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Ein Leben für ein Leben. Elektra Bianchi ist die Tochter des berüchtigten Mafioso Vittorio »Little Vic« Bianchi. Ihr Vater möchte sie gern in einen goldenen Käfig stecken – dorthin, wo alle Frauen in den Kreisen der Mafia hingehören. Doch Elektra hat anderes im Sinn. Sie will nach ihrem Wirtschaftsstudium die Geschäfte der Familie leiten, an der Seite ihres Ehemannes Stephen Lorenzo, der sich bereits als Stellvertreter ihres Vaters einen Namen machen konnte. Doch als ein Attentat auf Elektra verübt wird, gerät ihr Entschluss ins Wanken. Ist sie wirklich bereit für diese Welt? Stephen stellt seiner Frau fortan den Bodyguard Deshawn Maxwell – genannt Desh – an die Seite. Doch Desh arbeitet nicht für die Bianchis, sondern ausschließlich für Stephen. Was führt Elektras Ehemann im Schilde und ist sie mit Desh an ihrer Seite sicher? Denn ihr neuer Bodyguard bringt mehr als nur ihr Herz in Gefahr. »Blood Hound« ist ein abgeschlossener Einzelband aus der Reihe »Mafia Clans of New York«. Er enthält explizite Szenen, Folter und Mord.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Blood Hound
Von Kitty Harper
Buchbeschreibung:
Ein Leben für ein Leben.
Elektra Bianchi ist die Tochter des berüchtigten Mafioso Vittorio »Little Vic« Bianchi. Ihr Vater möchte sie gern in einen goldenen Käfig stecken – dorthin, wo alle Frauen in den Kreisen der Mafia hingehören.
Doch Elektra hat anderes im Sinn. Sie will nach ihrem Wirtschaftsstudium die Geschäfte der Familie leiten, an der Seite ihres Ehemannes Stephen Lorenzo, der sich bereits als Stellvertreter ihres Vaters einen Namen machen konnte.
Doch als ein Attentat auf Elektra verübt wird, gerät ihr Entschluss ins Wanken. Ist sie wirklich bereit für diese Welt?
Stephen stellt seiner Frau fortan den Bodyguard Deshawn Maxwell – genannt Desh – an die Seite. Doch Desh arbeitet nicht für die Bianchis, sondern ausschließlich für Stephen.
Was führt Elektras Ehemann im Schilde und ist sie mit Desh an ihrer Seite sicher? Denn ihr neuer Bodyguard bringt mehr als nur ihr Herz in Gefahr.
»Blood Hound« ist ein abgeschlossener Einzelband aus der Reihe »Mafia Clans of New York«. Er enthält explizite Szenen, Folter und Mord.
Über die Autorin:
Kitty Harper ist das Pseudonym einer nerdigen Mutter von zwei Nachwuchs-Nerds und der Ehefrau eines Ober-Nerds. Zusammen begeistern sie sich in trauter Nerdigkeit für alles, was auch nur im Entferntesten mit Fantasy, Mystik und Science-Fiction zu tun hat. Während die Nachwuchs-Nerds noch an der Vervollkommnung ihrer Kängeroo-Zitate und Nightwish-Songtexten arbeiten, widmet sich die Autorin Höherem. Das Schreiben eigener Texte ist ihr liebster Zeitvertreib und wenn sie nicht gerade durch virtuelle Welten hastet und mit Schwertern herumfuchtelt, versinkt sie in der nordischen Mythologie oder in anderen längst vergangenen Epochen.
Kitty Harper schreibt gern sinnliche Erotik, ohne dabei vulgär zu werden. Manchmal ein wenig SM, manchmal aber auch starke Frauen, die den Herren der Schöpfung zeigen, wo es langgeht. Kitty hofft, dass ihr genauso viel Spaß an ihren Geschichten habt, wie sie selbst.
Von Kitty Harper
1. Auflage,
© 2023 Kitty Harper – alle Rechte vorbehalten.
Kitty Harper
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K. Mothes
Schloßstraße 20
06869 Coswig (Anhalt)
E-Mail: [email protected]
Web: https://www.kitty-harper.de
Coverdesign: Renee Rott, Dream Design – Cover and Art unter Verwendung von www.depositphotos.com,
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Lektorat: Lektorat Franziska Schenker
Bildnachweise www.depositphotos.com, www.shutterstock.com
Verwendete Schriftarten: Linux Libertine, Corleone Duo, Arial, Caladea
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Deine Kitty
Prolog
Deshawn Maxwell spürte seine Hände nicht mehr. Das allein brachte ihn nicht aus der Ruhe. Es brauchte schon etwas mehr, um einen gestandenen Ex-Marine wie ihn das Fürchten zu lehren. Aber ihn auf einen Stuhl in einer maroden Lagerhalle zu setzen, kratzte ein wenig an seinem Stolz.
Desh hätte nicht jahrelang im Kampf gegen den IS überlebt, damit ihm nach einem kleinen Missgeschick und den daraus resultierenden Konsequenzen die Nerven durchgingen.
Also übte er sich in Gelassenheit und bewegte die Fingerspitzen. Wenn er seine Hände im richtigen Moment einsetzen wollte, musste er die Blutzirkulation in Gang halten, sonst könnte jeder Fluchtversuch bereits zum Scheitern verurteilt sein, bevor er überhaupt begonnen hatte.
Desh atmete tief durch und ließ den Kopf hängen, sammelte seine Kräfte.
Sie hatten ihn durch die Mangel genommen, als sie ihn erwischt hatten.
