Torgo - Prinz von Atlantis 06: Das Gastmahl des Todes - Charles de Clermont - E-Book

Torgo - Prinz von Atlantis 06: Das Gastmahl des Todes E-Book

Charles de Clermont

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Beschreibung

Torgo und seine Freunde geraten in griechische Gefangenschaft. Ihnen gelingt die Flucht, doch sie werden von den Kriegern von König Telaus gejagt. Dessen Tochter hat gleichfalls großes Interesse an Torgo.

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TORGOPrinz von Atlantis

In dieser Reihe bisher erschienen

3701 Charles de Clermont Die Galeere der Verdammten

3702 Charles de Clermont Insel der blutigen Götter

3703 Charles de Clermont Die Tochter des Pharao

3704 Charles de Clermont Die letzten Tage von Atlantis

3705 Charles de Clermont Der Untergang von Atlantis

3706 Charles de Clermont Das Gastmahl des Todes

3707 Charles de Clermont Das Orakel von Delphi

3708 Charles de Clermont Verrat in Hellas

Charles de Clermont

TORGOPrinz von Atlantis

Das Gastmahl des Todes

Diese Reihe erscheint als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2021 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: 123RFUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-621-7Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Kapitel 1

Reros, der Kommandant des Schiffes erkannte voll Staunen, dass sich auf dem Floß eine ganze Anzahl von Personen befunden hatte, vier Männer von denen einer, offenbar ein Zwerg und der andere schwer krank war und noch dazu eine Frau.

„Du bist hier der Kapitän, das ist gewiss“, plapperte Nebussor, der sich wieder ein wenig erholt hatte „und mein Name ist Nebussor. Du musst wissen, dass meine Wiege im fernen Persien stand.“

„In Persien?“, staunte Reros. „Und die anderen sind wohl gleichfalls Perser?“

Schon lag Nebussor eine Antwort auf der Zunge, als Jargo einfiel:

„Ja, Herr, wir sind Perser. Wir befanden uns auf einem Kauffahrerschiff, als die Flutwelle kam und unser Schiff mit Mann und Maus verschlang. Nur wir haben uns ­retten können. Wir trieben ohne Wasser und Nahrung auf dem Floß und dieser Mann hier ist schwer krank.“

Reros trat näher und besah sich den Fiebernden, den die Freunde einstweilen auf die Planken gelegt hatten. Ringsum waren Neugierige von der Schiffsmannschaft herzu getreten. Reros sah, dass der Mann aufgescheuerte Gelenke an den Armen und Beinen hatte. Er kannte diese Art von Wunden.

„Ein Galeerensklave?“, fragte er verwundert.

„Ja, Herr“, antwortete Jargo schnell. „Unser Kauffahrer war eine Galeere.“

„Weshalb habt ihr ihn nicht ertrinken lassen?“, fragte Reros erstaunt.

„Der Kapitän gab ihnen in letzter Minute die Freiheit.“

„Das muss aber ein merkwürdiger Mann gewesen sein“, meinte Reros kopfschüttelnd „und ihr seid nicht weniger wunderlich, da für euch dieses Individuums angenommen habt. Außerdem ist er noch krank.“

„Er wurde es erst auf dem Floß“, log Jargo.

„Lasst ihn auf Deck“, ordnete Reros an. „Der Heil­kundige mag kommen und nach ihm sehen.“

Einer der Umstehenden kehrte nach einer kurzen Zeit mit einem Mann wieder, der sich über den Kranken beugte, der röchelnd und ohne Besinnung auf den Planken des Schiffsverdecks lag. Der Kreis der Umstehenden hatte ihm und einem zweiten Mann Platz gemacht, der offenbar ein Ägypter war. Er stammte von den Resten der ägyptischen Galeerenbesatzung, welche Reros aufgenommen hatte. Auch er war Heilkundiger und wollte seinem griechischen Kollegen assistieren. Torgo hatte sich bisher im Hintergrund gehalten. Er stand neben Bethseba und hatte kein Wort verloren. Der Prinz war gesonnen, den Dingen zunächst einmal ihren Lauf zu lassen. Der Grieche hatte sich tief über den Kranken gebeugt und wollte ihn schon berühren, als ihn der Ägypter mit einer heftigen Bewegung zurück riss.

„Oh, ihr Götter!“, rief er dabei aus, „hinweg mit diesem Menschen, werft ihn ins Meer, er hat die Pest!“

Verwundert sah der Grieche auf.

