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Die jüdisch-deutsche Sprachgeschichte ist so alt wie die Geschichte der deutschen Sprache selbst. Jahrhunderte vor den ältesten Zeugnissen einer deutschen Sprache lebten schon Juden in vielen Teilen des Landes, die als Bürger, Bauern, Handwerker, Händler und durch Religion und Brauchtum markante Spuren in der Gesellschaft hinterließen. Der jüdische Einfluss auf die Entwicklung und Ausprägung der deutschen Hochsprache ist bedeutsam, wird aber noch immer sträflich vernachlässigt. Die Beschäftigung mit den Sprachen der Juden, insbesondere mit dem Hebräischen und dem sog. Jiddischen (sog. Judendeutsch) haben eine über 1000 Jahre alte Tradition, die dem Judentum hasserfüllt gegenübertrat und kein Mittel ausließ, um Sprache, Geschichte, Kultur und Religion der Juden verächtlich zu machen und absichtlich, wie man heute sagt fake news zu verbreiten. Ein übergroßes Heer christlicher Theologen kämpfte mit Feder und Druckerschwärze einen finsteren Kampf gegen den angeblich verderblichen Einfluss der Juden. Fast übergangslos folgten auf die antijüdischen Hebraisten antisemitische Linguisten, die sich erfolgreich darum bemühten, jüdisches Vokabular in der deutschen Sprache in das zweifelhafte Licht von arglistigen Geheim- oder gar Gaunersprachen zu rücken. Dies wirkt bis heute nach, da die Werke antisemitischer Sprachverfälscher noch heute in weiten Teilen Grundlage bilden für die Beschäftigung mit jüdischen Sprachelementen, von denen nicht wenige auch erfunden waren, während im Gegenzug viele hebräische Einflüsse auf die gewöhnliche Hochsprache unerkannt geblieben sind. Doch zeichnen gerade sie ein ganz anderes Bild über die jüdisch-deutsche Sprachgeschichte, die ein bestimmender Bestandteil der allgemeinen Geschichte ist. Die Beiträge zu dieser Geschichte werden abgerundet von einem etymologischen Wörterbuch hebräischer und jüdischer Wörter in der deutschen Hoch- oder Allgemeinsprache, wozu es auch eine Gegenliste gibt von Begriffen, denen häufig aber fälschlich eine jüdische Herkunft unterstellt wird.
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Seitenzahl: 337
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Vorwort
Zur zeitlichen Orientierung: ein sieben Phasen Modell
Der Lautwandel des – Guttural im Deutschen
Die Geschichte vom Pferd, neu erzählt
Zur Entstehung und Herkunft des Hebräischen
Die Überlieferung der hebräischen Schrift
Zur jüdisch-germanischen Sprachgeschichte
Der „Zuchtspiegel“ des Rabbi Schimon Ulmo
Christliche Hebraisten im Mittelalter
„Fack ju Goedsche“ oder wie sich antisemitische Stereotype auch in der Gegenwart weiterverbreiten
„Jüdisch“ auf gut Deutsch gesagt
War Deutsch einst jüdisch?
Etymologisches Wörterbuch jüdischer Begriffe im Deutschen
Pseudojüdische Gegenliste
Literaturverzeichnis
Jeder Deutsche kennt eine Handvoll hebräische Wörter wie „Amen“, „Halleluja“, „schalom“ oder „Uzi“. Wer sich ein wenig mit der Geschichte der Juden in Deutschland oder damit der deutschen Geschichte selbst befasst hat, weiß natürlich, dass es neben diesen allgemein bekannten Begriffen doch eine ganze Reihe weiterer gibt, die aber eher nur einem so oder so gearteten Fachpublikum zugänglich sind, wozu in erster Linie Kleriker, Philosophen, vielleicht mitunter auch Esoteriker zu zählen wären, etwa wenn es um Begriffe wie „Cherubim“, „Sephirot“ und dergleichen geht. Man kennt auch eine Anzahl von Begriffen, die über das jüdische Idiom, dass man heutzutage auch im Deutschen meist amerikanisiert als „Yiddish“ oder wenigstens „Jiddisch“ bezeichnet, obwohl man auf gut Deutsch ganz einfach von Jüdisch sprechen könnte (und sollte). Hier treffen wir auf Vokabular oder Jargon wie „Malochen“, „Massel“ oder „Mischpoche“, Begriffe die in manchen Regionen sehr geläufig sind, ohne dass die jüdische Herkunft immer bekannt ist.
Noch weniger geläufig ist es freilich, dass es darüber hinaus noch weit mehr Begriffe mit einer jüdischen Herkunft gibt, die sich bereits im althochdeutschen und mittelhochdeutschen Wortbestand etabliert hatten und damit eine Reihe von Fragen über das Miteinander von Juden und Germanen in der Zeit um und vor der Christianisierung im Gebiet des heutigen Deutschlands aufwerfen. Dazu zählen ganz alltägliche Begriffe wie „Erde“, „Gitter“, „Messer“ oder „Pferd“, Begriffe, die kaum jemand mit einer hebräischen Herkunft in Verbindung bringen wollten, die sich aber ohne allzu große Veränderung in Bedeutung oder Lautung bereits in der hebräischen Bibel finden.
Dass recht vieles davon bislang nicht erkannt und durchdacht wurde, hat zweifelsfrei mit dem schwierigen, mitunter auch finsteren, sogar boshaften Verhältnis deutscher Denker und Sprachwissenschaftler mit Juden und Jüdischem zu tun. Das beredtste Beispiel dafür ist zweifelsfrei der allseits bekannte pseudolinguistische Begriff des Antisemitismus, der aus der deutschen Sprachforschung auf abstruse biologistische Abwege geriet, um schließlich zur „Ausrottung“ des Judentums zu inspirieren.
Das Buch befasst sich ausdrücklich mit jüdischem Vokabular, das ganz allgemein in der Hochsprache enthalten und den meisten Sprechern geläufig ist. Dass es daneben bekanntlich eine weit größere Zahl meist regionaler Spracheigenheiten gab und gibt, nehmen wir als Beispiel ein schwäbisches „Dede“ für Onkel, was ohne große Phantasie bemühen zu müssen, mit dem hebräischen Wort für Onkel (dod) zu tun haben dürfte, ist in den meisten Fällen weit davon entfernt allgemein verständlich zu sein.
Die Materialien in diesem Buch reichen bis ins Jahr 1997 zurück. Der weit größte Teil ist in den Jahren zwischen 1997 und 1999 entstanden, in einer Zeit in welchen ich auch mit verschiedenen deutschen Gelehrten wie etwa Prof. Hans Wellmann 1936-2012), Prof. Siegfried Kreuzer (em. 2015) oder Herbert Spoenk (gest. 2009) einen umfangreichen Meinungsaustausch pflegte.
