2034 - Stefan Koenig - E-Book

2034 E-Book

Stefan Koenig

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Beschreibung

2034. Wir leben in einer sterilen Demokratie, einer Art digitalem 1984. Noch nie habe ich so viele Menschen so mundtot erlebt. Ich selbst war scheintot und lag auf dem kalten Stahltisch der Pathologie. Deutschland war wieder einmal gespalten. Im Norden herrschte ein rigoroses Regime – und ER war wieder da. Im Süden hatte sich das Land zu einer komfortabel-digitalen Diktatur gemausert. Vielleicht erinnern auch Sie sich, wie es dazu kommen konnte. Alles begann mit diesem Virus. Damals, als ich hilf- und reglos auf dem Seziertisch lag und der Pathologe mit seiner Geflügelschere vor meinen starren Augen herumfuchtelte. 10 Jahre nach Corona 50 Jahre nach Orwells 1984 100 Jahre nach Gröfaz

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Stefan Koenig

2034

10 Jahre nach Corona - 50 Jahre nach Orwells 1984

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

2034

Stefan Koenig

Empört euch

Zur Beachtung

Auf dem Seziertisch 2022

Was Sie unbedingt noch wissen sollten …

Kurz bevor mich der Pathologe aufschlitzte

Genf, Frühsommer 2009

Gießen, Pathologie, Raum 508

Trottel am Werk

Opfer der Impfstory?

Genf, Schweinegrippe 2009

Nebenbemerkung

New Orwell 2034

Alte Geschichten

Das Video vom Prozess 2025

Das Urteil

Fahrt ins Ungewisse 2034

Auf dem Weg nach Weimar

Weimar, Kulturstadt im Fünften Reich

Ein Fantasie-Urteil auf dem Weg nach Berlin

Das Reichstheater: Er ist wieder da

Dank an

Dokumente aus dem Bunker

Anmerkung des Autors

Falls es Sie interessiert …

Teil 1

Teil II

Teil III

Anhang

Impressum neobooks

2034

Ein wirklich leistungsfähiger

totalitärer Staat wäre ein Staat,

in dem die allmächtige Exekutive politischer Machthaber

und ihre Armee von Managern

eine Bevölkerung von

Zwangsarbeitern beherrscht,

die zu gar nichts gezwungen

zu werden brauchen,

weil sie ihre Sklaverei lieben.

(Aldous Huxley in »Schöne neue Welt«)

»Die perfekte Diktatur wird

den Anschein einer Demokratie machen,

in dem die Gefangenen nicht einmal davon träumen auszubrechen.

Es ist ein System der Sklaverei,

bei dem die Sklaven dank Konsum

und Unterhaltung ihre Liebe

zur Sklaverei entwickeln.«

Dieses Zitat wird fälschlicherweise oftmals

Aldous Huxley zugeschrieben.

Es stammt jedoch aus der Feder

einer unbekannten Autorenschaft,

die Huxleys Werk »Brave New World«

lediglich zusammenfasste.

Diese Zusammenfassung ist jedoch

insoweit authentisch,

als Huxley sich inhaltlich

mehrfach ähnlich geäußert hat.

In einer Rede vor Studierenden in Kalifornien sagte er 1959 beispielsweise,

dass er glaube, »dass künftige Diktaturen

Menschen dazu bringen,

ihre Beherrschung nicht als solche

zu empfinden, weil sie durch neue Techniken der Propaganda und Gehirnwäsche

sowie durch pharmazeutische Methoden

manipuliert werden«.

Stefan Koenig

2034

10 Jahre nach Corona

50 Jahre nach Orwells 1984

100 Jahre nach Gröfaz

Bericht über die

willkommene Diktatur

Fantastischer Zeitreise-Roman Band 11

Empört euch

Sie sind wie wir. Doch sind sie es nicht gerne.

Sie machen sich nicht gern mit uns gemein.

Sie schickanier‘n uns lieber aus der Ferne

Und wollen gleich nur unter ihresgleichen sein.

Wir zahlen Steuern und sie setzen ab.

Wir legen Hand an und sie spekulier‘n.

Und halten unsre Ängste klug auf Trab,

Damit wir nichts kapieren beim Verlieren.

Sie sind die Reichen. Manchmal auch die Schönen.

Sie reden Unsinn und der wird gern publiziert.

Sie faseln gern von viel zu hohen Löhnen

Und dass das unsre Wirtschaft ruiniert.

Die Börse jubelt, wenn sie die entlassen,

Die ihnen ihren Reichtum eingebracht.

Gerichtlich sind sie eher nicht zu fassen,

Denn die Gesetze sind für sie gemacht.

Empört euch, beschwert euch

Und wehrt euch, es ist nie zu spät!

Empört euch, gehört euch

Und liebt euch und widersteht!

Die Visionäre spar‘n sich kühnere Entwürfe,

Selbst die Saturierten wirken blutleer, wie kastriert.

Die Demonstranten fragen scheu,

Was sie noch dürfen,

Und an der Börse wird ein Gesslerhut platziert.

Die Menschenwürde, hieß es, wäre unantastbar,

Jetzt steht sie unter Finanzierungsvorbehalt –

Ein Volk in Duldungsstarre, grenzenlos belastbar,

Die Wärmestuben überfüllt,

Denn es wird kalt.

Den meisten ist es peinlich, noch zu fühlen

Und statt an Güte glaubt man an die Bonität,

Man lullt uns ein mit Krampf und Kampf und Spielen

Schau‘n wir vom Bildschirm auf,

Ist es vielleicht zu spät …

Die Diktatur ist nicht ganz ausgereift, sie übt noch.

Wer ihren Atem spürt, duckt sich schon präventiv.

Und nur der Narr ist noch nicht ganz erstarrt,

Er übt noch und wagt zu träumen,

deshalb nennt man ihn »naiv«.

Empört euch …

Verschwört euch …

Wir brauchen Spinner und Verrückte,

Es muss etwas passier‘n.

Wir sehen doch, wohin es führt,

Wenn die Normalen regier‘n.

(Songtext von Konstantin Wecker aus dem Jahr 2011)

Zur Beachtung

Bitte vergessen Sie nicht,

dass es sich bei dem vorliegenden Werk

um eine frei erfundene Story handelt.

Keine Angst also, SIE sind nicht gemeint!

Personen- und Orts-Namen,

die Ihnen vielleicht

bekannt vorkommen mögen,

gehören nicht zu real existierenden

Personen oder Orten.

Jedenfalls gibt es sie so nicht, nicht so!

Orte, Ereignisse und Romanfiguren

sind allesamt Erfindungen.

Nackte Illusionen.

Faktische Fiktionen.

Fiktive Fakten.

Berlin und Frankfurt

– gibt es diese Orte wirklich?

Ich bin mir in nichts mehr sicher.

Vielleicht wissen Sie mehr.

Der Autor legt Wert auf die Feststellung,

dass Alice Weidel und Karl Lauterbach

tatsächlich nicht

mit Adolf Hitler gesprochen

oder Deutschland geteilt haben.

Und noch etwas:

Ich bin Timur Vermes

für seinen Roman

»Er ist wieder da«

äußerst dankbar – ein starkes Buch!

