Western Legenden 68: Rendezvous am Green River - Alfred Wallon - E-Book

Western Legenden 68: Rendezvous am Green River E-Book

Alfred Wallon

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Beschreibung

Es sind mutige und entschlossene Männer, die der Zivilisation den Rücken kehren und in den unerforschten Westen aufbrechen. Sie sind die Ersten, die in ein Land eindringen, das andere Weiße noch nie zuvor gesehen haben. Trapper und Fallensteller ebnen der Zivilisation den Weg. Sie wollen um jeden Preis reich werden.

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In dieser Reihe bisher erschienen

9001  Werner J. Egli Delgado, der Apache9002  Alfred Wallon Keine Chance für Chato9003  Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen9004  Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen9005  Dietmar Kuegler Tombstone9006  Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang9007  Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod9008  Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin9009  Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana9010  Thomas Ostwald Blutiges Kansas9011  R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs9012  Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk9013  Andreas Zwengel Die spanische Expedition9014  Andreas Zwengel Pakt der Rivalen9015  Andreas Zwengel Schlechte Verlierer9016  R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen9017  Dietmar Kuegler Der letzte Rebell9018  R. S. Stone Walkers Rückkehr9019  Leslie West Das Königreich im Michigansee9020  R. S. Stone Die Hand am Colt9021  Dietmar Kuegler San Pedro River9022  Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen9023  Dietmar Kuegler Alamo - Der Kampf um Texas9024  Alfred Wallon Das Goliad-Massaker9025  R. S. Stone Blutiger Winter9026  R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge9027  Alex Mann Dreitausend Rinder9028  R. S. Stone Schwarzes Gold9029  R. S. Stone Schmutziger Job9030  Peter Dubina Bronco Canyon9031  Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt9032  Alex Mann Die verlorene Patrouille9033  Anton Serkalow Blaine Williams - Das Gesetz der Rache9034  Alfred Wallon Kampf am Schienenstrang9035  Alex Mann Mexico Marshal9036  Alex Mann Der Rodeochampion9037  R. S. Stone Vierzig Tage9038  Alex Mann Die gejagten Zwei9039  Peter Dubina Teufel der weißen Berge9040  Peter Dubina Brennende Lager9041  Peter Dubina Kampf bis zur letzten Patrone9042  Dietmar Kuegler Der Scout und der General9043  Alfred Wallon Der El-Paso-Salzkrieg9044  Dietmar Kuegler Ein freier Mann9045  Alex Mann Ein aufrechter Mann9046  Peter Dubina Gefährliche Fracht9047  Alex Mann Kalte Fährten9048  Leslie West Ein Eden für Männer9049  Alfred Wallon Tod in Montana9050  Alfred Wallon Das Ende der Fährte9051  Dietmar Kuegler Der sprechende Draht9052  U. H. Wilken Blutige Rache9053  Alex Mann Die fünfte Kugel9054  Peter Dubina Racheschwur9055  Craig Dawson Dunlay, der Menschenjäger9056  U. H. Wilken Bete, Amigo!9057  Alfred Wallon Missouri-Rebellen9058  Alfred Wallon Terror der Gesetzlosen9059  Dietmar Kuegler Kiowa Canyon9060  Alfred Wallon Der lange Weg nach Texas9061  Alfred Wallon Gesetz der Gewalt9062  U. H. Wilken Dein Tod ist mein Leben9063  G. Michael Hopf Der letzte Ritt9064  Alfred Wallon Der letzte Mountain-Man9065  G. Michael Hopf Die Verlorenen9066  U. H. Wilken Nächte des Grauens9067  Dietmar Kuegler Die graue Schwadron9068  Alfred Wallon Rendezvous am Green River9069  Marco Theiss Die Mathematik des Bleis9070  Ben Bridges Höllenjob in Mexiko9071  U. H. Wilken Die grausamen Sieben

Rendezvous am Green River

Rio Concho No. 04

Western Legenden

Buch 68

Alfred Wallon

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

In unserem Shop ist dieser Roman auch als E-Book lieferbar.

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Copyright © 2024 BLITZ-Verlag  

Hurster Straße 2a,  51570 Windeck

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Logo: Mario Heyer

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-7579-7349-0

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Inhalt

Rendezvous am Green River

Rendezvous am Green River

Eine böse Überraschung

Dem Tod entronnen

Die Zusammenkunft der Trapper

Der Zweikampf

Im Lager der Absaroka

Der leise Tod

Entscheidung im Bibertal

Die Heiligen Berge

Aus dem Tagebuch von Ezekiel Calhoun: März 1864

Aus dem Tagebuch von Ezekiel Calhoun: März 1864, die Nacht nach der Jagd

Aus dem Tagebuch von Ezekiel Calhoun: März 1864, am Abend nach der Beratung

Aus dem Tagebuch von Ezekiel Calhoun: März 1864, am Abend der Rückkehr

Vergangenheit: 1826, in der Nähe des Yellowstone River

Anmerkungen

Rendezvous am Green River

Rendezvous am Green River

Geduckt schlichen sich die beiden Männer durch das dichte Unterholz des Waldes. Bis sie schließlich in die Nähe der Lichtung kamen, wo auf der anderen Seite eine Herde Pronghornantilopen friedlich graste und noch nichts von der Gefahr witterte.