Die Präsenz von Juden in den Gebieten des heutigen Deutschlands ist zumindest seit dem dritten Jahrhundert in römischen Provinzen historisch belegt. Die Anwesenheit von Juden reicht also lange in eine vorchristliche Zeit zurück, was insofern relevant ist, als sich daraus andere Vorzeichen der Kontakte mit nichtjüdischen Bewohnern des Landes ergeben, sieht man sonst ja nur eine übergroße christlich-deutsche Mehrheit in ihrem meist problematisch bewerteten Verhältnis mit einer, aus verschiedenen Gründen, eher unsteten und meist kleinen jüdischen Minderheit. Dieses Raster trifft auf die römische Zeit naheliegend nicht zu.
Unter römischer Besatzung gelangten offenkundig sehr viele Soldaten aus anderen Provinzen des Reiches nach Mitteleuropa. Mit ihnen gelangten Technologien, Religionen und auch Sprachen ins Land, die den Charakter des Landes, seiner Sprache und Kultur nachhaltig veränderten und prägten. Zahlreiche Kulte sind belegt. Aus Augsburg wissen wir etwa, dass der Statthalter und Großvater der beiden Kaiser E und X in der Stadt seinen aus dem syrischen Emesa (heute Choms) stammenden Sonnenkult in der Stadt zwischen Wertach und Lech etablierte. Andere Funde weisen die Verehrung des griechisch-ägyptischen Gottes Harpokrates nach, die sich dem kindlichen Horus mit seiner Mutter Isis widmet (ähnlich in der Weise wie es später Maria mit dem Jesus-Kind im Christentum nachahmen). Mithras-Kulte sind in der Region ebenso belegt wie eine Reihe anderer aus dem Nahen Osten stammenden Kulte, am prominentesten Christentum und Judentum. In welchem Rahmen die Menschen aus Nahost vor Ort auf Einheimische trafen, oder ob sie selbst im Wesentlichen die Siedler waren, aus denen in Teilen die heutige Bevölkerung abstammt, ist spekulativ, auch wenn sich mittels DNA-Tests einige Marker belegen lassen. Relevant für unseren Kontext ist die Präsenz zu belegen, aus der sich sodann ein Kultur- und Technologietransfer ergibt, der sich im Vokabular der langsam entstehenden deutschen Sprache wiederspiegelt. In Bezug auf den Einfluss der Römer ist die von niemand bewzweifelt. Das liegt daran, dass mittels der mittelalterlichen Gelehrtensprachen und heutige Fachsprachen (Medizin, Chemie, usw.) lateinische „Fremdwörter“ allgegenwärtig sind, auch wenn sie meist aus dem Englischen entlehnt sind. Aber auch sonst mangelt es nicht an lateinischen Wörtern im deutschen Sprachschatz, die geläufig sind, obwohl sie ihren Ursprung nicht verhehlen, wie z. B.:
Etwas weniger offensichtlich verhält es sich allerdings mit Wörtern die früher ins Deutsche übergegangen sind und weil sie assimiliert wurden nicht mehr als lateinische Vokabeln erkennbar sind. Beispiele dafür wären Begriffe wie: Börse (bursa), donnern (tonare), Lippe (labium), Mauer (murus), Nacht (noctus), Pfeil (pilum), Rad (rota), schreiben (scribere), Siegel (sigulum), Wein (vinum), usw.
Schließlich gibt es auch eine Reihe von lateinischen Vokabeln, die zwar allgemein geläufig sind, im lateinischen Original aber eine (etwas) andere Bedeutung haben, wie hostia (Opfertier), humor (Feuchtigkeit), hospitum (Gastfreundschaft). Dies gibt auch Laien einen Einblick in unterschiedliche Arten begrifflicher Entlehnungen und die verschiedenen Weisen, unter welchen unter leichten Veränderungen Begriffe fremder Herkunft sich einbürgern, dabei erkennbar bleiben, in einigen Fällen aber sich auch vollständig anpassen.
Ähnlich verhält es sich nun auch mit jüdischen Einflüssen, auch hier gibt es frühe, assimilierte Begriffe, deren Ursprung man nicht mehr erkennt, dann andere, die man zwar als Fremdwörter wahrnimmt, die zugleich aber so vertraut sind wie das sprichwörtliche „Amen“ in der Kirche.
Eine Besonderheit des jüdischen Spracheinflusses besteht darin, dass sich in der Neuzeit über den Umweg der jüdischdeutschen „(jiddischen“) Sprache erneut eine Reihe von hebräischen Begriffen zunächst in der Umgangssprache, dann in der Hochsprache etablierten. Da überrascht es manche dann, dass man die knochenharte Arbeit der Bergleute als „Maloche“ bezeichnet, einem Begriff, der sich schon im biblischen Hebräisch findet. Die Existenz jüdischer Bergleute hatte in der Propaganda zumal des letzten Jahrhunderts keinen Platz. Doch sprachliche Belege trügen nicht. Die ideologische Fixierung alles Jüdischen auf monetäre Aspekte des Lebens – denen sich niemand wirklich entziehen kann – scheitert dann auch begrifflich an einem Mangel jüdischer Begriffe für finanzielle Transaktionen oder Begebenheiten.
Ordnet man die belegbaren hebräischen (oder: „semitischen“) Einflüsse auf die deutsche Sprache zeitlich, so ergibt sich eine grobe Abfolge in sieben Phasen, die sich zeitlich u. U. auch überschneiden, dabei sind kirchliche Einflüsse von indirekten Entlehnungen aus dem Arabischen zu differenzieren.
Prähistorische Phase. Begriffe wie „Sack“ finden sich in der hebräischen Bibel ebenso wie in vielen anderen Sprachen des Mittelmeerraums.
Antike Phase bis etwa ins 6./7. Jahrhundert, die in römischer, ggf. auch bereits in vorrömischer Zeit spezifisch in deutsche und verwandte germanische Sprachen gelangten. Es handelt sich dabei meist um Werkzeuge, landwirtschaftliche Begriffe, die einen entsprechenden Technologietransfer nahelegen.
Die römisch-christliche Epoche (8. – 14. Jhd.) in welcher vermittelt durch lateinische Bibelübersetzungen, bzw. durch Verbreitung der Kirchenpraxis auch unveränderte Begriffe aus dem Hebräischen wie „
Halleluja
“, „
Tohuwabohu
“, „
Amen
“ in den deutschen Sprachschatz übergehen.
Kreuzfahrerzeit (12.-14. Jahrhundert). In dieser Phase gelangen Begriffe mitunter über den Umweg des Arabischen in die deutsche (und in andere europäische) Sprachen.
Die humanistische Epoche (15.-17. Jahrhundert), in welcher europäische Gelehrte mitunter auch abseits des Christentums sich mit jüdischen Quellen auseinandersetzten: „
Sephirot
“, „
Kabbala
“, usw.