„Siehst du denn nicht die Flecken auf seiner Haut?“, rief der Ägypter. „Der Mann ist dem Tode verfallen und wir mit ihm, denn er hat die Krankheit auf unser Schiff gebracht!“

Der Umstehenden hatte sich bei diesen Worten eine Panik bemächtigt. Sie stürzten erschrocken nach allen Seiten auseinander.

„Werft den Mann ins Meer!“, brüllte Reros, „werft ihn sofort ins Meer und dann räuchert das ganze Schiff aus!“

Er warf wütende Blicke auf die angeblich Schiff­brüchigen.

„Ihr seid von Sinnen!“, rief er, „uns die Pest an Bord zu schleppen! Ich sollte euch gleichfalls ins Wasser werfen lassen, damit ihr von den Haien gefressen werdet!“

Erstaunt sah sich Reros um. Bisher war noch niemand seinem Befehl nachgekommen. Keiner wollte den Pestkranken anrühren.

„Ihr!“, brüllte er Torgos Freunde an, „ihr habt ihn hergebracht, nun schafft ihn auch wieder fort und zwar sogleich, bevor ich meine Drohung wahrmache!“

Da trat Bethseba vor. „Hast du kein Mitleid?“, fragte sie. „Besitzt du kein Herz? Denke, du wärest an seiner Stelle!“

„Bin ich ein Galeerensklave?“ Reros reckte sich hoch auf. „Wie kannst du es wagen, mich mit ihm gleichzusetzen? Schnell, schafft ihn fort, ich befehle es euch!“

Aber auch die Freunde Torgos leisteten ihm keine Folge.

„Krieger!“, rief er, „zwingt sie mit euren Waffen!“

Reros stampfte mit dem Fuß auf. Nun erschienen Bewaffnete. Sie hielten sich in vorsichtiger Entfernung, richteten aber ihre Lanzen drohend auf die Geretteten.

„Wenn ich der Kranke wäre, würde ich selbst aufstehen und mich ins Meer stürzen, so wahr meine Wiege im fernen Persien stand!“, rief Nebussor wütend.

Doch noch bevor sich die Lage weiter zuspitzte, schleppte der griechische Heilkünstler den Mann an den Bordrand. Ein Schrei aus Bethsebas Mund und der Galeerensklave war im Dunkel der Nacht verschwunden.

„Schnell, Wasser!“, rief der Heilkundige, „ich muss mich waschen! Und mein Gewand muss verbrannt werden und das dieser Leute gleichfalls. Reinigt euch und zwar gründlich, wenn er wirklich die Pest hatte, besteht Gefahr für uns alle.“

Reros Zorn besänftigte sich. „Dass ihr es wisst, sagte er, „auf diesem Schiff befehle ich im Namen des Königs. Ein jeder hat mir zu gehorchen und ihr habt das genau so zu tun, verstanden? Und nun tut, was euch der Heilkundige befahl. Reinigt euch und verbrennt eure Kleider. Ich werde dafür sorgen, dass ihr andere zum Anziehen erhaltet. Nur das Mädchen muss mit Männerkleidung vorliebnehmen.“

Man führte sie auf das Hinterdeck, wo man sie allein ließ. Später brachte ein Krieger Bekleidungsstücke, welche er ihnen aus gehörigem Abstand zuwarf. Torgo fand darunter Tuniken, die sich auch für Bethseba eigneten. Sie hatte sich hinter einem Aufbau verkrochen, wo sie niemand beobachten konnte. Er warf ihr die für sie bestimmten Bekleidungsstücke zu. Nach Verlauf einer halben Stunde erschienen sie alle vier wieder vor Reros. Sie waren äußerlich recht verwandelt. Als jedoch Nebussor erschien, brachen alle in lautes Lachen aus. Ihm waren die Sachen viel zu groß und er sah höchst possierlich in seinen großen griechischen Gewändern, über die er bei jedem Schritt stolperte, aus.

„Jetzt lacht ihr mich aus, das ist gewiss“, sagte Nebussor grimmig. „Aber lernt mich nur erst richtig kennen, dann werdet ihr schon merken, wie man einem Manne zu begegnen hat, dessen Wiege im fernen Persien stand!“

Unterdessen hatte der ägyptische Heilkundige Vorkehrungen getroffen, um das ganze Schiff auszuräuchern. Penetranter Geruch von Kräuterwerk verbreitete sich über das Deck und in den unteren Räumen, in denen die Krieger untergebracht waren.

