Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Eine ereignisreiche Zeit lag hinter den Menschen der Erde. Der erste Kontakt mit einer fremden, raumfahrenden Zivilisation hätte fast in einer gigantischen Katastrophe geendet. Aufgrund von kulturellen Unterschieden, Fehlinterpretationen und Missverständnissen glaubten sich die Außerirdischen, die sich selbst als 'Noraki' bezeichneten, von der Menschheit bedroht. Es kam zu Entführungen von Bürgern des Terranischen Bundes, darunter auch Roy Anthony, funktechnischer Spezialist des TESECO-Einsatzkreuzers PRINCESS II. Aus dem Nichts heraus erschien eine Flotte der Noraki im Sonnensystem, wo sie einen heftigen Angriff auf die Mondhauptstadt flogen, auf Luneville. Mit den vereinten Kräften der Unionsflotte, den TESECO-Einheiten und der Systemverteidigung, konnte dieser Angriff unter nicht unerheblichen Verlusten abgewehrt werden. Doch dies war noch nicht der Höhepunkt der Auseinandersetzung. Im Zuge ihrer Abwehrmaßnahmen platzierten die Noraki einen Sonnenzünder in der Sonne Sadir. Topic, ein beliebter Ferienplanet, zog dort seine Bahn, und das Sadir-System lag quasi vor der 'kosmischen Haustüre' der Noraki. Der Sonnenzünder leitete eine Entwicklung ein, die in der Explosion Sadirs gipfelte. Man hatte zwar noch versucht, alle Menschen aus dem Sadir-System zu evakuieren, doch die Zeit reicht nicht dafür aus. Es gab tausende Todesopfer. Umso überraschender kam dann die Wendung, indem die Regierung der Noraki Kontakt zur Erde aufnahm, um Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen den Völkern aufzunehmen. Ruhe kehrte wieder in die Stellare Union ein. Die Crew der PRINCESS II genoss ihren wohlverdienten Urlaub, denn sie waren bei den Geschehnissen im Sadir-System dem Tod nur um Haaresbreite entgangen. In dieser Ruheperiode ging man daran, die neuen Außengrenzen des künftigen Territoriums des Stellaren Bundes abzusichern. Ortungs- Satelliten und Wachstationen wurden eingerichtet.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 185
Veröffentlichungsjahr: 2015
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
W. Berner
TERRA FUTURA - TESECO im Einsatz
Krisenfall VIOLETT
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
TERRA FUTURA - TESECO im Einsatz
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
Impressum neobooks
Eine Publikation der
Freien Redaktion XUN
Heilbronn
August 2014
Es besteht Titelschutz nach den §§ 5, 15 MarkenG, durch
Ordnungsgemäße Anzeige und Veröffentlichung im Börsenblatt
des Deutschen Börsenvereins
Ausgabe 20/2006, Ausgabe 30
Titelbild: Stefan Böttcher
Lektorat: Monika Böttcher
Redaktion:
Freie Redaktion XUN c/o Bernd Walter
Postfach 3717
74027 Heilbronn
Umschlaggestaltung, Herstellung und Verlag:
Freie Redaktion XUN + Stefan Böttcher
© XUN – eBook Edition
Freie Redaktion XUN, Heilbronn
© des Romans und Titelbildes:
bei den jeweiligen Autoren und Grafikern
www.fantastischegeschichten.de
www.freie-redaktion-xun.de
E-Mail:
Originalausgabe. Alle Rechte vorbehalten.
Preis: € 2,99
Nachdruck, auch Auszugsweise, nicht ohne vorherige
Genehmigung durch die Freie Redaktion XUN
XUN eBook-Edition
Nr. 22
TERRA FUTURA
Teseco im Einsatz
SciFi-Serie von W. Berner
4.
