Weihnachtsglanz - Nele Blohm - E-Book
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Weihnachtsglanz E-Book

Nele Blohm

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Beschreibung

Kommt mit Annrike und Keno zum Strandkorbzauber in Meeresruh auf Rügen und freue dich auf den ganz besonderen Zauber von Weihnachten Annrike Kassner liebt die Weihnachtszeit auf ihrer Heimatinsel Rügen, das rege Treiben in ihrer Buchhandlung Erlesen und den Strandkorbzauber, den alljährlichen Weihnachtsmarkt in Meeresruh, auf dem sie selbst einen Stand hat und neben Büchern auch selbstgefertigte Kleinigkeiten wie Blumen und Sterne aus alten Buchseiten verkauft. Das Leben auf der Ostseeinsel könnte so schön sein, wäre da nicht Keno Siebeneicher, der nach zwölf Jahren nach Meeresruh zurückkehrt, um die Apotheke seines Großvaters zu übernehmen. Und das direkt neben ihrer Buchhandlung. Annrike erinnert sich bei seinem Anblick schmerzlich an ihren gemeinsamen Sommer, bevor er per SMS mit ihr Schluss gemacht hat. Auch wenn Annrike der Überzeugung ist, sie wäre über Keno hinweg, kribbelt ihr ganzer Körper in seiner Nähe. Als sie nach all den Jahren das erste Mal miteinander sprechen, spürt Annrike, dass Keno ihr etwas verheimlicht. Wird sie sein Geheimnis lüften können?

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Nele Blohm

 

Weihnachtsglanz

 

 

 

 

Über das Buch:

Annrike Kassner liebt die Weihnachtszeit auf ihrer Heimatinsel Rügen, das rege Treiben in ihrer Buchhandlung Erlesen und den Strandkorbzauber, den alljährlichen Weihnachtsmarkt in Meeresruh, auf dem sie selbst einen Stand hat und neben Büchern auch selbstgefertigte Kleinigkeiten wie Blumen und Sterne aus alten Buchseiten verkauft. Das Leben auf der Ostseeinsel könnte so schön sein, wäre da nicht Keno Siebeneicher, der nach zwölf Jahren nach Meeresruh zurückkehrt, um die Apotheke seines Großvaters zu übernehmen. Und das direkt neben ihrer Buchhandlung. Annrike erinnert sich bei seinem Anblick schmerzlich an ihren gemeinsamen Sommer, bevor er per SMS mit ihr Schluss gemacht hat. Auch wenn Annrike der Überzeugung ist, sie wäre über Keno hinweg, kribbelt ihr ganzer Körper in seiner Nähe. Als sie nach all den Jahren das erste Mal miteinander sprechen, spürt Annrike, dass Keno ihr etwas verheimlicht. Wird sie sein Geheimnis lüften können?

 

 

Über die Autorin:

Hinter Nele Blohm steht die erfolgreiche Bestsellerautorin und Selfpublisherin Mila Summers. Sie wurde 1984 in Würzburg geboren. Als Kulturwissenschaftlerin arbeitete sie lange für eine Onlinedruckerei, bevor sie in der Elternzeit zum Schreiben fand, dem sie sich nun ganz widmet. Sie liebt das Meer und Liebesgeschichten mit Happy End, die uns an wunderschöne Orte entführen. Mit Mann, Kindern und ihrem übermütigen Jack Russell Lizzy lebt sie in ihrer Heimatstadt.

 

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Bisher von der Autorin erschienen:

Wie das Leuchten von Bernstein

Dein Flüstern im Meereswind

Weihnachten auf Hiddensee

Die Liebe will Meer

Alles auf Sommer

Weihnachtszauber auf Föhr

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

NELE

BLOHM

 

 

Weihnachtsglanz

 

Roman

 

 

 

 

Deutsche Erstauflage November 2023

Copyright © Nele Blohm

Lektorat: Textwerkstatt Anne Paulsen

Covergestaltung: Michelle Schrenk

Covermotiv: Shutterstock ©vertukha Istockphoto ©Evgenia_art

Impressum: D. Hartung

Frankfurter Str. 22

97082 Würzburg

 

 

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Epilog

Danksagung

Weitere Bücher der Autorin

Kapitel 1

 

 

»Keno ist wieder da.«

Drei Worte, die mir schlagartig den Boden unter den Füßen wegzogen und die sich gleichzeitig wie ein Schwall kalten Wassers in meinem Gesicht anfühlten.

»Was?«, fragte ich ungläubig.

