Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 24 - Bill Murphy - E-Book

Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 24 E-Book

Bill Murphy

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Beschreibung

Es war eine verdammt harte Mannschaft, die King Miller anführte. Jeder einzelne von ihnen wog drei normale Kämpfer auf. Jeder einzelne war bereit, mitten in die Hölle zu springen und mit dem Teufel Polka zu tanzen. Doch dann kam jener bittere Tag, an dem auch der größte Mut und die höchste Opferbereitschaft umsonst zu sein schienen. Ein großes Leid wartete auf den Rebellen King Miller und seine verwegenen Sattelwölfe, das wenn überhaupt, nur noch durch die Aufbietung all ihrer Kräfte abgewendet werden konnte ...


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Inhalt

Cover

Der letzte Rebell

Vorschau

Impressum

Der letzte Rebell

Von Bill Murphy

Das Gewehr in der Faust, stand King Miller gegen den Fels gelehnt. Groß und wuchtig – wie ein Schattenfetzen, den die schwindende Nacht zurückgelassen hatte.

Der Morgen graute, und mit dem Tag kamen auch die Sioux. Dicht gedrängt ritten sie genau auf den Wagenspuren entlang, Jägern gleich, die sich auf der Hatz befanden, die Spur des Wildes aufgespürt hatten – doch es nicht witterten.

Die Männer hatten die Wagen in Deckung geschoben. Keiner rührte sich. Selbst die Pferde verharrten und hielten sich still ...

Es war kalt. Jim, der direkt hinter King Miller stand, schlug den Kragen seiner verblichenen Militärjacke hoch und zog die alte Feldmütze der ehemaligen Südstaaten-Kavallerie tiefer in die Stirn.

»King!«, raunte er. »Um Himmels willen! Wie nah willst du sie noch rankommen lassen? Hast du vielleicht die Absicht, mit ihnen zu reden?«

King Miller lächelte bitter.

»Mit denen ist nicht zu reden«, flüsterte Jim.

»Mit mir auch nicht!«, stieß King hervor.

Einen Augenblick später trat er von dem Felsen weg. Mit zwei schnellen, festen Schritten, sodass ihn die Sioux sehen konnten.

»Los! Raus mit dem Blei!«, brüllte er, während ihm das Gewehr förmlich an die Hüfte flog.

Sein Geschrei traf die Sioux wie ein Fausthieb. Das Feuer aus elf Winchestergewehren wirkte jedoch wie Keulenhiebe. Die mehr als dreißig Krieger starke Horde war wie blind in die Falle geritten, die ihr King Miller gestellt hatte. Bevor sie dazu kamen, zurückzuschießen, hatten sie mehrere Tote und Verletzte.

Das schwingende Peitschen der Winchestergewehre erfüllte die Luft. Es blitzte und krachte. Die Männer schossen in Salven. Doch das gleichmäßige Donnern ging rasch in ein rasendes Geknatter über, in das sich dann wild das Bellen der Karabiner mischte, mit denen die Roten bewaffnet waren. Die meisten versuchten gar nicht erst, in Deckung zu gelangen. Sie rissen die halbwilden Mustangs hoch und jagten sie herum, um sie verbissen vorwärtszutreiben. In die andere Richtung. Schon nach einer Minute sah die King-Miller-Mannschaft wie der Sieger aus. Doch nur für Sekunden.

»King! Sie kommen von hinten!«, schrie plötzlich Clay Allison.

Sie drehten sich alle nach ihm um. In seinen ausgetretenen Südstaaten-Kavalleriestiefeln stapfte er an dem einen Frachtwagen entlang und ließ sich hinter einen Quader fallen, und über diesen Quader hinweg sahen sie die zweite Horde Sioux herangejagt kommen.

»Jim!«, rief King Miller scharf. »Nimm dir Shark, Churly und Pitt und macht ihnen klar, an wen sie hier geraten sind.«

Während die anderen weiterschossen, sprangen Jim, Churly, Shark und Pitt auf, rannten ein paar Schritt zurück und warfen sich hinter die Felsleiste.

