Hollywood Love Story - Melanie Moreland - E-Book

Hollywood Love Story E-Book

Melanie Moreland

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Beschreibung

Kann sich der Golden Boy Hollywoods wirklich verlieben?

Liam Wright ist der Golden Boy Hollywoods. Attraktiv, charmant und unglaublich erfolgreich genießt der Schauspieler das Leben und weigert sich, erwachsen zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Zum Glück hat er Shelby Carter. Sie kümmert sich um alles und hält ihn in der Spur. Die beiden sind beste Freunde, doch auf einmal merkt Liam, dass er mehr will. Aber um Shelbys Herz zu erobern, muss Liam zu einem Mann werden, der nicht nur in den Tag hineinlebt und alles anderen überlässt, sondern der Dinge selbst in die Hand nimmt. Ist er für seine wichtigste Rolle bereit?

"Eine einzigartige Verbindung, eine unerwartete Freundschaft und eine große Erleuchtung ... das ist ein tolles Rezept für eine Story! Ich liebe, liebe, liebe es!" ML, GOODREADS

Der neue Roman von Bestseller-Autorin Melanie Moreland

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Seitenzahl: 512

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

1

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Epilog

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Melanie Moreland bei LYX

Leseprobe

Impressum

MELANIE MORELAND

Hollywood Love Story

Roman

Ins Deutsche übertragen von Ralf Schmitz

Zu diesem Buch

Liam Wright ist der Golden Boy Hollywoods. Attraktiv, charmant und unglaublich erfolgreich genießt der Schauspieler das Leben und weigert sich, erwachsen zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Zum Glück hat er Shelby Carter. Sie kümmert sich um alles und hält ihn in der Spur. Die beiden sind beste Freunde, doch auf einmal merkt Liam, dass er mehr will. Aber um Shelbys Herz zu erobern, muss Liam zu einem Mann werden, der nicht nur in den Tag hineinlebt und alles anderen überlässt, sondern der Dinge selbst in die Hand nimmt. Ist er für seine wichtigste Rolle bereit?

Dieses Buch ist allen gewidmet, die sich anderen Menschen in Liebe verbunden fühlen.

Ein Geschenk, das niemals genug Wertschätzung erfahren kann.

Wir alle verdienen, um unserer selbst willen geliebt zu werden, ungeachtet unseres Titels oder Berufs.

1

Liam

Verschwommen raste im Licht der Straßenlaternen eine vertraute Szenerie vorüber. Dankbar, nach Hause zu kommen, ließ ich mich in den weichen Ledersitz der Limousine sinken. Ich lehnte den Kopf an und versuchte ruhig zu bleiben, als die Erinnerung an die überstürzte Flucht in meine Gedanken sickerte. In dem verzweifelten Wunsch, heimzukehren, hatte ich die Security und alles, was mich an New York band, stehen lassen und war zum Flughafen gefahren. Als mich die ersten erkennenden Blicke trafen, nahm meine Besorgnis sofort zu, doch ich konzentrierte mich auf mein Ziel, lief zum Gate und stieg in den Flieger. Ich hatte zwei Sitze gebucht, daher blieb ich allein und wurde von niemandem belästigt. Nach der Landung rannte ich förmlich mit gesenktem Kopf durch den Flughafen, meine Atmung normalisierte sich erst wieder, als mein Fahrer das Terminal hinter sich ließ, ohne dass mich jemand erkannt hatte. Das Risiko war groß gewesen, aber ich hatte es dennoch gewagt.

Als wir durch das Tor rollten, seufzte ich aus tiefstem Herzen. Ich hatte es geschafft.

Aus den Fenstern fiel Licht und hob sich vom Dunkel der Nacht ab. Ich sah auf die Uhr und runzelte die Stirn. Drei Uhr morgens; wieso war sie noch wach? Ich nahm die Taschen vom Sitz neben mir, entließ den Fahrer und wünschte ihm eine gute Nacht – ich mochte berühmt sein, aber meine Arme taten es noch. Noch war ich in der Lage, mein Gepäck selbst zu tragen.

Ich grinste über die Laute, die mich empfingen, als ich das Haus betrat. Journey lärmten aus den Lautsprechern, was nur eines bedeuten konnte: Achtziger-Musik verkündete, dass Shelby bügelte.

Ich folgte der Musik in die Küche, blieb im Türrahmen stehen und lächelte über den Anblick, der sich mir bot. Natürlich stand Shelby vor dem Bügelbrett, wippte zur Musik mit dem Kopf, schlug mit bestrumpftem Fuß den Rhythmus und begleitete Steve Perry mit ihrem herrlich schrägen Gesang, während sie meine Hemden bügelte. Überall hingen meine Sachen – Oberhemden, Hosen, sogar T-Shirts lagen fertig gebügelt und säuberlich gefaltet neben ihr auf dem Tisch, obwohl ich immer wieder sagte, dass sie die nicht bügeln sollte. Ich hatte ihr sogar vorgeschlagen, jemanden damit zu beauftragen, aber sie weigerte sich und behauptete, das gehöre alles zu ihrem Job.

Als ich mich vernehmlich räusperte, fuhr ihr Kopf in die Höhe. Sie strahlte zur Begrüßung über das ganze Gesicht, griff nach der Fernbedienung und stellte die Musik leiser.

»Du wirst noch taub, wenn du den Mist so laut hörst«, zog ich sie auf.

»Bin ich schon. Das Gehör lässt in meinem Alter zuerst nach. Und das ist kein Mist, das sind Klassiker.«

Ich verdrehte die Augen; als wäre sie zwanzig Jahre älter als ich, und nicht bloß fünf. Ich ging zu ihr und küsste sie auf die Wange. »Hey, Shelby.«

»Hi, Liam, du bist früh zurück.«

»Und du bist noch wach.« Ich wusste, sie schlief nicht gut, wenn ich nicht daheim war. Sie blieb dann häufig lange auf und vertrieb sich die Zeit mit Hausarbeiten. Ihre nächsten Worte bestätigten meinen Verdacht.

»Ich konnte nicht schlafen.«

Ich legte die Stirn in Falten. »Alles in Ordnung?«

Sie nickte. »Ja, es geht mir gut. Wieso bist du hier? Everett hat mir nicht Bescheid gesagt, dass du schon zurückkommst.«

Ich nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und trank einen großen Schluck, ehe ich antwortete. »Stimmt. Nun, vielleicht, weil er nichts davon weiß.«

Sie stellte das Bügeleisen ab und verengte die Augen. »Was hast du nun wieder angestellt?« Sie stöhnte.

Ich schüttelte den Kopf. »Nichts. Das waren Schwachköpfe, Shelby. Diese Frau, die mich interviewt hat, hatte überhaupt keine Ahnung. Sie hat gar nicht mehr aufgehört, irgendeinen Quatsch über ›Ökonomie‹ von sich zu geben. Um Himmels willen, ich bin Schauspieler, kein Wirtschaftsboss.« Shelby lachte. »Aber du spielst einen auf der Leinwand.«

Ich fiel in ihr Lachen ein. »Ernsthaft, dauernd wollte sie, dass ich mit verschiedenen Akzenten spreche, als wäre ich irgendeine Marionette. Und ständig hat sie mich angefasst.« Mich schauderte. »Ich hatte keine Lust mehr, ihren dämlichen Fragen auszuweichen, und bin gegangen.«

»Und wie bist du hierhergekommen?«

»Ich habe einen Flug gebucht, mir eine Limousine gerufen, und siehe da, hier bin ich.«

Offenbar besorgt, trat sie einen Schritt näher. »War alles okay? Bist du zurechtgekommen.«

Ihre Besorgnis berührte mich. »Ja, die Fluggesellschaft hat mir ihre Security zur Seite gestellt. Als mir die Leute zu nah kamen, hat der Mann mich in einen Geheimgang gezogen, und ich hatte meine Ruhe.«

»Okay, gut.« Shelby seufzte, dann legte sie eine Hand an die Hüfte. »Das war diesen Monat schon das dritte Interview, das du abgebrochen hast, Liam.«

»Dessen bin ich mir bewusst.«

Sie verdrehte die Augen. »Der launische britische Schauspieler.«

»Du mich auch.«

Shelby kicherte, und ich setzte mich, holte tief Luft und nahm stöhnend das köstliche Aroma in mich auf, das mich umgab.

»Shelby?«

»Hm?«

»Wieso riecht es hier nach Truthahn?«

Ihre Stimme war erfüllt von Heiterkeit. »Weil ich dich morgen erwartet hatte und wusste, wonach es dich dann gelüsten würde.«

»Was für ein tolles Mädchen du bist. Ist er fertig?«

»Ja.«

»Dann hätte ich gern ein Truthahn-Sandwich.«

»Jetzt?«

»Ja, eigentlich sogar zwei. Ich hab im Flugzeug nichts gegessen.«

»Milch?«

»Ja, und danach ein Glas Whiskey. Das war ein harter Tag.«

»Gut. Setz dich aufs Sofa, ich kümmere mich darum.«

Ich schlenderte ins Wohnzimmer und ließ mich genüsslich in die tiefen, weichen Kissen sinken. Ich zog die Krawatte ab, öffnete den obersten Hemdknopf und atmete tief durch, während ich auf Shelbys Bewegungen in der Küche lauschte, während sie mir meine Sandwiches machte.

Ihre Sandwiches. Verdammt, wie ich ihre Sandwiches liebte.

Die Musik wechselte, und ich verkniff mir das Lachen, als eine der völlig übertriebenen Rockballaden von Survivor ertönte und Shelby sofort wieder mitzusingen begann. Die Nummer hieß »The Search is Over«, und Shelby stand total auf den Scheiß.