„Krisenfall VIOLETT“
Die Hauptpersonen des Romans
Herm Rodd und Trig Lumis
>>Die beiden Ortungstechniker von S.P.O.T. machen eine schwerwiegende Entdeckung
Raffaela Maron
Ein kühler Wind strich über die sandige, nur von dürren Flechten und Moosen bewachsene Hügellandschaft und über die Oberfläche eines nahen, flachen Sees hinweg. Er brachte ein wenig Erleichterung, denn Enigma, die solähnliche Sonne, um die der Planet Kleopatra in einer Entfernung von 99 Millionen Kilometer kreiste, meinte es gut. Sie stach nur so von einem fahlblauen Himmel herab, an dem kaum eine Wolke zu finden war, und heizte die kärgliche Landschaft, in der es keinen einzigen schattenspendenden Baum gab, auf über 35° Celsius auf.
Das Geräusch, welches der Wind verursachte, wirkte seltsam hohl und säuselnd, was wohl der Tatsache geschuldet war, dass der atmosphärische Druck auf Kleopatra nur etwa 30 % vom Luftdruck auf der Erde entsprach. Es war ganz einfach weniger von dem vorhanden, was den Schall trug.
Nicht weit von dem etwa einem Kilometer durchmessenden und maximal zehn Meter tiefen See erhoben sich einige niedrige Bauten, die wie Fremdkörper in der Landschaft wirkten. Und tatsächlich waren sie das auch, Fremdkörper. Die fünfzehn kuppelförmigen Gebäude waren schmucklose Zweckbauten, errichtet von Pioniereinheiten der terranischen Raumbehörde SADMIT. Sie stellten die Keimzelle einer größeren Siedlung dar, die bereits jetzt den Namen 'Princess City' trug und als dauerhafte Kontaktstation zur planetaren Pflanzenintelligenz AISCHONGAN gedacht, die auf dem dritten Planeten des Enigma-Systems beheimatet war, auf Greenwich. Da sich AISCHONGAN nicht mit dem Gedanken anfreunden konnte, dass auf seiner Welt künstliche Strukturen errichtet wurden, war man übereingekommen, die Kontaktstation eben auf der inneren Nachbarwelt zu errichten, während um Greenwich lediglich eine Orbitalstation kreisen würde, von der aus der Planet und seine Flora erforscht werden konnten.
Es waren erst vier Monate vergangen, seit der erste, freundschaftliche Kontakt zwischen den Menschen, in Gestalt der Crew des TESECO-Einsatzkreuzers PRINCESS II und dem intelligenten Pflanzenwesen zu Stande gekommen war. Vorherige Kontaktversuche führten, aufgrund der mangelhaften Kenntnisse AISCHONGANS von biologisch anders geartetem Leben, wie es zum Beispiel der Mensch darstellte, zu einer Reihe von unerfreulichen Zwischenfällen, bei denen es leider auch mehrere Tote zu beklagen gab. Doch diese Unstimmigkeiten konnten ausgeräumt werden und AISCHONGAN nahm das Wissen von der Welt rings um Greenwich begierig auf, zumal es ihm mit Hilfe der Menschen nun auch möglich war, in Gestalt seiner Ableger andere Planeten zu erreichen. Das hochintelligente Pflanzengeschöpf lernte schnell und passte sich an die neue Situation in unglaublicher Geschwindigkeit an. Das gipfelte in der Tatsache, dass AISCHONGAN bereits den Antrag gestellt hatte, als Vollmitglied in die Stellare Union aufgenommen zu werden. Die überraschten Mitglieder des föderativen Unionsrates brauchten nicht lange, um den Antrag anzunehmen. In wenigen Wochen sollte die Vollversammlung des Parlaments in Union City, auf dem Planeten Centeron im Sonderreit-System den Antrag beraten und seine Zustimmung zur Aufnahme der Pflanzenzivilisation in die Stellare Union erteilen. Damit träte das erste nichtmenschliche Mitglied dem Sternenbund bei. Ein großer Tag in der Geschichte der Menschheit.