Sybille nahm meine Hände und zog mich mit sich in die kleine Ecke in meiner Buchhandlung, in der drei Tische mit Stühlen standen, an denen meine Kunden und Kundinnen nicht nur in den Büchern lesen konnten, sondern auch einen Tee oder Kaffee und ein leckeres Stück aus der täglich wechselnden Tortenauswahl genießen konnten.

Heute gab es der Jahreszeit entsprechend eine Vanillekipferltorte, einen Weihnachtskuchen mit Marzipan, Zimt und einer Schokoladendecke sowie einen Spekulatiuskuchen im Gugelhupf gebacken.

Da ich die Türen meiner Buchhandlung Erlesen gerade erst geöffnet hatte, waren Sybille und ich noch allein. Das würde allerdings nicht lange so bleiben. Spätestens in einer halben Stunde konnte ich mit dem Meeresruher Rentnertreff rechnen. Die Damen trafen sich einmal die Woche hier, verzehrten Kaffee und Kuchen und ließen sich von mir die Neuerscheinungen präsentieren, um sie im Anschluss daran zu kaufen.

»Sein Großvater gibt die Apotheke an ihn weiter. Per geht in den Ruhestand«, erklärte Sybille und begutachtete die Vitrine mit den drei Torten und Kuchen darin.

»Du meinst die Strandrosen-Apotheke? Die Apotheke, die unmittelbar neben meiner Buchhandlung liegt?«, fragte ich einem Nervenzusammenbruch nahe und setzte mich dabei auf einen der Stühle.

Zwölf Jahre waren mittlerweile vergangen, seit ich Keno das letzte Mal gesehen hatte. Wir hatten hier auf Rügen einen wahnsinnig schönen Sommer zusammen verbracht, bis er nach Bremen zurückgekehrt war und mir per SMS mitteilte, dass die Beziehung beendet war. Das war alles. Keine Erklärung. Kein Bedauern.

Erst viel später hatte ich zufällig ein Gespräch zwischen seiner Mutter und einer ihrer Freundinnen hier im Erlesen gehört. Keno hatte sich mit einer Studienkollegin verlobt und die beiden wollten heiraten.

Seitdem fragte ich mich, ob ich für Keno nur ein Sommerflirt war, während in Bremen seine Freundin auf ihn gewartet hatte. Konnte es denn wirklich sein, dass diese innige Verbindung, die ich damals gefühlt hatte, nichts weiter als bloße Einbildung gewesen war?

Wie oft hatte ich mich mit diesen und ganz ähnlichen Fragen schon auseinandergesetzt, und war doch nie zu einer zufriedenstellenden Antwort gelangt? Würde das jetzt alles wieder beginnen? Würden die Fragen nach dem Warum und Wieso meine ständigen Wegbegleiter? Und warum wollte es mir einfach nicht gelingen, Keno zu vergessen? Schließlich lag das mit uns schon zwölf Jahre zurück. Zwölf Jahre, in denen ich viel zu oft an ihn gedacht hatte, anstatt endlich mein eigenes Leben zu leben und nach vorne in Richtung Zukunft zu blicken.

»Ich weiß, dass die Umstände nicht besonders einfach sind, Annrike.«

Sybille legte einen Arm um meine Schulter und zog mich an sich.

»Aber ich bin mir ganz sicher, dass du das schaffen wirst. Du bist in den letzten zwölf Jahren dermaßen über dich hinausgewachsen, hast deine eigene Buchhandlung eröffnet, eine alte Bädervilla umgebaut, dem ein oder anderen Mann den Kopf verdreht und zwei streunenden Katzen ein glückliches Zuhause geschenkt. Du lässt dich nicht von diesem Idioten aus der Fassung bringen, nur weil er ab sofort jeden Tag neben dir in der Apotheke stehen wird«, redete Sybille mir Mut zu.

»Doch. Genau das werde ich. Wie soll ich denn in meiner Buchhandlung arbeiten, wenn ich weiß, dass Keno gleich nebenan ist und seine Kunden berät? Das ist … unmenschlich. Wieso muss Per nur in Rente gehen?«

»Ach, Annrike, nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird, hat meine Oma immer gesagt. Vielleicht lässt du es erstmal auf dich zukommen. Außerdem sind zwölf Jahre eine verdammt lange Zeit. Wer weiß, was sich in seinem Leben alles verändert hat.«

»Ja, er könnte glücklich verheiratet sein und drei Kinder haben«, entgegnete ich und zeichnete damit mein ganz persönliches Horrorszenario.

Auch wenn ich nicht sicher wusste, ob Keno tatsächlich geheiratet und eine Familie gegründet hatte, hieß das noch lange nicht, dass dem nicht so war. Schließlich hatte ich von seiner Verlobung eher zufällig erfahren. Mir selbst hatte er damals keine Gründe für die Trennung genannt. Und ich war zu stolz und gleichzeitig zu erschüttert gewesen, ihn danach zu fragen.

