Bossy Love - Cowboys sind zum Küssen da - Melanie Moreland - E-Book

Bossy Love - Cowboys sind zum Küssen da E-Book

Melanie Moreland

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Beschreibung

Wenn ein Cowboy auf eine toughe Geschäftsfrau trifft - und die Funken fliegen ...

Luke Adler lebt für seine Ranch und würde alles tun, um sie weiter profitabel und in Familienbesitz zu halten. Nur deshalb stimmt er zu, als seine Schwester vorschlägt, einen Teil des Geländes für Gäste umzugestalten. Er traut seinen Augen kaum, als statt eines toughen Geschäftsmanns namens Sam eine zarte Frau von ABC Corp auf der Ranch auftaucht. Obwohl Samantha "Sam" Morrison von Luke nicht besonders herzlich empfangen wird, kann sie sich dem rauen Charme des Cowboys nicht lange entziehen. Und auch Luke merkt, dass Sam sein Herz schneller schlagen lässt. Schon bald kommen sie sich näher, doch es ist klar, dass ihre Liebe keine Chance hat, stammen sie doch aus völlig verschiedenen Welten ...

»Eine tolle und unglaublich romantische Grumpy&Sunshine-Romance!« Jo Reads Romance

Band 5 der ABC Corp-Serie von Bestseller-Autorin Melanie Moreland


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Seitenzahl: 418

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Liebe Leser:innen

Familienstammbaum

Widmung

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

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20

21

22

Epilog

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Melanie Moreland bei LYX

Leseprobe

Impressum

MELANIE MORELAND

Bossy Love

COWBOYS SIND ZUM KÜSSEN DA

Roman

Ins Deutsche übertragen von Gesa Andres

Zu diesem Buch

Luke Adler lebt für seine Ranch und würde alles tun, um sie weiter profitabel und in Familienbesitz zu halten. Nur deshalb stimmt er zu, als seine Schwester vorschlägt, einen Teil des Geländes für Gäste umzugestalten. Er traut seinen Augen kaum, als statt eines toughen Geschäftsmanns namens Sam eine zarte Frau auf der Ranch auftaucht, die den Umbau planen und mit einer Fernsehshow begleiten wird. Obwohl Samantha »Sam« Morrison von Luke nicht besonders herzlich empfangen wird, kann sie sich dem rauen Charme des Cowboys nicht lange entziehen. Und auch Luke merkt, dass Sam sein Herz schneller schlagen lässt. Schon bald kommen sie sich näher, doch es ist klar, dass ihre Liebe keine Chance hat, stammen sie doch aus völlig verschiedenen Welten …

Liebe Leser:innen,

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Die perfekte Rezeptur für Liebe.

xoxo,

Melanie

Carol – du hast schon so lange darum gebeten,

und nun gehört er dir. Viel Vergnügen!

1

SAMMY

Ich steckte meinen Schlüssel in das Schloss, öffnete die Tür und betrat das Haus. Sofort war ich von vertrauten Gerüchen umgeben. Jenen Gerüchen, die mich an meine Mutter erinnerten. An zu Hause. An Salbei und Zitronen. Frisch, sauber und warm.

»Dad?«, rief ich, denn ich vernahm Geräusche hinter dem Haus.

»Hier drin«, hörte ich ihn antworten. »In der Garage.«

Ich ging hinter das Haus und durch die Tür, die zur Garage führte. Mein Dad, Vince Morrison oder Van, wie er von jedem, der ihn kannte, genannt wurde, stand zwischen Kisten und kratzte sich am Kopf.

»Hey«, begrüßte ich ihn.

Er strahlte über das ganze Gesicht. »Hey, Maus.«

Bei der Begrüßung konnte ich mir das Lächeln nicht verkneifen. Er hatte mir den Spitznamen Maus gegeben, als er angefangen hatte, sich mit meiner Mom zu verabreden, und seitdem nicht mehr damit aufgehört. Ich konnte mich noch an den Tag erinnern, als wäre es gestern gewesen. Van stand groß und breit im Türrahmen von Moms Büro und lächelte freundlich, dann nahm er mich mit in sein Büro, malte mit mir und verwöhnte mich mit Gebäck, damit meine Mom ihre Arbeit zu Ende bringen konnte. Er kam mit uns zum Lunch und hörte mir geduldig zu, während ich ihm ein Ohr abquatschte. Ich war der festen Überzeugung, dass er ein Riese war. Natürlich war er nur ein Mann, aber auf mich machte er einen ziemlich großen Eindruck. Er heiratete meine Mom und wurde der beste Vater, den sich ein Mädchen wünschen konnte. Liebevoll, fürsorglich, freundlich und lustig. Er adoptierte mich, dann adoptierten er und Mom meinen Bruder Reed und schließlich meine Schwester Amelia. Zusammen wurden wir eine Familie.

»Hi, Dad. Was in aller Welt machst du da?«

Lachend verschob er eine weitere Kiste. »Du glaubst es nicht, aber hier sind immer noch Kartons, die wir seit unserem Umzug nach Port Albany nicht ausgepackt haben. Deine Mom hat sich plötzlich an ein Kochbuch erinnert, an das sie seit Jahren nicht gedacht hatte, und wollte ein Rezept daraus zubereiten. Ich habe danach gesucht.«

Ich lachte. »Es wäre wahrscheinlich einfacher, im Internet nachzugucken.«

Er schüttelte den Kopf. »Es gehörte ihrer Mutter und ist handgeschrieben. Sie hat überall im Haus danach gesucht. Ich dachte, ich würde es vielleicht in einer der Kisten finden.«

Ich lächelte ihn an. Als meine Großmutter vor ein paar Jahren verstarb, war meine Mutter unglaublich traurig gewesen, und mein Vater hatte ihr über die schwere Zeit hinweggeholfen. Es überraschte mich nicht, dass er für sie die Kisten nach dem Rezept durchsuchte, die Sorte Mann war er eben.

»Kann ich dir helfen?«

»Sie meinte, das Rezept wäre in einem kleinen, spiralgebundenen Notizbuch. Wahrscheinlich ein gelbes.«

»Oh, daran erinnere ich mich. Grammie hat es immer im Geschirrschrank aufbewahrt.«

Er nickte. »Das meiste hier ist Deko und Sachen, die ihr als Kinder gebastelt habt, von denen sich eure Mom nicht trennen konnte. Aber ein paar Kisten sind mit ›Küchenutensilien‹ beschriftet.«

»Ich schaue eine durch.«

Er hob eine Kiste herunter, stellte sie vor mich und gab mir einen Kuss auf die Wange. »Danke, Maus.«

Zehn Minuten später hielt ich das gelbe Spiralnotizbuch hoch. Der Umschlag war verknittert und abgenutzt, übersät mit Wasserflecken und Spritzern aller möglichen Zutaten. »Ich hab’s gefunden.«

Er grinste. »Super. Liv wird begeistert sein. Mir schwant, dass ich zum Abendessen ein neues Gericht vorgesetzt bekomme.«

Ich erwiderte sein Grinsen und klatschte begeistert in die Hände, als ich entdeckte, was neben seiner Werkbank stand. »Ist das mein altes Bücherregal?«

Er nickte. »Ich habe ihm einen neuen Anstrich verpasst und zu neuem Glanz verholfen.«

Lachend ließ ich meine Hand über das glatte Holz gleiten. Er hatte das Regal für mich gebaut, als ich klein war und alles liebte, was pink, glitzernd und prinzessinnenmäßig aussah. Seither war es von den anderen Mädchen der Familie benutzt und heiß geliebt worden. »Es braucht ein bisschen frischen Glitter.«

Er verzog das Gesicht. »Ich hätte nie gedacht, dass ich all die Jahre später immer noch in der Glitzer-Phase sein würde. Und nun sieh mich an.«

Ich stupste ihn an. »Du liebst es.«

Er schüttelte den Kopf, aber ich wusste, ich hatte recht. Ihm gefiel die Vorstellung, dass das Bücherregal in einem neuen Zimmer wieder zum Einsatz kam.

