Torgo - Prinz von Atlantis 03: Die Tochter des Pharao - Charles de Clermont - E-Book

Torgo - Prinz von Atlantis 03: Die Tochter des Pharao E-Book

Charles de Clermont

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Beschreibung

Der ägyptische Pharao hatte seine Tochter dem König von Griechenland versprochen. Doch Torgo und die Prinzessin haben sich ineinander verliebt.Atlantis droht unter dem Druck der beiden mächtigen Reiche zu zerbrechen.

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TORGOPrinz von Atlantis

In dieser Reihe bisher erschienen

3701 Charles de Clermont Die Galeere der Verdammten

3702 Charles de Clermont Insel der blutigen Götter

3703 Charles de Clermont Die Tochter des Pharao

3704 Charles de Clermont Die letzten Tage von Atlantis

Charles de Clermont

TORGOPrinz von Atlantis

Die Tochter des Pharao

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2021 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: 123RFUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-618-7Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Kapitel 1

„Seht, der König kommt – es ist der König!“

Mit diesen Worten empfingen die rauen Krieger Numrods den Zug, der bleich und zerschunden durch die Pforten des befestigten Bergwerks wankte. Hauptmann Alwa hatte bei dem Kampf mit den Männern Regs starke Verluste erlitten. Der König selbst lag schwer verletzt in dem zertrümmerten Wagen. Auch Alwa blutete aus mehreren Schrammen und Wunden. Numrod stürzte vor seine Behausung, er hatte erhofft, dass er Zuzug an Arbeitskräften bekäme. An Stelle neuer Gefangener kam nun aber der König. Das hatte er nicht erwartet. Ohne es zu wissen hatte er dem König dadurch, dass er Alwa Hilfe geschickt hatte, das Leben gerettet. Aber Numrod ahnte den Grund, um dessentwillen der König aus der Hauptstadt gekommen war. Der Grund hieß wohl Nimbur, stammte aus Ägypten, war einst Vertrauter des Pharao gewesen und nunmehr Gefangener der Atlanter. Und seit ein paar Tagen war Nimbur außerdem noch blind. Er hatte nach so langem Aufenthalt in der Finsternis das grelle Sonnenlicht nicht mehr ertragen. Was sollte Numrod tun, was dem König sagen, wenn dieser Rechenschaft von ihm fordern würde über diesen Gefangenen? Er besaß die Papyrusrolle noch, die ihm der Bote des Königs überbracht hatte. Er, Numrod hatte dem König an Stelle Nimburs einen dummen Galeerensklaven geschickt, der unmöglich imstande gewesen sein konnte, die Fragen die König Amur von Bedeutung waren zu beantworten. All dies ging Numrod, dem Verwalter des Bergwerks durch den Kopf, als die königliche Kavalkade durch das breite, offene Bohlentor seinen Einzug hielt, um schließlich auf dem von greller Sonne beschienenen Platz zwischen den Wachtürmen Aufstellung zu nehmen. Der halb demolierte königliche Wagen fuhr bis vor Numrods Terrasse. Dann hoben Alwas Krieger den Herrscher von Atlantis aus dem deformierten Gestell und trugen ihn sogleich unters Vordach in den schützenden Schatten.

„Einen Schemel, steht nicht herum, bringt einen Schemel!“, rief Numrod seinen dienstbaren Geistern zu und diese beeilten sich, dem Befehl so rasch als möglich Folge zu leisten. Der König sah übel aus. Er hatte eine blutende Wunde am Hinterhaupt, die offenbar von einem Stein herrührte und war bleich durch den Blutverlust, den er erlitten hatte. Seine Lippen waren trocken und es war klar, dass er Fieber bekommen würde. Seine Augen hatten einen eigentümlichen Glanz, offenbar nahm er seine Umgebung nicht wahr, sondern befand sich in einem Zustand halber Bewusstlosigkeit und bedurfte dringend ärztlicher Hilfe.