Dann lachte ich doch. Sie hörte diese Songs so oft, dass ich die Titel inzwischen selbst kannte.

Aber diese Musik bedeutete, dass sie hier war, in meinem Haus.

Und wenn ich sie in meiner Küche singen hörte, wusste ich, wie sehr ich ihre Gesellschaft liebte.

Ich ließ den Kopf gegen das Polster sinken und dachte daran zurück, wie sie ein Teil meines Lebens geworden war.

2

Liam

Sechs Monate zuvor …

Ich kam zur Tür herein und blieb wie angewurzelt stehen. »Marie, was zum Henker machen Sie da?«

Sie stand auf und machte ein schuldbewusstes Gesicht. »Nichts, nur … die Wäsche.«

Ich schnaubte. »Sie machen die Wäsche nicht. Sie lassen alles abholen und waschen. Sie haben selbst gesagt, das gehört nicht zu Ihrem Job.« Und dafür war ich einigermaßen dankbar. Ich wollte nicht, dass sie die Sachen, die ich trug, anfasste.

»Ich habe mal eine Ausnahme gemacht.«

Als ich die Kamera in ihrer Hand entdeckte, riss ich die Augen auf.

»Warum zur Hölle fotografieren Sie meine Shorts?« Mein Blick flog zu dem Computer auf dem Schreibtisch neben ihr und auf die auf dem Bildschirm aufgeschlagene Website. »Herr im Himmel, verticken Sie etwa meine Sachen im Internet?« Ich starrte sie fassungslos an und fuhr mir mit beiden Händen durch die Haare. »Haben Sie sie noch alle?«

Ihre Schuldgefühle lösten sich auf der Stelle in nichts auf. »Sie haben doch genug Zeug. Und ich brauche ein bisschen Geld extra.«

»Ich habe genug? Extrageld? Jesses! Ich zahle Ihnen ein verdammtes Vermögen, praktisch fürs Nichtstun! Und das da … das sind meine Unterhosen … die sind privat!«, brüllte ich jetzt.

»Okay. Ich lege sie zurück.«

»Und ob Sie das tun werden.« Ich erschauerte, wohl wissend, dass ich diese Unterwäsche nie wieder tragen würde. Jetzt würde ich sie samt und sonders ersetzen müssen. Ich holte tief Luft und brachte den nötigen Mut auf. »Sie sind gefeuert.«

»Was?«, kreischte sie.

Ich straffte die Schultern. Dies war mein Haus, sie verkaufte meine Sachen. Und ihre Anstellung hier würde ohnehin bald vorüber sein. Trotzdem wollte ich nicht mehr bis dahin warten. »Ich sagte, Sie sind gefeuert. Packen Sie Ihre Sachen, und lassen Sie die Finger von meinen. Sie werden in Zukunft nichts mehr verkaufen, das mir gehört. Und jetzt raus hier. Und zwar sofort!«

»Dreckskerl.«

»Ich? Sie sind diejenige, die meine Sachen verhökert. Das ist Diebstahl. Sie können von Glück sagen, dass ich Sie nicht anzeige.«

Da kam der Laptop, der neben meinen Boxershorts auf dem Schreibtisch gestanden hatte, auf mich zugeflogen. Ich schrie auf und duckte mich, und sah ihn hinter mir gegen die Wand knallen und dann auf dem Fußboden in tausend Stücke zerschellen. »Verflucht, Sie blöde Gans! Das war mein Laptop!«

Dann folgte die Kamera und alles, was ihr in die Hände fiel. Um mich in Sicherheit zu bringen, lief ich ins Badezimmer und schloss mich ein. Gegenstände prasselten gegen die Tür, während die Irre, die ich gerade an die Luft gesetzt hatte, mit Obszönitäten nur so um sich warf. Anscheinend gefiel es ihr nicht, vor die Tür gesetzt zu werden. Als ich sie endlich aus dem Arbeitszimmer stürmen hörte, atmete ich erleichtert auf, bevor ich schnell nach meinem Handy griff, weil ich aus dem Flur weiteres Geschrei und das Geräusch von splitterndem Glas vernahm.

Heiliges Kanonenrohr, sie würde am Ende mein ganzes Haus zerlegen. So wütend, wie sie war, würde sie noch die Badezimmertür eintreten. Das hatte ich mir wohl nicht gründlich genug überlegt.

Ich rief meinen Manager an, der genervt ranging: »Was, Liam? Das passt gerade nicht gut.«

»Fuck, Everett, mir passt es gerade auch nicht. Marie dreht durch und nimmt mein Haus auseinander. Ich brauche dich hier!«

»Warum?«

»Warum?«, wiederholte ich. »Weil sie mich womöglich um die Ecke bringt?«

»Nein, du Trottel. Wieso ist sie überhaupt durchgedreht?«

»Weil ich sie, äh, gefeuert habe.«

»Scheiße, Liam, du Idiot, du hast was gemacht? Wir waren uns einig, dass ich mich darum kümmere, während du weg bist. Noch fünf Tage – du hättest nur noch fünf Tage warten müssen. Was zum Teufel ist passiert, dass du nicht noch fünf Tage warten konntest?«

»Sie hat meine Unterhosen geklaut!«, schrie ich ins Telefon. »Meine Boxershorts, Everett! Sie hat meine Boxershorts im Internet verkauft! Das konnte ich ihr doch nicht durchgehen lassen. Da hab ich sie rausgeworfen, und jetzt schlägt sie hier alles kurz und klein.«

»Du kündigst niemandem auf eigene Faust, Liam. Vor allem du solltest überhaupt niemandem kündigen. Bestimmt hast du Mist gebaut. Was hast du zu ihr gesagt?«

»Äh, ›Sie sind gefeuert‹? Und ›raus hier‹. So was in der Art halt.«

»Siehst du, du hast Mist gebaut.«

»Scheiß drauf – komm lieber her, ehe sie das Haus abfackelt.«

»Bin schon unterwegs. Wo steckst du jetzt?«

»Ich hab mich im Bad eingeschlossen.«

Er schnaubte. »Na klar, was sonst.«

»Oh, Gott. Scheiße.«

Ich sah mich fassungslos um. Wie konnte eine einzelne Frau, und eine so zierliche obendrein, in so kurzer Zeit so viel Schaden anrichten? Everett war gekommen, hatte sie überwältigt, die Polizei gerufen und mir mitgeteilt, dass ich nun aus meinem Versteck herauskommen könnte. Ich hatte daraufhin die Badezimmertür geöffnet und war mit so viel Stolz herausgetreten, wie ich, wenn man bedachte, dass ich mich vor jemandem versteckt hatte, der nur halb so groß war wie ich, noch aufbringen konnte. Zu meiner Verteidigung ließ sich allenfalls vorbringen, dass ich bald einen Film drehen würde und es mir deshalb nicht leisten konnte, mir das Gesicht verbeulen zu lassen – und dass diese Frau wusste, wohin sie zielen musste.

Nun standen wir in der Ruine meiner Küche. Geschirr, Gläser und Besteck lagen verstreut und zerschlagen auf dem Boden herum. Ein paar Schranktüren waren aus ihren Scharnieren gerissen, sogar die gläserne Küchentischplatte war zerkratzt. Andererseits hatte ich den Tisch sowieso gehasst. Ich ging ins Arbeitszimmer und blieb entsetzt stehen. Dort sah es aus, als wäre ein Tornado hindurchgefegt. Die größte Beleidigung war mein Oscar in den Überresten meines noch immer qualmenden und Funken sprühenden geliebten Flachbildfernsehers. Meine Film- und Musiksammlung lag in alle Richtungen zerstreut, das Sofa war umgeworfen, einige der Kissen waren zerfetzt. Und auch mein Schreibtisch war ihrer Zerstörungswut zum Opfer gefallen.

»Gut hat sie es nicht aufgenommen«, brummte ich.

Everett schnaubte. »Kann man wohl sagen.«

»Vielleicht hätte ich ihr eine Abfindung anbieten sollen.«

»In diesem Fall wohl eher einen Kündigungsanreiz, Liam. Noch besser wäre gewesen, du hättest sie erst mal machen lassen und mich angerufen, um mir zu sagen, was los ist, dann hätte ich mich so, wie wir es verabredet hatten, darum kümmern können. Auf professionelle Weise.«

Ich seufzte. »Ja, so wäre es auch gegangen, nehme ich an. Wenngleich nicht so aufreibend wie das hier.«

»Wie gut, dass du sowieso renovieren wolltest.«

Meine Lippen zuckten. »Ja, wie gut.«

Als sein Handy klingelte, ging er ran und wandte sich ab. Ich ging derweil zum Fernseher und betrachtete den mitten aus den Scherben ragenden Oscar. Ich war nicht sicher, ob ich die Trophäe dort herausziehen sollte. Ich sah mich nach der verdammten Elektrik des Fernsehers um, war mir aber nicht sicher und ließ es sein. Ich hörte Everett leise mit bekümmerter Stimme telefonieren.

»Schon gut, Shelby, wir kriegen das hin. Nimm den Flug, den ich für dich gebucht habe, und komm hierher. Ich bin für dich da, versprochen.«

Ich warf ihm einen neugierigen Blick zu. Ich wusste, Shelby war seine große Schwester, sie lebte mit ihrem Mann Malcolm in Sacramento. Everett konnte Malcolm nicht leiden und hatte auch keine Hemmungen, seine Meinung kundzutun, aber ich war weder ihm noch ihr jemals begegnet. Wieso kam seine Schwester jetzt hierher? Als ich seinem Blick begegnete, hob ich fragend eine Augenbraue, doch er schüttelte bloß den Kopf.

