Bad For You – Krit und Blythe - Abbi Glines - E-Book

Bad For You – Krit und Blythe E-Book

Abbi Glines

0,0
4,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Blythe ist gerne alleine. Zu schmerzvoll waren die Erfahrungen, die sie mit anderen Menschen machen musste. Doch als sie endlich in ihre erste eigene Wohnung zieht, sieht sie sich plötzlich mit ihrem Nachbarn Krit Corbin konfrontiert. Der charismatische Sänger einer Rockband feiert jede Nacht, als gäbe es kein Morgen. Als Blythe ihn eines Abends anfleht, die Musik endlich leiser zu drehen, bittet er sie herein – denn sie ist so vollkommen anders als die Frauen, mit denen er sonst zu tun hat. So … vollkommen. Ihre langen braunen Haare, ihre niedliche Brille, ihre verführerische Unschuld. All das ist zu viel für Krit. Er muss sie haben, sie für sich gewinnen – um jeden Preis.Ein »Sea Breeze«-Roman

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.piper.de

Übersetzung aus dem Amerikanischen von Heidi Lichtblau

© Abbi Glines 2014 Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Bad for you«, 2014 by Simon Pulse © der deutschsprachigen Ausgabe: Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2015, 2018 Covergestaltung: Zero Werbeagentur, München Covermotiv: FinePic, München/Getty Images Datenkonvertierung: CPI books GmbH, Leck   Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden. In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich der Piper Verlag die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Inhalt

Cover & Impressum

Widmung

Prolog

1. Kapitel: Blythe – Ich war innerlich …

Krit

2. Kapitel: Blythe – Viel früher, als …

Krit

3. Kapitel: Blythe – Ich wollte das …

Krit

4. Kapitel: Blythe – Die restliche Woche …

Krit

5. Kapitel: Blythe – In den nächsten …

Krit

Blythe

Krit

6. Kapitel: Blythe – Kein Eistee konnte …

Krit

7. Kapitel: Blythe – Krit: Dann bring …

Krit

8. Kapitel: Blythe – Heute Abend fand …

Krit

9. Kapitel: Blythe – Pastor Williams hatte …

Krit

10. Kapitel: Blythe – Am Montag schaute …

Krit

11. Kapitel: Blythe – Beinahe hätte ich …

Krit

12. Kapitel: Blythe – Mein Körper stand …

Krit

13. Kapitel: Blythe – Kaffeeduft weckte mich. …

Krit

14. Kapitel: Blythe – Pastor Keenan war …

Krit

15. Kapitel: Blythe – Ich saß auf …

Krit

16. Kapitel: Blythe – Meine Güte, waren …

Krit

17. Kapitel: Blythe – Auch wenn ich …

Krit

18. Kapitel: Blythe – Das war … Ich …

Krit

19. Kapitel: Blythe – »Ich hatte ja …

Krit

20. Kapitel: Blythe – Die vertraute weiße …

Krit

21. Kapitel: Blythe – »Was hat der …

Krit

22. Kapitel: Blythe – Mit Krankenhäusern kannte …

Krit

23. Kapitel: Blythe – Ich starrte auf …

Krit

24. Kapitel: Blythe – Krit blieb vor …

Krit

25. Kapitel: Blythe – Zwei Monate später

Songtexte (übersetzt)

Danksagung

Lies doch schon mal in Hold On Tight – Dewayne und Sienna

Young & Sexy bei Piper

Guide

Für Colleen Hoover und Jamie McGuire. Mit niemandem sonst würde ich diesen Roadtrip machen wollen. Dass ich euch beide zum Reden habe, ist einfach unbezahlbar. Ich liebe euch, Mädels!

Ab ins Bett, Blythe«, riss mich Mrs Williams’ Stimme aus meinen Gedanken. »Und vergiss nicht zu beten!«

Ich drehte mich von dem Fenster weg, neben dem ich hockte, und sah zu der Frau, die mein Vormund war. Ein einziges Mal hatte ich den Fehler gemacht, sie »Mutter« zu nennen, woraufhin sie mich mit einem Gürtel geschlagen hatte.

»Ja, Ma’am«, erwiderte ich und stieg von meiner geliebten Fenstersitzbank runter. In einem Kinofilm hatte ich mal so einen Platz zum Hinausgucken gesehen und mir danach auch einen gewünscht. Mrs Williams hatte mich daraufhin »eigensüchtig« und »besitzgierig« genannt und mich als Strafe für diese Bitte verdroschen.

Doch am Weihnachtsmorgen hatte mich ihr Mann, Pastor Williams, dann mit solch einer Fenstersitzbank überrascht. Später hatte mich Mrs Williams heimlich dafür bestraft, dass ich ihren Mann zu der Sünde verleitet hatte, mich zu beschenken. Aber das war diese Bank allemal wert.

»Denk daran, Gott dafür zu danken, dass du im Gegensatz zu deiner Mutter noch am Leben bist«, fuhr sie fort. Irgendetwas schien ihr über die Leber gelaufen zu sein, denn an diesem Abend hatte sie einen besonders fiesen Ton drauf. Da hieß es, höllisch aufpassen, da sie mich in dieser Stimmung beim kleinsten Anlass bestrafte. Selbst wenn ich für ihre Wut gar nichts konnte.

»Ja, Ma’am.« Ich fürchtete ihre Tiraden über meine Mutter, die ich leider nie kennenlernen durfte, und deren Tod. Zu gern breitete sie sich bis ins kleinste schmutzige Detail darüber aus, wie sehr meine Mutter für ihre Sünden hatte büßen müssen. Mein Hass auf Gott wurde dadurch nur noch größer. Warum war er nur so gemein und rachsüchtig? Doch im Laufe der Jahre begriff ich, dass das gütigere Herz von Pastor Williams ihn viel eher verkörperte.

»Und«, fuhr Mrs Williams fort, »danke ihm für das Dach über deinem Kopf.« Gern erinnerte sie mich daran, dass ich die von ihr und Pastor Williams entgegengebrachte Güte gar nicht verdiente. Auch daran war ich gewöhnt. In den dreizehn Jahren, die ich nun auf der Welt war, kamen der Pastor und seine Frau den Eltern, die ich nie gehabt hatte, noch am nächsten. Meine Mutter war bei meiner Geburt gestorben. Sie hatte eine Lungenentzündung gehabt, und es war das reinste Wunder, dass ich lebend auf die Welt gekommen war. Und das auch noch sechs Wochen zu früh.

