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Er ist der beste Vormann, den sein Boss je hatte, seine Zukunft ist bereits fest verplant. Doch dann schlägt das Schicksal grauenhaft und gnadenlos zu. Es wirft den Mann in einen tiefen Abgrund, tiefer geht es fast nicht. Es demütigt ihn, will ihn vernichten …
Er aber gibt nicht auf, kämpft sich hoch – und schlägt schließlich zurück …
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Glenn Stirling
Brandmal des Schreckens
Western-Edition
Neuausgabe
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Brandmal des Schreckens
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
Eine kleine Auswahl der Western-Romane des Autors Glenn Stirling
Er ist der beste Vormann, den sein Boss je hatte, seine Zukunft ist bereits fest verplant. Doch dann schlägt das Schicksal grauenhaft und gnadenlos zu. Es wirft den Mann in einen tiefen Abgrund, tiefer geht es fast nicht. Es demütigt ihn, will ihn vernichten …
Er aber gibt nicht auf, kämpft sich hoch – und schlägt schließlich zurück …
***
Western von Glenn Stirling
Über den Brennfeuern zittert die Luft. Staubwolken wehen von der Herde her auf die beiden Reiter zu, die sich auf ihre Sattelhörner lehnen und auf das Round-up-Treiben blicken, das sich vor ihren Augen abspielt.
Wie Schemen tauchen die Cowboys im Staubnebel auf. Schreie gellen über die festgestampfte Prärie, Bullen brüllen, Kühe muhen erregt, und zwischendurch blöken ängstliche Kälber.
Gaston Degrange gibt seinem Begleiter ein Handzeichen, dass er warten soll, und reitet selbst in den wogenden Staub hinein. Vor ihm ragen die Pfosten des Round-up-Korrals auf, in dem die gebrändeten Jungtiere abgesondert sind. Rechts jagt gerade ein Reiter heran, vor ihm her flüchtet ein Jungstier.
Der Reiter schwingt das Lasso zur Krinoline, lässt die Schlinge vorschießen, und zischend legt sie sich um die Hinterbeine des Jungstiers, es stürzt wie vom Schlag, getroffen, das Lasso spannt sich zum Zerreißen an, und fast automatisch – und doch ein Resultat langer Dressur – stemmt sich das Pferd des Cowboys ein, hält das Lasso straff, während zwei andere Reiter heranfegen, abspringen und sich auf den Stier werfen, der vergebens versucht, wieder auf die Beine zu kommen.
Die Männer drücken den Kopf des Tieres herunter. Nun taucht im Dunst ein weiterer Mann zu Fuß auf, der das Brandeisen hält, die lange Stange mit der Brandform dieser Ranch, die Gaston Degrange gehört.
Blitzschnell wird das Brandzeichen aufgedrückt. Der Stier zuckt zusammen, krümmt sich. Beißender Rauch, der nach verbranntem Haar und Fleisch riecht, steigt auf, aber schon ist die Lassoschlinge gelöst, die beiden Männer springen auf, sind zwei Sekunden später wieder in den Sätteln, und der Mann mit dem Brandeisen wird von ihnen vor dem Stier abgeschirmt.
Der junge Bulle springt auf, macht einen Bocksprung, brüllt auf und jagt mit steil erhobenem Schwanz auf den Korral zu.
Das Gatter ist offen, und jetzt ist schon der Lassowerfer wieder hinter dem Tier, schwingt die Bullpeitsche und treibt den Jungbullen genau durch das Gatter.
Ein junger Bursche schließt es, als der Stier drinnen ist, und der Reiter kehrt um.
Erst jetzt scheint er seinen Rancher zu sehen, der dem Schauspiel zugesehen hat; ein Schauspiel, das sich an diesem Vormittag schon mehr als hundert Mal ereignet hat.
»Hallo, Boss!«, krächzt der Reiter und wischt sich mit dem Handrücken den mit Staub vermischten Schweiß von Mund und Nase. Dann wendet er sich den beiden anderen Reitern zu, die ein Stück hinter ihm warten. »Pferdewechsel!«
»Der wievielte heute?«, fragt Rancher Degrange. »Ihr scheint schon weit zu sein, Hump.«
»Nur noch an die dreißig Stück, Boss«, erwidert Humphrey Palling.
Degrange mustert den Vormann mit Wohlgefallen. Humphrey Palling ist sein bester Mann, dazu viel tüchtiger als der Vormann, den er früher hatte. Die Round-up-Arbeiten werden in der halben Zeit geschafft, und die Mannschaft arbeitet so gut zusammen wie noch nie.