Dann senkte er die Stimme noch ein wenig mehr. »Nicht weinen, Shelby, alles wird gut. Ich werde mich um dich kümmern, mach dir deshalb keine Sorgen. Dein Flieger landet hier um sechs, und ich hole dich ab. Dann sehen wir gemeinsam weiter. Dein Wagen müsste jeden Moment da sein. Ist schon da? Okay, gut, wir sehen uns dann. Ich hab dich lieb.«

Seufzend beendete er das Gespräch und räusperte sich.

»Probleme?«

Er nickte, sein sonst so heiteres Gesicht ungewohnt ernst. »Das kann man wohl sagen. Dank euch beiden hatte ich einen harten Tag.«

»Deine Schwester kommt zu Besuch?«

»So was in der Art.«

Ich wusste, wann ich aufhören musste, in ihn zu dringen. Er würde mir alles erzählen, wenn er so weit war. »Gut.« Ich sah mich um. »Mist. Ich hoffe, Marie hat es nicht bis ins Schlafzimmer geschafft.« Bei dem Gedanken, was sie da angestellt haben könnte, überlief mich eine Gänsehaut.

Er schlug mir auf die Schulter. »Schauen wir nach.«

Ich goss mir einen guten Schluck Whiskey ein. Gott sei Dank war das Biest nicht bis ins Wohnzimmer und die Hausbar gekommen. Arbeitszimmer, Küche und Esszimmer waren Trümmerfelder, auch wenn bereits ein Rettungstrupp erschienen war und aufgeräumt hatte. Trotzdem musste allerhand ersetzt oder repariert werden. Im Schlafzimmer war sie zum Glück auch noch nicht gewesen, als Everett aufgetaucht war.

Er war gestern Abend gefahren, um seine Schwester abzuholen, und ich hatte nichts mehr von ihm gehört. Doch inzwischen hatte er mir eine Nachricht geschickt, dass er auf dem Weg zu mir sei. Ein paar Minuten später stand er auf der Matte, versorgte sich mit Whiskey und ließ sich in den Sessel plumpsen.

»Marie erwartet eine Klage wegen Zerstörung von Privateigentum, außerdem habe ich eine einstweilige Verfügung gegen sie erwirkt. Du hast gesagt, du willst kein großes Aufhebens, und sie ist damit einverstanden, die Stadt zu verlassen und den Mund zu halten, solange wir sie nicht auch noch wegen Diebstahls und so weiter drankriegen.«

Ich nickte. »Ja, gut so. Ich will keinen Medienrummel, ich will bloß, dass sie von der Bildfläche verschwindet. Und ich will ganz sicher nicht zurückhaben, was sie in den Fingern gehabt hat.« Ich blickte in mein Glas und verzog das Gesicht. »Sie hat sich aufgeführt wie eine wild gewordene Furie, verdammt!

Everett zog die Augenbrauen hoch. »Sie hat gefragt, ob du ihr ein Zeugnis ausstellst.«

Mir blieb der Mund offen stehen. »Wohl kaum, Kumpel. Was hat sich Jack bloß dabei gedacht, als er sie eingestellt hat?«

»Ich glaube nicht, dass er dabei überhaupt irgendwas gedacht hat, und deshalb ist er selbst ja auch rausgeflogen. Die zwei sind miteinander ins Bett gestiegen, weißt du?«

Mein Glas blieb auf halbem Weg in der Luft hängen. »Tja, das erklärt einiges.«

Everett nickte. »Du hättest mich früher eingreifen lassen sollen, Liam.«

Ich zuckte die Achseln. »Sie hat hier alles sauber gehalten, und wenigstens war was zum Essen im Haus. Ich hab dem Ganzen nicht so viel Bedeutung beigemessen. Und dass sie nebenbei meine Sachen verticken würde, war mir auch nicht klar.«

Er lehnte sich grinsend zurück. »Gib es zu, sie hat dir Angst gemacht.«

Ich schnaufte verächtlich. »Nein, hat sie nicht.«

»Du hast an deiner Schlafzimmertür ein Bolzenschloss anbringen lassen.

Ich war mir sicher, sie einmal nachts, nachdem ich wach geworden war, in meinem Zimmer gesehen zu haben, was sie allerdings mit dem Hinweis bestritt, das müsste ich wohl geträumt haben. Danach hatte ich sofort das Schloss anbringen lassen.

»Trotzdem, sie hat mir keine Angst … Okay, vergiss es, sie hat mir eine Scheißangst eingejagt. Ich bin froh, dass sie weg ist. Ich hätte auf dich hören und sie schon vor Monaten loswerden sollen.«

»Ja, hättest du, aber das ist ja jetzt erledigt. Ich schätze, damit bist du sämtliche Altlasten los, die meine Vorgänger dir aufgebürdet haben. Jetzt müssen wir nur noch eine neue Haushälterin für dich finden.«

»Ich kann selbst für mich sorgen.«

Er schnaubte. »Klar.«

Ich warf ihm einen finsteren Blick zu, aber er hatte vermutlich recht. Wenn es um das Haus ging oder darum, die Übersicht nicht zu verlieren, war ich ein hoffnungsloser Fall. Und nachdem ich das letzte Mal jemanden gefeuert hatte, hatte derjenigs die Story an die Presse verkauft, was auch nicht gerade schön war. Danach hatte ich beschlossen, mich in Personalfragen ganz auf Everett zu verlassen.

»Ich führe das Gespräch mit der nächsten Haushälterin selbst«, teilte ich ihm mit.

»Als wüsstest du, welche Fragen du stellen musst.«

Ich funkelte ihn an. »Na, zum Beispiel, ob sie Cupcakes backen kann. Ich meine, eine Haushälterin, die nicht backen kann?« Das hatte mich an Marie ganz besonders genervt. Meine Mum war eine meisterhafte Köchin, und darauf stand ich total. Ich vermisste das, seit ich hier in L. A. lebte.

»Eine Haushälterin muss mehr draufhaben als Backen, Liam. Sie muss ein Organisationstalent und vertrauenswürdig sein, sie muss dir den Haushalt führen und zusehen, dass du nie den Überblick verlierst. Du brauchst jemanden mit Erfahrung.«

»Aber dieses Mal auch in Dingen, die mir gefallen.«

Er betrachtete mich aufmerksam. »Ich glaube, ich kenne da jemanden, der perfekt geeignet wäre.

»Wer?«

»Kennst du nicht.«

»Aber du?«

Er nickte, stand auf und ging zum Fenster. Er sah eine Minute schweigend hinaus. »Meine Schwester Shelby ist in einer Notlage.«

»Oh.«

»Ihr verfluchter, nichtsnutziger Mann hat sie sitzen lassen und ist mit ihren gesamten Ersparnissen auf und davon.«

»Was für ein Flachwichser.«

»Ja.« Er seufzte. »Sie hat vor einem Monat ihren Job verloren – die Firma, für die sie gearbeitet hat, musste Stellen abbauen und hat ein paar Führungskräfte samt Sekretärinnen freigestellt. Und dann zieht dieses Arschloch so einen Scheiß ab.« Er schüttelte den Kopf. »Ich konnte ihn noch nie leiden.«

»Ich weiß, ich glaube, du hast ihn immer nur als ›Vollpfosten‹ bezeichnet.«

Everett nickte. »Shelby ist stark und eigenständig, und ich habe von alldem erst erfahren, als sie mich endlich angerufen hat. Der Kerl hat alles an Wert mitgenommen und sie mit nichts zurückgelassen. Er hat sie mit einem Wellnesstag überrascht, und als sie zurückkam, war alles weg: die Wohnung ausgeräumt, das Bankkonto leer gefegt. Das Geld war ihr Notgroschen gewesen. Sie hat versucht, sich allein über Wasser zu halten, aber das war einfach zu viel für sie. Der Drecksack hat sämtliche Kreditkarten überzogen, lag mit der Miete im Rückstand und hat sich schließlich abgesetzt.«

»Gut, dass sie dich angerufen hat.«

»Mir ist bewusst, wie viel Überwindung sie dieser Anruf gekostet hat, aber ich bin froh, dass sie es getan hat. Jetzt, wo ihr Mann weg ist und sie ihren Job verloren hat, dachte ich, dass es Zeit für einen Neuanfang sein sollte. Als wir Kinder waren, war sie diejenige, die sich um mich gekümmert hat. Nun ist es an mir, ihr etwas davon zurückzugeben.«

Ich nickte mitfühlend. »Scheiße, Everett, das ist echt furchtbar, was dieses Arschloch ihr angetan hat. Nur gut, dass sie dich zum Bruder hat.« Langsam ging mir ein Licht auf. »Du willst, dass ich sie einstelle?«

Er setzte sich zurück in den Sessel. »Sie kann hart arbeiten, Liam, und sie ist ein verflucht feiner Kerl. Sie hat jahrelang einen guten Job als Assistentin gemacht, sie wüsste also, wie sie dir den Laden hier schmeißen muss. Sie braucht ein Dach über dem Kopf und eine Arbeit. Und du benötigst eine Haushälterin und jemanden, der hier die Stellung hält, wenn du unterwegs bist und drehst.«

Ich zögerte.

»Sie wäre hundertmal besser als Marie. Und sie ist nicht im Entferntesten furchterregend.«

Das war ein Plus.