Er hielt mir seine Hand hin. »Komm, trink mit deinem alten Vater eine Tasse Kaffee, und erzähl ihm, was es Neues gibt.«

»Willst du nicht erst aufräumen?«

»Nein, es ist an der Zeit, auszusortieren, was wegkann oder in Scrapbooks eingeklebt wird. Deine Mom wollte das schon lange machen. Ich werde ihr helfen, die Sachen durchzusehen, außerdem hat sie dann ein Projekt, dem sie sich widmen kann.« Er grinste. »Vielleicht bekomme ich dann auch ein bisschen mehr Platz in der Garage.«

Lachend nahm ich seine Hand und folgte ihm in die Küche. Während er hantierte und Kaffee kochte, legte ich Kekse auf einen Teller. Mom sorgte immer für einen ausreichenden Vorrat an Keksen, denn Dad war ein Schleckermaul und naschte täglich davon. Aber da er jeden Tag Sport machte, konnte er sich Süßigkeiten leisten.

Er stellte einen Becher Kaffee vor mich hin, griff nach einem Keks und biss genüsslich hinein.

»Wo ist Mom?«

»Mit Emmy, Cami und Dee unterwegs. Anscheinend haben die Jungs am Sonntag zu wild gebalgt, und wir brauchen ein neues Sofa im Hub.«

Ich hob eine Augenbraue. »Die Jungs?«, wiederholte ich. »Du weißt schon, dass sie ausgewachsene Männer sind? Du eingeschlossen.«

Er zwinkerte. »Für mich werden sie immer Jungs bleiben. Die Drillinge haben angefangen. Dann kam Aiden dazu. Und ich könnte auch noch meinen Teil dazu beigetragen haben. Für den Spaß musste eben ein Sofa dran glauben.«

Ich lachte. »Und ich hab’s verpasst.«

»Wir haben uns alle eine ordentliche Standpauke eingehandelt, aber dann haben die Frauen beschlossen, dass es ohnehin an der Zeit für neue Möbel wäre. Die alten Sachen werden wir spenden. Deine Mom hat schon einen Ort gefunden, wo sie gebraucht werden.«

»Fein.«

»Nun, was gibt es Neues bei dir, mein Mädchen? Mom sagte, du hättest einen neuen Auftrag auf dem Tisch und würdest nur noch auf die letzten Einzelheiten warten, um zu entscheiden, ob du ihn annimmst.«

Ich nickte mit vollem Mund und trank einen Schluck von dem starken Kaffee. »Ich habe heute Morgen zugesagt.«

»Wo geht es hin und für wie lange?«

»Alberta. Und ich weiß noch nicht genau. Sechs Wochen. Vielleicht auch acht.«

»Alberta. Schön dort. Viele Berge, wunderschöne Landschaft.«

Ich schlug die Beine übereinander und wippte aufgeregt mit dem Fuß. »Es ist eine Ranch in Familienhand. In erster Linie Rinder, aber nicht nur. Bruder und Schwester betreiben sie zusammen. Sie wollen die Ranch für den Tourismus öffnen, sodass man sich dort für eine Weile wie ein Cowgirl oder ein Cowboy fühlen kann. Rinder treiben, auf dem Feld arbeiten, unter freiem Himmel übernachten. Es gibt ein paar Gebäude auf dem Gelände, die sehr gut als Unterkünfte taugen würden. Ich werde sie mir ansehen und einen Entwurf machen. Außerdem helfe ich den beiden, das Angebot zu planen, um sicherzustellen, dass auch ein Stadtmensch wie ich klarkommt. So was wie Eier einsammeln, Äpfel pflücken, mal eine Nacht draußen zelten, in einer Schlafhütte übernachten.« Ich grinste. »Kühe melken. Darauf bin ich besonders gespannt.«

Dad trank einen Schluck Kaffee und sah amüsiert drein. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass Milchkühe nicht die Weide um ihren Stall verlassen. Da gibt es nicht viel zu treiben.«

»Es gibt auch Fleischrinder – die sind sogar der Schwerpunkt der Ranch.«

»Ah, das ergibt mehr Sinn.« Er rieb sich über den Nacken. »Maus, du hast das letzte Mal auf einem Pferd gesessen, als du ein Kind warst, und damals hast du beschlossen, dass es dir nicht gefällt. Wenn ich mich recht erinnere mit der Begründung, ›die Pferde wären nicht wie die auf dem Jahrmarkt‹.« Er lachte. »Mit anderen Worten, sie waren groß und bewegten sich tatsächlich nicht nur im Kreis. Das Ende vom Lied war, dass du den ganzen Ausritt mit auf meinem gesessen hast.«

»Dad, da war ich acht.«

»Hast du seitdem je wieder auf einem Pferd gesessen?«

»Nein.«

Er gluckste. »Das wollte ich damit andeuten.«

Ich stimmte in sein Lachen ein. »Ich werde schon zurechtkommen. Es gibt da keine langen Ausritte. Ich habe viel mit Rachel, der Schwester, gesprochen. Sie hat das Ganze mehr oder weniger in die Hand genommen. Der Bruder, Luke, ist wohl ziemlich beschäftigt damit, sich um die Ranch und das Personal zu kümmern, wenn ich das richtig sehe.«

»Wie alt sind die beiden?«

»Luke ist vierzig. Rachel dreißig. Sie haben die Ranch von ihren Eltern geerbt.« Ich schob Dad mein Handy zu. »Es ist ein großartiger Ort.«

Er scrollte durch die Fotos. »Hübsch angelegt. River Rock Ranch. Toller Name. Gefällt mir.«

Ich nickte. »Die Ranch ist schon seit drei Generationen in den Händen der Adler-Familie. Sie wollen die Tradition aufrechterhalten.«

»Ist einer von ihnen verheiratet?«

»Rachel ist verlobt. Was ihren Bruder angeht, hat sie nichts dergleichen erwähnt, und in den Dokumenten stand nichts von einer Ehefrau. Ich vermute, er ist ein wenig, ähm, grantig. Alles dreht sich nur um das Geschäft und um die Ranch. Deshalb verhandele ich hauptsächlich mit ihr.«

»Das könnte noch problematisch werden.«

Ich schüttelte den Kopf. »Er hat alle Papiere unterzeichnet und ist mit an Bord. Er hat einfach nur keine Zeit. Ich bin froh, mit Rachel zu tun zu haben. Sie hat ein paar gute Ideen. Der Sender ist begeistert. Es wird ausgestrahlt, sobald ich fertig bin.

»Toll. Wann geht es los?«

»In einer Woche.

»Das ist bald.«

»Jetzt ist die richtige Jahreszeit dafür.«

»Stimmt.« Er trank seinen Kaffee aus und sprach mit sanfter Stimme. »Und ohne Team?«

Ich verkniff mir das Grinsen. Mein Vater liebte und hasste meinen Job gleichermaßen. Ich arbeitete freiberuflich als Unternehmensberaterin für kleine Start-ups und war zufällig an den Job geraten, nachdem ich einem lokalen Unternehmen auf die Beine geholfen hatte, worüber dann in einer Fernsehsendung berichtet wurde. Seitdem hatte ich meine Firma zu einem erfolgreichen und nachgefragten Partner gemacht. Ich erhielt pro Jahr Hunderte von Briefen mit Anfragen von Leuten, die Hilfe bei der Durchführung und Finanzierung ihrer Geschäftsideen brauchten. Ich arbeitete an dem ausgewählten Projekt und mit der Person oder der Familie zusammen, filmte den Prozess, stellte mein Wissen, meine Kompetenz und auch finanzielle Unterstützung zur Verfügung, um den Grundstein zu legen. Wenn alles abgeschlossen war, wurde die Sendung bei einem nationalen Fernsehsender ausgestrahlt.