Humphrey Palling reitet mit den beiden anderen Cowboys zur Remuda der Ersatzpferde im Seilkorral. Jede Stunde werden die Pferde gewechselt. Nur die Männer wechseln sich nicht ab, bis zu sechzehn Stunden an einem Round-up-Tage nicht.
Degrange wendet sich nach seinem Begleiter um, und als er ihn nicht sieht, treibt er sein Pferd aus den Staubwolken heraus. Da entdeckt er den Viehkäufer aus Kansas wieder. Er winkt ihm zu und bringt vor ihm sein Pferd zum Stehen. »Morgen sind sie fertig«, sagt er, und der dicke Aufkäufer nickt zufrieden.
»Ich habe es selten so schnell wie hier gesehen«, erklärt der Mann aus Kansas.
»Es liegt am Vormann. Ein Prachtbursche.« Degrange lächelt und fügt hinzu: »Deshalb wird er auch mein Schwiegersohn. Meine Tochter Jeanne und Hump sind seit zwei Wochen verlobt.«
»Herzlichen Glückwunsch zu so einem Schwiegersohn, Mr. Degrange.« Er blickt plötzlich an Degrange vorbei zum Round-up-Platz hinüber. »Was ist denn dort los?«
Degrange dreht sich um und sieht, wie ein einjähriger Stier auf das Pferd eines Cowboys losgeht.
Da fegt Humphrey Palling auf einem Schecken heran, schlägt mit der Bullpeitsche nach dem Kopf des Stieres, um ihn abzulenken.
Der Stier dreht sich blitzschnell herum, senkt den Kopf noch tiefer und reißt ihn dann unvermittelt hoch. Eines seiner langen Hörner streift Pallings Schecken.
Der Bronco keilt aus, und Palling verfehlt mit der ausgeholten Peitsche den Bullen. Da springt der Bulle schon vor, rammt den Schecken, den dieser Stoß fast aushebt und wie von Geisterhand quer durch die Luft schleudert.
Palling hat noch die Geistesgegenwart, abzuspringen. Sein Schecke stürzt und bleibt mit aufgerissener Flanke für Sekunden wie betäubt liegen.
Da ist schon der Bulle heran. Palling springt zur Seite, wirft sich von da aus Richtung Hals des vorbei stürmenden Bullen, packt mit der Rechten nach dem einen Horn des Bullen, hängt sich mit dem linken Arm um das andere und stemmt sich mit beiden Beinen ein. Dabei gerät sein rechtes Bein vor die Läufe des Bullen, der prompt stolpert. Doch das soll so sein. Mit einem Ruck reißt Palling den Kopf des Bullen herum, und nun verliert der das Gleichgewicht und stürzt schwer auf die Seite. Bulldogging nennen das die Cowboys, doch dieser Bulle hier ist besonders groß und kräftig für sein Alter. Vor allem wild wie eine Furie. Und nun sind die beiden anderen Cowboys, die diesen Bullen jetzt im richtigen Augenblick mit am Boden halten müssen, nicht schnell genug.
Sie sind alle noch wie gebannt vom Geschehen. Palling kann den Bullen niemals allein am Boden halten, und schon reißt der Stier den Kopf hoch, ist mit der Hinterhand schon wieder auf, Palling brüllt etwas, aber der Bulle ist nun schon ganz hoch.
Mit einer wilden Kopfbewegung will er Humphrey Palling wegschleudern, doch der krallt sich verbissen fest und lässt nicht locker.
Da endlich sind die beiden anderen Cowboys heran. Aber nun ist das Unglück nicht mehr aufzuhalten. Der eine der beiden will dem Stier die Bolas, diese Bleikugeln, die sich an Lederriemen befinden, um die Hinterbeine werfen, um ihn so wieder zu Fall zu bringen.
Noch steht der Stier und ringt mit seinem Gegner. Doch als ihn eine der Bolas, statt um die Fesseln zu wirbeln und die Lederleinen herumzuwickeln, auf das Sprunggelenk trifft, macht er einen Satz nach vorn. Immer noch ist Humphrey Palling an den Hörnern. Doch der vorgestreckte rechte Fuß bringt den Bullen nicht zu Fall. Der Stier rast los, und jetzt versucht es der zweite Cowboy mit dem Lasso. Er verfehlt ebenfalls mit der Schlinge die Hinterbeine.