»Sieh sie dir wenigstens mal an«, redete er mir zu. »Mir zum Gefallen. Wenn ihr nicht zurechtkommt, ist es auch kein Drama.«

Everett bat mich nur sehr selten um etwas. Für gewöhnlich war ich derjenige, der ihn um einen Gefallen bat.

»Kann sie kochen?«

»Sie ist eine traumhafte Köchin. Das war sie schon immer.«

»Am liebsten mag ich Truthahn-Sandwich. Ich liebe Truthahn. Und Cupcakes. Die liebe ich auch.«

»Ich weiß, Liam. Ich habe dich mit beidem bekannt gemacht. Aber was hat das mit Shelby zu tun?«

»Ich will sie kennenlernen, und ich möchte, dass sie mir Truthahn-Sandwiches und Cupcakes macht.«

Everett schüttelte den Kopf. »Das wird mal ein Vorstellungsgespräch.«

Ich hielt das Ganze für eine verdammt großartige Idee.

»Wenn ich sie leiden kann und ihre Cupcakes gut sind, hat sie den Job.«

»Danke, Liam. Ich sag ihr Bescheid.«

»Sonst noch was, was ich über sie wissen muss.«

Er grinste. »Nenn sie bloß nie ›Beaker‹.«

Ich traf Shelby zwei Tage später. Sie war anders, als ich erwartet hätte. Abgesehen von den dunklen Haaren und den blauen Augen, waren sie und Everett das genaue Gegenteil. Er war groß, breitschultrig, redete laut und strahlte Selbstbewusstsein aus.

Shelby hingegen war klein, zierlich und sprach mit leiser, angenehmer Stimme, und sie schien ein wenig schüchtern zu sein. Ihre blauen Augen blickten traurig, verwirrt und tief verletzt, trotzdem schüttelte sie mir lächelnd die Hand, als Everett uns einander vorstellte. Ich war überrascht, dass sie denselben Nachnamen wie Everett trug, dann erklärte sie mir, dass sie den Namen ihres Mannes nie angenommen hatte.

»Gott sei Dank«, brummte Everett, bevor er uns allein ließ.

Während wir uns unterhielten, bemerkte ich schnell, dass sie intelligent und freundlich war. Sie umgab eine Aura der Sanftmut, die mich sofort anzog, und ich war mir sicher, dass ich ihr genauso würde vertrauen können wie ihrem Bruder. Daher hatte ich schon beschlossen, ihr den Job anzubieten, bevor sie den mitgebrachten Korb öffnete und mir ein Festessen präsentierte.

Ein Truthahn-Sandwich. Aber im Gegensatz zu den Feinkostladen-Versionen, die Marie mir vorgesetzt hatte, war hier kein Fleischersatz verarbeitet worden – das Sandwich war mit richtigem Truthahn zubereitet. Und es war so riesig, dass ich es kaum mit zwei Händen halten konnte; es war sogar genau so belegt, wie ich es mochte. Dazu reichte sie mir einen Beutel Milch und, nachdem sich meine Begeisterung über das Sandwich erschöpft hatte, einen Behälter mit den besten Cupcakes, die ich jemals gegessen hatte.

Ich grinste sie mit vollem Mund an.

»Darf ich Sie etwas fragen?«

»Das ist ein Vorstellunggespräch«, gab sie trocken zurück.

»Backen Sie noch mal solche Cupcakes?«

»Ja.«

»Und machen Sie mir jede Woche Truthahn-Sandwiches?«

»Ja.«

»Können Sie auch Gebäck?«

Sie zog die Stirn kraus. »Sie meinen Salzgebäck?«

»Nein, Kekse, Sie wissen schon. Mit Schokolade. Oder mit Erdnussbutter. Ja, solche mit Erdnussbutter. Können Sie die?«

Sie lachte. »Ja, kann ich.«

»Machen Sie auch die Wäsche?«

»Ja.«

»Könnten Sie mir neue Shorts kaufen?«

»Shorts?«

»Unterhosen«, stellte ich klar. »Marie, sie … sie hat meine Sachen verscherbelt. Und da ich nicht weiß, was davon sie angefasst hat, habe ich alles weggeworfen.«

Sie zog die Augenbrauen in die Höhe. »Mit anderen Worten, im Moment tragen Sie …«

»… keine Unterwäsche, genau.«

Sie lachte, laut und aus vollem Hals. Das entlockte mir ein Grinsen, und ich schob mir noch einen ihrer Cupcakes in den Mund. Die waren wirklich eine Sensation.

»Ja, ich kann neue Unterhosen für Sie kaufen.«

»Shorts.«

»Wir sind hier in Amerika, Britboy, hier trägt man Shorts am Strand. Bei uns sagen wir Unterhosen.«

Ich grinste sie an. Ich mochte sie – sehr sogar.

Sie betrachtete mich nachdenklich. »Nachdem Everett mir erzählt hatte, was passiert war, hab ich im Internet geforscht und bin dabei auf andere Posts gestoßen; sie hat nicht bloß ihre Unterwäsche verhökert, nur damit Sie es wissen.«

Ich blickte auf mein T-Shirt hinunter und verzog angewidert das Gesicht. »Gütiger Himmel, die Kommodenschublade kam mir schon so leer vor.« Ich zog am Stoff meines T-Shirts. »Ich frage mich, was mit dem hier nicht stimmt.«

»Es ist ein bisschen dünn. Sie hat sich wohl nur auf die besten Sachen gestürzt.«

»Wollen Sie damit sagen, sie hat das hier in den Fingern gehabt?«

Shelby lächelte amüsiert. »Oh, da bin ich mir ziemlich sicher. Sehr oft sogar.«

»Jetzt fühle ich mich schmutzig. Vielleicht können Sie die auch wegwerfen und mir neue besorgen.«

»Bleiche hilft auch.« Sie grinste verschmitzt. »Damit kriegt man Maries Milben auch raus.«

Ich gluckste. »Das überlasse ich ganz Ihnen.«

»Ich schätze, das kriege ich hin.«

Ich nickte und stopfte mir so unauffällig wie möglich schnell noch einen Cupcake in den Mund. Ich war mir sicher, dass sie nichts gemerkt hatte. So sicher, wie ich wusste, dass ich eine Frage noch stellen musste. »Wissen Sie, wie man ein Haus sauber hält?«, fragte ich, wobei mir Krümel aus dem Mund fielen. Ich schaute in meinen Schoß. So viel zu unauffällig.

Sie verdrehte die Augen. »Ja.«

»Dann wäre ja alles geklärt.« Siegesgewiss lehnte ich mich zurück.

Was daran hätte das Problem sein sollen?

Ich hatte alle wesentlichen Fragen gestellt. Everett, dieser Blödmann. »Sie sind eingestellt.«

Ihr Lächeln reichte nicht bis an ihre Augen heran. »Sie sind unkompliziert.«

»Sagen Sie das Ihrem Bruder. Der hält mich nämlich für eine Nervensäge.« Ich zwinkerte ihr zu. »Shelby, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.«

»Das hoffe ich, Mr Wright.«

»Liam.«

Sie lächelte. »Liam.«

3

Liam

Heute

Vor mir tauchte ein Teller mit zwei mit Gürkchen garnierten Sandwiches auf. Shelby legte immer Gürkchen dazu, und mittlerweile war ich süchtig nach Gürkchen zu meinen Sandwiches. Shelby stellte noch ein großes Glas Milch und einen Teller mit Cupcakes dazu, sowie die Flasche Whiskey und ein zweites Glas. Mehr brauchte ich nicht. Grinsend betrachtete ich die Mahlzeit und freute mich bereits darauf, wie gut es mir schmecken würde.

»Ich gehe schlafen. Stell das Geschirr einfach auf den Küchentresen. Aber bleib nicht so lange auf, und trink nicht so viel Whiskey. Du weißt, das bekommt dir nicht.«

Ich griff lächelnd nach einem Sandwich. Sie konnte jetzt schlafen, weil ich wieder im Haus war, und ich war froh, dass ich früher zurückgekommen war. Der Gedanke, dass sie nicht schlafen konnte, gefiel mir nicht. »Ich werde essen und einen Whiskey zur Entspannung trinken. Danach gehe ich ins Bett. Danke, Beaker.«

Shelby verpasste mir einen Klaps gegen den Hinterkopf. »Nenn mich nicht so, Oscar.« Sie grinste und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. »Nacht, Liam.«

»Nacht, Shelby.«

Als sie nach oben in ihren Wohnbereich verschwand, biss ich ein großes Stück von meinem Sandwich ab.

Ja, es war schön, wieder zu Hause zu sein.

Ich schlurfte in die Küche, eine Hand in den Haaren vergraben, die andere gegen den Bauch gepresst. Ich hätte mir gestern, nachdem Shelby zu Bett gegangen war, nicht dermaßen viel Whiskey hinter die Binde kippen dürfen.

Ich fühlte mich ziemlich wackelig auf den Beinen.

Ich musste Shelby finden. Sie würde etwas unternehmen, damit es mir wieder besser ging. Sie wusste immer, was zu tun war, damit es mir besser ging.

Stattdessen stieß ich auf ihren Bruder, der an meinem Tisch saß, Kaffee trank und sich über irgendwas auf dem Laptop amüsierte. Ich unterdrückte ein Stöhnen. Everett konnte ich gerade gar nicht ertragen.

In aller Stille trat ich den Rückzug an, um mich wieder hinauszuschleichen, bevor er mich entdeckte – aber ohne Erfolg.

»Netter Versuch, Liam, schaff deinen erbarmungswürdigen Hintern hier rein.«

Jetzt ließ ich das Stöhnen entfleuchen, bewegte mich in Richtung Tisch und ließ mich auf einen Stuhl sinken. »Wo steckt Shelby?«, brummte ich mit belegter, kratziger Stimme.