Yakuza.
Widerliches Pack.
Aber zäh wie Leder.
So leicht wickelte man die Japaner nicht um den Finger. Wenn sie jemanden beim Herumschnüffeln erwischten, brauchte man sich keine Sorgen mehr um den nächsten Toilettengang zu machen. Apropos …
Desh hob den Kopf und warf einen Blick zu seinen beiden Bewachern, die mit je einer MP7 den Zugang zu dem Lagerhaus bewachten.
Beide trugen maßgeschneiderte schwarze Anzüge und weiße Gesichtsmasken mit Schlitzen für Augen und Mund, aus Plastik. Absolut gruselig.
Desh konnte nichts von ihren Gesichtern sehen. Höchstwahrscheinlich war genau das auch der Grund.
Der Geruch von abgestandenem Schmieröl, rostigem Eisen und brackigem Wasser stieg ihm in die Nase. Darunter breitete sich eine feine Note Pisse aus. Angewidert verzog er das Gesicht und blendete den Gestank aus.
Patsch, patsch. patsch.
Irgendwo tropfte es.
Desh sah an sich hinab. Von seinem linken Auge fiel in regelmäßigen Abständen Blut herunter. Es bildete sich bereits ein stetig größer werdender Fleck auf seinem Oberschenkel.
Aber das Geräusch passte nicht zu dem Patschen.
Er schnaubte, versuchte, sich an die vergangenen Stunden zu erinnern. Damit er dieses elende Platschen zu ordnen konnte.
Ach ja, als er in den SM-Club gewankt war, hatte es geregnet. Ab dem Zeitpunkt war alles bergab gegangen. In seinem Blut hatte sich zu viel Alkohol befunden, die Nutten waren nicht willig gewesen und man hatte ihn wieder vor die Tür gesetzt. War aber auch eine Scheißidee gewesen, betrunken in ein Bordell zu latschen.
Dann kam sein Stolz ins Spiel. Niemand setzte Deshawn Maxwell vor die Tür. Niemand.
Tja, das Ende der Geschichte kannte er bereits. Es fand genau hier statt. In einer maroden Lagerhalle. Kein Getuschel, kein Getöse, keine große, finale Schlacht. Nur ein sauberer, glatter Kopfschuss.
Desh hatte es immer gewusst. Er würde nicht alt und tattrig im Bett liegend sterben. Nein, seine Liebe zu den Frauen, dem Alkohol oder dem illegalen Glücksspiel waren es, die ihm das Leben kosten würde. Entweder eines dieser Dinge oder alle drei auf einmal. In diesem Fall – alle drei.
Deshs Wangenmuskel zuckte. Schmerz breitete sich in seiner rechten Gesichtshälfte aus. Ganz allmählich schwoll sein linkes Auge zu. Bald würde er gar nichts mehr sehen.
»Hey, ihr Wichser! Ich muss mal pissen! Wenn ihr nicht wollt, dass ich mich vor eurem Boss einscheiße …«
Niemand reagierte, aber Desh hatte auch nichts anderes erwartet.
Ihm war scheißlangweilig. Sollte er sich zu Tode sitzen? Wenn ja, waren sie auf einem guten Weg.
Desh ruckelte an seinem Stuhl, wobei sich das Plastik der Kabelbinder tiefer in seine Handgelenke grub.
Fuck.
Ihm wurde übel.
Okay, das fühlte sich überhaupt nicht gut an.
Die Ränder seines Blickfelds verschwammen, sein Gleichgewichtssinn kam ins Trudeln und das marode Lagerhaus drehte sich, als säße er in der Mitte eines Karussells. Desh würgte, doch er hatte seit gestern Morgen nichts mehr gegessen, geschweige denn getrunken. Er rollte seinen Kopf von einer Seite auf die andere, in dem Versuch, die Bremse in das sich drehende Kaleidoskop reinzuhauen.
Die Tür des Lagerhauses wurde aufgestoßen und das Karussell beendete seine letzte Fahrt. Gleichmäßige Schritte hallten über den feuchten Betonboden, wurden nur von einigem Platschen unterbrochen. Ah, eine undichte Stelle im Dach. Das erklärte das elendige Geräusch.
Desh hob den Kopf nur so weit, dass er einen Blick auf die Beine des Neuen werfen konnte.
Er trug eine weiße Hose, dazu schwarze Slipper mit weißen Sohlen. In der behandschuhten Hand hielt er einen schwarz glänzenden Spazierstock.
»Kuso!« Scheiße!
Der Anzugträger hob das Bein und wischte sich mit einem Tuch das brackige Wasser vom glänzenden Leder seines Schuhs.
Desh grinste.
Nicht, dass er noch viel zu lachen bekommen würde, aber so lange er atmete, tat er genau das, was er immer machte: Seine Feinde verspotten.
»Wieso musstet ihr diesen bakayarō genau hierherbringen? Ich hätte ihn auch unter dem Club kaltgemacht.«
»Weil sie unter Spatzenhirnen leiden?« Desh betrachtete den Neuen. »Warum auch sonst würden sie einen Kerl wie mich anrühren?«
Der Japse richtete sich zu seiner vollen Größe auf und straffte die Schultern. Mit beiden Händen umschloss er den Knauf seines Spazierstockes und baute sich vor Desh auf.
Passend zu seiner weißen Hose trug er ein Jackett in der gleichen Farbe, darunter eine schwarze Weste, ein blütenweißes Hemd und eine Nelke im Knopfloch. Mit seinem glatt rasierten Gesicht und den akkurat nach hinten gekämmten Haaren sah er aus, als wollte er gleich zur Oscarverleihung.
