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Jede Menge los in London! Tom Packard gerät mitten in einen Überfall, doch der Dieb entkommt mit einem Sprung in die Themse. Kurz darauf erfährt er von drei mysteriösen Morden. Während Veyron Swift fieberhaft ermittelt, versuchen Tom und seine neue Freundin, Venilia Fleet, das Geheimnis um eine Bande mörderischer Perlendiebe zu lösen. Doch Veyron warnt seinen Schützling: Ihre Gegenspieler sind nicht von dieser Welt und gefährlicher als befürchtet. Tom ahnt nicht, dass er von seinen Feinden bereits als nächstes Opfer auserkoren wurde...
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Seitenzahl: 67
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Tobias Fischer
Veyron Swift: Tom Packard und die Tränen Neptuns
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Tom Packard und die Tränen Neptuns
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Impressum neobooks
Tobias Fischer
Veyron Swift
TOM PACKARD
und die Tränen Neptuns
Es gab in ganz London keinen geeigneteren und würdigeren Platz für einen Adventsmarkt als auf der zur Themse gelegenen Terrasse der riesigen Hay’s Galleria. Der palastgleiche Bau der vielleicht größten Einkaufspassage der Stadt überragte den kleinen Markt mit dem opulenten Glanz zehntausender Lichter und festlich geschmückter Tannen zu allen Seiten. Das Einzige was fehlte war Schnee.
Mit guten zwölf Grad bei strahlendem Sonnenschein, wo man weder Mütze noch Handschuh brauchte und die Jacken offen tragen konnte, mochte man eigentlich gar nicht an Winter denken. Völlig unpassend empfand Tom Packard da die festliche Weihnachtsmusik, die ihnen aus der hallengleichen Passage mit seiner aufwendig gestalteten, Stahl- und Glaskuppel entgegenschallte.
Fast direkt gegenüber, am Themseufer festgemacht, ragten die Aufbauten des alten Weltkriegs-Kreuzers HMS Belfast in den Himmel, alles andere als weihnachtlich in blaugrauer Tarnbemalung. Gab es einen größeren Kontrast, wo sich die Gegensätze des einstigen Empires und der kosmopolitischen Millionenmetropole von heute, in der die ganze Welt zum Einkaufen ging, gegenüberstanden?
Ehrlich gesagt, war das Tom völlig egal. Ihn interessierte im Moment nur eines: Schmeckte ihm der Glühwein?
»Eigentlich viel zu warm für diese Jahreszeit«, meinte gerade sein Kumpel Bill Huggings. Er schlürfte aus dem Tonbecher, der das heiß dampfende Wundergetränk aus den tiefsten, verschneiten Alpen Österreichs enthielt. Der Schriftzug Greetings from Austria war auf dem Becher aufgedruckt, dazu ein fröhlicher Weihnachtsmann samt Tannenbaum. Made in Bangladesh stand auf der Unterseite. Naja, so funktionierte die Welt eben.
»Es schmeckt trotzdem super«, warf Norman Longtree ein, von allen nur Norm genannt. Er hatte bereits drei Becher Glühwein intus; sein strahlender Blick, die glasigen Augen und die roten Wangen erzählten genug über seinen Zustand.
»Ist doch ’n Himmelsgeschenk, dass es schön warm ist. Da kann ich mich auf den Balkon legen und braun werden«, sagte Anne, Norms aktuelle Freundin (Tom hatte vergessen, die wievielte seit Jahresbeginn).
Als die vier jungen Leute jeder einen Becher in der Hand hielt, toasteten sie sich zu, und nahmen jeder einen Schluck.
»Hey, da ist ja Marc – und er hat mal wieder ein neues Mädchen dabei«, rief Norm und begann schallend zu lachen. Vielleicht weil gerade er das sagte?
Marc Ellison winkte ihnen und wie Norm schon festgestellt hatte, war er nicht allein. Vor sich schob er einen Rollstuhl her, indem ein junges Mädchen saß – allerhöchstens im Alter von Tom und seinen Freunden. Hübsch war ihr Gesicht anzusehen, mit faszinierenden, großen jadegrünen Augen und blasser, vollkommen reiner Haut. Unter der dicken Pudelmütze ergoss sich langes, smaragdgrünes Haar über ihre schmalen Schultern. Ein dicker, plüschiger, rosaroter Wintermantel, der ihr bis über die Füße reichte, schützte sie gegen die Kälte – obwohl es heute nicht wirklich kalt war. Tom wusste jedoch inzwischen, dass es die Mädchen immer fror, solange es draußen keine dreißig Grad hatte. Andererseits liefen sie bei allergrößter Kälte mit den kürzesten Röcken umher. Na gut, es gab Dinge, die ein Sechzehnjähriger wie er nicht verstehen musste …
»Leute, das ist Venilia Fleet. Sie ist erst ein paar Tage hier in London. Ich habe ihr gesagt, dass ihr nett seid. Also gebt euch gefälligst Mühe«, stellte Marc seine neue Freundin vor. Venilia lächelte schüchtern und reichte zuerst Bill und dann den anderen die Hand. Tom fielen ihre fingerlosen Wollhandschuhe auf – natürlich in albernem Kleinmädchenrosa.
»Neeett dich kennenssulernen, Ven … Vic … Vanilla«, lallte Norm und deutete einen Handkuss an, was Venilias Wangen leicht erröten ließ. Anne fand das gar nicht lustig. Sie schob Norm zur Seite und schüttelte Venilias Hand.