»Lass dir von Keno nicht die Laune verderben! Schau, am Wochenende beginnt der Meeresruher Strandkorbzauber. Warte, was schreibt unsere Tourismusdame? Einer der Weihnachtsmärkte hier in der Umgebung, der durch seine Lage an der Promenade unmittelbar am Strand eine ganz besondere Atmosphäre zaubert.« Sie legte den Flyer beiseite, den ich auf den Tischen ausgelegt hatte. »Ich kann es kaum erwarten, dich an deiner Strandkorbbude zu besuchen und ein paar Plätzchen zu naschen. Wirst du wieder diese Stoffbeutel mit der Aufschrift Büchertasche verkaufen? Ich wollte mir schon letztes Jahr eine kaufen, habe es allerdings vergessen. Außerdem hätte ich gerne eine von den Buchliebhaber-Tassen. Die brauche ich ganz dringend für meine kleine Tassensammlung. Du weißt, man kann nie genug Tassen haben.«

Sybille lachte.

Dankbar für den Themenwechsel, dachte ich daran, dass ich noch einiges für das kommende Wochenende vorbereiten musste. Die beliebten Taschen und Tassen lagen zwar schon bereit, aber ich musste die Plätzchen und Kuchen backen.

Außerdem wollte ich Blumen, Sterne und Adventskalendertüten aus alten Buchseiten basteln und auf dem Weihnachtsmarkt anbieten. Einige Exemplare waren zwar schon fertig, aber das war noch nicht genug. Blieb nur die Frage, wann ich Zeit dafür finden würde.

»Nein, man kann wirklich nie genug Tassen haben. Da hast du recht. Wie wäre es mit einem Tee und einem Stück von dem Spekulatius-Kuchen?«, fragte ich Sybille.

Diese schaute auf ihre Uhr.

»Bis zu meiner Schicht im Krankenhaus habe ich ein bisschen Zeit. Es spricht also nichts gegen ein zweites Frühstück. Allerdings wäre mir Kaffee lieber, wenn dir das keine Umstände bereitet.«

Kaum dass meine Freundin, die im Sana-Krankenhaus in Bergen als Krankenschwester arbeitete, ihre Wünsche geäußert hatte, stand ich schon hinter der kleinen Theke, an der ich die Getränke zubereitete und den Kuchen aus der Vitrine hob. Im Sommer gab es statt des warmen Tees kalte hausgemachte Limonaden. Da ich allerdings nur wenig Platz für weitere Tische hatte, konnte ich mein Angebot leider nicht erweitern. Und das, obwohl die kleine Café-Ecke von meinem Kunden so gut angenommen wurde.

»Kommt sofort!«

»Frau Kassner, wie gut, dass Sie schon geöffnet haben. Ich bräuchte ganz dringend den neuen Fitzek. Meine Tochter wünscht sich den zu Weihnachten. Vor zwei Wochen ist sie für vier Monate nach Australien geflogen. Es dauert eine halbe Ewigkeit, bis das Paket bei ihr ankommt.«

Frau Lichten war eine Stammkundin. Und natürlich hatte sie mir bereits mehrfach davon erzählt, dass ihre Tochter Sarah die nächsten Monate Down Under verbringen würde. Schon während der Planungsphase hatte sie mir ihr Leid geklagt, dass sie ihre Tochter so kurz nach dem Abitur nur ungern in die große weite Welt entließ, sich aber diesbezüglich den Mund fusselig geredet hatte. Ohne Erfolg. Ihre Tochter war standhaft geblieben und hatte sich ihr Abenteuer nicht ausreden lassen.

Als ich so jung war wie Sarah, wäre ich nie auf die Idee gekommen, alles hinter mir zu lassen und für mehrere Monate ins Ausland zu gehen. Ich war auf meiner Insel verwurzelt und fühlte mich schon auf dem Festland fremd.

»Das Buch steht gleich da drüben«, erklärte ich Frau Lichten, nachdem ich Sybille den Kaffee und den Kuchen gereicht hatte.

»Danke, Annrike. Das nehme ich gleich mit. Kannst du es mir vielleicht in Geschenkpapier einpacken? Dann kann ich das Buch in das Paket legen und gleich verschicken.«

Frau Lichten war die Aufregung anzumerken.

Das erste Weihnachtsfest ohne das einzige Kind stellte ich mir merkwürdig vor. Mal eben nach Australien reisen und dort ein paar Tage verbringen, war nicht so einfach, wie beispielsweise nach München oder Berlin zu fahren. Es war sicher nicht leicht für meine Kundin, das Fest der Liebe ohne ihre Tochter zu feiern.