Das Schießen nahm noch einmal an Heftigkeit zu. Auch der zweiten Indianerhorde gelang es nicht, der King-Miller-Mannschaft ins Genick zu springen. Sie wurde zurückgeschmettert.

Doch die Sioux flohen nicht, wie es zunächst auf der einen Seite ausgesehen hatte. Sie zogen sich wohl zurück, setzten sich aber ringsum in den Felsen fest.

Nachdem der letzte Schuss gefallen war, fragte Jim: »Was machen wir jetzt, King?« Daraufhin keuchte der lange Mann und ließ sich neben ihm auf die Knie nieder. »Ich glaube nicht, dass wir wirklich das Klügste getan haben.«

»Bei der Taktik, die sie anwenden, wären wir allenfalls noch fünf oder sechs Meilen weiter gekommen«, brummte King Miller verdrossen. »Dann hätten sie uns auch gehabt. Und dieser Platz hier ist so gut oder so schlecht zum Kämpfen wie jeder andere.«

»Um sie anzugreifen, sind sie zu stark«, erwiderte Jim bekümmert. »Und ein Ausbruch mit Karacho durch die Felsen da drüben, ich weiß nicht, wir würden uns alle Knochen und Wagenräder zerschlagen.«

»Wer hat denn etwas von Karacho gesagt?« King Miller sah ihn an.

»Wir haben kein Wasser mehr, King!«

Jeff kam zu ihnen und hockte sich hin. Seine alte Kavalleriehose gab nun allmählich den Geist auf. Er bewegte sich daher vorsichtiger und hielt den Riss mit der Hand zu.

»So ein verdammter Scheibenkleister!«, sagte er, ohne zu erklären, ob er damit ihre Lage oder das Malheur mit der Hose meinte oder gar alles beides zusammen. »Und dabei wollten die Jungs und ich am Sonntag in Deadwood zum Tanz gehen.«

»In dieser Hose?«, fragte Jim grienend.

»Die flicke ich mir wieder!«, gab ihm Jeff Bescheid.

»Was willst du denn von mir wissen?«, brummte King Miller. »Soll ich euch vielleicht raten, die Billetts wegzuwerfen?«

Jeff grinste wie ein Silberfuchs. »Wir haben noch gar keine gekauft!«

»Was regst du dich da auf!«, knurrte King Miller. »Ihr verliert doch nichts.«

»Also wird nichts aus dem Tanz?«, fragte Jeff.

»Hier gibt es doch Tanz genug!«, erwiderte King Miller, wandte sich ab und spähte zu den Roten hinüber.

Jeff verzog das Gesicht und sah Jim fragend an.

»Flicke deine Hose und dann komm wieder!«, sagte Jim.

Jeff kniff die Augen zusammen. »Aya, Sergeant!«, brummte er, machte kehrt und flitzte an seinen Platz zurück.

»Clay soll mal kommen«, verlangte wenig später King Miller.

Jim winkte, und Shark kam gleich mit. Er und Clay waren unzertrennlich. King Miller respektierte das, indem er sie stets beide meinte, ob er nun den einen rief oder den anderen.

Shark gehörte erst seit ein paar Monaten zur Mannschaft. Er war für Cliff Wago aufgenommen worden, der bei einer Auseinandersetzung mit Unionssoldaten auf einer Poststation in Süd Colorado erschossen worden war.

Shark Belden war ein Kerl, der in eine solche Mannschaft passte: Am Spieltisch wie am Tresen, an dem er stehend einen ganzen Eimer Bier wegsaufen konnte, war er ein Ass, doch als Gefährte und Kämpfer war er ein Mann von achtzehn Karat. Er war treu und verträglich und verlässlich bis auf die Knochen. In dieser Mannschaft hatte er es leicht. Vom ersten Tag an, an dem er sich sofort mit Clay Allison angefreundet hatte. Und im Laufe der Zeit wurden sie sich immer ähnlicher. Zum Verwechseln ähnlich. Was sie eigentlich wirklich noch unterschied, waren ihre Stiefel. Shark trug erstklassige Stiefel aus Boxcalf. Clay aber stapfte nach wie vor in seinen alten ausgetretenen Kavalleriestiefeln der Südstaatenarmee herum, von denen er sich ums Verrecken nicht trennen wollte. Und so unzertrennlich wie diese alten Soldatenstiefel waren auch die beiden. Traf man wirklich mal nur einen an, war der andere unmöglich weit weg.

