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Zwanzig Jahre sind vergangen. Torgo und Bethseba leben mit ihrem Sohn Urgo ein genügsames Leben in der Wüste Hamada. Doch dann taucht Miriam, Jargos Tochter, auf und berichtet, dass ihr Vater von Raubbeduinen getötet wurde. Und ihre Mutter soll in Babylon als Sklavin verkauft werden. Torgo und Urgo brechen auf, um Esther zu befreien.
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Seitenzahl: 131
TORGOPrinz von Atlantis
In dieser Reihe bisher erschienen
3701 Charles de Clermont Die Galeere der Verdammten
3702 Charles de Clermont Insel der blutigen Götter
3703 Charles de Clermont Die Tochter des Pharao
3704 Charles de Clermont Die letzten Tage von Atlantis
3705 Charles de Clermont Der Untergang von Atlantis
3706 Charles de Clermont Das Gastmahl des Todes
3707 Charles de Clermont Das Orakel von Delphi
3708 Charles de Clermont Verrat in Hellas
3709 Charles de Clermont Bei den Säulen des Herkules
3710 Charles de Clermont Die Rache der Königin
3711 Charles de Clermont Im Land der Pyramiden
3712 Charles de Clermont Auf Leben und Tod
3713 Charles de Clermont Das Gespenstergrab
3714 Charles de Clermont Die sieben Plagen
3715 Charles de Clermont Das Geheimnis
3716 Charles de Clermont Die Verfolgten
Charles de Clermont
TORGOPrinz von Atlantis
Das Geheimnis
Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2022 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Rupert BauerTitelbild: 123RFUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-630-9
Die Sonne stand fast im Zenit. Über den Sanddünen rings um die Oase flimmerte vor Hitze die Luft. Aus der Wüste heraus kam ein Hauch bleierner Hitze, die Mensch und Tier ermatten ließ. Eben kam Bethseba vom Brunnen. Sie trug einen vollen Krug mit frisch geschöpftem Wasser auf dem Haupt und eilte mit anmutigen Schritten auf das Lehmhaus zu. Torgo, einst Prinz des gewaltigen Inselreiches von Atlantis, der das Versinken seiner Welt vor mehr als zwanzig Jahren überlebt hatte, ruhte im Schatten der Palmen. Seine Augen waren geschlossen und der mächtige Brustkorb hob und senkte sich nur allmählich beim Atmen. Kein Zweifel, Torgo lag in tiefem Schlaf. Schlaf, der das Vergessen bringt, oder im Traum die Erinnerungen. Als Bethseba ihren Gatten dort liegen sah, blieb sie unwillkürlich stehen und lächelte. Die auch nach all den Jahren noch schöne Frau aus dem Volk Israels glaubte zu wissen, wovon Torgo eben träumte. Denn als er seinen Mund öffnete, entrang sich ein schwacher Seufzer seinen Lippen. Bethsebas Lächeln gefror auf ihren Lippen.
Eine Ahnung, die sie nicht deuten konnte, durchzuckte sie wie ein Blitz. Etwas, mit dem niemand rechnete, würde vielleicht geschehen. Eine dunkle Bedrohung vielleicht, so schien es Torgo zu träumen, und so waren die Gefühle, die Bethseba jetzt durchrieselten. Mit einem Male erschien ihr der Tag nicht mehr so hell wie früher. Ein tiefer Atemzug, dann wandte sie sich ab und eilte dem kühlen Hause zu, um den Geschäften nachzugehen, die eine Frau und Mutter eben hat. Urgo, beider Sohn, war noch vor Sonnenaufgang zur Jagd geritten. Irgendwann würde er heimkommen und hungrig sein. Und vielleicht auch Beute gemacht haben. Noch während Bethseba Brotfladen buk, kehrten ihre Gedanken zu Torgo zurück. Er kann Atlantis nicht vergessen, dachte sie traurig, nicht das Reich seines Vaters Amur, dessen Thron er besteigen sollte. Doch ein Tag und eine schreckliche Nacht voller Grauen waren gekommen. Bethseba selbst war dabei gewesen in jenen Stunden, in denen der Zorn Gottes gewütet und die Atlanter für ihre Sünden bestraft hatte. Dort, wo die reiche Königsstadt einst stand, die grünen Hügel und Berge, der Tempel jenes Gottes, der eine Lüge war, dort wogten nun die Wellen und das Meer breitete sein Leichentuch darüber. Der Ozean hatte alles verschlungen. Häuser, Menschen, Schiffe, das ganze Königreich, das Reich des Prinzen Torgo. Das Reich, das er niemals erben sollte.
