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Dr. Lancaster braucht Hilfe! Ein sehr angesehener Arzt ist an der Pest gestorben - und Schuld daran soll dessen Exfrau sein. Veyron findet jedoch heraus, dass eine viel ältere und bösartigere Macht am Wirken ist. Der Tod geht um in der Klinik Crisham Hope und nur Veyron Swift kann ihn stoppen...
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Seitenzahl: 69
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Tobias Fischer
Veyron Swift und der Tod von Crisham Hope
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Veyron Swift und der Tod von Crisham Hope
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Impressum neobooks
Tom Packard lag in seinem Bett und blickte hinauf zum Dachfenster. Deutlich konnte er das Sternbild des Großen Wagen ausmachen. Es war eine überraschend milde und klare Nacht, für Februar eigentlich zu warm. Irgendwo dort draußen war Veyron Swift unterwegs und jagte ruchlose Monster. Die Leichen von drei jungen Frauen waren aufgetaucht – abwechselnd bei Voll- oder Neumond, ihre Leiber bepinselt mit unverständlichen Schriftzeichen – der Schwarzen Sprache aus Darchorad, jenem mysteriösen Hort des Bösen. Was Veyron wohl jetzt gerade machte? Hatte er eine heiße Spur gefunden oder befand er sich gar in Gefahr? Wenn sich Veyron inmitten seiner Ermittlungen befand, war es selbst für Tom sehr schwierig, mit seinem Patenonkel Kontakt aufzunehmen. In solchen Fällen verließ Veyron das Haus sehr früh und kehrte oft den ganzen Tag; manchmal auch tagelang, nicht zurück. In den gut dreieinhalb Jahren, die Tom nun schon in 111 Wisteria Road lebte, hatte er sich inzwischen daran gewöhnt. Er hatte dank Veyron gelernt selbstständig zu werden: Einkaufen, kochen, waschen und sogar die Wohnung putzen – das alles beherrschte er inzwischen aus dem Effeff. Inzwischen fühlte er sich mit seinen siebzehn Jahren bereit genug, auszuziehen und einen eigenen Haushalt zu gründen.
Morgen, dachte er. Morgen früh werde ich ihm sagen, dass ich studieren will und ausziehe – falls er da überhaupt zuhause ist.
Im nächsten Moment packte ihn auch schon wieder der Wehmut. Was hatten sie alles für Abenteuer zusammen erlebt? Sie waren in Gefahr geraten (eigentlich fast immer), lernten die interessantesten aber auch verrücktesten Leute der ganzen Stadt kennen – und zahlreiche Herrschaften aus Elderwelt: Elben, Zwerge, Magier und Monster. Sie hatten die Höfe von Kaisern und Pharaonen betreten, waren Gäste von illustren Königen und wunderschönen, weisen Königinnen. Sie kämpften gegen Schrate, Trolle und Vampire und die sonstigen dämonischen Ausgeburten, die ihr ärgster Widersacher, der Dunkle Meister, aufzubieten wusste.
Mit den Wünschen nach mehr Selbstständigkeit auf der einen Seite und weiteren Abenteuern auf der anderen, schlief Tom schließlich ein.
Das Nächste, an was er sich erinnerte, war wie ihn etwas an der Schulter berührte und sanft schüttelte. Tom schlug die Augen auf und drehte sich herum, sah Veyron Swift über sich gebeugt.
»Aufstehen, Tom. Zieh dir etwas an. Wir bekommen jeden Augenblick Besuch«, verkündete Veyron. Der Dreitagebart und die fettigen Strähnen seines schwarzen Haars zeugten von seiner langen Abwesenheit und der vernachlässigten Hygiene. Tom knurrte zur Antwort, doch das schien seinen Patenonkel bereits zufrieden zu stellen. Er eilte aus dem Dachspeicherzimmer und Tom hörte ihn vergnügt nach unten trampeln. Missmutig quälte sich Tom aus dem Bett, starrte auf seinen Wecker. Noch nicht einmal sechs – und das am Sonntag! Er verwünschte den Hang Veyrons zu schlaflosen Nächten, schlüpfte in seine Jeans und zog sich einen grauen Zipper über. Schlaftrunken wankte er durch sein Zimmer und begab sich nach unten.
Gerade rechtzeitig, um beim Klingeln der Haustür im Erdgeschoss anzukommen. Neugierig warf Tom einen Blick durch den Türspion, ehe er öffnete. Ein großer, hagerer Mann kam herein, etwa Mitte dreißig. Unter seinem grauen Mantel trug er dunkle Hosen und ein ebenso dunkles Hemd. Sein Haar war an den Schläfen bereits ergraut; für sein Alter vielleicht ein wenig zu früh.
»Lancaster«, stellte er sich vor. »Dr. Gregory Lancaster. Ist Mr. Swift zuhause? Ich hatte ihm geschrieben, dass ich …«
»Im Wohnzimmer, Dr. Lancaster«, rief Veyrons Stimme. Tom bat den Mann herein, schloss die Tür und führte ihn zu Veyron, der beiden schon erwartete. Er lümmelte in seinem großen Ohrensessel und wies Lancaster sofort die alte Couch zu. Tom begab sich auf die andere Raumseite und setzte sich auf den alte Plüschhocker vor dem Fernseher, damit er Veyron und Lancaster gut beobachten konnte.