Sie kamen also zusammen heran, hockten sich hin und blickten King Miller gespannt in die Augen.

King Miller griente. »Was ist mit euch los? Seid ihr besoffen?«

Die beiden sahen sich an und blickten ihm wieder ins Gesicht.

»Die Kiste!«, half ihnen King Miller auf die Sprünge. »Habt ihr denn gedacht, ich habe euch zum Frühstücken gerufen?«

Clay und Shark machten den Mund auf.

»Wolltest du denn jetzt schon ...«, stammelte Clay überrascht. »Ich habe gedacht ...«

»Du hast gedacht, ich bin hier nur hergefahren, um mich in der Sonne zu bräunen«, unterbrach ihn King Miller. »Dann sage ich dir, dass du dich geirrt hast. Bewegt euch, oder ich mache euch Beine!«

Die beiden sprangen auf, machten kehrt und rannten geduckt zu dem einen Wagen.

Jim schaute ihnen kurz nach und blickte King Miller wieder an.

»King! Sechzig Krieger!« Er streckte die Hand aus. »Die alle ...«

»Well!«, unterbrach ihn King Miller und nickte. »Immer für drei zusammen haben wir etwas. Eine Sprengpatrone! Zwanzig Stück.« Er stand auf. »Und die verpulvern wir jetzt.«

Jim starrte ihn an. »Willst du ...«

»Ja!«, bellte King Miller. »Aber nicht mit Karacho. Wegen der Wagenräder und deinen weichen Knochen.«

Er wandte sich ab.

»Die Pferde vor die Wagen! Rasch! Bewegt euch! Wir machen den Brüdern jetzt Feuer unterm Hintern. Clinton, komm du auch her! Du nicht, Hank! Aber du auch, Jeff! Bewege dich schneller. Pfeif mal auf deine alte Hose.«

Während er das rief, lief er zu Clay und Shark, die aus dem einen Wagenkasten eine Munitions-Kiste gezogen und geöffnet hatten. Sauber aneinandergereiht und ordentlich in Ölpapier verpackt lagen darin zwanzig Presspulverstangen. Clay und Shark stopften sich schon die Taschen voll. King Miller griff in die Kiste hinein und nahm eine Handvoll Stangen heraus. Auch Clinton wollte zugreifen. Doch King Miller schob ihn zurück.

»Du nicht! Du bleibst an meiner Seite, und jeder Schuss von dir ist ein Treffer, oder der Teufel holt dich!«

Er hielt ihm eine Presspulverstange vors Gesicht.

»Genau in die Mitte. Aber nicht hoch am Himmel. Den Engeln wollen wir das Fürchten nicht beibringen. Das kommt später dran. Alles zu seiner Zeit sage ich immer.«

»King! King!«, schrie da der alte Pitt. King Miller drehte sich wütend um.

»Was schreist du zum Teufel!«

King Miller duckte sich. Direkt neben seinem Gesicht zackte ein Siouxpfeil in den Wagen. Damit war ihm auch schon klar, weshalb Pitt geschrien hatte.

Die hektische Betriebsamkeit im Camp der Weißen war den Sioux nicht verborgen geblieben. Sie witterten eine Chance und griffen an. Sie kamen von allen Seiten. Mit einem Blick erfasste King Miller mehr als ein halbes Dutzend gleitender Gestalten, die auf ihr Camp zukamen.

Er holte aus und schleuderte die Presspulverstange wütend und mit voller Wucht. Trotzdem zielte er genau. Fast waagerecht flog die Patrone durch die Luft den Angreifern entgegen.

»Clinton!«, rief King Miller.

Clinton hatte schon angelegt. Über Kimme und Korn hinweg verfolgte er den Flug der Patrone. Als sie sich genau über der Gruppe heranstürmender Roten befand, drückte er ab.

