Colin - Drucie Anne Taylor - E-Book

Colin E-Book

Drucie Anne Taylor

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Beschreibung

Als Tochter zweier Rockstars hält Hayden so gar nichts mehr von Musik. Ein Vorfall in der Vergangenheit nahm ihr die Liebe zu den Noten und brachte sie dazu, ihre Heimat hinter sich zu lassen und ein Designstudium in New York aufzunehmen. Im Central Park begegnet sie Colin Johnson, ihrer Sandkastenliebe, der Musik studiert, und mit ihm scheint die selbst gewählte Einsamkeit ein Ende zu haben. Gemeinsam mit Colin entdeckt sie die Liebe zu all den Klängen, die ihr so verhasst waren, wieder. Als Gefühle ins Spiel kommen, weiß Hayden nicht weiter, war es doch auch ein Musiker, der ihr das Herz brach. Wird Colin ihr beweisen, dass er es ernst meint, oder wird er sie verlieren?

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Colin

VERFÜHRERISCHE KLÄNGE

BACK TO CORAL GABLES

BUCH ACHT

DRUCIE ANNE TAYLOR

Copyright © 2021 Drucie Anne Taylor

Korrektorat: S. B. Zimmer

Satz und Layout: Julia Dahl

Umschlaggestaltung © D-Design Cover Art

Auflage 01 / 2024

Alle Rechte, einschließlich das, des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Dies ist eine fiktive Geschichte, Ähnlichkeiten mit lebenden, oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Inhalt

1. Colin

2. Hayden

3. Colin

4. Hayden

5. Colin

6. Hayden

7. Colin

8. Hayden

9. Colin

10. Hayden

11. Colin

12. Hayden

13. Colin

14. Hayden

15. Colin

16. Hayden

17. Colin

18. Hayden

19. Colin

20. Hayden

21. Colin

22. Hayden

23. Colin

24. Hayden

25. Colin

26. Hayden

27. Colin

28. Hayden

29. Colin

30. Hayden

31. Colin

32. Hayden

33. Colin

34. Hayden

35. Colin

36. Hayden

Übersicht der Charaktere

Danksagung

Über die Autorin

Weitere Werke der Autorin

Rechtliches und Uninteressantes

Back to Coral Gables Serie

Back to Coral Gables erzählt die Liebesgeschichten der Kinder von Delsin und Co. Jedes Buch ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen gelesen werden.

Es handelt sich um ein fiktives Coral Gables, das so wie beschrieben bloß in meiner Fantasie existiert.

Bitte denk daran, dass dieses Buch etwa zwanzig Jahre nach der Coral Gables Serie spielt, sodass es gar nicht so abwegig ist, dass Autos über Autopiloten und etwaige andere Gadgets verfügen. Nicht jeder Charakter aus der Coral Gables Serie wird in diesem Buch erwähnt oder kommt zu Wort, weil es den Rahmen der handelnden Figuren sprengen würde, aber einige haben zumindest einen kurzen Auftritt. Für die leichtere Zuordnung findet ihr am Ende eine Übersicht der Charaktere aus der Coral Gables Serie, die nach Familien geordnet ist.

Ich wünsche Dir viel Spaß mit Colins und Haydens Geschichte!

Dieses Buch

Als Tochter zweier Rockstars hält Hayden so gar nichts mehr von Musik. Ein Vorfall in der Vergangenheit nahm ihr die Liebe zu den Noten und brachte sie dazu, ihre Heimat hinter sich zu lassen und ein Designstudium in New York aufzunehmen. Im Central Park begegnet sie Colin Johnson, ihrer Sandkastenliebe, der Musik studiert, und mit ihm scheint die selbst gewählte Einsamkeit ein Ende zu haben.

Gemeinsam mit Colin entdeckt sie die Liebe zu all den Klängen, die ihr so verhasst waren, wieder. Als Gefühle ins Spiel kommen, weiß Hayden nicht weiter, war es doch auch ein Musiker, der ihr das Herz brach.

Wird Colin ihr beweisen, dass er es ernst meint, oder wird er sie verlieren?

Colin

Gemeinsam mit Taylor sitze ich im Central Park. Nach den Vorlesungen halten wir uns öfter hier auf, um den Kopf freizukriegen. Zwar steht uns nur noch etwas mehr als ein Jahr an der Juilliard bevor, aber ich kann es kaum erwarten, den Abschluss zu machen.

»Hast du mal wieder mit deinen Eltern telefoniert?«, fragt Taylor interessiert. Er ist der Sohn von Dads bestem Freund und Kollegen Gavin McLeod. Wir sind mehr oder weniger miteinander aufgewachsen, da Mom damals ziemlich viel Hilfe brauchte, als ich zur Welt kam. Ich war ein Schreibaby, wie sie immer so schön sagt, und wenn die beiden in den Hamptons waren, sprang Lane, meine Pseudotante, ein, um ihr zu helfen. Taylor ist ein Jahr älter als ich, aber wir fingen das Studium zur gleichen Zeit an. Keine Ahnung, warum die meisten von uns sich für das Musikstudium entschieden haben, aber vermutlich liegt es daran, dass wir von Kindesbeinen an damit zu tun hatten.

»Schon länger nicht mehr«, antworte ich. »Warum fragst du?«

»Es hat mich interessiert.«

»Ah ja«, nicke ich und trinke etwas von meinem Kaffee. »Fährst du in den Ferien nach Hause?«

»Keine Ahnung, du?«

»Nein, ich habe keine Lust, nach Hawaii zu fliegen, deshalb werde ich wohl hier bleiben und Azer auf den Sack gehen«, erwidere ich amüsiert.