„Hast du einen Heilkundigen hier im Bergwerk?“, herrschte Alwa Numrod an. „Rufe ihn sofort zur Stelle. Es ist ein Überfall an dem König verübt worden.“

„Ich habe einen Heilkundigen, gewiss“, erklärte Numrod, „aber ob seine Kenntnisse für die Behandlung des Königs reichen? Für gewöhnlich kuriert er nur mich und meine Leute.“

„Einerlei, er wird wohl so viel Kenntnisse besitzen, zu wissen, was hier zu tun ist. Auch befinden sich unter meinen Männern Verwundete und ich selbst hätte einen Verband nötig. Und dann muss sogleich ein Bote nach Atlantis gesandt werden. Man muss trachten, der Übeltäter die es auf das Leben des Königs abgesehen hatten, habhaft zu werden.“

Numrod gab die nötigen Befehle. Der Heilkundige war sogleich zur Stelle, er hatte gleich gesehen, dass man ihn brauchen würde und sich deshalb in Bereitschaft gehalten. Er ließ den König sogleich ins Haus und auf ein Lager schaffen. Dann verarztete er ihn mit Hilfe eines Sacks voller Kräuter, einer Räucherschale und zahlreichen lautstarken Gebeten an Bel, den Beschirmer allen Lebens auf Atlantis. Mit Alwa machte er nicht ganz so viel Umstände und mit dessen Kriegern noch weniger. Bei denen ließ er es bei den Kräutern bewenden. Numrod sandte auch auf Alwas Befehl den verlangten Boten nach der Hauptstadt. Als er nach ein paar Tagen wiederkam, brachte er schlimme Nachricht. Der König hatte gerade das Wundfieber zur Not überstanden. Aber der Heilkundige meinte, es sei besser ihn nicht sogleich aufzuregen, sondern ihn erst noch ein paar Tage ruhen zu lassen.

Hauptmann Alwa tobte. „Und Prinz Torgo?“, fragte er, die Fäuste schüttelnd. „Er ist unterdessen im Königspalast eingeschlossen und von den Rebellen belagert. Ich kann unmöglich mit meiner Truppe hier liegen bleiben und zusehen, was in der Hauptstadt passiert. Ich weiß, dass Wusso mit seinen Leuten zu schwach ist und dass sich Hauptmann Sarga mit den Schiffen auf See befindet.“

„Aber deine Aufgabe ist es den König zu schützen“, widersprach Numrod. „Du kannst keinen von deinen Leuten abziehen. Hier im Bergwerk sind wir alle sicher, wir können es gut verteidigen, aber es ist trotzdem besser, wenn ihr alle vollzählig hier bleibt. Der Prinz ist jung und man sagt, er vollbringe Wunder an Tapferkeit. Er wird sich zu helfen wissen.“

Man beschloss schließlich, noch einen Tag zuzuwarten und dann dem König die Lage in der Hauptstadt zu melden. Amur sollte selbst entscheiden, was zu tun sei. Er hatte schon unterwegs von der Rebellion erfahren, aber ebenso gesprochen wie Numrod. Auch er setzte alle Hoffnungen auf seinen Sohn, Prinz Torgo und hatte befohlen, die Reise nach dem Bergwerk fortzusetzen. Er wollte Nimbur sehen und sprechen. Nimbur, den geheimnisvollen, gefangenen Ägypter. Den Mann, der unterdessen die Tage in seiner Hütte verbrachte, umgeben von ewiger Finsternis ...