Aber auch diesbezüglich lege ich

Wert auf die Feststellung,

dass der hier erwähnte Timbur Varmes

nicht mit Timo Vermes identisch ist

Auf dem Seziertisch 2022

Was Sie zuvor wissen sollten …

Ich schreibe Ihnen aus dem Jahr 2034. Und ich lebe noch, besser gesagt: gerade noch. Im Jahr 2022 – und damit beginne ich meinen Tatsachenbericht – lag ich als Corona-Impfopfer auf dem Seziertisch der Pathologen, gelähmt und hilflos, mit starren Augen an die Decke schauend, während ich mitbekam, wie man mich aufschneiden wollte. Ich sah mein letztes Stündlein schlagen. Überhaupt – schlagen war »in«. Draußen schlugen sich in Straßenschlachten Geimpfte und Ungeimpfte. Dann erinnere ich mich an einen schrecklichen Wintersturm im selben Jahr – es war der Sturm des Jahrhunderts.

Schließlich folgte ein erholsames und hoffnungsvolles Jahr 2023, und wir riefen die »Freie Republik« aus. Während in der zersplitterten Restrepublik das Covid-Virus und eine ziemlich wirre Politik tolle Blüten trieben, blieb unsere Freie Republik erstaunlich Virus frei. Vor zehn Jahren aber, im Jahr 2024, legte die neue Ampel-Regierung ein Gesetz nach dem anderen vor – was allerdings die grundgesetzliche Substanz unseres Gemeinwesens gehörig untergrub. Rundum spielte zudem die ganze Welt verrückt.

Die Hysterie um Covid-19 bringe mehr Menschen um als Covid selbst, sagten einige. Andere meinten, diese Art Aussagen seien eine Verharmlosung eines gefährlichen Virus, wie ihn unser Planet noch nicht erlebt habe.

Während dieses zweijährigen Pandemie-Palavers verdoppelten die zehn reichsten Familiendynastien der Welt ihr Vermögen auf 1,5 Billionen Dollar, was einem Durchschnittszuwachs von 1,3 Milliarden pro Tag entsprach. Demnach stieg das Vermögen der Milliardäre während der Pandemie stärker als in den gesamten vierzehn Jahren zuvor.

Für Milliardäre glich die Pandemie einem Goldrausch. Regierungen hatten Milliarden in die Wirtschaft gepumpt. Ein Großteil dieser Milliarden blieb bei Menschen hängen, die von steigenden Aktienkursen besonders profitierten. Während ihr Vermögen so schnell wuchs wie nie zuvor und einige von ihnen aus Langeweile und luxuriösester Neugier Ausflüge ins All unternahmen, hatte die weltweite Armut drastisch zugenommen.

Prost!

Zum Wohl!

Nun ja, ich möchte Sie, liebe Leserschaft, nicht mit Trivialitäten langweilen. Wir kennen das alles zur Genüge. »Im Westen nichts Neues« – dieser Anti-Kriegs-Roman von Erich Maria Remarque aus dem Jahr 1928 hatte mich als Gymnasiast besonders beeindruckt. Er handelt vom Ersten Weltkrieg. Ein Nachkriegsroman. Dann kam der Mann aus Österreich mit dem ekligen Schnauzer und verwandelte Remarques Nachkriegsroman in einen Vorkriegsroman.

Ich erinnere Sie ungern, aber es scheint mir angemessen: Noch immer schreibe ich aus dem Jahr 2034. Vor einem Jahr, genau am 30. Januar 2033 – auf den Tag genau hundert Jahre nach SEINER Machtergreifung – rief Alice Weidel in Berlin vom Balkon des neuen Stadtschlosses aus das Fünfte Reich aus. Dabei schwenkte sie die schwarz-weiß-rote Reichsfahne, in der Mitte ein kreisrundes Weiß mit ihrem Konterfei. Gleichzeitig proklamierte Karl Lauterbach in Frankfurt am Main vom Balkon des Römers aus die Fünfte Republik – in Schwarz-Rot-Gold, in der Mitte ein kreisrundes Weiß mit einem fetten Schweizer Roten Kreuz. Das Interessante daran: Beide Staatsformen unterschieden sich kaum. Und dann kam da noch jene bereits erwähnte Gestalt ins Spiel, die jeder kennt – ja, ER war plötzlich wieder da. ER war das Ergebnis jener unsäglichen Corona-Pandemie. Spannend war die Frage, wo er sich feiern lassen würde – bei Alice oder bei Karl?

Diktatoren lieben es, ihre Wiederauferstehung in anderen Gewändern zu zelebrieren. Und die dazu gehörigen feschen Diktaturen verbrämen sich in neuen Staatsformen (möglichst digital) und wollen nicht als Diktaturen erkannt werden. Das alles ist verständlich. (Verkleidete Karnevalisten möchten bei einem vereinsinternen One-Night-Stand auch nicht immer erkannt werden – Alimente, Alimente!). Und wenn ich völlig unbefangen zurückblicke, so begann alles zunächst ziemlich demokratisch.

Wenn ich Ihnen, meine verehrten Leserinnen und Leser, alles der Reihe nach erzählen soll, dann muss ich wohl oder übel bei jenem Übel aus Wuhan anfangen. Vielleicht aber liegt aller Anfang, gewissermaßen die Geburt der Pandemie, in den Köpfen einiger weltbeherrschender Multimilliardäre. Dann würde mich der Erzählstrang erst einmal in die Schweiz führen. Schweizer Käse? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.

Sie bemerken sicher: Ich befinde mich an einer Weiche und bin bereits jetzt in der misslichen Lage, diese Weiche stellen zu müssen. Die Wege scheinen sich zu trennen – warten wir ab, ob sie wieder zusammenfinden. Verworrene Wege? … Okay, geben Sie sich einen kleinen Ruck und gehen Sie mit mir diese – vielleicht weite, vielleicht aber auch kurzweilige – Strecke mit. Immer in der sprichwörtlichen Hoffnung, dass alle Weg nach Rom führen … oder eben in die Schweiz.

Was Sie unbedingt noch wissen sollten …

Ich habe mir erlaubt, Personen der Zeitgeschichte mit ihren Klarnamen zu benennen. Nur SEINEN Namen habe ich nicht verwenden können, weil er mir bis zum heutigen Tag einfach entfallen ist. SEIN Vorname begann mit »A« und klang so ähnlich wie Arnulf, Alfons oder Arthur. SEIN Nachname begann mit »Hit« oder »Höt« oder »Hät« und könnte Hätler gelautet haben. Aber – ehrlich gesagt – ich weiß es nicht mehr.

In den Fällen, in denen es sich nicht um Personen der Zeitgeschichte handelt, tauschte ich die Namen aus. Wer immer sich wiedererkennen mag, dem sei es unbenommen, sich in die Stiefel einer beliebigen Romanfigur zu stellen. Ich selbst nenne mich so, wie mich mein Autorenname ausweist. Personen, die in diesem Roman nicht vorkommen, obwohl es ihnen vielleicht eine Ehre gewesen wäre, mögen mir verzeihen. Weniger bekannte Personen, die mir gerade deshalb nahe stehen, habe ich verfremdet.