Lautlos kamen sie immer näher, bis der Erste der beiden Männer, ein alter Mann mit eisgrauem Bart und unzähligen Falten im Gesicht, mit einer kurzen Geste seinem jüngeren Begleiter unmissverständlich andeutete, stehen zu bleiben.

Wind kam von den Rockies herüber, so dass die Antilopen nicht den Geruch der Jäger wittern konnten, die sich mittlerweile auf Schussweite genähert hatten. Die Herde graste weiter und ahnte nichts davon, dass die friedliche Stille dieses sommerlichen Nachmittags schon sehr bald zerstört werden würde.

Der alte Mann deutete dem jüngeren blonden Burschen an, sein Gewehr bereit zu halten, während er selbst einen letzten Blick hinüber zu den Tieren warf. Ein wissendes Lächeln schlich sich in seine wettergegerbten Züge, als er den Jungen jetzt beobachtete. Andy war förmlich vom Jagdfieber gepackt und schien es kaum abwarten zu können. Aber noch war der richtige Augenblick nicht gekommen, und Geduld war gefragt.

Der Mann mit dem eisgrauen Bart war Ezekiel Calhoun, und er lebte seit dem letzten Sommer hier oben in den Bergen. Inmitten der Einsamkeit einer großartigen Landschaft, die noch fast unberührt von der Zivilisation war, auch wenn langsam aber sicher alles darauf hindeutete, dass die Expansion seiner eigenen Rasse auch irgendwann vor diesem Tal nicht mehr Halt machen würde.

Die ersten Anzeichen hatte er bemerkt, als kurz nach seiner Ankunft ein Trupp Landvermesser unten in der weiten Ebene aufgetaucht war, die den Auftrag gehabt hatten, Pläne für den Bau einer Eisenbahnlinie zu erstellen. Andy Newman, der junge Mann an Ezekiels Seite, war einer dieser Landvermesser gewesen.

Aber das schien unendlich lange weit zurückzuliegen, denn seit sich Andy von den Landvermessern getrennt hatte, um hierzubleiben und mit den Bewohnern dieser Region, den Lakota-Indianern, friedlich zusammenzuleben, war der blonde ehemalige Vermessungsingenieur kaum wiederzuerkennen. Aus dem unerfahrenen jungen Mann aus der Stadt war ein kräftiger Mann geworden, der schnell lernte und verstand, wie wichtig es war, dieses Land vor den Auswucherungen der Zivilisation zu schützen.

Seit dieser Zeit war er Ezekiels Freund und Weggefährte, und seine erste Feuertaufe hatte Andy bereits hinter sich. Das war auch im letzten Sommer gewesen, als ein Trupp hinterhältiger Revolvermänner versucht hatte, einen heiligen Begräbnisort der Lakota zu plündern.

Ezekiel konzentrierte sich jetzt wieder auf die eigentliche Jagd, bevor seine Gedanken noch weiter in die Vergangenheit abglitten. Er spähte durch die Zweige hindurch, beobachtete die Antilopenherde einige Minuten lang, bevor er dann sicher war, dass nun der richtige Augenblick gekommen war.

Die ganze Zeit über hatten sich die beiden Männer nur mit Zeichen verständigt, denn ein einziger verräterischer Laut war aus dieser Entfernung sicher ausreichend, um die ganze Antilopenherde in die Flucht zu jagen. Und das war das Letzte, was Ezekiel und Andy beabsichtigten. Denn sie wollten zwei Tiere schießen, damit Andy genügend Fleisch für sich und seine Familie hatte. Morning Sky, die junge Lakota-Squaw, hatte im letzten Monat einen Sohn geboren, und der frischgebackene Vater hatte jetzt eine große Verantwortung für seine Familie zu tragen.

Andy und Morning Sky hatten den Jungen Wind Rider genannt, weil bei der Geburt des Jungen von Norden her heftiger Wind aufgekommen und dies ein gutes Zeichen gewesen war. Dies hatte jedenfalls Buffalo Dancer, der alte Medizinmann der Lakota, behauptet, und der musste es wissen. Der kleine Wind Rider war ein deutlicher Beweis für das friedliche Zusammenleben zweier so unterschiedlicher Rassen.

Andy hatte sein Gewehr fest am Lauf gepackt und kam nun zu Ezekiel, beobachtete ebenfalls die grasende Antilopenherde. Er sah nur noch einmal kurz zu dem alten Trapper, bevor er dann langsam das Gewehr hochhob und das Ziel anvisierte, einen kräftigen Bock ganz rechts von der Herde. Ezekiel tat es ihm gleich und nahm ebenfalls eine Antilope ins Visier.

Sekundenbruchteile später zerrissen zwei Schüsse die Stille auf der sonnenüberfluteten Lichtung. Die beiden Antilopen brachen getroffen zusammen, während der Rest der Herde im nächsten Augenblick die Flucht ergriff und Sekunden später bereits im Unterholz auf der anderen Seite der Lichtung verschwunden war.