»Das mache ich sehr gerne«, beeilte ich mich zu sagen, als ich in Frau Lichtens Augen Tränen erblickte.

»Kinder sind ein Segen, obwohl man sich mehrmals am Tag fragt, ob es ihnen gut geht, sobald sie flügge werden. Das sagt einem keiner, wenn man sie als Baby die halbe Nacht durch die Wohnung trägt, weil sie Koliken haben und nicht schlafen können. Da denkt man nach der ersten Nacht, in der man wieder durchschlafen kann, alles würde besser werden. Aber wenn sie dann groß sind, in die Disko gehen und die halbe Nacht wegbleiben, liegt man auch wieder hellwach im Bett und kann nicht schlafen.«

Seufzend bezahlt sie das Buch, während ich ihr das fertige Geschenk präsentierte.

»Du hast wirklich ein Händchen dafür, Annrike. Dieser kleine Fächer und die Trockenblumen sind ein wahrer Hingucker. Ich sollte alle Geschenke von dir einpacken lassen.«

Mit einem Lächeln überreichte ich ihr das verpackte Buch.

»Wenn ich könnte, würde ich meine kreative Ader ein bisschen mehr ausleben und weitere Kreationen in meinem Laden anbieten. Aber das tägliche Geschäft, das Backen der Kuchen und meine Katzen halten mich voll auf Trab.«

Frau Lichten sah mich mitleidig an. Im Gegensatz zu ihr hatte ich weder einen Mann noch ein Kind, um das ich mich kümmern konnte. Meine Katzen, Schnick und Schnuck, zwei europäisch Kurzhaar mit grauem Fell und auffallender Zeichnung, waren die einzigen, die mich brauchten. Und das auch nur, um ihnen das Futter hinzustellen und für frisches Wasser zu sorgen.

Meine Eltern waren beide früh gestorben. Meine Mutter hatte ein Aneurysma, das unentdeckt blieb, und mein Vater kam bei einem Autounfall ums Leben. Man munkelte, er hätte unter Alkoholeinfluss gestanden. Nach dem Tod meiner Mutter begann er zu trinken, sodass ich meine Tage und Nächte bei unserer Nachbarin Elke verbracht hatte.

Elke war zu so etwas wie meine Ersatzmutter geworden. Sie hatte sich rührend um mich gekümmert, mir später in der Pubertät geholfen, über Pickel und den ersten Herzschmerz hinwegzukommen, und mir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Das tat sie bis heute.

»Jetzt muss ich mich leider verabschieden. Manfred bringt den Baum nach Hause. Wir werden ihn dann schmücken und Sarah ein Bild nach Australien schicken. Ich hoffe nur, dass sie sich dort unten wohlfühlt.«

Wieder schwammen ihre Augen in Tränen.

»Sie verbringt sicher eine wundervolle Zeit dort«, versicherte ich Frau Lichten, ohne Land und Leute näher zu kennen.

Allerdings erschien es mir wichtig, ihr die Sorgen ein wenig zu nehmen.

»Lässt du das Buch los! Aber sofort«, hörte ich in diesem Moment Sybille rufen.

Frau Lichten war gerade zur Tür hinaus, als ich Rudolph dabei ertappte, wie er mal wieder eines meiner Bücher anknabberte. Seinen Namen hatte das Schaf erhalten, nachdem Kinder sich einen Scherz erlaubt, und ihm ein unechtes Rentiergeweih aufgesetzt hatten.

Sybille versuchte Rudolph das Taschenbuch aus dem Maul zu ziehen, während dieser mit seinem ganzen Gewicht dagegenhielt. Das Bild war so komisch, dass ich beinahe zu lachen begonnen hätte. Was natürlich Sybille gegenüber nicht besonders nett gewesen wäre. Also verkniff ich es mir und eilte ihr zur Hilfe.

Mit vereinten Kräften schoben wir das Tier aus dem Laden und sprachen Drohungen gegen ihn aus, die ihn nicht weiter beeindruckten. Aber er würde schon sehen, was er davon hatte, wenn er im Winter ohne wärmendes Fell dastand.

Natürlich wäre ich nie auf die Idee gekommen, meine Fantasie in die Tat umzusetzen. Schließlich hatte ich ein Herz für Tiere. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich noch mindestens einen Hund und zwei Goldhamster. Aber das Leben war kein Wunschkonzert. Das hatte ich schon des Öfteren schmerzhaft erfahren müssen.