Bürgerliche Phase. Im Zuge der zaghaft einsetzenden Emanzipation gelangen - oft über den Umweg der Studentensprache - jüdische, bzw. jüdisch-deutsche („jiddische“) ins Deutsche. Hier treffen wir auf Ausdrücke wie „
Mischpoche“
, „
Maloche
“, „
Knast
“ und dergleichen, die oft den Charakter eines „Jargons“ haben, wozu allerdings auch zahlreiche politische, ideologische Popularisierungen im Sinne einer „Gaunersprache“ erheblichen Anteil haben.
Moderner israelischer Einfluss, ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Vokabeln wie „Schalom“, „Kibbutz“, „Uzi“ oder „Knesseth“.
Während man sich der Begriffe aus den Phasen 3, 5, 6 und 7 in der Regel bewusst ist, sind die der Phasen 1, 2 und 4 vielen völlig unbekannt.
In unserer Betrachtung von Übergängen aus „semitischen“ in „germanischen“ Sprachen sind sprachliche Besonderheiten von speziellem Interesse, insbesondere dann, wenn sie Laute betreffen, die im Deutschen nicht vorkommen. Wie etwa wurden Gutturale, die als typisch für semitische Sprachen gelten, im Deutschen wiedergegeben? Wurde sie modifiziert, übernommen oder ausgespart? Wie charakteristisch waren diese Reaktionen, folgten sie Mustern oder verlieren sich die Spuren in zu zahlreichen Varianten? Anhand des markanten hebräischen Ajin-Lautes , der in germanischen Sprachen keine Entsprechung hat, wollen wir im Folgenden versuchen, diesen Übergang nachzuzeichnen.
In seiner im Juni 1893 erstmals erschienen „Einführung in die hebräische Sprache“ schreibt Joseph Prill: „ist ein eigentümlicher harter Kehl-Explosivlaut, bei plötzlich geöffnetem Kehlverschluss gegen den Hintergaumen gestoßen, einem Würgelaut ähnlich. Vermutlich bestand ursprünglich ein Unterschied von härterer und weicherer Aussprache, doch wurde er z.Z. der Punktatoren sicher nicht mehr beachtet. Man umschreibt mit dem griechischen spiritus asper.“1
Die Bemerkung spielt auf den Umstand an, dass bereits die Septuaginta2 den -Laut, dem sich Griechen aspiriert zu nähern versuchten, mit einem vorangestellten γάμμα (Γ/ γ), d.h. einem g wiedergaben. Man sah dies als einen Beleg dafür, dass die antiken Israelis zwei verschiedene Aussprachen des Buchstabens kannten und zog Vergleiche zu südarabischen Dialekten. Demgegenüber fand Martin Flasher belegt werden, dass die Übereinstimmungen bei der Übertragung „überhaupt schwankend und widerspruchsvoll“ seien.3
Fest steht jedenfalls, dass der Buchstabe von den Punktatoren4 ab dem 6. Jahrhundert niemals mit einem Dagesch5 markiert wurde, womit man eine härtere Aussprache angezeigt hätte. So bliebe an sich das das Schema der Übertragung des gutturalen Lautes ins Griechische und in andere Sprachen etwas rätselhaft. Anhand der Septuaginta, der Schriften des Josephus Flavius, des Philo, usw. die alle hebräische Orts- und Personennamen, etc. wiedergaben, lassen sich aber dennoch gewissen Übereinstimmungen erarbeiten. Am häufigsten ist in der griechischen Umschreibung die Voranstellung eines G-Palatals anzutreffen:
Aussprache
Hebräisch
Griechisch
Aussprache
Deutsch
a’mo‘ra
->
γομμωρα
gomorra
Gomorra
a‘sa
->
γαζα
gasa
Gaza
a’tal‘ja
->
γοθολιας
gotolias
Athaliah
otni‘el
->
γοθονιηλ
gotoniel
Othniel
af‘ra
->
γοφερα
gofera
Gophera
al‘mon
->
γαμαλα
gamala
Gammala
u‘tai
->
γοθαι
gotai
Gotha
Eine interessante Parallele für die Voranstellung eines G zur besseren Modulation eines Gutturals findet sich auch im Russischen, und zwar bei der offenbar schwierigen Aussprache deutscher Wörter und Eigennamen, bzw. über die deutsche Sprache übernommene Fremdwörter:
Harmonie
->
гармония
garmonija
Hektar
->
гектар
gektar
Hygiene
->
гигиена
gigijena
Hypnose
->
гипноз
gipnos
Horizont
->
горизонт
gorisont
Hamburg
->
Гамбург
gamburg
Hannover
->
Ганновер
gannower
Heinrich Heine
->
Генрих Гейне
geinrich geine
Hitler
->
Гитлер
gitler
Hesse
->
Гессе
gesse
Bei der Übertragung des -Gutturals ins Griechische gibt es in weniger zahlreichen Fällen auch die Voranstellung eines i / j – Halbvokals oder eines s-Sibilanten:
o‘wed
->
ιωβεδ
jobed
al‘jan
->
ιωλαμ
iolam
e‘ter
->
ιεθερ
jeter
arwati
->
σαραιβαθι
saraibati
aljan
->
σωλαμ
solam
Seltener wird ein Dentallaut vorangestellt, bzw. vorgezogen:
atlai
->
θελεει
te’le‘ei
Gelegentlich ist dem aber kein anderer Laut vorangestellt, weshalb wie eingangs erwähnt, man schwerlich von einer objektivierbaren Regel sprechen kann:
eden
->
εδεμ
edem
esra
->
εσδρα
es
d
ra
amalek
->
αμαλεκ
amalek
Bei der altgriechischen Wiedergabe hebräischer Eigennamen deren Anlaut durch einen - (Alef)Guttural gebildet wird, beobachtet man teilweise dieselben Phänomene. So finden sich auch hier Übertragungen mit vorangestellten i / j -Halbvokalen und s-Sibilanten:
etbal
->
ιθοβαλος
itobalos
i‘jow
->
ιωβ
job
o‘fir
->
σωφειρα
sofeira
Beispiele für einem dem img class="inline" src="../Images/14_12.jpg" alt=""/>-Guttural vorangestelltem G lassen sich freilich nicht beibringen, jedoch schwindet dem gegenüber in einigen Fällen der gutturale Anlaut in der griechischen Umlautung gänzlich:
el‘asar
->
λαζαρος
lazaros
ef‘rijon
->
φορειον
foreion
i‘jow
->
ιωβ
job
Doch wieder zurück zum -Guttural, bei welchem es sich bei der Übertragung hebräischer Eigennamen ins Griechische dann auch ganz ähnlich verhält, wenn sich der Guttural in der Wortmitte befindet. Auch hier überwiegt mehrheitlich die Umlautung des Gutturals mit vorangestellten G-Palatals.