„Der arme Teufel“, brummte Nebussor, „wozu wir uns die Mühe mit ihm gemacht haben, möchte ich wissen. Und wenn es wirklich die Pest war, die er hatte, dann fürchte ich, wird sie sich vor den Räucherschalen dieses ägyptischen Quacksalbers wenig fürchten.“

Die Geretteten lagerten sich am Fuß des Mastes. Man hatte ihnen Wasser und harte Fladen gebracht. Das Wasser war schal und die Fladen schmeckten nach ranzigem Fett. Aber es war etwas anderes als die Fischnahrung, die sie tagelang gegessen hatten und so verschlangen sie, was ihnen gereicht wurde, mit Heißhunger. Nach kaum einer Stunde schien man sich nicht mehr um die Geretteten zu kümmern. Nur Reros erschien von Zeit zu Zeit auf ­seinem Kommandoplatz und warf ihnen finstere Blicke zu.

Nach einer halben Stunde kam er unerwartet zu ihnen. „Hört mir gut zu“, sagte er, „wir sind durch euch in eine schlimme Lage geraten. Nicht nur, dass ihr Gefahr über mich und meine Mannschaft gebracht habt, dürften wir nun eigentlich keinen Hafen anlaufen. Niemand von uns dürfte an Land. Begreift ihr? Es ist aber nicht unsere Absicht, zu einem Gespensterschiff zu werden, das ziellos durch die Meere kreuzt, wir wollen alle heim zu unseren Angehörigen. Wir wollen hoffen, dass sich kein Krankheitsfall an Bord ereignet, bis wir vor Anker gehen. Über das Geschehene aber müsst ihr schweigen, so wie jedermann hier vom Schiff darüber Schweigen bewahren wird. Kein Wort über den Galeerensklaven an Land, versteht ihr mich? Sonst ergeht es uns womöglich übel. Es ist auch eure einzige Chance, an Land zu kommen. Ich hoffe, ihr begreift das und handelt danach.“ Er entfernte sich wieder.

Düster brannten an Bord die Fackeln und schwer lagerte sich der Geruch des Räucherwerks auf die Lungen.

„Er hat recht“, meinte Torgo nach einer Weile. „Wir müssen darüber schweigen, sonst verwehrt man uns womöglich, dass wir an Land gehen.“

„Wo fährt das Schiff eigentlich hin?“, fragte Nebussor.

„Nach Griechenland“, antwortete Jargo. „Das ist doch klar. Weshalb fragst du?“

„Weil ich für meinen Teil wirklich nach Persien will.“

„Da hast du aber ein schönes Stück Weges, Freund.“

„Das ist gewiss. Aber ich werde es schaffen. Beinahe bin ich froh, dass alles so gekommen ist. Wer weiß, ob ich sonst jemals meine Heimat wiedergesehen hätte.“

„Und ich sehne mich heim nach Ägypten“, fügte Bethseba hinzu. „Ja nach Ägypten will ich.“

Torgo und Jargo schwiegen. Ein jeder von ihnen dachte in diesem Augenblick dasselbe.

Bethseba fühlte es. „Und ihr?“, fragte sie.

Torgo hob die Schultern.

„Atlantis existiert nicht mehr“, antwortete er. „Mein Reich hat die Hölle verschlungen. Niemals werde ich den Thron meiner Väter besteigen. Ich bin ein König ohne Land und ein Mann ohne Heimat. Ich, der vor wenigen Tagen noch alles besaß, allen Reichtum, den man erträumen konnte, habe nun weniger als ein Bettler. Ein Bettler besitzt wenigstens eine Heimat. Aber ich? Wo ist meine Heimat geblieben? Das Meer schlägt dort seine Wellen. Das Land meiner ist in seiner Tiefe versunken.“

„Ja, es ist schlimm“, meinte auch Jargo. „Wir haben keine Bleibe. Wo immer wir auch hingehen werden, es wird die Fremde sein.“

Bethseba neigte ihr Haupt. „Arme Freunde“, sagte sie leise. Kommt mit mir.“

„Ich danke dir, Bethseba“, sagte Torgo. „Aber Jargo hat recht. Wohin wir uns auch immer wenden werden, es gibt keine Heimat mehr für uns, nichts, wofür es sich zu leben, zu lieben und zu kämpfen lohnt. Dein Gott ist ein grausamer Gott, Bethseba, wenn er dies alles wirklich getan und gewollt hat.“