Der Japaner deutete mit der Spitze seines Stocks auf ihn. »Weil sie genau wissen, wer du bist.«
Desh blinzelte, was ihm zunehmend schwerfiel. Mittlerweile konnte er sein linkes Auge kaum noch öffnen. Sein Sichtfeld schränkte sich zusehends ein.
Auch gut. Musste er die Visage des Japse nicht länger ertragen.
»Wer bin ich denn?«
»Ein Betrüger.«
Desh biss sich auf die Unterlippe.
Er hätte die Finger vom Alkohol lassen sollen. Die Woche war hart gewesen, er hatte einige Jobs erledigt und wollte nur ein wenig ausspannen und seine Rücklagen verdoppeln.
Leider litt seine Konzentration mit zunehmendem Alkoholpegel.
Und dann war da die Kleine gewesen, die an ihm herumgefummelt hatte, und dabei war ihr eine in seinem Ärmel verborgene Vorrichtung aufgefallen.
Nun, er hatte nicht wirklich betrügen wollen, aber die in seinem Anzug versteckten Waffen verstimmten seine Spielkollegen so sehr, dass sie ihn nun fertigmachen wollten.
Shit Happens. Oder so ähnlich.
»Das ist alles nur ein riesengroßes Missverständnis.«
Der Kerl hob die Hand und betrachtete seine Fingernägel. »Du weißt, wer ich bin.«
Desh blinzelte.
Theoretisch sollte er wissen, wer der Typ war. Ihn ätzte nichts mehr an als schlechte Vorbereitung, selbst wenn es nur um illegales Pokern ging. Aber … sein Gehirn hatte eindeutig zu viele Schläge abbekommen.
»Sorry, Kumpel. Mir liegt es auf der Zunge …«
Der Japaner starrte ihn an, als hätte er ihn persönlich beleidigt. Vermutlich hatte Desh genau das getan. Asiaten waren so empfindlich. Eine falsche Bewegung und man fand sich mit einer Kugel im Kopf im Hudson wieder.
Deshalb arbeitete Desh auch niemals für Japaner. Allein diesen ganzen Katalog an Regeln auswendig zu lernen, bereitete ihm Kopfschmerzen. Obwohl sie gut zahlten und ihre Bordelle die perfekten Nutten hervorbrachten.
»Entschuldige, ich weiß es nicht.« Desh zuckte mit den Schultern. Schmerz durchzog seine Arme.
Wunderbar. Sein Körper strotzte vermutlich nur so vor Prellungen. Wenn er Glück hatte, konnte er sich das Auskurieren sparen.
»Uno Amane, mir gehört das Bastille. Dort, wo du deine illegale Nummer durchziehen wolltest.«
Desh konnte sich nicht dagegen wehren. Die Vorstellung war so absurd, dass er auflachen musste. »Du willst mich umnieten, weil du vermutest, dass ich bei einem illegalen Pokerspiel betrogen habe? Das ist lachhaft.«
Amane starrte ihn an, sein rechtes Auge zuckte. Die Lippen presste er fest zusammen. »Zum Glück müssen wir das nicht herausfinden.« Er öffnete sein Sakko, griff in die Innentasche und holte eine winzige Beretta 3032 hervor.
»Ist das dein Ernst? Du willst mich mit einer Frauenpistole abknallen?«
Trotz der Größe der Waffe verfeuerte die Tomcat 9-mm-Geschosse, die absolut ausreichend waren, ihm ein hübsches Loch in die Schädeldecke zu zaubern.
Amane verzog nicht eine Miene, als er den Lauf der Tomcat gegen seinen Frontallappen drückte. »Du gehst mir auf die Nerven.«
Trotz all der Selbstbeherrschung und der Sprüche, die er in angespannten Situationen gern mal verteilte, der kalte Stahl eines Pistolenlaufs ließ seine Miene bröckeln.
Scheiße.
Vielleicht hätte er eine andere Verhandlungsstrategie einschlagen sollen, ein paar Sprüche weniger, ein Schuldeingeständnis oder ein Angebot unterbreiten sollen. Möglicherweise hätte Amane ihn dann mit dem Leben davonkommen lassen. Doch Desh konnte noch nie die Klappe halten.
Das Klicken der Sicherung löste einen eisigen Schauer aus, der wie eintausend Nadelstiche über seine Wirbelsäule rieselte.
Das wars. Aus und vorbei.
Die Tür der Lagerhalle wurde erneut aufgerissen.
»Amane, mein Freund!«
Desh zuckte zusammen, ein Schuss knallte.
Kapitel 1
Elektra
Ich hob meinen Blick und seufzte leise.
Das Charlie Palmer galt als eines der exklusivsten Restaurants in New York. Mit der Lage am Time Square verband ich gehobene Küche, teure Weine und hervorragenden Service. Mich würde ein wahres Geschmackserlebnis erwarten, dazu noch die wunderbare Aussicht. Eine fantastische Abwechslung gegenüber den ständigen Essen in Papas kleinem Restaurant in Little Italy.
An Stephens Arm betrat ich den Gastbereich. Meine Eltern gingen voran, ihre Freunde Sophia und Natale folgten.
Stephen neigte sich leicht zu mir. Sein Bart streifte meine Schläfe. »Du weißt, was wir zu Hause besprochen haben?«
Mein Innerstes zog sich beklommen zusammen. Ich wollte so dringend raus, dass ich alles dafür tun würde. Selbst den Mund halten und meinem Ehemann gehorchen.