Er lacht. »Ich glaube kaum, dass man ihm auf den Sack gehen kann, immerhin leistet Sam ganze Arbeit.«

»Wo hat sie heute eigentlich gesteckt?«, erkundige ich mich. »Sie sitzt doch sonst immer bei uns, wenn wir Pause haben oder am Nachmittag hier sind.«

Taylor zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung.«

Ich hole mein Handy aus der Hosentasche und rufe den Chat mit ihr auf. »Oh«, stoße ich aus. »Sie hat mir doch gestern Abend noch geschrieben, dass sie heute ein Vorspielen hat und deshalb nicht zu den Vorlesungen kommt.«

»Okay, wo ist das Vorspielen?«

Ich lese die Nachricht aufmerksamer. »Bei den Philharmonikern.«

»Das ist ja ihr großer Traum«, meint er. »Frag sie, wie es gelaufen ist.«

Ich schaue auf meine Uhr, anschließend wieder aufs Handy. »Na gut.« Ich fange an zu tippen:

Hey Kleine, wie ist dein Vorspielen gelaufen?

Danach schicke ich die Nachricht ab und hoffe, dass sie sich nicht wieder Stunden Zeit lässt, bis sie mir eine Antwort schickt. »Ist erledigt.«

»Hast du Hayden mal gesehen, seit sie in New York studiert?«, möchte er wissen.

Irritiert hebe ich den Blick. »Welche Hayden?«

»Armstrong«, erwidert Taylor gelassen. »Dravens älteste Tochter.«

»Ich habe sie gerade gar nicht auf dem Schirm«, entgegne ich überfordert. »Und kann mich auch nicht daran erinnern, wie sie aussieht.«

»O Mann«, stößt er aus, holt ebenfalls sein Handy raus und tippt darauf herum. Schließlich hält er es mir vor die Nase.

Überrascht sehe ich mir die Aufnahme Haydens an. »Das ist Dravens Tochter?«, hake ich verdutzt nach.

»Ja, sie studiert Modedesign, aber frag mich nicht an welcher der unzähligen Schulen.«

»Wundert mich, dass sie nicht auch Musik studiert.«

»Das hat sie Knall auf Fall abgebrochen«, erwidert Taylor nachdenklich. »Sie fing in Miami an, aber nach einem Semester ging sie nicht mehr in die Vorlesungen und wollte Modedesign studieren. Sie ist wohl seit letztem Jahr in New York, aber sie reagiert nicht auf meine Nachrichten, auch nicht auf meine Anrufe.«

»Wer weiß, was los ist«, sage ich nachdenklich und lasse meinen Blick schweifen. »Ich hol mir ‘nen Hotdog, willst du auch einen?«

»Einen?«, fragt er lachend.

Ich schnaube amüsiert. »Zwei oder drei?«

»Zwei mit allem.«

»Geht klar.« Ich stecke mein Smartphone ein, anschließend gehe ich zum Hotdogstand, wo wir beinahe jeden zweiten Tag unseren Nachmittagssnack holen. Ich stelle mich in die Schlange, als mein Handy klingelt. »Hallo?«, melde ich mich, nachdem ich es noch einmal aus der Tasche geholt habe.

»Hey, ich bin’s, Sam«, erwidert sie. »Wie war die Uni?«

Ich lache leise. »Sag mir lieber, wie dein Vorspielen war, das ist gerade wichtiger.«

Sie kichert. »Ich bin in der engeren Auswahl.«

Meine Gesichtszüge entgleisen. »Wirklich?«

»Wenn ich es dir doch sage, Colin. Ich muss in drei Monaten noch mal vorspielen und hoffe, dass ich mich dann gegen die anderen durchsetzen kann«, antwortet Sam euphorisch.

»Das sollten wir feiern«, schlage ich vor. »Am Wochenende feiert Taylor seinen Geburtstag, komm doch auch vorbei.«

»Meh … Du weißt, was meine Eltern von Partys halten. Ich bin mir sicher, dass Dad mich wieder alle paar Minuten anrufen oder mir schreiben wird, wenn er hört, dass ich eine Party besuche, auf der potente Kerle anwesend sind.«

Lachend schüttle ich den Kopf. »Sag ihm einfach, dass Taylor seinen Geburtstag feiert und du eingeladen bist.«

»Taylor wurde 22, Colin, ich glaube kaum, dass mein Vater mir abkauft, dass wir bei O-Saft und Chips sitzen.«

»Stimmt oder du sagst ihm einfach nicht, dass er eine Party schmeißt«, schlage ich vor.

»Mal sehen«, gibt sie zurück und räuspert sich. »Ich muss schon wieder auflegen, mein Dad tanzt gerade durch mein Zimmer und bevor ich lachend zu Tode komme, halte ich ihn mal auf.«

»Alles klar«, entgegne ich amüsiert. »Melde dich wegen Samstag.«

»Mache ich. Bis dann, Colin.«

»Bis dann.«

Sam legt auf und ich stecke mein Handy ein.

»Was darf’s sein?«, fragt der Hotdogverkäufer.

»Ich bekomme bitte vier Hotdogs mit allem«, antworte ich.

Er nickt und fängt an, sie fertigzumachen. »Soll ich sie einpacken?«

»Nicht nötig.«

Nachdem ich wenig später bezahlt habe, gehe ich mit den Hotdogs zurück zu Taylor, der immer noch auf der Bank sitzt. Er hat seine Gitarre auf dem Schoß und spielt ein bisschen, was die Leute dazu veranlasst, ihm Geld in den leeren Gitarrenkoffer, der auf dem Boden liegt, zu werfen. Kopfschüttelnd setze ich mich zu ihm. »Du weißt, dass dich alle für einen Straßenmusiker halten, wenn du hier sitzt und spielst, oder?«

»Ist mir bewusst, aber das Kleingeld gebe ich immer Kevin, der vor dem Park sitzt und hofft, dass er etwas zu beißen bekommt«, antwortet mein bester Freund.