„Kommt mit mir“, schlug Nebussor vor. „In Persien ist es interessant und schön und wir haben einen mächtigen König, an dessen Hof du sicherlich Aufnahme finden würdest. Und wenn nicht, so komm zu Nebussor. Ich werde ein Haus für uns alle bauen.“

„Ich fürchte“, meinte Jargo, „dass ich in diesem Haus stets gebückt gehen müsste und von meinem Bett nicht aufspringen könnte, ohne befürchten zu müssen, dass ich mit dem Kopf an der Decke anschlage.“

„Du hast es nicht nötig, über mich zu spotten“, ärgerte sich Nebussor. „Es kommt nicht darauf an, wie groß ein Mann, sondern wie leistungsfähig sein Denkvermögen ist. Und ich glaube, dass ich dir darin in nichts nachstehe.“

„Zankt euch nicht“, verwies Torgo die beiden. „Im Übrigen müssen wir in unseren Gesprächen vorsichtig sein. Man kann uns belauschen. Vergesst nicht, gegen wen dieses Schiff zu Felde zog – gegen Atlantis. Welch ein Triumph für diesen Schiffskommandanten, wenn er den Prinzen Torgo als Gefangenen heimbrächte.“

„Du hast recht“, zischte Jargo. „Wir wollen lieber schlafen. Im Schlaf verrät man sich nicht so leicht, und Ruhe haben wir nötig. Hält jemand von uns Wache?“

„Das hätte wenig Sinn. Wenn sie uns überwältigen wollen, so hilft auch unsere Wache nichts. Unsere Schwerter würden wenig nützen gegen diese Übermacht und zu flüchten vermögen wir von Bord dieses Schiffes nicht.“

„Das ist wahr“, sagte Nebussor. „Wir befinden uns in einer regelrechten Mausefalle.“

„Es ist keine Gefahr dabei“, erklärte Torgo, „solange niemand in uns Atlanter vermutet.“

Jargo und Nebussor waren müde von dem Erlebten. Sie drehten sich zur Seite und waren bald eingeschlafen.

Torgo und Bethseba blieben wach. Stille lag über dem Schiff. Die Sterne standen hoch über den Segeln. Ab und zu knarrte das Tauwerk im Winde und das Meer schäumte rauschend vorne am Bug. Dann klangen die Schritte der Bordwache auf und verhallten wieder. Ein Gefühl unsäglicher Wehmut überkam Torgo . Der heimatlos Gewordene sah vor sich die sonnenbeschienen Straßen und Plätze seiner Vaterstadt, den Markt mit den bunten Früchten und es war ihm, als höre er noch das fröhliche Geschrei der Händler. Er sah den Strand vor sich, an dem er und Jargo sich auf schnellen Pferden getummelt und die Gesichter seiner Freunde mit denen er sich im Kampfspiel geübt hatte. All dies war nun vorüber. Atlantis existierte nicht mehr. Es war zugrunde gegangen in einer einzigen, schreckensvollen Nacht. Die Lieder waren verklungen und der Klang der dröhnenden Pauken im Palast war verhallt, wie die Rufe der Priester im goldenen Tempel. Alles war vorbei. Vergangenheit und es würde niemals, niemals wiederkehren.

„Torgo“, hörte er da mit einem male neben sich Bethsebas Stimme und er fühlte die Wärme ihrer behutsamen Hand auf seinem Arm. Er wusste, dass sie ihn trösten wollte, aber war nicht angesichts dessen, was geschehen war, jedes Trösten sinnlos? „Versuche zu schlafen, Bethseba“, sagte er.

Er spürte, wie es ihm die Kehle zuschnürte. Doch Bethseba leistete seiner Aufforderung nicht Folge.

„Torgo“, wiederholte sie, ,du bist nicht allein. Deine Freunde sind bei dir. Sie werden dich nicht verlassen.“

„Nicht verlassen?“, fragte Torgo. „Aber du weißt es doch selbst. Nebussor will nach Persien, du nach Ägypten. Ein jeder von euch wird seinen Weg gehen. Für euch war Atlantis die Fremde, ihr kehrt nun heim, das ist euer gutes Recht, ich würde an eurer Stelle genau so handeln.“

„Wenn du willst, bleibe ich bei dir“, sagte Bethseba.