ja‘abetz
->
ιαγβης
jagbes
scha‘af
->
σαγαφ
sagaf
ra‘ma
->
ρεγμα
regma
re‘u
->
ραγαυ
ragau
pe‘or
->
φογορ
fogor
tzo‘ar
->
σηγορ
segor
scha‘alim
->
σεγαλειμ
segale‘im
Beispiele für eingeschobene s-Sibilanten wären:
re‘i
->
ρησει
resei
ja‘areschja
->
ιασαραια
jasaraja
Fast genauso wie im Griechischen verhält es sich nun auch mit der Wiedergabe des hebräischen -Gutturals im Deutschen. Auch hier kam es bei der Übernahme des gutturalen Anlauts in den meisten Fällen zur Voranstellung palataler oder silbilanter Konsonanten. Naders als im Griechischen dominiert im Deutschen aber nicht der G-, sondern der K-Laut. G/K-Vertauschungen sind freilich nichts Ungewöhnliches und allerorten anzutreffen.
Aussprache
Hebräisch
deutsches Lehnwort
uga
->
Kuche/n
ugal
->
Kugel
ajin
->
Auge
et
->
Zeit
Das vorher gesagte trifft auch hier wieder dann, wenn sich der -Guttural in der Wortmitte findet, auch hier wird im deutschen Lehnwort wieder ein K eingefügt:
Aussprache
Hebräisch
deutsches Lehnwort
scho‘al
->
Schakal
mo‘el
->
mogeln/n
Eine Besonderheit stellt die Umlautung des im Wort (iw’rit)6 dar, dessen Guttural ein H vorangestellt wird, weshalb aus iwri/ibri sodann auch Hebrä/isch wird (oder Englisch: Hebrew). Im französischen hébraique bleibt das H gewöhnlich stumm, wohingegen das russische еврейский (jewrjä’jskij) einen i /j- Halbvokal voranstellt.7
Anders als im Griechischen wird der -Guttural im Deutschen häufig mit Diphthongen wiedergegeben. Dabei haben sich auch wieder Gruppen gebildet, die sich nach dem Lautwert des hebräischen Ausgangswortes systematisieren lassen. Verben und auf ihnen basierende Substantivierungen, die dem a-a- / o-e – Muster der einfachen Konjugationsklasse Pa’al folgen, erhalten dabei anstelle des -Gutturals einen au-Diphthong:
Aussprache
Hebräisch
deutsches Lehnwort
ro‘esch
->
rauschen
scho‘er
->
schauen
bo‘er
->
Bauer
so‘er
->
schauer/n
Das Muster wird auch bei einem img class="inline" src="../Images/14_12.jpg" alt=""/> -Guttural beibehalten
Aussprache
Hebräisch
deutsches Lehnwort
so‘er
->
sauer
Ist der Lautwert des -Gutturals ein E, so wandelt sich dieser zum einen EI-Diphthong:
Aussprache
Hebräisch
deutsches Lehnwort
et
->
Zeit
ed
->
Eid
Ist die Lautfolge des hebräischen Ausgangswortes jedoch o-a, so wird dies mit einem Umlauf umschrieben:
Aussprache
Hebräisch
deutsches Lehnwort
to‘ar
->
Tür (aber auch: Tor)
schwo‘a
->
schwören
owar
->
über
o‘er
->
schüren
Trifft der -Guttural auf eine u-a – Lautstellung, so wird diese mit „ur“ wiedergegeben:
Aussprache
Hebräisch
deutsches Lehnwort
natu‘a
->
„Natur“
schwu‘a
->
Schwur
Der Umstand, dass der -Guttural (wie auch der img class="inline" src="../Images/14_12.jpg" alt=""/> -Guttural) im Hebräischen fast immer zwei Laute verbindet, findet auch im Deutschen seinen Wiederhall. Wann immer sich, von Anlauten abgesehen, im hebräischen Ausgangswort ein Guttural befindet, wird dieser im deutschen Lehnwort durch einen Diphthong, Dehn-, Doppel- oder Umlaut wiedergegeben.
1 Joseph Prill – Einführung in die hebräische Sprache, Bonn 1932 – spiritus asper („rauer Hauch“) freilich ist nicht griechisch, sondern Latein, die griechische Entsprechung dazu wäre πνεῦμα δασύ oder neusprachlich δασεία
2 Mit dem lateinischen (!) Wort für die Zahl 70 bezeichnet die christliche Welt die vorchristliche griechische (!!) Übersetzung der hebräischen Bibel, weil einer Legende nach siebzig Übersetzer daran gearbeitet haben sollen.
3 Gesenius – Hebräisch- und Aramäisch-Handwörterbuch, Berlin 1962, S. 554
4 So genannt, weil sie überlieferte hebräische Texte, die ohne (echte) Vokale warne, mit Punkten versahen, die Aufschluss über die Vokale gaben und so für Ungeübte eine verlässliche Hilfe zur Aussprache gaben.
5 Eine Punktierung von Buchstaben, die in der Regel eine Verdopplung des Buchstabens in der Aussprache anzeigt, auf Deutsch z.B. mit Ofen und offen vergleichbar.
6 „Hebräisch“ auf Hebräisch.
7 Das moderne Russisch übernimmt unter israelischem Einfluss иврит (iw’rit).
Die Redensart (jemanden etwas/einen, bzw. keinen „vom Pferd erzählen“, bedeutet sinnbildlich „übertreiben“, bzw. weitschweifige Ausreden oder Lügengeschichten zu erzählen. Sie ist vor 1980 recht selten und wird seit dem berühmt gewordenem Steuerhinterziehungs-Prozess von Uli Hoeneß8 vielfach zitiert. Die Redewendung geht den meisten Interpreten gemäß auf die antike Belagerung von Troja zurück und soll sich auf das Trojanische Pferd beziehen. Andere Deutungen meinen, es habe etwas damit zu tun, dass jemand vom Pferd (also sozusagen vom hohen Ross) herab spricht, was aber eher in die Richtung Hochmut ginge. Manche vermuten dann auch gar einen Zusammenhang mit dem Pferdehandel, bei dem es ja immer wieder mal auch zu Schwindeleien gekommen sei. Doch auf welchen Gesellschaftsbereich träfe das nicht zu? Der Ausdruck, der schon im 19. Jahrhundert gelegentlich auftaucht, dürfte aber wohl eher mit früher bekannten Geschichte von Iwein (Yvain) „Ritter mit dem halben Pferd“ aus der Artus Legende zu tun haben. Eine recht langwierige Geschichte, an deren Ende der Held schließlich heiratet.9 Die Geschichte vom Pferd erzählen heißt letztlich also, eine lange, aufgebauschte Geschichte erzählen, statt auf den Punkt zu kommen und die Fakten auf den Tisch zu legen. Befasst man sich nun jedoch mit der herkömmlichen Ableitung des Begriffs „Pferd“ selbst, wie sie in der Linguistik seit vielen Jahrzehnten kolportiert und tradiert wird, wächst die klare Einsicht, dass die „Geschichte vom Pferd“ zu erzählen auch sehr viel mit der etymologischen Forschungsdisziplin zu tun hat und geradezu exemplarisch für bestimmte Regungen und Regelungen ist.