Nur wenige Menschen hatten jenen schrecklichen Tag und die Nacht überlebt und sich retten können. Torgo, der Prinz von Atlantis mit seinem Freund Jargo. Und sie, Bethseba, selbst, die Sklavin der ägyptischen Pharaonen-Tochter Nif-Iritt. Das Schicksal hatte Torgo und sie von Anfang an füreinander bestimmt. Schon als sie sich das erste Mal begegneten, entstand zwischen ihnen ein unsichtbares Band, das sie zusammenführte. Nein, Bethseba hatte keinen Grund traurig zu sein. Ihr Geschick war ihr gnädig gewesen. Dem versunkenen Atlantis trauerte sie nicht nach. Für sie war es der Ort, an dem man sie dem Götzen Bel in seinem Tempel opfern wollte. Doch das waren nur noch Erinnerungen. Zwanzigmal hatte das Jahr gewechselt, seit sie ihr Volk verlassen hatte, das unter der Führung des Moses weiter nach Kanaa ziehen wollte. Seit dieser Zeit lebte sie mit Torgo in der Oase Hamada. Und sie hatten einen Sohn, der beider ganzer Stolz war. Er hatte alle Anlagen seines Vaters. Tapfer, aufrecht, stolz und schön, eben wir Prinz Torgo damals war, und auch heute noch ist. Nur der Name Urgo erinnerte an die Sprache der Atlanter, und nur zu einem sah der Sohn auf, weil er in ihm sein Vorbild sah, seinem Vater.
Aber Bethseba irrte sich. Torgo träumte nicht von seinem dahin gegangenen Reich, das vom Meer verschlungen wurde und sein Seufzen galt nicht dem verlorenen Thron König Amurs. Der frühere Prinz von Atlantis war glücklich an der Seite Bethsebas. Und er dankte jenem Gott, an den Bethseba glaubte und nicht etwa Bel, dem goldenen Götzen von Atlantis. Doch in seinem Traum sah Torgo ein gespenstisches, fahles Pferd, auf dem ein junger Mensch durch die Wüste jagte. Die Hufe des Tieres schienen in ihrem rasenden Lauf die Sanddünen kaum zu berühren. Der Wüstensand wirbelte und ließ hinter dem Reiter eine Staubfahne in den Himmel wachsen. Die lange Mähne des edlen Tieres umwehte und flatterte um den Körper des Reiters. Das Pferd; angstvolles Schnauben kam aus den geblähten Nüstern als es zu einer letzten, verzweifelten Anstrengung vorangetrieben wurde. Die weit aufgerissenen Augen des Pferdes schienen Entsetzliches zu sehen. Und dem jungen, halbsitzenden, halb auf den Pferd liegenden Reiter saß das Grauen im Nacken. Aber nicht sein Sohn Urgo war der Reiter, den Torgo in seiner Traum-Phantasie sah. Er kannte die Gestalt auf dem dahin jagenden Ross nicht und hatte das Gesicht, das unter dem wehenden Burnus zu erkennen war, auch nie zuvor gesehen. Und dennoch schien er ihm seltsam vertraut. Es war, als spanne sich ein unsichtbares Band zwischen ihnen beiden und zog sie unaufhaltsam zueinander hin. Und als der Reiter in Torgos Traum jetzt seinen Arm ausstreckte, war es dem Prinzen, als griffe der Fremde nach ihm, um Halt und Hilfe zu suchen. Und das geschah in jenem Augenblick, als Bethseba Torgo seufzen hörte. Schweiß trat auf die Stirn des Schläfers. Er wachte auf und blinzelte verwirrt in die Sonne. Langsam richtete sich Torgo auf. Er musste sich erst vergewissern, dass alles, was er gesehen hatte, in Wahrheit ein Traum gewesen war. Ein Trugbild, das ihm seine Phantasien vorgegaukelt hatten. Ein Trugbild.