»Ja, Ma’am«, erwiderte ich erneut und bewegte mich so langsam auf mein Bett zu, dass ich mit etwas Glück um Schläge herumkam.

Sie stand stocksteif da und reckte die Nase, sodass sie auf mich runtersehen musste. Ihre braunen Augen mit dem Silberblick wirkten in Kombination mit dem schwarzen Gestell ihrer Brille gleich noch unheimlicher. Ihr langes, rotes Haar hatte sie zu einem strengen Knoten zusammengefasst.

»Und danke Gott natürlich auch für deine Gesundheit. Selbst wenn du ausnehmend hässlich bist und sicher nie eine Schönheit aus dir wird, solltest du dafür dankbar sein, dass du lebst. Und gesund bist. Verdient hast du das nämlich nicht.«

»Jetzt reicht’s, Margaret«, ertönte Pastor Williams’ Stimme aus dem Flur. Nicht zum ersten Mal rieb sie mir meine Hässlichkeit unter die Nase und dass die Sünden meiner Mutter dafür verantwortlich seien. Dass niemand mich je lieben würde, weil mein Anblick kaum zu ertragen sei. Dabei hatte ich mich damit schon seit Langem abgefunden und mied den Blick in den Spiegel möglichst. Ich hasste es, wenn dieses Gesicht zurückstarrte, das bei Mrs Williams so viel Hass und bei Pastor Williams nur Mitleid hervorrief.

»Sie muss das wissen!«

»Nein, das muss sie nicht. Du bist nur wütend und lässt es an Blythe aus. Lass sie in Ruhe. Noch einmal warne ich dich nicht! Das muss aufhören!«, sagte er zu seiner Frau im Flüsterton.

Wann immer er sie dabei ertappte, wie sie mir mein Aussehen vorhielt oder mich an die Sünde erinnerte, die mich mein ganzes Leben verfolgen würde, wies er sie zurecht und schickte sie weg. Dann konnte ich erleichtert aufatmen, denn ich wusste, am nächsten Tag behielt er sie im Blick, und sie würde sich schmollend in ihrem Zimmer verkriechen und mir nicht zu nahe kommen.

Ich bedankte mich nicht bei ihm, denn er würde sowieso nicht darauf eingehen, sondern sich nur zum Gehen wenden – wie immer. Er vermied es, mich anzusehen. Die wenigen Male in meinem Leben, wo er mich tatsächlich angeschaut hatte, war er zusammengezuckt, das hatte ich gemerkt. In letzter Zeit noch öfter. Ich wurde hässlicher. So musste es sein.

Ich sehnte mich so danach, alt genug zu sein, um auf eigenen Füßen zu stehen. Dann müsste ich nicht mehr in die Kirche gehen und mir etwas von dem lieben Gott anhören, dem diese Leute dienten. Von dem, der mich so hässlich gemacht und mir meine Mutter genommen hatte. Ich wollte nur weg von alledem und in einem kleinen Städtchen abtauchen, in dem mich keiner kannte und wo ich einfach allein sein und schreiben konnte. In meinen Geschichten durfte ich schön sein. Ein Prinz würde kommen und mich lieben, und ich würde wissen, wie es sich anfühlte, zu jemandem zu gehören. Ich liebte meine Geschichten. Auch wenn sie bislang alle nur in meinem Kopf existierten.

»Geh zu Bett, Blythe.« Pastor Williams wandte sich um und folgte seiner Frau den Gang entlang.

»Ja, Sir. Gute Nacht, Sir.«

Er blieb stehen, und ich wartete, ob er noch etwas sagen würde. Ob er sich noch mal zu mir umdrehen und mich anlächeln würde. Okay, meinetwegen auch: einfach nur ansehen. Mir vielleicht versichern würde, dass die Sünde meiner Mutter mein Leben nicht für immer beherrschen würde. Doch umsonst. Er stand nur einen Augenblick da, mir den Rücken zugewandt, und ging dann mit hängenden Schultern davon.

Eines Tages … würde ich frei sein.

Ich war innerlich also genauso hässlich wie äußerlich. Anders ließ es sich nicht erklären, dass ich keine einzige Träne vergossen hatte. Nicht einmal eine falsche Träne hatte ich bei Mrs Williams’ Beerdigung zustande gebracht. Ich wusste, dass mich die Leute aus der Kirchengemeinde für einen schlechten Menschen hielten. Das erkannte man an ihren Blicken. Andererseits hatten sie ja auch alle miterlebt, dass ich keine Spur von Trauer zeigte, als ich neben Pastor Williams stand und man den Sarg seiner Frau in die Erde senkte.

Gerade mal fünf Monate zuvor hatte man bei ihr einen Hirntumor im fünften Stadium festgestellt. Die Ärzte konnten nichts mehr für sie tun. Die Gemeindemitglieder hatten daraufhin täglich nach ihr geschaut und haufenweise Aufläufe, Pasteten und Blumen ins Pfarrhaus gebracht. Pastor Williams hatte mir befohlen, dass ich nach der Schule in meinem Zimmer bleiben und seiner Frau aus den Augen gehen sollte, da sie mein Anblick nur unnötig aufregen würde. Auch wenn er es in einem freundlichen Ton sagte, versetzte es mir einen Stich. An den meisten Abenden wartete ich, bis die beiden schliefen, bevor ich mich nach unten stahl und mir etwas zum Abendessen zurechtmachte – was aufgrund der Berge von Essensvorräten zum Glück kein Problem war.

Als sie schließlich eines Nachmittags ihr Leben ausgehaucht hatte, gab mir die Hospizschwester Bescheid und bat mich, Pastor Williams in der Kirche anzurufen, um ihm zu sagen, dass er nach Hause kommen sollte. Bei dieser Nachricht regte sich nichts in mir. In diesem Moment ging mir auf, dass die anderen die ganzen Jahre über recht gehabt hatten: Ich war ein schlechter Mensch. Wie sonst ließ es sich erklären, dass Mrs Williams’ Tod mich innerlich völlig unberührt ließ? Sie war erst vierundfünfzig Jahre alt gewesen – damit aber gleichzeitig um so vieles älter als meine Mutter, die bei ihrem Tod gerade mal zwanzig gewesen war.