Der spätrömische Historiker Amanius Marcellinus (ca. 330 - 393 n.H.) erwähnt in seinem Hauptwerk Rerum Gestarum eine Reihe von römischen Ortschaften in den verschiedenen Provinzen des Imperiums, so auch Mogontiacus, Vangenion, Nemeta, Agrippina und Argentoratus. Anders als die Ortschaften selbst sind uns diese Namen heute nicht mehr vertraut. Allenfalls Mogontiacus kann man bei näherem Hinsehen im gegenwärtigen Ortsnamen vielleicht erahnen.10 Aus der römischen „municipia” Mogontiacus wurde über das mittelalterliche Magenza das heutige Mainz. Im ersten Schritt ist die wesentlichste Veränderung der Wegfall der Endung „-cus”, wodurch Mogontiacus zu Magenza wurde, im zweiten Schritt entfiel das „g” und auch das ans Ende gerückte „a” ging verloren, und das übriggebliebene Maenz11 führte bei nur noch wenig veränderter Aussprache auf das heutige Mainz. Ähnliche Prozesse durchlief das römische Burdigala auf seinem Weg zur heutigen Form Bordeaux,12 während aus Lugdunensum Lyon, aus Biturigae Bourges, aus Caesaraugusta Zaragosa und aus Novaessium das belgische Vossem wurde. Das in allen Fällen übereinstimmende Merkmal ist eine Form von Kontraktion, die Namen werden vereinfacht, verkürzt.
Das selbe Prinzip der Abwandlung begegnet uns bekanntlich vor allem auch bei Personennamen. Aus dem biblischen Namen Elisabeth entwickelten sich so unterschiedliche populäre Kurzformen Else, Liesel, Sissy oder Lisa, aus Jakob wurde über im Englischen James, die Kurzform Jim. Jochanan wurde über das Griechische Γιάννης zu Johannes, woraus der englische John und der deutsche Hans wurde.
Lautwandlungen betreffen nicht nur Personen- oder Ortsnamen, und nicht nur hebräische Ursprünge, sie berühren im selben Umfang auch gewöhnliche Begriffe der Alltagssprache. So verkürzte sich ahd. thiomuoti zur nhd. Demut, krebazzo wurde zum Krebs, während aus dem griechischen monachos über das mhd. muenech unser heutiger Mönch wurde. Meist handelt es sich dabei um Verkürzungen und Vereinfachungen, die heute manchmal ganz gezielt gebildet werden.13
Die menschliche Neigung Begriffe und Namen im Laufe der Zeit (bzw. bei häufigen Gebrauch) zu vereinfachen, ist eine ganz natürliche und lässt sich in allen Kulturen, Sprachen und Zeiten nachweisen. Schenkt man jedoch den etablierten Etymologen glauben, so muss das begrifflich allseits bekannte Pferd nun aber einen gänzlich anderen Weg gegangen sein.
Der etablierten Lehrmeinung nach entstammt das Wort „Pferd” (ahd. parat oder ferit) einem auf gallischem Gebiet entwickelten Begriff namens „paraveredus”, womit die Römer ein „Postpferd” oder „Nebenpferd” bezeichnet hätten. So zumindest lesen wir es bei Wasserzieher,14 Faulmann,15Maas,16 Pfeifer,17 Mackensen,18 Kluge / Seebold19 oder aber auch bereits bei Grimm.20 Kluge erklärt sich ein mittellateinische paraveredus als „das Beipferd eines Postpferdes auf Nebenlinien”. Wassermann zufolge ginge das „eigentliche“ Postpferd veredus dabei auf ein “keltisches“ Wort zurück und sei mit dem „kymerischen“ Wort gorwydd für Pferd „vergleichbar“. Folgt man nun Walde und Hofmanns lateinischer Etymologie, so läge „veredus” ein keltisches reda (raeda) zugrunde, das einen „vierräderigen Reisewagen” bezeichnet.21 Alfred Holder gemäß ist reda ein „Fahrzeug”, bzw. eine Art „Postkutsche”, jedenfalls offenbar kein Tier und ein „wahrscheinlich aus Gallia-Cisalpina in Rom eingeführtes Wort”.22
Es ist augenscheinlich, dass eine solche Konstruktion bislang wohl nur in Ermangelung einer plausibleren Erklärung nicht hinterfragt wurde und bestehen konnte. Zunächst einmal ist es keineswegs klar, warum die Römer denn nun ausgerechnet in einem Schlüsselbereich ihrer Reichsorganisation wie dem Postwesen, auf eigene, durchaus bereits vorhandene Begriffe zugunsten einer solch abenteuerlich griechisch-keltischen Konstruktion hätten verzichten sollen. Die Römer verfügten ganz ohne jeden Zweifel bereits über ein sehr differenziertes Vokabular für alles was mit Pferden, Reiten, Postwesen und dergleichen zu tun hatte. Sie nannten ihr Pferd equus, das durchaus bekannte Postpferd hieß equus cursualis, den Postwagen nannten die Römer vehicolum und die Post- oder Reisekutsche hieß „vehicularia publica”, usw.-usf. Welchen Anlass hätten die Römer haben sollen, sich einen keltischen Begriff für einen Wagen auszuborgen, ihm eine griechische Präposition und ein keltisch-gallisches Präfix voranzustellen, um diesem merkwürdigen Gebilde mit einem angehängten lateinischen Suffix wieder einen vertrauten Klang zu geben? Etwa um einen bereits in der eigenen Sprache vorhandenen und allseits gebräuchlichen Begriff zu ersetzen? Eine solche Annahme erscheint aberwitzig und stellt neben dem gesunden Menschenverstand alle Erfahrungswerte der Etymologie auf den Kopf. Wie wir eingangs festgestellt haben, ist ein häufig anzutreffendes Merkmal der Lehnwortbildung die Kontraktion, d.h. die Zusammenziehung oder Vereinfachung eines Wortes. Hier jedoch würde unser „Pferd” mehr als die Hälfte seines Weges gewissermaßen rückwärts galoppiert sein, wobei wir auch zu bedenken haben, dass uns das Tier Pferd in „Para-ve-red-us” (dem „neben-bei-Wagen-”…us”) selbst überhaupt nicht begegnet.