Kam nicht eben tatsächlich in wilder Hast ein Reiter mit wehendem Burnus über das Vorland der Oase auf ihn zugeritten? Das schweißüberströmte Pferd brach zwischen Kakteen und dürstendem Buschwerk durch, erreichte die ersten Palmen und dann brach das falbe Pferd langsam in die Knie.
Es gelang dem Reiter, vom Rücken des erschöpften Tieres zu gleiten und zu Torgo hinüberzuwanken. Mit der rechten Hand schob er sich das Tuch in den Nacken, das bei seinem Ritt die mörderischen Strahlen der Sonne abgehalten hatte. Die wild wuchernden, fast einer Mähne gleichenden Haare um den Kopf glänzte vom Schweiß, glichen einen unheimlichen Strahlenkranz. Und wirklich, wie er es im Traum gesehen hatte, streckte der Fremde seine Arme nach Torgo aus, der längst aufgesprungen war und ihm wie einer gespenstischen Erscheinung entgegen starrte.
„Torgo? Ihr seid ... Torgo?“ Der Name brach, begleitet von pfeifenden Atemzügen aus der Brust des Fremden hervor. Eine verzweifelte Frage, und zugleich eine Feststellung.
„Ja, ich bin Torgo“, bestätigte der Prinz. „Wenn ihr einen Mann namens Torgo sucht, habt ihr ihn gefunden. Er sah, dass der Fremde kurz vor dem Zusammenbruch war und eilte auf ihn zu, um ihn mit seinen Armen aufzufangen. Doch als er mit dem Körper in nähere Berührung kam, bemerkte er voll Staunen, dass dieser Leib weich und schwellend war. Kein Zweifel. Das war kein Mann.
Torgo hielt ein Mädchen in seinen Armen.
„Wer bist du?“, fragte er mit Verwirrung in der Stimme. „Wo kommst du her? Und was willst du von mir?“
Doch noch bevor die vor Trockenheit aufgesprungenen Lippen des Mädchens eine Antwort geben konnten, erschien Bethseba.
„Wer immer es auch sein mag“, sprach sie mit entschiedener Stimme. „Für sie gilt das Gastrecht der Wüste. Iss und trink von dem, was wir haben. Vor allem aber, trink! Alles Weitere mag sich später weisen. Und du, Torgo, führst das Pferd zur Tränke!“
Wie immer dachte Bethseba zuerst praktisch. Und das Pferd hatte sich, die Feuchtigkeit witternd, schon selbst aufgerafft und taumelte dem Brunnen zu. Es fand den Weg allein. Und in dem Eimer, mit dem das Wasser aus dem Brunnen heraufgezogen wurde, war noch so viel Wasser, dass das Tier seinen quälenden Durst erst einmal stillen konnte. Bethseba löste das erschöpfte Mädchen aus Torgos Armen und führte es fürsorglich ins Haus, wo es drei große Schalen Wasser trank, und dann erschöpft zu Boden sank. Torgo schöpfte dem Pferd einen zweiten Eimer Wasser und folgte kopfschüttelnd den beiden Frauen. Zu seltsam war die Übereinstimmung zwischen seinen Traum-Bildern und der Wirklichkeit. Es war seltsam, höchst seltsam. Torgo hätte schwören mögen, diesem jungen Geschöpf nie zuvor begegnet zu sein. Und dennoch kam ihm dieses knabenhafte Gesicht bekannt vor. Auch wenn so viele Jahre über das Land gezogen waren, seit er es zuletzt gesehen hatte. Merkwürdig