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Gerade als Tom Packard Veyron Swifts größtes Geheimnis lüften kann, klingelt es mal wieder an der Tür von 111 Wisteria Road. Allison Mears Freunde sind in die Fänge eins verrückten Millionärs geraten, der in der urzeitlichen Landschaft von Dartmoor mit einer menschenfressenden Kreatur im Bunde zu stehen scheint. Veyron Swift ist entschlossen, das Geheimnis jenes Orts, des alten Bunkers von Wyrmriver, zu lüften.
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Seitenzahl: 73
Tobias Fischer
Veyron Swift und das Geheimnis von Wyrmriver
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Das Geheimnis von Wyrmriver
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Impressum neobooks
Tobias Fischer
Veyron Swift
und das Geheimnis von Wyrmriver
Diesmal würde ihm Veyron Swift nicht entkommen, soviel hatte sich Tom Packard schon mal vorgenommen. Seit nahezu drei Jahren lebte er nun mit seinem wunderlichen Patenonkel (obwohl eigentlich testamentarischer Vormund die korrekte Bezeichnung wäre – Tom bevorzugte jedoch einen etwas familiäreren Begriff) unter einem Dach zusammen. Angesichts dieser Tatsache war es überhaupt erstaunlich, dass Tom noch nicht früher an diese wichtigen Informationen gelangt war. Veyron war ihm stets entwischt. Diesmal hatte er jedoch keine Chance mehr. Tom war eindeutig im Vorteil.
Er kannte Veyrons Geburtsdatum!
Und diesmal, Veyron Swift, wirst du auch ein Geschenk erhalten! Das war zumindest Toms tiefste Absicht. Im ersten Jahr in der 111 Wisteria Road hatte er noch keine Gelegenheit gehabt, Veyrons Geburtstag zu feiern, im zweiten Jahr war überhaupt die Frage das allererste Mal aufgetaucht und letztes Jahr befanden sie sich mitten in einem haarsträubenden Abenteuer; natürlich in einem Kampf auf Leben und Tod gegen die Mächte der Finsternis; allen voran der sinistre Schattenkönig. Wer dachte denn da schon an seinen Geburtstag?
Doch nun gab es keine Ausflüchte mehr. Tom hatte sich akribisch vorbereitet. Er wartete, bis Veyron eines Abends von einer kleinen Recherche aus dem British Museum nach Hause zurückkehrte. In der Küche hatte Tom einen Fertig-Kuchen aus dem Supermarkt aufgetischt und eine Kanne von Veyrons heiß geliebtem Pekoe-Tee.
»Alles Gute zum Geburtstag, Veyron«, rief Tom, als er die hochgewachsene, schlaksige Gestalt seines Patenonkels in die Küche treten sah. Tom zündete eine Konfettibombe und musste über seine eigene Genialität laut lachen - und gleich noch mehr, als er die vollkommene Verblüffung auf dem hageren Gesicht mit der scharfen, gebogenen Nase Veyrons sah. »Ich hab’ Sie überrumpelt«, triumphierte Tom. »Zum allerersten Mal! Mann, das muss ich irgendwo festhalten. Moment …«
Tom zog sein Smartphone aus der Tasche und machte sofort ein Video und brüstete sich seines Erfolges. Veyron stand noch immer wie angewurzelt im Türrahmen.
»Bist du dir wirklich sicher, dass ich heute Geburtstag habe?« wollte Veyron schließlich wissen. Tom musste wieder lachen, denn er durchschaute die Absicht seines Patenonkels, ihn verunsichern zu wollen.
»Keine Chance! Ich habe recherchiert, wissen Sie? Heute ist der Vierte Mai, Ihr Geburtstag. Geben Sie sich keine Mühe es zu leugnen! Ich weiß es genau.«
Tom zog ein sorgfältig verpacktes Geschenk unter dem Tisch hervor - nicht seine Arbeit, aber die von Vanessa. Sie war eine wirkliche Künstlerin, seine Freundin. »Voila!« rief er und reichte eine kleine blaue Schachtel mit knallroter Schleife an Veyron. »Passen Sie nur gut darauf auf.«
»Mein Geburtstag …« murmelte Veyron etwas geistesabwesend, danach weitete er in verlegener Geste die Augen und kratzte sich am Hinterkopf.
