Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 55 - Bill Murphy - E-Book

Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 55 E-Book

Bill Murphy

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Beschreibung

Tom Sullivan verfolgt einen Banditen, von dem er lediglich den Namen Spark Trill kennt. Zahlreiche Kopfgeldjäger haben sich ebenfalls in Temple eingefunden, um den mysteriösen Postkutschenräuber zu schnappen und die zehntausend Dollar Belohnung zu erhalten, die auf dessen Ergreifung ausgesetzt sind. Ein Mord in der Stadt deutet darauf hin, dass der Gesuchte in der Nähe ist. Erst als ein plötzlicher Aufruhr die Situation klärt, beginnt der erbitterte Kampf. Tom führt ihn jedoch nicht wegen des Geldes, sondern für den Frieden und die Gerechtigkeit in Temple ...

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Seitenzahl: 168

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Inhalt

Cover

Stunde der Abrechnung

Vorschau

Impressum

Stunde der Abrechnung

Von Bill Murphy

Sie kamen über die Hügel.

Tom sah sie eher, als die Männer auf dem Bock. Klar und scharf hoben sich ihre Silhouetten gegen den dunklen Abendhimmel ab. Es waren vier Reiter. Dicht gedrängt galoppierten sie auf dunklen Pferden die breite Schneise herunter.

Tom sah kurz zu den Passagieren. Es waren außer ihm noch zwei Händler aus Waco in der Kutsche. Sie dösten vor sich hin. Die fast rhythmischen Schlingerbewegungen der dahinrollenden Kutsche hatten sie eingeschläfert.

Tom erhob sich. Black kroch unter der Sitzbank hervor und war noch vor Tom am Schlag. Dann kam das Zeichen. Bruce schlug mit dem Gewehrkolben gegen die Wand ...

Die Passagiere schreckten hoch. Sie sahen Tom reichlich verdattert an, soweit er das im Halbdunkel der Kutsche erkennen konnte. Er hielt den Schlag bereits offen und wartete auf den Beginn der Felsen. Noch ehe der erste Schuss fiel, tauchten sie auf. Sekunden später klopfte Bruce abermals mit dem Gewehrkolben. Tom warf noch einen Blick auf die Passagiere, dann hielt er den Atem an und sprang. Er sah noch, wie einer der Händler beide Hände nach ihm ausstreckte. Er schloss die Augen und hielt beide Arme schützend vor das Gesicht. Ein schmerzender Schlag trieb ihm die Luft aus der Lunge. Er überschlug sich mehrere Male. Er wollte schnell auf die Füße. Doch die Wucht des Aufpralls war so stark, dass er immer wieder herumgerissen wurde. Währenddessen sah er Black springen. Es war nur ein langgestreckter Schatten, den er wahrnahm. Es krachte und prasselte. Auch der Hund schien sich zu überschlagen. Dann fielen vorne schon die ersten Schüsse.

Reichlich benommen kam Tom endlich auf die Füße. Er sah die Mündungslichter und hörte die Stockbremsen der Kutsche kreischen. Es krachte und splitterte. Die Banditen hatten das Gefährt einfach an die Felswand gedrängt. Das Geräusch des jagenden Gespanns erstarb. Dann war es still.

Tom nahm den Colt in die Faust und huschte vorwärts. Black hielt sich dicht an seiner Seite. Es war dem Hund anzumerken, wie er den Sprung aus der jagenden Kutsche überstanden hatte.

Die vier Banditen hielten vor der Kutsche. Dann ritten zwei von ihnen zum Schlag. Tom hörte eine krächzende Stimme.

Er sprang von Busch zu Busch. Dann lief er dicht an der Felswand entlang. Er war zu früh gesprungen. Er biss sich auf die Lippe und fluchte unterdrückt. Bruce hatte die Pferde viel zu schnell laufen lassen.

Es ging alles viel zu schnell. Die Banditen hatten ausgeräumt. Bruce oder Brian; Tom konnte nicht genau sehen, welcher von den beiden es war, warf den Banditen die Säcke herab. Dann drängten die Halunken ihre Pferde schon herum. Tom war noch nicht einmal auf Coltschussweite heran.

Toms erster Gedanke galt seiner Winchester. Doch er hatte bei dem Fall Arme und Beine gebraucht, um heil aufzukommen. Mit der Winchester in den Händen hätte er sich wahrscheinlich sämtliche Knochen gebrochen.