Aus diesem Grund war der Aufbau der Kontaktsiedlung auf Kleopatra auch sehr forciert worden, so dass jetzt eben die Pioniereinheiten unter der Leitung der PRINCESS-Crew die Bauarbeiten der ersten Siedlungsgebäude zügig vorantreiben konnten. In einigen Tagen sollten bereits schon die Mitglieder der ersten Stammbesatzung hier eintreffen: Techniker, Agrartechniker, Wissenschaftler, Sicherheitspersonal. Teilweise würden diese Leute ihre Familien mitbringen. Alles in allem wurden an die 80 Personen erwartet. Ein Kompakt-Fusionsreaktor übernahm die Energieversorgung der Siedlung. Und es gab bereits ein Gewächshaus, in dem die Agrartechniker Obst, Gemüse und Kräuter anbauen und mit dem biologischen Abfall im Kompostverfahren weiteren Mutterboden für zusätzliche Gewächshäuser erzeugen würden.
Dem Treibhaus angegliedert hatte man eine Unterkunft für einen der Ableger AISCHONGANS. Ausgestattet mit fettem Mutterboden von Greenwich und mit einer, seinem Heimatplaneten angeglichenen Atmosphäre, sollte sich die lauffähige Pflanze dort drin wohl fühlen, und vor allem auch nähren. Denn der Boden Kleopatras war arm an Nährstoffen und bekäme dem Ableger auf Dauer nicht besonders gut.
Hanne Arminos richtete sich auf, nahm kurz den Atemverdichter ab, den sie über Mund und Nase gestülpt trug, wischte sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn und massierte sich anschließend den schmerzenden Rücken. Gemeinsam mit ihren Crewkollegen Tom Carna, Roy Anthony und Harriet James war sie damit beschäftigt, einen Teleskop-Projektionspfeiler des Prallschirm-Zaunes, der um die Siedlung herum errichtet wurde, im Boden zu verankern. Dafür hatten andere Pioniere bereits Betonsockeln angefertigt und die Leitungen der Energieversorgung vom Energiezentrum zu den einzelnen Sockeln im Erdboden verlegt. Dabei ließ sie ihren Blick über die im hellen Nachmittagslicht weiß strahlenden Kuppelgebäude schweifen. Hier und da sah sie die dunklen Konturen der an verschiedenen Punkten der Siedlung arbeitenden Pioniere. Eine Bewegung aus Richtung des langgestreckten Baus des Gewächshauses erregte ihre Aufmerksamkeit.
Sie legte die Hand an die Stirn, um die Augen besser vor dem hellen Sonnenlicht zu schützen und schaute der sich ihnen nähernden Gestalt blinzelnd entgegen. Die aus Griechenland stammende Astronavigatorin und TESECO-Agentin musste sich eingestehen, dass der sich ihr bietende Anblick immer noch ein wenig grotesk-fremdartig für sie war. Denn es war Aischi, auch Ai genannt, der Ableger AISCHONGANS, der mit ihnen zusammen auf Kleopatras weilte und als Kontaktstelle zwischen diesem und dem dritten Planeten, Greenwich, diente.
Der Ableger präsentierte sich als zwei Meter hohe und etwa achtzig Zentimeter durchmessende, in etwa röhrenförmige Gestalt. Am unteren Ende wirbelte ein Kranz aus armlangen Laufwurzeln. In der Körpermitte gab es fünf jeweils einen guten Meter lange, sehr bewegliche Tentakel und das obere Ende des unglaublichen Wesens wurde von einem korallenartigen Gewirr aus dürren Ästen gebildet. Hanne Arminos wusste, dass die Haut, die äußeren Hülle der Pflanze, aus einer Art elastischen Borke bestand, die in einem satten, tiefen Grün glänzte, von der Art, wie es die auf Terra heimischen Gummibäume auszeichnete. Dazu passte auch der schimmernde Glanz der Oberfläche. Das laufende Gewächs verströmte dazu einen sehr angenehmen, leicht an Fichtennadeln erinnernden, würzigen Duft. Die Laufwurzeln, auf denen sich Ai der am Projektionspfeiler arbeitenden Gruppe näherte, wirbelten bei der Fortbewegung so rasch herum, dass ihre Bewegungen zu einem verwaschenen Abbild verschwammen. Fast schien es, als würde die laufende Pflanze eher auf einem Luftkissen daher schweben. Den meisten Personen, die dieses Bild zum ersten Mal sahen, standen nicht selten mit offenem Mund staunend da.
