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Die junge Sophie wird erwürgt im Wald aufgefunden. Ist der einschlägig vorbestradte Nachbar oder ein Schulkamerad, der bei ihr „abblitzte“, der Täter? Oder hat etwa eines der Mitglieder der Jugendbande, der Sophie angehörte, etwas mit Ihrem Tod zu tun. Als auf ein weiteres Mädchen ein Mordversuch stattfindet, geraten die ermittelnden Kommissare unter Druck. Ist ein Serienmörder am Werk?
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Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2025
Töchtertod
Ein Marburg-Krimi
Rainer Güllich
Impressum
Copyright: Novo-Books im vss-verlag
Jahr: 2025
Lektorat/ Korrektorat: Peter Altvater
Covergestaltung: Hermann Schladr
Verlagsportal: www.novobooks.de
Gedruckt in Deutschland
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig
Eugen Müller wusste nicht, dass ihm die größte Überraschung seines Lebens bevorstand, als er sich seine Laufschuhe anzog, um wie jeden Vormittag im Wald oberhalb des Stadtteils Cappel zu joggen.
Er verließ das Haus und lief die Straße zum Waldstück hinauf. Den mit grobem Splitt befestigten Waldweg konnte man bei jeder Witterung passieren. Selbst bei Starkregen war er gangbar. Es war Mitte Juni und es war für die Uhrzeit recht heiß. Hier im Wald war es jedoch schattig und kühl. Man sah aber, dass die Pflanzenwelt unter der für diese Jahreszeit erstaunlichen Hitze, gelitten hatte. Die Blätter hingen schlaff von den Ästen herab. Kaum dass er tiefer in den Wald hineingekommen war, sah er aus den Augenwinkeln rechts zwischen den Bäumen ein Bündel liegen.
Das musste Eugen sich näher ansehen. Vorsichtig ging er den Hang hinunter, bis er bei dem Bündel angekommen war. Beim Nähertreten sah er, dass es sich um einen menschlichen Körper handelte.
Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Er beugte sich etwas vor, um den Körper genauer betrachten zu können. Es war ein junges Mädchen mit langen, blonden Haaren.
»Hallo«, sagte er. »Was ist mit Ihnen?« Er stupste den Körper mit dem Zeigefinger an. Nichts passierte. Er nahm all seinen Mut zusammen und schüttelte an dem Körper. Das Mädchen rührte sich nicht. Es war kein Atmen zu vernehmen, als er ihr an die Halsschlagader griff, war dort kein Pochen zu verspüren. Das Mädchen war zweifellos tot.
Er holte sein Smartphone aus der Hosentasche und wählte die Nummer des Polizeinotrufs.
***
Hauptkommissar Mathiessen hatte sich gerade entspannt in seinem Bürostuhl zurückgelehnt, als das Telefon läutete. Er strich sich durch seine dünnen Haare, meldete sich mit seinem Namen und Dienstgrad und hörte zu. Dann legte er auf, wendete sich zu seinem Kollegen Oberkommissar Kemper um, der sich mit ihm das Büro teilte und sagte: »Im Cappeler Forst, oberhalb der Postfiliale, hat man die Leiche einer jungen Frau entdeckt. Da müssen wir hin. Ist ja gerade um die Ecke. Wir müssen aber vorher noch beim Kollegen Windeck vorbei. Der hat da was für uns, was eventuell den Fall betrifft.«
Kemper sagte: »Dann nichts wie los. Wäre ein Wunder gewesen, wenn wir weiterhin nichts zu tun gehabt hätten.«
Sie waren tatsächlich, was eine Seltenheit war , momentan mit keinem aktuellen Fall befasst. Die letzten Tage erledigten sie nur Schreibtischarbeit, was aber sein Gutes hatte, da einiges aufzuarbeiten war.
Zwei Türen weiter begrüßte der Kollege Windeck die beiden Beamten mit einem tönenden »Guten Morgen«. Der Kollege war nicht in der Lage seine Stimme irgendeiner Situation gemessen anzupassen, er war immer laut, überlaut. Er zog eine Schreibtischschublade auf, holte einen Fotoabzug hervor und reichte ihn Mathiessen.