Doch all das lag hinter mir. Ich wollte endlich einen Schlussstrich ziehen.

Als ich jetzt vor dem Apartmenthaus mit Blick auf die Golfküste Alabamas stand und mich mit dem Gedanken vertraut machte, dass dies mein neues Zuhause war, weit entfernt von South Carolina, wurde mir zum ersten Mal wirklich bewusst, dass hier mein neues Leben beginnen würde. Eines, in dem ich meine Geschichten schreiben und das Community College besuchen konnte.

Pastor Williams hatte mich nach dem Tod seiner Frau schnell loswerden wollen, was mir nur recht gewesen war. Er hatte einen befreundeten Pfarrer in Sea Breeze angerufen, der mich im dortigen Community College unterbringen konnte, das zehn Fahrstunden von der Stadt und den Menschen entfernt lag, die mich hassten. Außerdem hatte Pastor Williams mir ein Apartment am Strand geschenkt und es obendrein auch noch geschafft, dass mich besagter Freund als Pfarrsekretärin einstellte. Somit stand mir jemand zur Seite, der mir half, mich in Sea Breeze einzugewöhnen.

Ich hatte zufällig mitbekommen, wie Pastor Williams am Telefon erklärt hatte, dass ich mit anderen Menschen nicht gut zurechtkäme und sehr behütet aufgewachsen sei. Was so eigentlich nicht stimmte, denn ich war auf eine christliche Mädchenschule gegangen, wo mich alle Schülerinnen wie Luft behandelten, weil ihre Mütter ihnen erzählt hatten, ich hätte eine schwarze Seele.

Bevor ich die Umzugskisten aus meinem Pick-up holte, übrigens auch ein Geschenk von Pastor Williams, wollte ich mir erst einmal die Wohnung ansehen. Ich angelte mir meine Handtasche und die Schlüssel, die er zusammen mit eintausend Dollar in bar in einen Umschlag gesteckt hatte, sprang aus der alten Karre und steuerte auf die Treppe zu. Keine der Wohnungen befand sich auf Straßenniveau, da das Gebäude – wohl für den Fall, dass Hochwasser herrschte oder ein Hurrikan wütete – auf Pfeilern errichtet war.

Ich schloss die Wohnungstür auf und schwang sie weit auf, sodass der Blick auf hübsche blassgelbe Wände und weiße Korbmöbel frei wurde. Alles wirkte sehr maritim. Ich war hin und weg!

Strahlend ging ich hinein und tanzte mit ausgebreiteten Armen im Kreis herum. Dann legte ich den Kopf zurück und genoss mit geschlossenen Augen die Ruhe. Keiner kannte mich hier. Ich war nicht mehr das böse Mädchen, das der Pastor am Hals hatte, sondern einfach nur ich. Blythe Denton. Schriftstellerin. Eine exzentrische Schriftstellerin, die sich gern verkroch und auf ihr Aussehen pfiff. Es spielte für sie keine Rolle. Sie war frei.

Plötzlich war im Gang lautes männliches Gelächter zu hören, das meinem stillen Augenblick der Freude ein jähes Ende setzte. Ich ließ die Arme sinken, drehte mich um und sah direkt in die Augen … eines Typen. Und wow, in was für Augen! Sie waren von einem atemberaubenden Blau! So blau wie der Himmel an einem sonnigen Tag. Die Stimmen der anderen im Gang verklangen, doch der Typ stand immer noch da und blickte mich an. Da erst fiel mir etwas auf … Äh, hatte der sich etwa einen schwarzen Lidstrich gemalt? Angesichts der überraschend zahlreichen und farbenprächtigen Tattoos auf seinen Unterarmen ließ ich meinen Blick jedoch schnell wieder zu seinem Gesicht wandern und entdeckte eine gepiercte Augenbraue. Sein offenbar vom Wind verwehtes platinblondes Haar vervollkommnete den wilden Look.

»Hast du’s dann mal, Love? Oder bin jetzt ich an der Reihe?« Der amüsierte Ton in seiner tiefen Reibeisenstimme erinnerte mich an warme Schokolade. Fast wurde mir schwummerig dabei.

Unsicher, wovon er sprach, sah ich ihm schnell wieder in seine belustigten Augen.

»Ich, äh …« Ich was? Mir wollte keine Antwort einfallen. »Ich weiß nicht, was du meinst«, gestand ich schließlich. Sollte ich mich dafür entschuldigen, dass ich ihn so angestarrt hatte? Hatte ich es denn überhaupt?

»Ich habe gefragt, ob du damit fertig bist, mich abzuchecken? Unterbrechen möchte ich dich dabei nämlich nur ungern.«

Hilfe! Mein Gesicht erglühte, und ich wusste, meine Wangen liefen gerade knallrot an. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, meine Wohnungstür sperrangelweit aufzulassen? Nachdem ich Männern für gewöhnlich lieber aus dem Weg ging, überforderte mich dieses Gespräch gerade total. Auch wenn mich dieser Fremde ausnahmsweise mal nicht mit diesem lüsternen Blick angaffte, der mich sonst immer so nervös machte. Einem Blick, mit dem mich die Männer früher immer bedacht hatten, weil sie glaubten, ich würde mit ihnen … Dinge tun. Unanständige Dinge. Trotz meiner Hässlichkeit hatten sie immer herausfinden wollen, ob ich wirklich so ein schlechter Mensch war, wie alle behaupteten.

»Es sind nur ein paar Tattoos und ein paar Piercings, Love. Ich bin vollkommen harmlos, versprochen.« Diesmal lächelte er.

Ich brachte ein Nicken zustande. Aber, hey, ich sollte bald etwas erwidern. Bloß was? Er wartete auf meine Antwort.

»Hübsch«, stieß ich nervös hervor. Himmel, wie bescheuert klang das denn! Er zog eine Augenbraue nach oben, und seine Lippen verzogen sich zu einem Schmunzeln. O nein. »Die Tätowierungen! Sie sind hübsch. Farbenfroh. Äh … Ich …« Wunderbar, ich klang wie ein Volltrottel. Na, daran ließ sich jetzt auch nichts mehr ändern. Ich schloss die Augen, damit ich nicht sehen musste, wie er mich ansah, und holte tief Luft. »Ich bin nicht gut darin, mit Menschen zu reden – ob jetzt mit Jungs oder überhaupt mit Leuten, egal.« Hallo? Hatte ich ihm das wirklich gerade gestanden?