Ich nicke langsam. »Das habe ich noch nie mitbekommen.«

»Weil du immer wie im Tunnel bist, wenn wir auf dem Heimweg sind«, hält er dagegen und nimmt mir seine beiden Hotdogs ab. »Danke.«

»Kein Ding.« Ich schaue auf meine Hotdogs. »Wenn ich gewusst hätte, dass du das Geld diesem Kevin gibst, hätte ich öfter mit dir gespielt.«

»Es sind doch nur Fingerübungen. Ich weiß selbst nicht, warum die Leute mir dafür Kleingeld in den Koffer werfen.«

»Weil selbst deine Fingerübungen nach Wahnsinnssongs klingen, im Gegensatz zu mir kannst du aus allem etwas machen«, halte ich dagegen.

Taylor schnalzt mit der Zunge. »Du solltest dich nicht immer so runtermachen. Du schreibst die besseren Songs von uns beiden.«

»Mhm«, gebe ich nachdenklich zurück und beiße in meinen Hotdog.

»Im Gegensatz zu mir hast du schon Songs verkauft, Colin, also solltest du dich echt nicht unter Wert verkaufen«, sagt Taylor weiter.

»Ist ja gut«, erwidere ich defensiv. »Du weißt, dass ich an den Songs, die ich verkauft habe, jahrelang gearbeitet habe, also zählen die nicht. Damon schreibt in einer Woche einen, der sofort gekauft wird.«

»Damon hat aber auch Alexis, der ihm ständig mit Formulierungen hilft, Liz genauso«, hält Taylor dagegen.

»Ist ja gut«, wiederhole ich brummend. »Machen wir uns gleich auf den Heimweg? Ich muss noch lernen und mir wird langsam kalt.«

Taylor nickt. »Klar, wenn wir gegessen haben.«

»Geht klar.«

* * *

Wir haben fast den Ausgang des Central Parks erreicht, als ich ein Mädchen sehe, dessen Erscheinung mir den Atem raubt. Ich bleibe stehen und starre sie regelrecht an, wie sie auf der Bank sitzt, ihren Block auf dem Schoß liegen hat und ihren Blick in die Ferne schweifen lässt.

»Was ist los?«, möchte Taylor wissen.

»Siehst du das Mädchen dort?«

»Hier sind einige Mädchen unterwegs, welches meinst du?«

Ich zeige in ihre Richtung und er lacht. »Was ist denn so lustig?«

»Warte.« Er legt seine Hand auf meinen Rücken und schiebt mich weiter. Unablässig nähern wir uns ihr und mir schlägt das Herz bis zum Hals. Was hat er vor?

»Kennst du sie?«

»Wart’s ab.« Wir erreichen sie und Taylor räuspert sich laut. »Hat Ihnen noch nie jemand gesagt, dass man hier nicht herumlungern darf?«, fragt er mit verstellter Stimme.

Sie hebt den Blick nicht, sondern ihr Buntstift schwebt weiter über das Papier und schraffiert ein wenig. »Hat Ihnen noch nie jemand gesagt, dass man … Taylor«, stößt sie zuletzt aus, als sie ihn ansieht. Sie verzieht ihre Lippen zu einem Lächeln, legt den Zeichenblock neben sich auf die Bank und springt auf. »Hey.« Sie fällt ihm um den Hals. »Wir haben uns ja ewig nicht gesehen.«

»Ja, ist schon eine Weile her, seit wir beide in Miami waren«, erwidert er amüsiert und streichelt ihren Rücken.

Sie lässt ihn los. »Was machst du in New York?«

»Ich studiere immer noch Musik?«, fragt er hingegen amüsiert. »Colin kennst du noch, oder?«

Ich weiß nicht einmal, wer sie ist.

»Sicher. Hey«, sagt sie lächelnd.

Hilfesuchend sehe ich meinen Kumpel an, denn ich war letztes Mal nicht mit meiner Familie in Miami.

»Aber er erkennt mich anscheinend nicht mehr«, stellt sie fest.

Taylor räuspert sich. »Colin, das ist Hayden Armstrong, Dravens und Amiras Tochter, und wer du bist, weiß sie.«

»Oh«, stoße ich aus. »Sorry, ich habe dich nicht wiedererkannt. Du hast dich ziemlich verändert.«

Hayden winkt ab. »Ach, das sind nur Brüste, der einen wachsen sie früher, der anderen später und mir wuchsen sie ganz spät.«

Meine Gesichtszüge entgleisen, während Taylor laut lacht. »Alles klar«, erwidere ich überfordert. »Aber an denen hat’s nicht gelegen.« Mühsam versuche ich, ihr nicht aufs Dekolleté zu schauen, auch wenn sie ihre Brüste selbst erwähnt hat. Ich beiße die Zähne zusammen, weil ich gerade mächtig überfordert bin.

»Es ist schön, euch zu sehen. Mom sagte mir damals, dass ihr ständig hier seid, aber ich habe euch bisher nie zu Gesicht bekommen«, erzählt Hayden. Meine Güte, sie sieht umwerfend aus und ich könnte mich in den Hintern treten, weil ich sie nicht erkannt habe. Taylor hat mir vorhin zwar ein Foto von ihr gezeigt, aber das wird ihr nicht gerecht. Gott, mir schlägt das Herz bis zum Hals.