»Ich … hatte ihn vollkommen vergessen. Seit vielen Jahren feiere ich meinen Geburtstag nicht mehr, musst du wissen.«
»Sowas dachte ich mir schon. Seit wann genau?«
Veyron zuckte mit den Schultern. »Seit ich vierzehn bin. Mir wurde bewusst, dass es völlig unproduktiv ist, einen bestimmten Tag im Jahr künstlich hervorzuheben und mit Feierei zu begehen, anstatt ihn wie jeden anderen Tag effizient zu nutzen. Geburtstage haben keine reale Relevanz, sie sind nur Ablenkung und Zeitverschwendung. Diese Erkenntnis ist allgemeingültig.«
Tom seufzte und schüttelte den Kopf. »Sie sind wirklich ein armer Mensch, Veyron, wissen Sie das? Seit Sie vierzehn sind! Unglaublich! Da ist es ja allerhöchste Eisenbahn, diesen Unsinn nach all den Jahren endlich einzustellen. Kommen Sie, essen Sie ein Stück Kuchen und dann machen Sie das Geschenk auf. Ich will nämlich wissen, wie es Ihnen gefällt.«
Neugierig setzte sich Tom und rieb sich die Hände, während Veyron nur zögerlich Platz nahm und das kleine Geschenke in seinen Händen hin und her drehte.
»Ich weiß, es ist von dir gut gemeint, doch letztlich bleibt es eine völlige Verschwendung von Zeit, Material und Energie. Warum verpackt man Geschenke in Papier und macht ein Geheimnis daraus, was man dem anderen schenken möchte, anstatt es einfach ohne Umschweife und Theatralik zu übergeben? Warum kündigt man nicht gleich dem Beschenkten an, was er erhalten wird, und erfährt auf diese Weise sofort, ob es ein sinnvolles Geschenk ist oder man sich den Aufwand sparen könnte. In diesem Fall …«
Weiter kam Veyron mit seinen Ausführungen nicht. Das Läuten der Haustürglocke ließ Tom hochschrecken. Veyron schenkte ihm einen erwartungsvollen Blick.
»Ja, ja«, grummelte Tom. »Ich mache auf. Aber glauben Sie bloß nicht, dass ich vergessen werde, dass Sie Geburtstag haben. Ich krieg’ Sie schon noch dazu, dieses Geschenk zu öffnen und sich zu freuen.«
Veyron seufzte. »Ich fürchte, da werde ich dich enttäuschen müssen.«
Tom zwinkerte ihm zu, dann eilte er aus der Küche. »Sie haben keine Ahnung«, rief er Veyron noch zu, als er in den Flur eilte. Es klingelte wieder.
»Schon gut, ich bin ja da«, antwortete Tom laut. »Keine Panik.« Er machte auf und war erstaunt, eine junge Frau in Jeans und Pullover anzutreffen. Schweiß lief ihr über die Stirn und sie schien völlig außer Puste zu sein. Die gesunde Gesichtsfarbe verriet zumindest, dass sie sich nicht gerade in Lebensgefahr zu befinden schien.
»Mr. Swift?« fragte sie verunsichert.
»Mr. Packard«, korrigierte Tom. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Veyron aus der Küche kam und in Richtung Wohnzimmer abdrehte. Tom nickte in Veyrons Richtung. »Mr. Swift ist der da.«
»Ist er zu sprechen? Ich habe einen Termin«, hakte die Frau nach und versuchte an Tom vorbeizukommen. Sie schien nur wenig älter als er zu sein, aber durchtrainiert. Eine Sportlerin, zweifelsohne.