Die folgende Übersicht über die Benennung des Pferds in benachbarten oder einflussreichen Sprachen, zeigt, dass sich das deutsche Wort Pferd von ihnen nicht ableitet kann:
Englisch: horse; Schottisch-Gällisch: each; Baskisch: zaldi;
Latein: equo; Italienisch: cavallo; Irisch: capall; Walisisch: ceffyl;
Griechisch: άλογο (alogo); Polnisch: koń; Russisch лошадь
(loshad); Lettisch: zirgs; Ungarisch: ló;
Schwedisch: häst, Norwegisch: hest, Isländisch: hestur; Armenisch: (dzi); Arabisch: (hisan); Kasachisch: (shilqi); Hindu: (ghoda); Amharisch: (feresi); Chinesisch: (ma); Japanisch: (uma);
Meine wesentlich einfachere Erklärung wäre, dass sich das deutsche Wort Pferd schlicht von (pered, perd) ableitet, was sich als (persch) bereits mehrfach in der habräischen Bibel findet. Ein von vielen Beispielen wäre Jesaja 28.28, wo gesagt wird, dass „niemand seine Pferde benutzt, um mit ihnen Korn zu mahlen“24 Jesaja 21.7 nennt sogar „Reiter von Pferden, Eseln und Kamelen“25 Zwei Verse weiter ist von einem „Mann mit einem Pferdegespann“ die Rede.26 In Joel 2.4 wird der Unterschied zwischen zum heute im heutigen Hebräisch weit gebräuchlicheren Suss27 erklärt: „Sie sehen aus wie Zugpferde aber sie laufen wie Kriegspferde “ .28 Im Gegensatz zum Suss, welches hauptsächlich ein Zug- oder Arbeitspferd war, setzte man das Peresch vor allem als Reitpferd ein, weshalb es das Wort auch als Verb (parasch) kennt mit der Bedeutung reiten und davon ausgehend wiederum als Substantivierung den gleichlautenden Reiter. Im Buch Esra 8.22 findet man einen von vielen biblischen Belegen auch dafür, wenn von „Soldaten und Reitern des Königs“29 die Rede ist. Dieselbe Formulierung „Soldaten und Reiter“ (militärisch gesprochen Infanterie und Kavallerie) findet sich noch in anderen Stellen der hebräischen Bibel, etwa bei Nehemia 2.9.30
Das Wort ist in der Bibel also wohl bekannt und ebenso eindeutig in der Bedeutung als Reitpferd (im Unterschied zum Arbeits- oder Zugpferd) definiert, weshalb von Eigennamen auch der Begriff des Reitens stammte. Über die aramäische Varianten pered und perd wurde daraus das deutsche Pferd. Durch die Lautverschiebung hatte sich wie in vielen anderen Fällen das „P“ zu „PF“ verschoben, wobei aber das niederländische Wort für Pferd (nach wie vor) paard lautet.
Zwar ist es schwer zu bestreiten, dass in vielen Gegenden Deutschlands der Pferdehandel und damit einhergehend auch die Pferdezucht bis ins späte 19. Jahrhundert und oft noch bis in die Neu- oder Nazizeit eine feste jüdische Domäne war, doch was bedeutet es kulturgeschichtlich, wenn sich das Pferd auch begrifflich aus dem Hebräischen ableitet? Man müsste darauf kommen, dass die Germanen das Pferd nicht durch die Römer, sondern durch Juden kennenlernten. Die lateinischen Equorum hatten auf die deutsche Sprache augenscheinlich keinen Einfluss.31
Der aus dem Hebräischen entlehnte Pferd-Begriff ist offenbar kein Zufall, wenn man sich vergewissert, dass noch eine Zahl weiterer Namen von landwirtschaftlichen Nutztieren im Deutschen die selbe Herkunft aufweisen: Farren, Färse, Hammel, Schaf, Stier und Stute – nicht berücksichtigt nur regional gebräuchliche Ausdrücke. Zusätzliches Vokabular aus der hebräischen Quelle wie Acker, Achse, Bauer, Erde, Schaufel, usw. lassen naheliegende Schlüsse über die Bezüge zwischen Urgermanen und Juden in der Antike zu. Das ist umso interessanter, wenn man sich vergegenwärtigt, welchen Umfang in der Neuzeit die antijüdische und antisemitische Propaganda allen Nachdruck darauf legt, Juden und alles Jüdische auf merkantile, geldmäßige oder wirtschaftliche Betrachtungsweisen zu verengen und zu begrenzen.
Dem widerspricht freilich die Realität, dass Begriffe wie Agio, Arbitrage, Bank, brutto, Disagio, Hypothek, Inkasso, Kapital, Konto, Skonto, netto oder Zins (und dergleichen mehr), keinen jüdischen Hintergrund haben, sondern überwiegend aus dem mittelalterlichen, christlichen Italien stammen.
8 Während der Verhandlung im März 2014 sagte Anwalt Hanns Feigen zu seinem Mandaten: „Herr Hoeneß, erzählen Sie keinen vom Pferd!“. Siehe: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/recht-steuern/uli-hoeness-prozess-fuer-den-angeklagten-geht-es-bergab-12840287-p3.html
9 Florian Kragl – Artusroman und Mythos, S. 10 ff., De Gruter, Berlin 2011
10 Aus Vangionus wurde Worms, aus Nemeta wurde Speyer, aus Colonia Agrippina wurde Köln, aus Argenttoratus wurde Straßburg
11 Das mundartlich freilich noch anklingt
12 obwohl wir heute bei burdigala wahrscheinlich eher an “Portugal” denken würden
14 Wasserzieher - …, S .317
15 Faulmann - ..., S. 263
16 Maas - ..., S. 136
17 Pfeifer - ..., S. 996
18 Mackensen / Reclam - ..., S. 267
19 Kluge / Seebold - ..., S. 625
20 Grimm - ... Bd. vii, S. 1675
21 Walde / Hoffmann - Lateinisches Etymologisches Wörterbuch, 1972; Bd. 2, S. 251, 415 und 425
22 Alfred Holder - Alt-Celtischer Sprachschatz, 1904 (1962), Bd. 2, Sp. 1096 ff.
23 Holder , Bd. 2, Sp. 929
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27 Von dem sich über jid. „Susse“ das dt. Wort „Stute“ ableitet.
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31 Auch im Lateinischen passen die Begriffe für Pferd „equo“ und reiten „equitem“ zusammen.