»Meine Schwester ist einkaufen gegangen. Aber sie hat was auf dem Tresen für dich hingestellt.«

Misstrauisch ging ich hin und seufzte erleichtert beim Anblick von Alka-Seltzer und Aspirin. Ich löste Ersteres in Wasser auf und spülte das Schmerzmittel damit hinunter. Schließlich goss ich mir eine Tasse Kaffee ein und kehrte zum Tisch zurück.

»Wieso bist du überhaupt hier?«

Everett wieherte – für meinen Geschmack etwas zu laut. »Glaubst du, ich wüsste nicht, was gestern vorgefallen ist, Liam.«

Ich ließ die Stirn auf die Tischplatte sinken. »Woher?« Ich wusste, dass Shelby mich nicht verpfeifen würde. Sie verschwieg ihrem Bruder immer, wenn ich irgendwas verbockt hatte.

»Die Presse hat mich angerufen. Und das Studio hat mich davon in Kenntnis gesetzt, dass du dich unerlaubt von der Truppe entfernt hast.« Er hob eine Braue. »Ohne Bescheid zu sagen, und ohne Security. Was in Anbetracht deiner Vorgeschichte kein besonders kluger Schachzug war.«

»Stimmt.« War ja klar, dass die Bastarde mich bei Everett verpfeifen würden.

»Ich hab das geradegebogen.«

Als er knurrte, öffnete ich ein Auge einen Spaltbreit. »Diese Frau war eine verdammte Idiotin, Ev. Das Ganze war wirklich vertrackt. Wir waren von Anfang an überkreuz. Ich hatte einfach keine andere Wahl. Mein Ruf stand auf dem Spiel.«

Als er mich finster ansah, musste ich grinsen. Ich liebte es, ihn mit meinem »Englisch«, wie er es nannte, aus dem Konzept zu bringen. Also trug ich bisweilen extradick auf, sodass er nie so genau wusste, was ich eigentlich sagte. Er schnaufte und trank einen großen Schluck Kaffee.

»Alles klar, Liam, ich sorge dafür, dass das Studio erfährt, wer diese Interviews arrangiert und wer diese Information durchgestochen hat.« Er fixierte mich mit einem strengen Blick. »Angerufen haben sie schon, also wirst du das ausbügeln müssen. Das ist mittlerweile das dritte Mal, dass du sie sitzen gelassen hast.«

Ich nickte zum Zeichen, dass ich mich geschlagen gab. »Und wie?«

»Indem du an einer Wohltätigkeitsveranstaltung teilnimmst. Indem du dich charmant gibst. Und indem du bis zum Schluss bleibst und Autogramme gibst, bis dir die Hand abfällt.« Er funkelte mich an. »Ohne dich auch nur mit einem Wort zu beklagen.«

Sofort zog sich mir der Magen zusammen. »Hast du Carly angerufen? Ist sie verfügbar?«

Everett nickte. »Ja. Und Mark auch. Ich werde auch da sein.«

Ich atmete geräuschvoll aus. »Gut.«

Als Everett weitertippte, legte ich den Kopf in den Nacken; Shelbys Medizin begann allmählich zu wirken.

Immer wusste sie, was ich brauchte. Genau wie Everett. Ich konnte von Glück sagen, dass ich die beiden hatte.

Im Gegensatz zu meinem früheren Manager. Everett machte es mir leicht. Er kümmerte sich um meine Karriere und sorgte zusammen mit Mark allein durch seine Anwesenheit für zusätzliche Sicherheit. Niemand kam mir zu nah, wenn diese beiden Männer mich flankierten. Für die PR griff er gelegentlich auf Cassidy Hawkins zurück, übernahm das meiste jedoch selbst. Meine Stylistin war Lily Simons, worauf Ev und Cassidy bestanden hatten, als sie an Bord kamen. Meine bevorzugten T-Shirts und zerrissenen Jeans waren für mein Erscheinungsbild anscheinend nicht immer die erste Wahl. Ev war nun schon seit fast achtzehn Monaten mein Manager, und er war ein absoluter Glücksgriff. Mein alter Manager hatte derart viele Leute auf die Lohnliste gesetzt, dass es schon lächerlich war, und wir hatten uns deshalb ständig in der Wolle. Er hatte geglaubt, mein Ansehen würde mit der Zahl der Leute in meinem Umfeld steigen. Aber das Einzige, was dadurch stieg, waren meine Ausgaben. Und mein Blutdruck. Ich konnte es nicht leiden, wenn so viele Leute Besorgungen machten, im Haus herumhingen oder blödsinnige Dinge für mich erledigten – oder was noch viel häufiger der Fall war, für meinen Ex-Manager, wie ich herausfand.

Als ich beschloss, mich von ihm zu trennen, wechselte ich zu Everett Carter. Ich mochte ihn gut leiden, und wir waren Freunde geworden. Mir gefiel seine einfache, direkte Art. Everett kam, räumte auf und machte mein Leben leichter – besser. Er ging alles mit mir durch und sorgte dafür, dass ich immer auf dem Laufenden war. Alles, worum ich mich seiner Meinung nach nicht selbst kümmern musste, nahm er mir ab, und mein Vertrauen in ihn war groß genug, um zu wissen, dass es so am besten war. Ihn an Bord zu holen war die beste berufliche Entscheidung, die ich je getroffen hatte.

Bis ich Shelby einstellte.

Allerdings war sie für mich inzwischen weit mehr als eine Haushälterin. Sicher, sie führte mir den Haushalt, aber, was noch wichtiger war, sie führte auch mich. Wir waren einander in den vergangenen sechs Monaten, die wir jetzt unter einem Dach lebten, nähergekommen, sodass ich sie inzwischen eigentlich für meine beste Freundin hielt. Mit Sicherheit war sie meine Vertraute und kannte mich ohne jeden Zweifel besser als irgendjemand sonst – sogar besser als ihr Bruder. Sie wusste um meine Launen, meine Vorlieben und Abneigungen, und sie richtete sich danach. Aber sie zögerte auch nicht, mich zurechtzuweisen, wann immer sie es für nötig hielt. Oft holte sie mich mit ihrem Lachen oder einem freundlichen Frotzeln aus einem Stimmungstief, und ihre nüchterne Art, mit meiner Lebensweise umzugehen, war erfrischend. Wenn es um Drehbücher ging, holte ich ihre Meinung ein, und wenn irgendeine Entscheidung anstand, bat ich sie um ihren Rat und ihre Einschätzung. Und in schweren Zeiten brauchte ich ihren Trost. Da meine Familie noch drüben in England lebte, waren Shelby und Everett so etwas wie meine Adoptivfamilie geworden, sodass ich ohne die beiden aufgeschmissen gewesen wäre.

Ich lächelte, als ich die Tür zur Garage aufgehen hörte. Shelby war zurück, und ich wusste, wenn ich sie darum bat, würde sie mir etwas zu essen machen. Ich brauchte irgendetwas Fettiges, Schweres, um die letzten Reste des Whiskey-Katers zu vertreiben.

Ich machte weder Anstalten, mich von meinem Platz zu erheben, noch die Augen zu öffnen, als sie hereinkam, trotzdem wusste ich zu jeder Sekunde genau, wo sie sich befand.

»Na, sieh mal einer an. Da ist wohl jemand von den Toten auferstanden.«

Everett schnaubte. »Ich weiß nicht, ob man ihn schon als lebendig bezeichnen kann.«

Ich seufzte, als ich spürte, wie Shelbys Hand sanft durch meine Haare strich. »Oscar, Oscar, Oscar, warum musst du nur immer trinken? Du weißt doch, dass du Alkohol nicht verträgst.«

Ich lugte sie aus einem Auge stirnrunzelnd an. »Ich bin Brite, Shelby, wir sind dafür bekannt, wie gut wir Alkohol vertragen. Legendär gut.«

Sie kicherte, während ihre Finger behutsam meine Kopfhaut massierten. »Liam, die Briten sind auch für ihre charmanten, lässigen Charakterdarsteller bekannt. Aber seien wir mal ehrlich, du passt wirklich in keine der beiden Kategorien, oder?«

Ich fauchte verärgert. Sie hatte ja recht. Ganz gleich, wie sehr das Studio und Lily sich auch um meine Erscheinung bemühten, aus mir würde wohl nie ein legendärer Charakterdarsteller. Dazu war ich viel zu unreif. Und Alkool vertrug ich auch nicht.

»Nun mach aber mal halblang, Weib. Mir steht grad nicht der Sinn nach deinem Geschwätz.«

»Wie viel hast du gestern getrunken?«

Ich machte eine wegwerfende Kopfbewegung. »Ein paar.«

Shelby ging, und ich hörte, wie sie eine Schranktür öffnete. Ich beobachtete unter meinen Wimpern hindurch, wie sie die Flasche hob, in der nicht viel von der goldenen Flüssigkeit fehlte. »Zwei, drei Gläser, Liam? Vermutlich noch verdünnt? Wohl kaum genug, um einen Engländer am nächsten Tag in so einen Zustand zu versetzen. Ts, ts, du machst deinen Leuten nicht gerade Ehre.«

»Nun lass aber mal gut sein. Ich war kaputt, weil ich den ganzen Tag gearbeitet hatte – und das über mehrere Tage hinweg –, da hat es mich eben umgehauen. Außerdem bin ich ein verflucht guter Schauspieler.«

Kichernd machte sie sich daran, die Einkäufe auszupacken. »Ich habe auch nie was anderes behauptet, Oscar. Ich habe bloß gesagt, dass du nicht lässig bist. Oder charmant.«

»Was faselst du da eigentlich immer? Warum rufst du nicht meine Filmpartnerinnen an und fragst die, was sie dazu sagen?«

»Gute Idee. Soll ich mit Carly anfangen? Oder vielleicht lieber mit Gillian?«

Everett neben mir lachte schallend, und ich gab es auf. Auch wenn wir befreundet waren, wussten diese beiden Frauen, dass ich zwar gut bei der Arbeit war, aber unzuverlässig.