»Getroffen!«, jubelte Andy und riss triumphierend sein Gewehr hoch. »Schon beim ersten Schuss! Was sagst du dazu, Ezekiel?«

»Was willst du denn hören?«, brummte der alte Mountain-Man und ließ den Lauf seines Gewehres nun ebenfalls sinken. »Dass du ein begnadeter Schütze vor dem Herrn bist? Denk viel lieber daran, dass Morning Sky nun erst mal genügend Fleisch für die nächsten Tage hat, das ist viel gescheiter. Schließlich musst du jetzt dafür sorgen, dass deine Familie nicht verhungert.«

»Du bist doch nur neidisch«, hielt ihm Andy mit vorwurfsvoller Stimme entgegen, bereute aber schon einen Atemzug später, was er jetzt gesagt hatte. Denn als er Ezekiel anschaute, glaubte er, eine Spur Bitterkeit in den Zügen des alten Mannes erkannt zu haben.

»Woher willst du Grünschnabel denn das so genau wissen?«, erwiderte der alte Trapper kurz darauf. »Bestimmt habe ich auch einige Kinder, nur weiß ich nichts von ihnen. Oder glaubst du, ich hätte all die Jahre als Mönch gelebt?«

»Äh, natürlich nicht«, stotterte Andy und bemühte sich, lieber rasch das Thema zu wechseln. »Komm, lass uns nach unserer Beute sehen. Je früher wir wieder zurück im Lager sind, umso rascher gibt es auch was zu essen. Heute Abend brutzeln frische Antilopensteaks über dem Feuer, Ezekiel!«

Andy war nun als Erster auf der Lichtung, überquerte mit schnellen Schritten die Wiese, bis er schließlich den Bock erreichte, den er niedergestreckt hatte.

»Ein sauberer Schuss, mein Junge«, lobte ihn Ezekiel, während er kurz einen Blick auf das getötete Tier warf. »Du kannst den Bock gleich ausnehmen. Ich kümmere mich ebenfalls um meine Beute.«

Andy nickte, und dann machten sich die beiden Männer auch schon an die Arbeit. Ezekiel hatte Andy beigebracht, worauf es ankam. Deshalb wusste dieser, was er nun zu tun hatte. Mit seinem scharfen Jagdmesser brach er den Antilopenbock auf, holte die noch dampfenden Eingeweide heraus. Als er das zum ersten Mal getan hatte, hatte er noch ziemliche Mühe gehabt, sich nicht davor zu ekeln. Jetzt aber war das ganz selbstverständlich. Das war eben ein Teil des Handwerks eines Jägers.

Andy lud sich kurz darauf den Bock über die Schultern und sah hinüber zu Ezekiel. Auch der alte Mountain-Man hatte seine Arbeit erledigt und trug ebenfalls seine Beute auf den Schultern. Trotz seines hohen Alters war Ezekiel noch kräftig genug dafür.

Die beiden Männer brachten ihre Jagdbeute hinüber zu den Pferden, die sie ein Stück entfernt zurückgelassen hatten. Mit Andys Hilfe wuchtete Ezekiel die Antilope über den Sattel und saß dann auf.

»Wie lange wird es eigentlich dauern, bis alle Stämme unten in der Ebene versammelt sind, Ezekiel?«, wollte Andy nun von ihm wissen. »Das Fest des Sonnentanzes soll doch schon morgen beginnen, wie ich von Hunts-the-Bear gehört habe.«

»Nicht bevor alle anderen Stämme eingetroffen sind«, winkte Ezekiel ab. »Vergiss nicht, dass es eine heilige Zeremonie ist. Alle roten Völker kommen deswegen hierher. Es ist der Höhepunkt in diesem Jahr, und deswegen wird es erst beginnen, wenn auch der am weitesten entfernte Stamm angekommen ist, Andy.«

»Hunts-the-Bear hat mir schon viel darüber erzählt«, fuhr Andy fort. »Aber ich möchte es mit eigenen Augen erleben. Es klingt einfach unglaublich, dass sich die jungen Krieger solchen Schmerzen aussetzen wollen.«

»Du siehst das natürlich noch mit den Augen eines Weißen«, belehrte ihn der alte Mountain-Man. »Natürlich sind es große Schmerzen, die die Krieger aushalten müssen. Aber sie tun es gerne und freiwillig, denn wenn sie das durchhalten, dann haben sie die höchste Ehre erfahren, die ein Krieger erhalten kann. Und du weißt ja, wie wichtig das Gesetz der Ehre und des Mutes ist, oder?«

»Mittlerweile ja«, stimmte ihm Andy zu. »Es fällt mir aber immer noch schwer, all meine bisherigen Vorstellungen und Überzeugungen zu vergessen, Ezekiel.«

»Vergessen musst du sie ja nicht ganz«, meinte Ezekiel daraufhin. »Wichtig ist, die Dinge mit beiden Augen zu sehen. Aber du bist ja noch ein junger Fuchs und hast noch viel Zeit, um das alles zu lernen. Und jetzt komm endlich, sonst bekomme ich noch Ärger mit deiner hübschen Frau, Andy. Denn sie hat nicht gerade freundlich dreingeblickt, als wir beide losgezogen sind. Ob das daran lag, dass du noch so verschlafen ausgesehen hast, als du aus dem Tipi kamst?«

Er lachte bei den letzten Worten laut auf, weil er genau wusste, wie sehr Andy seine Morning Sky liebte. Die beiden waren praktisch unzertrennlich, und jetzt erst recht, seit die Familie nun endlich komplett war.