Sein Schuss krachte, und im gleichen Augenblick blitzte und hämmerte es. Direkt über den Köpfen der angreifenden Sioux. Die Explosion schien die Krieger in den Boden zu malmen. Es blitzte, krachte und qualmte da drüben, und von den Kriegern war nichts mehr zu sehen.

Da erfüllte der nächste Donnerschlag die Luft. Clay hatte eine Presspulverstange geschleudert, und Shark hatte sie getroffen. Sie explodierte in der Krone einer Krüppelkiefer, die einer ganzen Handvoll Sioux in diesem Moment als Deckung gedient hatte.

Nachdem sich der Rauch verzog, war von der Kiefer nichts mehr da. Aber von den Sioux auch nichts.

Die Wagen fuhren an.

King Miller stapfte zu seinem Braunen und schwang sich in den Sattel. Vier Stangen bereit in der Faust. Hinter ihm sprang Clinton aufs Pferd, das Gewehr unter dem Arm geklemmt.

»Vorwärts!«, rief King Miller.

Er galoppierte los. Rechts von den Wagen blitzte und krachte es. King Miller schaute zur anderen Seite hinüber. Fluchtartig zogen sich die Sioux zurück.

Er lachte wild und warf eine Presspulverstange hinter ihnen her.

Er brauchte Clinton nicht zu rufen. Seine Winchester krachte genau in dem Augenblick, in dem die Stange zwischen zwei Klippen ins Gestrüpp fiel.

Aus einer Feuerlohe schien der Strauch zu wachsen. Wie mit Faustschlägen verschaffte er sich Platz. Die Sioux flogen wie von Hammerschlägen getroffen zur Seite und verschwanden in dem Rauchpilz, der sich dort jäh ausbreitete.

King Miller galoppierte. Shark und Clay befanden sich bereits vor ihm. Jim tauchte neben ihm auf, und hinter ihnen her donnerten die beiden Frachtwagen von Wells Fargo.

Clay ging yardhoch aus dem Sattel, als er die nächste Patrone warf. Als er wieder auf dem Leder landete, krachte Sharks Gewehr. Da blitzte und lärmte es auch schon vor ihnen. Hundert Yards entfernt, aber dicht über dem Boden.

Die Explosion fegte nicht nur Sioux-Krieger zur Seite, sondern auch ein paar große Steine.

»Vorwärts, Jungs!«, krähte Jeff in seiner zerschlissenen Hose. »Die Girls in Deadwood warten auf uns.«

Er verschwand im gestreckten Galopp in der Staubglocke. Einen Augenblick später rasten die beiden Frachtwagen hinein.

Es krachte wieder. Die Echos dröhnten in den Felsen. Doch Jeff war imstande das alles zu übertönen.

»San Saba hat sich eben von der Union getrennt!«, brüllte er.

King Miller lächelte. Wehmütig und wütend zugleich. Nicht einer von ihnen war imstande zu vergessen, wofür sie gekämpft hatten. Und dabei lag das alles schon so weit zurück.

Er spornte den Braunen vorwärts, durchbrach den Rauch- und Staubschleier und holte Jim, Shark und Clay Allison ein.

»King! Wir sind durch!«, rief ihm Shark entgegen.

»Was brüllst du denn so!«, entgegnete King, als er neben ihm ritt. »Hast du etwas anderes erwartet?«

Die Wagen polterten aus dem Staubschleier. Die Pferde wieherten und die Peitschen krachten.

»Langsamer!«, rief King Miller und riss den Braunen scharf um die Hand. »Langsam hier durch die Felsen! Wollt ihr die Wagen zu Bruch fahren?«

Die Männer nahmen die Pferde sofort auf.

King Miller zog den Braunen wieder um die Hand. Jim kam an seine Seite geritten. Er strahlte über das ganze harte Soldatengesicht.

»King, wir sind durch!«, rief er.

King Miller grinste salzig. »Wir sind doch immer durchgekommen!«

»King!«, erwiderte Jim bewegt. »Es war einfach großartig.«

Seite an Seite ritten sie weiter.