Warum verschwand er nicht einfach, und wir strichen diesen Augenblick schleunigst aus unserer Erinnerung?

Ich zwang mich, die Augen aufzuschlagen, und erwischte ihn dabei, wie er mich – noch immer grinsend – musterte. Der musste doch garantiert denken, dass bei mir eine Schraube locker saß. Ich konnte nur hoffen, dass er jemanden besuchte und nicht selbst hier im Haus wohnte. Noch einmal wollte ich ihm auf keinen Fall begegnen!

Er hob die Daumenkuppe an seine Unterlippe und biss leicht hinein, bevor er prustend den Kopf schüttelte. »Ich glaube nicht, dass mir schon mal jemand wie du über den Weg gelaufen ist«, sagte er und ließ die Hand wieder sinken.

Das glaubte ich ihm sofort.

»Krit, Alter!«, rief eine männliche Stimme aus dem, wie ich annahm, ersten Stock. »In einer halben Stunde müssen wir im Club sein. Also schwing dich unter die Dusche, verdammt, und zieh dich um!«

»Scheiße!« Er zog sein Handy aus der Hosentasche und warf einen Blick darauf. »Ich muss los. Bis demnächst, meine kleine Tänzerin!« Noch ein Augenzwinkern in meine Richtung und er war weg.

Seine kleine Tänzerin? O Mann! Ich schlug beide Hände vors Gesicht. Er hatte mitbekommen, wie ich mich eben vollkommen idiotisch im Kreis gedreht hatte. Hoffentlich sah ich ihn niemals wieder! Ich wollte einfach nur in Ruhe leben, ganz ohne die Blicke von anderen. Das Leben, in dem Menschen tuschelnd zusammenrückten und lachend zu mir herübersahen, lag doch gerade erst hinter mir! Ich wollte niemandem Munition liefern, sich auf meine Kosten zu amüsieren. War es denn wirklich so schwer, sich unsichtbar zu machen?

Nein, ist es nicht, außer du versuchst, dich mit fremden Typen zu unterhalten, du Genie, dachte ich bei mir.

Ich ging schnell zur Tür und schloss sie ab. Das nächste Mal würde ich sie zuerst fest zuschlagen, bevor ich mich in meiner Wohnung wieder zu einer kleinen Tanzeinlage hinreißen ließ.

Heute Abend hatten wir einen Gig im Live Bay, einem sowohl bei Touristen wie auch Einheimischen schwer angesagten Club. Dort hatten wir uns in den letzten beiden Jahren zu Publikumslieblingen entwickelt, sodass die drei Abende, die wir dort wöchentlich spielten, für jeden von uns mittlerweile vierhundertfünfzig Dollar einbrachten. Mit den Gigs in einer Bar, die eine Stunde entfernt in Florida lag, und einem anderen Club in Mobile, die jeweils einmal in der Woche stattfanden, sprang für jeden von uns allein für die Auftritte ein Tausender heraus.

Green, mein bester Freund, der Bassist in unserer Band Jackdown, und ich teilten uns eine Wohnung. Allerdings standen ständig irgendwelche Leute auf der Matte, denn wir waren eine Art Familie, und das schon, seitdem wir die Sache gestartet hatten. Bis auf meine ältere Schwester Trisha hatte ich eigentlich keine Familie. Wir beide hatten ein beschissenes Zuhause gehabt. Nun war Trisha mit Rock verheiratet, und die beiden hatten drei Kids adoptiert. Trotzdem schaffte es Trisha meistens noch an den Donnerstagabenden, sich meine Auftritte anzusehen, öfter ging’s allerdings nicht mehr. Früher mal hatte sie keinen einzigen verpasst.

Aber damit kam ich klar. Endlich hatte sie die Familie, die sie sich immer schon gewünscht hatte, und war happy. Als Mutter machte sie sich verdammt gut, und diese drei Kids hatten ein Riesenschwein, so eine tolle Mom abgekriegt zu haben.

Auch an diesem Abend hatten wir eine gute Show abgeliefert, selbst wenn Trisha nicht dabei sein konnte. Nun machte der Rotschopf neben mir, den ich noch mit in meine Bude nehmen wollte, durch ein Zupfen an meinem Ärmel auf sich aufmerksam. Ich hatte noch nicht genug intus und hing meinen Gedanken nach, anstatt mich auf ihren Vorbau zu konzentrieren, und das passte ihr wohl nicht. Dabei war ich doch schon auf sie aufmerksam geworden! Würde ich sie sonst noch zu mir abschleppen?

»Du beachtest mich ja gar nicht!«, schmollte das Mädchen und zog mit ihren dunkelrot geschminkten Lippen eine Schnute. Noch ein Grund, warum ich mich für sie entschieden hatte.

»Vorsicht!«, rief Green vom Fahrersitz zu uns nach hinten. »Nach einem Gig geht Krit schnell in die Luft.« Green wusste, wie nervig ich Schnitten fand, die klammerten. Willig und unkompliziert, so wollte ich sie.

»Ich will ja nur rauskriegen, ob er sich’s nicht doch anders überlegt hat«, erwiderte das Mädchen.

»Wenn das der Fall sein sollte, Love, dann sage ich Bescheid.« Ich beugte mich hinunter und kostete von ihren roten Lippen. Sie schmeckten nach dem Bonbon, das sie zuvor gelutscht hatte, und nach Bier. Gar nicht schlecht!

Green, der den Wagen anhielt, lachte in sich hinein. »Siehst du, lass ihn einfach machen, dann ist der Umgang mit ihm das reinste Zuckerlecken.«

Ich beendete den Kuss und stieg aus dem Wagen. Ich hatte Lust auf ein leckeres Bierchen und gute Mucke. Und viele Leute. »Kommen denn auch alle?«, fragte ich Green und streckte dem Mädchen meine Hand entgegen. Rasch krabbelte sie aus dem Wagen und krallte sich an mich.

»Die sind vermutlich schon aufgeschlagen«, erwiderte er. An den Abenden, an denen wir im Live Bay auftraten, kam die Band hinterher gern noch zu uns. Und falls einer der Nachbarn Lust hatte reinzuschauen – kein Ding! Nachdem sie alle Collegestudenten waren, beschwerten sie sich nie, sondern stießen einfach dazu.