Die beiden Männer trieben ihre Pferde an und ritten wieder den Weg zurück, den sie gekommen waren. Jenseits des Horizontes, auf der anderen Seite des Tals, befand sich das Lager der Lakota, und das war jetzt das Ziel der beiden Männer.

* * *

Es war ein herrlicher Nachmittag. Morning Sky sang gedankenverloren ein Lied vor sich hin, während sie die Sträucher unweit der hohen Douglasfichten nach Beeren absuchte und wenige Augenblicke später auch fündig wurde. Die junge Lakota wusste, dass Andy und Ezekiel schon bald von der Jagd zurückkehren würden, und wollte deshalb noch Beeren pflücken, um das Festmahl heute Abend noch schöner zu machen.

Ihren Sohn Wind Rider hatte sie nur wenige Schritte entfernt auf einer weichen Stelle im Gras zurückgelassen. Der Junge schlief und merkte deshalb gar nichts davon, dass seine Mutter nicht bei ihm war. So konnte sich Morning Sky ganz auf das Beerenpflücken konzentrieren.

Die junge Lakota freute sich schon auf das bevorstehende Treffen aller Stämme, das seinen beeindruckenden Höhepunkt im Sonnentanz der jungen Krieger hatte.

Für Morning Sky war das eine willkommene Gelegenheit, Freunde und Verwandte wiederzutreffen, die ihren Stamm schon vor Jahren verlassen hatten. Sicher würde es viel zu erzählen geben.

An all das dachte Morning Sky, während sie die frisch gepflückten Beeren in einem kleinen Beutel aus Antilopenhaut verstaute und immer wieder hinüber zu dem kleinen Wind Rider schaute, der ihr ganzer Stolz war. Der letzte Sommer war ein entscheidender Wendepunkt in ihrem Leben gewesen. Als nämlich der Weiße Andy Newman in ihr Leben getreten war. Morning Sky hatte schon vom ersten Augenblick an gespürt, dass Andy und sie füreinander bestimmt gewesen waren.

Zu Beginn hatte es noch einige Probleme mit der Sprache gegeben, aber Andy hatte schnell die Gesten und Zeichen begriffen, mit denen Morning Sky sich mit ihm verständigt hatte. Heute beherrschte Andy sogar etliche Worte des Lakota-Dialektes, und die anderen Krieger im Stamm akzeptierten ihn bereits als einen Freund. Genauso wie den alten Mann, mit dem Andy zu Beginn in der Hütte im Tal auf der anderen Seite der Hügel gelebt hatte. Nun aber hatte er eine Familie, der er seine ganze Liebe schenken konnte, und Morning Sky erinnerte sich noch gut an den Tag, als sie Andy gesagt hatte, dass sie ein Kind erwartete. Stolz war er gewesen und hatte seine Freude offen gezeigt. Und nun waren sie zu dritt.

Morning Skys Gedanken brachen ganz plötzlich ab, als das stetige Gezwitscher der Vögel hoch oben in den Baumkronen der Douglasfichten auf einmal verstummte. Sie sah nach oben und bemerkte, wie ein ganzer Vogelschwarm aus den Wipfeln aufstob und nach Süden davonflog. Dann machte sich auf einmal eine eigenartige Stille breit, die Morning Sky misstrauisch werden ließ.

Sofort hielt sie in ihrer Arbeit inne und ließ ihre Blicke in die Runde schweifen. Sie hatte früh gelernt, was die Zeichen der Natur bedeuteten, und kehrte deshalb jetzt rasch zurück zu ihrem Sohn und wollte sich gerade bücken, um ihn hochzuheben, als ein lautes Knacken in den Büschen sie herumfahren ließ.

Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen, als sie die gewaltige zottige Gestalt eines Bären erkannte, der sich seinen Weg durch die Büsche gebahnt hatte und nun im ersten Augenblick genauso überrascht war wie die junge Lakota. Dann aber entrang sich der zähnefletschenden Kehle des Schwarzbären ein drohendes Grollen, das in einem markerschütternden Brüllen gipfelte. Gleichzeitig richtete sich der Bär zu einer riesigen Gestalt auf und drohte mit seinen tödlichen Pranken. Er war bereit zum Angriff und entschlossen, sein Territorium gegen jeden Eindringling zu verteidigen.

Morning Sky war stumm vor Angst und Entsetzen. Der laute Schrei war irgendwo in ihrer Kehle stecken geblieben, denn trotz der Furcht, die sie nun ergriffen hatte, wusste sie auch, dass es jetzt sicher ganz falsch war, den Bären noch mehr zu reizen.

Ein Gedanke jagte den anderen, während sie im Gras still und stumm verharrte und die zottige Bestie immer näherkam. Ihre Sorge galt ihrem Kind, das immer noch tief und fest schlief und nichts davon ahnte, dass der Tod auf gewaltigen Pranken näherkam und Mutter und Kind bedrohte.

Andy!, schrie eine verzweifelte Stimme lautlos in ihr. Aber Andy war mit Ezekiel auf der Jagd und würde jetzt nicht kommen. Niemand anderes würde ihr nun beistehen, denn das Lager des Stammes war ebenfalls zu weit weg. Niemand würde sehen können, in welch großer Gefahr Morning Sky jetzt schwebte. Eine tödliche Gefahr!