Der Colonel schnitt eine Grimasse. »Ich missbillige die Methoden, mit denen Sie gegen Wells Fargo vorgehen, Mister Fender.«

»Dann möchte ich Sie daran erinnern, Colonel, dass sich Wells Fargo im Krieg der Union gegenüber nicht loyal verhalten hat«, erwiderte Fender mit schneidender Stimme.

Er war ein alternder recht korpulenter Mann, dem der Reichtum anzusehen war, den er in einem knappen Jahrzehnt mit seiner Wagenlinie eingefahren hatte. Seitdem Frachtwagen die Stützpunkte der Zivilisation zwischen den Rocky-Mountains und dem Missouri-River immer fester miteinander verbanden und verknüpften, galt er nördlich des Platte-River als der ungekrönte König aller Fuhrunternehmer.

Der Colonel winkte gereizt ab. »Diese Zeiten sind vorüber, Mister Fender. Loyalität war doch schließlich in dieser fürchterlichen Epoche eine Frage von Heimat und Herkunft. Mein Mann war Lincoln. Aber nur, weil ich mit Missouriwasser getauft worden bin. Wäre ich in Texas zur Welt gekommen, hätte ich mich Lee verschworen.«

Bratt stand auf. Ihm gehörte die Kansas-Bank, die Fenders weit verzweigtes Unternehmen finanzierte und unentwegt haushohe Gewinne daraus scheffelte.

»Was Sie uns da bieten, ist glatte Gesinnungslumperei. Aby Lincoln, unser großer Abraham, würde sich ja glatt im Grab umdrehen, wenn er von ihrer Schollentaktik erführe. Allein seine Geisteshaltung war es, die uns alle an den Norden gebunden hat. Ich bin nämlich auch ein Texaner! Und nicht mal ein schlechter.«

Die Männer starrten den Colonel an, glaubten, dass er diesen Yankee Dollar nicht würde wechseln können. Doch darin täuschten sie sich. Diese Vorwürfe brachten den alten Haudegen nicht einmal aus der Fassung.

»Und Sie haben auf unserer Seite gekämpft!«, sagte er lächelnd.

Bratt klopfte sich an die Brust. »Für diese Seite kämpfe ich noch immer.«

Der Colonel erhob sich und setzte den Feldhut auf. »Mister Bratt! Wir sind in Texas mit Mord und Brand eingefallen. Und ich bin nur mitgeritten, um zu verhindern, dass die andere Seite mit Mord und Brand in Kansas einreitet. Aber ich möchte mich jetzt hier nicht erkühnen, Sie als guten oder schlechten Texaner einzustufen.«

Er reckte sich und hob die Stimme.

»Nur eins möchte ich feststellen! Der Krieg liegt hinter uns. Die Nation hat geblutet um ihren Fortbestand. Doch das liegt schon Jahre zurück, und der neue Anfang ist längst gemacht. Was Sie da anführen – ist Vergangenheit.« Bratt hämmerte mit der Faust auf den Tisch. »Nicht für diese Halunken. Wells Fargo war ein Gegner der Union. Sie ist es noch heute. Ein sicheres Zeichen ist die Tatsache, dass Männer wie King Miller für sie reiten. Ein ehemaliger Rebellenoffizier und seine Männer streiten und kämpfen für diese verruchte Gesellschaft, als befänden wir uns noch immer mitten im Krieg.«

Fender schnellte vom Stuhl. »Genau das ist es, was ich sagen wollte. Wir, die im Krieg Opfer für die Union gebracht haben, werden jetzt mitten im Frieden von unseren Feinden erwürgt: Jawohl erwürgt.«