»Das ist ein Foto von Sophie Bosch, einer fünfzehnjährigen Schülerin, die seit gestern Nachmittag vermisst wird. Die Eltern haben ihr Verschwinden gestern Abend gemeldet. Sie hatten dieses Foto dabei gehabt. Da die gefundene Leiche ein junges Mädchen ist, wäre es sinnvoll sie mit dem Foto zu vergleichen.«
Mathiessen nickte ernst und steckte das hingehaltene Foto in die Innentasche seiner Jacke.
*
Die Polizeidirektion Marburg-Biedenkopf lag nur drei Autominuten vom Waldstück entfernt, in dem sich der Tatort befand. In Tatortnähe mussten Mathiessen und Kemper am Straßenrand parken, da zum Tatort nur ein Waldweg führte. An der Straße standen zwei Streifenwagen und ein Kleinbus der Kriminaltechnik. Die Leute der KTU waren, wie so oft, als Erste am Tatort. Immerhin bekamen die Kommissare so erste Erkenntnisse an die Hand.
Die beiden Kriminalbeamten mussten etwa noch drei Minuten gehen, bis sie den Tatort erreichten. Mathiessen geriet etwas außer Puste, er versuchte zwar seit einiger Zeit abzunehmen, es war ihm aber nicht gelungen. Mit seinen sechsundvierzig Jahren hätte er fitter sein müssen. Sein Kollege Kemper war ihm einige Schritte voraus. Ja, der war auch zehn Jahre jünger, dachte Mathiessen. Und schlanker.
Im Gelände waren einige Leute der Kriminaltechnik in ihren Schutzanzügen zugegen und inspizierten den Tatort.
Die Leiche lag an einem Abhang. Einige Meter neben ihr lag eine Schultasche und eine Gitarrenhülle. Als sich Mathiessen und Kemper zur Leiche begaben, kamen sie an einem Mann mittleren Alters vorbei. Er sprach mit einem uniformierten Polizisten. Es war zu vermuten, dass es der Finder der Toten war.
Das Mädchen lag auf der Seite. Die blonden Haare standen ihr wirr um den Kopf. Leuner von der Kriminaltechnik, der die beiden Beamten kurz grüßte, sagte: »Sie scheint erwürgt worden zu sein. Kein schöner Anblick. So ein junger Mensch.« Er zuckte bedauernd mit den Schultern.
Mathiessen zog das Foto aus seiner Jackentasche, beugte sich herunter und verglich es mit dem Opfer. Er nickte. »Das ist sie. Es ist das vermisste Mädchen.«
Seine Stimme veränderte sich. Es schien als sei sie plötzlich schwächer geworden. Der Anblick des toten Mädchens schien dem Hauptkommissar sehr zuzusetzen. Kemper wusste, was die Ursache war. Denn Mathiessens Tochter war vor sechs Jahren in ähnlichem Zustand aufgefunden worden. Erschlagen! Sie war nur nicht in einem Wald gefunden worden, sondern auf einen abgeernteten Weizenfeld.
Und nun traf der Hauptkommissar auf das gleiche Bild: Ein junges Mädchen tot auf dem Boden liegend. Musste er nicht seine Tochter vor Augen haben? Wie musste er sich fühlen?
Mathiessen richtete sich auf, es schien, als habe er sich einen Ruck gegeben. »Lass uns gehen. Ich habe genug gesehen. Die Leute von der KTU machen ihre Arbeit schon.« Als hätte jemals jemand daran gezweifelt.
»Wir werden aber noch mit dem Finder der Leiche reden. Nur kurz.«
Kemper nickte bestätigend. Als sie den Hang hinaufgingen, hielten sie bei dem Polizisten und dem Zeugen an.
»Mein Name ist Mathiessen. Ich bin der Chefermittler. Ich würde gern kurz mit Ihnen reden. Sie sind?« Er sah dem stämmigen Mann in die Augen.
»Ich heiße Eugen Müller. Ich wollte wie jeden Tag meine Joggingrunde machen. Und dann habe ich rechts von mir was zwischen den Bäumen liegen sehen. Ich bin dann hin und sah, dass es eine Leiche war. Schrecklich.« Er schüttelte seinen Kopf hin und her.