Harriet hob ihre Hand und deutete in Richtung des Ankömmlings.
„Ich glaube, wir bekommen Besuch.“
Ihre Stimme klang ein wenig dumpf unter dem Atemverdichter hervor, ohne den man in der dünnen Atmosphäre des Planeten nicht atmen konnte.
Tom, Roy und Harriet stellten für einen Moment ihre Arbeit, den arretierten Teleskop-Pfeiler an die Energieversorgung anzuschließen, ein und schauten dem sich nähernden Ableger neugierig entgegen.
„Nanu?“, wunderte sich der Commander. „Ai hat sich doch erst vor einer knappen Stunde von uns verabschiedet, um sich in seinem kleinen Refugium in der Muttererde von Greenwich zu versenken um sich zu nähren. Was treibt ihn denn nach so kurzer Zeit wieder nach draußen?“
Die Crewmitglieder wussten, dass es mehrere Stunden dauerte, bis die Laufpflanze genügend Wasser und Nährstoffe aus dem Erdreich aufgenommen hatte, um wieder für einige Zeit unabhängig davon agieren zu können. Normalerweise ließ sich Ai durch nichts von der Nahrungsaufnahme abhalten, denn eine Unterversorgung konnte dazu führen, dass Teile seines Körpers austrockneten und einfach abstarben. Dass er sich jetzt bereits wieder zu seinen menschlichen Freunden begab, musste demnach eine besonderen Grund haben. Deswegen schauten ihm die vier TESECO-Agenten erwartungsvoll entgegen, bis die Laufpflanze sie schließlich erreicht hatte.
„Ai, du erstaunst uns“, begrüßte Carna den Ableger AISCHONGANS. „Wolltest du dich jetzt nicht eigentlich in Ruhe nähren?“
Sogleich entstand direkt in Carnas Kopf die mental projizierte Antwort, denn die Pflanze verfügte über keinerlei Lautbildungsorgane. Während das Hauptpflanzenkonglomerat auf der Heimatwelt Greenwich auch über geradezu gigantische Entfernungen hinweg mit seinen Ablegern kommunizieren konnte, benötigten diese eine gewisse Nähe zu den Lebewesen, denen sie sich mitteilen, oder deren Gedanken sie aufnehmen wollten. Wobei es den Ablegern durchaus möglich war, auch Schallwellen aufzunehmen und zu verstehen. Dies geschah über die korallenartigen Sinnesäste am oberen Ende des Stammes, wo sich unter anderem druckempfindliche Membranzellen befanden.
„Es wäre mir auch lieber gewesen, ich hätte meine Wurzeln nicht aus der köstlichen Heimaterde ziehen müssen“, empfing der PRINCESS-Crewmaster eine deutlich missmutig geprägte Antwort des Ablegers. „Aber die Heimatwelt hat mich gerufen. Meinen Pflanzenvater scheint irgendetwas sehr zu beunruhigen und wollte sich Euch diesbezüglich mitteilen.“
„Nanu?“, wunderte sich Roy Anthony. Der blonde Brite zwirbelte sich seine buschigen Schnurrbart und zwinkerte belustigt mit seinen braunen Augen. „Was könnte denn hier im Enigma-System Grund zur Beunruhigung geben? Außer uns und AISCHONGAN gibt es doch nur das wissenschaftliche Forschungsschiff MERIAN im Orbit um Greenwich, sowie drei zu unserem Schutz abgestellte leichte Kreuzer der USF, die hier Patrouille fliegen. “
„Es geht auch nicht um etwas, das sich hier im Heimatsystem abspielt“, entgegnete Ai dem Einwurf des Kommunikationsspezialisten.
„Sondern?“
„AISCHONGAN spürt, dass sich von der Ferne her etwas Bedrohliches dem Einflussbereich der Menschen nähert. Eine große Gefahr ...“
Carna zog ob dieser Verkündung überrascht seine rechte Augenbraue in die Höhe, während seine Gesichtszüge einen skeptischen Ausdruck annahmen.