Hebräisch auf Hebräisch heißt (iw’rit), bzw. (iw’ri). Der Begriff ist bereits in der jüdischen, hebräischen Bibel mehrfach belegt und basiert auf dem Verb (ewer) überschreiten, passieren, überqueren (Fluss, Grenze, etc.), die andere Seite, etc. wovon sich auch (awar), die Vergangenheit ableitet. Die assyrische Entsprechung dafür wäre aberu. In der Überlieferung der Bibel ist Ewer einerseits der Sohn des Noach-Urenkels Schelach, andererseits Vater des Peleg, dem Ururgroßvater des Abraham.32 Ob sich der Name der Sprache von der historisch nicht belegbaren Figur Ewer herleitet, ist eine Frage der Spekulation. Abraham jedenfalls wird als (iw’ri), d.h. als Hebräer bezeichnet, die von manchen Autoren auch mit den in den Amarna-Briefen genannten Chabiru (apiru) assoziiert wurden. Einige Generationen später heißt es zur Geschichte von Abrahams Enkel Josef in Ägypten, dass „die Ägypter nicht mit den Hebräern (iw’rim) zusammen Brot essen dürfen, da ihnen dies ein Gräuel“33 wäre. Aus diesen und weiteren Passagen der jüdischen Bibel geht hervor, dass iw’ri (Hebräer, hebräisch) sowohl eine Volkszugehörigkeit als auch eine Sprache bezeichnet. Die Abgrenzung zu anderen Völkern ist dabei nicht immer eindeutig. Während Josefs Brüder Dolmetscher benötigen, um sich mit den Ägyptern zu verständigen, braucht es solche in der Verständigung mit den Königen, Städten und Dörfern in Kanaan nicht. Hebräer bezeichnet demnach nicht nur die Stämme Israels, sondern zunächst auch andere Völkerschaften, die im Laufe der Zeit mit den Israeli zusammenwuchsen. Andererseits wird die Sprache neben Iwri (Hebräisch) gelegentlich auch als „Jehudi“ (jüdisch) bezeichnet.34
Hebräisch gilt als eine „semitische“ Sprache, ebenso wie Äthiopisch (Amharisch) oder Arabisch, ein Umstand, der einer gewissen Erläuterung bedarf. Der Begriff „semitisch“ ist dabei freilich recht willkürlich und geht auf die biblische Figur des „Sem“ zurück, die im hebräischen Originaltext freilich „Schemm“ heißt und einer der drei Söhne des Noach war.35 Auf die Abstammung vom legendären Stammvaters der „Semiten“ berief sich übrigens auch der Verfasser des Lukas-Evangeliums, der Jesus als einen leiblichen nachkommen des Sem bezeichnet.36 Islamische Historiker sehen jenen Sem als Vorfahren des Propheten Mohamed, so etwa der im arabischen Medina geborene Historiker Ibn Ischak (704-770).37 Der Begriff des „Semitischen“ wurde freilich erst im Jahr 1781 von dem Philologen, Historiker Pfarrersohn August Ludwig von Schlözer (1735-1809) geprägt, der auf der Grundlage der Bibel eine „Völkertafel“ erstellte. Der Begriff des „Semitischen“ ging rasch einher mit judenfeindlichen Unterstellungen eines „Geistes des Judentums“ wie er sich bei Hegel (1770-1831) und seinen Anhängern findet. Hegel sah den „Glauben der Hebräer“ als „feindliches Gebilde“ und das Jude-Sein als „Selbstentfremdung des Menschen“. Joseph Gobineau (1816-1882) benutzte den Begriff des „Semiten“ in rassistischer Hinsicht, um auch konvertierte Juden noch als Juden angreifen zu können, weil sie angeblich moralische, besser unmoralische Eigenschaften besaßen, derer sie sich nicht entledigen konnten. Marx und die Frühsozialisten definierten die immer wieder wiederholten Konstruktionen mit einem fiktiven „kapitalistischen“, „ausbeuterischen“ Geist, der allen Juden gemeinsam sei. Wer erwartet, dass sich in einem solchen geistigen Klima eine an bloß wissenschaftlichen Kriterien orientierende Sprachforschung mit „semitischen“ Sprachen befasst habe, wäre natürlich reichlich naiv. Man kann auch nicht ignorieren, dass die Beschäftigung mit der hebräischen Sprache seit dem Hochmittelalter eine durchweg judenfeindliche Grundausrichtung und in der Eliminierung des Judentums ihren eigentlichen Daseinszweck sah. Lediglich die Wahl der Mittel, Konversion der Juden, ihre Vertreibung, Ermordung oder Duldung variierte von Zeit zu Zeit und Gebiet zu Gebiet.
Die judenfeindliche Grundhaltung der Sprachwissenschaft in ihren Ursprüngen und Ausprägungen ist ausschlaggebend für die Beurteilung der hebräischen Sprache und der ihr zugestandenen Einflüsse innerhalb der Sprachgeschichte. Dies sind Aspekte, die heute zwar nicht mehr im Blickpunkt stehen, aber im Hinter- und Untergrund weiterwirken, und sei es wegen mangelnden Hinterfragens und Aufarbeitens.
In der Sprachwissenschaft wird Hebräisch nun in die Gruppe der nordwestsemitischen Sprachen gerechnet, zu der auch Aramäisch und Kanaanitisch, wobei natürlich diskutabel ist, ob sich bei den letzten um unterschiedliche Sprachen handelte. Die Ursprünge der hebräischen Sprache lassen sich in das Gebiet (süd)westlich des Euphrat verfolgen, in eine Gegend nördlich von Basra im heutigen Südirak, wo auch die biblische Überlieferung die familiäre Herkunft des Abraham in Ur-Kaschdim verortet. Von hier aus zieht Abraham mit seiner Familie nach Haran ins Gebiet der heutigen irakisch-türkischen Grenze, ehe er nach Kanaan Sein Enkel Jakob wird zum Stammvater Israel und seine 12 Söhne zur Basis für die 12 Stämme des Volkes Israel. Der dominanteste der Stämme wird Jehuda (Juda), nachdem auch das Gebiet benannt wird, welches in der lateinischen Lautung zu „Judäa“ wird.
Folgt man der etablierten Lehrmeinung ist die Entwicklung der Konsonanten, bzw. Buchstabenschrift im Sinai entstanden. Demnach wurde unter unbekanntem Einfluss aus dem reichen Fundus altägyptischer Hieroglyphen eine Anzahl vereinfachter Schriftzeichen als Einzelbuchstaben verwendet, während die ägyptischen Zeichen bis dahin für Silben oder ganze Worte gestanden hatten. Die als protosinaitisch bezeichnete Schrift wird durchaus in die Zeit des 15. Und 14. Jahrhunderts v. H. datiert (wobei sich manche Autoren um ältere Datierungen bemühen) und sind zweifelsfrei in ‚semitischen‘ Sprachen verfasst. Obwohl beides zur biblischen Geschichte Israel passt, werden diese deutlichen Übereinstimmungen in aller Regel ignoriert, wohl aus Enttäuschung darüber, dass es sich bei den Inschriften nicht um die Gesetzestafeln des Moses handelt. Wohl aber sind einige Schreibübungen erhalten, die beispielsweise die vollständige, heute noch übliche Reihenfolge des hebräischen Alefbet bestätigen.39
Es wäre nur naheliegend, sog. protosinaitische Schriften im Kontext mit israelisch-biblischen Überlieferungen zu erwägen und zu prüfen – man müsste nur die Möglichkeit einräumen, dass das Volk Israel auch außerhalb von Bibelversen existierte und es auch profane Schriftzeugnisse, wie eben auch Schreibübungen geben könnte.