»Okay. Verzieht euch! Alle beide. Vielleicht bin ich nicht lässig, und vielleicht vertrage ich auch Alkohol nicht besonders gut, aber ich bin attraktiver als du, Ev.« Ich deutete auf Shelby. »Und um einiges größer als du.« Dann schnaubte ich abfällig. »Und die Mädels stehen auf meinen Akzent.«

Shelby säuselte: »Da gebe ich dir recht.«

»Shelby, ich habe Hunger.«

»Und was willst du essen?«

Ich seufzte begierig. »Wenn du da einen zweifach doppelten In-N-Out-Burger hast, kriegst du fünfzig Riesen von mir. Und hundert wenn auch noch ein Schokoshake und Fritten dabei sind.«

»Tatsächlich?«

»Ja.«

»Zuerst das Geld.«

Beim Geräusch einer Tüte, die vor mir abgestellt wurde, machte ich die Augen auf. Ich grinste breit. Sie kannte mich gut.

»Ausgezeichnet.«

Ich riss die Tüte auf und schaufelte bereits Fritten in mich hinein, als ich noch den Strohhalm in den Milkshake rammte, weil ich es kaum erwarten konnte, die kalte, sahnige Flüssigkeit in mich hineinzukippen.

Shelby gab Everett sein Mittagessen und setzte sich dann mit ihrem Burger auf den Platz mir gegenüber.

»Danke.« Ich zwinkerte ihr zu. »Du bist eine Wucht, Schätzchen.«

Ihre Augen schauten warm und humorvoll. »Na, da haben wir ihn wieder, deinen Akzent, Oscar.«

»Kinderspiel.« Ich grinste. »Jetzt hab ich dich da, wo ich dich haben will.«

Sie schüttelte den Kopf. »Ja, hast du Liam. Das hast du.«

4

Shelby

Liam lag mit geschlossenen Augen auf der Couch im Arbeitszimmer. Everett und ich gingen am Schreibtisch auf der anderen Seite des Zimmers seinen Terminplan durch. Den anstehenden Drehplan, Interviews, Reisevorbereitungen, Fototermine – das Räderwerk, das Liams Leben war.

Ich musste grinsen, als ich sah, wie entspannt er dort lag. Sonnenstrahlen fielen zum Fenster herein und hoben sein weißblondes Haar und die Bartstoppeln am Kinn hervor. Er war groß – seine Beine hatte er im Schlaf über den Rand der kleinen Couch drapiert. Wenn er entspannt war, sah er jünger aus als achtundzwanzig, die Haut wirkte weich, sein Gesicht friedvoll. Eine Hand hing auf den Fußboden herab, die langen Finger zu einer lockeren Faust gekrümmt, die andere Hand lag über seiner kräftigen Brust. Die breiten Schultern und die muskulöse Figur kamen auf der Leinwand perfekt zur Geltung. Anzüge saßen an ihm wie eine zweite Haut – elegant, geschmackvoll und männlich zugleich. Mit seinem strahlenden Lächeln, den ungewöhnlich grünen Augen, die förmlich zu leuchten schienen, und seinem umwerfenden Aussehen war er der Liebling der Leinwand schlechthin. Die Filmstudios rissen sich um ihn, und sein Ruf als Frauenschwarm und Playboy eilte ihm voraus, dennoch erfreute er sich großer Beliebtheit und wurde von allen respektiert. Nie verhielt er sich wie ein Arschloch, und er stand in dem Ruf, an jedem Set zuverlässig zu liefern und jeden in seinem Umfeld, ob Maskenbildner oder Filmpartner, mit dem gleichen Respekt zu behandeln. Stets hatte er ein freundliches Wort für jeden und benahm sich niemals anders als professionell.

Zu Hause war er genauso. Heiter und freundlich. Reizend. Er erinnerte mich an einen Welpen – er wollte gefallen und freute sich, wenn es ihm gelang, jemanden zum Lächeln zu bringen. Er hielt sich für oberflächlich, in Wahrheit war er einfach Liam. Sorglos und froh, wenn man sich seiner annahm. Er hatte nichts Boshaftes an sich, lediglich einen jungenhaften Charme, der seine versteckten Unsicherheiten übertünchte.

Everett und ich kannten die Wahrheit hinter seiner gutmütigen Fassade. Die Angst, mit der Liam lebte, so gut er konnte. Everett arbeitete hart daran, Liam seine Karriere und alles, was damit zusammenhing, so einfach wie möglich zu machen. Und ich tat dasselbe in seinem Zuhause. Am Set wurde er verpflegt, in der Öffentlichkeit wurde ihm gesagt, wo er hinmusste, und er verließ sich darauf, dass sein Team ihn umsorgte.

Er war unser Peter Pan – der Junge, der nicht erwachsen werden wollte. Den Spitznamen hatte er bereits zu Beginn seiner Schauspielerkarriere bekommen, als er die Frage einer Journalistin, warum er eigentlich immer für Rollen gecastet wurde, die viel jünger waren als er im richtigen Leben, etwas flapsig beantwortet hatte.

»Haben Sie keine Angst, festgelegt zu werden und immer nur jüngere Männer spielen zu können? Niemals erwachsen zu werden?«

Liam hatte nur die Achseln gezuckt und gelacht. »Das hat bei Peter Pan auch geklappt.«

Der Name blieb hängen, und er hasste ihn, auch wenn er bisweilen gut zu ihm passte. Er hatte keine Ahnung, wie man einen Haushalt führte, seine Finanzen verwaltete oder sich um sich selbst kümmerte – geschweige denn um sonst jemanden.

Aber dafür hatte er uns.

Und das Bedürfnis, von dem schlummernden »Kind« auf der Couch gebraucht zu werden, berührte etwas in mir. Liam und ich waren beste Freunde, und ich bewunderte ihn. Ich kümmerte mich gerne um ihn, und ich genoss es, mit ihm allein zu sein, wenn er sich eine Auszeit nahm. Das waren die schönsten Momente.

Ich war glücklich, Teil seines Lebens zu sein, ungeachtet der Umstände, die mich zum ihm geführt hatten.

Ich zuckte zusammen, als mir aufging, dass Everett mir eine Frage gestellt hatte, und ich musste ihn bitten, sie zu wiederholen. Also riss ich den Blick von Liam los und konzentrierte mich auf das Naheliegende. Er lenkte mich viel zu sehr ab – dabei hatte ich alle Hände voll zu tun.

Liam

Als ich allmählich aufwachte, lauschte ich auf Shelby und Everett, die sich unterhielten und Pläne machten. Ich war heilfroh, dass ich mir nicht selbst Gedanken über die Terminplanung machen musste, auch wenn Ev mir immer das letzte Wort ließ. Aber da ich wusste, dass er alles unter Kontrolle hatte und ihm nur mein Wohl am Herzen lag, widersprach ich ihm nur selten.

Trotzdem hielt er mich stets auf dem Laufenden, während Shelby mich bei der Stange hielt. Und ich tat stets, was sie mir sagten.

Was für uns alle von Vorteil war.

Ich grinste, als Shelby sich über etwas amüsierte, das Everett sagte. Seit dem Tag, an dem sie in mein Leben getreten war, brachte sie mich immer zum Lächeln.

»Sind Sie sicher, dass Sie hier so allein klarkommen, Shelby?«

Sie nickte. »Ich komme schon klar, Liam. Ich schätze, ich habe genug zu tun, wenn Sie nicht hier sind.«

Ich gluckste. Ich hatte ihre To-do-Listen gesehen. Und ob sie genug zu tun haben würde! Ich wollte das ganze Haus ummodeln – alles, was mich an Marie erinnerte, sollte daraus verschwinden.

»Ich erwarte aber nicht von Ihnen, dass Sie das gesamte Haus in drei Wochen umkrempeln.«

»Nein, aber ich kann einiges bewerkstelligen.«

Sie war in den letzten Tagen wie ein frischer Wind gewesen. Immer ein Lächeln auf den Lippen und fröhlich, trotz allem, was sie durchgemacht hatte, war sie einfach unglaublich.

»Everett hat Ihnen schon Vollmacht über das Haushaltskonto erteilt, oder?« Ich drohte ihr mit dem Zeigefinger. »Aber plündern Sie mir nicht meine Konten, Weib!«

»Ich werde alles zuerst mit Ihnen abklären, Liam.«

»Ich vertraue Ihnen. Tun Sie, was Sie für richtig halten.«

Sie sah mich stirnrunzelnd an. »Liam, Sie leben hier, Sie sollten Möbel und Geschirr selbst aussuchen.«

»Äh, keine gute Idee. Von so was habe ich überhaupt keine Ahnung. Ich würde nur alles vermasseln.«

»Ich helfe Ihnen«, beharrte sie. »Aber die letzte Entscheidung treffen Sie.«

Ich schnitt ein Gesicht und fuhr mir mit der Hand durchs Haar. »Shelby.«

»Ich werde es Ihnen leicht machen, Oscar. Sie ziehen los und sind brilliant und überlassen alles mir.«

Ich beugte mich vor und küsste sie zart auf die Wange. Sie war voller Warmherzigkeit für Everett, und mich behandelte sie genauso. Und es fiel mir unglaublich leicht, ihre Herzenswärme zu erwidern. »Danke, Beaker, machen Sie es gut.«

»Nennen Sie mich nicht so!«

Ich hob die Hand und winkte.