»Ist auch schön, dich wiederzusehen«, erwidert Taylor gut gelaunt. »Was machst du heute noch?«

»Ich arbeite gerade an einem Entwurf, weil ich nichts weiter zu tun habe.« Sie seufzt. »Später werde ich zurück in meinen Rapunzelturm gehen und schlafen.«

»Wo wohnst du denn?«

»Nur zwei Blocks von hier entfernt«, erzählt sie. »Und ihr?«

»Drei Blocks weiter, wir teilen uns eine Wohnung«, entgegnet Taylor. »Komm doch am Samstag zu meiner Party.«

Hayden hebt die Augenbrauen. »Party?«

Er nickt. »Ich hatte doch Geburtstag.«

Ihre Miene entgleist. »O Fuck, das habe ich ganz vergessen.« Sie tritt einen Schritt näher und umarmt ihn noch einmal. »Alles Gute nachträglich.«

»Danke«, erwidert er lächelnd und löst sich von ihr. »Also kommst du oder nicht?«

»Ich weiß es noch nicht. Wann soll die Party denn losgehen?«

»Erst gegen zehn, aber du musst nicht, wenn du nicht willst.«

Nachdenklich schnalzt sie mit der Zunge. »Ich mach’s davon abhängig, ob ich am Wochenende lernen oder Entwürfe anfertigen muss, okay?«

»Geht klar. Hast du meine Nummer noch oder soll ich sie dir noch mal geben?«, fragt Taylor.

Hayden verzieht das Gesicht. »Ich habe mein Handy vor einer Weile zerlegt und bräuchte die Nummer noch mal, sonst hätte ich mich schon längst bei einem von euch gemeldet, da ich ja wusste, dass ihr in New York studiert und ich hier noch nicht wirklich Anschluss gefunden habe.« Danach sieht sie mich an. »Deine auch, falls du sie mir geben willst.«

»Hast du eine neue Nummer?«, erkundige ich mich.

»Ja, habe ich.« Sie holt ihr Smartphone raus, tippt darauf herum und drückt es Taylor in die Hand, er verfährt mit seinem genauso. »Speichert eure Nummern einfach.«

Ich hole mein Handy ebenfalls heraus, damit sie ihre neue Nummer gleich speichern kann. Ich hatte Haydens Nummer gar nicht, weil wir in den letzten Jahren kaum etwas miteinander zu tun hatten.

Als wir wenig später unsere Handynummern ausgetauscht haben, hat Taylor ihr noch unsere Adresse aufgeschrieben. »Da wir ja fast Nachbarn sind, können wir uns sicher öfter mal treffen«, meint er.

»Gern.« Ihr Blick fällt auf unsere Gitarrenkoffer. Das Lächeln erstirbt auf ihren Lippen, auch weicht die Farbe aus ihren Wangen. »Wenn ihr mir hoch und heilig versprecht, keine Musik zu machen, falls wir uns treffen.«

»Keine begeisterte Musikerin mehr?«, hakt er nach.

»Schon länger nicht mehr«, antwortet sie seufzend. »Na ja, ich packe mal meinen Kram zusammen und gehe noch etwas essen.« Sie wendet sich ab, holt eine Umhängetasche und ihren Block. »In welche Richtung müsst ihr?«

Ich deute zum Ausgang. »Dort entlang.«

»Dann begleite ich euch noch ein Stück.«

»Wieso machst du keine Musik mehr?«, fragt Taylor interessiert.

»Das hat mehrere Gründe, aber ich will nicht darüber reden.«

»Was sagen deine Eltern dazu?«, hakt er nach.

»Sie wundern sich, aber mich kümmert es nicht. Ich will einfach nichts mehr damit zu tun haben.«

»Hörst du auch keine Musik mehr?«, frage ich interessiert.

»Ich vermeide es, wenn ich kann, deshalb weiß ich auch nicht, ob ich eure Party besuche«, antwortet Hayden. »Und ich würde gern das Thema wechseln.«

»Kein Problem«, sage ich sofort, denn im Gegensatz zu Taylor nehme ich es hin, wenn jemand sagt, dass er ein Thema nicht vertiefen will. Nur kann ich es auch nicht verstehen, denn Draven und Amira erzählten immer davon, dass Hayden begeisterte Pianistin und Violinistin war, und daran kann ich mich auch erinnern, da wir oft gemeinsam Musik gemacht haben.

Es wundert mich, dass das jetzt vorbei sein soll.

* * *

Hayden

Es hat mich überrascht, Colin und Taylor im Central Park zu treffen, aber auch wahnsinnig gefreut, weil ich die beiden so lange nicht gesehen habe. Zwar verstehe ich mich auch mit meinen Kommilitonen, aber das sind nur oberflächliche Bekanntschaften. Colin und Taylor kenne ich seit meiner frühesten Kindheit. Wenn unsere Dads gemeinsam auf Tour gingen, begleiteten wir sie nicht, Mom blieb in den Hamptons und die beiden waren auch dort, weil Lane und Malia nicht allein sein wollten. Als ich noch ein Baby war, ging Mom in Elternzeit, und als ich so weit war, dass ich nicht mehr alle zwei Stunden gestillt werden musste, übernahm eine Nanny den Job meiner Mom, damit sie wieder mit Dad und den Jungs auf Tour gehen konnte. Ich war fast immer mit ihnen unterwegs, die Nanny auch, aber meine Kindheit war dadurch alles andere als normal.

»Wo genau wohnst du denn?«, fragt Taylor interessiert, da die beiden mich flankieren. Ich komme mir vor, als wären sie meine Bodyguards.