Jede Geschäftsidee, die ich ausgewählt hatte, war gewachsen und aufgeblüht. Mein Ruf war solide, genau wie meine unkonventionelle Herangehensweise. Ich hatte einen Abschluss in Marketing und Design, wusste außerdem, dank meines Dads und meiner Familie, mit jedem Elektrowerkzeug umzugehen, und mochte es, etwas aufzubauen oder einzureißen. Ich bevorzugte es, Dinge von der praktischen Seite anzugehen, und lehnte es ab, mich auf einen bestimmten Geschäftszweig festzulegen, mit einer festen Crew zu arbeiten oder gar einen bindenden Vertrag mit nur einer Fernsehgesellschaft einzugehen. Ich nahm sowohl kleine als auch große Projekte an, aber auch einfache, die nur zwei Wochen dauerten. Manche schafften es nicht bis ins Fernsehen, sondern bekamen lediglich, mit Unterstützung auf meiner Webseite und meinen Social-Media-Kanälen, eine neue Grundlage, auf der sie aufbauen konnten. Aber der Fernsehsender, mit dem ich gerne zusammenarbeitete, bot mir eine große Plattform, gab mir freie Hand und half bei Bedarf auch in finanzieller Hinsicht. Die Fernsehleute schätzten meine Arbeit, ich schätzte ihre Unternehmensethik, und so profitierten beide Seiten davon. Ich machte drei Sendungen im Jahr, und sie waren zufrieden.

Mein Dad sorgte sich bei jedem Projekt um mich.

Ich schüttelte den Kopf. »Du weißt, wie ich arbeite. Ich filme selbst und stelle mir meine Mannschaft vor Ort zusammen.« Ich sah ihm in die Augen. »Du machst dir zu viel Sorgen, Dad. Ich tu das schon seit Jahren. Meine Kunden sind sorgfältig ausgewählt, und ich stehe mit ihnen in regelmäßigem Kontakt. Mit der heutigen Technologie brauche ich keine große Crew mehr, die mir überallhin folgt. Ich mag den Look der Show, dem Sender gefällt es auch, und ebenso den Zuschauern.«

»Du gehst in Häuser von fremden Leuten.«

»Wie ich schon sagte, du machst dir zu viele Sorgen. Der Sender stellt eigene Nachforschungen an, genau wie ich. Ich vergewissere mich, dass alles mit rechten Dingen zugeht.«

»Aber diesmal bist du nicht hingeflogen, um alles vor Ort zu überprüfen, oder?«

»Nein, dafür war keine Zeit. Aber ich habe mehrmals mit Rachel gezoomt, und auch mit ihrem Anwalt, als er die Vereinbarungen durchgesehen hat. Es ist alles in Ordnung.« Ich tätschelte seine Hand. »Ich werde alle paar Tage anrufen.«

»Jeden zweiten Tag«, feilschte Dad. »Und jeden Morgen eine kurze Nachricht.«

Ich verbarg mein Grinsen. »Einverstanden.«

Er grummelte und nahm sich noch einen Keks.

»Wie geht’s deiner Schwester?«, fragte er und ließ das Thema fallen.

»Schwer mit ihrem Drehbuch beschäftigt. Ich kann kaum glauben, dass Milas Buch verfilmt wird.«

Dad strahlte stolz und glücklich über das ganze Gesicht. »Sie hat es verdient. Es ist ein großartiges Buch. Ich meine, alle ihre Bücher sind das, aber dieses ist spektakulär. Wer hätte gedacht, dass unsere schüchterne Mila etwas so Beeindruckendes schreiben könnte?«

»Und etwas so Erotisches«, fügte ich mit einem Zwinkern hinzu.

»Daran wollen wir lieber nicht denken«, antwortete Dad. »Ich jedenfalls nicht.«

Über seine Reaktion musste ich lachen.

»Sie wird dich vermissen«, sagte er und wechselte das Thema.

»Ich weiß. Aber es ist ja nicht für immer. Wusstest du, dass sie vorhat, zum Drehort zu fahren?«

»Das hat sie mir erzählt. Glaubst du, sie kriegt das hin?«, fragte er mit besorgtem Stirnrunzeln.

»Ich finde es großartig. Es wird ihr über die Schüchternheit helfen, Dad. Andi, ihre Agentin, wird sie begleiten. Sie wird dafür sorgen, dass es Mila gut geht.«

»Du weißt, ich mache mir Sorgen. Besonders …« Er stockte.

Ich strich über seine Hand. »Es gab schon lange keinen Vorfall mehr. Andi weiß, womit sie es zu tun hat. Es wird ihr nichts passieren.«

Er nickte bedächtig. »Meine beiden Mädchen draußen in der weiten Welt.«

Ich schüttelte den Kopf. »Deine Mädchen sind in den Dreißigern, Dad. Ich will gar nicht daran denken, wie weit in den Dreißigern ich schon bin. Wir sind wohl kaum noch Mädchen.«

»Ihr werdet immer meine Mädchen sein. Und daran wird sich auch nichts ändern.«

»Und du wirst immer der tollste Mann sein, den ich kenne«, erwiderte ich.

Er lächelte. »Ich bin froh, dass du das glaubst.«

»Das weiß ich. Wir alle wissen das, Dad.«

Er langte über den Tisch und drückte meine Hand. »Das ist einfach, wenn man so wunderbare Kinder hat.«

Das Geräusch eines Autos ließ ihn aufblicken, und er lächelte. Ich liebte seinen glücklichen Gesichtsausdruck, wenn er sah, dass Mom zurückkam. Ihre Liebe war immer noch stark, und es war eine Freude, das mit anzusehen.

»Deine Mom ist zurück. Sie wird begeistert von deinen Neuigkeiten sein, und sie will bestimmt alles über deine Pläne erfahren. Und deine Entwürfe sehen.«

»Darauf habe ich gezählt.«

Er stand auf und zwinkerte mir zu. »Ich gehe besser und schaue, ob ich ihre Taschen reintragen kann. Und ich sage ihr, dass ich ihr Buch gefunden habe. Ich wette, dafür kriege ich eine Belohnung.«

»Ähm, ich habe das Buch gefunden.«

»Du würdest deinem Dad doch keine Küsse von deiner Mutter verwehren, oder?«

Ich schüttelte den Kopf. »Gott behüte.«

Er nickte wissend. »Das dachte ich mir.«

2

SAMMY

Ich schlenderte nach Hause und genoss die Stille der Gegend. Ich liebte es hier. Es gab mir Ruhe und Frieden, genau das, was ich brauchte, um kreativ zu sein und zu entspannen, wenn ein Projekt abgeschlossen war. Ich hatte eine kleine Wohnung in Toronto, die ich mir mit Mila teilte. Manchmal musste eine von uns in der Stadt sein, und wir zogen beide die Bequemlichkeit einer eigenen Wohnung den Übernachtungen in einem Hotel vor. Wir hatten ein kleines Einzimmerappartement in einem der vielen Gebäude gekauft, die BAM nicht nur gebaut hatte, sondern auch besaß und das von uns und unseren »Cousins und Cousinen« häufig genutzt wurde. Wir hatte sogar eine App, dank der wir dafür sorgen konnten, dass sich unsere Aufenthalte nicht überschnitten. Jeder steuerte seinen Beitrag zu den Unterhaltskosten bei, und Mila und ich hatten die Oberhand über den Kalender, trotzdem schlug oft jemand dort auf, wenn die Arbeit zu lange dauerte. Das Arrangement funktionierte großartig.

Ich musste zugeben, dass es Zeiten gab, in denen ich mich nach etwas anderem sehnte, obwohl ich nicht genau wusste, wonach. Ich ging davon aus, ich würde wissen, was es war, wenn ich es gefunden hatte. Bis dahin war Port Albany mein Zuhause.

Ich öffnete die Tür und hörte Milas leise Stimme in der Küche. Ich ging hinein und fand sie an ihrem Tisch sitzend, wie immer mit ihrem Laptop vor sich. Sie hatte ihr Handy zwischen die Schulter geklemmt, hörte zu und tippte dabei wie wild. Ich war mir nicht sicher, ob sie sich Notizen machte oder schrieb. Wenn sie einen Geistesblitz für eine Szene hatte, schrieb sie sie immer schnell auf – es konnte also beides zutreffen.