Die hier geschilderte Geschichte gehört zweifellos in die offizielle Geschichtsschreibung und ist somit eindeutig wahr – selbst dann, wenn die Geschichte eines Tages von regierungshörigen Historikern auf Geheiß der Machthaber umgeschrieben werden sollte. Was hier geschrieben steht, ist unverfälschte Zeitgeschichte. Sie ist aus der unmittelbaren Wirklichkeit geschöpft und allein der schöpferischen Suche nach dem Sinn einer Pandemie geschuldet, von denen manche Querulanten vermuten, sie sei erfunden – was ich übrigens sehr bezweifele. Falls Sie die hier geschilderte und heute erlebte Zeitgeschichte so (oder so ähnlich) wie ich empfinden, dann befinden Sie sich auf der gesegneten Seite der Geschichtsschreibung. Natürlich hoffe ich, dass Sie dabei nicht auf dem Seziertisch landeten, wie es mir passierte.

Und jetzt zur Sache!

Es ging um alles. Wenn es um das eigene Leben geht, es sozusagen auf dem Spiel steht, erlebt man eine schauerliche Zitterpartie. Sie können gerne aus Sympathie mitzittern. Der Ehrlichkeit halber aber muss ich Ihnen gestehen: Es ist mir egal.

Jetzt ist es mir egal, völlig egal.

Kurz bevor mich der Pathologe aufschlitzte

Ich liege da; jedenfalls habe ich das unbestimmte Gefühl, dass ich liege. Aber ich weiß es nicht mit hundertprozentiger Gewissheit. Ich habe das Gefühl, dass meine Augen offen sind, doch selbst das könnte ich nicht beschwören, denn es ist so dunkel, dass ich einen Moment lang glaube (wie lange genau, das weiß ich nicht), ich sei vielleicht noch immer bewusstlos. Dann wird mir langsam klar, dass Bewusstlose nicht solche Gefühle haben können. Ein Fetzen Erinnerung dringt zu mir durch und behauptet, das Unglück habe mit der Diskussion um die Corona-Impfung begonnen.

Es stimmt ja auch, noch vor kurzem hatte ich mit meinem Arbeitskollegen Ben (wir arbeiten im gleichen Verlag im gemeinsamen Büro, aber ohne Maske) das sehr spezielle Thema diskutiert: Wer kann wen anstecken? Wer ist für wen gefährlich? Sollten wir uns auf drei Metern Entfernung acht Stunden am Tag gegenüber sitzen und uns unter einer widerlichen Maske bei der Arbeit abquälen?

Kein einfaches Thema: Sollte man das Virus mit einem unwirksamen Impfstoff, den man alle paar Wochen neu spritzen musste, gewissermaßen mit einer Art Dauerimpfschleife, bekämpfen? Oder sollte man auf die Eigenimmunisierung vertrauen, nachdem die erste und aggressivste Virusvariante durch war? Zu letzterem gab es eine Menge länderspezifischer Beispiele. Aber weder Ben noch ich hatten damals das Bedürfnis, uns mit dieser Frage als Hobbyforscher hervorzutun und das Laien-Spiel der »Alleswisser« auf Social Media mitzuspielen.

Und es interessiert mich im Moment auch wirklich nicht. Im Moment habe ich das Gefühl, mich durchs Dunkel zu bewegen, von einem leisen rhythmischen Geräusch begleitet, das nur ein quietschendes Rad sein kann.

Ich bin ziemlich sicher, dass ich mich ohne mein Zutun bewege. Und ich spüre mich; spüre meinen Körper von der rasierten Glatze bis zu den pedikürten kleinen Fußzehen. Ich glaube, etwas rundum riecht nach Gummi oder Vinyl – und dieser Geruch rollt mit mir. Das ist keine Bewusstlosigkeit; meine Empfindungen sind zu echt, um ein Traum zu sein.

Wo also bin ich?

Was passiert mit mir?

Bin ich der, den ich persönlich kenne, wenn ich noch in den Spiegel schauen könnte?

Seien Sie, verehrte Leser, bitte in den kommenden Minuten tapfer. Zumindest Sie sollten unerschrocken und bei Bewusstsein bleiben.

Wenigstens Sie!

Sie wissen, was auch ich weiß: Ich liege im Dunkeln und rolle und glaube, ich sei bewusstlos. Dann dämmert mir langsam, dass Bewusstlose nicht das Gefühl haben, sich durchs Dunkel zu bewegen, von einem leisen, rhythmischen Geräusch begleitet, das nur ein quietschendes Rad sein kann. Das idiotische Quietschen jenes dämlichen Rades verstummt, und ich höre plötzlich auf, mich zu bewegen. Der Gummigeruch bekommt eine zweite Dimension und wird als Knisterton hörbar. Kann so etwas sprechen? Oder ist das eine menschliche Stimme?

Stimme Eins: „Wohin soll er?“

Keine Antwort. (Versinkt jetzt mein Hörorgan in die besagte Bewusstlosigkeit?)

Nach langer Pause, Stimme Zwei: „In die 508, glaub‘ ich ...“ Erneute Pause, jedoch nicht so lange wie zuvor, dann: „Ja, doch, Tiefgeschoss, die Fünfhunderter-Abteilung.“

Ich werde wieder in Bewegung gesetzt, diesmal etwas langsamer. Da schlürfen Füße, wahrscheinlich in irgendwelchen Badelatschen, vielleicht in Clogs. Die Besitzer der Stimmen sind auch die Besitzer der Schuhe. Schon wieder halten sie inne und Stimme Eins sagt:

„Komisch, warum für das Tiefgeschoss die Raum-Nummern aus dem fünften Stock vergeben wurden.“

Stimme Zwei: „Weil es nur vier Stockwerke gibt, Blödmann!“

Ich kapiere das Ganze nicht; ich höre ein Geräusch, als drücke jemand auf einen schwergängigen Knopf, dann höre ich einen dumpfen Schlag, dem ein leises Zischen folgt. Aha, eine Sicherheitstür, die mit Druckluft geöffnet wird.

Hey, was ist hier los?, schreie ich, aber der Schrei tönt nur in mir, wahrscheinlich nur in meinem Kopf. Mein Mund bewegt sich nicht, ebenso wenig wie meine Lippen, die geschlossen bleiben, lose aufeinander liegend. Ich denke, ich kann sie fühlen – und meine bleierne Zunge, die wie eine Flunder auf dem Meeresboden meiner Mundhöhle liegt. Aber ich kann diese Flunder nicht aufscheuchen, nicht in Bewegung bringen. Trotz meiner starken Willenskraft bleibt sie einfach wie betäubt auf dem feuchten Boden und rührt sich nicht.

Das Ding, auf dem ich zu liegen scheine, kommt wieder in Fahrt. Ein großes rollendes Skateboard? Ungewöhnlich, sehr ungewöhnlich, das kenne ich nur aus der Simpson-Serie! Eher ein rollendes Bett. Ahhh, jetzt dämmert‘s mir: eine Krankentrage. Ich liege auf einer rollbaren Krankentrage. Damit habe ich mal auf einer Anti-Castor-Demo Bekanntschaft gemacht. Damals hatten sich die Sanitäter über meinen zusammengeschlagenen Zustand belustigt und dachten, ich würde sie nicht hören. Sei’s drum. Sehr unsensible Sani-Täter. Egal. Es ist Vergangenheit.