Die Banditen rissen ihre Pferde herum. Tom ließ die Colthand sinken. Mit dem Revolver konnte er ihnen unmöglich eine gezielte Kugel den Hügel hinauf nachjagen.

Prasselnder Hufschlag stieg auf. Tom duckte sich. Sie kamen direkt auf ihn zu. Einer hinter dem anderen kamen sie herangefegt. Sie flohen auf der Poststraße und wollten sicher im nahen Wald verschwinden.

Tom schoss, als der erste an ihm vorübergaloppierte. Er sah, wie es ihn herumriss. Aber da drückten ihn die Kugeln von dessen nachfolgenden Kumpanen schon auf die Erde hinab. Wie der Wind waren sie vorbei. Tom wirbelte herum und jagte ihnen das Blei hinterher. Im gleichen Augenblick fiel der vordere Bandit vom Pferd.

Seine Partner jagten zunächst an ihm vorüber. Doch schon eine Pferdelänge weiter, riss der erste sein Pferd in den Stand. Er zog es herum. Er schrie irgendetwas. Auch die anderen drei zügelten ihre Pferde. Aber da krachten die Winchester der beiden Fahrer.

Die Banditenpferde drehten sich im Kreis. Sicher waren ihre Reiter unschlüssig. Sie feuerten zurück. Doch die Entfernung war für ihre Colts bereits zu groß.

Einer riss seine Winchester aus dem Scabbard. Seine Partner galoppierten jedoch davon. Da steckte auch er auf. Er zog sein Pferd herum und folgte ihnen. Wie ein Spuk verschwanden sie im Wald.

Tom lief sofort los. Der Mann lag auf dem Weg. Er war verwundet. Sein Pferd stand bei ihm. Tom drehte ihn herum. Der andere trug ein Tuch vor dem Gesicht. Tom zog es weg. Soweit er erkennen konnte, war ihm der Mann fremd. Es war ein großer, hagerer Bursche, noch nicht alt. Vielleicht Mitte der vierzig.

Bruce und Brian keuchten heran. »Lebt er noch?«, rief Bruce schon von Weitem.

»Wer ist es?«, fragte Brian japsend.

Tom zuckte mit den Schultern und richtete sich auf. Black schnupperte an dem Banditen herum. Die beiden Postkutschenfahrer beugten sich nieder.

»Noch nie gesehen«, sagte Bruce und schüttelte betrübt den Kopf.

Sie hoben ihn auf und trugen ihn zur Postkutsche. Als sie den Schlag öffneten, taumelte einer der Passagiere heraus.

»Diese Aasgeier!«, stöhnte er laut. »Ich habe Frau und Kinder. Diese verdammten Halunken!«

Er stolperte quer über den Weg. Bruce wollte ihn aufhalten.

»He, he!«, rief Brian und lief ihm nach. »Verlieren Sie nicht gleich den Verstand!«

Er verstummte. Der Händler schlug plötzlich der Länge nach hin und blieb liegen. Die Männer sahen ihn an. Brian lachte hart.

»Er ist durchgedreht. Der ist verrückt geworden. Hat einer schon mal so etwas gesehen?« Er schüttelte den Kopf und ging hin. Er beugte sich nieder und drehte den Händler herum. Er fuhr jedoch zurück, stöhnte laut und stand dann recht steif da.

»Was ist?«, fragte Bruce und ging langsam über den Weg.

Tom schritt ebenfalls hinüber. Brian gab keine Antwort. Auch Tom beugte sich nieder. Fuhr aber ebenfalls wieder zurück. Er schluckte und spürte, wie eine Last seine Schultern herabdrückte.

»Wie konnte das ...«, stammelte Brian. »Ich habe geglaubt ... Weil er doch noch so viel geredet hat. Gosh, wie ist so etwas möglich?«

»Die Kugel muss ihm genau über – ah«, sagte Bruce und trat zurück.

So standen sie eine ganze Weile da, sahen sich an und schluckten nur. Der zweite Passagier kam heraus. Er hielt die Hände vor das Gesicht. Er kam langsam heran. Er war dunkel von Blut. Doch es war nicht seines. Trotz der starken Dämmerung sahen sie, dass er aschgrau im Gesicht war. Vielleicht sahen sie es auch gerade deshalb so deutlich.

Brian schnaufte erregt. »Diese Hunde!«, rief er krächzend. »Diese Drecksäcke! Diese erbärmlichen Kanaillen.«

»Wie ist das passiert?«, fragte Tom den Händler, der endlich die Hände heruntergenommen hatte.