Torgo schwieg betroffen. Das hatte er nicht erwartet. „Du?“, fragte er nach einer kleinen Weile. „Du willst bei mir bleiben?“

„Ja“, antwortete sie einfach. „Ich gehe dahin, wo du willst. Ich will dir eine Schwester sein, Torgo. Du bist nicht allein. Jargo und ich halten treu zu dir. Sieh, Gottes Garten ist groß. Er hat die Erde überall schön gemacht. Öffne deine Augen Torgo und schaue das Wunder dieser Nacht … Im Osten färbt sich der Himmel. Die Sonne steigt herauf. Ein neuer Tag wird kommen. Und für dich, Torgo fängt ein neues Leben an. Wir haben verbrannt, was uns noch an Atlantis erinnerte. Nun macht der Herr alles neu.“

„Alles neu“, murmelte Torgo.

„Ja. Du wirst es sehen und erleben. Seine Gnade leuchtet über dir, denn er hat dein Leben verschont. Nun wird er dich den Weg führen, welchen du gehen sollst, um zu erkennen ...“

Als das Schiff sich der Küste näherte, verbreitete sich die Kunde von seiner Ankunft wie ein Lauffeuer in König Telaus Stadt.

„Eines, ein einziges Schiff von der ganzen großen Armada kehrt wieder!“, riefen die Leute, „nur ein einziges und dennoch ist es ein Wunder!“

Noch war der Hafen von der Sturzflut arg beschädigt, wenngleich fleißige Hände bereits eifrig am Werk waren, um alles wieder herzustellen. Auch in der Stadt waren die Zerstörungen an vielen Orten noch sichtbar. Aber auch hier schritt der Wiederaufbau bereits rüstig voran. Auch König Telaus erreichte die Kunde von der bevorstehenden Ankunft des Schiffes und selbstverständlich auch Nif-Iritt, seine Gemahlin.

Die ägyptische Prinzessin hatte sich in Griechenland noch nicht eingelebt. Teils verzehrte sie sich mit Sehnsucht nach ihrer Heimat, welche sie um eines Bündnisses willen verlassen musste, um einen ungeliebten Mann zu heiraten und teils kehrten ihre Gedanken auch immer wieder nach Atlantis zurück. Dort, in der Gefangenschaft, hatte sie Torgo kennengelernt. Nun galt ihm ihr heimliches Sehnen. Ihm, dem stolzen, unnahbaren Prinzen, der ihr die kalte Schulter gezeigt hatte. Die Rückkehr eines der griechischen Schiffe, welche König Telaus nach Atlantis gesandt hatte, um dieses Land zu bekriegen, löste in ihrem Inneren einen Aufruhr aus. Was war geschehen? Hatte das Erdbeben auch in Atlantis gewütet? War die große, unbegreifliche Sturzflut etwa von Atlantis Küsten gekommen? Dann musste sich dort ­Fürchterliches ­ereignet haben. Und das Schiff brachte wahrscheinlich davon Kunde. Ob Torgo noch lebte? Ob sein Heer gesiegt hatte? Ja, so musste es sein, denn sonst wäre nicht bloß eines der Schiffe wiedergekommen. Oder waren sie etwa alle ein Opfer der Flutkatastrophe geworden? Aufgeregt ging Nif-Iritt in ihren Gemächern auf und ab. Sie suchte ihren Betraum auf, um sich zu beruhigen, aber sie fand die nötige Sammlung nicht, um zu ihren Göttern zu beten. Was bei ihr Sorge war, war bei Telaus begreifliche Neugierde. Er sandte sogleich einen Boten nach dem Hafen, um den Kommandanten des Schiffes auf dem schnellsten Wege in den Palast bringen zu lassen. Unterdessen sammelten sich am Kai die Neugierigen zu Tausenden an. Als das Schiff einfuhr, wurde es mit brausendem Jubel begrüßt. An Deck standen griechische Krieger und winkten mit ihren Waffen, die Zurufe erwidernd und dann standen noch fremde Männer dort, die gleichfalls winkten. Ihre Hautfarbe war dunkler. Waren das etwa – Atlanten? Nein, Ägypter waren das. Wie kamen sie an Bord eines griechischen Schiffes? Freilich, wie sah das Kriegsschiff aus! Man sah, dass ein Notmast errichtet worden war. Die Reling war notdürftig geflickt. Das Schiff ließ deutliche Spuren überstandener Not erkennen.