„Eine große Gefahr, die sich von der Ferne her nähert ...“, wiederholte er langsam, was Ai soeben von sich gegeben hatte. „Genauer geht es nicht? Das ist eine ziemlich globale und weit gefasste Aussage, denn die Ferne, von der du sprichst, kann in vielen Richtungen liegen.“
„Das ist dem Pflanzenvater bewusst. Aber vergesst bitte nicht, dass AISCHONGAN bis vor kurzem noch völlig auf seinem Heimatplaneten isoliert lebte und mit dem Weltraum an sich noch nicht so vertraut ist wie ihr. Deshalb versucht er auch, übereinstimmende Bilder zu finden, um ausdrücken zu können, wie sich ihm dieser … Eindruck darstellt. Darum hat er mich hergeschickt. Denkt an Sterne, Konstellationen, Besonderheiten im Raum … denkt an alles mögliche. Vielleicht ist ein Bild dabei, mit Hilfe dessen seine Aussage genauer werden kann.“
„Ui ...“, seufzte Hanne Arminos. „Der Weltraum ist so groß und es gibt so viele Konstellationen, so viele Möglichkeiten … wo soll man da anfangen?“
„Na ja, wir können es ja wenigstens versuchen“, meinte Harriet James, ihres Zeichens Spezialistin für kybernetische Systeme und Analyse. „Eine kleine Arbeitspause würde mir gut tun. Mein Rücken tut schrecklich weh.“
„Schaden kann es zumindest nicht“, gab Carna schulterzuckend von sich. „Nun, dann gebt euer Bestes und denkt mal … zur Abwechslung.“
Seine scherzhafte Bemerkung rief einen kurzen Sturm der Entrüstung hervor, doch dann vertieften sich die vier TESECO-Agenten in die in ihren Hirnen abgespeicherten Informationen und versuchten, Ais Wunsch zu erfüllen. Es verging mindestens eine halbe Stunde, in der sie nichts anderes taten, als in andächtiger Stille zu verharren, um an alles Mögliche zu denken. Auf Beobachter von außen mochte es wirken, als übten sich die Raumfahrer in Meditation. Doch die Gedanken der Menschen entwickelten eine geradezu fieberhafte Aktivität.
„DAS IST ES!“
Der laute, mentale Ausruf des Ablegers ließ die vier PRINCESS-Crewmitglieder erschrocken zusammenzucken. Gleichzeitig erschien vor ihrem geistigen Auge das Abbild eines flammenden, blau-weiß leuchtenden Sterns, von etwas mehr als doppelter Sonnengröße.
„Aus dieser Richtung wird sich die von AISCHONGAN benannte Gefahr der Erde nähern. Ihr nennt diesen Stern Wega!
„Wega … Nord-Vektor, 25,3 Lichtjahre vom Sonnensystem entfernt. Das ist verdammt nah!“
Hanne machte ein betroffenes Gesicht zu ihren Worten.
Carna wandte sich an die Laufpflanze.
„Diese ominöse Gefahr … kommt die auf direktem Kurs herein?“
„Zieht eine gerade Linie zwischen eurer Sonne und der Wega und verlängert diese Linie“, übermittelte Ai die Antwort seines Pflanzenvaters. „Von dort kommt die Gefahr … eine große Masse, die aus vielen kleinen besteht ...“
„Ich weiß nicht, wie es euch geht, Kinder, aber mir drängt sich gerade der Vergleich mit einer Raumflotte auf“, spekulierte Harriet, nachdem sie die Beschreibung des Ablegers vernommen hatte. „Eine große Masse, die aus vielen kleinen Massen besteht ...“
Der Commander nickte mit düsterem Gesicht dazu.
„Ich fürchte, Harriet trifft mit ihrer Mutmaßung direkt ins Schwarze. Auch für mich hört sich das an, als wenn die von AISCHONGAN beschriebene Gefahr mit einer sich nähernden Raumflotte identisch ist!“
Der Neuseeländer schickte einige unfeine Kraftausdrücke hinterher und stieß dann einen abgrundtiefen Seufzer aus.