Da endlich stolpert der Bulle wieder über Pallings Bein. Er stürzt, stürzt aber auf die linke Seite, Palling stößt sich geistesgegenwärtig ab, überschlägt sich und fällt mit dem Gesicht in eines der Brennfeuer. Direkt auf das glühende Brandeisen …
Pallings Schrei übertönt alle anderen Geräusche.
Jeanne Degrange hat Humps Gesicht noch nicht gesehen, denn es ist schon dick verbunden gewesen, als sie ihn auf die Ranch brachten. Noch hofft sie, hofft wie Hump selbst auch, dass alles verheilen möge. Ihr Vater weiß es besser, denn er hat mit dem Doc gesprochen. Das Gesicht werde nie mehr diese furchtbare Narbe, die sich nach der Verletzung bilden werde, verlieren.
Der Doc ist gut, das weiß Jeanne. Es ist ihm aber nicht möglich, Wunder zu vollbringen, und das weiß sie nicht.
Sie besucht Hump in seinem Krankenzimmer, sie bringt ihm das Essen, und alles ist zwischen ihnen wie früher. Drei Wochen lang.
Dann kommt der Tag, an dem sie sein Gesicht ohne Verband sieht. Der Doc hat es nicht gewollt, dass sie dabei ist, aber sie wollte es unbedingt.
Humphrey Palling, noch vor drei Wochen das Bild eines Mannes, mit einem anziehenden. scharfgeschnittenen Gesicht, dieser Humphrey Palling hat jetzt eine furchtbare, eine abstoßende Fratze.
Als der Verband fällt, sieht sie es. Und sie sieht auch Humphreys um Verständnis bittende Augen. Aber sie kann nicht anders. Sie schreit schrill auf, schlägt die Hände vors Gesicht und flüchtet wie vor einem Pestkranken. Sie läuft in ihr Zimmer, schließt die Tür hinter sich ab, wirft sich auf ihr Bett und schluchzt von Entsetzen ergriffen.
Humphrey Palling ist wie gelähmt. Er selbst hat seine Verletzung schon gesehen, aber bisher hat er geglaubt, dass Liebe stärker ist, dass sie auch das überwinden könnte. Doch er ahnt nicht, dass alles noch viel schlimmer kommt.
Der Doktor spricht von der Zeit, die auch Wunden heilt, vor allem seelische Wunden, aber Humphrey Palling hört nicht zu.
Später kommt der Rancher, der es vermeidet, ihm ins Gesicht zu sehen, wenn er mit ihm spricht. Doch noch merkt Humphrey nicht, dass sie außer dem Doktor alle vermeiden, ihn anzusehen. Noch hat er nicht dieses Feingefühl, diese Empfindlichkeit, die später sein Denken und alles andere bestimmen wird.
Degrange redet von der Arbeit, spricht vom Wetter, aber er sagt keinen Ton von Jeanne.
»Was ist mit Jeanne?«, erkundigt sich Humphrey nach langem Zögern.
Degrange tritt ans Fenster, sieht hinaus auf den Ranchhof und – knetet verzweifelt die Hände ineinander. »Hump«, sagt er schließlich, »du musst sie verstehen. Jeanne hat einen Schock erlitten. Sie ist eine Frau. Du weißt doch, wie Frauen sind. Es ist doch verständlich, Hump, das musst du doch einsehen!«
Humphrey versteht es nicht, aber er murmelt zutiefst enttäuscht: »Ja, ich verstehe.«
»Nun werde erst einmal richtig gesund, Hump!«, tröstet Degrange und geht dann hinaus. Humphrey kommt es wie eine Flucht vor.
Dann ist der Tag da, wo Humphrey aufstehen kann, wo er sich auf dem Ranchhof zeigt. Und eigentlich sollte er auch mit den anderen essen. Doch noch immer bringen sie ihm das Essen in sein Zimmer.
Er kann sich noch nicht denken, dass auch die anderen seinen Anblick entsetzlich finden. Er versteht das einfach nicht. Es war doch nicht seine Schuld, ins Feuer und auf das Brandeisen zu fallen. Er selbst hat doch die grausamsten Schmerzen erduldet und … Nein, er versteht es nicht.
Dann merkt er, wie sie ihm alle ausweichen, wie sie versuchen, seinen Anblick zu meiden, ihm sogar entfliehen.
Vor allem die Frauen flüchten geradezu vor ihm. Aber auch abgebrühte Männer müssen die Zähne zusammenbeißen, wenn sie ihm gegenübertreten. Degrange selbst meidet ihn allerdings nicht.