»Gleich die erste Kugel«, würgte der Mann aus Waco heraus. »Er fiel sofort herum und lag auf meiner Brust. Ich hatte die ganze Zeit zu tun, dass ich ihn wieder zurücklehnen konnte. Ich werde bestimmt nie wieder mit einer Kutsche fahren. Nie wieder! Warum fahren Sie ohne Begleitung, wenn solche Sachen passieren? Das werde ich bis an mein Lebensende nicht vergessen können.«

»Ich auch nicht«, sagte Bruce gequält.

»Verlieren wir keine Zeit!«, mahnte Tom.

Sie hoben den Händler auf. Er war tot. Sie trugen ihn zur Kutsche und legten ihn auf die Sitzbank.

Der Bandit war inzwischen wieder zu sich gekommen. Als Tom um die Kutsche herumkam, hielt Brian den Banditen am Kragen gepackt. Er zog ihn hoch und fluchte gepresst. Mag der Teufel wissen, was Brian in seinem Zorn mit dem Burschen angefangen hätte. So aber trat Tom schnell dazwischen. Er zupfte Brian am Ärmel.

»Mach nicht so etwas! Los, hinein mit ihm! Wir haben keine Zeit zu verlieren.«

Brian schüttelte sich den Mann förmlich aus den Händen. Bevor er jedoch aufschlagen konnte, fasste Tom zu. Toms Kugel saß ihm in der Hüfte. Wenn er Glück hatte, flickte ihn der Doc wieder zusammen.

Der Händler aus Waco stand mit einigem Schauder vor dem Schlag. Er starrte auf seinen toten Gefährten.

Tom sah ihn von der Seite her an. »Wenn Sie auf den Bock hinaufwollen? Es ist nur etwas kühl da oben.«

Der Händler nickte. Wortlos wandte er sich ab und kletterte zu Bruce und Brian hinauf. Tom stieg in die Kutsche. Er winkte Bruce zu, bevor er den Schlag zuwarf. Black hatte sich kaum an seinem Platz niedergelassen, da rumpelte und holperte das Gefährt schon wieder, als sei es seit eh und je nicht anders gewesen.

Sie fuhren pünktlich in Temple ein. Der Überfall hatte wenig Zeit in Anspruch genommen.

Sie hielten vor dem Belden Inn. Sheriff Gleen Watson und der Posthalter standen in der Tür. Tom sprang hinaus. Black folgte. Im Schein der Laterne sah er des Sheriffs höhnisches Lächeln.

»Na, Sullivan«, sagte er genüsslich, »wie oft wollen Sie wohl noch ...«

Im selben Augenblick sprang Brian vom Wagen. »Wir sind überfallen worden. Schnell den Doc! Ein paar Männer, Sheriff!«

Des Sheriffs Lächeln fror ein. Der Posthalter legte sich, unruhig werdend, die Hände auf den dicken Bauch. »Macht keine schlechten Witze!«, rief er.

Bruce und der Händler stiegen herab.

»Schicken Sie schon nach dem Doc!«, sagte Bruce gereizt. »Wir haben einen der Burschen erwischt. Lassen Sie ihn nicht sterben.«

Mit schnellen Schritten trat der Sheriff an den Schlag. Er fuhr zurück und sah Tom erschrocken an. »Tot?«

»Der Passagier.«

»Du lieber Himmel!«, jammerte der Posthalter. Er rief es noch einmal ins Inn hinein.

Drei Sekunden später waren alle Männer aus dem Inn auf der Straße. Noch einmal drei Minuten, dann wusste es die ganze Stadt. Von überallher strömten die Leute herbei. Männer, Frauen und Kinder.

»Spark Trill?«, fragte der Sheriff.

Tom zuckte mit den Schultern. »Es war zu dunkel.«

»Sie trugen Tücher vor den Gesichtern«, sagte Bruce.

»Zu erkennen waren nur die Mündungslichter«, bemerkte Brian bissig.

»Der Doc!«, rief jemand.

Einige Männer zogen den toten Händler aus der Kutsche und legten ihn auf den Sideway. Er lag direkt unter der Laterne. Die Menge wich zurück. Der Doc beugte sich nicht einmal nieder. Er schüttelte nur den Kopf. Der Sheriff gab den Männern einen Wink. Sie hoben den toten Händler auf und trugen ihn zum Stiefelhügel hinaus.