Das Letzte, was mit mir geschehen ist, woran ich mich im Moment erinnere, spielte sich an einem schönen Mai-Nachmittag in einer Kabine in jenem umgeräumten Möbelhaus Roller in Heuchelheim ab – später einmal werde ich behaupten »Heuchelheim« oder auch »Meuchelheim« seien geeigneten Namen für so ein Impfzentrum gewesen.

Ich versuche krampfhaft, mich zu erinnern, was geschehen ist. Da war zuerst der Arzt, der routinemäßig und ziemlich unbeteiligt nach meinen Vorerkrankungen fragte. Ich schilderte ihm ausführlich meine Bedenken. Zwischendurch kamen zwei Mädels in ihren sterilen Impfklamotten und fragten ihn irgendeinen organisatorischen Kram. Schließlich sagte er wie abwesend zu mir: „Alles kein Problem. Kabine 3 ist frei.“

Dann setzte er mir die Spritze. Das Schild auf seinem Kittel weist ihn als Dr. Widuweit aus. Der kurze Pieks, dann zehn Minuten abwarten. Und dann geschah es wohl. Was dann passierte, entzieht sich meiner Erinnerung.

Was mein Hier und Jetzt allerdings betrifft, wird mir aus den Reden der fremden Stimmen klar, dass ich im fünften Stock eines Krankenhauses bin, dass mir etwas sehr Schlimmes zugestoßen ist, und dass ich operiert werden soll. Andererseits liegt das fünfte Stockwerk im Tiefgeschoss … Wie geht das? Wie passt das zusammen?

Da sagt Stimme Eins: „Ist doch einfach Schwachsinn, dem Untergeschoss hohe Raum-Nummern zu verpassen.“

„Wegen der Angehörigen“, höre ich Stimme Zwei antworten. „Die brechen doch sonst in Tränen aus, wenn sie am Telefon erfahren, sie sollen mit dem Aufzug ins Untergeschoss auf -1 fahren, um dann Raum -13 aufzusuchen. Minusgeschosse, Hölle, Tod und Teufel und dazu diese martialische Unglückszahl – 13. Jeder gefühlvolle ärztliche Kondolenz-Versuch wäre für die Katz. Problem verstanden, Bubi?“

Meine Gedanken fliehen zurück zum Krankenhaus und überhören das Gehörte. In der Krankenhaus-Idee stecken viele beruhigende Gedanken. Ich habe keine Beschwerden, spüre keine Schmerzen. Von der Kleinigkeit abgesehen, dass ich in Todesangst schwebe, fühle ich mich total fit. Nur eines wirkt auf mich etwas beunruhigend: Wenn das Krankenpfleger sind, die mich in einen OP-Saal rollen, warum kann ich sie dann nicht sehen, obwohl, wie ich denke, meine Augen offen sind? Und warum kann ich nicht sprechen und sie fragen?

Eine dritte männliche Stimme ruft von etwas weiter her: „Hier zu mir, Jungs!“

Mein rollendes Bett wird in eine neue Richtung geschoben, und die Frage, die mir durch den Kopf geht, lautet: In welche Scheiße bin ich verwickelt?

Und wer hat meine Operation veranlasst?

Hängt das nicht davon ab, wer du bist, frage ich mich, denn das ist wenigstens etwas, was ich weiß, wie ich jetzt feststelle. Ich bin Stefan Koenig, das wird wohl stimmen. Aber was macht man hier mit mir?

Zweite Stimme (spricht direkt über meinem Kopf): „Hui, haben Sie die Haare schön, Frau Doktor!“

Vierte Stimme (weiblich, eher kühl): „Immer wieder nett, Ihre Komplimente, Pit. Aber könnten Sie sich eventuell ein wenig beeilen? Ich möchte gerne zu WER WIRD MILLIONÄR zu Hause sein und einen netten Abend mit meinem Gast aus Amerika verbringen.“

Die Jauch-Sendung um Viertel nach acht. Es muss ein Freitag sein. Es ist noch Nachmittag, vielleicht später Nachmittag, aber hier ist es rabenschwarz, Schwarzer Frühling 2022 hin oder her, warum ist ein Mai-Nachmittag total finster? Was geht hier vor? War ich wirklich im Impfzentrum, bevor ich hierher kam? Was habe ich gemacht? Oder anders gefragt: Was hat man mit mir gemacht? Warum habe ich nicht am PC gesessen und meine Covid-Story zu Ende gebracht? Oder habe ich sie gar schon bei Facebook eingestellt und ich habe ... habe ... habe vielleicht unangenehmen Besuch bekommen?

Ein Geräusch: KLACK! Ein Geräusch, das ich liebe. Ein Geräusch, bei dem ich mich sicher fühle. Ein Anschnallgurt. Aha, ich werde liegend im Auto gefahren. Ich werde wahrscheinlich jeden Moment zu Hause ankommen.

Eine Art Taxi-Service.

Aber alles totaler Quatsch, kann gar nicht sein, denn ein fahrendes Auto macht Geräusche einer anderen Art – das hier quietscht höchstens wie ein kaputtes Rad an einem Kettcar.

Ich werde an Schultern und Waden gepackt und hochgehoben. Das erschreckt mich furchtbar, und wieder versuche ich zu schreien. Wieder bleibt der Schrei irgendwo im Nirwana zwischen Wollen und Können stecken. Kein Ton verlässt meine tonformende Mundhöhle ... Oder vielleicht ein einziges winziges Quietschen nur, viel leiser als das des Rades unter mir. Wahrscheinlich nicht einmal das. Wahrscheinlich bilde ich mir das nur ein.

Warum tut meine Zunge nichts? Plötzlich schießt mir ein schrecklich obszönes Bild durch den Kopf, das eine befreundete Malerin für den Kunstverein Laubach, KVL, gemalt hatte. Kurz, sehr kurz, schießt die Erinnerung ein, wie sehr sich der örtliche Karnevalsverein und der Kunstverein um das Kürzel KVL stritten. Ich liebe Vereinsstreitereien. Sie beweisen immer wieder Einsteins Relativitätstheorie – denn es gibt sie tatsächlich, die relative Blödheit. Natürlich hat Einstein weit darüber hinaus gedacht, relativ gesehen. Letztlich entschied zwischen den konkurrierenden Vereinen das Los. Gezogen hatte ich (als neutraler Schriftsteller) jenes friedensstiftende Glückslos. Leider erinnere ich mich im Moment nicht mehr, wer sich nun glücklich fühlen und KVL nennen durfte.

Meine Gedanken reißen ab. Dann, mit einem Mal, werde ich in dem mich umgebenden Dunkel durch die Luft geschwungen. He, lasst mich nicht fallen, ich habe Rückenprobleme, versuche ich zu sagen. Es stimmt zwar nicht, doch wann taugen Notlügen, wenn nicht in dieser Situation? Und auch diesmal bewegen sich weder Lippen noch Zähne. Meine Zunge liegt weiter auf dem Meeresboden. Die Flunder ist inzwischen vielleicht für immer eingeschlafen, und ich habe jetzt einen schrecklichen Gedanken, der Angst auslöst, die fast schon einer gediegenen Panik gleicht: Was ist, wenn sie mich falsch hinlegen, wenn meine Zunge nach hinten rutscht und meine Luftröhre blockiert? Ich werde nicht mehr atmen können. Das meinen Leute, wenn sie sagen, jemand habe seine Zunge verschluckt, nicht wahr? Kein Atem, kein Leben. Kein Leben, kein Buch, kein Bericht über jenes Jahr 2034, von dem ich jetzt nicht einmal weiß, ob ich es je erleben werde. Langsam drehe ich am Rad ...