Folgsam senkte ich den Kopf. »Ich werde nichts sagen. Genau so, wie du es wünschst.«
Stephen legte seine Hand in mein Kreuz, strich mit seinem Daumen über die nackte Haut, die der tiefe Rückenausschnitt des Kleides entblößte. Ohne dass ich etwas dagegen tun konnte, spannte ich mich an.
»Was soll das, Elektra? Wir sind verheiratet. Ich bin dein Ehemann. Welche Ehefrau schreckt vor der Berührung ihres eigenen Mannes zurück?« Stephen seufzte.
Ich hob das Kinn und funkelte ihn an. »Die Ehefrau, die nicht freiwillig in die Hochzeit eingewilligt hat. Genau diese Ehefrau.«
Stephen stöhnte, platzierte die flache Hand in meinem Rücken und schob mich vorwärts. »Dann sei eine brave Ehefrau und Tochter, die tut, was man von ihr verlangt.«
Ich sog scharf die Luft ein. »Lächeln und hübsch aussehen.«
Stephen schenkte mir einen wohlwollenden Blick. »Du weißt, wie das Spiel läuft. Schließlich bist du in dieser Familie aufgewachsen. Mit all dem Reichtum und dem Luxus. Sage nicht, dass es dir je schlecht ergangen wäre.«
Ich würde lieber unter einer Brücke hausen, als noch einen Tag länger mit Stephen Lorenzo verheiratet zu bleiben. In unserer Beziehung gab es keine Liebe. Wir teilten noch nicht einmal das Bett. Nein, Stephen hatte mich geheiratet, weil Papa einen reichen Schwiegersohn wollte, damit wir uns weiterhin dieses dekadente Leben leisten können. Außerdem braucht er einen männlichen Nachfolger. Schade, dass ich nur eine Frau geworden bin. Mein Vater bekam das Geld und die Lorenzos die Beteiligung in einer der Mafiafamilien New Yorks. Und was bekam ich? Eine kalte, lieblose Ehe in einem Käfig aus Diamanten und Gold.
Mittlerweile war mein Vater an der Reihe und trat zu dem Mann, der am Pult stand und die Reservierungen überprüfte. Sie unterhielten sich einen Augenblick leise, bis der Kellner ein paar Karten aus der Ablage nahm.
»Bitte folgen Sie mir.«
Mein Vater nickte dem Kellner zu, wandte sich zu uns um und breitete mit einem Lachen im Gesicht die Arme aus. Vittorio Bianchi, mein Papa, befand sich voll in seinem Element. Als waschechter Italiener fühlte er sich erst so richtig wohl, wenn er seinen Charme spielen lassen durfte.
»Meine Freunde, Stephen, Elektra, kommt, folgt mir und seid meine Gäste.«
Ich zimmerte mir ein Lächeln ins Gesicht und betrat an Stephens Seite das Restaurant. Egal, wie sehr ich ihn verachtete, eines musste ich ihm lassen. Er hatte nie versucht, sein Recht als mein Ehemann einzufordern.
Sofia Violante versuchte mit Engelsgeduld, mich in ein Gespräch zu verwickeln.
»Du kannst dir auch ein Geschäft aufbauen, Elektra. Dass du dieses Leben lebst, bedeutet nicht, dass du zu einem Dasein als Gegenstand verdammt bist. Du kannst genauso leben.«
Innerlich brodelnd schloss ich die Augen.
Sofia hatte keine Ahnung. Ihr erging es gut, weil sie sich bewusst aus den Geschäften heraushielt und ihr eigenes Ding durchzog, ich hingegen war zweiundzwanzig Jahre alt, besaß einen Master in Betriebswirtschaft und musste mich mit dem Wissen arrangieren, verkauft worden zu sein.
»Und wie soll ich das anstellen? Ohne eigenes Vermögen?«
Sofia zuckte mit den Achseln. »Nimm das Geld deines Mannes.«
Ich seufzte. »Das würde Stephen nie erlauben.«
Die blonde Frau legte mir vertraulich eine Hand auf den Unterarm. »Dann nutze deine Waffen.«
Ich mochte jung sein, aber ich war nicht naiv und schon gar nicht lebensmüde. Eher würde die Hölle zufrieren, als dass ich das Bett mit meinem Ehemann teilte. Viel lieber würde ich mich an den Gesprächen der Männer beteiligen.
Nachdem wir bestellt hatten, servierte unser Kellner einen leichten Rosato als Aperitif. Dazu wurde geröstetes Ciabatta mit verschiedenen Aufstrichen aus Tomaten, Lauchzwiebeln und Olivenöl gereicht. Ich nahm mir etwas Brot, bestrich es mit Olivenöl und Balsamico. Darüber streute ich grobes Salz.
Hunger hatte ich nicht, nur keine Lust mehr, mich noch länger mit Sofia über Parfüm zu unterhalten. Anscheinend sah die Frau von Natale es als ihre Pflicht an, mich zu bespaßen. Oder sie wollte mich vor einer Dummheit bewahren.
Die Männer unterhielten sich über den Import von italienischen Rotweinen. Natürlich mit Hintergedanken.
Natale fuhr sich durch seine Silbermähne, lehnte sich genüsslich zurück und sog an seiner Zigarre. »Wir könnten einen Teil der Diamanten in den Glasboden der Flaschen einlassen. Beim Zoll wird nur stichprobenartig kontrolliert.«
Papa nickte bedächtig. »Was würde uns das kosten? Die Flaschen selbst zu gießen?«
Fragend wandte er sich an Stephen. Der nahm sein Smartphone zur Hand und tippte auf dem Display herum.