Ich nahm mir ein Glas Wasser, füllte ihr leeres auf, setzte mich und betrachtete meine kleine Schwester voller Zuneigung. Wir mochten keine Blutsgeschwister sein, aber unsere Bindung sehr war stark. Unsere Eltern hatten sie adoptiert, als ich ungefähr sieben und sie drei Jahre alt war. Sie war vernachlässigt und ängstlich gewesen, erschrak sich sogar vor ihrem eigenen Schatten und sehnte sich nach Zuneigung.

Sie litt immer noch unter Schüchternheit. Meine ganze Familie hatte sie extrem behütet. In der Schule war sie wegen ihrer stillen Natur gehänselt worden, und unser Bruder Reed war mehr als einmal in das Büro des Schulleiters geschickt worden, weil er sie beschützt hatte. Sie war inzwischen mutiger geworden, aber bis zum heutigen Tag zurückhaltend und ruhig. Sie zog Bücher und Musik den Menschen vor. Einsamkeit der Betriebsamkeit.

Aber wir als Familie kannten auch eine andere Mila. Sie war lustig und hatte Witz. Süß und freundlich. Immer hilfsbereit. Liebevoll. Sie konnte andere so heftig zum Lachen bringen, dass ihnen die Tränen kamen. Sobald sie einem Menschen vertraute, konnte sie sich mit blitzschnellen Retourkutschen und Witzen behaupten.

Die Kunst bestand darin, sie dazu zu bringen, sich wohlzufühlen.

Ich grinste, als sie mit einer genuschelten Verabschiedung auflegte und weitertippte. Eine Szene also. Ich schwieg, bis sie fertig war und die Speichertaste gedrückt hatte.

»Uff«, murmelte sie, hob ihren Blick und sah mich an. Dafür, dass sie adoptiert war, sah sie meiner Mutter mit ihren goldfarbenen intelligenten Augen und dem honigfarbenen Haar verblüffend ähnlich. Sie war klein – die kleinste in der Familie –, was unseren Beschützerinstinkt noch mehr anstachelte. Aber unter der Schale dieser stillen, zierlichen Person schlug das Herz einer Löwin. Ich bewunderte meine kleine Schwester.

»Alles raus?«

»Ja. Die wollten, dass ich eine Schlüsselszene im Buch für den Film ändere, womit ich absolut nicht einverstanden bin. Also habe ich sie zwar umgeschrieben, aber im Grunde genauso gelassen, wie sie war, falls du verstehst.«

»Nö.«

Sie lachte leichthin.

»Das wirst du, wenn du erst den Film gesehen hast.«

»Wann fangen die Dreharbeiten an?«

Ihre Augen leuchteten. »In einem Monat. Die haben endlich den männlichen Hauptdarsteller gecastet. Ich bin so aufgeregt.«

»Wen?«

»Nicholas Scott.«

Der Name kam mir bekannt vor. »Hast du mir nicht erzählt, dass er in deiner Topauswahl war?«

»Ja.«

Ich kramte in meinem Gedächtnis. »Warte mal, war der nicht kürzlich erst in einer Entzugsklinik? Landet er da nicht öfter?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Er hat die nötige Intensität, um Duncan zu spielen. Und ich glaube, hinter dem Entzug steckt mehr, als nach außen dringt.«

»Was meinst du damit?«

Sie blickte nachdenklich mit einem Stirnrunzeln über meine Schulter. »Seine Augen haben etwas tief Bekümmertes.«

»Das nennt sich Sucht.«

»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Da ist mehr. Er wird der perfekte Duncan sein. Das weiß ich. Ich habe richtig auf ihn gedrängt. Und ich bin begeistert von der Schauspielerin, die sie für die Rosie ausgesucht haben. Es wird unglaublich werden.«

»Und du wirst am Set mit dabei sein?«

Sie nickte zögernd. »Andi sagt, das ist wichtig. Ich kann tiefere Einblicke in die Charaktere geben, um den Schauspielern zu helfen. Und ich möchte den ganzen Ablauf miterleben.«

»Du wirst das super hinkriegen.«

»Andi wird bei mir sein. Ich muss das einfach machen.«

Ich tätschelte ihre Hand. »Ja, das musst du.«

Sie seufzte. »Wann geht es bei dir mit dem Farmprojekt los?«

»Es ist eine Ranch«, berichtigte ich sie freundlich. »Heute in einer Woche. Ich habe noch jede Menge Vorbereitungen zu erledigen. Das wird der reine Wahnsinn.«

»Ich kann dir helfen.«

»Danke, Kleine. Kann sein, dass ich dich beim Wort nehme.«

Mila gähnte, und ich kicherte. »Hast du die ganze Nacht durchgeschrieben?«

»Fast. Ich hatte eine super Idee für eine neue Serie und wollte nur den groben Entwurf aufschreiben. Aber dann konnte ich nicht aufhören.« Sie stand auf. »Ich werde ein Nickerchen machen, dann könnten wir zusammen zu Abend essen, wenn du noch hier bist?«

»Mom hat uns beide so gegen sieben zum Abendessen eingeladen.«

Sie grinste, dass ihre Grübchen erschienen. »Noch besser.«

Sie ging den Flur hinunter, bereits wieder in Gedanken versunken. Mit einer Autorin zusammenzuleben war seltsam. Ich wusste nie, was zu erwarten war. An manchen Tagen schien ihr Zeitplan halbwegs normal zu sein. Dann wieder schrieb sie die ganze Nacht und schlief zu den unmöglichsten Zeiten. Das änderte sich dauernd. Lächelnd nahm ich meinen Laptop vom Tresen und öffnete ihn. Es war an der Zeit, noch mehr Listen zu machen.

Mein nächstes Abenteuer wartete schon.

Sonntag war der übliche Brunch im Hub mit allen Familienmitgliedern, die gerade zugegen waren. Ich füllte meinen Teller und sah mich lächelnd um. Ava und Hunter, die noch mitten in der Glückseligkeit Frischvermählter steckten, standen in einer Ecke. Addi und Braydon unterhielten sich mit Maddox und Dee. Gracie und Jaxson saßen auf dem Sofa und lachten über irgendetwas, das Ronan gesagt hatte. Überall sah ich Grüppchen von lächelnden Menschen. Und eine Menge Neckereien. Die gab es immer, wenn wir alle zusammenkamen. Ich begab mich zu dem Tisch, an dem Mom und Dad mit Bentley und Emmy saßen. Mein Dad zog mir den Stuhl hervor, und ich setzte mich. »Wo sind Nan und Pops?«

Bentley lächelte. »Sie sind heute bei Colin. Seine Tochter hat Geburtstag.«

»Och, ich wollte auf Wiedersehen sagen. Dann schaue ich später noch mal vorbei.«

»Dein Vater hat mir erzählt, dass du Richtung Westen ziehst, um die Ranch von einem Kerl aufzumöbeln?«, fragte Bentley mit einer hochgezogenen Augenbraue.

Ich giggelte und trank einen Schluck Kaffee. »Es ist eine Rinderranch. Aber die Besitzer wollen versuchen, Leute bei sich aufzunehmen und sie an der Erfahrung teilhaben zu lassen. Auf einem Pferd reiten. Beim Hüten und Treiben der Rinder helfen. Nichts Gefährliches. Unterm Sternenhimmel schlafen, am Feuer essen – solche Sachen. Sie haben ein paar Gebäude, die sich hervorragend als Unterkünfte eignen würden. Ich glaube, das könnte gut funktionieren. Die Leute lieben es, Hand anlegen und mit dabei sein zu können. Es ist mal etwas anderes.«

Emmy schaute interessiert. »Das klingt nach Spaß. Vielleicht sollten wir das auch mal ausprobieren, Sturkopf.«

Bentley schürzte die Lippen. »Wenn du es möchtest, Emmy.«

Aiden lachte. »Wenn es sich nicht in allen Belangen fünf Sterne hat, hält Bentley es garantiert für eine Zumutung.« Er wedelte mit der Gabel in Bentleys Richtung. »Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass dein großkotziger Arsch eine Koje teilt, auf dem Boden schläft oder Bohnen aus einem Blechnapf isst.«

Nun lachten alle.