Ich rekapituliere nun ein drittes Mal, was bisher geschah: Ich glaube, ich bin bewusstlos und werde auf einer Krankenliege zum OP gefahren. Aber das kann nicht stimmen, denn Bewusstlose kriegen eigentlich nichts mit. Ich hingegen kriege allerhand mit. Ich höre mehrere Stimmen, und ich habe das Gefühl, dass ich Gefühle habe. Aber ich sehe nichts. Und ich kann nicht sprechen. Jedenfalls nicht wirklich. Ich spreche mehr in Gedanken. Alles, was sich Erinnerung nennt, besteht darin: Ich saß auf einem Plastikstuhl und starrte, nach der Impfspritze, zehn lange Minuten auf die große Uhr, die vor Bens und meiner Nase an der Frontseite der Beratungskabine tickte – wie eine Zeitbombe.

War das ein überirdischer Hinweis: Deine Zeit läuft ab?

Oder hatte ich einen besonders schwierigen Corona-Ausbruch und bin hinüber – und was ich wahrnehme entspricht jener bekannten Nahtod-Erfahrung?

Oder will man mich retten – wovor auch immer? Komme ich jetzt unters Messer? Warum? Wozu? Was ist hier wirklich los?

Zweite Stimme (Pit): „Der wird Ihnen gefallen, Frau Doktor, er sieht aus wie Stephan Remmler. Vielleicht ist er‘s. Seine Personalien und die Impfakte kommen in den nächsten dreißig Minuten, hat man uns versprochen.“

Ärztin: „Wer ist Remmler?“

Dritte Stimme, scheint ein junger Mann zu sein, kaum älter als ein Teenie: „Das ist dieser Sänger von der Gruppe TRIO. Ihr Jahrgang, Frau Doktor! Sind 1982 mit dem Hit »Da da da« groß rausgekommen. Ich glaub‘ aber nicht, dass er‘s hier ist.“

Das löst Gelächter aus, in das die weibliche Stimme einstimmt (eher zweifelnd), und als ich auf etwas gelegt werde, das sich wie ein ungepolsterter Stahltisch anfühlt, macht Pit bereits den nächsten köstlichen Witz. Er hat anscheinend ein ganzes Repertoire davon auf Lager; vielleicht sogar auswendig Gelerntes von der Facebook-Seite »Humor ist, wenn man trotzdem lacht«. Ich jedenfalls verpasse diese neuerliche Heiterkeit, weil mich jähes Entsetzen befällt. Wenn meine Zunge meine Luftröhre blockiert, werde ich nicht atmen können, das war der Gedanke, der mir noch eben durch den Kopf gegangen war. Aber was ist, wenn ich gar nicht atme?

Was ist, wenn ich tot bin? Was ist, wenn der Tod genauso aussieht? Man kann nicht mehr sprechen, kann nichts mehr sehen – außer schwärzestes Schwarz.

Das passt. Das passt mit schrecklicher Genauigkeit zu allem. Das unheimliche Dunkel. Der Gummigeruch – als Sanitäter bei der Bundeswehr hatte ich einmal eine Inventur für Leichensäcke durchführen müssen, natürlich ohne Leichen. Und jetzt erkenne ich dieses Gefühl, diesen Geruch plötzlich wieder.

Großer Gott, ich bin in einem Leichensack.

Genf, Frühsommer 2009

Lange ist’s her, das Jahr 2009. Die erste große Weltwirtschaftskrise nach 1929. Bumm! – das Platzen der US-Immobilienblase 2007. US-Bankencrash 2008, erweitert von Banken- und Unternehmens-Crashs in Europa in der Folgezeit. Vernichtung von Kapital in Billionenhöhe. Pleite der größten US-amerikanischen Investmentbank »Lehman Brothers« – gegründet 1848 auf dem profitablen atlantischen Geschäftsfeld des Sklavenhandels. Jetzt war alles mit einem Schlag futsch. Die Zeit zwischen 2007 und 2010 – die erste bedrohlich große Krise des Casinokapitalismus.

Es ist Frühsommer. Genf, die Hauptstadt des gleichnamigen Schweizer Kantons. Eine Stadt zwischen den Alpen und dem Juragebirge vor der spektakulären Kulisse des Mont Blanc an der Südspitze des Genfer Sees. Sitz der Weltgesundheitsorganisation, WHO, und diverser Waffenhändler-Ringe und Politkrimineller – was natürlich nichts zu sagen hat. Vielleicht aber ist die unmittelbare Nähe der Gemeinde Cologny, gelegen am östlichen Genfer Seeufer, von etwas mehr Bedeutung. Dort hat Klaus Schwab, Gründer und Präsident des Weltwirtschaftsforums, WEF, samt seiner Stiftung seinen Geschäftssitz. Und er ist sehr geschäftig. Jahr für Jahr schart er die wichtigsten und mächtigsten Wirtschaftsbosse um sich. Sie beratschlagen. Sie denken nach. Sie planen. Sie spielen Strategien durch. Alles halb so wild.

An jenem Frühsommerwochenende, an einem Samstag, kurz vor Mitternacht, geht die WHO-Chefin, Margaret Chan aus der Volksrepublik China, und WEF-Chef Schwab, ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler, schweigsam ihren Gleichgesinnten zum Schwarzen Salon voraus. Nicht alle ihrer sieben Gäste kennen sich in dem langgestreckten, stahlgestärkten Glasgebäude aus. Thierry Malleret, Schwabs strategischer Mitstreiter, ist das erste Mal dabei; Gates hatte darauf bestanden.

Der Sekretär des Präsidenten der Rockefeller Foundation, Edwin R. Embree, und der Schatzmeister dieser einflussreichen Stiftung, Mr LG Myers, haben zwar mit dem Bellagio Center – der Villa Serbelloni im italienischen Bellagio am Comer See – ein äußerst repräsentatives Konferenzzentrum, aber es herrschte von Anbeginn Einvernehmen darüber, dass das heutige Treffen in der Zentrale zukünftiger Entscheidungen hier stattzufinden habe, hier, im Haus der Weltgesundheitsorganisation.

Die neun mächtigen Entscheidungsträger treten wie Verschwörer auf, sind es aber nicht. Im Gegenteil: Ihre Ideen und Absichten sollen sehr publik werden. Sie haben eine Nachtsitzung vor sich. Und überhaupt: Es liegen nicht nur ein paar Nächte, nein, es liegen äußerst schwierige und langwierige Monate der publizistischen Kriegsführung im Namen der Weltgesundheit vor ihnen.