Sofia lamentierte gerade über eine neue Kreation aus blumigen Düften, welche die Herren erregen sollte. Ich hörte ihr nicht zu. Stattdessen legte ich Stephen eine Hand auf den Unterarm. »Du kannst dir die Rechnerei sparen, man kann keine Diamanten in Glas durch den Zoll schmuggeln. Die Ware wird beim Grenzübertritt durchleuchtet.«
Stephens Augenbraue zuckte.
Ich hatte einen Fehler gemacht, doch das war mir egal. Wenn ich durch mein Wissen die Geschäfte meines Vaters schützte, nahm ich seine Zurechtweisung gern in Kauf.
Papa beugte sich vor und musterte mich interessiert. »Wie kommst du darauf, Eli? Wir haben bisher immer kleinere Mengen Diamanten am Zoll vorbeigeschmuggelt. Problemlos.«
»Ja, bis vor zehn Jahren. Aber ihr habt euch nicht ohne Grund aus dem Geschäft zurückgezogen. Weil es immer schwerer wurde, die Ware über die Häfen ins Land zu bekommen. Wir importieren ausschließlich über Containerfracht. Wenn ihr tatsächlich wieder am Diamantenschmuggel teilnehmen wollt, müsst ihr das anders aufziehen.«
»Elektra.«
In dem einen Wort schwang eine so bedrohliche Warnung mit, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten. Ich hatte es verkackt, definitiv. Wenn wir wieder zu Hause waren, würde er mich erneut einsperren. Doch im Augenblick war mir das piepegal.
Nicht nur Papa, nein, auch Natale schenkte mir seine Aufmerksamkeit, während Sofia nur stumm den Kopf schüttelte.
Hilfe suchend blickte ich zu meiner Mutter.
Mama lächelte sanft und … nickte.
Annagrazia hatte mir immer den Rücken gestärkt – so lange ich denken konnte. Was immer ich wollte, Mama hatte stets meine Wünsche respektiert und mit mir diskutiert, falls sie mal etwas nicht möglich machen konnte.
Bis auf eine Sache: die Ehe mit Stephen.
Das war das einzige Mal gewesen, dass sie nicht auf meiner Seite gestanden hatte. Und ich hatte sie dafür gehasst.
Seit einem Jahr waren wir nun verheiratet und fortan hatte ich Mama mit Verachtung gestraft.
Bis heute.
Ihr Nicken bewirkte, dass mir Stephens Ansage gleichgültig war.
Papa winkte ab. »Nein, nein, Stephen. Ich will hören, was meine Tochter zu sagen hat. Normalerweise schätze ich deinen Umgang mit ihrem Temperament. Frauen sollten sich nicht in unsere Geschäfte einmischen. Aber Elektra hat recht. Wir sind seit einigen Jahren aus dem Geschäft raus. Es schadet also nichts, ihren Ideen zumindest Aufmerksamkeit zu schenken. Nicht wahr?«
Stephen presste so fest die Zähne aufeinander, dass sein Kiefer knackte. »Natürlich, Vic. Du bist der Boss.«
Papa lächelte gönnerhaft. »Bin ich. Also, Liebling, lass uns an deinen Ideen teilhaben. Wie würdest du Diamanten schmuggeln? Rein hypothetisch?«
Ich setzte ein zufriedenes Lächeln auf und legte während des Hauptgangs unter dem bohrenden Blick meines Ehemannes dar, wie ich rangehen würde, natürlich im großen Stil.
»Wie konntest du mich nur so bloßstellen?« Stephen zerrte mich aus dem Fahrstuhl des Wohngebäudes an der East Side, wo sich unser Apartment befand.
Der lange Korridor, der von den Aufzügen zur Wohnungstür führte, erhellte sich kaskadenartig, angeregt durch unseren zügigen Gang.
Stephen zog mich mit langen Schritten hinter sich her. Mühsam stöckelte ich auf meinen Pfennigabsätzen und verfluchte ein ums andere Mal den Zwang, hohe Schuhe zu kurzen Kleidern zu tragen. Viel lieber würde ich in Turnschuhen und Jeans herumlaufen.
Was tat man nicht alles für die Familie. Sich an eine unausgesprochene Kleiderordnung zu offiziellen Anlässen zu halten, war noch die leichteste Übung.
Mit aller Kraft grub ich die Absätze in den Teppich und stemmte mich gegen Stephens zielstrebigen Gang. Ich würde keinen Meter weitergehen, bis wir nicht miteinander gesprochen hatten. Gewaltsam riss ich mein Handgelenk aus seiner Umklammerung und zog den Arm zurück.
»Ich habe lediglich Papas Frage beantwortet. Etwas, was du nicht konntest. Weil du die Position des Consigliere nur wegen deines Geldes bekleidest.« Und ich das falsche Geschlecht besaß. Verdammte Axt.
Frauen dienten in Papas Welt nur einem Zweck: hübsch anzusehen und für Nachwuchs zu sorgen.
Nun, zumindest konnte ich mit meinem Aussehen punkten. Kinder würde es in dieser Ehe nicht geben, aber was hatte ich schon zu sagen.