Der Bandit stöhnte, als sie ihn herausholten. Sie griffen derb zu. Einer schlug ihn, bevor es jemand verhindern konnte. Der Sheriff jagte diesen aufgebrachten Mann fort. Dann zog er den Banditen ins Licht und sah ihn forschend an. Er schüttelte den Kopf.

»Noch nie hier gesehen. Wer sind Sie?«

»Mac! Nennen Sie mich einfach Mac!«, sagte der Bandit.

In der Menge schrie jemand auf. Wütendes Geheul hub an.

Der Sheriff hob die Hand. »Seid mal ruhig! Seht euch den Kerl an! Wer kennt ihn?«

Ruhe trat ein. Die Leute drängten sich nach vorne. Niemand kannte ihn. Der Bandit verzog das Gesicht.

»Ins Office!«, sagte der Sheriff. »Kommen Sie mit, Doc! Sie auch, Sullivan.«

»Warum hängst du den Kerl nicht auf, Watson?«, schrie ein bärtiger Mann wild. Die Menge begann wieder zu brüllen.

Gleen Watson zog seinen Colt. Er winkte zwei Männer heran, schob ihnen den Banditen zu und wies mit dem Colt zum Office. »Ab!« Dann machte er zu den Leuten front. »Geht nach Hause!«

Es wurde still. Doch niemand wich vom Platz.

Der Sheriff lächelte. »Okay! Bloß, dreht mir nicht durch! Sein Leben ist jetzt wichtiger als das eines jeden anderen.« Er nickte. »Der Kerl bekommt seine Strafe. Doch vorher wird er erzählen. – Ist das verständlich?«

Niemand sagte ein Wort. Der Sheriff winkte dem Passagier und den Fahrern. »Sie auch, Sullivan!«

Sie gingen ins Office. Der Bandit lag bereits auf dem Tisch. Der Doc behandelte ihn. Einer der Männer hatte schon eine Zelle aufgeschlossen und stand wartend an der Jailtür.

Der Sheriff nickte den Männern zu und schickte sie dann hinaus. Er warf seinen Stetson mit einem gezielten Wurf auf den Haken an der Wand. Dann wischte er sich mit dem Tuch über das Gesicht und schnaufte. Schließlich holte er einen Steckbrief aus der Schublade und hielt ihn dem Banditen vor die Augen.

»Ist Spark Trill vielleicht Ihr Boss?«

Der Bandit stöhnte und drehte den Kopf zur Seite. Der Doc zog ihm gerade die Wunde zusammen und stach mit der Nadel durch das Fleisch. Der Sheriff sah kurz hin. Dann wartete er, bis der Doc fertig war. Er holte Flasche und Glas und gab dem Banditen zu trinken. Er stützte ihn sogar dabei. Danach stellte er seine Frage noch einmal. »Ist Spark Trill Ihr Boss, Mr. Mac?«

Der Bandit grinste dünn.

Der Sheriff sah ein, dass es im Augenblick sinnlos war, dem Banditen diese Frage zu stellen. Auf sein Geheiß brachten sie den Burschen ins Jail. Danach setzte er ein Protokoll auf. Dem Händler war außer Geld auch ein wertvoller Ring gestohlen worden. Das regte ihn dann mehr auf, als alles andere. Er drängte zu erfahren, ob er den Schaden von der Linie voll ersetzt bekommen würde.

»Erkundigen Sie sich beim Posthalter. Er wird sich Ihrer annehmen«, sagte Watson unwillig.

Die Fahrer unterschrieben das Protokoll. Dann geleiteten sie den Händler zum Belden Inn. Der Doc ging mit ihnen hinüber.

Der Sheriff schlug mit der Faust auf den Tisch. »Trüge ich keinen Stern, so wüsste ich in fünf Minuten über alles Bescheid.« Er warf einen drohenden Blick zur Jailtür herüber. »Vielleicht lasse ich den Bau morgen früh mal einen Augenblick unbewacht. Danach wird er sicher gern etwas erzählen wollen.« Er lachte grimmig. »Der dritte Überfall am gleichen Ort!« Er schlug sich vor die Stirn. »Warum habe ich damit nicht gerechnet? Ich hätte eine Falle dort aufstellen sollen.«

»Sie sollten das Jail jede Sekunde stark bewacht halten«, sagte Tom warnend. »Wenn er Spark Trills Mann ist, so wird er ihn herausholen.«

Der Sheriff stützte die Arme auf den Tisch. Er war von kleiner, gedrungener Gestalt. In seinem aufgeschwemmten Gesicht zuckte es nervös. »Das ist überhaupt eine Idee!«, rief er plötzlich begeistert.