»Wie heißt du eigentlich?«, fragte ich das Mädchen an meinem Arm.

Sie sah mich angefressen an. Okay, sie hatte es mir vorhin schon gesagt, aber da hatte ich noch geschwankt, ob ich wirklich mit ihr in die Kiste steigen wollte, und es war mir schnurz gewesen. Jetzt aber wollte ich es wissen, denn mit einem Mädchen, dessen Namen ich nicht kannte, schlief ich nicht.

»Jasmine!« Sie warf ihr rotes Haar über die Schulter zurück.

Der kleine Rotschopf brauste wohl gern mal ein bisschen auf? Normalerweise hätte ich das ja ganz witzig gefunden, aber heute Abend war ich schlecht drauf.

Als wir die Treppe hochgingen, schallte uns schon Musik entgegen, zweifelsohne aus unserer Wohnung. Nachdem unser Gig zu Ende war, schnappte Matty, unser Drummer, sich gern ein Mädchen – oder auch gleich drei – und verdrückte sich aus dem Club. Und wenn seine Miezen ihn nicht aufhielten, traf er oft schon als Erster in der Wohnung ein.

»Sieht so aus, als hätte die Party schon angefangen. Da werde ich mich frühzeitig vom Acker machen und mir ein Plätzchen zum Büffeln suchen«, meinte Green, der seinen Schritt verlangsamt hatte und nun neben mir herging.

Green war mit seinem Jurastudium fast fertig: In einem halben Jahr stand sein Examen an. Ich war stolz auf ihn, doch ich wusste auch, dass sich nun bald einiges ändern würde. Er würde nicht als Jurist arbeiten und gleichzeitig noch unserem Lebensstil nachgehen können. Inzwischen machte er nur noch selten Party, sondern verzog sich meistens zum Lernen. Irgendwann würde ich ihn verlieren, dennoch wollte ich natürlich, dass er es schaffte.

»Wir sollten die Partys von jetzt an zu Matty verlegen.« Ich hatte ein schlechtes Gewissen, dass Green seine Bude verlassen musste, um lernen zu können.

Green schüttelte den Kopf. »Ach du Schande, bloß nicht. Dieser Dödel macht doch nie sauber, und seine Wohnung ist winzig. Außerdem: Warum was ändern, wenn’s läuft? Ich hab’s auf die Tour jetzt schon so weit gebracht. Also scheint es zu funktionieren!«

Schon seit unseren Kindertagen war Green der Checker von uns beiden. Der, der immer Opfer brachte. Der Dinge in Bewegung setzte. Und doch war immer irgendwie ich derjenige gewesen, der im Rampenlicht gestanden hatte. Nicht ganz fair, das Ganze.

»Wenn es dich doch nervt, sag einfach Bescheid«, sagte ich und schielte zu der geschlossenen Wohnungstür, an der wir vorbeikamen.

Unwillkürlich verzog ich die Mundwinkel nach oben. Hach, das Mädchen, das darin herumgetanzt hatte, war einfach zum Niederknien gewesen. Noch nie hatte ich so langes, dichtes Haar gesehen, das fast schwarz war. Und dann ihre Augen – einfach Hammer! Welche Farbe sie hatten, wusste ich nicht so genau. Ich tippte mal auf haselnussbraun, doch irgendwie erinnerten sie mich an Juwelen. Ein Blick von ihr, und es haute einen um.

Na, und obwohl sie eine ausgebeulte Sweathose und ein noch riesigeres T-Shirt getragen hatte, konnte ich die Kurven darunter erahnen. Leider würde es meiner Fantasie überlassen bleiben müssen, wie genau es darunter aussah, denn an die Wäsche gehen würde ich ihr garantiert nie. Der stand die Unschuld ja förmlich ins Gesicht geschrieben! Noch dazu hatte sie mir gegenüber kaum ein Wort herausgebracht.

Herrje, war das süß gewesen, ach Quatsch, hinreißend! Und mit jemand Hinreißendem ließ ich mich nicht ein. Never ever.

Jasmine ließ eine Hand über meine Jeans gleiten und schob sie in meinen Schritt. »Ich blase gern …«, flüsterte sie mir ins Ohr.

»Äh, ja, gut. Sobald wir in meinem Zimmer sind, kannst du gern den Beweis antreten.« Ich griff um sie herum und begrapschte ihren Po.

Mehr brauchte es anscheinend nicht, dass sie mir schon vor Erreichen meiner Wohnungstür die Jeans aufknöpfen wollte. In diesem Moment wandte Green sich zu uns um und sah es. Lachend verdrehte er die Augen und betrat dann die Wohnung, in der sich schon etliche Typen eingefunden hatten, die in unserer Nähe wohnten, und auch ein paar der Locals, die regelmäßig mitfeierten. Natürlich gab’s auch einen Haufen Frauen. Nur für den Fall, dass es mit Jasmine nicht hinhaute.

Viel früher, als mir lieb war, wurde ich von der Sonne geweckt, die durch die Fensterläden hereinschien. Ich griff nach meinem Kissen und legte es mir stöhnend aufs Gesicht. Es war schon irgendwas nach drei Uhr gewesen, als der Radau ein Stockwerk höher geendet hatte und ich endlich einschlafen konnte. Die ganze Zeit hatte ich darauf gewartet, dass die Cops auftauchten und der Party ein Ende machten. Schließlich musste es in diesem Haus doch bestimmt noch andere Leute geben, die eine Mütze Schlaf abkriegen wollten.

Doch die Cops waren nie erschienen. Die Musik hatte weitergedröhnt, und das Gerumpel an meiner Zimmerdecke war nur noch schlimmer geworden. Ich hoffte, die Leute über mir hatten ordentlich Spaß beim Feiern, es dabei aber auch ein für alle Mal beließen. Ich hatte noch eine Woche Zeit, bevor das Semester losging. Sprich: Ich musste in einer Woche alles besorgen, was ich brauchte, und mich in meiner Wohnung eingewöhnen.

