Der Bundestag zu Augsburg - Yehuda Shenef - E-Book

Der Bundestag zu Augsburg E-Book

Yehuda Shenef

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Beschreibung

Fragt man nach den Standorten der deutschen Parlamentsgeschichte werden sofort Frankfurt, Weimar, Berlin und Bonn genannt. An Augsburg als letzten Sitz des Bundestages des Deutschen Bundes im Jahre 1866 denkt kaum jemand, dabei markiert die Geschichte des Augsburger Bundestags eine wichtige Zäsur in der deutschen wie europäischen Geschichte, deren Nachwehen bis heute aktuell sind. Die Abgeordneten gastierten mit ihrer Entourage im Hotel „Drei Mohren“ , das somit zum zeitweiligen Bundes-Palais wurde, mit ihnen ausländische Diplomaten und Korrespondenten. Die Bundesversammlungen fanden im Sitzungssaal der Residenz statt. Das Buch beschreibt anhand zahlreicher zeitgenössischer Zeugnisse die Schauplätze, Abläufe aber auch die inzwischen weitgehend (zu Unrecht) vergessenen Protagonisten des Bundestags in Augsburg. Beigefügt sind auch Berichte Augsburger Zeitungen wie auch die vollständigen Sitzungsprotokolle.

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Ich danke meinem großväterlichen Freund Herrn Rieger für stundenlange Erörterungen, ebenso wie den Herren Shakhor und Yuval und Sholem, dem Enkel des letzteren für die unermüdliche und wertvolle Hilfe bei der mitunter mühsamen Recherche nach längst vergessenen Biographien und Zusammenhängen. Ohne Ihren Zuspruch und Support wäre das Buch nicht zustande gekommen.

Augsburg, 15. Juli 2016

Inhalt

Geschichte des Augsburger Bundestags

Warum Augsburg?

Der Umzug von Frankfurt nach Augsburg

Die Abgeordneten

Berichte der Augsburger Presse

Vermittler der Deutschen Einheit

Die Augsburger Sitzungsprotokolle

Augsburg 1866

Abbildungen

Literatur

Die Geschichte des Augsburger Bundestags

Fragt man nach den Standorten der deutschen Parlamentsgeschichte werden sofort Frankfurt, Weimar, Berlin und Bonn genannt. An Augsburg als letzten Sitz des Bundestages des Deutschen Bundes im Jahre 1866 denkt längst niemand mehr, dabei markiert die Geschichte des Augsburger Bundestags eine wichtige Zäsur in der deutschen wie europäischen Geschichte. In diesem Sommer jährt sie sich zum 150 mal.

Als Folge und in Reaktion auf die Napoleonischen Kriege hatte sich am 8. Juni 1815 in Wien die die „souveränen Fürsten und freien Städte Deutschlands“ zusammen mit Österreich, Preußen, Dänemark und den Niederlanden zum „Deutschen Bund“ geeinigt. Die Bundesversammlung, der „Bundestag“ bestand aus meist adeligen Abgeordneten der fürstlichen, königlichen oder kaiserlichen Mitgliedsstaaten, die im Auftrag ihrer Herrscher deren Standpunkte vertraten und mit den anderen verhandelten. Den ständigen Vorsitz hatte die Präsidialmacht Österreich, vertreten durch ihren Gesandten. Der Bundestag residiert von 1815 bis 1848 und von 1850 bis 1866 im Palais Thurn und Taxis in Frankfurt am Main (auf das das Königreich Bayern massive Ansprüche erhoben hatte) und tagte dort in der Regel einmal wöchentlich am sprichwörtlich bekannt gewordenen grünen Tisch.

Der „Engere Rat“ beschloss Entscheidungen in einfacher Mehrheit und umfasste die Groß- und Mittelstaaten Österreich, Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Kurhessen und Hessen-Darmstadt. Die Mitgliedsstaaten Holstein und Lauenburg wurden durch die Gesandten des dänischen Königs vertreten, Hannover durch den Abgeordneten des britischen Königshauses und Luxemburg schließlich durch Gesandten des niederländischen Königs, der zugleich auch Großherzog von Luxemburg war. Konnte sich der Enge Rat nicht festlegen, tagte das „Plenum“ mit 70 Stimmen, wovon Österreich und die Königreiche (Preußen, Bayern, etc.) jeweils 4 Stimmen besaßen. Nach einem komplizierten Modus mussten sich mehrere Kleinstaaten eine sog. „Kuriatstimme“ teilen. Änderung in den Grundgesetzen des Bundes oder in Religionsangelegenheiten hingegen konnten nur einstimmig gefasst werden.

Nach der sog. „Märzrevolution“ wurde im Mai 1848 der Frankfurter Bundestag aufgelöst und durch die in der Frankfurter Paulskirche tagende Nationalversammlung ersetzt. Nach dem Scheitern der Revolution wurde im September 1850 der Bundestag reaktiviert. Die Differenzen zwischen den Mitgliedstaaten waren nicht kleiner geworden und wuchsen im Laufe der Jahre immer weiter an, eher es an verschiedenen Schauplätzen zu kriegerischen Auseinandersetzungen kam. Der Bruch vollzog sich dann im „Preußisch-Deutschen Krieges“ zwischen dem Deutschen Bund und seiner Präsidialmacht Österreich und dem Mitgliedsstaat Preußen und dessen Verbündeten. Im Verlauf des Krieges annektierte Preußen Schleswig, Holstein, das Königreich Hannover, das Herzogtum Nassau, das Kurfürstentum Hessen und die freie Stadt Frankfurt. Italien erhielt als preußischer Verbündeter das bislang zu Österreich gehörende Provinz Venetien. Mit der Einnahme Frankfurts am 18. Juli durch die Preußen hatte der Deutsche Bund seine Hauptstadt und seinen Sitzungsort verloren. Da damit zu rechnen war, verlegte der Bundestag auf Vorschlag seines Kanzlers den Sitz „provisorisch“ und zwar nach Augsburg, das damals noch einen prominenten Ruf als Börsenplatz hatte und trotz der Einnahme nach Bayern immer noch als „österreichisch“ galt – bis heute wird das Rathaus durch den Habsburger Doppeladler geschmückt.