»Sie wollen hier in der Stadt auf ihn warten, wie?«, fragte Tom und lächelte belustigt.

Der Sheriff nickte wild. »Genau das werde ich tun, Sullivan. Sie könnten mitmachen. Sie sind doch auf ihn scharf. Wir zwei würden das schon schaffen. Dann ginge die Prämie nur in die Hälfte.«

Tom atmete gepresst aus. »Spark Trill hat vor zwei Jahren meinen Freund erschossen. Comanche Bragg hatte eine Frachtlinie aufgemacht. Um schneller vorwärtszukommen, übernahm er dann und wann auch heiße Ladungen. So transportierte er vor zwei Jahren eine Kiste voller Goldbarren für den Armeestab von Fort Worth nach Cheyenne hinauf. Spark Trill bekam davon Wind, obwohl der Transport streng geheim gehalten worden war. Es ist nicht ein Mann davongekommen. Comanche Bragg und seine Männer wurden am Red River gefunden. Man fand auch Spark Trills Pferd. Es wurde wohl bei dem Kampf von einer Kugel getroffen. Nun wissen Sie, warum ich hinter ihm her bin.«

Der Sheriff lächelte. »Ich kenne die Geschichte, Sullivan. Doch Comanche Bragg ist tot. Auch die Goldbarren dürften längst im Eimer sein. Alles, was geblieben ist, ist die Kopfprämie von zehntausend Dollar in Silber.«

»Nehmen Sie zehn Mann für das Jail«, sagte Tom ruhig. »Wenn Sie Spark Trill erwischen, wären das immer noch tausend Dollar auf den Kopf. Das ist mehr wert als eine Kugel zwischen den Augen.«

Der Sheriff richtete sich auf. »Okay, Sullivan! Die Jagd in meinem Revier ist frei für Sie. Sie werden begreifen, dass ich mir die Leute hier genau ansehe. Seit dem zweiten Überfall ist die Stadt voller Kopfgeldjäger. Ich habe schon einige davongejagt. Wenn Sie wollen, können Sie einen Stern haben.«

Tom schüttelte den Kopf. »Das würde vielleicht nur hindern.«

Der Sheriff zuckte mit den Schultern. »Wenn Sie auf eigene Faust vorgehen wollen«, sagte er unwillig. »Von mir aus.«

»Sie haben mich falsch verstanden, Watson. Was ich herausfinde, das werden auch Sie erfahren.« Tom lächelte. »Wenn Spark Trill kommt, um seinen Kumpanen herauszuholen, bin ich hier der elfte Mann. Auf jeden der zehn Männer würden trotzdem tausend Dollar kommen.«

Der Sheriff kam um den Tisch herum. Er warf einen kurzen Blick auf den Hund. Dann legte er Tom die Hand auf den Arm. »Es ist okay, Sullivan. Burschen wie Sie sind verdammt dünn gesät. Ich bin froh, dass Sie hier sind.«

Es klopfte. Bevor der Sheriff rufen konnte, ging die Tür auf. Ein hochgewachsener Mann trat ein. Er war von Kopf bis Fuß dunkel gekleidet. Sein langes, schmales Gesicht war wettergebräunt. Tom sah ihm an, dass er gewohnt war, über weites Land zu blicken und in die Ferne zu spähen. Er sah diesem Mann auch die Meilen an, die er schon heruntergeritten hatte. Sicher saß er von Jugend an im Sattel.

Er deutete mit der Hand einen Gruß an, drückte die Tür hinter sich zu und sagte: »Ich bin Steve Autry.«

Der Sheriff nickte. »Was kann ich für Sie tun?«

Steve Autry lächelte mager. Er sah sie beide sehr eingehend an. Dann sagte er: »Zu dritt wären wir nicht zu schlagen. Uns würden jedem dreitausenddreihundertdreiunddreißig Dollar geradezu in den Schoß fallen.«

Der Sheriff stöhnte auf. Er sah Tom vielsagend an. Dann schnappte er wütend: »Scheren Sie sich zum Henker, Steve Autry!«

Diese Worte beeindruckten Steve Autry nicht. Er reckte den Kopf und schaute auf den Tisch. Dann trat er schnell heran. Er griff nach dem Steckbrief und hob ihn hoch. »Ohne Bild!«

»Na und?«, fragte Watson gereizt.

