische Humanismus davon aus, dass der Mensch „von Natur aus gut“ sei. Im Menschen liegen die Potentiale zur Selbstverwirklichung, zur Selbststeigerung, zur Selbsterfüllung. Er muss sie nur entdecken und - vielleicht mittels eines anderen Menschen oder einer Gruppe - freisetzen lassen. Ein Reifungs- und Wachstumsprozess ist hierzu nötig. Am Ende dieses Prozesses steht der neue, ganzheitliche, selbstverwirklichte Mensch, der seiner eigenen Erfahrung mehr vertrauen kann als allen Geboten, Normen und Offenbarungen, die von außen kommen. In sich selbst findet er die Heilkräfte für sich selbst. Für sich selbst empfängt er Heil aus sich selbst.
Damit stehen wir mitten im Zentrum der Humanistischen Psychologie. U. Völker gibt folgende Definition: „Die Humanistische Psychologie ist eine intellektuelle und soziale Bewegung innerhalb der Psychologie, die eine Erneuerung des psychologischen Denkens im Geiste des Humanismus und Existentialismus anstrebt. Sie kann nicht den Anspruch erheben, eine eigenständige Schule zu sein, da es bis heute nicht gelungen ist, eine einheitliche Theorie zu entwickeln.“6 Deshalb wäre es eigentlich richtiger, von den Humanistischen Psychologien (Mehrzahl) oder den Schulen der Humanistischen Psychologie zu sprechen. Dennoch gibt es gemeinsame Grundzüge der verschiedenen Schulen bezüglich des Menschenbilds. „Zentrales Theorem der Humanistischen Psychologie“ ist „die Idee vom Menschen als einem aktiven Gestalter seiner eigenen Existenz“.7 „Jeder Mensch ist von Natur aus auf Autonomie angelegt.“8