Eines Morgens sucht Humphrey nach Jeanne. Er will, er muss mit ihr sprechen. Es kann doch nicht sein, dass sie nur ein Gesicht geliebt hat.
Als er sie in der Küche sieht, läuft er ihr nach. Sie kreischt vor Entsetzen und rennt davon.
Erschüttert bleibt er stehen und geht auf den Hof zurück. Dort trifft er den Rancher.
Degrange windet sich wie ein Wurm, doch endlich platzt er heraus: »Hump, du weißt, dass ich dich immer gerne hatte, aber ich muss dich bitten, Jeanne zu vergessen.
Ich meine es gut mit dir. Deshalb sollst du draußen das C-Camp übernehmen. Dort bist du mit zwei Jungs aus der Mannschaft allein und …«
»In die Verbannung also?«, fragt Humphrey erschüttert.
Degrange zuckt die Schultern und sieht an Humphrey vorbei. »Hump«, sagt er sich noch immer windend, »du musst doch begreifen, dass Jeanne nicht dazu zu zwingen ist, einem Mann, der so aussieht wie du …«
»Wessen Rinder sind es denn, wem gehörte denn der Bulle, der mich ins Feuer geschleudert hat? Für wen ist mir denn das zugestoßen?«, fährt ihn Humphrey an. Er packt Degrange am Hemdkragen und schüttelt ihn voller Zorn. »Es war dein Vieh, Boss, dein Round-up, deine Weide, und es war dein verdammtes Brandeisen!«
Degrange packt das Entsetzen, als er jetzt in Pallings Gesicht sieht. Ihm ist, als sehe er einen Teufel, und der Zorn, der sich in Humphreys Augen spiegelt, erregt Degranges Furcht, obgleich er nie ein ängstlicher Mann gewesen ist. Doch dieser Anblick geht über seine Vorstellung.
Plötzlich schrie er japsend: »Hilfe, er bringt mich um, Hilfe!« In seiner Stimme ist die nackte Panik eines Mannes, der nicht mehr ein noch aus weiß.
Einige Männer, die Degrange vor ein paar Tagen neu eingestellt hat, sind um diese Zeit im Bunkhouse. Als sie Degranges Schreien hören, stürzen sie heraus.
Doch da hat Humphrey den Rancher schon losgelassen und auf die Bank vor dem Wohnhaus gestoßen. »Du bist es wirklich nicht wert«, sagt Palling geringschätzig, und alle Verachtung liegt in diesen Worten, aber auch seine eigene Erschütterung und sein Schmerz.
Die Cowboys stehen wie gelähmt, doch es ist Degrange selbst, der sich zuerst fasst. Mit überschnappender Stimme brüllt er: »Vom Hof! Scher dich hier weg! Du bist vom Teufel besessen, scher dich weg! Jeanne kann dich nicht sehen, und mich hast du bedroht! Geh! Geh!« Humphrey Palling mustert kurz die Cowboys, dann sieht er Degrange an. »Ja«, sagt er leise, und dennoch hören sie es alle, »ja, ich werde gehen. Aber eines Tages komme ich zurück, Degrange, und dann wirst du den Tag verfluchen, da du so mit mir gesprochen hast. Adios, Degrange!«
Er holt sein Pferd, packt seine Deckenrolle und reitet davon. Jeanne steht oben in ihrem Zimmer und presst den heißen Kopf an die Scheiben des Fensters. Sie sieht ihn reiten, aber ihr wird dennoch nicht leichter. Seine Drohung, die er zum Schluss dem Vater ins Gesicht geschleudert hat, klingt noch wie das Dröhnen von Hammerschlägen in ihren Ohren.
Sie ist plötzlich sicher, dass er irgendwann zurückkommen wird. Irgendwann!
Die Jahre vergingen. Harte, schlimme Jahre für den Mann mit dem gebrandmarkten Gesicht. Jahre, in denen er wieder zu sich selbst finden musste und dann das wurde, was seinen Namen allein schon zur Legende werden ließ.
Er wurde zum Schrecken aller, die ihre Macht missbrauchten, die Unrecht taten und andere unterdrückten. Aber im Presidio-Valley hörte man bald nichts mehr von ihm. Schließlich begann man ihn zu vergessen.
Jeanne vergaß ihn nie, doch das Leben ging weiter, auch für sie. Und immer seltener entsann sie sich Humphrey Pallings Versprechen, in dieses Tal zurückzukehren und Rache zu nehmen für die Demütigungen, die man ihm angetan hatte.