Der Colonel lächelte. »Gentlemen, wir sind alle freie Bürger! Und ich sage, alle! Ein gesunder Konkurrenzkampf ist der Boden, auf dem unsere Wirtschaft wächst, blüht und gedeiht. Mister Fender, Ihrem Unternehmen traue ich es durchaus zu, dass es die Frachttarife senken kann. Von Wells Fargo weiß ich das nicht. Vielleicht sind die Dinge auf diese Weise in Ihrem Sinn zu bereinigen. Den Handwerkern, Farmern und Ranchers käme es auf jeden Fall zugute. Ich bin Soldat, Gentlemen. Von Wirtschaft und Geschäften verstehe ich wenig. Aber ich glaube, dass man mit dem Preis für eine Ware oder Leistung auch Politik machen kann. Das ist das, was ich glaube. Was ich aber weiß ist, dass Sie einen Indianerkrieg riskieren, wenn sie die Frachtwagen von Wells Fargo von Sioux angreifen lassen. Wells Fargo wird sich wehren. Es wird Tote geben. – Meine Herren, ich bin nicht hier gewesen. Aber meinen Rat kennen Sie! Gute Nacht!«

Er setzte den Feldhut gerade und stapfte mit Eleganz und Schneid aus dem Raum. Der junge Lieutenant, der in der Halle auf ihn gewartet hatte, riss die Hacken zusammen und hielt ihm den Wetterumhang bereit.

Fender, Bratt und Banner sahen sich an. Bratt war wütend. Fender und der alte Banner zogen betretene Gesichter.

»Was schlagen Sie nun vor, Bratt?«, fragte Fender verdrossen. »Er steigt einfach aus. Das ist doch nicht zu fassen!«

Bratt schlug die Faust auf den Tisch.

»Wir kürzen ihm die Bezüge oder streichen sie ihm ganz. Da wollen wir doch mal sehen, welche Figur er dann noch macht.«

Banner fluchte. »Er tritt hier vor uns auf, als wäre er bereits General und der neue Kandidat für die Präsidentschaft. Der feine Herr!«

»Mit der schmutzigen Weste!«, knurrte Bratt drohend. »Wenn er uns nicht deckt, werden wir ihm die Weste mal abbürsten.«

»Wir hätten ihn nicht so gehen lassen sollen«, sagte Banner. »Er kommt her, hört nur halb zu, hält eine Rede und rauscht ab wie ein neu getakelter Gaffelschoner. Und wir haben ihn zwei Jahre lang bezahlt, wie drei alte Trottel eine gemeinsame, überanspruchsvolle Freundin. Ich frage mich, wofür hat er das ganze Geld geschluckt? Dabei könnte er einen Banditen wie King Miller ohne jedes Theater verhaften. Ihn und seine ganze verdammte Mannschaft, die Wells Fargo angeworben hat, um sich gegen uns durchzusetzen.«

»Vielleicht haben die Sioux unser Problem schon gelöst«, meinte Fender und starrte düster auf den Tisch. Banner hatte die teuersten Getränke, darunter Sekt aus Frankreich, aus seinem Laden auffahren lassen. Nicht ein Glas hatte der Colonel angerührt.

»Er hat nicht einmal etwas getrunken! Haben wir plötzlich die Pest?«, knurrte er wütend.

»Wir werden ihm das heimzahlen«, sagte Bratt. »Nur keine Sorge. Aber im Moment stehen wir allein. Das ist die Tatsache, mit der wir fertig werden müssen. Sehen wir ihr also ins Auge. Es steht fest, dass Wells Fargo die Deadwood-Linie nur mit einer Banditen-Crew in Betrieb bringen kann.«

»Wir hätten diese Männer für uns anwerben sollen«, warf Banner ein.

Fender bekam ein Gesicht wie eine reife Tomate. »Banner! King Miller ist ein ehemaliger Südstaatenoffizier. Ein Rebell! Der ganze Haufen besteht aus Rebellen. Wenn Sie mich fragen, gehören die Burschen alle an die Wand. Heute noch!«

»Ich kann da nur geschäftliche Interessen sehen«, erklärte Banner.

Bratt nickte. »Ich stimme Ihnen zu.«

Fender starrte ihn an. »Wollen Sie King Miller vielleicht aufkaufen?«

Bratt zuckte mit den Schultern. »Warum nicht? Wenn wir Wells Fargo damit aufs Kreuz legen.«