»Rachel, die Schwester, mit der ich zu tun hatte, versicherte mir, dass die Gäste es sehr komfortabel haben werden und gutes Essen bekommen, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich mir dich dort vorstellen kann, Bentley, das stimmt allerdings.«

Emmy grinste. »Vielleicht ein Wochenendabenteuer nur für Mädels.«

Cami, Aidens Frau, hob die Hand. »Ich bin dabei. Für ein Wochenende macht das sicher Spaß. Zuzusehen, wie die Cowboys ihren Job erledigen.« Sie zwinkerte mir zu. »Ich hatte schon immer eine Schwäche für Männer mit Stetson.«

»Sonnenschein«, sagte Aiden und klang überrascht. »Das hast du mir nie erzählt. Ich kann mir sofort so einen Hut besorgen. Und ein Lasso. Du kannst davonlaufen, und ich werde dich damit einfangen. Dich fesseln und wie ein Kälbchen zu meiner Hütte tragen und …«

Cami hielt ihm den Mund zu, bevor er den Satz zu Ende sprechen konnte. Bentley schaute erst entsetzt, dann dankbar, dass sie ihm Einhalt geboten hatte. Alle anderen, gewohnt an Aidens unschickliche Einwürfe, brachen in Gelächter aus.

»Ich denke, wir halten an dem Wochenende fest. Sag deinem Kunden, dass er uns erwarten kann, Sammy«, bemerkte Cami trocken.

Ich wischte mir über den Mund und blickte in Dads amüsierte Augen. »Das werde ich.«

Mila kam zu uns und setzte sich neben mich. »Hey, Kleine«, begrüßte ich sie.

Sie lächelte alle an. »Entschuldigt, dass ich zu spät komme. Ich habe noch mit Andi telefoniert.«

»Noch mehr Einzelheiten glattgebügelt?«

»Jepp. Und sie hat die erste Fassung des nächsten Buchs gelesen. Es hat ihr sehr gefallen.«

»Das schickst du mir auch, damit ich es lesen kann, während ich weg bin, ja?«

»Wirst du überhaupt Zeit dafür haben?«

Ich nickte. »Ich gehe davon aus, dass ich die meisten Abende für mich allein sein werde. Ich werde zwar ein wenig Videos schneiden, aber bestimmt reichlich Zeit zum Lesen haben.«

»Prima. Du weißt, dass ich deine Anmerkungen liebe.«

»Ich bin dabei.«

Sie drückte meine Hand, »Danke.«

Ich zwinkerte. »Jederzeit.«

Mein Nachmittagsflug am nächsten Tag verlief ohne besondere Vorkommnisse. Ich genoss die Zeit der Ruhe, hörte Musik und bereitete mich innerlich darauf vor, das Projekt in Angriff zu nehmen. Als wir in Calgary landeten, schaltete ich, während ich auf mein Gepäck wartete, das Handy wieder ein. Ich hatte nur einen großen Koffer und eine Kiste mit sicher verpackter Ausrüstung, schnappte mir einen Gepäckwagen und wartete geduldig. Mein Handy piepte, und mit Erschrecken las ich die Nachricht von Rachel, dass ihr Verlobter einen Unfall gehabt hatte und sie mit ihm auf dem Weg ins Krankenhaus war. Leider würde sie mich nicht persönlich am Flughafen abholen können, aber einen Fahrer schicken.

Ich antwortete sofort und versicherte ihr, dass das kein Problem war und ihr Verlobter hoffentlich wieder in Ordnung käme. Ich fand mein Gepäck, stapelte es auf den Wagen und machte mich auf den Weg durch die Sicherheitskontrolle zu dem Bereich, wo die Leute auf ihre Liebsten warteten. Ich sah mich um, in der Erwartung, einen Fahrer zu sehen, der ein Schild hochhielt, entdeckte aber niemanden und trat zur Seite, um nicht im Weg zu stehen. Der Flieger war ein wenig früher gelandet, also war er vielleicht noch gar nicht angekommen. Ich ließ meinen Blick neugierig durchs Terminal schweifen und blieb am Anblick eines Prachtexemplars von Mann hängen, der an der Seite stand. Er war groß. Kräftig. Er hatte die Arme verschränkt und schien sich in dieser Umgebung nicht wohlzufühlen. Er trug ein kariertes Hemd über einem T-Shirt und einen Cowboyhut, was hier nicht ungewöhnlich war, aber irgendwie stach er wegen seiner Größe heraus. Er nahm ihn ab, fuhr sich durch die Haare, und setzte ihn wieder auf. Ich erhaschte einen Blick auf seine dunklen Haare, und plötzlich hatte ich Augenkontakt mit dem Cowboy, der mich mit eindringlichem Blick ansah. Er taxierte mich genauso freimütig wie ich ihn. Er schürzte anerkennend die Lippen, bevor er sich stirnrunzelnd abwendete, nur noch sein Profil zu sehen war und die Bratstoppeln an seinem kantigen Kiefer, die dieselbe Farbe hatten wie seine Haare. Ich bemühte mich, nicht auf seine wohldefinierten Arme zu starren, senkte den Blick und ließ den Anblick seiner in Jeans gehüllten kräftigen Oberschenkel und der staubigen Lederboots an seinen Füßen auf mich wirken. Ich ertappte mich dabei, die Frau zu beneiden, auf die er wartete. Ich ging ein Stück zurück und lehnte mich an eine Säule, in der Hoffnung, Zeuge des Wiedersehens zu werden. Würde er sie sich lächelnd schnappen, in die Luft heben und sie küssen? Oder war er die Sorte Mann, die es bei einer schlichten Umarmung oder sogar einem Nicken beließe, um sich das Wiedersehen für einen privateren Rahmen aufzusparen?

Ich schüttelte den Kopf. Er könnte ja auch seinen Bruder oder seine Schwester treffen. Seine Mutter oder einen Freund. Vielleicht würde es nur auf einen Schlag auf den Rücken und ein Lächeln hinauslaufen. Oder ein missmutiges Grummeln. Er sah nicht aus wie jemand, der dauernd ein Lächeln im Gesicht trug, sondern wirkte eher ernst und ungeduldig. Ich riss mich von seinem Anblick los. Ich hatte wirklich an anderes zu denken.

Ich lächelte die Frau neben mir an, die verzweifelt versuchte, ihre Kinder in ihrer Nähe zu halten. Sie sah mich mit kleinlautem Lächeln an. »Ihr Dad war eine Woche weg«, erklärte sie.

Ich beugte mich zu dem kleinen Mädchen hinunter. »Bist du aufgeregt, deinen Daddy wiederzusehen?«

Sie nickte so heftig, dass ihre Locken auf und ab wippten. »Ich habe ihm das hier gemalt!« Sie hielt mir ein bunt bemaltes Papier hin, das ich bewunderte. »Das wird er bestimmt ganz toll finden«, versicherte ich ihr. »Aber du musst bei deiner Mom bleiben, denn die wird er sofort entdecken, aber du könntest hier schnell verloren gehen, weil du noch so klein bist.«

Sie machte große Augen und hörte auf, ausbüxen zu wollen. Ihre Mutter warf mir ein dankbares Lächeln zu, das ich zurückgab, dann schaute ich auf meine Uhr. Ich hoffte, dass der Fahrer bald kommen würde. Die Menschenmenge lichtete sich, doch es war noch kein Anzeichen von ihm zu sehen. Ich schob meinen Gepäckwagen zur Information, um zu fragen, ob es einen Bereich gäbe, wo die Fahrer warteten, und ging dann nach draußen, aber da war niemand, der meinen Namen hochhielt. Also ging ich wieder hinein und stellte fest, dass der Cowboy immer noch da war. Er ging nun ungeduldig auf und ab und sah ungehalten aus. Ich begann ein Gespräch mit einer Frau, die auch wartete, und sie erklärte sich freundlicherweise bereit, auf mein Gepäck aufzupassen, während ich in den Waschraum ging. Als ich zurückkam, war der Cowboy verschwunden, und ich war enttäuscht, die Wiedersehensszene verpasst zu haben. Ich verdrängte den Gedanken und wusste nicht recht, was ich nun tun sollte. Rachel wollte ich nicht anrufen, denn sie hatte im Moment wahrlich Wichtigeres im Sinn. Ich beschloss, mir ein Auto zu mieten. Ich wusste den Namen der Ranch und wo sie war. Ich würde einfach auf eigene Faust dorthin fahren und nach Luke Ausschau halten.