* * *

Sie erreichten die Hügelkuppe eine knappe halbe Stunde später, von der sie einen guten Überblick über das gesamte, sich vor ihren Augen erstreckende Tal hatten. Direkt am Fuße des Hügels erstreckten sich die Tipis des Lakota-Stammes, und es wurden von Stunde zu Stunde immer mehr. Es näherten sich mehr als zehn Reiter von Süden her, und die Ankömmlinge wurden jetzt vom Kriegerbund der Lakota aufs Herzlichste begrüßt. Ezekiel und Andy sahen das von hier oben aus und wussten, dass diese Reiter die Vorboten des Sans-Arc-Volkes waren, auf die man schon seit mehreren Tagen wartete. Jetzt fehlten noch die Hunkpapa und die Minneconjou, und dann würden die Zeremonien des Sonnentanzes endlich beginnen können.

Der alte Mountain-Man und der ehemalige Vermessungsingenieur trieben jetzt ihre Tiere wieder an und dirigierten sie hinunter in die Senke. Als Weiße erkannte man sie nun wirklich nur noch an ihrer Hautfarbe, denn sie trugen schon längst die Kleidung des Volkes der Lakota.

Ezekiel und Andy gehörten zum Stamm, auch wenn es in den letzten Tagen einige erstaunte Blicke unter den Kriegern der hinzugekommenen Stämme gegeben hatte. Aber Buffalo Dancer hatte dieses Misstrauen sehr rasch mit wenigen aufklärenden Worten zerstreut.

Ezekiel und Andy passierten den Waldrand auf ihrem Weg hinunter ins Tal, als der Blick des jungen Mannes mehr aus einer Laune heraus zufällig hinüber zu der Wiese schweifte. Was er dann sah, ließ ihn zusammenzucken und das Pferd heftig am Zügel reißen. Das kam so plötzlich, dass Ezekiels Pferd beinahe in Andys Tier hineingerannt wäre.

Während der alte Mountain-Man einen derben Fluch ausstieß, hatte Andy bereits sein Gewehr aus der Halterung am Sattelhorn gerissen.

»Ezekiel!«, rief Andy und zeigte mit der anderen Hand hinüber zur Wiese. »Sieh doch!«

Noch während ihm die letzten Worte über die Lippen kamen, hatte er auch schon sein Pferd wieder angetrieben und ritt nun zu der Stelle, wo sich Morning Sky in Lebensgefahr befand. Denn er hatte natürlich sofort erkannt, dass das Schicksal seiner geliebten Frau auf des Messers Schneide stand.

»Noch nicht schießen, Andy!«, rief ihm Ezekiel hinterher, nachdem er ebenfalls in Sekundenschnelle erkannt hatte, in welch bedrohlicher Situation sich Morning Sky jetzt befand. Und nicht nur sie, sondern auch der kleine Wind Rider!

»Morning Sky!«, rief Andy voller Sorge und trieb sein Pferd noch schneller an. Im selben Atemzug riss er das Gewehr hoch und gab einen Schuss auf den hoch aufgerichteten Bären ab. Natürlich war die Kugel viel zu hastig abgefeuert und traf ihr Ziel nicht. Damit erreichte Andy aber genau das, was der erfahrene Ezekiel eigentlich hatte verhindern wollen. Denn der grollende Schwarzbär wurde jetzt noch wütender und schlug mit den messerscharfen Pranken noch mehr um sich, kam immer näher zu Morning Sky.

Auch wenn Ezekiel wusste, dass ihm nur noch wenige Sekunden blieben, so handelte er dennoch ruhig und besonnen. Er zügelte sein Pferd hart an den Zügeln, nahm dann seine Hawken-Rifle und visierte den Bären kurz an. Seine Hand war ganz ruhig, als er dann abdrückte und ein zweiter Schuss das Brüllen des Bären übertönte. Und Ezekiels Kugel saß genau im Ziel! Der Bär brüllte grauenhaft auf und begann zu wanken.

Erst jetzt legte sich das lähmende Entsetzen, das von Morning Sky in den letzten entscheidenden Sekunden Besitz ergriffen hatte. Sie begriff sofort, dass sie jetzt handeln musste. In Windeseile riss sie Wind Rider hoch und hastete aus der unmittelbaren Gefahrenzone. Der kleine Junge wurde durch diesen heftigen Ruck aus dem Schlaf gerissen und begann nun heftig zu weinen, als das Gebrüll des getroffenen Bären zu hören war.

Inzwischen hatte auch Andy sein Gewehr wieder nachgeladen und gab einen zweiten Schuss auf den Bären ab, mit dem er jetzt mehr Glück hatte. Seine Kugel traf den Bären in die Seite, brachte ihn erneut ins Wanken. Das tödlich verwundete Tier wandte sich nun den beiden neuen Gegnern zu.

Ezekiel war mit einer Geschmeidigkeit vom Pferd geglitten, die sein hohes Alter Lügen strafte, und hatte ebenfalls seine Hawken-Rifle mit geübten Handgriffen nachgeladen. Während der Bär nun auf ihn und Andy zu taumelte und ihre beiden Pferde voller Panik bereits das Weite suchten, zielte der alte Mountain-Man auf den Kopf der Bestie und drückte dann ab.