Der Flur liegt verlassen im Halbdunkel, und selbst im Aufzug sind die neun philanthropischen Avantgardisten – denn so verstehen sie sich – unter sich. Nicht einmal die Wachmannschaft des Sicherheitsdienstes hat auch nur einen der Gäste gesehen. Niemand der Security-Leute hat auch nur einen blassen Schimmer von diesem Vorgang. Und sie können das Treffen allein deshalb nicht wahrnehmen, weil die Gruppe das Gelände weitab vom Zentralgebäude über eine unterirdische, unauffällige Einfahrt inmitten der Genfer Altstadt, direkt neben dem zentralen Innenstadtparkhaus, erreicht hat und nun die letzten Meter zu Fuß im Inneren des Glasgebäudes zurücklegt.

Die Geheimnistuerei wäre eigentlich nicht nötig gewesen, denn man trifft sich sowieso in regelmäßigen Abständen auf Konferenzen und Meetings von Denkfabriken und Stiftungen. Doch dieses Treffen war eilbedürftig. Es war kein anderer gemeinsamer Termin frei gewesen. Und die grassierende Schweinegrippe nahm keine Rücksicht auf die Terminkalender der Mächtigen.

Der Mond scheint müde durch ein paar Wolkenfetzen in den Glaspalast hinein, und der Sommer kann sich noch nicht entschließen, ob er sich in Bewegung setzen soll. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Gruppe hier trifft. Doch dieses Treffen ist von höchster Bedeutung. Ein mächtiger Mann geht neben Margaret Chan, die ihm die größtmögliche Aufmerksamkeit zukommen lässt, schließlich ist er – noch vor der Rockefeller Foundation – der größte Geldgeber ihrer Organisation.

Bill Gates steht mit Frau Chan seit ihrer Nominierung als Generaldirektorin der WHO im Jahr 2006 in ständiger Verbindung. Gates und seine Frau Melinda, beide beratende Mitglieder der World Health Assembly, dem WHO-»Parlament«, hatten die Wahl der Chinesin als Generalsekretärin befürwortet. Lange zuvor hatten sie bereits Kontakte zu ihr geknüpft – die Volksrepublik China musste bei ihrem Plan mitspielen, sonst wäre das globale Spiel schon zu Beginn verloren gewesen.

Außerdem bestand die Absicht, das chinesische Hochsicherheitslabor in Wuhan gemeinsam mit personellen und finanziellen Mitteln der »Rockefeller University« und Rockefellers »Johns Hopkins University« in Kooperation mit der Gates-Stiftung zu unterstützen. Dann hatte man einen Fuß in der Tür. Es ging um die Viren-Forschung, genauer gesagt: um die Erforschung von Viren, die durch Mutation vom Tier auf den Menschen überspringen können – „gain of function research“. Das ist Forschung, Viren gefährlicher zu machen, worauf das Institut für Virologie in Wuhan ausgelegt war. So etwas wird in den USA nur dem Militär und den Geheimdiensten erlaubt. Deshalb kann sich daran kein privater Geldgeber beteiligen und mitmischen. Anders in der Volksrepublik China.

Der große ovale Tisch erinnert ein wenig an den Besprechungstisch im Oval Office des Weißen Hauses. Frau Chan hat Wasser und Säfte vor jedem Platz servieren lassen; Salate werden später als Vorspeise kredenzt und irgendwann wird das Menü aufgefahren. Die Generaldirektorin weiß, was sich gehört und wendet sich zu Beginn ihrer Besprechung an die Eheleute Gates: „Ohne die Mittel Ihrer-Stiftung, verehrte Melinda, lieber Bill, wären viele Gesundheitsziele unserer Organisation, etwa die Ausrottung der Kinderlähmung, gefährdet. Wir sind Ihnen zu großem Dank verpflichtet.“

„Keine Ursache. Das ist Vergangenheit“, ergreift Bill Gates das Wort. „Wir haben ein neues, überaus großes, weltumspannendes Projekt vor uns, das weit über jenes frühe Projekt in Sachen Kinderlähmung hinausgeht. Ich würde mich freuen, wenn die Anwesenden den Vorschlägen meiner Frau und mir folgen könnten.“

Margaret Chan ist beruhigt, dass Bill nicht auf Mr Gostin, ihren Direktor des Collaborating Centre on National and Global Health Law der WHO zu sprechen kommt. Gostin ist notwendigerweise anwesend. Sie hatte befürchtet, das könne zum Einstiegsproblem werden. Erst kürzlich hatte er nämlich ein unglückliches Interview in der Washington Post gegeben. Obwohl er die „Großzügigkeit und den Einfallsreichtum“ von Philanthropen wie Gates lobte, hatte er Bedenken hinsichtlich der übermäßigen Abhängigkeit von privaten Spenden geäußert.

„Der größte Teil der Gates-Gelder ist an spezifische Ziele gebunden. Das bedeutet, dass die WHO nicht selbst Prioritäten setzen kann, sondern einem weitgehend privaten Akteur verpflichtet ist. Und die Gates-Stiftung hat natürlich keine demokratische Rechenschaftspflicht.“

„Zu viel Einfluss?“, hatte daraufhin der letzte Fragesatz in dem Artikel der Washington Post gelautet.

Fast hätte die Sache in einem Pressekrieg geendet, aber Chris Elias, Präsident des »Global Development Program« der Bill & Melinda Gates Foundation, hatte recht diplomatisch eine Gegenmeinung in der Washington Post untergebracht. Es hatte zur Beruhigung der Gemüter beigetragen. Er räumte ein, dass es im Laufe der Jahre „oft Bedenken und Kritik in Bezug auf unseren Einfluss bei der WHO“ gegeben habe. „Aber man muss erkennen, dass die WHO ein globales Programm hat, das von ihren Mitgliedsstaaten beschlossen wird“, hatte er geschrieben.

Und weiter: „Wir haben auch Programme, die von unserem Vorstand entwickelt und geprüft werden. Wir unterstützen also die Bereiche der WHO, die mit unseren Strategien übereinstimmen.“ Dies bedeute aber auch, ergänzte Elias, dass „einige Bereiche besser finanziert werden als andere, weil wir nicht eine Strategie für alles haben.“ Dies sei eine Schwachstelle, mit der sich die WHO auseinandersetzen müsse.

Mr Embree, der Sekretär der Rockefeller Foundation, schaltet sich ein: „Auch wir unterstützen mit unserem »Pandemic Prevention Institute« Ihre Organisation, Mrs Chan. Wir unterhalten globale Netzwerke von Laboren, gemeinnützigen und internationalen Organisationen, Regierungen und Privatunternehmen. Somit haben wir die Kompetenz, um die notwendigen globalen Überwachungskapazitäten zu stärken.“

Heute geht es um besonders wichtige Kapazitäten und um eine Schwachstelle, weshalb Mr Schwab und Thierry Malleret vom World Ecomic Forum an der Besprechung teilnehmen. Und die Schwachstelle hat auch einen Namen: CRASH – der Niedergang des globalen Währungs- und Wirtschaftssystems und die darauf folgende Notwendigkeit: The Great Reset – Der große Umbruch. Die Neue Weltordnung.