»Klar« seufzte Tom und trat zur Seite. »Er erwartet Sie bereits.« Dann fiel ihm noch ein Spaß ein. »Er hat heute Geburtstag, nur so als Info«, raunte er ihr zu. Die junge Frau nickte, kam in den Flur und ging schnurstracks ins Wohnzimmer. Tom folgte ihr, wobei er sich ein schelmisches Grinsen nicht verkneifen konnte.
Wie gewöhnlich, erwartete Veyron seine Klientin im Wohnzimmer, stand am Fenster und blickte hinaus in den Garten.
»Mr. Swift? Mein Name ist Allison Mears, ich hatte Ihnen heute Morgen eine Nachricht geschickt. Tut mir leid, Sie an Ihrem Geburtstag zu stören, aber der Fall kann nicht mehr länger warten. Alles Gute, übrigens.«
Veyron seufzte entnervt, was Tom leise kichern ließ. Veyron drehte sich um, deutete Miss Mears, sich auf die Couch zu setzen. »Sie erwähnten ein Problem, bei dem nur ich Ihnen helfen könnte.« sagte er streng.
Allison Mears, die sich sichtlich unwohl auf der alten, quietschenden Couch fühlte, schien einen Moment zu brauchen, um sich zu sammeln.
»Ich schrieb Ihnen bereits, dass ich nicht ganz sicher wäre, was ich von der ganzen Sache halten soll. Es ist alles so merkwürdig. Aber ich bin sicher: Es geht um Mord«, sagte Allison.
Neugierig blickte Tom auf. »Was, Mord? Wer wurde ermordet?«
»Meine Freunde, Mark und Phil«, stieß sie hervor. »Also, zuerst Phil und jetzt auch Mark«, verbesserte sie sich nach einem Moment.
Tom lehnte sich erwartungsvoll an den Türrahmen, während Veyron ungerührt stehen blieb.
»Ich riet Ihnen bereits, zur Polizei zu gehen«, seufzte er.
Allison Mears nickte eifrig. »Habe ich längst getan. Auf der Wache meinte der Sergeant, dass es für Mord keinen Beweis gäbe und ich aufpassen soll, bevor ich jemanden beschuldige«, fuhr sie mit rasender, heller Stimme fort. Sie atmete einmal tief durch und wurde wieder etwas ruhiger. Sie schaute zu Tom und dann zu Veyron, der ihr aufmunternd zunickte. Allison sammelte sich kurz, schloss die Augen und fuhr fort: »Der Mörder, Mr. Swift, er ist ein Verrückter, da bin ich sicher.«
* * *
Erst jetzt begab sich Veyron zu seinem großen Ohrensessel, ließ sich in die Polster sinken, überschlug die Beine und legte die Fingerspitzen aneinander. »Schildern Sie Ihren Fall, vergessen Sie dabei nicht das kleinste Detail«, forderte er sie auf. »Danach entscheide ich, ob ich Ihnen helfen kann oder ob Sie meine Zeit verschwenden.«
»Also, ich erzählte Ihnen ja schon von meinen Freunden und mir, und dass wir unser Hobby in ganz Britannien ausleben. Demnächst wollten wir unsere Aktivitäten nach Europa ausweiten, es gibt so viele interessante Dinge zu sehen.«
»Sie verreisen gern«, schlussfolgte Tom und kam sich unglaublich schlau vor.
»Das auch. Meine Freunde, Mark Preston, Phil Denninger und Dave Alcott, wir suchen verlorene Plätze auf, Ruinen von Burgen, vergessene Hotelanlagen und solche Sachen. Lost Places eben. Wir steigen in alte Bunker hinab und dokumentieren alles, den Aufbau und den Verfall und welche Lebewesen sich dort inzwischen angesiedelt haben.«
»Oh«, machte Tom. Das klang wirklich interessant. »Ist das nicht gefährlich? Wegen der Einsturzgefahr und so?«
»Manchmal ja. Aber wir haben immer Helme dabei. Und Kletterausrüstung. Sicherheit hat oberste Priorität«, erklärte Allison, dann fuhr sie fort. »Letzte Woche beschlossen wir, den alten Atomschutzbunker von Wyrmriver aufzusuchen.«