Nur dass der Cowboy, just als ich zur Tür ging, wieder hereinkam. Wieder trafen sich unsere Blicke, und irgendetwas kam mir bekannt vor. Seine Augen waren von einem klaren Blau, so leuchtend wie der Himmel an einem Sommertag. Diese Augen hatte ich schon mal gesehen – und zwar in den Zoommeetings mit Rachel. Für einen Moment war ich verwirrt, stockte und drehte mich auf dem Absatz um. »Luke?«, rief ich.

Er blieb stehen, drehte sich stirnrunzelnd um, musterte mich von Kopf bis Fuß, und auf merkwürdige Weise verursachte sein ruhiger Blick ein warmes Gefühl in mir.

»Wer will das wissen?«, fragte er forsch.

Ich ging auf ihn zu. »Ich bin Samantha Morrison.«

»Wie bitte?«

Aus unerfindlichem Grund hatte ich das Bedürfnis, ihn anzufassen. Ich legte meine Hand auf seinen Arm und spürte, wie seine Muskeln unter meiner Berührung zuckten. »Sammy. Ich bin diejenige, die Sie im Auftrag von Rachel abholen sollen.«

Sein Gesichtsausdruck sagte alles. Er war nicht erfreut. Wahrscheinlich hatte ich seinen Tagesablauf gestört. Rachel hatte ja bereits erwähnt, dass er ununterbrochen beschäftigt war.

»Es tut mir leid, dass ich Sie von der Arbeit abhalte. Ich hätte ein Auto mieten …«

»Sie sind Sam?«, unterbrach er mich und sah wütend aus.

»Sammy. Meine Freunde nennen mich Sammy.«

»Meine Schwester hat von Sam gesprochen. Aber sie sind eine Frau.«

Mir stellten sich die Nackenhaare auf. »Danke für die Information. Mir ist durchaus bewusst, dass ich eine Frau bin.«

»Weiß Rachel das?« Er schnippte mit den Fingern, als wäre ich eine lästige Wanze. »Dass Sie …« Er blickte unumwunden auf meine Brüste, dann sah er in meine zusammengekniffenen Augen. »… kein Sam sind?«

Ich musterte ihn mit schief gelegtem Kopf. Was hatte er für ein Problem?

»Da wir mehrmals miteinander gezoomt haben, gehe ich davon aus, dass es ihr aufgefallen ist.«

Er schüttelte den Kopf. »Nun, das glaube ich nicht.«

Dann machte er kehrt und stürmte davon.

3

LUKE

Ich stapfte zu meinem Truck, sprang hinein und schlängelte mich so schnell wie möglich über den Parkplatz zur Bezahlschranke. Die Frau, die behauptete, Sam zu sein, folgte mir nicht – Gott sei Dank. Ich war mir nicht sicher, was ich dann getan hätte.

Sie war mir bereits aufgefallen, als sie, den Gepäckwagen vor sich herschiebend, durch die Schleuse gekommen war. Sie hatte sich umgesehen und nach jemandem Ausschau gehalten, der sie abholen sollte, schien aber nicht sonderlich verärgert darüber, dass noch niemand da war. Sie blieb einfach an einer der Säulen stehen und holte ihr Handy hervor. Ich konnte nicht aufhören, sie zu betrachten. Sie war sehr hübsch, auch wenn sie eine Großstadtpflanze war. Ihr Hosenanzug und ihre Bluse waren modisch und gut geschnitten, und ihre Füße steckten in schönen Schuhen. Ihre Haare flossen wie Honig über ihren Rücken, und ihre Strähnen schimmerten im Licht. Ich fragte mich, ob das ihre echte Haarfarbe war oder ob sie aus der Tube kam. Heutzutage schienen Frauen immer etwas anderes zu wollen, möglichst das Gegenteil von dem, womit sie auf die Welt gekommen waren. Sie war nicht groß, hielt sich aber mit einer schlichten Grazie aufrecht, sodass sie groß wirkte.

Ich beobachtete, wie sie einer Mutter dabei half, ihre beiden Kinder im Zaum zu halten, die offensichtlich die Ankunft ihres Vaters kaum erwarten konnten. Sie beugte sich vor und sprach mit offenem Lächeln mit der Kleinen. Sie hatte ein wunderbares Lächeln. Ihre vollen Lippen öffneten sich weit und zeigten ihre strahlend weißen Zähne. Das war beeindruckend und verwandelte ihr Gesicht von hübsch in atemberaubend. Als würde die Sonne die Wolken durchbrechen und den Himmel erleuchten. Ich musste den Blick abwenden, damit sie mich nicht dabei ertappte, wie ich sie anstarrte. Das Letzte, was mich interessierte, war eine Lady aus der Stadt. Am wenigsten eine, die so aussah wie sie. Trotz ihres sonnigen Lächelns würde sie ohne Zweifel ziemlich anspruchsvoll sein.

Das hatte ich schon mal. Einmal und nie wieder.

Ich wartete und wurde zunehmend ungeduldiger, denn es schienen keine weiteren Reisenden mehr durch die Schleuse zu kommen. Ich klopfte meine Taschen ab und fluchte leise, als ich feststellte, dass ich mein Handy im Auto gelassen hatte. Ich musste Rachel anrufen, um mich zu versichern, dass ich die richtige Flugnummer hatte und mich nach Tyler erkundigen. Er war heute Morgen mit dem Traktor auf seiner Farm verunglückt und in ziemlich schlechter Verfassung. Rachel war bei ihm und hatte mir eine Nachricht hinterlassen, dass ich einen Fahrdienst beauftragen sollte, aber als ich dort anrief, war niemand frei gewesen, der nach Calgary fahren konnte. Die andere Firma, die ich angerufen hatte, verlangte fast das Doppelte, und das gab das Budget einfach nicht her. Also beschloss ich, mich selbst auf den Weg zu machen. Ich war kein großer Freund dieses Projektes, das Rachel in Angriff genommen hatte, aber wenn es half, die Ranch zu retten, musste ich mich wenigstens darauf einlassen.

Ich eilte zu meinem Truck, holte mein Handy und ging zurück zum Terminal. Auf die hübsche Frau und was sie sagte, war ich nicht gefasst.

Ich hatte absolut keine Ahnung, dass es sich um eine Frau handelte, als Rachel von Sam sprach.

Schon gar nicht diese Frau. Die mit dem schönen Lächeln. Sie versprach nichts als große Probleme.

Das wird verflucht noch mal nicht passieren.

Den ganzen Weg zurück zur Ranch kochte ich innerlich und fuhr in den kleinen Ort in der Nähe statt nach Hause. Ich ging in die Bar und bestellte einen Scotch und ein kaltes Bier. Ich kippte den Schnaps hinunter und spürte die Wärme des Alkohols, als er meine Kehle hinunterrann. Ich schloss die Augen und holte tief Luft. Einen kurzen Moment fragte ich mich, was Sammy wohl gerade machte. Zweifellos hatte sie sich ein Hotelzimmer genommen oder sich auf den Weg dorthin zurück gemacht, wo sie hergekommen war. Ich würde höchstselbst für ihre Unannehmlichkeiten aufkommen. Dann würden wir nach einer anderen Lösung suchen.