Ich schaue zu ihm hoch. »Schräg gegenüber von Azer. Meine Eltern wollten, dass jemand in der Nähe ist, der gegebenenfalls nach mir sehen kann.« Ich lache leise. »Sam und ich geben uns abends manchmal mit der Taschenlampe Morsezeichen.«

Taylor sieht mich überrascht an. »Du kannst das Morsealphabet?«

»Ja, ich hab’s aus Spaß mal gelernt, als ich die Ferien bei meinen Großeltern verbracht habe.«

»Bevor ich auf die Idee käme, das Morsealphabet zu lernen, würde ich freiwillig putzen«, sagt er, was mich zum Lachen bringt.

»Das hatte meine Grandma übernommen, also hatte ich nichts zu tun«, halte ich amüsiert dagegen.

»Ja sicher«, kontert er trocken.

»Ich find’s interessant«, mischt Colin sich ein.

»Ernsthaft?« Taylor klingt ungläubig, aber das ist mir ganz egal.

»Ja, ich meine, wer kann so was heutzutage noch?«, möchte Colin wissen und grinst unseren Kumpel an. Ich habe die beiden ewig nicht gesehen, Taylor vor einer Weile, als alle nach Miami kamen, aber Colin seit Jahren nicht mehr. Als Sadies Freund seinen Rückfall hatte, war ich nicht in Miami, sondern hatte mir hier mit Mom Wohnungen angesehen, auch wenn sie der Meinung war, dass ich das Penthouse meiner Familie bewohnen könnte. Aber ich wollte etwas Eigenes, statt mich dort breitzumachen. Abgesehen davon wollte ich auch nicht das Risiko eingehen, dass meine Eltern plötzlich auf der Matte stehen. Gut, jetzt wohne ich nur einen Block von dort entfernt, aber es ist besser als nichts.

»Keiner, weil wir im 21. Jahrhundert leben, du Knallkopf«, erwidert Taylor amüsiert.

»Was machst du denn, wenn dir die Technik nicht mehr zur Verfügung steht, du dich aber über eine weitere Strecke verständigen musst?«, schalte ich mich ein.

»Nicht morsen«, erwidert er.

Ich schüttle den Kopf. »Spinner.« Ich schiebe den Riemen meiner Tasche höher auf meine Schulter und schaue mich um. »Ich denke, ich gehe dort vorn essen.« Dabei deute ich zu einem China-Imbiss. »Wir hören, lesen oder sehen uns.«

»Alles klar, Kleine.« Taylor drückt mich. »Melde dich wirklich.«

»Mach ich«, versichere ich ihm, als ich mich von ihm löse, dabei habe ich das nicht vor. Colin und er sind Musiker durch und durch, aber ich bin hierher gekommen, um Abstand von der Passion meiner Familie zu gewinnen. Ich will keine Musik mehr machen, ich höre sie auch nicht mehr, außer ich werde in einem Imbiss oder Restaurant dazu gezwungen. Sie reißt Wunden auf, lässt Narben aufbrechen und mein Herz bluten.

»Bis dann, Hayden«, sagt Colin und nimmt mich ebenfalls in eine Umarmung, die er zu meiner Verwunderung andauern lässt.

»Okay … Bye«, erwidere ich, als ich mich von ihm lösen will.

Erst als Taylor sich räuspert, gibt Colin mich frei. »Sorry.« Er wirkt betreten. »Man sieht sich, Hayden.«

»Bis dann.« Ich lächle die beiden an, dann laufe ich über die grüne Ampel und mache mich auf den Weg zum Imbiss. Am besten hole ich mir etwas zum Mitnehmen, damit ich in Ruhe zu Hause essen kann.

* * *

Mit ein paar verschiedenen Gerichten sitze ich im Wohnzimmer auf der Couch. Ich habe eine Dreizimmerwohnung an der Upper West Side, einer ziemlich teuren Wohngegend New Yorks, weil meine Eltern nicht wollten, dass ich in einer »üblen Gegend« lebe. Ich bin ihnen wirklich dankbar, dass sie mir die Miete bezahlen, denn die könnte ich mit einem Studentenjob niemals bezahlen.

Ich habe gerade die Schachteln geöffnet, als mein Handy klingelt. Ein Blick aufs Display verrät mir, dass es Colin ist. »Was will der denn jetzt?« Irritiert nehme ich den Anruf an, dann aktiviere ich den Lautsprecher. »Hast du schon Sehnsucht nach mir?«

Er schnaubt amüsiert. »Hey, ich wollte mich nur entschuldigen, weil ich dich vorhin so lange umarmt habe.«

»Alles gut«, erwidere ich. »Es hat mich zwar gewundert, aber es hat gutgetan, mal wieder so gedrückt zu werden.« Ich verziehe meine Lippen zu einem Lächeln. »Mir haben diese typischen Johnson-Umarmungen gefehlt.«

Colin lacht leise. »Dann hab ich es gern gemacht.«

»Dachte ich mir«, entgegne ich kichernd und nehme die Mini-Frühlingsrollen an mich. »Ist das der einzige Grund für deinen Anruf?«

»Nein, ich wollte fragen, ob du am Wochenende zu Taylors Party kommst.«

»Mhm«, mache ich nachdenklich. »Wohl eher nicht.«

»Warum nicht?«, hakt er nach.

»Weil ich sicher eine Menge lernen muss«, rede ich mich heraus, fische eine Frühlingsrolle aus der Schachtel und beiße hinein.

»Das ist doch kein Grund, seine Geburtstagsparty sausen zu lassen, Hayden. Komm schon, gib dir einen Ruck.«

»Nein, ich habe auch nicht wirklich Lust darauf, mich mit zu vielen Leuten in eine Wohnung zu quetschen, Bieratem zu riechen und am nächsten Morgen fast taub zu sein, weil die Musik zu krass aufgedreht wurde«, erkläre ich, nachdem ich den Bissen hinuntergeschluckt habe.