»Ist Ihnen jemand begegnet oder haben Sie jemand weglaufen sehen? Hörten Sie etwas Ungewöhnliches?«
Der Mann schüttelte verneinend den Kopf. »Nein, Nichts. Nichts gehört und niemanden gesehen. Mir ist kein Mensch begegnet. Das ist um diese Zeit oft so. Manchmal meine ich, der Wald gehört mir allein.« Er lachte, stellte sein Lachen aber bestürzt sofort wieder ein.
»Danke«, sagte Mathiessen. »Das war es auch schon.«
Kemper und er gingen den Hang bis zum Ende hinauf und marschierten dann in Richtung des geparkten Dienstwagens.
***
Mathiessen hing seinen Gedanken nach. Der Anblick der Toten hatte ihn getroffen. Er erinnerte ihn an den Tod seiner Tochter, deren Anblick ihn bis ins Mark erschütterte. So völlig unvorbereitet mit ihrem toten Körper konfrontiert zu werden, fühlte sich an, als ob ihm jemand ein Messer ins Herz gestoßen hätte.
Er vermisste damals seine Tochter nicht. Er dachte, sie sei in der Schule. Sie verabschiedete sich zwei Tage vorher abends von seiner Frau und ihm. Sagte, dass sie sich mit ihrer besten Freundin Martina verabredet hätte und bei ihr schlafen würde. Das war aber nicht der Fall gewesen. Sie hatte sich mit einem Jungen, der in die Schulklasse über ihr ging, verabredet. Dessen Eltern waren in Urlaub und er hatte sturmfreie Bude gehabt. Er stellte sich als der Täter heraus. Wie er nach seiner Verhaftung und Vernehmung aussagte, kifften Birgit und er, hörten Musik und tranken Alkohol. Als er dann mit Birgit schlafen wollte, habe sie sich verweigert. Er versuchte sie mit Gewalt zu nehmen, sie wehrte sich, er schlug ihr dann mit einem schweren Glasaschenbecher so über den Schädel, dass sie zusammenbrach.
In der Annahme, dass sie tot sei, legte er sie dann, es war schon Nacht, in eine Schubkarre aus der Remise seiner Eltern und fuhr sie auf ein in der Nähe gelegenes Getreidefeld.
Wie in der Rechtsmedizin festgestellt wurde, musste Birgit da aber noch gelebt haben. Nach der Untersuchung war sie erst in den Morgenstunden gestorben.
Der Fall war schnell gelöst worden, weil sich der Schüler zwei Tage nach der Tat der Polizei stellte. Hätte er nicht in Panik gehandelt und hätte einen Rettungswagen gerufen, könnte Mathiessens Tochter noch leben. Aber genau dieser tragische Tod seiner Tochter hatte Mathiessen zu schaffen gemacht. Er war davon überzeugt, er hätte den Tod seiner Tochter besser ertragen, wenn sie sofort tot gewesen wäre.
Als Kemper den Wagen starten wollte, sagte Mathiessen: »Warte einen Moment, ich will erst noch mit der Direktion telefonieren.« Kemper nickte.
Mathiessen nahm Kontakt zu Windeck auf, erkundigte sich nach der Adresse der Eltern von Sophie Bosch. Sie wohnten im Lichtenholz, also hier im Stadtteil, sogar direkt in Nähe des Polizeidirektion.
Mathiessen überlegte. Dann sagte er: »Ich denke, das wird eine schwere Sache für die Eltern. Wir fahren gleich dorthin. Die Mutter wird vielleicht zu Hause sein. Ich hätte aber gern einen Seelsorger dabei. Wäre vielleicht hilfreich. Wir fahren erst bei dem Pfarrer hier in Cappel vorbei. Er soll uns begleiten. Vielleicht kennt er die Familie sogar.«
Kemper schaute seinen Kollegen erstaunt an. Der Tod des Mädchens musste diesen ganz schön getroffen haben, dass er auf eine solche Idee kam.
Kemper startete und Mathiessen lotste ihn zum Pfarramt in Cappel.
Kemper wunderte sich, woher Mathiessen die Adresse kannte. Dort angekommen gingen sie um das Haus herum. An der Hintertür klingelte Mathiessen. Er schien sich gut hier auszukennen.