»Noch einen?«, fragte Rick, der Barkeeper.

»Nein, danke. Aber einen Burger hätte ich gern. Und Fritten.«

»Kommt sofort.«

Während ich aß, kam ich langsam runter. Ich schickte Rachel eine Nachricht und fragte nach Tyler, ohne die Frau zu erwähnen. Sie antwortete, dass er im OP wäre. Über ihre nächste Zeile verzog ich das Gesicht.

Rachel: Sei nett zu Sammy. Wir brauchen sie.

Hatte sie schon immer von Sammy gesprochen? Ich war überzeugt, dass immer nur von Sam die Rede gewesen war. Ich schüttelte den Kopf. Das spielte keine Rolle. Sie war weg, und sobald Rachel herausgefunden hatte, was passiert war, würde ich mich ihrem Zorn stellen.

Ich antwortete nicht.

Ich gab mein Bestes, um mir Sammy aus dem Kopf zu schlagen. Wie hübsch sie war. Ihre tiefe und wohlklingende Stimme, als sie sprach – geradezu sinnlich. Wie sich unerwartet Wärme in meiner Brust ausbreitete, wenn ich sie ansah. Ihr wunderhübsches Lächeln, das den Raum erstrahlen ließ. Wie gerne ich ihre Hand hatte berühren wollen, als sie mich anfasste. Wie sehr ich wollte, dass sie mich wieder anfasste. Allein die Erinnerung an ihre Nähe verursachte ein Verlangen in mir, dass sich mein ganzer Körper anspannte. Ich verscheuchte die Gedanken aus meinem Kopf. Stattdessen dachte ich über die notwendigen Reparaturen an der Scheune nach. Welche Unterstützung ich Tyler und seiner Familie anbieten konnte, um auszuhelfen. Wen ich auf der Ranch entbehren könnte, um dafür zu sorgen, dass es auf der Farm seiner Familie weiterging. Ich griff nach dem kleinen Notizbuch und einem Bleistiftstummel, die ich immer in der hinteren Hosentasche mit mir herumtrug, und notierte ein paar Ideen, während ich aß. Das lenkte meine Konzentration auf etwas anderes.

Als ich mich wieder normaler fühlte, bezahlte ich die Rechnung und begab mich zurück zum Truck. Ich fuhr zur Ranch hinaus und lächelte, was ich immer tat, wenn das Einfahrtstor in Sicht kam. Die riesigen Weidenbäume ragten in voller Pracht auf beiden Seiten des Tores auf und wiegten sich im Wind. Das Schild war noch von meinem Großvater angefertigt worden und hing bis heute dort – ein Zeugnis seiner Kunstfertigkeit. Ich fuhr vor das Haus, stellte den Motor ab und kletterte aus dem Truck. Ich ging die Treppe hoch, blieb jedoch bei dem Anblick eines großen Koffers, der auf der Veranda neben der Tür stand, verwirrt stehen.

Wem gehörte der denn?

Ich bekam meine Antwort, als sich die Fliegentür öffnete und die Frau, von der ich nun wusste, dass sie Sammy hieß, mit einem Glas Wasser in der Hand herauskam. Sie trank einen Schluck und sah mich gelassen an.

»Sie haben ganz schön lange gebraucht.«

»Was zum Teufel tun Sie hier? Wie sind Sie überhaupt reingekommen?«

»Rachel hat mir verraten, dass der Schlüssel im Blumentopf versteckt ist.«

»Sie haben mit meiner Schwester gesprochen?«

»Ja.«

»Ich habe Ihnen gesagt, dass Sie verschwinden sollen.«

Sie bedachte mich mit einem breiten Lächeln, das zwar immer noch schön war, aber auch etwas Gefährliches und irgendwie Furchterregendes an sich hatte. Sie stellte ihr Wasser ab, nahm einen Aktenordner aus ihrer Tasche und hielt ihn hoch. »Ich habe einen Vertrag, Mr Adler. Von ihrer Schwester und Ihnen unterzeichnet. Ich gehe nirgendwo hin.«

Ich starrte sie mit offenem Mund an.

»Ich habe Rachel erzählt, dass es ein Missverständnis mit dem Auto gab und dass ich auf eigene Faust hergekommen bin. Außerdem habe ich ihr gesagt, dass Sie unterwegs waren. Sie hat mir erklärt, wie ich reinkomme und welches Zimmer für mich vorgesehen ist.« Sie lächelte. »Was wirklich passiert ist, habe ich nicht erwähnt.«

»Sie bleiben nicht im Haus.«

»Dann zeigen Sie mir Ihre Gästezimmer … Oh, Moment, das ist ja der Grund, warum ich hier bin. Ich gehe also davon aus, dass ich im Haus bleibe. Und Sie werden sich damit abfinden müssen.«

Ich ging auf sie zu und knurrte fast vor Wut. Ich stieß sie mit meinem Finger an. »Ich werde verdammt noch mal nicht …«

Das Nächste, was ich mitbekam, war, dass ich flach auf dem Rücken auf der Veranda lag, Sammy sich über mich beugte und süßlich zu mir herunterlächelte. »Vorsicht, Luke. Ich habe einen überbehütenden Vater und einen Onkel, die dafür gesorgt haben, dass sich alle Frauen der Familie gegen Männer, die mit dem Finger auf sie zeigen und sie niedermachen wollen, selbst verteidigen können. Machen Sie sich keine Mühe, mir mein Zimmer zu zeigen. Ich werde es schon selbst finden. Die Kiste mit der Ausrüstung lasse ich in der Küche. Ich werde sie später noch brauchen.«

Sie erhob sich, wischte sich die Hände ab und sah sich um. »Was für ein wundervolles Anwesen Sie hier haben. Ich freue mich schon darauf, mit Ihnen zusammenzuarbeiten!«

Sie nahm ihren Koffer und rollte ihn, ohne sich noch mal umzudrehen, ins Haus.

Ich blinzelte.

Was zur Hölle war das gerade?

Ich ging in den kleinen Raum, den wir als Büro benutzten. Während ich hier aufwuchs, war das das Zimmer meiner Mutter gewesen. Hier hatte sie die ganze Zeit genäht. Ständig passte sie Säume an, flickte Hemden und Hosen, verarbeitete Mehlsäcke zu Schürzen, Geschirrtüchern und was ihr sonst noch an erfinderischen Ideen in den Sinn kam. Rachel konnte einen Hosensaum nähen und eine Naht schließen, aber das war es auch schon. Ich benutzte Nadel und Faden lediglich, wenn ein Tier verletzt war, und bezweifelte stark, dass ich irgendetwas anderes nähen konnte.

Das Zimmer hatte lange leer gestanden, bis wir es ausräumten und ich anfing, es als Büro zu benutzen. Es fiel jetzt viel mehr Papierkram an als noch zu meines Vaters Zeiten. Er hatte immer einen Akkordeon-Aktenordner benutzt, in dem er seine Papiere aufbewahrte, abends mit meiner Mutter am Küchentisch gesessen, alles Nötige erledigt und abgeheftet oder ihr mitgegeben, damit sie es wegbrachte oder in der Stadt kopierte. Heutzutage waren Computer und Drucker ein Muss. Trotzdem hinkte ich mit dem Papierkram hinterher. Der Tag hatte einfach zu wenige Stunden.

Ich setzte mich an meinen Schreibtisch, fühlte mich müde und weit älter als vierzig. Ich schaute mich um – die Wände brauchten dringend einen neuen Anstrich, und die Kisten mit den ungeordneten Papieren quollen über. Statt in Rachels Idee einzuwilligen, die Ranch zu einem Touristenziel zu machen, um zusätzliches Geld zu verdienen, hätte ich besser etwas Land verkauft und das Geld in einen Assistenten investiert und mehr Milchkühe angeschafft.