Selbst meine Erschöpfung konnte nicht verhindern, dass ich das Gesicht zu einem Lächeln verzog. Nur in meinem Höschen und einem Tanktop wollte ich nun aufstehen und mir ein Frühstück machen. Dann würde ich mich aufs Sofa setzen, ohne dass mir irgendjemand das Gefühl gab, unwillkommen zu sein. Ich war frei. Endlich allein, ohne jemanden in der Nähe, der mir Missbilligung entgegenbrachte.

Ich kickte meine Decke weg, stand auf und sah auf mein Bett. Normalerweise machte ich es nach dem Aufstehen sofort, da mir andernfalls Bestrafung drohte. Nun war ich mir nicht sicher, ob ich es je wieder machen würde. Federnden Schritts steuerte ich auf die Küche zu, um mir einen Kaffee aufzubrühen und einen Bagel zu toasten.

Danach würde ich mir eine Liste von Dingen erstellen, die ich fürs College beziehungsweise für meine Wohnung brauchte. Auch wenn sie bereits möbliert war, benötigte ich doch noch dieses und jenes wie etwa Vorhänge oder einen Dosenöffner. Und der Duschvorhang war einfach nur weiß. Ich wollte gern etwas Farbe in mein Badezimmer bringen, und da ich deswegen nicht gleich die Wände neu streichen wollte, würde ich anderswo Farbtupfer setzen. Vielleicht entdeckte ich ja irgendwo hübsche Kissen für das Sofa und Bilder für die Wände? Allerdings waren meine Mittel begrenzt, und ich musste mit meinem Geld haushalten.

Auch mein Job begann erst in der nächsten Woche, na, und bis ich meinen ersten Scheck erhielt, dauerte es noch mal eine Weile. Manche Dinge würden also warten müssen. Den Anfang aber konnte ich schon heute machen.

Ach ja, und Klamotten! Ich brauchte ein paar Outfits, die nicht aus übergroßen, weitergereichten Kleidungsstücken bestanden oder aus Second-Hand-Läden stammten. Ich musste wirklich ein paar Basics kaufen, die mich in den nächsten Monaten durch den Job und das College brachten. Mit meinen jetzigen Sachen konnte ich unmöglich in der Arbeit auftauchen. Ich wusste, an meinem Aussehen konnten neue Kleidungsstücke auch nichts ändern, doch sie würden mich immerhin vorzeigbarer machen. Ich beschloss, die Kissen zu behalten, die jetzt auf dem Sofa lagen, und mit neuen Bildern für die Wände vorerst noch zu warten.

Auf meiner Shoppingtour brauchte ich etwas mehr als eine Stunde, um zwei Shorts und einen Jeansrock zu finden, die allesamt über meinen Knien endeten. Noch nie zuvor hatte ich etwas getragen, das meine Knie zeigte. Etwas mulmig war mir bei dem Gedanken ja schon zumute, doch gleichzeitig versetzte er mich in absolute Hochstimmung. Das war ja fast noch besser, als das Bett ungemacht zu lassen! Dann kaufte ich mir ein Paar Jeans, die tatsächlich saßen. Und zwar fast schon zu gut. Dann machte ich mich auf die Suche nach Oberteilen und erstand schließlich vier Blusen und zwei Tanktops. Schließlich suchte ich mir noch ein Paar Tennisschuhe aus, die sich sowohl fürs College als auch die Arbeit eigneten. Mehr Schuhe brauchte ich eigentlich nicht, aber ich konnte meinen Blick einfach nicht von den hübschen pinkfarbenen High Heels losreißen. Schuhe mit Absätzen hatte ich noch nie gehabt, na ja, eigentlich noch nicht mal Schuhe, die man überhaupt als hübsch bezeichnen konnte. Die hier waren nicht zu elegant und ließen sich gut zu dem Rock und zwei von meinen Blusen tragen. Sogar zu den Shorts passten sie. Ich hatte schon andere Mädchen gesehen, die so was machten.

Mehrmals hatte ich versucht, an diesen Schuhen einfach vorbeizugehen, doch schließlich schnappte ich mir ein Paar in meiner Größe und ging schnurstracks zur Kasse, bevor ich es mir wieder anders überlegte. Hier in Sea Breeze würde ich ein anderes, ein neues Leben führen. Diese High Heels waren ein Symbol dafür.

Es war kein großer Spaß, die ganzen Einkaufstüten in meine Wohnung zu schleppen. Sie befand sich zwar im ersten Stock, aber um dorthin zu gelangen, musste ich immerhin auch eine Treppe hoch. Nachdem das Haus nur zwei Stockwerke hatte, gab es keinen Aufzug. Ich musste fünfmal rauf- und runtergehen, bis ich alles an Ort und Stelle geschafft hatte.

Als ich mich jetzt umwandte, um meine Wohnungstür zu schließen, blickte ich in die stahlblauen Augen vom Vortag. Wieder lehnte der Typ im Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt, mit einem Schmunzeln im Gesicht.

»Sieht so aus, als wäre da jemand schon in aller Herrgottsfrühe beim Shoppen gewesen, hm?«, sagte er mit dieser rauen Stimme, die mit meinem Körper komische Dinge anstellte.

Aus Angst, mir würde wieder der letzte Schwachsinn entfahren, wenn ich mit ihm zu reden versuchte, nickte ich lieber nur. Auf einmal wünschte ich mir, ich hätte schon gleich eines meiner neuen Outfits angezogen und wäre damit heimgekommen. Bescheuert – es konnte mir doch völlig egal sein, wie dieser Typ mich zu sehen kriegte!

»Von Donnerstag- bis Samstagabend spielt meine Band immer im Live Bay«, sagte er. »Komm doch an einem der Abende mal vorbei. Ich würde dir in meiner Pause sogar einen Drink spendieren.« Noch immer dieses belustigte Lächeln.

Veräppelte er mich etwa?

Diesmal musste ich antworten. Noch mal nur zu nicken wäre unhöflich gewesen. »Okay. Mach ich mal irgendwann … Also, vielleicht«, erwiderte ich. Ich war mir nicht sicher, ob ich je ins Live Bay gehen würde – was immer das überhaupt war –, aber ihm einfach eine Abfuhr zu erteilen, schien unmöglich.

»Dann halte ich die Augen nach dir auf.« Er richtete sich aus seiner entspannten Haltung auf. »Irgendwie habe ich deinen Namen noch gar nicht mitgekriegt.«

Meinen Namen. Er wollte wissen, wie ich hieß. Endlich mal was, das sich leicht beantworten ließ. »Blythe?«, erwiderte ich und wünschte mir sofort, das wäre nicht wie eine Frage herausgekommen.