Ich grinste, bis ich zum Auto kam; Everetts Spitzname für sie war perfekt. Immer, wenn sie wütend war oder sich Sorgen machte, gab sie ein äußerst seltsames kleines Meckern von sich, das tief aus ihrer Kehle kam – ein bisschen so wie der Laborassistent Beaker aus der Muppet Show. Der Name passte zu ihr.

Sie hasste ihn jedoch. Als ich sie diesen Laut zum ersten Mal hatte von sich geben hören, dachte ich, sie hätte sich verschluckt, sodass ich den Heimlich-Griff an ihr anzuwenden versuchte, doch sie hatte mir einen Rippenstoß versetzt, sodass ich auf dem Fußboden gelandet war. Als ich kapierte, was los war, musste ich dermaßen lachen, dass sie wutschnaubend aus dem Zimmer gerauscht war. Ich hatte mich dann bei ihr entschuldigt, verstand aber genau, warum Everett ihr diesen Spitznamen gegeben hatte. Sie forderte mich auf, sie niemals so zu nennen, und ich hatte ihr mein Wort gegeben.

Alles gelogen.

Ich liebte den Namen und verwendete ihn, so oft ich konnte, um sie damit auf die Palme zu bringen und zu erreichen, dass sie mich wütend anfunkelte. Weil sie dann ziemlich niedlich aussah.

Als ich ihr dann meine Trophäe zeigte und über den Schaden jammerte, den Marie damit meinem Fernseher zugefügt hatte, begann sie mich »Oscar« zu nennen. Shelby versprach, dass sie einen Weg finden würde, den Oscar zu reparieren und den Fernseher zu ersetzen.

»Ich weiß ja nicht, ob die Academy besonders erfreut darüber wäre, dass Sie sich mehr über den Fernseher aufregen als über die Statue, Liam.« Sie zwinkerte. »Aber das bleibt unter uns …« Sie hielt kurz inne, dann grinste sie. »… Oscar.«

Ich lachte und freute mich über die Frotzelei und meinen Spitznamen.

Ich tat so, als wäre er eine Hommage an meine Schauspielkunst, und Shelby beließ es dabei.

Sie hatte es ernst gemeint, als sie sagte, die letzte Entscheidung liege bei mir. Sie schrieb mir endlose E-Mails. Und perfekte obendrein. Immer brach sie alles auf zwei Auswahlmöglichkeiten herunter und schickte mir Links oder Bilder, sodass ich mich einfach für die Alternative entscheiden musste, die mir am besten gefiel, und ihr die entsprechende Antwort erteilte. Ich bat sie um Gnade, als sie mir Vorschläge für Vorhänge schickte, mich wegen des Geschirrs und der Kochtöpfe befragte. Das alles interessierte mich einen Fliegenschiss – solange etwas zu essen auf dem Tisch stand. Die Farbe des Geschirrs war mir egal. Oder die Farbe der neuen Bettwäsche, die sie für mich kaufte, solange mein Bett letzten Endes damit bezogen war. Ich schrieb ihr, dass sie mir nur noch das wichtige Zeug schicken sollte und ich ihr die Wahl der Accessoires für die Zimmer überlassen wollte.

Ich war ziemlich stolz darauf, diesen Begriff aus der Welt der Inneneinrichtung überhaupt zu kennen. Auch Shelby schien beeindruckt zu sein.

Zum Dank für den Hinweis lud ich meine Maskenbildnerin und ihren Mann zum Essen ein. Ich war froh, dass die Mail mich erreicht hatte, als Cindy mich gerade schminkte, die sich über mein verzweifeltes Aufstöhnen, als ich sie las, köstlich amüsiert hatte. Also hatte ich sie die Antwort tippen lassen, um sicher zu sein, dass ich keinen Fehler machte. Zur Beruhigung sagte ich mir, dass es nichts anderes sei, als wenn mir jemand hinter der Kamera meine Sätze soufflieren würde.

Aber aus anderen Gründen liebte ich Shelbys E-Mails sogar. Ich lernte sie durch ihre Worte kennen, die sie mir schrieb, und ich war baff, wie schnell sie zu begreifen schien, was genau mir in meinem Heim gefallen könnte. Tiefe, gemütliche Sitzmöbel würden an die Stelle der hässlichen unbequemen schwarzen Ledersofas treten, die Marie ausgewählt hatte. Dunkles Holz und warme Farben an den Wänden ersetzten die Glastische und weißen Wände, von denen Marie behauptet hatte, dass sie schick wären. Rückblickend hatte Marie mich dermaßen eingeschüchtert, dass ich ihr vollkommen freie Hand gelassen hatte, nur damit sie mich in Ruhe ließ. Wahrscheinlich war es keine gute Idee gewesen, sie in mein Heim zu lassen.

Als ich drei Wochen später nach Hause kam, kannte ich mich kaum noch aus. Aber mir gefiel jede einzige Veränderung, die Shelby vorgenommen hatte, besonders der noch größere Flachbildschirm, der jetzt fest in der Wand verankert war; und auf einem der Regale stand, repariert und frisch poliert, mein Oscar in all seiner Pracht.

Und ich schwamm geradezu in neuen Unterhosen und T-Shirts. Sämtliche Kommoden waren gut gefüllt und aufgeräumt.

Und irgendwie machte es mir gar nicht so viel aus, dass Shelby Hand an sie gelegt hatte, wie es mich damals gestört hatte, als Marie meine Sachen angefasst hatte.

Mit ihr war es etwas anderes.

Marie war so unheimlich gewesen wie die Duschszene in Psycho.

Shelby war, wie Everett sich ausgedrückt hatte, nicht im Mindesten unheimlich. Sie war großartig, und ich betete sie bereits an.

Und das hatte sich in den sechs Monaten, in denen sie nun bei mir war, nicht geändert, sondern sogar noch verstärkt.

Shelby machte ihr komisches Geräusch; ich öffnete die Augen und sah sie über den Raum hinweg an. Sie starrte auf ihr Tablet, hatte die Augen zusammengekniffen und bewegte stumm die Lippen, als sie las, was auf dem Bildschirm stand. Ich wusste genau, was diese Reaktion hervorgerufen hatte, und machte die Augen sofort wieder zu. Ich bemühte mich um einen gleichgültigen Gesichtsausdruck, als ich hörte, wie sie ihren Stuhl zurückschob und ihre Füße mit den ersten wütenden Schritten auf den Boden trafen. Als ihre kleinen, aber kräftigen Finger sich in meine Brust bohrten, schlug ich die Augen auf.

»Was zum Teufel ist das, Liam?«

Ich tat verwirrt. »Was ist was, Beaker?«

Ich wusste, wenn sie den Gebrauch ihres Spitznamens ignorierte, war sie sauer.

»Das«, zischte sie und hielt mir ihr iPad unter die Nase.

»Ich weiß nicht, was das sein soll.«

»Jemand hat einhunderttausend Dollar auf mein Konto überwiesen. Was soll das?«

Ich zuckte nonchalant die Schultern. »Ich habe bloß meine Schulden bezahlt.«

»Bist du verrückt? Du schuldest mir keine hundert Riesen!«

Ich seufzte. »Offenbar nicht mehr. Ich habe sie ja bezahlt.«

»Du hast mir nie was geschuldet, du britischer Hornochse.«

Nun begann Everett hinter ihr zu wiehern. Er hing lässig im Sessel, hatte einen Arm über die Rückenlehne gelegt und trank Kaffee, während er uns beobachtete.

Ich zeigte ihm zartfühlend einen Vogel.

Shelby schlug mir auf die Hand. »Benimm dich!«

Verdammt, immer erwischte sie mich.

»Ich habe dir gesagt, ich zahle dir hundert Riesen, wenn du hast, was ich will. Tja, du hast geliefert und ich ebenfalls. Ganz einfach.«

»Du redest ständig solchen Mist. Ich nehme dich schon gar nicht mehr ernst.«

Ich schürzte herausfordernd die Lippen. »Moment, schulde ich dir etwa noch mehr?« Ich griff in meine Tasche. »Ich rufe die Bank an.«

»Du schuldest mir gar nichts. Stornier die Überweisung.«

»Geht nicht. Ist ja schon angekommen.«

»Dann mach sie rückgängig.«

»Nee. Versprochen ist versprochen.«

Sie ragte über mir auf und gab sich alle Mühe, bedrohlich zu wirken. »Ich verspreche dir, ich werde gewaltätig, wenn du das Geld nicht zurücknimmst.«

»Das wird sie«, säuselte Everett. »Und ich helfe ihr dabei.«

»Nun mal halblang, du Penner. Halt dich da raus. Das geht bloß Shelby und mich was an. Schluss, aus, fertig.«

»Nimm es zurück«, verlangte sie.

Ich ließ mich auf die Couch zurücksinken. »Nö.«

Ich grinste breit, als Shelby sich auf dem Absatz umdrehte und aus dem Zimmer marschierte. Ich hatte lange über den Grund für einen Bonus nachgedacht, und das hier war perfekt. Und ich liebte es, wie sie aussah, wenn sie stinksauer war – wenn sie mich mit rotglühenden Wangen und aus feurig blitzenden Augen anfunkelte. Sie war der Hammer.