Ein großer, schlanker Mann öffnete ihnen die Tür. Er trug eine schwarze Hose, weißes Hemd und schwarze Anzugjacke.
»Ah, Herr Mathiessen. Was für eine Überraschung.«
Kemper konnte nur noch staunen. Der Pfarrer und Mathiessen kannten sich. Mathiessen schüttelte dem Pfarrer die Hand und sagte zu Kemper: »Das ist Pfarrer Sonntag. Wir kennen uns seit dem Tod meiner Tochter. Er hat mir in dieser Zeit sehr geholfen.«
Der Pfarrer schüttelte Kemper die Hand und führte die beiden Männer in einen Raum, in dem einige Tische in U-Form zusammengestellt waren. An einer der Frontwände war ein Whiteboard befestigt.
»Nehmen Sie Platz. Was kann ich für Sie tun?«
Beide Beamte nahmen auf einem der Stühle Platz, die um die Tische standen. Der Pfarrer setzte sich ebenfalls.
»Wir kommen gerade von einem Leichenfund. Ein Mädchen. Die Eltern von ihr wohnen hier in Cappel. Wie müssen den Angehörigen den Tod ihrer Tochter mitteilen. Ich wollte Sie bitten, uns zu begleiten. Das würde die Angelegenheit für mich vereinfachen. Sie können sich sicher vorstellen, dass es für mich nicht so einfach ist, solche Nachrichten mitzuteilen.«
Der Pfarrer nickte und strich sich über seine schwarzen Haare. »Lieber Herr Mathiessen. Ich weiß, wie sehr Sie unter dem Tod Ihrer Tochter litten. Und wenn nun dieser Fall ähnlich gestaltet ist ...«
»Ist er, ganz sicher.«
Der Pfarrer nickte bedächtig. »Welche Familie betrifft es denn? Vielleicht kenne ich sie ja. Sind eventuell fleißige Kirchgänger.« Er versuchte ein Lachen, das aber misslang.
Mathiessen richtete sich aus seiner gebeugten Sitzhaltung auf. »Es ist die Familie Bosch. Sie wohnen im Lichtenholz.«
»Was!« Pfarrer Sonntag riss die Augen weit auf. »Dann ist das Mädchen, das gefunden wurde Sophie?!«
»Ja«, war alles, was Mathiessen antwortete.
Mit übersprudelnder Stimme sagte der Pfarrer: »Sophie kenne ich. Die Eltern natürlich ebenfalls. Sophie hat letztes Jahr zu meinen Konfirmandinnen gehört. Sie kommt auch regelmäßig zum Gitarrenunterricht, den ich einigen jungen Leuten im Ort anbiete.«
Mathiessen sah den Pfarrer ernst an. »Man hat Sophie im Wald gefunden. Sie wurde erwürgt.«
»Das ist ja schrecklich. Was ist da geschehen?«
»Das wissen wir nicht genau. Wir wissen nur, dass sie seit gestern Nachmittag von den Eltern vermisst wird. Wir müssen erst mit ihnen reden.«
***
Die beiden Kriminalbeamten und der Pfarrer saßen dem Ehepaar Bosch in deren Wohnzimmer gegenüber. Weiße Wände, weiße Schrankwand, wirkte steril.
Richard Bosch war nicht zur Arbeit gefahren, sondern war zu Hause geblieben. Seit er seine Tochter vermisste, hatte er sich nicht in der Lage gefühlt, zu arbeiten. Er starrte auf die Glasplatte des Wohnzimmertisches. Seine Frau, Marlies Bosch, hielt sich ein Papiertaschentuch vor den Mund und weinte. Die Nachricht vom Tod der Tochter, die der Pfarrer übermittelte traf die Eheleute bis ins Mark. Sie erklärten aber, sie würden die Fragen der Kriminalbeamten so gut es ging, beantworten. Vermisst wurde das Mädchen von den Eltern seit spätnachmittags des vorigen Tages. Sie hatten sie für die Zeit nach dem Gitarrenunterricht erwartet, doch sie war nicht erschienen.