Aber um all dies durchzusetzen, muss ein eindrucksvoller Anlass abgewartet werden. Ohne Anlass keine Chance auf eine große gesellschaftliche Umwälzung. Es muss ein Anlass sein, der mit einer grundlegenden Allgemeinangst einhergeht – wie zum Beispiel bei der derzeit grassierenden »Schweinegrippe«. Dann könnten mit »pandemischer Überzeugungsarbeit«, wie Klaus Schwab meint, die Weichen für eine globale Umwälzung der bestehenden Verhältnisse gestellt werden. Und Bill Gates stimmt ihm zu. Dann stünde für die Menschheit der Weg in die Zukunft offen.

Bill Gates geht’s ums Gemeinwohl.

Gießen, Pathologie, Raum 508

Ich denke im Moment weder an den großen Crash noch an die große Erlösung durch die großartigen Erlöser Gates, Schwab, Rockefeller, Bezos, Musk, Zuckerberg und die anderen multimilliardenschweren US-Weltenlenker. Ich bin ganz bei mir, hier in diesem kalten Raum, auf diesem kalten Seziertisch. Ich höre die erste Stimme: „Unterschreiben Sie bitte hier, Frau Doktor? Aber gut aufdrücken – es sind drei Durchschläge.“

Das Geräusch eines Kugelschreibers auf Papier. Ich stelle mir vor, wie der Besitzer der ersten Stimme der Ärztin ein Schreib-Brett hinhält.

Oh Heiliger Bimbam, komme über mich und lass mich bitte nicht tot sein!, versuche ich zu schreien und bringe keinen Ton heraus. Immer noch sehe ich ein Bild vor mir: Wie mich der beratende Impfarzt desinteressiert anschaut, wie er mich mit seinem harmlosen Allerwelts-Lächeln darauf aufmerksam machen will, dass alles gut geht.

Ich versuche erneut, etwas hinauszubrüllen, doch kein Laut kommt über meine bewegungslosen Lippen.

Aber ich atme doch ... stimmt‘s? Ich meine, ich kann nicht spüren, dass ich‘s tue, aber meine Lunge scheint in Ordnung zu sein, sie pocht nicht oder schreit nach Luft, wie sie‘s manchmal tut, wenn ich zu lange unter Wasser war, also muss mit mir alles in Ordnung sein, nicht wahr?

Wärest du tot, murmelt die Stimme in meinem Unterbewusstsein, hättest du den Leichensack aus Vinyl nicht gerochen. Eine Leiche kann nicht riechen, oder kann sie?

Pit: „Was machen Sie nächsten Samstagabend, Verehrteste?“

Wenn ich tot wäre, kann ich dann wirklich hören, was Pit sagt? Und kann ich die Sprache der Lebenden, zu denen ich nicht mehr gehöre, dann noch verstehen? Ich höre doch (und verstehe) die Antwort der Ärztin, die jetzt sagt, dass sie nächstes Wochenende ihren Hund badet, der auch Pit heißt. Was für ein Zufall! … Worauf wieder alle lachen. Wenn ich tot bin, warum bin ich dann nicht entweder gefühllos oder in das blendend weiße Licht eingehüllt, von dem in Nahtod-Berichten so oft die Rede ist? Wo ist das Licht am Ende des Tunnels?

Wo bleibt das Auge Gottes? Und was habe ich zuletzt wirklich gesehen, wenn ich etwas gesehen habe?

Dann ist ein scharfes Reißen zu hören, und plötzlich bin ich in jenes weißes Licht eingehüllt, an das ich gerade gedacht habe. Es ist blendend hell wie die Sonne, wenn sie an einem Wintertag durch die Wolkendecke bricht. Ich versuche meine Augen schützend zusammenzukneifen, aber nichts passiert. Meine Lider gleichen Jalousien, deren Mechanik defekt ist.

Ein Gesicht beugt sich über mich, verdeckt einen Teil des grellen Lichts, das nicht von irgendeinem gleißend hellen Himmelskörper, sondern von in Reihen angeordneten Leuchtstoffröhren an der Decke über mir kommt. Das Gesicht gehört einem gut aussehenden jungen Mann von ungefähr fünfundzwanzig Jahren. Er sieht aus wie einer dieser Muskelmänner, die in Baywatch oder Melrose Place die Strände bevölkert haben. Jedoch geringfügig intelligenter. Eine Menge schwarzes Haar quillt unter seiner achtlos getragenen Chirurgenhaube hervor. Er trägt auch den dazu passenden Kittel. Seine Augen sind kobaltblau, genau die Farbe, auf die angeblich alle Frauen fliegen. Kleine Sommersprossen übersäen seine Wangen.

Ich stelle mir vor, dass sich gleich eine ganze Schar junger Medizinstudenten über mich beugt, um mich neugierig zu mustern, damit sie abends in ihrer Stammkneipe über mich ablästern können, von wegen alter Knochen mit Piercing an der Brustwarze und Tattoo auf der Leiste („Schuster bleib bei deinen Leisten, ha ha ha) und so weiter …

„He, Mann“, sagt der Baywatch-Athlet. Ihm gehört die dritte Stimme. „Dieser Kerl sieht wirklich wie Stephan Remmler aus! Vielleicht nicht mehr gerade der Jüngste …“ Er beugt sich tiefer über mich. Eines der flachen Bänder, mit denen sein grüner Kittel am Hals zugebunden wird, kitzelt mich an der Stirn. „… aber yeah, ich sehe die Ähnlichkeit. He, Stephan, sing uns was!“

Hilf mir!, ist es, was ich zu singen versuche, aber ich kann nur mit meinem starren Totenblick in seine dunkelbraunen Augen sehen; ich kann mich nur fragen, ob ich tot bin, ob die Sache wirklich so abläuft, ob es jedem so ergeht, nachdem die Pumpe versagt hat. Wenn ich noch lebe, wie kommt es dann, dass er nicht gesehen hat, wie meine Pupillen sich verengt haben, als das Licht sie getroffen hat? Aber ich weiß die Antwort darauf … glaube sie jedenfalls zu kennen. Sie haben sich nicht zusammengezogen. Deshalb ist das grelle Licht der Leuchtstoffröhren so schmerzhaft.

Das Kittelband kitzelt meine Stirn wie eine Feder.

Hilf mir!, kreische ich den Baywatch-Mucki-Man an, der vermutlich ein Assistenzarzt oder vielleicht bloß ein Medizinstudent ist. Hilf mir, bitte!

Meine Lippen zittern nicht einmal.

Das Gesicht des jungen Mannes weicht zurück, das Band kitzelt nicht mehr, und all dieses weiße Licht flutet durch meine Augen, die nicht wegsehen können, flutet direkt in mein wehrloses Gehirn. Das ist ein höllisches Gefühl, eine Art Vergewaltigung. Muss ich noch lange hineinstarren, werde ich blind, denke ich, und diese Blindheit wird eine Erleichterung sein.

KLACK! Das Geräusch des einrastenden Anschnallgurtes.

Jetzt beugt sich ein weiteres Gesicht in mein Blickfeld. Darunter ein weißer Kittel statt eines grünen, darüber ein üppiger, zerzauster orangeroter Haarschopf. Ausverkaufs-IQ, das ist mein erster Eindruck. Das kann nur Pit sein. Er trägt ein breites dämliches Grinsen zur Schau, die Art Grinsen, die ich als Oberstufen-Grinsen bezeichne, das Grinsen eines Jungen, der auf einem vergeudeten Bizeps die Tätowierung GEBOREN, UM BÜSTENHALTER ZU ZERREISSEN tragen sollte. Er erinnert mich zudem aber auch an jenen unsäglichen Ewig-Abiturienten-CDU-Zappel-Philipp-Großmaul-Amthor.