„Na, dann wird ja endlich wieder mal was los sein“, meinte er ironisch. „Wenn uns nicht regelmäßig irgendeine Raumflotte bedroht, kommen wir noch aus der Übung. Erst die Noraki und jetzt Unbekannte … Prost Mahlzeit!“
„Fragt sich bloß, was wir da machen können“, überlegte Roy und fuhr sich erregt mit der Hand durch seinen strohblonden Haarschopf.
„Nicht viel, fürchte ich“, antwortete Carna. „Wir werden HQ-TESECO informieren, denn Ais Bruder befindet sich ja zur Zeit nicht im Sonnensystem, sondern auf dem Weg nach Sonderreit, zum Föderationsparlament. Wir sind im Moment zu weit vom Schuss, um aktiv werden zu können. Der Rückflug zur Erde nähme immerhin gute zwei Wochen in Anspruch.“
„Wer geht?“, fragte Harriet in die Runde.
„Zur Funkstation?“ Carna zeigt auf sich. „Das erledige ich selbst. Unser Boss wird sich sicherlich freuen, so wunderbare Nachrichten übermittelt zu bekommen!“
Damit wandte er sich ab und stapfte auf die Kuppelbauten zu, während ihm seine Kollegen mit sehr gemischten Gefühlen hinterher blickten. Plötzlich schien es Hanne Arminos, als wäre ein dunkler Schatten zwischen sie und das warme Licht Enigmas getreten, so dass sie unwillkürlich fröstelte. Was war es, was dort am Rande der Stellaren Union heraufzog? Die Antwort auf diese Frage konnte ihr niemand geben. Noch nicht ...
Ringsherum war nichts als Leere. Tiefschwarze, unendliche Leere, nur hier und da durchbrochen vom kalten, fernen Funkeln der Sterne. Endlos lang brauchte ihr Licht, um diesen einsamen Ort inmitten des Nichts zu erreichen.
Mitten in dieser Schwärze schwebte eine 300 Meter durchmessende Kugel aus N-Stahl und Verbundwerkstoffen. An den Polen, der matt-grau im fernen Sternenlicht schimmernden Sphäre, blinkten in regelmäßigem Rhythmus Positionslichter auf. Und aus einigen kreisrunden Bullaugen drang warmer Lichtschein hervor.
HYPERION 200, interstellare vorgeschobene Sektorenkontrollstation der terranischen Raumüberwachungsorganisation SPOT, 200 Lichtjahre von Sol entfernt, und damit so ziemlich am Rande des von der Stellaren Union beanspruchten Kontrollbereiches gelegen. Die Aufgabe von HYPERION 200 bestand darin, sämtliche automatischen Orter- und Taststationen eines 50 Kubiklichtjahre umfassenden Sektors zu steuern, zu programmieren, zu überwachen und gegebenenfalls zu warten und zu reparieren, denn das nächste, als Basis nutzbare Sonnensystem, befand sich erst in einer Entfernung von 35 Lichtjahren vom Standort der Station, die im Vektor NORD + gelegen war, entfernt.
“So ein Scheiß-Job!”, fluchte Herm Rodd, 26-Jähriger Ortungs- und Kommunikationstechniker, und ließ dazu seine Faust auf das spiegelnde Kommandopult der Raumstation krachen.
Trig Lumis, seine Kollege und der zweite Mann an Bord, zuckte erschrocken zusammen und unterbrach seine augenblickliche Beschäftigung, die Neuprogrammierung der Ortungs- und Tastsatelliten, die von HYPERION 200 aus gesteuert wurden. Sein Kopf wandte sich dem kahl geschorenen Kanadier zu und schaute ihn aus zusammengekniffenen Augen indigniert an.
“Du hättest diese Arbeit ja nicht anzunehmen brauchen”, meinte er mit ruhiger Stimme. “Warum hast du dich nicht für eine planetare Basis eingeschrieben?”
“Verdammt, das weißt du doch ganz genau!”, schimpfte Rodd munter weiter. “Man hat mich dazu gezwungen, mit ...”
“Mit Geld, ich weiß ...”, fiel im Lumis ins Wort. “Du warst jung und brauchtest das Geld. Und der Job in einer vorgeschobenen Basis wird exorbitant gut bezahlt. Diesen Speicherkristall hast du mir schon etliche Male vorgespielt. So oft, dass ich es bald nicht mehr hören kann!”