»Keine Lust ist schon nachvollziehbarer, als zu viel lernen zu müssen«, erwidert Colin. »Was machst du denn tagsüber?«

»Samstag?«

»Ja.«

Nachdenklich stoße ich die Luft aus. »Ich habe noch nichts vor.«

»Sollen wir was miteinander unternehmen?«

Verwundert ziehe ich die Augenbrauen zusammen. »Und was?«

»Wir könnten in den Central Park gehen, zum Shopping oder irgendwas anderes machen, was dir zusagt«, schlägt er vor.

Mühsam verkneife ich mir das Lachen. »Ich bin beinahe täglich im Central Park, Colin, und gehe nicht besonders gern shoppen. Das ist wohl eher Sadies und Lindas Ding.«

»Was würdest du denn gern unternehmen?«, möchte er wissen.

Ich stoße die Luft aus. »Keine Ahnung, aber ich habe gerade tierischen Hunger, da ist es mit Denken etwas weit her, Colin.«

»Oh«, stößt er aus.

»Aber wenn du willst, kannst du vorbeikommen, dann quatschen wir ein wenig und vielleicht finden wir so raus, was wir am Samstag unternehmen können«, schlage ich vor und würde mir am liebsten auf die Zunge beißen. Warum habe ich ihn eingeladen?

»Würde ich gern, aber ich muss lernen, deshalb kriege ich es nicht hin«, erwidert er. »Wir könnten uns morgen treffen, wenn du willst.«

»Mhm, morgen ist es bei mir schlecht«, gebe ich zu. »Ich habe morgen recht lange Unterricht und danach muss ich noch neue Stoffe für eine Hausarbeit besorgen.«

»Ich könnte dich begleiten, wenn du willst.«

»Das ist keine so gute Idee, weil ich immer stundenlang unterwegs bin, da ich einige Läden abklappern muss.« Ich seufze. »Colin, sei mir nicht böse, aber ich muss unbedingt essen und das will ich nicht, wenn ich dich am Handy habe.«

»Alles gut. Melde dich einfach, wenn du Lust hast, Samstag etwas zu unternehmen.«

»Mach ich. Bis bald, Colin.« Ohne seine Antwort abzuwarten, beende ich das Telefonat und verziehe das Gesicht. »Fuck.« Ich greife nach meinem Handy, schreibe ihm schnell, dass ich zu voreilig war, und entschuldige mich dafür, dann lege ich es weg. Meine Güte, ich war echt unhöflich. Die Mini-Frühlingsrollen sind kalt geworden, aber das ist mir egal, ich bin so hungrig, dass es mich nicht stört.

* * *

Colin schrieb mir, dass er zwar irritiert, aber nicht sauer war, dass ich so schnell aufgelegt habe. Selbst wenn er es wäre, wäre es mir egal, weil wir uns seit Jahren nicht gesehen haben. Es ist schade, dass wir uns aus den Augen verloren haben, aber da seine Familie ständig zwischen Orlando und Hawaii pendelte, ihm somit fast nur privater Unterricht blieb und wir uns, seit unserer Kindheit, kaum mehr gesehen haben, zähle ich ihn nicht mehr wirklich zu meinen Freunden. Dabei war ich als Kind total in ihn verknallt. Colin war meine Sandkastenliebe und hat mich immer vor den anderen beschützt, wenn sie mich geärgert haben, was ich ihm nie vergessen werde. Von meinen Freunden in Miami habe ich mich zurückgezogen, weil ich mich damals verliebt habe und meine Freundinnen ihn nicht leiden konnten. So kam es, dass wir immer weniger unternommen und irgendwann kaum noch miteinander gesprochen haben. Es ist schade, denn Heaven, Raven und Ellie waren meine besten Freundinnen, aber sie haben nie ein gutes Haar an Xander gelassen, weshalb ich mich von ihnen entfernt hatte. Nachdem ich Xander dann den Laufpass gegeben hatte, brauchte ich Zeit, um meine Wunden zu lecken. Ich traf mich gelegentlich wieder mit ihnen, aber es wurde nicht mehr die Freundschaft, die es einmal war, weil sie immer wieder damit nachgetreten haben, dass sie wussten, dass es schiefgeht. Mom begreift es bis heute nicht, weil sie der Meinung ist, dass Männer kommen und gehen, aber wahre Freundschaften nicht enden. Aber ganz offensichtlich waren meine Freundinnen keine richtigen Freunde, sonst würden wir noch so viel Zeit miteinander verbringen wie damals und sie würden mich nicht schräg beäugen, wenn wir uns doch mal sehen.

Einzig Sam, Walker und Robyn sind mir geblieben, Robyn lebt und studiert allerdings in Phoenix, mit ihr telefoniere ich oft, und Walker lebt mit seinen Eltern in Maine. Und Sam sehe ich ständig, weil sie fast jeden Abend zu mir kommt, um etwas Ruhe vor ihrem Dad zu haben. Azer ist immer noch so ein Chaot wie damals, behauptet jedenfalls mein Vater, aber ich finde es gut, dass er sich sein inneres Kind bewahrt hat.