Stephen wirbelte herum und starrte mich an. Ohne zu blinzeln. Mühsam beherrscht presste mein Ehemann die Kiefer aufeinander. Seine sonst so akkurat gelegte Frisur war während der letzten Minuten im Fahrstuhl ein wenig durcheinandergeraten.
Nicht, weil wir die Finger nicht voneinander lassen konnte, oh nein. Wir waren uns angegangen wie die Kesselflicker.
»Du vergisst dich, Elektra.« Stephen strich sein Sakko glatt, verschränkte die Arme hinter seinem Rücken, drehte sich erneut um und schritt voran, als wäre nichts gewesen. »Dir waren die Konsequenzen deines Handelns bekannt. Fehlverhalten bedeutet, dass du für mehrere Tage die Wohnung nicht verlassen darfst.«
Wütend ballte ich die Faust und stiefelte hinter ihm her.
Jetzt langt‘s. Als ob ich ihm je einen Grund gegeben hatte, mich bestrafen zu wollen.
Seit einem Jahr drohte er mir damit, mich einzusperren, wenn ich nicht nach seiner Pfeife tanzte. Ich hatte mich gefügt, weil Papa es von mir verlangte und ich gelernt hatte, meine eigenen Bedürfnisse hinter denen der Familie zurückzustellen.
Heute Abend war allerdings etwas anders gewesen. Papa hatte mich nach meiner Meinung gefragt. Das hatte er noch nie getan.
Seine Aufmerksamkeit gab mir Kraft, mich nicht länger von Stephen herumschubsen zu lassen.
Vor der Wohnungstür holte ich ihn ein. »Du vergisst, wer ich bin. Mein Papa ist Vittorio Bianchi und –«
Stephens Hand schnellte vor. Kraftvoll legten sich seine Finger um meine Kehle. »Ich bin dein Ehemann. Du gehörst mir.«
Das Herz schlug mir bis zum Hals. Heftig schluckte ich gegen seinen Griff an. Versuchte, mir nichts anmerken zu lassen, vergeblich.
Stephen drängte mich an die Wand neben der Wohnungstür, drückte sich komplett an mich und fuhr mit der Nase über meine Wange. Sein Atem streichelte meine Haut, während seine Finger an meinem Körper entlang glitten. Tiefer bis zum Saum des Kleides. »Vielleicht sollte ich mein Recht endlich einfordern.«
Der Herzschlag dröhnte mir in den Ohren, ein Rauschen legte sich darüber und ich erbebte, vor Angst.
So etwas hatte Stephen noch nie getan. Er fürchtete Vittorio, oder? Er würde mich nicht anfassen, weil mein Papa einen ganzen Mafiaclan unter sich versammelte. Und Stephen war durch die Heirat zu seinem Stellvertreter aufgestiegen.
Ich liebte meinen Papa, aber ich wusste auch um seine verstaubten Ansichten. Wenn Stephen ihm erklärte, dass er nur auf diese Weise den Gehorsam seiner Ehefrau erlangen konnte, dann würde Papa ihm glauben. Denn in seinen Augen war ich nicht länger seine Tochter, sondern nur die Frau seines Stellvertreters.
Mist.
Wenn ich also nicht tatenlos dabei zusehen wollte, wie mein eigener Mann mich vergewaltigte, musste ich handeln.
Stephens Finger schlüpften derweil unter mein Kleid.
Ich zitterte vor Angst, doch das würde ich nicht zulassen.
Niemals.
Er bekam mein Eheversprechen, aber nicht meinen Körper.
Hastig hob ich meine Hand und donnerte Stephen Lorenzo meine eintausend Dollar teure Gucci-Handtasche in die Visage.
Er grunzte und ließ sofort von mir ab. Endlich wich er ein Stück zurück.
Mein Puls hämmerte nach wie vor und meine Muskeln erzitterten, doch die Angst war fort. An ihre Stelle trat eine unglaubliche Wut.
Ich war die einzige Tochter von Vittorio Bianchi.
Niemand fasste mich an.
Niemand!
»Wag es ja nicht, noch einmal Hand an mich zu legen, du Arsch! Wir sind zwar verheiratet, aber das gibt dir nicht dieses Recht!«
Stephen starrte mich an. »Ich bin dein Ehemann!«
»Du wirst bald ein schwanzloser Ehemann sein, wenn du das je wieder machst. Was glaubst du, was Papa tun wird, wenn ich ihm erzähle, was du gerade versucht hast.« Ich deutete mit meiner Gucci-Handtasche auf ihn.
Keine Ahnung, wie Papa reagieren würde, schließlich hatte er mich mit ihm verheiratet und erwartete bestimmte Dinge von mir.
Aber nicht so.
Das ging eindeutig zu weit. Selbst Papa würde das einsehen. Und wenn nicht, genügte es, dass Stephen mir glaubte.
Er trat zur Seite und hielt sich die Wange. Wütend funkelte er mich an. »Was glaubst du, wer du bist? Ich kann mit dir tun und lassen, was ich will. Ich habe für dich bezahlt, in die Firma investiert. Ich will, was mir zusteht.«
Die Angst drohte mich zu lähmen. Wenn ich hier einigermaßen unbeschadet herauskommen wollte, musste ich meine Karten geschickt ausspielen. Ich konnte nicht riskieren, ihn zu sehr zu verärgern.
Schließlich sicherte sein Geld Papas Geschäfte. Wenn Stephen seine Investitionen zurückzog, stand unsere Firma auf Messersschneide.
Aber das würde er niemals tun, denn die Lorenzos gierten seit Jahren nach einem Platz in einer der großen Familien der Mafia. Sie wollten so sehr dazugehören, dass ihnen jedes Mittel recht erschien. Selbst eine Zweck-Ehe.