Rodd ließ sich in den zweiten Sessel vor dem Kommandopult fallen und stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus.
“Tut mir leid, dass ich dich mal wieder mit meiner Laune quäle, Trig”, entschuldigte sich der smarte Kanadier bei seinem dunkelhaarigen Kollegen. “Es ist nur … diese verdammte Eintönigkeit hier draußen. Die geht mir so was von auf den Sack, das ist kaum zu beschreiben.”
“Das brauchst du gar nicht, man sieht es dir nämlich schon von Weitem an”, feixte Lumis augenzwinkernd. “Außerdem ödet mich der Job auch an. Aber hey - sieh es doch mal von der positiven Seite: es sind nur noch zwei Monate bis zur Ablösung. Nur noch zwei Monate und unser Dienst ist rum, und wir können uns auf drei Monate bezahlten Urlaub freuen! Die acht Wochen kriegen wir auch noch rum. Immerhin gibt es da unsere gut bestückte Bibliothek, viele hundert Filme, die wir noch nicht gesehen haben, gute Verpflegung, Sport … vor allem unser Matratzensport gefällt mir. Du musst doch zugeben, dass wir in dieser Beziehung jede Menge Spaß miteinander haben!”
Der bullig gebaute Engländer grinste seinen Kollegen von einem Ohr zum anderen an. Dieser nickte, wenn auch etwas zögerlich.
“Na ja ...”, meinte er dann. “Ist schon was dran, was du sagst. Hätte man mir auf der Erde erzählt, dass ich mal mit einem Mann vögle, dann wäre ich vermutlich an einem Lachanfall zugrunde gegangen. Schließlich stehe ich eigentlich nur auf Frauen. Aber hier draußen … hier ist es ein angenehmer Zeitvertreib.”
“So, ich bin also ein angenehmer Zeitvertreib ...”
Herm Rodd hob auf die Bemerkung seines Kollegen hin abwehrend beide Hände.
“Ich wollte dich nicht beleidigen, wirklich”, verteidigte er sich.
Doch Trig winkte amüsiert ab.
“Lass gut sein, ich kann mit dieser 'Klassifizierung' gut leben. Aber lass uns unsere Hochzeitspläne ein anderes Mal erörtern ...”, wechselte er das Thema. “Hilf mir lieber, die Neuprogrammierung der Ortungsprotokolle abzuschließen. Da ist noch einiges zu tun.”
“In Ordnung”, sagte Herm und ließ sich in den freien Sessel fallen. “Was hältst du eigentlich von dieser seltsamen Anweisung, die Tast- und Ortungstätigkeiten in bestimmten Raumsektoren zu verstärken?”
Trig zuckte mit seinen Schultern, während seine Finger rastlos über Eingabefelder und Displays huschten.
“Mir wäre wohler, wenn man uns mitgeteilt hätte, warum wir das tun sollen”, antwortete er. “Irgend etwas muss ja im Busch sein, denn ohne Grund erteilt die Zentrale solche Anweisungen nicht. Es ist schon beunruhigend, weil wir ja so ziemlich am Rand des Unionsraumes sitzen. Und wenn was von außen kommt, dann sind wir ...”
“... mitten im Schussfeld”, vollendete Herm den Satz seines Kollegen. “Ein Umstand, der mir auch sehr missfällt.”
“Aha!”, machte Trig. “Hast du deswegen die Zusatz-Fusionsmeiler vorhin auf Bereitschaft geschaltet?”
“Erwischt ...”, bestätigte der kahlköpfige Kanadier. “Ich weiß allerdings auch nicht genau, warum ich das getan habe. Es war nur so ein Gefühl ...”
“Jetzt machst du mir Angst, mein Freund”, seufzte Trig.
Dann konzentrierten sich die beiden Techniker darauf, ihre Programme und Steuerprotokolle fertigzustellen und in die Steuergehirne der einzelnen Satelliten ihres Kontrollbereiches hochzuladen. Das nahm noch knappe zwei Stunden in Anspruch, dann hatten sie diese Arbeit erledigt. Zufrieden lehnten sich die beiden zurück.