Steve Autry lächelte. »Haben Sie Spark Trill schon einmal gesehen?«, fragte er den Sheriff lauernd.

Tom wusste sofort, worauf der Mann hinauswollte. »Niemand hat Spark Trill je gesehen«, sagte er.

Steve Autry nickte. »Niemand weiß, wie er aussieht. Er hat jeden umgebracht, der ihn kannte. So wird es wenigstens erzählt. Und es scheint etwas daran zu sein, denn niemand weiß, wie er aussieht. Nur ich weiß das.«

»Sie kennen ihn?«, fragte Tom verblüfft.

Steve Autry nickte gelassen. »Ich kenne ihn.«

»Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«, fragte Tom.

»Bei Appomatox. Er stand neben mir, als General Lee für seine geschlagene Armee die Totenmesse las.«

»Das ist Jahre her«, sagte der Sheriff und winkte ab.

»Ich würde ihn trotzdem erkennen«, erwiderte Steve Autry. »Sie nicht, Sheriff. Sie würden nicht einmal etwas ahnen, wenn wir auf der Straße stünden und er ginge an uns vorüber. Ich habe eine reelle Chance.«

»Das kann jeder behaupten«, sagte der Sheriff.

In Steve Autrys Augen leuchtete es auf. »Machen wir den Pakt! Sie werden sehen, wie leicht Ihnen die dreitausenddreihundertunddreiunddreißig Dollar zufliegen, Sheriff. Um den einen, der dann noch übrig bliebe, könnten wir ja pokern.«

»Seit wann sind Sie in der Stadt?«, fragte der Sheriff ungehalten.

»Seit zwei Stunden. In bin fünfhundert Meilen geritten, um an die zehntausend Dollar heranzukommen. Nun muss ich auch noch durch drei teilen. Sie werden zugeben, bis jetzt habe ich von uns dreien das meiste tun müssen.«

»Scheren Sie sich zum Teufel!«, rief der Sheriff grob.

»Seien Sie kein Narr«, sagte Steve Autry und lächelte versöhnlich. »Er kommt vielleicht mit sechs Mann angeritten. Auf wen wollen Sie losgehen? Alle sechs schnappen Sie doch nicht allein. Sie müssten es dann mit mehr Leuten machen. Ihr Anteil würde bedeutend kleiner sein.« Er lachte auf. »Lassen Sie mich den Burschen da im Jail einmal ansehen. Vielleicht haben Sie ihn schon. Begreifen Sie endlich, wie wertvoll ich in dem Pakt bin. Wenn ich ein Egoist wäre, würde ich die Sache allein machen. Aber Sie sind der Sheriff, und Sullivan hat schon einen Burschen eingefangen. Ich finde, ich bin verdammt großzügig.«

»Wenn Spark Trill in meinem Revier ist«, bemerkte der Sheriff grimmig, »dann fange ich ihn auch ohne ihr Zutun.«

»Er ist hier«, erwiderte Steve Autry gelassen. »Jeder, der mit Spark Trill etwas abzumachen hat, ist in der Stadt.« Er lachte. »Es müsste sonderbar zugehen, wenn diese Jungens alle auf einer falschen Fährte ritten. No, Sheriff! Er ist ganz bestimmt hier. Postkutschenüberfälle sind seine Spezialität. Auf so etwas ist er geeicht.«

»Ein Jahr lang hat man von Spark Trill nichts mehr gehört«, warf Tom ein. »Es hieß, er sei außer Landes.« Er sah dabei Steve Autry scharf an. Er wollte hören, ob Autry mehr wusste als er.

»Spark Trill ist ein gerissener Fuchs«, gab Steve Autry zur Antwort. »Er hat sich ein ganzes Jahr im Verborgenen gehalten, um die vielen Häscher loszuwerden. Ein billiger Trick. Doch mich kann er nicht täuschen. Ich habe nie daran geglaubt, dass er für immer verschwunden ist. Er ist hier. Verlassen Sie sich darauf. Gehen wir ins Jail. Vielleicht haben Sie ihn schon. Sollte das der Fall sein ...« Er verstummte und sah den Sheriff und Tom nachdenklich an. »Schließen wir erst unseren Pakt!«