Bis auf den kleinen Haken, dass mich der Gedanke, Land zu verkaufen, das seit Generationen in der Hand meiner Familie war, krank machte. Wohl wissend, dass darauf Häuser gebaut würden oder, noch schlimmer, ein Industriegebiet, das die Ruhe und den Frieden der Gegend und das Ökosystem unwiederbringlich zerstören würde, brachte ich das einfach nicht übers Herz. Ich musste einen Weg finden, das Land und die Ranch am Leben zu erhalten.

Für wen?, flüsterte eine leise Stimme in meinem Kopf, die ich jedoch geflissentlich ignorierte. Rachel würde heiraten, und ich wusste, dass sie vorhatten, bald Kinder zu bekommen. Die Farm ihres Verlobten grenzte an einer Seite an unser Land. Die Ranch würde an ihre Nachkommen vererbt werden, die sie weiter bewirtschaften würden. Sie würden zur Hälfte Adlers sein, und das genügte mir. Ich bezweifelte, dass ich je heiraten, geschweige denn eine Familie gründen würde. Kinder standen nicht zur Debatte. Diese Möglichkeit hatte einmal bestanden – und dann nicht mehr. Die Ranch zu leiten bestimmte mein Leben, um sie für die nächste Generation zu bewahren.

Ein Geräusch riss mich aus meinen Gedanken, und ich sah auf.

Sammy war in der Küche und holte sich ohne Zweifel etwas zu essen.

Was zum Teufel sollte ich nur mit ihr anfangen?

Sie hatte recht. Ich hatte einen Vertrag unterzeichnet. Ich lehnte mich zurück und rieb mir verdrießlich übers Gesicht. Möglicherweise war es nicht die beste Idee gewesen, sie am Flughafen auflaufen zu lassen. Oder unfreundlich zu ihr zu sein. Meine Mutter hatte immer gesagt, mit Honig locke man mehr Fliegen an als mit Essig. Vielleicht würden wir zu einer Einigung kommen, und sie würde sich einverstanden erklären, wieder zu gehen, wenn ich mich mit ihr zusammensetzte und ruhig mit ihr redete.

Ich würde mich wohl entschuldigen müssen, was mir nicht leichtfiel. Stur, hatte meine Mutter immer gesagt. Starrsinnig, unterstrich Rachel. Wahrscheinlich kam sie der Sache damit näher.

Mein Handy klingelte, und ich ging dran, weil es Rachel war.

»Hey, Rachel. Wie geht es Tyler?«

»Er ist zurück aus dem OP und auf dem Weg der Besserung. Er ist stabil«, antwortete sie erleichtert.

»Gut.«

»Ich bleibe hier.«

»Ich verstehe.«

»Du musst dich um Sammy kümmern.«

Kümmern? Ich bezweifelte, dass meine Schwester wissen wollte, auf welche Weise ich mich um sie kümmern wollte.

Ich holte tief Luft. »Brauchen wir sie wirklich hier, Rach? Hat die Idee Hand und Fuß? Ich meine …«

Sie schnitt mir das Wort ab und klang gereizt. »Ja, das tun wir, und, ja, hat sie. Entweder wir erweitern die Auslastung der Ranch, oder wir müssen Teile des Landes verkaufen oder sogar alles, Luke. Du warst einverstanden. Warum bist du plötzlich so stur?«

»Sie ist eine Sie«, zischte ich ins Telefon. »Ich dachte, du hättest von Sam gesprochen – also von einem Mann. Nicht Sammy, einer widerspenstigen Frau, die sich weigert, auf mich zu hören.«

Und die auch noch aussieht, wie ein wahr gewordener feuchter Traum, fügte ich im Stillen hinzu.

Einen Moment herrschte Schweigen, dann fing Rachel an zu lachen. »Du bist so ein Idiot. Ich hätte wissen müssen, dass du mir nur halb zugehört hast. Ich habe dir von Sammy erzählt, wie in Samantha, und zwar gleich am ersten Tag, an dem wir darüber gesprochen haben. Das ist nicht mein Fehler und ihrer schon gar nicht. Du hast ein Gedächtnis wie ein Sieb. Oh Gott, warst du unhöflich zu ihr?

Ich stockte. »Definiere unhöflich.«

»Luke Jonathan Adler!«, schrie sie ins Telefon. »Was hast du angestellt?«

»Könnte sein, dass ich sie am Flughafen habe stehen lassen, nachdem ich ihr gesagt habe, sie solle verschwinden.«

»Du hast sie am Flughafen zurückgelassen?«, wiederholte sie. »Haben dich alle guten Geister verlassen?«

»Sie hat so oder so hierhergefunden und mich darüber aufgeklärt, dass wir einen Vertrag haben«, verteidigte ich mich. »Und mich nennst du stur? Gerade ist sie in der Küche, holt sich selbst etwas zu essen und richtet sich hier häuslich ein.«

»Idiot«, murmelte sie. »Ich bin mit einem Vollidioten verwandt.«

»Das fällt unter die Kategorie unhöflich?«

»Du bist ein Vollpfosten. Du gehst jetzt den Flur runter und entschuldigst dich. Freundlich. Dann setzt du dich hin und hörst zu, was sie zu sagen hat, du Vollpfosten. Ihre Ideen sind unfassbar gut. Öffentliche Aufmerksamkeit ist genau das, was wir brauchen, um uns auf die Sprünge zu helfen. Wenn du das ruinierst, Luke, kannst du dich von der Ranch verabschieden.«

»Na schön«, knurrte ich ins Handy. »Ich mach einen auf nett. Aber sie legt mich besser nicht noch mal auf die Bretter.«

»Wie bitte?«

»Sie hat Anstoß daran genommen, dass ich mit dem Finger auf sie gezeigt habe, und mich auf den Rücken geworfen.«

»Oh, mein Gott«, seufzte Rachel. »Du hast sie echt sauer gemacht. Was hast du getan?«

»Ich werde mich entschuldigen.«

»Mach das.« Dann wurde ihre Stimme weicher. »Hör auf sie. Sie ist erstaunlich. Ich vertraue ihr voll und ganz.«

Ich seufzte, und der Kampfgeist verließ mich. »Okay. Ich werde mich entschuldigen und komme an Bord. Halte du mich auf dem Laufenden, wie es Tyler geht.«

»Hat sie dich wirklich auf den Rücken geworfen? Du bist doppelt so groß wie sie.«

»Mit links. Als wäre ich eine lästige Mücke. Ich muss zugeben, es war beeindruckend.«

Sie kicherte, und darüber musste ich lächeln. »Das hätte ich gern gesehen.«

»Ich habe das Gefühl, das war nicht das letzte Mal. Sie ist ziemlich streitlustig.«

»Und du bist ein Dickschädel. Was für eine Kombination.« Sie seufzte. »Ich hab dich lieb, großer Bruder.«

»Hab dich auch lieb.«

Ich legte auf und ließ den Kopf auf meine Brust sinken. Der Duft von Kaffee waberte durch den Flur, und mir war klar, dass ich nun hingehen und mich bei Sammy entschuldigen musste. Ihr den Triumph gönnen musste, einen Volltrottel in mir zu sehen. Ich wusste, Rachel würde sie später anrufen, also musste ich es jetzt hinter mich bringen.

Ich gab mir einen Ruck, stand auf, stützte meine Fäuste auf den Schreibtisch und atmete tief durch. Ich musste nur darauf achten, weit genug von ihr wegzubleiben, damit sie mich nicht in die Finger bekam. Ich hatte das Gefühl, dass sowohl ihr Lächeln als auch die Selbstverteidigung tödliche Waffen waren.

Als wollte man ein temperamentvolles Fohlen mit dem Lasso einfangen. Da brauchte es Geduld und Entschlossenheit. Das bekam ich hin. Ich verdrängte, dass kein temperamentvolles Fohlen mich je so in den Bann gezogen hatte wie Sammy. Ich hatte mich auch noch nie gefragt, wie es wäre, ein temperamentvolles Fohlen zu küssen.