»Yeah, der passt zu dir!« Er zwinkerte mir zu und schlenderte ohne ein weiteres Wort davon. Seinen Namen hatte er mir nicht genannt, aber ich erinnerte mich, dass ein Freund am Vortag nach ihm gerufen hatte. Krit. Ein ungewöhnlicher Name. Ich fragte mich, ob das eine Abkürzung war. Ich schloss meine Tür und verdrängte alle Gedanken daran, wie sexy Krits Augen ohne Eyeliner ausgesehen hatten.

Ich brauche was anderes als diese Bierplörre«, grummelte Legend, unser Keyboarder, und sank in einen dick gepolsterten Sessel, der Green gehörte.

Ich beugte mich vor, küsste das Mädchen auf meinem Schoß aufs Ohrläppchen und lehnte mich dann wieder entspannt im Sofa zurück. »Warum bereitest du Legend nicht einen Whisky on the Rocks, Love?« Eine Frage war das nicht, und das wusste Britt auch. Sie war eins der Mädels, mit dem ich mich hin und wieder abgab. Die meisten Schnitten sah ich nicht öfter als einmal, aber ein paar gab es doch, die damit zurechtkamen, dass ich keine feste Bindung wollte. Dadurch, dass Britt nett und flexibel war, hatte ich alle paar Wochen mal Lust auf sie. Manchmal sahen wir uns auch regelmäßiger. Je nachdem, wie das Leben eben gerade so spielte.

Inzwischen schaute Legend gebannt auf die Glotze, obwohl er über die Musik und das Gequatsche hinweg garantiert keinen Ton verstand. Schließlich tummelten sich über dreißig Leute in meiner Wohnung. Etliche andere schauten sich auch das Footballspiel auf dem Flatscreen an. Für unsere Verhältnisse war der Abend noch jung. Eigentlich war an diesem Abend ja auch gar keine Party geplant gewesen, aber die Gang war einfach aufgekreuzt, und Green musste ausnahmsweise mal nicht pauken. So hatte sich das ergeben.

Britt tänzelte zu Legend und beugte sich beim Überreichen des Drinks nach vorn, um dafür zu sorgen, dass ich einen guten Blick auf ihren Hintern bekam, der von ihrem Rock kaum bedeckt wurde. Ich lachte in mich hinein, trank einen Schluck Bier und hob meinen Blick, um zu entdecken, dass sich Green mit jemandem an der Tür unterhielt.

Normalerweise kamen die Leute einfach herein, doch wer auch immer da stand, unterhielt sich mit Green lieber dort. Der machte eine einladende Bewegung und trat zurück. Oha, das war ja Blythe! Ihr Blick huschte nervös im Raum herum, doch sie zögerte noch immer. Und mich schien sie auch nicht zu bemerken. Dann packte Green sie an der Hand und zog sie ins Zimmer.

Kurz fiel mir Greens dämliches Grinsen auf, bevor ich wieder zu Blythe sah. Heilige Scheiße, heute trug sie mal keine Baggysachen! Alle Welt konnte nun die Kurven sehen, die ich unter diesen schrecklichen Klamotten schon vermutet hatte. Schwarze Shorts, die sagenhafte Beine zur Geltung brachten, wurden nur noch von dem Tanktop in den Schatten gestellt, das einen beachtlichen Vorbau bedeckte. Dazu zu allem Überfluss noch eine Brille auf der süßen Stupsnase. Die hatte sie zuvor nicht getragen, aber verdammt, war die sexy!

Mir ging auf, dass Green sie zu mir brachte. Britt schlang den Arm um mich, ließ sich wieder auf meinen Schoß plumpsen und fing an, an meinem Hals zu knabbern.

»Ey, Alter, kannst du dich mal einen kurzen Moment losmachen und herkommen?« Green schien sich nicht wohl in seiner Haut zu fühlen. Blythe beobachtete Britt, und ihre Augen weiteten sich. Fuck, ihr Blick war eine einzige Mahnung, wie unschuldig und unerfahren sie war. Als hätte ich die gebraucht! Ich wusste, dass dieses Mädchen nicht meine Liga war. Aber verflucht noch mal, was für eine Verlockung! Am liebsten hätte ich ihr den wirren Knoten gelöst, zu dem sie ihr Haar frisiert hatte.

Ich schob Britt von meinem Schoß herunter und stand auf. Blythes Blick huschte von Britt zu mir, dann senkte sie ihn rasch und musterte den Boden. Ich bemerkte, dass Green ihr die Hand auf den Arm gelegt hatte, als würde er sie notfalls schnell vor Schaden bewahren wollen. Na, das gefiel mir aber gar nicht. Keine Ahnung, warum?!

»Hast du beschlossen, dich zu unserer Party zu gesellen, Love?«, fragte ich und bemühte mich, weiterhin freundlich zu lächeln, da das wütende Gesicht, mit dem ich Green am liebsten bedacht hätte, sie garantiert verschreckt hätte. Dieser notgeile Arsch! Auch er spielte nicht in Blythes Liga!

»Nein, und genau deswegen ist sie hier. Können wir vielleicht rausgehen, damit wir nicht so laut schreien müssen?«, meinte Green und warf mir einen vielsagenden Blick zu. Was ging hier eigentlich ab?

Blythe sah sehnsuchtsvoll zur Tür zurück, als würde sie um alles in der Welt wieder von hier wegkommen wollen.

»Logisch«, erwiderte ich, und im gleichen Augenblick wirbelte Blythe auch schon herum und hastete zur Tür.

Achselzuckend wandte Green sich um und trabte ihr hinterher.

Ich warf einen Blick zu Britt zurück, die uns nicht aus den Augen gelassen hatte. Ich machte ihr ein Zeichen, dass ich gleich wieder da sei, und marschierte zur Tür.

Dort stand Green und erkundigte sich nach Blythes Namen, die ihm ein schüchternes Lächeln schenkte. Moment mal! So weit war ich bei ihr nie gekommen! Was, zum Teufel, sollte das? Nicht Green war der Charmebolzen, sondern ich!

»Wo ist das Problem?«, fragte ich, als ich bei ihnen im Gang angelangt war. Blythe schien mein verärgerter Ton aufzufallen. Sie riss die Augen auf und fing an, nervös die Hände zu wringen.