»Hi. Ich bin Anne. Ich hoffe, du stehst nicht auf Idioten«, raunte sie das Mädchen im Rollstuhl unfreundlich an.
»Keine Sorge«, gab Venilia zurück, verzog ihre entzückenden, kirschroten Lippen zu einem Lächeln. »die überlass ich dir.«
Alle mussten lachen (nur Anne nicht) und Bill reichte Venilia eine Tasse Glühwein. Sie roch daran, lächelte freundlich und gab die Tasse mit einem Dank an Bill zurück. »Ich vertrage keinen Alkohol«, ließ sie ihn wissen. Venilia rollte vor den kleinen Holzstand und bestellte bei der Dame hinter dem Tresen eine Tasse Punsch.
»Kinderpunsch«, maulte Anne und verdrehte die Augen. »Aus welchem Prinzessinnenfilm ist die denn gesprungen? Wo hast du die aufgegabelt, Marc?«
»Hey, sei nicht so fies! Sie ist eine Austauschschülerin, kommt aus Neuseeland – zumindest glaube ich das wegen ihres Dialekts. Ich habe sie heute erst getroffen. Sie ist ganz allein hier in dieser Stadt. Da muss man schon recht tapfer sein. Ich dachte, sie könnte Gesellschaft vertragen, als sie mich nach dem Weg zur Galleria fragte. Ich finde sie ist sehr nett.«
»Und da schleppst du sie gleich zu uns?« Anne schüttelte den Kopf.
»Na ja«, meinte nun Bill mit einem Schulterzucken, »mit der schnellen Aufnahme von Mädels in unsere Gruppe hatten wir noch nie Probleme, was Norm?«
»Noch nieee«, grölte Norm, bestellte sich seine fünfte oder sechste Tasse Glühwein.
Venilia kam zu ihnen zurück, warf einen Blick auf das imposante Gebäude der Hay’s Galleria, bestaunte sichtlich die vielen Weihnachtslichter und die geschmückten Tannenbäume.
Ja, die friedliche Zeit des Jahres hatte in der Tat begonnen. Selbst in 111 Wisteria Road wurde es im Winter meist ruhiger. Die mythischen Kreaturen Elderwelts hielten wohl nicht besonders viel von Schnee und Kälte.
Ein Glück, dass Toms Freunde nichts davon wüssten. Sie würden ihn glatt für verrückt erklären, wenn er ihnen auch nur das kleinste Bisschen von seinen Abenteuern erzählte, die er mit Veyron Swift erlebte. Und je mehr Alkohol durch seine Venen floss, umso schwieriger wurde es, diese Geheimnisse für sich zu behalten. Zum Glück war Venilia hier und wie Marc schon angedeutet hatte, besaß sie keinerlei Scheu, lachte über Marcs Witze und im Nu warne alle von ihr sehr angetan und eingenommen. Anders als Annes kratzige Krähenstimme, war die von Venilia sehr angenehm anzuhören. Ihr zuzuhören war wie einer Melodie zu lauschen. Beruhigend und betörend. Und Norm war anzusehen, dass er in zehn Minuten seine Anne völlig vergessen haben würde. Schade wäre es nicht darum, wie Tom fand.
Ein neuer Toast wurde gerufen und wieder gönnte sich jeder einen ausgiebigen Schluck aus den Tassen.
Auf einmal kam Tom das Gedudel aus der Passage gar nicht mehr so störend vor. Es wurde sogar plötzlich richtig laut und die Kinderchorgesänge verwandelten sich in panisches Geschrei und deutlich hörbaren Aus-dem-Weg-aus-dem-Weg-Rufen. Es klirrte, es schepperte. Leute rannten zur Seite, als das Tröten von Polizeipfeifen erklang.
Nein, das war eindeutig kein Polizeikonzert mehr.
Trotz seines leichten Rauschzustandes waren seine Sinne sofort im Hier und Jetzt. Er sah einen jungen Mann durch die Galleria rennen, raus aus der Tür und quer über die Terrasse. Zwei Constables waren hinter ihm her, in den Händen bereits ihre Knüppel. Nur noch Meter, dann hätten sie ihn eingeholt. Doch der Flüchtige – wahrscheinlich ein Dieb – änderte plötzlich die Richtung, packte Passanten und schleuderte sie den Polizisten entgegen. Der Kerl hielt genau auf Tom und seine Freunde zu. Mit wahnsinnigen Augen riss er die Arme hoch, stieß einen Schrei aus. Bill packte Anne, stieß sie in Sicherheit, während er selbst zurücksprang. Marc riss Venilia mit dem Rollstuhl zurück, damit der Dieb sie nicht über den Haufen rannte.
Tom wartete keinen Augenblick länger, sprang dem Typen vor die Füße und stellte ihm ein Bein. Der Dieb stolperte, stürzte zu Boden. Instinktiv warf Tom sich auf ihn, wollte ihn am Boden fixieren.
»Nein, du nicht«, kreischte der Dieb, schlug nach Tom, trat wie ein Verrückter um sich. Mit einem Urschrei der Verzweiflung, klammerte sich der Dieb an Tom, drehte ihn herum und katapultierte sich dann wieder auf die Beine. Die beiden Polizisten waren da, versuchten den Kerl aufzuhalten, doch der erwies sich wendig wie ein Aal. Mit der Geschicklichkeit einer Katze sprang er über die Hecke, stürmte über die Uferpromenade neben der Themse und kletterte über die Absperrung. Noch bevor ihn die Polizisten wieder zu fassen bekamen, sprang er mit einem gewaltigen Satz ins Eiswasser der Themse.