Freilich, Numrod mutete ihm keine Arbeit mehr zu. Nimbur brauchte nicht mehr in die Tiefen zu steigen, hinab zu den Sklaven, die unter der Knute der Aufseher das Erz schürfen mussten. Man ließ ihn in Ruhe. Er saß den ganzen Tag nahezu unbeweglich und schien den Bildern und Stimmen der Erinnerung zu lauschen, die ihm seine Phantasie wiedererweckte. Es waren wohl die Tage der Vergangenheit in den Palästen am Nil, die ihn beschäftigten und eine Rechnung die Nimbur aufgestellt hatte. Eine Rechnung, die ein anderes Resultat ergab als erhofft und erwartet. Es war die Bilanz seines bisherigen Lebens. Ab und zu suchte Numrod ihn auf und versuchte mit ihm ins Gespräch zu kommen. Aber die Antworten, die ihm der Ägypter gab, waren einsilbig und der Bergwerks­verwalter glaubte zudem in all seinen Worten den Grundton der Verachtung zu spüren. Er ging dann jedes Mal voll kaum verhehlter Wut, aber auch dieser spottete Nimbur. Nein, der Tyrann des Kupferberges vermochte ihm nichts anzuhaben, weder seinem Geist noch seinem Körper, der nun ein Wrack war. Numrod fühlte es deutlich und darum wurde ihm die Nähe des Ägypters immer unheimlicher. Er dachte oft daran, ihn hinab in den Abgrund werfen zu lassen. Aber er wagte es nicht. Er dachte daran, dass der Tote dann eines Nachts neben seinem Lager stehen könne, um von ihm Rechenschaft zu fordern für diese Tat und all die anderen die er begangen hatte. Was von dem, was um ihn vorging Nimbur gewahr wurde und was nicht, wusste niemand. Die Ankunft des Königs und seiner Leute hatte er zumindest hören müssen. Numrod wusste, dass Nimbur eine Gelegenheit herbeigesehnt hatte, um mit dem König in Verbindung zu treten, ein Umstand von dem sich der Ägypter für sein Leben die Wiederherstellung menschenwürdiger Daseinsbedingungen erhoffte. Aber nun, da die Gelegenheit gekommen war, ließ er sie offenbar ungenützt. Oder wusste, ahnte er tatsächlich, dass der König seinetwegen diese beschwerliche Reise unternommen hatte und wartete in Ruhe darauf, dass der König zu ihm kam. Numrod war sich darüber sehr im Zweifel, Nimbur war der undurchschaubarste Mensch, der ihm in seinem Leben begegnet war und obgleich er mit ihm gewisse Pläne gehabt und ihn deshalb entgegen der königlichen Weisung hier behalten hatte, wäre er jetzt fast froh gewesen, wenn ihn Amur von hier wieder in die Residenz gebracht hätte. Des Königs Fieber wich nach einer knappen Woche. Er sah bleich und abgezehrt aus war aber dann endlich wieder vollständig klaren Sinnes. Während der Zeit seiner Krankheit war der Medizinmann kaum von dem Bett gewichen und auch Numrod und Alwa hatten ihn oft besucht. So waren sie Zeugen seiner Fieberphantasien geworden, in denen der Name Nif-Iritt immer wiederkehrte. Nif-Iritt, jüngste Tochter des Pharao. Braut König Telaus von Griechenland und Gefangene von Atlantis … Um sie kreisen die Gedanken König Amurs, seine Hoffnungen und Wünsche, während er in schweren Fieberträumen lag. Er hoffte für seinen Sohn, den Prinzen und wusste nicht, dass in seinen geheimsten Wünschen und Träumen die schöne Prinzessin ihm selbst gehörte. Er hatte bis heute nicht gewagt, es sich einzugestehen. Die Jahre, die auf seinen Schultern lasteten und sein Haar weiß gemacht hatten, schienen ihm wie eine unübersteigbare Mauer, die sich zwischen ihm und Nif-Iritt erhob und welche die Natur errichtet hatte. An einem Morgen erwachte König Amur zum ersten Mal wieder klaren Geistes. Er blickte um sich und seine Augen nahmen mit einer gewissen Verwunderung die ungewohnte Umgebung wahr. Nein, das waren nicht die vertrauten Gemächer des königlichen Palastes in der Hauptstadt, das war nicht das weiche Ruhelager auf dem er gewohnt war, seine Nächte zuzubringen. Der Raum hier war einfach, schmucklos, um nicht zu sagen primitiv. Dann erst sah der König die Gesichter der beiden Männer, die an seinem Lager standen. Da war einer, den er nicht kannte. Sein Gesicht war verschmitzt, seine Augen hell und scharf. Als er den Blick des Königs forschend auf sich ruhen fühlte, verbreitete sich ein Ausdruck des Stolzes und der Freude über seine Züge und er rief mit krächzender Stimme: „Es ist gelungen, der König erwacht, er ist gesund!“

Der andere, dessen bärbeißiges, grobschlächtiges Antlitz nicht weniger Freude verriet, war Hauptmann Alwa und bei seinem Anblick erinnerte sich der König an alles, was geschehen war, bis zu dem Augenblick, da die im Hinterhalt Liegenden die Steinlawine auf die Schlucht hatten hernieder prasseln lassen.

„Alwa!“, rief der König und richtete sich halb auf, um aber sogleich mit schmerzvoll verzogener Miene auf sein Lager zurückzusinken.

„Nicht!“, rief der Heilkünstler sogleich besorgt, „sei vorsichtig, Herr! Es ist noch nicht alles heil. Du bedarfst noch der Ruhe. Ich bin Sigur, der Arzt. Ich habe dich betreut, während du krank und bewusstlos warst. Mache mir nun nicht den Erfolg meiner Mühen zu Schanden.“

Der König lächelte. „Du wirst eine Belohnung für deine Mühe erhalten, Sigur“, sagte er matt. „Ich fühle mich zwar noch schwach, aber ...