»Sie kommen in einem ungünstigen Moment, Dr. Lancaster«, ließ Veyron den Mann wissen. »Ich bin gerade in einen äußerst rätselhaften und bedrohlichen Fall involviert, der meine gesamte Aufmerksamkeit erfordert. Dennoch las sich Ihre Nachricht dringlich und ich will mir Ihre Geschichte anhören.«
Einen Moment schien Lancaster nicht zu wissen, was er jetzt am besten sagte. Nervös rieb er sich die Hände an den Oberschenkeln.
»Ich arbeite an der Privatklinik Crisham Hope, das ist eine Fachklinik für Tropenerkrankungen und Seuchen, Mr. Swift. Der Eigentümer der Klinik, Dr. Alastair Crisham, hat sie vor fünfzig Jahren gegründet und behandelt ausschließlich Patienten, die sich mit seltenen tropischen Krankheiten infiziert haben. Wir haben auch ein großes Labor, dass sich mit den schlimmsten aller denkbaren Krankheitserregern beschäftigt, welche auf der Welt zu finden sich. Ebola, Dengue-Fieber, das Zika-Virus und auch das Pest-Bakterium werden bei uns erforscht. Wir entwickeln Heilmittel und Therapien gegen diese globalen Schrecknisse«, erzählte Lancaster. Tom bemerkte, wie gerade und aufrecht der junge Arzt auf der Couch saß, erfüllt von purem Stolz.
»Dr. Crisham ist sicherlich ein Wohltäter, aber er ist auch Geschäftsmann. Unsere Forschungen lässt er sich von der Pharmaindustrie teuer bezahlen und unsere Klinik wird von einem sehr kostenbewussten Management geleitet. Seit zwei Jahren steht Mrs. Dana Slicer dieser Verwaltung vor, eine Karrierefrau wie sie im Buch steht. Sie hat in Eton studiert und war schon in vier Konzernen im Management tätig. Eine Frau mit reichlich Berufserfahrung, einem eisernen Willen und einer ebensolchen Durchsetzungskraft. Sie toleriert keine Schwächen und keine Ausreden, will Ergebnisse sehen; Zahlen. Früher jobbte sie erfolgreich als Model, bevor sie ihren Master machte und gewiss ist sie auch jetzt mit etwa fünfzig noch immer attraktiv. Sie bräuchte nur mit dem Finger schnippen und die Männer lägen ihr zu Füßen. Wenn Sie verstehen, was ich meine«, fuhr Lancaster fort und ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen.
»Das ist uninteressant für mich«, meinte Veyron. »Ich nehme jedoch an, es ist Mrs. Slicer, die Sie zu mir führt?«
»Gewissermaßen«, meinte Lancaster und seufzte. »Nun ja. So sehr sie von den Männern bewundert und begehrt wird, so sehr wird sie von der ganzen Belegschaft gefürchtet. Grüne Mamba nennen die Schwestern und Laborassistenten sie. Privat gibt sie sich jedoch gänzlich anders. Gönnerhaft und lebenslustig. Jedes Wochenende Party und das lässt sie sich schon etwas kosten. Wellnessurlaube, wann immer sie Zeit dafür findet und zwar nur in die ausgesuchtesten Hotels. Dana Slicer schwamm seit jeher im Erfolg. Sie hatte einer alten Konkurrentin vor Jahren den Mann ausgespannt, einen sehr erfolgreichen Arzt und obendrein der Leiter unseres Labors, Dr. Jonathan Roxton. Natürlich hätte sie auch jeden anderen haben können, doch ihr ganzes Streben war es stets, sich Roxton zu angeln. Vielleicht weil er verheiratet war? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall schaffte sie, dass er sie bis vor den Traualtar schleppte. Die Ehe war gekennzeichnet von einigen Eskapaden, wie Sie sich vielleicht vorstellen können. Irgendwann reichte es Roxton mit diesen ständigen Partys und dem ständig zur Schau gestellten Reichtum. Vielleicht hatte er auch genug davon, mit welch abfälliger Art und Weise Slicer über uns Angestellte spricht. Sie verachtet Menschen, die ein normales Leben führen und keine Karriere erzwingen, so wie sie. Für Dana Slicer zählt nur Erfolg und Reichtum. Auf jeden Fall verließ Roxton sie, was für sie einer herben Niederlage gleichkam, der Zerstörung ihres Lebensplans. Es war auch das erste Mal, dass sie verlassen wurde – zuvor war es stets sie gewesen, ihren Lovern und Lebensgefährten den Laufpass gab.
Diese bittere Erfahrung machte sie krank. Sie magerte sichtlich ab, ihre ansonsten sonnengebräunte Haut wurde blass. Ihr ganzes Wesen veränderte sich. Ihre kräftige, herrische Stimme verkam zu einem Flüstern, sie wurde unkonzentriert und machte viele Fehler, teilweise schwerwiegende, die dem Unternehmen viel Geld kosteten. Dr. Crisham war sehr ungehalten und hat ihr angeblich sogar mit der Entlassung gedroht. Zumindest aber stellte er ihr einen Assistenten zur Seite: Patrick Gowner – ein Aufschneider und Hochstapler, wenn Sie mich fragen – der persönlich an Crisham berichtete. Die Demütigung war der Slicer regelrecht anzusehen, sie war nur noch ein Häuflein Elend.