Wo haben mich diese Blödmänner aufgegabelt und wie haben Sie mich transportiert? In einem dieser hässlich-grauen Minnas der Pathologen?

„Stephan!“, ruft Pit aus. „Jesus, du siehst guuuut aus! Das ist echt ‘ne Ehre! Sing für uns, großer Junge! Sing, Stephan, sing um dein Leben!“

Irgendwo hinter mir erklingt die Stimme der Ärztin, kühl, nicht einmal mehr vorgebend, diese Possen amüsant zu finden: „Schluss jetzt, Pit.“ Dann in eine andere Richtung: „Was ist mit ihm passiert, Tim?“

Tims Stimme ist die erste Stimme – Pits Partner. Ihm scheint es etwas peinlich zu sein, mit einem Kerl zusammenzuarbeiten, der gerne Oliver Pocher wäre. „Ist im Impfzentrum zusammengeklappt, einfach vom Stuhl gefallen und war sofort mausetot, Herztod. Die Sanis meinen, so schnell könne eine Spritze nicht wirken, wie er vom Stuhl gesegelt wäre, vielleicht vorgeschädigt. Herzdruckmassage habe nicht gefruchtet. Wahrscheinlich hätte ihn sowieso bald irgendein kleiner Schock einfach umgehauen.“

Noch einmal rekapituliere ich: Ich liege hilflos und starr in einem Leichensack, wahrscheinlich in einem Autopsie-Raum. Irgendwelche Idioten erlauben sich Scherze auf meine Kosten, und ich glaube, dass ich atme, aber es nicht merke. Wie sollen es da die Knallköpfe merken, die mich für Stephan Remmler halten? Nur die Aufschnitt-Ärztin („Dürfen es 50 Gramm Aufschnitt mehr sein?“) scheint noch einen Funken Respekt vor meiner Leiche zu haben.

Pit schaut noch immer auf mich herab, blöde und fasziniert. Nicht mein Tod interessiert ihn, sondern meine Ähnlichkeit mit TRIO-Sänger Stephan Remmler. Oh ja, ich bin mir dieser Ähnlichkeit bewusst, bin nicht darüber erhaben gewesen, sie bei bestimmten Gesangsgelegenheiten auszunützen. Ansonsten ist nicht viel damit anzufangen. Und unter diesen Umständen … mein Gott!

„Wer hat den Totenschein ausgestellt?“, fragt die Ärztin.

„Der Impfarzt, Dr. Widuweit, und der herbei gerufene Kollege, ein Notarzt namens Dr. Schlauer. Die beiden haben ihm die Absolution zur Himmelfahrt erteilt“, sagt Tim und blickt dabei kurz auf mich herab. Mindestens zehn Jahre älter als Pit. Schwarzes, an einigen Stellen grau meliertes Haar. Brille.

Wie kommt’s, dass keiner dieser Leute sehen kann, dass ich nicht tot bin?

„Das hier ist Schlauers Unterschrift auf Seite eins … sehen Sie?“, fährt Tim fort.

Das Rascheln von Papier, dann: „Jesus, Maria und Josef! Schlauer! Den kenne ich. Der hat Noah untersucht, nachdem die Arche am Berg Ararat gestrandet war.“

Pit sieht nicht so aus, als habe er den Scherz verstanden, aber er lacht mir trotzdem schallend ins Gesicht. Ich rieche Zwiebeln in seinem Atem, ein kleiner Rest Mundgeruch von einem Döner, und wenn ich Zwiebeln riechen kann, muss ich atmen. Das muss ich, nicht wahr? Wenn ich nur …

Bevor ich diesen Gedankengang zu Ende bringen kann, beugt Pit sich noch tiefer über mich, und mich durchzuckt ein Hoffnungsstrahl. Er hat etwas gesehen und will mich mit Mund-zu-Mund-Beatmung wieder beleben. Gott segne dich, Pit! Gott segne dich und deinen Zwiebel-Atem!

Aber das blöde Grinsen verändert sich nicht, und statt seinen Mund auf meinen zu drücken, ergreift er mit einer Hand meinen Unterkiefer. Jetzt hält er die eine Seite mit seinem Daumen und die andere mit seinen Fingern fest.

„Er lebt!“, plärrt Pit. „Er lebt, und er wird für den Stephan-Remmler-Fanclub von Raum 508 singen!“

Seine Hand packt fester zu – das tut entfernt weh wie das Abklingen einer örtlichen Betäubung mit Novocain. Er fängt an, meinen Unterkiefer so auf und ab zu bewegen, dass meine Zähne klappern. Plötzlich fängt er mit schrecklich atonaler Stimme zu singen an:

„Was ist los mit dir mein Schatz, aha?

Geht es immer nur bergab, aha?

Geht nur das, was du verstehst, aha?

This is what you got to know:

Let you go, it didn’t show.”

Mein Mund öffnet und schließt sich unter dem groben Druck seiner Hand; meine Zunge steigt und fällt wie ein auf der Oberfläche eines schwankenden Wasserbetts liegender toter Hund.

Ich weiß nicht warum, aber ich muss jetzt an eine TV-Krimiserie denken.

„Schluss damit!“, faucht die Ärztin ihn an. Das klingt ehrlich schockiert. Pit, der das vielleicht spürt, hört keineswegs auf, sondern macht fröhlich weiter. Seine Finger graben sich jetzt in meine Wangen. Meine unbeweglichen Augen starren blind nach oben, direkt in sein blödes, singendes Maul:

„Da da da

Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht.

Da da da

Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht.

Da da da

Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht.

Da da da

Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht.

Da da da“

Ich glaube, ich muss kotzen. Aber nichts passiert. Ich lenke mich mit einem Erinnerungsversuch ab: Was war eigentlich vor dieser Impfung geschehen? War ich nicht mit Ben bei Freunden eingeladen gewesen? Doch, da war etwas. Meine Erinnerung wird sehr konkret. Meine Freunde, ein Pärchen um die sechzig Jahre alt, hatten Ben und mich ausgeladen, weil wir uns noch nicht hatten impfen lassen …

Endlich hört der Schwachsinnige mit seinem schwachsinnigen Song auf, und doch erinnert er mich damit an eine schöne Zeit in den Achtzigern. New Wave, Neue Deutsche Welle, Fehlfarben, Spider Murphy Gang, Geier Sturzflug, Hubert Kah.

Unangenehm spüre ich die Sprengsel seiner feuchten Aussprache auf Stirn und Wangen, aber ich kann nichts wegwischen. Scheiße. Plötzlich beugt er sich wieder über mein Gesichtsfeld und starrt mich wie ein wildgewordener DJ an und singt mit seiner schrägen Stimme weiter:

„Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht – Aha!

Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht – Aha!

Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht – Aha!

Soso, du denkst, es ist zu spät, aha!

Und du meinst, dass nichts mehr geht, aha!

Und die Sonne wandert schnell, aha!

After all is said and done”