»Krit, das ist unsere neue Nachbarin Blythe. Sie wohnt direkt unter uns«, sagte er in einem Ton, der meinen offensichtlich wieder ausbügeln sollte.

»Wir haben uns schon kennengelernt«, erklärte ich und richtete meinen Blick wieder auf sie.

Sie lief knallrot an. Hä? Warum bloß? Ich hatte doch gar nichts gesagt, das sie in Verlegenheit hätte bringen können!

»Oh, okay. Na, auf jeden Fall ist der Geräuschpegel in unserer Wohnung wohl etwas too much. Schließlich machen wir jetzt schon zwei Abende hintereinander Party, und Blythe kriegt zu wenig Schlaf ab.«

Aha, sie wollte sich also beschweren. Interessant! Dabei war dieses Wohngebäude für seine Partys bekannt. Hatte sie das bei ihrem Einzug denn nicht gewusst?

Ich musterte ihr Gesicht, während sie sich auf die Unterlippe biss und aussah, als würde sie am liebsten Reißaus nehmen. Sie dachte wohl, sie würde mich wütend machen. Als hätte eine Frau mit ihrem Aussehen und dieser Ausstrahlung das gekonnt! Auf ihrer Stirn stand ja förmlich in großen Lettern »Ich brauche Schutz« geschrieben. Dazu noch ihr Gesicht, bei dessen Anblick einem das Herz stehen blieb, und schon war ein Gesamtpaket beieinander, mit dem sie mit sämtlichem Scheiß durchkam, selbst bei mir.

Ich trat näher an sie heran, wodurch Green gezwungenermaßen ein Stück zurückweichen musste. Dann zog ich eine ihrer Hände, die sie fest ineinander verschlungen hatte, in meine und fuhr mit einer Fingerkuppe sacht über ihre Handfläche.

»Warum kommst du nicht ein paar Minuten mit mir rein und lernst ein paar deiner Nachbarn kennen? Wenn du dann wieder gehen möchtest, habe ich etwas, das dir gegen den Lärm helfen wird«, erklärte ich und sah sie beschwörend an.

»Ich, äh, ich komme mit größeren Menschenansammlungen nicht so gut klar«, stammelte sie.

Ich zog an Blythes Hand, bis sie fast gegen mich gepresst war. »Ich werde nicht von deiner Seite weichen, und ich komme mit Menschenmengen großartig klar«, erwiderte ich mit einem Augenzwinkern, damit sie wusste, dass ich es ernst meinte.

»Zwing sie doch nicht …«, wollte Green protestieren, aber ich fuhr ihm über den Mund. »Das geht dich nichts an. Zieh gefälligst Leine!«

Ich schlang die Hand um Blythes Taille und ging mit ihr in die Wohnung zurück.

Ich wollte das nicht. Warum war ich nur hochgegangen? Weil ich müde war und frustriert über den Krach. Deshalb. Ich hatte Stunden mit Schreiben verbracht, und dann, als ich mich zum Schlafen fertig gemacht hatte, war wieder dieser Radau losgegangen. Brauchten die da oben denn keinen Schlaf? Ich wollte sie nur bitten, etwas leiser zu sein. Dass ich mich nun unter die Partygäste mischte, war nicht vorgesehen. Ich wollte doch nur ins Bett!

»Ich möchte das wirklich nicht«, erklärte ich Krit, der seine Hand auf meinen Rücken gelegt hatte und mich mit entschlossener Miene hineindirigierte.

»Warum nicht? Dich beißt hier doch keiner. Das verspreche ich dir, weil ich es nicht zulasse, verdammt noch eins.« Die Belustigung in seiner Stimme irritierte mich. Ich machte keine Witze. Ich wollte mich nicht zu dieser Party gesellen!

»Bitte! Es tut mir leid, dass ich hochgekommen bin. Ich werde es schon irgendwie schaffen, trotzdem zu schlafen. Lass mich einfach nur gehen!« Ich war bereit, ihn anzuflehen. Zu tun, was immer nötig war, um von hier wegzukommen. Ich spürte die Blicke der anderen ja schließlich. Dieses Gefühl hasste ich. Ich wusste, was sie dachten. Was sie sahen. Mein Herz fing an zu rasen. Ich musste weg von hier!

»Shit, Love, du zitterst ja!« Krit klang nicht länger amüsiert. Er blieb stehen, legte einen Finger unter mein Kinn und drückte es sanft nach oben. Das finstere Gesicht, das er machte, während er mich betrachtete, war neu.

»Komm mit mir«, sagte er leise und griff nach meiner Hand. Dann steuerte er eine geschlossene Tür an.

Meine Panik stieg sprunghaft an. Das war ein Schlafzimmer! Hey, ich würde mit ihm in kein Schlafzimmer gehen! Ich versuchte, ihm meine Hand zu entreißen, aber er verflocht unsere Finger und verfestigte seinen Griff. Noch nie hatte jemand meine Hand gehalten. Ich konnte einen Augenblick lang nicht mehr klar denken.

Seine Handfläche auf meiner – was für ein schönes, warmes Gefühl das war! Und durch unsere verschränkten Finger hatte ich auf einmal das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Als wäre ich mit jemandem verbunden. Hatte ich so etwas schon jemals empfunden? Wohl kaum.

Krit schwang eine Tür auf, zog mich in das Zimmer und schloss sie hinter uns wieder.

»Schau nicht so verängstigt. Ich tue dir schon nichts, keine Bange. Ich wollte dem Krach nur eine Minute entfliehen, damit wir allein reden können.«

»Reden?«, fragte ich, als er mich losließ. Das kalte Einsamkeitsgefühl kehrte zurück. In dem Versuch, die Wärme noch ein wenig zu erhalten, schlang ich meine Hände ineinander. Das Gefühl war so schön gewesen.

»Du verwirrst mich. Dabei schafft das kaum mal eine Frau. Aber du, kleine Tänzerin, gibst mir Rätsel auf. Wie kommt das nur?«

Wieder hatte er mich »kleine Tänzerin« genannt. Das war ich doch gar nicht. Überhaupt nicht. Aber es gefiel mir, dass er einen speziellen Namen für mich hatte. Das gab mir ein Gefühl von Zugehörigkeit.