In Augsburg trat Bundestag zu insgesamt fünf Sitzungen (registriert als 36-40. Sitzungen des Jahres 1866) zusammen. Am 18. Juli, am 26. Juli, am 2. und am 4. August, schließlich nach drei Wochen Pause noch ein letztes Mal am 24. August 1866 zur 40. des Jahres und letzten Sitzung überhaupt (erst im Mai 1949 sollte es (namentlich) wieder einen Deutschen Bundestag geben, diesmal in Bonn). Am Vortag, dem 23. August wurde im vierten Artikel des „Prager Frieden“ im Prager Hotel „Zum Blauen Stern“ die Auflösung des Deutschen Bundes beschlossen. Österreich verzichtete auf eine eigene Mitwirkung Deutschlands Neuordnung unter Führung des Norddeutschen Bundes und damit Preußens unter Führung seines Ministerpräsidenten Otto von Bismarck. Um diesen Kompromiss zu erzielen, wurde den süddeutschen Staaten (Bayern, Württemberg, Baden) Neutralität zugestanden. Die nördlichen Staaten wurden wie das zuvor österreichische Holstein schrittweise von Preußen annektiert. Österreich seinerseits stärkte die Verbindung mit Ungarn zur Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, während die Norddeutschen noch Kriege gegen Dänemark und Frankreich führten, ehe sie 1871 im Spiegelsaal von Versailles das „Deutsche Reich“ ausrufen konnten.

Vor 50 Jahren, besser gesagt erst 1967 widmete sich bereits Ernst Deuerlein mit seinem Buch „Augsburg 1866“ der ansonsten allgemein kaum bis gar nicht wahrgenommenen Episode der Augsburger Geschichte, deren Folgen bis heute relevant geblieben sind. Mit dem Geschehen vor Ort befasste Deuerlein sich ebenso wenig wie mit den inzwischen unbekannten Akteuren in Augsburg, die in ihrer Zeit freilich staatstragend waren. Sie und ihre Motive aus dem Gedächtnis zu streichen, ist für die Beurteilung heutiger, gleichfalls im Wandel begriffener Verhältnisse kaum eine ausreichende Grundlage.

Warum Augsburg ..?

Augsburg kam nicht ganz zufällig als Ort für den provisorischen Sitz der bundesdeutschen Exilregierung in Betracht, nachdem Frankfurt in die Hände der feindlichen Preußen gefallen war, die erst am 14. Juni aus dem Deutschen Bund ausgetreten waren. Man besann sich nun in Wien, dass Augsburg schon 1833 sich darum bemüht hatte, Sitz des Deutschen Bundestags zu werden. Damals versuchten sich die Augsburger Stadtverordneten und formulierten am 17. Dezember 1833 folgenden Beschluss:

„Nachdem dem den Gemeindebevollmächtigten zustehenden Rechte, allenfallsigen Gemeindebesten angemessenen Vorschlage dem Magistrat zu seiner weiteren Berücksichtigung vorlegen zu können, wird folgender Antrag übergeben: Es soll den in verschiedenen öffentlichen Blättern enthaltenen Nachrichten zufolge, der Sitz der hohen Bundesversammlung in Frankfurt am Main in eine andere Stadt des südlichen Deutschlands versetzt werden, ohne dass jedoch dieselbe noch mit Bestimmtheit angegeben wird. Bei den bestehenden Verhältnissen hiesiger Stadt dürfte es allerdings in vieler Hinsicht sehr wünschenswert sein, wenn man es möglich machen könnte, dass hiesige Stadt zu dem Sitz der Bundesversammlung bestimmt werden könnte.

Dieser Wunsch nun, wo immer möglich zu machen, wäre vor allem notwendig die erforderliche Einleitung bei der allerhöchsten Stelle mittels Anfrage und Stellung des zweckmäßigen Vorschlags zu unternehmen, indem ohne deren Vorwissen kein Schritt in dieser Sache vorgenommen werden könnte. Die Gemeindebevollmächtigten bringen daher diesen Wunsch an den Magistrat und stellen an denselben das Ansinnen, dass derselbe, im Falle, dass dieser Antrag einige beifällige Ansicht erhalten solle, an die königliche Regierung in geeigneter Weise berichte, die Wünsche der hiesigen Bürgerschaft vorzubringen und hochdieselbe zu bitten, sich bei der allerhöchsten Stelle dahin zu verwenden, dass in dieser Sache eine allergnädigste Entschließung erlassen werden möchte, ehe über die Zuverlässigkeit dieses Wunsches und über die mit allerhöchster Bewilligung zu treffenden weiteren Maßregeln bestimmtere Weisungen entnommen werden könnte.“ 1