»Hatte ihre Tochter gestern nach dem Gitarrenunterricht eventuell eine Verabredung mit einer Freundin oder einem Freund?«
Robert Bosch schaute auf. »Nein, darüber ist uns nichts bekannt.«
Die Ehefrau nickte stumm.
»Hatte Ihre Tochter einen festen Freund oder hat sie von jemandem erzählt, der Interesse an ihr zeigte?«
Marlies Bosch schaute den Kommissar erschrocken an. »Es hat sich hoffentlich niemand sexuell an ihr vergangen?«
Mathiessen schüttelte den Kopf. »Die Untersuchungen sind zwar noch nicht abgeschlossen, es deutet aber nichts auf Derartiges hin.«
Die Frau seufzte erleichtert.
»Um auf ihre Frage zurückzukommen«, sagte Robert Bosch. »Unsere Tochter hatte keinen festen Freund. Sie hat auch nichts darüber erzählt, dass ein Klassenkamerad irgendwelches Interesse an ihr gezeigt habe. Was aber letztendlich nichts heißt. Sie war ihren eigenen Gefühlen gegenüber immer unsicher. Ja, mit Beginn der Pubertät musste sie sehr mit ihren Gefühlen kämpfen.«
Marlies Bosch fing an zu schluchzen.
Mathiessen spann seinen Faden weiter. »Hat ihr Tochter über Ärger in der Schule berichtet? Gab es Stress mit Klassenkameraden? Ist sie vielleicht gemobbt worden?«
Wieder antwortete Robert Bosch: »Ärger hatte sie in der Schule wohl keinen. Ich denke, dass sie uns das gesagt hätte. Und bei ihren Klassenkameradinnen war sie gut gelitten. Gemobbt hat sie keiner. Das wüssten wir.«
Die Frau schlug plötzlich mit der Faust auf den Tisch. »Das ist alles dummes Gerede. Ob Sophie angefeindet, ob sie gemobbt wurde. Es ist doch klar, wer das gewesen ist, wer das meiner Tochter angetan hat. Hast du denn das total vergessen?« Sie sah ihren Mann vorwurfsvoll an
Mathiessen lenkte ein. »Was meinen Sie? Wen meinen Sie mit ‚wer das gewesen ist‘?« Marlies Bosch sah Mathiessen an. »Na, unser Nachbar. Sebastian Morgentaler. Der ist schon mal wegen Exhibitionismus verurteilt worden. Das weiß doch jeder hier in der Straße. Und der hat Sophie auf ein Eis eingeladen und sie verschiedentlich angesprochen. Sie hat das abgelehnt, hat ihm gesagt, er soll sie nicht belästigen. Trotzdem ist er ihr öfters nachgegangen, wenn er ihr zufällig begegnet ist. Mein Mann hat ihn aufgesucht und ihn zur Rede gestellt. Daraufhin hat das dann aufgehört. Der war das sicher. Hat Sophie abgepasst und ihr das dann angetan.«
Sie schluchzte wieder, barg ihr Gesicht in ihren Händen. Mathiessen nickte grimmig. »Das ist jedenfalls eine wichtige Information. Wir werden ihren Nachbarn besuchen und befragen. Jetzt möchte ich mich von Ihnen erstmal verabschieden, möchte sie nicht länger mit meinen Fragen quälen. Oder hast du noch Fragen?« Damit wandte er sich seinem Kollegen zu. Dieser schüttelte den Kopf, wandte sich aber dem Ehepaar zu. »Sie können sich sicher sein. Wir werden den Täter finden.«
Mathiessen schaute erstaunt zu seinem Kollegen. Der schien tatsächlich betroffen. Das kannte Mathiessen nicht von ihm. Kemper war immer kontrolliert, ihm schien kaum eine Situation etwas auszumachen.
Pfarrer Sonntag sagte: »Fahren Sie ruhig ohne mich. Ich möchte gern noch etwas bei dem Ehepaar Bosch bleiben. Sie haben doch nichts dagegen?« Die letzte Frage galt dem Ehepaar. Das Paar nickte nur synchron.
Mathiessen bedankte sich bei dem Pfarrer für die Begleitung und die beiden Polizeibeamten verließen das Haus.