»Hast du. Aber du willst, dass ich gehorche. Du willst ein Mitglied der Mafia sein und eine hübsche Ehefrau haben. Ich sichere dir deinen Platz im System. Ich bin eine Frau. Allein könnte ich niemals das machen, was ich will.«
Stephen verengte die Augen zu Schlitzen. »Was willst du?«
Mit einem tiefen Atemzug versuchte ich, meinen rasenden Puls zu beruhigen. »Herrschen. Ich will dazugehören. Stephen, ich bin nicht dumm. Wenn wir zusammenarbeiten, könnten wir einiges erreichen. Gemeinsam.«
Er lachte auf. »Du willst … was? Arbeiten? Weißt du überhaupt, wie das geschrieben wird? Mal abgesehen von ein paar Wohltätigkeitsveranstaltungen hast du doch nichts zu tun.«
Ich verzog das Gesicht. »Ich will mitentscheiden. Über die Geschäfte. Wenn Papa an dich übergibt, wirst du der Boss sein.«
Stephens Augen verengten sich.
»Du bist kein Bianchi, wirst du niemals sein. Aber mit mir an deiner Seite, gewinnst du das Vertrauen der Männer. Ohne mich – gute Nacht. Ich wünsche mir nur ein klein wenig Mitbestimmung.«
»Sie werden niemals Befehle von dir entgegennehmen.«
»Aber von dir. Mit mir zusammen.«
Mein Ehemann runzelte die Stirn. »Du willst also, dass ich deine Marionette bin?«
Innerlich stöhnte ich auf. »Nein, ich will mit dir zusammen anführen. Ich will dabei sein, mitentscheiden. Nach außen hin würde natürlich niemand etwas mitbekommen.«
Stephens abschätziger Blick glitt über meinen Körper. »Was bekomme ich denn dafür?« Er neigte den Kopf zur Seite und senkte die Hand. Die Haut auf seiner Wange glühte dort, wo ihn Gucci getroffen hatte.
Mühsam widerstand ich dem Drang, zurückzuweichen. Fröstelnd rieb ich mir über die Arme. »Das nicht.«
Er lächelte.
Stephen war ein schöner Mann, groß, mit breiten Schultern, blauen Augen und schwarzem Haar. Dazu sein gepflegtes Erscheinungsbild und die schlanke Figur.
Doch hinter dem hübschen Antlitz verbarg er eine rohe Brutalität, einen gewissen Hang zur Arroganz und die nötige Kaltblütigkeit, um in unserer Welt zu bestehen. Wenn Stephen etwas wollte, dann nahm er es sich. Er besaß genau die Eigenschaften, die der Stellvertreter von Papa haben musste.
Und wenn ich etwas wollte, wie die Zusammenarbeit mit meinem Vater zu vertiefen, musste ich ihm geben, was er wollte.
»Ich bin dein Ehemann. Mit dir zu schlafen, ist mein Recht.«
Trotzig hob ich das Kinn. »Aber nicht, mich zu vergewaltigen.«
Er zuckte die Schultern. »Wo ist der Unterschied?«
Innerlich stürzte meine Fassade zusammen, nach außen hin zeigte ich Gelassenheit. Er würde es nicht tun. Das wagte er nicht. Doch sicher war ich mir nicht.
»Wenn ich mit dir schlafe, dann nur, weil ich es will. Ansonsten gehe ich –«
»… petzen, schon klar. Dein Vater erwartet Kinder, meine Liebe. Nur dann wird er mir – und dir – geben, was du verlangst. Macht. Wir sind jetzt seit einem Jahr verheiratet. So langsam wird es Zeit, Elektra.«
Ich schluckte. »Ich liebe dich nicht.«
Er neigte den Kopf und lächelte. »Ich liebe dich auch nicht. Aber das darf uns nicht hindern. Wir haben eine Pflicht zu erfüllen.« Mein Ehemann näherte sich mir, legte den Finger unter mein Kinn und hob meinen Kopf an. »Du hast geschworen, mir zu gehorchen.«
Ein Zittern durchfuhr meinen Körper. »Ich weiß nicht, ob ich das kann.«
»Ein Kind, Elektra. Versuch es. Schließ die Augen.«
Die Erwartungen der Familie erdrückten mich, doch Stephen hatte recht. Nicht nur die Heirat lastete auf mir, der Wunsch Papas nach Kindern ebenfalls.
Also gehorchte ich und ließ zu, dass Stephen mich küsste. Und fühlte nichts. Seine Berührung war so steril wie ein Krankenhausflur. Da war keine Leidenschaft. Gar nichts.
Stephen löste sich wieder von mir.
Ich öffnete die Augen und sah zu ihm auf.
»Gut. Vielleicht können wir doch zusammenarbeiten. Wenn du mitspielst, spiele ich auch mit. Wirst du das tun, Elektra?«
Das kalte Gefühl auf meinen Lippen erschreckte mich. Trotzdem nickte ich.
In mir sträubte sich alles. Ich konnte nicht mit diesem Typen schlafen, auch wenn wir verheiratet waren. Ich konnte nicht.
»Natürlich, Stephen.«
Mein Mann erwiderte meinen Blick mit einem falschen Lächeln. »Gut. Dann komm, Liebling. Wir hatten einen anstrengenden Tag und sollten schlafen gehen.«
»Zusammen?« Eine Welle der Angst spülte über mich hinweg.