Erneut sang die Hawken-Rifle, die Ezekiel schon viele Jahre treue Dienste geleistet hatte, ihr tödliches Lied, und diesmal traf die großkalibrige Kugel den Bären mitten ins Leben und fällte ihn wie einen Baum. Der zottige Schwarzbär schlug noch einmal kurz mit den Pranken um sich, bevor er dann alle viere von sich streckte und sich schon wenige Augenblicke später überhaupt nicht mehr rührte.

»Morning Sky!«, rief Andy und ließ sein Gewehr fallen. Er lief auf seine Frau zu, nahm sie und den weinenden Wind Rider in seine Arme und versuchte, sie zu trösten, so gut er nur konnte. Tränen der Erleichterung zeichneten sich in Morning Skys Augen ab, als sie seine Nähe spürte, und sie atmete auf.

»Es ist alles gut«, murmelte Andy, weil er sich genau vorstellen konnte, welche Ängste die junge Lakota hatte durchstehen müssen. »Der Bär ist tot, er wird dir nichts mehr tun können.«

Erst als er ganz sicher war, dass er Morning Sky und das Baby sich selbst überlassen konnte, löste er sich aus ihren Armen und wandte sich wieder Ezekiel zu, der mittlerweile vor dem getöteten Bären stand und ihn mit dem Lauf seines Gewehrs kurz anstieß.

»Ein mächtiger Brocken«, meinte er dann zu Andy. »Das Fell wird dich und Morning Sky im kalten Winter gut wärmen. Verlass dich drauf.«

Daraufhin schüttelte Andy entschieden den Kopf.

»Nein, Ezekiel«, sagte er heftig. »Wenn du nicht gewesen wärst, dann hätte der Bär Morning Sky längst getötet. Warum zum Teufel habe ich nicht schon beim ersten Schuss besser gezielt? Wenn du nicht so viel Glück gehabt hättest, dann ...«

»Vergiss es«, winkte Ezekiel bescheiden ab. »Ich bin eben trotz meiner Jahre immer noch ein ganz passabler Schütze. Wir beide haben den Burschen niedergestreckt. Du hast ihn ja auch einmal erwischt, nicht wahr?«

»Aber deine Kugel hat ihn getötet«, beharrte Andy auf seiner Meinung. »Und deshalb gehört das Fell dir. Einverstanden?«

»Mit jungen Hüpfern soll man sich erst gar nicht auf einen Streit einlassen«, brummte der alte Trapper und nickte schließlich. »Geh lieber wieder zu Morning Sky und kümmere dich um sie und das Baby. Bring sie zurück ins Tipi und schick mir dann jemanden hoch, der mir beim Abhäuten hilft. Allein schaffe ich das nicht. Und jetzt geh endlich los. Ich fange in der Zwischenzeit unsere beiden Pferde wieder ein. Zu Fuß und ohne Jagdbeute möchte ich nämlich nicht zurückkommen, mein Junge!«

Jedoch brauchte sich Ezekiel darüber nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. Denn die Gewehrschüsse waren natürlich schon im Lager der Lakota bemerkt worden. Vier Krieger, unter ihnen der junge Hunts-the-Bear, kamen nun herbei geritten und sahen mit eigenen Augen, welch dramatische Situation sich vor wenigen Minuten hier abgespielt haben musste. Sie warfen Ezekiel und auch Andy bewundernde Blicke zu, als sie den gewaltigen toten Bären sahen.

»Ich glaube, ihr werdet uns heute Abend eine gute Geschichte erzählen, Ezekiel«, sagte Hunts-the-Bear zu dem Mountain-Man. »Ich bin sicher, die anderen Krieger unseres Volkes werden es auch wissen wollen.«

Und so wurde es schließlich ein Ritt zurück ins Lager, wie es sich Ezekiel Calhoun eigentlich gewünscht hatte. Er und Andy waren nämlich nicht nur mit zwei erlegten Pronghornantilopen zurückgekommen, sondern sie hatten auch noch einen mächtigen Bären erlegt. Nichts galt in den Augen aller Krieger mehr, als furchtlos gegen eine solch riesige Bestie zu kämpfen, die Leib und Leben von Schwächeren bedroht hatte!

* * *

Hoch loderten die zahlreichen Feuer in der weiten Ebene empor. Der Duft von gebratenem Fleisch hing über dem Lager, und zahlreiche Stimmen erfüllten die Luft. Es war der Vorabend der Zeremonie des Sonnentanzes, denn kurz vor Einbruch der Dämmerung war ebenfalls eine Delegation der Minneconjou und der Hunkpapa eingetroffen. Sie waren die Vorboten gewesen und hatten den hier bereits versammelten Häuptlingen berichtet, dass Red Cloud und Gall mit ihrem Volk am Morgen des nächsten Tages hier eintreffen würden.

Somit stand jetzt fest, dass die Zeremonien schon sehr bald beginnen würden, und deshalb wurden alle hier versammelten Menschen von einer unbeschreiblichen Euphorie erfasst, die selbst bei Ezekiel Calhoun und Andy Newman keine Ausnahme machte.