Kurz darauf kam sie wieder hereinstolziert, klatschte mir ein Blatt Papier auf die Brust und lief dann zum Schreibtisch zurück. Ich sah hin, nahm das Papier und erkannte glucksend, dass es ein auf mich ausgestellter Scheck über die gesamte Summe war – plus ein Dollar.

Ich stand wortlos auf, ging zu ihr, beugte mich mit einem unschuldigen Lächeln über sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

»Danke, Shelby, aber nein danke.«

Damit warf ich den Scheck in den Schredder.

Auf dem Weg zur Tür gluckste ich unentwegt in mich hinein.

»Das ist noch nicht vorbei, Oscar.«

Ich grinste sie an. »Ich habe schon gewonnen, Beaker. Gib es auf.«

»Im Leben nicht.«

Am nächsten Tag kam sie mit einem beglaubigten Scheck, den ich einzahlte, um das Geld gleich darauf auf ihr Konto zu überweisen.

Ein paar Tage darauf tauchten auf meinem Bett einhunderttausend Dollar in säuberlich gebündelten Zwanzig-Dollar-Scheinen auf. Ev und ich trugen das Geld auf dem Weg zu einem Interview zur Bank zurück, mit der Anweisung, es erneut auf Shelbys Konto einzuzahlen.

Dann lag jeden Tag ein Scheck auf meinem Schreibtisch. Ich wartete, bis Shelby vorbeikam und warf ihn in den Schredder, dabei amüsierte ich mich köngilich, weil ich ihre unterdrückten verärgerten Proteslaute einfach nur zu köstlich fand. Da es ganz so aussah, als würde sie bald keine Schecks mehr haben, erbot ich mich, ihr neue zu besorgen.

Sie zeigte mir den Mittelfinger und rauschte davon.

Doch dann hörte sie plötzlich auf. Ich saß am späten Nachmittag an meinem Schreibtisch und las das Drehbuch meines nächsten Films, als mir auffiel, dass heute kein Scheck dalag. Kein Geldbündel, kein Zähneknirschen.

Hatte ich gewonnen?

Misstrauisch ging ich in die Küche. Sie war damit beschäftigt, Pasta-Soße zuzubereiten, und sogleich lief mir das Wasser im Mund zusammen. Ich liebte ihre Pasta. Ich hievte mich auf den Küchentresen und sah ihr schweigend zu. Im Hintergrund lief Rockmusik. Was normalerweise bedeutete, dass sie nachdachte. Und für mich niemals etwas Gutes verhieß – schließlich war sie weitaus klüger als ich. »Alles gut, Shelby?«

Sie sah mich kurz an. »Ist Pasta zum Essen okay?«

»Klingt gut. Mit Knoblauchbrot?«

Sie lachte. »Klar.«

Ich blickte mich verstohlen um. »Nachtisch?«

»Oh, den habe ich im Auto vergessen. Könntest du ihn holen?«

Ich zog die Stirn kraus. Shelby hatte Dessert gekauft? Ich brummte vor mich hin, als ich mich auf den Weg machte. Shelby kaufte sonst keine Backwaren. Shelby backte selbst für mich. Und ich mochte, was sie backte. Wieso sollte sie irgendetwas kaufen?

Ich blieb im Zugang zur Garage wie angewurzelt stehen und begann vor Vergnügen förmlich zu johlen. Der Beifahrersitz meines Cabriolets war mit Münzen überhäuft, die sich bis auf die Fahrerseite ergossen. Die Garagenbeleuchtung spiegelte sich im glänzenden Silber der Viertel-Dollar-, Fünf-Cent- und Zehn-Cent-Münzen auf den schmalen Sitzen meines Jaguars. Auf dem Boden neben dem Wagen lag ein Haufen Münzrollen. Ich konnte mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie lange sie dazu gebraucht hatte oder wie viel Münzgeld ich sah, aber ihr Einfall war genial.

Sie war genial.

Da langte Shelby um mich herum und drückte mir einen beglaubigten Scheck an die Brust. »Nimm es zurück, Liam, sonst kriegst du beim nächsten Mal nur Pennys.« Damit ging sie, warf jedoch noch einen Blick über die Schulter. »Und dann nehme ich nicht bloß einen Teil von dem Geld – ich werde deinen Pool und deine Badewanne bis zur kompletten Summe auffüllen.«

Ich lachte immer noch, als ich den Scheck über neunzigtausend Dollar betrachtete. Sie hatte mein Auto mit Münzen im Wert von zehntausend Dollar überflutet. Ich fragte mich kurz, ob sie wirklich hundert Riesen in Pennys in die Finger kriegen konnte und welcher Anblick das wäre, wenn sie den Pool damit füllte. Und obwohl ich es eigentlich nicht herausfinden wollte, hatte ich viel zu viel Vergnügen an diesem Spiel, um das Ganze einfach aufzugeben.

Ich schaute auf den Scheck in meiner Hand. Natürlich konnte ich das Geld einzahlen und sie gewinnen lassen.

Ich konnte den Wechsel aber auch behalten und sie in den Wahnsinn treiben. Sie würde durchdrehen, wenn ich sie im Unklaren ließ.

Das war einfach ein mordsmäßiger Spaß.

Am nächsten Tag kam ich mit einem Päckchen unterm Arm heim. Ich schenkte Shelby ein Lächeln und ging durch die Küche zu ihrer »Krimskrams-Schublade«, wie sie es nannte. Ich wühlte darin herum, bis ich den Hammer und einen Bilderhaken fand, und ging damit in den Flur.

»Was machst du?«, rief sie mir nach.

Ich grinste einfach nur und ging ins Arbeitszimmer. Suchend sah ich mich um und beschloss, dass mir die Wand gegenüber dem Schreibtisch am besten gefiel. Ungeschickt schlug ich den Haken in die Wand und fluchte, als ich meinen Daumen traf, obwohl ich genau das hatte vermeiden wollen.

»Heilige …«

»Keine Ahnung, wie man mit einem Hammer umgeht, Oscar?« Shelbys Stimme hinter mir klang belustigt und neugierig zugleich.

»Verzieh dich, Beaker. Ich hab zu tun.«

»Das sehe ich. Willst du renovieren?«

Ich fauchte. »Nur eine kleine Verschönerung des Ambientes.«

Sie schnaubte.

Ich sah sie böse an. »Hast du irgendwas auf dem Herzen?«

»Was macht dein Auto?«

Ich ließ mein Megawattlächeln aufblitzen. Doch wie üblich ohne Erfolg, stattdessen sah sie mich weiter ungehalten an.

»Dem geht es gut. Ich hab es in einer High School waschen lassen. Die haben es da ausgeräumt und gereinigt. Dank dir kriegt der Sportplatz der Schule jetzt eine neue Tribüne. Saubere Leistung.«

Sie machte große Augen.

Ich wandte mich ab, wickelte mein Päckchen aus und warf einen bewundernden Blick auf den Inhalt, bevor ich ihn an die Wand hing.

»Perfekt.«

Der Neunzigtausend-Dollar-Scheck, unter Glas und gerahmt.

Hinter mir tat Shelby den Mund auf und gab ihren Beaker-Laut von sich.

»Du kannst den nicht aufhängen.«

»Kann ich wohl.«

»Das ist Verschwendung.«

Ich setzte mich achselzuckend an meinen Schreibtisch. »Dann nimm ihn zurück.«

»Nein, Das ist total übertrieben, Liam. Und vollkommen überflüssig.«

»Da bin ich anderer Meinung.« Ich wies auf den Bilderrahmen. »Und der bleibt da hängen, bis ich dich eines Besseren belehrt habe.«

Sie funkelte mich wütend an, drehte sich auf dem Absatz um und rauschte aus dem Zimmer. »Viel Spaß mit deinem kostspieligen Kunstwerk, Liam!« An der Tür blieb sie stehen. »Du hast nicht gewonnen.«

»Da bin ich anderer Ansicht.«

»Das wirst du schon sehen.«

Ich schnaubte vergnügt, als sie hinauslief. Mehr als das Blitzen ihrer Augen und die geröteten Wangen brauchte ich nicht.

Aber die Sache war noch nicht ausgestanden.

Ich freute mich schon darauf, was sie als Nächstes auf Lager haben würde. Was es auch sein mochte, ich würde es genießen. Sie erhellte mein Leben und erfüllte meine Tage mit Freude.

Und ich bewunderte sie.

5

Liam

Ein paar Tage später stocherte ich in meinem Essen herum. Ich war mir sicher gewesen, dass Shelby Steaks machen wollte, als sie den Grill anstellte. Ich liebte Steaks.

Aber das hier sah verdächtig nach Hühnchen aus. Nur etwas platter. Und auf dem Teller häufte sich Salat. Pommes wären mir lieber gewesen.

»Stimmt was nicht, Liam?«

»Nein, ich dachte nur, es gäbe Steak statt Huhn.«

Shelbys Stimme klang amüsiert. »Das ist kein Huhn. Das ist Schwertfisch.«

Ich probierte das feste Fleisch. »Schmeckt irgendwie nach Huhn.«

»Ist es aber nicht, glaub mir.«

»Okay.« Ich kaute ein paar Bissen, genoss den Geschmack sogar, bis mir ein Gedanke kam und meine Gabel auf halbem Weg zum Mund in der Luft hängen blieb.

»Was ist jetzt?«

»Wieso gibt es heute Fisch? Diese Woche schon zum zweiten Mal …«, fragte ich misstrauisch.

»Ich dachte, das wäre mal eine nette Abwechslung.«

»Aber ich mag Steaks.«

»Das sagtest du bereits«, sagte Shelby und aß unbeeindruckt weiter.