Inzwischen bin ich mit dem Essen fertig und schon wieder klingelt mein Handy. »Mein Gott, hat man hier denn nie seine Ruhe?«, frage ich in die stille Wohnung, dann nehme ich es an mich. »Oh«, stoße ich aus, als ich sehe, dass es ein Videoanruf meines Dads ist. Ich nehme ihn an. »Hi, Dad.«

»Hey, Kleines, wie geht’s dir?«

»Gut, ich habe nur eine Menge zu tun und dir?«

»Ich kann nicht klagen«, erwidert er lächelnd. »Deine Mom vermisst deine Anrufe. Ist irgendwas passiert, dass du dich kaum meldest?«

Daraufhin schüttle ich den Kopf, da er mich auf seinem Display sieht. »Nein, ich muss nur viel lernen und heute gab’s eine Hausaufgabe, ich muss ein Kleid entwerfen und nähen, dafür muss ich morgen noch Stoffe kaufen. Ich weiß, dass ich mich in den letzten Wochen zu selten gemeldet habe, Dad.«

Er sieht mich mit gehobenen Augenbrauen an. »Ich verstehe, dass du die Freiheit genießt, aber trotzdem solltest du dich regelmäßig bei uns melden.«

Ich seufze schwer. »Ich hatte echt eine Menge zu tun, sonst hätte ich mich gemeldet.«

»Dann hast du seit neun Monaten eine Menge zu tun?«, hakt er nach.

»Ja, Dad, weil ich ziemlich viel dafür tun muss, um mit den anderen mithalten zu können. Wenn ich dann mal Freizeit habe, sitze ich im Central Park und zeichne.« Ich räuspere mich. »Ich bin heute Taylor McLeod und Colin Johnson begegnet.«

»Habe ich schon gehört. Ich habe vorhin mit Gavin telefoniert.«

»Der Oldiefunk funktioniert also immer noch einwandfrei«, necke ich ihn.

Dad lacht. »Ja, der funktioniert sehr gut, Kleines.«

»Beruhigend.«

»Mit wem telefonierst du?«, höre ich Mom fragen.

»Hey, Mom!«, rufe ich, womit ich Dad zuvorkomme.

Sie erscheint im Display und nimmt ihm das Handy aus der Hand. »Hey, meine Große, wie geht’s dir?«

»Gut, ich habe nur abartig viel um die Ohren, deshalb habe ich mich so selten gemeldet«, antworte ich.

»Hm, du hast dich gar nicht gemeldet, Hayden«, wirft sie mir vor, jedoch lächelt sie, also scheint sie nicht sauer zu sein.

»Ich weiß, es war eben viel los, Mom. Tut mir leid.«

»Was machst du denn so den ganzen Tag?«

»Ich sitze meist bis drei oder vier Uhr im Unterricht, danach gehe ich für eine Stunde in den Central Park, zeichne, gehe heim, esse und lerne«, rattere ich meinen Tagesablauf herunter. »Und an den Wochenenden bin ich meistens bei Azer und Chris, um Zeit mit Sam zu verbringen.«

»Wundert mich, dass du nichts mit Taylor und Colin unternimmst.«

»Den beiden bin ich heute zum ersten Mal begegnet, Mom.«

»Wo hast du sie denn getroffen?«

»Zufällig im Central Park«, antworte ich. »Auf einmal standen sie vor mir und Colin hat mich gar nicht mehr erkannt.«

Mom sieht überrascht in die Kamera. »Wirklich nicht? Ihr wart doch früher so dicke Freunde.«

»Wir haben uns aber jahrelang nicht gesehen oder gehört«, halte ich dagegen. »Jedenfalls hat Taylor mich zu seiner Geburtstagsparty am Samstag eingeladen, aber ich denke nicht, dass ich hingehen werde.«

»Warum nicht?«

Ich hebe bloß eine Augenbraue.

»Ach so, verstehe«, sagt sie seufzend. »Deine neue Abneigung gegen Musik.«

»So neu ist die nicht«, erwidere ich und verkneife mir das Gähnen.

»Bist du müde?«

»Ja, aber ich muss noch an meinem Entwurf arbeiten, damit ich morgen die Stoffe kaufen kann«, antworte ich. »Im Moment ist es anstrengend, aber ich kann ja an den Wochenenden ausschlafen.«

Meine Mom nickt. »Ich hoffe nur, dass du dich nicht übernimmst, Hayden.«

»Das tue ich nicht, mach dir keine Sorgen.«

Ihre Mundwinkel zucken. »Ich mache mir immer Sorgen, Hayden, das lässt sich leider nicht abstellen und ich finde es furchtbar, dass du so weit weg bist.«

Daraufhin seufze ich. »Ich weiß, aber mir geht’s gut, Mom.«

»Pass auf dich auf, okay?«

»Wie immer«, antworte ich und schenke ihr ein Lächeln. »Du musst dir wirklich keine Sorgen machen.«

»Ist das Hayden?«, höre ich Joy fragen.

»Ja, Kleines.«

»Sag ihr liebe Grüße«, erwidert meine Schwester.

»Hast du das gehört?«, wendet sich Mom an mich.

»Habe ich und sag ihr bitte, dass ich sie lieb habe«, entgegne ich lächelnd.

»Ich dich auch!«, ruft meine kleine Schwester aus dem Hintergrund.

Ich lache leise. »Wie geht’s denn Fox?« Mein jüngerer Bruder ist so gar kein Handyfan, weshalb es schwer ist, ihn mal an die Strippe zu bekommen.

»Ihm geht’s gut, er ist im Moment bei Liam und Rick«, erzählt sie. »Eigentlich ist er immer dort und ich sehe ihn nur abends, bevor er ins Bett geht.«

»Oha«, stoße ich aus.

»Aber so war’s mit dir ja auch, bevor du nach New York gegangen bist. Wirst du in den Frühlingsferien nach Hause kommen?«, möchte sie wissen und mir sinkt beinahe das Herz in die Hose.