Für Ezekiel war die heilige Zeremonie der Präriestämme nichts Neues, aber Andy fieberte ihr förmlich entgegen und hatte dem alten Mountain-Man schon unzählige Fragen darüber gestellt, während die beiden am flackernden Feuer vor Andys Tipi saßen und die gerösteten Antilopenstücke genossen, die Morning Sky zubereitet hatte.

»Das klingt ja schon fast so, als wolltest du selbst daran teilnehmen, Andy«, meinte Ezekiel und wischte sich die fettigen Finger an seinen Leggins ab, bevor er einen Schluck frisches Quellwasser nahm, das Morning Sky kurz vor Einbruch der Dunkelheit aus dem nahen Fluss geholt hatte.

»Wer weiß?«, entgegnete Andy mit einer vielsagenden Geste. »Wenn das die Voraussetzung dafür ist, dass ich ein vollwertiges Mitglied des Stammes werden kann, dann will ich das gerne durchstehen und ...«

»Junge, du weißt nicht, was du da redest!«, unterbrach ihn der alte Mountain-Man mit etwas heftigeren Worten, als er das zunächst beabsichtigt hatte. »Das sind unbeschreibliche Qualen, die du durchstehen musst. Ich kenne bisher keinen Weißen, der das durchgestanden hat.«

»Es gibt immer ein erstes Mal, Ezekiel«, antwortete Andy mit einer Beharrlichkeit, die dem alten Trapper mehr als deutlich sagte, dass Andy seinen Entschluss bereits gefasst hatte und sich davon keinesfalls mehr abbringen lassen würde. Auch nicht von seinem besten Freund! »Ich habe mit Buffalo Dancer schon darüber gesprochen«, fuhr er dann fort.

Jetzt war Ezekiel wirklich überrascht, als er das hörte. Das konnte man ihm deutlich ansehen.

»Er hat mir gar nichts gesagt«, warf der alte Mountain-Man ein, brach dann aber ab, als er das wissende Lächeln Andys in dessen Zügen sah.

»Buffalo Dancer meinte, ich solle erst mit dir noch einmal über alles sprechen. Du bist mein bester Freund, Ezekiel, und deswegen würde es mich sehr erleichtern, wenn ich weiß, dass ich auch deine Zustimmung dazu habe. Ich tue es nicht aus Sturheit oder aus Unwissen, sondern weil ich zu diesen Menschen hier voll und ganz gehören möchte. Und mein Sohn soll hier glücklich aufwachsen und eines Tages sagen können, dass sein Vater ein tapferer Krieger war. Kannst du das verstehen?«

»Ich glaube schon«, sinnierte Ezekiel und begann schließlich zu nicken. »Hat dir Buffalo Dancer wenigstens gesagt, was auf dich zukommt, Andy?«

»Ja«, erwiderte dieser. »Ich weiß, dass es sehr große Schmerzen sind und ich Narben erhalten werde, die mich für den Rest meines Lebens zeichnen.«

»Das stimmt«, pflichtete ihm Ezekiel bei. »Aber es ist deine Entscheidung, Andy, und ich wäre verdammt stolz auf dich, wenn du das durchstehst.«

»Morning Sky auch«, fuhr Andy wieder fort. »Seit sie weiß, dass ich mich dazu entschlossen habe, ist sie sehr stolz auf mich. Schon allein deswegen gibt es kein Zurück mehr für mich. Auch wenn du mir jetzt noch so schlimme Dinge über den Sonnentanz erzählen solltest, Ezekiel.«

Damit war die Sache für Andy endgültig beschlossen, also mussten die beiden Freunde darüber jetzt keine Worte mehr verlieren. Andy musste ohnehin ab morgen früh noch eine Menge hinter sich bringen, bevor die eigentliche Zeremonie begann.

»Siehst du dort drüben Hunts-the-Bear?«, fragte Ezekiel grinsend und wies auf den jungen Lakota-Krieger, der mit anderen Gefährten an einem Feuer saß, das nicht weit von Andys Tipi entfernt war. »Er und seine Freunde sehen immer wieder herüber zu uns. Ich befürchte fast, dass wir bald schon wieder die Geschichte erzählen müssen, wie wir den Bären erlegt haben.«

»Nicht schon wieder!«, beklagte sich Andy lachend. »Wir haben sie doch schon mindestens dreimal erzählt. Das müsste doch eigentlich reichen.«

»Da bin ich mir noch nicht so ganz sicher«, meinte Ezekiel daraufhin. »Hunts-the-Bear und die anderen werden ihr Bestes tun, um auch den anderen Stämmen davon zu berichten. Das bedeutet dann auch gleichzeitig eine große Ehre für die Lakota. Verstehst du?«

»Ich denke, ja.« Andy nickte. »Aber wenn du schon so versessen aufs Geschichtenerzählen bist, dann hast du in mir einen willigen Zuhörer gefunden.«

»Was für Geschichten?«, wollte Ezekiel nun von Andy wissen, weil er nicht genau wusste, worauf sein Freund hinauswollte.