„Wir waren in großer Sorge um dich, Herr“, erklärte Alwa treuherzig. „Fürwahr, käme mir noch einer dieser Schurken, die den Überfall auf uns wagten zwischen die Finger, ich würde ihm eigenhändig das Genick umdrehen, einerlei, ob ihm das recht ist oder nicht.“

„Habt ihr keine Gefangenen gemacht?“, erkundigte sich der König.

„Leider nein, Herr. Numrod schickte uns Hilfe, es war höchste Zeit, kann ich dir sagen. Wären seine Leute nicht gekommen, so lägen wir jetzt alle zusammen in der Schlucht und die Geier hätten ihre Mahlzeit. So aber hat sich das Blatt plötzlich gewendet, und die Kerle ergriffen die Flucht. Sie hatten ihre Pferde bereit und verschwanden so schnell wie flüchtende Hasen. Aber sie haben Tote auf dem Kampfplatz zurückgelassen.“

„Um was für Leute handelt es sich denn?“, wollte König Amur wissen.

„Um die Wahrheit zu sagen Herr, ich habe mich noch nicht darum gekümmert. Meine erste Sorge galt dir. Wir mussten dich hier herauf schaffen und dann war auch jeder von uns blessiert, wir waren heilfroh, es überstanden zu haben. Aber wenn ich mich zurückerinnere, dann glaube ich, dass es Landstreicher und Bettler waren. Der Kleidung nach sahen sie zumindest so aus.“

„Landstreicher und Bettler?“, fragte Amur verwundert.

„Ja Herr. Sie scheinen zu der gleichen nichtswürdigen Kaste zu gehören, welche nun in der Hauptstadt so große Schwierigkeiten macht.“

Amur horchte auf. „Was willst du damit sagen?“, forschte er.

„Es haben sich, während du krank lagst, schlimme Dinge getan, Herr“, berichtete Alwa. „Das Volk belagert den Königspalast – oder besser gesagt, nur eine bestimmte Schicht des Volkes. Es scheint sich um einen gelenkten, organisierten Aufstand zu handeln.“

„Das ist das Werk der Priester“, sagte Amur düster. „Sie wollen sich dafür rächen, dass der Prinz ihnen ein Opfer entrissen hat.

„So sieht es aus, Herr“, bestätigte Alwa.

Amur überlegte. „Wir müssen in die Stadt zurückkehren, so schnell als möglich“, sagte er schließlich. „Wir müssen den Eingeschlossenen Hilfe bringen. Aber ich möchte den Grund nicht vergessen, weshalb ich hierher gekommen bin. Schafft mir Numrod herbei.“

Alwa ging und nahm den freudestrahlenden Medikus mit. Nach einer Weile erschien Numrod. Er kam mit sehr gemischten Gefühlen. Amurs forschender Blick ruhte durchdringend auf ihm.

Numrod schlug, als er diesen Blick auf sich gerichtet fühlte, die Augen nieder und wurde blass. Aber er beherrschte sich. Etwas in ihm lehnte sich auf gegen eine mögliche Demütigung, die ihm widerfahren konnte.

„Ich grüße dich Herr und freue mich, dass du wieder gesund bist“, redete er den König an.

Amur winkte ihm, näher zu kommen. „Du hast mein Schreiben erhalten“, sagte er vorwurfsvoll. „Aber du hast meinen Wunsch schlecht erfüllt. Darf ich wissen, weshalb du so gehandelt hast?“

„Ich dachte“, Numrod suchte vergeblich nach Worten. „Ich dachte, der Mann den ich dir sandte, entspräche deinem Wunsch, Herr. Er ist gesund und kräftig. Er hat auf der Galeere gedient und kennt alle ihre Gebräuche.“

„Nicht über die Galeere wünschte ich Auskunft, du Tölpel!“, fuhr der König wütend auf. „Du kannst unmöglich tatsächlich so dumm sein, wie du tust, Numrod.“

„O Herr, ich wollte!“

„Genug davon!“, unterbrach der König die Entschuldigungen des Bergwerkssklavenverwalters, „du hast unter den Gefangenen einen Mann, den ich zu sprechen wünsche, er heißt Nimbur.“

Nun also war es heraus. Numrod hatte es geahnt. Der König wusste von dem Mann.