war auch, dass dieses Mädchen seinen Namen kannte, obwohl es sicher von weit herkam. Mitleidig drückte Bethseba das Mädchen auf das Fell eines Löwen nieder, den Torgo vor zwei Jahren in der Wüste erlegt hatte. Noch einmal füllte sie die Tonschale mit Wasser aus dem Krug. Torgo setzte sich auf einen Stuhl neben sie und seine unausgesprochene Frage stand so deutlich in sein Gesicht geschrieben, dass das Mädchen, nach dem sie noch etwas Wasser getrunken hatte, hervorstieß. „Ich bin Miriam, Jargos Tochter!“
„Jargos Tochter?“ Von freudiger Erregung erfüllt sprang Torgo auf. „Du bist also das Kind meines besten Freundes, dem mit mir die Flucht aus dem Untergang von Atlantis glückte?“
„Jargo! Freund meiner Jugendjahre. Und jetzt findet sich seine Tochter bei uns ein. So hat er sich also, wie ich auch, ein Weib genommen und du bist sein Kind! Sei uns willkommen, Tochter meines Freundes! Wo lebt Jargo jetzt? Und weshalb kam er nicht selbst?“
„Mein Vater ist tot“. Miriams Stimme klang jetzt schmerzerfüllt. „Sein letztes Wort war dein Name! Wir wurden überfallen; unser Zelt ist zerstört, die Herde geraubt und mein Vater getötet!“
„Aber Esther, meine Mutter, oh Torgo!“, brach es schluchzend aus dem Mädchen hervor, „meine Mutter wurde geraubt! Nur mich ließ man am Leben, weil man mich für schwer verletzt hielt und niemand damit rechnete, dass ich es überleben würde. Aber ich hatte nur ein paar unbedeutende Wunden und mir ist nicht viel passiert. Doch mein Körper war voll vom Blut der erschlagenen Männer, die mein Vater bei dem Kampf getötet hat! Als alles vorüber und das Raubgesindel abgezogen war, kroch ich zu meinem Vater. Ich hoffte, ihm noch helfen zu können. Doch er konnte nur noch flüstern, dass du, Torgo, sein bester Freund, von dem er so viel erzählt hatte, in der Oase Hamada zu finden wärst.“
„Wir werden uns selbstverständlich deiner annehmen, Miriam! Du bleibst bei uns!“, rief Torgo aus. Doch Miriam hatte noch nicht zu Ende gesprochen. „Mir ist es nicht darum zu tun, hier einen Platz zum Leben zu finden“, erklärte sie. „Ein Knabe wurde meinen Eltern verwehrt. Und deshalb hat mich mein Vater so erzogen und mich alles gelehrt, was er seinem Sohn gelehrt hätte. Ich kann kämpfen wie ein Mann. Und ich will und werde auch kämpfen. Doch ich allein vermag nichts gegen die Raub-Beduinen. Deshalb bin ich gekommen, zum besten Freund meines Vaters. Nicht um dich um Gastfreundschaft, sondern um deine Hilfe zu bitten. Hilf mir, meinen Vater zu rächen und meine Mutter aus der Gewalt ihrer Entführer zu befreien!“
Nach diesen Worten schien das Mädchen am Ende ihrer Kraft. Bethseba bettete ihren schweißnassen Kopf in ihren Schoß und träufelte ihr wieder kühlendes Nass zwischen die geöffneten Lippen. Torgo reichte ihr eine der Brotflade vom Tisch. Aber das Mädchen schien zu erschöpft, um zuzugreifen.