»Weißt du es wirklich nicht?«, fragte ihn Andy daraufhin. »Vor zwei Monaten war doch die große Büffeljagd. Als wir damals in dieser Nacht zusammensaßen, hast du mir von deinen Tagen als Mountain-Man erzählt. Du, Jim Bridger, Titus Bass und all die anderen seid damals mit Kielbooten den Missouri hinaufgefahren ins Quellgebiet des Yellowstone River.«

»Ach das meinst du«, antwortete Ezekiel. »Du willst also noch mehr darüber wissen? Dann musst du aber damit rechnen, dass es eine sehr lange Geschichte werden kann. Nicht, dass du deswegen noch Ärger mit deiner hübschen Frau bekommst, wenn du dir mit mir die Nächte um die Ohren schlägst. Nun sieh mich nicht so seltsam an, mein Junge. Frauen sind manchmal sehr eigen in solchen Dingen.«

»Morning Sky weiß, was mir unsere Freundschaft bedeutet, Ezekiel«, hielt ihm Andy entgegen. »Und deswegen hat sie Verständnis, wenn wir heute Abend noch etwas länger zusammensitzen. Sie ist ohnehin müde. Es war ein Tag für sie, den sie so schnell nicht vergessen wird.«

»Na gut.« Ezekiel nickte schließlich. »Und ob du es glaubst oder nicht, diese Zusammenkunft der verschiedenen Stämme hier erinnert mich ohnehin an die Vergangenheit. Die Mountain-Men trafen sich damals auch alle bei Henry’s Fork am Green River, und die Stimmung war ähnlich wie heute Abend. Es war das erste Treffen aller freien Trapper von verschiedenen Pelzhandelsgesellschaften, und Ashley hatte es organisiert. Das ist schon viele Jahre her, aber ich erinnere mich noch sehr gut an diesen unvergesslichen Sommer im Jahr 1825. Es war ein Sommer voller Gefahren, oben in den Rockies.«

Dann begann Ezekiel damit, seine Geschichte zu erzählen.

Eine böse Überraschung

Es war noch ziemlich kalt an diesem Morgen, als wir unsere Hütten am Osthang der Berge verließen, um jene Fallen zu kontrollieren, die wir auf der anderen Seite des Waldes aufgestellt hatten. Wir, das waren Jim Bridger, Titus Bass, der Mulatte Jim Beckwourth, und natürlich ich selbst, Ezekiel Calhoun.

Die letzten Monate über hatten wir eine fast schon verschworene Gemeinschaft gebildet, und jeder wusste, dass er sich jederzeit auf den anderen hätte verlassen können, wenn es einmal Ärger geben sollte. Und in einem einsamen Land, in das bisher noch kaum ein Weißer eingedrungen war, bedeutete dieser Zusammenhalt das Überleben!

Viel war geschehen, seit wir mit Ashleys und Henrys Kielbooten im letzten Jahr den Missouri hinaufgefahren waren und schließlich nach vielen Wochen unbeschreiblicher Strapazen das Quellgebiet des Yellowstone erreicht hatten. Einige der vielen Trapper, die sich der neu gegründeten Rocky Mountain Fur Company angeschlossen hatten, hatten diesen Entschluss mit dem Leben bezahlen müssen. Denn unterwegs hatten uns feindliche Arikara-Indianer in einen Hinterhalt gelockt und viele Männer getötet.

Auch wenn das schon einige Zeit her war, so lastete der Schrecken dieses schlimmen Zwischenfalls noch immer über uns. Aber wir hatten nicht nur Feinde unter den roten Stämmen. Insbesondere das Volk der Crow hatte uns im ersten Winter hier oben in den Bergen sehr geholfen. Rides-a-dark-Horse, einer der Crow-Krieger, war ein guter Freund von uns allen geworden, und er war noch genauso fasziniert von den vielen unbekannten Dingen der Weißen wie am ersten Tag. Vielleicht schaute er deswegen immer wieder mal bei uns vorbei.

»Was für eine Kälte!«, beklagte sich der Mulatte Jim Beckwourth, während sein Atem in der Morgenluft klar und deutlich zu sehen war. »Ich glaube, nach diesen Wochen und Monaten habe ich mich immer noch nicht daran gewöhnt. Mein Gott, es ist schon fast ein Wunder, dass wir bisher noch keine Lawine aus den Bergen abbekommen haben. Bei den Unmengen Schnee könnte das gut sein.«

»Beschwöre es lieber nicht herauf«, meinte ich daraufhin. »Wenn das Tauwetter erst einsetzt, dann könnte das gut möglich sein. Aber unsere Hütten stehen an einem geschützten Platz. Die Crow hätten uns sonst davon abgeraten, vergiss das nicht.«

»Ezekiel hat recht«, pflichtete mir nun Jim Bridger bei, und auch Titus Bass nickte. »Uns stehen noch einige Tage harter Arbeit bevor, und da sollten wir nicht an so was denken.«

Beckwourth murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. Wahrscheinlich war er an diesem Morgen schlecht gelaunt, weil er sich nur schwer von der Crow trennen konnte, die mit ihm zusammen in der Hütte lebte. Viele von uns hatten Crow-Frauen, das war eine ganz natürliche Sache, und darüber verlor keiner der anderen auch nur ein Wort der Kritik. Hier draußen, fern abseits der weißen Zivilisation, galten ohnehin andere Moralbegriffe als in den großen Städten des Ostens!