“Das wäre geschafft”, freute sich Trig Lumis. “Und ich denke, wir haben uns eine gute Tasse Kaffee verdient. Möchtest du auch eine?”
“Gerne, danke!”
Der Engländer erhob sich und verließ die Steuerzentrale, um aus dem Versorgungsbereich zwei große Pötte voll heißem, schwarzen Kaffees für sie zu holen. Schon nach wenigen Minuten kehrte er zurück und stellte die beiden großen Tassen am Rand des Steuerpults ab. Genussvoll nahmen die beiden sodann einige Schlucke des anregenden Getränks zu sich, genossen den ruhigen Moment. Doch mit der Ruhe sollte es schon bald vorbei sein. Ein akustisches Signal erregte plötzlich die Aufmerksamkeit der beiden Männer.
“Was ist denn jetzt schon wieder los?”, brummte Trig Lumis unwillig vor sich hin, stellte den Becher beiseite und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Anzeigen der Displays vor ihnen auf dem Pult.
“Und?”, erkundige sich Herm bei ihm.
“SPYGLASS 15 hat Alarm ausgelöst. Offensichtlich hat der Satellit für einen Moment etwas angemessen, das gerade am Rand seiner Hyperortungsreichweite liegt. Zu weit, um eine genaue Bestimmung zu ermöglichen, aber nah genug, um eine Reaktion auszulösen.”
“SPYGLASS 15 liegt ein Lichtjahr außerhalb der Unionsgrenze”, überlegte Herm daraufhin laut. “Seine Ortungsreichweite im Hyperbereich beträgt fünf Lichtjahre. Wenn also etwas da draußen ist, befindet es sich nur lausige sechs Lichtjahre von unserer Position entfernt. Das ist Scheiß nah! Kriegst du keine bessere Ortung rein?”
“Warte einen Moment. Gemäß der neuen Programmierung schalten sich gerade weitere Satelliten auf diesen Bereich um. Durch die Verbundmessung steigert sich die Reichweite und Auflösung. Wir sollten also in Kürze weitere Ergebnisse herein bekommen. Vielleicht wissen wir dann mehr.”
Im nächsten Moment heulten Warnsirenen auf und mehrere Displays leuchteten und blinkten den Männern in grellem Rot entgegen.
“Zum Teufel, was ist denn jetzt los?”, fluchte Herm erschrocken.
Trig, sein Kollege, starrte entgeistert auf die in verschiedenen Monitoren eingeblendeten Warnhinweise.
“Hochrang-Ortungsalarm!”, las er ungläubig ab. “In 6,5 Lichtjahren Entfernung sammelt sich eine Flotte aus Raumschiffen im interstellaren Raum. Es werden 15.000 Einheiten gezählt, durchweg großen und größten Kalibers.”
Der schlanke Engländer fuhr sich nervös mit der Hand durch seine dunkelblonden Haare, während er die eintreffenden Meldungen laut vorlas.
“Es handelt sich um nicht identifizierbare Raumflugkörper, also um UFOs. Mein Gott ...”
Sein weiß gewordenes Gesicht wandte sich Herm Rodd zu.
“Du weißt, was das bedeutet ...?”
Dieser nickte mit schreckgeweiteten Augen.
“Möglicherweise sind das die Vorboten einer Invasion!”, sagte er mit rauer Stimme. “Wir müssen die SPOT-Zentrale benachrichtigen.”
Herm wollte sich schon den Steuerkontrollen für den Hyperfunk zuwenden, doch Trig hielt ihn zurück.
“Warte noch”, rief er hastig. “Wir sollten vielleicht versuchen, aus den vorliegenden Daten einen möglichen Kurs der fremden Raumflotte zu extrapolieren, bevor wir den Aufmarsch an unsere Zentrale durchmelden.”
“Gute Idee”, stimmte der Kanadier sofort zu. “Ich werden unser Bordgehirn mit den aufgefangenen Orterdaten füttern. Es sollte in der Lage sein, damit etwas anzufangen.”