„Zögere nicht, Freund meines Vaters“, flüsterte Miriam. „Lass uns keine Zeit verlieren! Wer weiß, was die Entführer mit meiner Mutter Esther vorhaben!“
„Eile tut not. Doch Übereile führt zu nichts!“. Torgo schüttelte jedoch bedächtig den Kopf. „Für das, was zu tun ist, haben wir auch noch einen Helfer, der bald zurückkommen wird. Ich meine damit meinen Sohn Urgo! Du wirst ihn sicher bald kennen lernen. Er ist älter als du und ein echter Junge!“
„Vor Sonnenaufgang ist er zur Jagd aufgebrochen. Doch er kommt sicher vor dem Abend zurück“, setzte Bethseba mit einem freundlich, ermunterndem Lächeln hinzu. „Mein Mann hat ihn alles gelehrt, was zum Überleben in der Fels- und Sand-Wüste nötig ist! Und Urgo ist genauso tapfer wie sein Vater!“
„Das ist gut.“ Miriam nickte. „Aber ich bin eine Fremde für ihn. Auch wenn er euer Sohn ist. Wird er mir helfen?“
„Da kannst du sicher sein.“ Torgo nickte. „Doch jetzt solltest du ausruhen und schlafen. Weder du selbst und schon gar nicht dein völlig erschöpftes Pferd können sich sofort wieder zu einem Eilritt auf den Weg machen. Mensch und Tier müssen erst ausruhen und wieder zu Kräften kommen!“
„Torgo hat recht.“ Bethseba nickte. „So erschöpft, wie du bist, wärst du den Männern in diesem Zustand bei der Verfolgung und im Kampf nur hinderlich. Sie müssten ständig auf dich Rücksicht nehmen! Beruhige und stärke dich, und nimm ein Bad“, setzte Bethseba begütigend hinzu, als Miriam aufbegehren wollte. „Warmes Wasser wird deinen Körper entspannen und ein gutes Essen ihn kräftigen! Ihr solltet erst Morgen bei Sonnenaufgang von hier aufbrechen.“
„Inzwischen aber“, verlangte Torgo, „musst du mir alles berichten, Miriam. Wer hat euch überfallen? Was waren das für Leute? Vielleicht sind sie mir bekannt. Und ein Feind, den man kennt, ist nur halb so gefährlich.“
„Es war Scheik Amalek, der uns überfiel. Amalek mit seinen räuberischen Beduinen“. Miriams Stimme klang flüsternd und ihre Miene verfinsterte sich.
„Diesen grausamen Wüstenratten ist nichts heilig!“
„Amalek? Scheik Amalek?“ Torgo horchte auf und seine Stimme klang jetzt verwundert. „Amalek gehört zu meinen Freunden! Das heißt, wenn man so etwas wie unsere Beziehung hier in der Wüste als Freundschaft bezeichnen kann. Jedenfalls leben wir hier seit langem mit ihm und seinem Stamm in Frieden. Gewiss, am Anfang da hat er versucht, auch über uns herzufallen. Doch mit Waffen habe ich ihm sogleich Respekt gelehrt! Seither lässt Amalek und sein Stamm uns in Ruhe. Gelegentlich kommt es sogar zu beiderseitigen kleinen Gefälligkeiten.“
„So ist es“, bestätigte Bethseba. „Von Scheich Amalek haben wir, wie ich denke, nichts zu fürchten. Was waren das für Herden, die sie weggetrieben haben und von denen du sprachst?“
„Nichts Wertvolles. Keine Pferde oder Kamele. Nur Schafe und Ziegen. Etwa achtzig Köpfe waren es“, gab Miriam zur Antwort. „Etliche Tiere wurden bereits an Ort und Stelle geschlachtet. Der Rest wurde fortgetrieben.“
„Aber“, Torgo schüttelte verwundert den Kopf, „hattet ihr keine Männer dabei, die sie bewachten? Und die notfalls gekämpft hätten?“
„Nur Jussuf und David“, stieß Miriam hervor. „Und dazu Jussufs Sohn Elijah. Der war aber noch keine vier Jahre alt, als seine Mutter krank wurde und starb. Eine Frau namens Sara hat sich seitdem um den Knaben gekümmert.“
„Nun, Scheik Amalek hat schon für geringere Beute kleine Raubzüge unternommen“, sagte Torgo mit einem vielsagenden Blick auf Bethseba. „Aber in letzter Zeit ist er nicht mehr so sehr auf Beute aus. Er wird alt. Ein Überfall und eine Plünderung müssen sich rentieren. Wie alt ist deine Mutter Esther? Und ist sie so hübsch, dass die für Amalek einen gewissen Wert darstellt?“, forschte er.
„Man sagt, sie sei schön“, antwortete Miriam verlegen. „Und mein Vater liebte sie möglicherweise deswegen. Erst in einigen Sommern wird sie die vierzig Sonnenumläufe überschreiten.“