Während Rudolph wie gewöhnlich gemächlich dahin trottete, um hier an der Promenade herumzustreunen, statt wie die anderen Schafe auf der Weide zu grasen, verabschiedete sich Sybille und ich blieb allein vor der Tür der Buchhandlung zurück. Als ich gerade wieder hinein wollte, sah ich, wie sich die Tür nebenan in der Strandrosen-Apotheke öffnete und mich zwei wohlbekannte leuchtend blaue Augen musterten.

Kaum dass ich die Kraft dazu fand, eilte ich mit wild schlagendem Herzen zurück in meinen Laden und versteckte mich hinter der Theke meines kleinen Buchcafés.

Keno so unvermittelt nach all den Jahren wiederzusehen, war mehr, als ich auf nüchternen Magen vertragen konnte. Also nahm ich mir auf den Schreck ein Stück Kuchen und ließ mich auf den Boden sinken.

Kapitel 2

 

 

Nachdem der Meeresruher Rentnertreff gegangen war, kam ein hochgewachsener dunkelhaariger Mann mit auffallend wachsamen Augen in meine Buchhandlung. Er wirkte wortkarg und sah ein wenig verhärmt aus. Als ich ihn fragte, ob er ein Weihnachtsgeschenk für seine Liebsten suchte, verneinte er dies mit einem schottisch klingenden Akzent, nahm sich dann das erstbeste Buch aus dem Regal, ging zur Kasse, zahlte und verließ, ohne ein weiteres Wort, den Laden. Merkwürdiger Typ! Gregory Fraser hatte auf seiner Kreditkarte gestanden. Sicher ein Tourist. Allerdings verirrten die sich für gewöhnlich nur im Sommer zu uns nach Meeresruh. Äußerst seltsam!

Der Rest des Vormittags hingegen verlief so ruhig, dass ich noch ein paar Adventskalender-Tüten basteln konnte, die ich am Wochenende auf dem Markt verkaufen wollte.

Die meisten Weihnachtsgeschenke waren von meinen Kunden und Kundinnen bestellt oder bereits gekauft worden. Dennoch gab es sicher wieder Leute, die am Morgen des vierundzwanzigsten Dezembers in meine Buchhandlung stürmten und sich nach einem Geschenk für Neffe, Cousine, Tante, Onkel, Großtante, Mutter oder Vater umsahen. Alles schon gehabt und in beliebiger Reihenfolge erweiterbar.

Aber egal, ob von langer Hand geplant oder kurzentschlossen, mir waren all meine Kunden herzlich willkommen. Und das sagte ich nicht nur, weil sie dafür sorgten, dass ich meinen Lebensunterhalt bestreiten und für meine beiden Katzen, Schnick und Schnuck, Futter kaufen konnte. Nein, für mich war ein Traum wahr geworden, als Elke mir von dem leerstehenden Laden erzählt und mich ermutigt hatte, dort eine eigene Buchhandlung zu eröffnen. Sie hatte mich allerdings nicht nur ermutigt, sondern mir auch das Geld für die Kaution und die Einrichtung sowie die erste Ware vorgestreckt. Etwas, was ich ihr nie vergessen würde.

Das Glöckchen über der Tür läutete und riss mich aus meinen Gedanken.

»Elke? Was für ein Zufall! Ich musste gerade an dich denken.«

Elke schüttelte ihre braunen Locken, auf denen einzelne Schneekristalle glitzerten. Offenbar hatte es zu schneien begonnen.

»Hallo, Annrike, mein Kind. Wie geht’s dir? Ich habe dich seit letztem Wochenende auf dem Strandkorbzauber nicht mehr gesehen und dachte mir, ich komme mal vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.«

Die Art und Weise, wie Elke das sagte, ließ mich vermuten, dass sie noch mindestens einen weiteren Grund hatte, um bei mir nach dem Rechten zu schauen.

»Du hast gehört, dass er zurück ist, stimmt’s?«, fragte ich sie unumwunden.

Sie nickte seufzend.

»Wie geht es dir damit, dass Keno nun dein unmittelbarer Nachbar ist?«, fragte sie mich vorsichtig, während sie ihren braunen Lodenmantel auszog und die Stiefel auf dem Fußabtreter abstreifte.

Ich zuckte mit den Achseln.

»Wie soll es mir schon gehen?«

»Ach, Annrike, das tut mir so leid. Ich habe erst heute davon erfahren. Ist er denn schon hier?«

Sie deutete in Richtung der Strandrosen-Apotheke.

»Ich habe ihn sogar schon gesehen«, erklärte ich bereitwilliger, als ich mich fühlte.

---ENDE DER LESEPROBE---