„Ich werde ihn sogleich rufen lassen, Herr“, versprach Numrod. „Aber du wirst erschrecken. Dieser Mann ist blind ...“

„Blind?“, staunte Amur. „Davon sagte man mir nichts.“

„Er erblindete erst hier. Als ich ihn ans Tageslicht kommen ließ, sah er unglücklicherweise in die Sonne.“

„Schaffe ihn hierher!“, befahl Amur. Er war schon gespannt auf den Mann.

Numrod eilte davon. Er lief über den im Sonnenglas liegenden Platz, um Nimbur selbst aus seiner Hütte zu holen. Er musste sich bücken, um einzutreten. Nimbur saß auf einer Matte. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und die lichtlosen Augen weit geöffnet.

„Ja“, sagte er, als Numrod kam. „Jetzt ist der Augenblick. Ich sah dich das Zimmer des sterbenden Mannes verlassen.“

„Welches sterbenden Mannes?“, fragte Numrod schaudernd.

„Des Mannes, der hierher kam um mich zu sprechen.“

Numrod kroch es kalt über den Rücken, als jetzt Nimbur seinen Kopf zu ihm hinwandte und sich die toten Augen des Ägypters in ihn zu bohren schienen. Er fürchtete den bösen Blick und legte die Hand vor die Augen, um sich zu schützen.

„Du irrst“, sagte er barsch. „Der König wird genesen. Begleite mich, du sollst zu ihm kommen.“

Nimbur erhob sich. Seine Hände griffen tastend in das Nichts, bis Numrod ihn beim Arm packte und mit sich zog.

„Seine Wunden sind es nicht, an denen er sterben wird“, sagte Nimbur orakelhaft.

Sie betraten das Haus Numrods und dieser schob den Blinden vor sich her in den Raum, in welchem der König ihn erwartete.

„Hier ist er, Herr“, sagte Numrod. „Bedarfst du noch meiner?“

Amur schüttelte den Kopf. „Du kannst gehen“, sagte er. „Wahrscheinlich werde ich Nimbur mit mir nehmen. Sage Hauptmann Alwa, er möge alles für unseren Aufbruch vorbereiten.“

Numrod verschwand, froh so leichten Kaufs davongekommen zu sein. Er suchte sogleich Alwa auf, der mit einer Anzahl seiner Leute damit beschäftigt war, den Wagen des Königs wieder instand zu setzen.

„Du musst dich beeilen, Alwa“, sagte er zu ihm, „Es sieht so aus, als wolle der König noch heute reisen.“

„Mir kann es recht sein“, meinte Alwa. „Wir schaffen es. Sieh nur zu, dass wir Proviant und Wasser bekommen.“

Numrod nickte und verschwand. Unterdessen stand der blinde Ägypter vor dem König. Sie schienen sich beide forschend zu betrachten, wobei dies von Seiten Nimburs nicht mit Hilfe der Augen geschah. Alle seine Sinne waren auf den König gerichtet. Es war als erwarte er unsichtbare, unhörbare Botschaft aus der Gedanken- und Seelenwelt des anderen.

„Ich bin Amur, der König“, eröffnete dieser das Gespräch.

„Ich weiß“, antwortete Nimbur.

„Ich habe zu spät erfahren, dass sich ein Vertrauter des Pharao unter den Gefangenen befand.“

„Es war wirklich zu spät, Herr. Alle Dinge im Leben haben ihre Zeit. Lässt man diese ungenützt verstreichen, so kehrt die Gelegenheit niemals wieder.“

„Wie meinst du das?“, fragte Amur forschend.

„Ich meine es, wie ich es sage“, antwortete Nimbur ruhig.

Er stand schweigend vor dem König und schien auf das Echo seiner Worte zu lauschen. Der König war gnädig gestimmt, er wollte mit dem Mann ins Gespräch kommen.

„Setze dich“, forderte er ihn auf. „Einen Schritt zu deiner Rechten findest du einen Schemel. Nimm ihn und trage ihn drei Schritte gerade aus, dann setz dich.“

Nimbur gehorchte wie ein Automat.

„Du sitzt nun gerade vor mir“, sagte Amur. „Ich kann mich nicht erheben, ich bin krank. Man hat mich auf der Reise überfallen.“

„Du hast viele Feinde“, meinte Nimbur, „wie alle Großen. Glanz schafft auch Finsternis. Bleibe im Dunkel, so wirst du nicht geblendet.“

Der König hielt das für eine Anspielung auf Nimburs eigene Blindheit.