Mein Ehemann schloss die Wohnungstür auf und versetzte dem Türblatt einen leichten Stoß. Es schwang nach innen und eröffnete uns den Blick in die Wohnung, unser Zuhause. Mein Gefängnis.
»Ich habe noch zu tun. Du wirst allein schlafen müssen.«
Kapitel 2
Desh
Die Sonne stand hoch am Himmel und strahlte. Trotz der herrschenden Kälte war es ein schöner Tag. Perfekt zum Golfen.
Vor mir erstreckte sich eine riesige Grünlandschaft. Sanfte Hügel, stellenweise unterbrochen von Sandgruben. Kleine nummerierte Fähnchen verteilten sich locker um das imposante Anwesen eines mondänen Golfclubs.
Ein gepflasterter Weg, der die hügelige Landschaft unterbrach, führte zu dem Clubgebäude, vor dessen Eingang sich eine kreisrunde Einfahrt erstreckte. Mit der obligatorischen Statur des Gründers auf einer geblümten Rabatte.
Ich könnte kotzen.
Das ganze Areal strotzte nur so vor millionenschweren Kunden. In kleinen Golfkarossen fuhren sie herum, stilistisch passend gekleidet in Leinenhosen, Tweed-Jacken und Karo-Pullundern. Nicht zu vergessen die hübschen Schildmützen.
Mit dem Handrücken fuhr ich mir über die Stirn und schob meine eigene Golfermütze auf den Kopf. Ich hasste die Kleidung schon jetzt. Leider erforderte der Auftrag perfekte Anpassung. Schließlich wollte ich als Golfer durchgehen. Doch sobald der Job erledigt war, würde ich auf Pullunder verzichten. Nie wieder Karos. Bis auf die Mütze vielleicht. Denn die gefiel mir.
Ich schob die Äste der Hecke vor mir ein wenig zurecht und richtete meine Position neu aus. Ich hob die Hüfte, schob den Hintern zurück für eine bequemere Lage. Mein Atem musste ruhig und gleichmäßig gehen für einen Schuss aus solch einer Entfernung. Ich benötigte meine ganze Konzentration. Nichts durfte sie stören. Überhaupt nichts.
Gedehnt atmete ich aus und lauschte auf meinen Herzschlag.
Der Wind frischte auf und ein paar Äste drängten sich in mein Sichtfeld. Finster zog ich die Brauen zusammen und wartete.
Der Busch neigte sich in seine ursprüngliche Position und gab den Blick auf die Fläche des Golfplatzes frei.
Perfekt.
Ich legte die Wange an den Kolben meiner Ruger, stellte das Zweibein auf und richtete den Lauf aus. Mein Telefon platzierte ich neben mir im Gras und schielte kurz zur Seite.
Wollte nicht aus Versehen den falschen reichen Schnösel erschießen.
Mein Kunde hatte den Auftrag gestern Morgen in die verschlüsselte App geladen. Details gab es keine. Nur Zeit, Ort, Foto, Preis.
Kurz und knapp, genau so, wie ich es mochte.
Und da ich mich zufällig in der Nähe aufhielt, nahm ich den Auftrag an.
Bei dem Zielobjekt handelte es sich um einen Mann Anfang siebzig. Wenn ich einen Tipp für den baldigen Todeswunsch des Auftraggebers abgab, kam ganz klar eine ungeduldige Verwandtschaft infrage. Erben in Geldnot oder etwas in der Art. vielleicht aber auch eine eifersüchtige Ehefrau. In den Kreisen, wo ich meine Aufträge einsammelte, erledigte man sich seiner Probleme eben so.
Mir war es egal. Hauptsache, die Kohle stimmte.
Ich erhaschte einen Blick auf das Zielobjekt. Ein älterer Herr mit dickem Bauch, weißer Leinenhose, karierter Pullunder. Er stand bei Loch siebzehn und platzierte sein Sportgerät neben dem Golfball. Mit dem nächsten Schlag konnte er einlochen.
Ich schmunzelte. Den Sieg würde ich ihm noch gönnen, aber dann …
Das Zielobjekt holte ein klein wenig aus und beförderte den Golfball mit Gefühl ins Loch.
Guter Schlag.
Langsam entließ ich die Luft aus meinen Lungenflügeln, kontrollierte den Schallschutz, schloss das linke Auge und spähte durch das Zielfernrohr. Eine weitere minimale Korrektur, dann warten, bis ich meine Atemtechnik auf den Schuss eingestellt hatte.
Wenn ich auf offenem Gelände arbeitete, beeinflussten eine Menge Elemente die Trefferquote. Wind, Lichtverhältnisse, Entfernung. Ich hatte mich so gut wie möglich vorbereitet, doch auf fast einen Kilometer Distanz genügte eine minimale Verschiebung einer dieser Faktoren und ich verfehlte mein Ziel. Darin lag der Nervenkitzel.
Würde ich treffen?
Ich drückte ab.
Und wartete geduldig, bis die Patrone mit 812m pro Sekunde das Zielobjekt erreichte. In weniger als zwei Sekunden ging der Mann mit Kopfschuss getroffen zu Boden. Perfekt.
Ich machte ein Beweisfoto mit dem auf dem Zielfernrohr angebrachten Teleobjektiv, das die Daten automatisch in die App laden würde.
Dank der Technik wurde mein Kunde innerhalb kürzester Zeit über den erfolgreich übermittelten Auftrag informiert und das Geld freigegeben. Ein Treuhänder fungierte als Zwischenstation.