Die traditionelle Lesart überspringt in der weiteren Entwicklung aber alles Jüdische (auch Judäa) und lokalisiert die Weiterentwicklung der protosinaitischen, bzw. protosemitischen zur ersten regulären Buchstabenschrift im heutigen Libanon an. Die Erfindung der Buchstabenschrift wird so auch den Phöniziern zuerkannt und weitergefasst als phönizisch-punische Schrift und Sprache bezeichnet, wobei auch hier Israel, Hebräisch und das Jüdische übersprungen wird. Dabei wäre aber auch Phönizisch eine „nordwestsemitische Sprache“. Von einigen wenigen Besonderheiten abgesehen, wie sie als lokale Dialekte erwartbar sind, ist die Sprache der Phönizier mit dem Hebräischen weitgehend identisch, wobei auch die Schrift ein und dieselbe ist. All das verwundert nicht, wenn man den logischen Schluss zieht, dass es sich schlicht um eine Sprache handelte. Auch wenn Juden und Phönizier sich in vielen kultischen Fragen unterschieden, so waren sie doch Nachbarn, wie das bekannte Beispiel der Freundschaft zwischen dem israelischen König Salomon und dem phönizischen König Hiram aus Tyros zeigt, mitunter sogar sehr gute Nachbarn. Wo sie aber keine Verständigungsschwierigkeiten hatten, ist es letztlich nur irreführend sich auf wenige Unterschiede zu kaprizieren, was man nirgendwo sonst tun würde. So käme auch niemand auf die Idee wegen einiger anderer Sprachregelungen einen Zusammenhang zwischen der Sprache der Deutschen und der Österreicher zu leugnen. Relevant ist der enorme Aufwand freilich, weil mit Problematisierung der hebräisch-phönizischen Sprache und Schrift zugleich auch die Frage nach der Erfindung der Buchstabenschrift einhergeht. Es kann als unstrittig gelten, dass die europäischen Schriften wie Griechisch, Latein, Kyrillisch und ihre antiken Vorläufer sämtlich auf jener „semitischen“ Schrift basieren. Die nun aber wird den Phöniziern an der Küste des nördlichen Mittelmeers zugeschrieben, von denen die antiken Israeli es übernommen haben sollen. Dagegen spricht freilich die bloße Logik, zwischen dem Sinai, wo sich die protosinaitische, protosemitische Schrift entwickelt hatte und der Küstengegend der phönizischen Stadtstaaten Byblos, Tyros und Sidon eben genau jenes Gebiet befindet, dass in der Antike Schauplatz der biblischen Geschichte ist. Warum sollte die Schrift vom Sinai aus in den Libanon kommen, um das antike Israel einen Bogen machen, um dann vom Libanon aus dann doch nach Israel zu gelangen, wo es seine prominente Bestimmung findet und Schrift und Sprache der (hebräischen) Bibel zu werden. Wozu bedarf es dieser Umständlichkeit, wenn es um etwas Anderes gehen sollte, als unter (allen?) Umständen die plausible Herkunft der Buchstabenschrift aus dem Volk des Buches zuzugestehen? Wer außer Antisemiten sollte damit eigentlich ein ernsthaftes Problem haben?
Die Sachlage an sich wäre recht eindeutig. Als ältestes Schriftzeugnis des phönizischen Alphabets gilt der Sarkophag des Achiram von Byblos, der um das Jahr 1000 v. H. datiert wird. Demgegenüber gibt es aber eine Anzahl von hebräischen (jüdischen) Texten in der selben Schrift (und Sprache), die durchweg älter datiert werden, wie etwa die Churbat Kejafa ( auch: Khirbet Qeiyafa) Inschrift, aus dem 11. Jhd. die in der Gegend des Tals Ela gefunden wurde in der der David, der spätere König Israels gegen den Philister Goliath gekämpft haben soll. Eine von vielen Geschichten der hebräischen Bibel, dem zwischen dem 15. und 6. Jhd. v. H. entstandenen wichtigsten sprachlichen Dokument des antiken Volkes Israel und der hebräischen Sprache, welches nicht zuletzt auch durch die ausdrückliche Anlehnung von Christentum und Islam weltweite Verbreitung und Beachtung gefunden hat. Die Dankbarkeit gegenüber Juden und Judentum hielt sich freilich in sehr engen Grenzen.
Vom Alefbet zum Alphabet
32 1. M. 10.24-25
33 1. M. 43.32
34 z.B. in 2. Könige 18.26, was häufig bequemlich als „hebräisch“ übersetzt wird, oder in Nehemia 1.24, wo festgestellt wird, dass die Kinder nur noch die Sprache von Aschdod oder andere Sprachen, aber kein“ jüdisch“ (jehudi) mehr verstanden.
35 Siehe 1. M. 10. und 11. Kapitel
36 Lukas-Evangelium 3.36
37 Ibn Ishāq, Sīrat Rasūl Allāh, tr. A. Guillaume (Oxford: Oxford University Press, 2004), p. 3
38 379 in Keilschrift geschriebene im ägyptischen Amarna 1887 gefundene Tafeln, die in die Zeit 1385-1355 v. H. datiert werden
39 Mit einer einzigen Ausnahme, die freilich auch auf einer Verwechslung des Schreibers beruhen könnte.
Im ersten Buch der hebräischen Bibel40 gibt es niemanden, der schreibt oder liest. Es gibt keine Bücher, keine Briefe, weder Schriftrollen noch Steintafeln. Waren die biblischen Stammväter und -mütter von Abraham und Sara bis hin zu Josef und seinen Brüdern also Analefbeten? Lernte Josef der Traumdeuter als ägyptischer Vizekönig lesen und schreiben oder beherrschten er und die Mitglieder seiner Familie bereits eine Art von Schrift? Das „Buch der Bücher“ selbst gibt uns darüber keine direkte Auskunft. Nur indirekt erkennt man, etwa in den Träumen seiner Mitgefangenen, die Josef im Gefängnis erfolgreich deutet, bildliche Darstellungen, die in Szene gesetzt, gängige Hieroglyphenzeichen ergeben.41 Erst im zweiten Buch der jüdischen Bibel (Schmot, bzw. Exodus) „schrieb Moses all diese Worte