»Ich weiß es noch nicht, Mom«, antworte ich aufrichtig. »Ich glaube, ich bin noch nicht so weit.«

Meine Mutter seufzt schwer. »Wenn ich wüsste, warum du dich so sehr von uns distanziert hast, wäre es einfacher, damit umzugehen, Kleines.«

»Ich will nicht darüber reden«, entgegne ich. »Und ich muss jetzt echt noch was tun, Mom, ich melde mich bei euch, okay?«

»Na gut, Hayden. Schlaf später gut und pass auf dich auf.«

»Das werde ich. Hab dich lieb, Mom.«

»Ich dich auch, Liebes.« Sie schenkt mir ein trauriges Lächeln, dann legt sie auf.

Seufzend lasse ich das Handy sinken, schnell blinzelnd verdränge ich die Tränen. Ich kann meiner Mutter nicht sagen, was passiert ist und warum ich so weit wie möglich von Miami weg wollte. Sie würde es sicher verstehen, aber mir bestimmt nahelegen, dass ich mich wehre. Doch das kann ich nicht. Mir fehlen die Kraft und der Mut dazu.

* * *

Colin

Seit unserer Begegnung geht Hayden mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich habe versucht, sie zu überreden, dass sie Samstagabend zu Taylors Party kommt, aber das hat sie ziemlich strikt abgelehnt. Dann dachte ich, es wäre eine gute Idee, tagsüber etwas mit ihr zu unternehmen, aber sie wollte weder in den Park noch shoppen gehen. Ich habe keine Ahnung, wie ich an sie herankommen soll, da sie mir fremd geworden ist. Früher war es einfacher, da habe ich mich mit meiner Gitarre neben sie gesetzt und angefangen, an den Saiten zu zupfen. Allerdings ist das zehn Jahre her und wir sind seitdem älter geworden. Ich erinnere mich gern an die Zeit zurück. Sie hat immer am Klavier gesessen oder Geige gespielt, während ich Gitarre gespielt habe. Manchmal hatte sie auch die Ukulele ihrer Mom in der Hand. Es war immer schön, Hayden singen zu hören, auch wenn sie sich immer für eine schreckliche Sängerin hielt.

Es ist spät geworden, ich liege im Bett und starre an die Decke, als mein Handy aufleuchtet. Ich drehe mich auf die Seite, nehme es an mich und bin überrascht, dass Hayden sich gemeldet hat.

Hey, Colin, ich hoffe, ich wecke dich nicht. Ich habe ein kleines Attentat auf dich vor, bald geht’s an die Entwürfe von Herrengarderobe und ich wollte dich fragen, ob du vielleicht Modell stehen könntest, denn Azer hat leider keine Zeit und Taylor würde ich nur ungern fragen, ob er mir helfen würde. Hättest du Lust? Keine Sorge, es wird nicht schlimm, ich muss nur deine Maße nehmen und den Anzug an deinen Körper anpassen ... Und du müsstest bei einer Show laufen.

Irritiert ziehe ich die Augenbrauen zusammen. Kurzerhand nehme ich eine Sprachnachricht auf: »Hey, was heißt denn, dass ich bei einer Show laufen muss? Soll ich modeln oder ist etwas Anderes gemeint?« Ich schicke sie ab und warte einen Moment, sehe aber sofort, dass sich sowohl die Häkchen als auch das Mikrofon blau verfärbt haben. Sie hört meine Nachricht, nur wenig später nimmt sie eine auf, die eine Minute darauf bei mir eingeht.

»Habe ich dich wirklich nicht geweckt?« Sie räuspert sich. »Und ja, es heißt, dass du auf einer Modenschau läufst. Wir müssen unsere Models selbst suchen und ich habe noch niemanden gefunden, der Zeit hätte. Ich brauche dich eigentlich nur an zwei oder drei Tagen. Das heißt: An einem Tag muss ich deine Maße nehmen, später einmal den Anzug anpassen und zu guter Letzt für die Modenschau, die ist an einem Samstag, also würdest du keine Vorlesung verpassen. Ich würde nicht fragen, wenn ich schon jemanden hätte, aber ich verstehe, wenn du nicht willst, dann buche ich eben ein Model.«

Ich atme tief durch und stoße nachdenklich die Luft aus. Soll ich mir das wirklich antun? Als Sohn eines ehemaligen Rockstars bekomme ich ständig Angebote, die ich ablehnen muss, weil ich mich aufs Studium konzentrieren will, aber das wäre ein Gefallen für das Mädchen, in das ich mich heute auf den ersten Blick verliebt habe. Eigentlich auf den zweiten Blick, weil wir uns seit Kindertagen kennen, nur hatten wir uns aus den Augen verloren.

Ich bekomme eine weitere Nachricht von Hayden, diesmal allerdings eine getippte:

Wenn du nicht willst, bin ich echt nicht sauer, ich dachte bloß, es würde sich anbieten, weil du um die Ecke wohnst und ich dann auch mal spontan zu dir kommen könnte.

Ich verziehe meine Lippen zu einem Lächeln, dann drücke ich die Aufnahmetaste für eine weitere Audionachricht. »Alles gut. Ich helfe dir gern. Wann willst du denn loslegen? Falls ich nicht mehr antworte, ich liege schon im Bett und bin ziemlich müde, aber dann melde ich mich morgen früh.« Ich schicke sie ab, wieder verfärben sich Haken und Mikrofon blau. Seufzend drehe ich mich auf den Rücken, starre wieder an die Decke und schließe die Augen, jedoch schlage ich sie auf, als das Smartphone in meiner Hand vibriert. Sofort entsperre ich das Display.

»Wirklich? Das ist toll. Danke, Colin! Ich muss noch ein oder zwei Entwürfe anfertigen, also es wäre erst in zwei oder drei Wochen so weit. Ich will dich nicht länger vom Schlafen abhalten. Gute Nacht, Colin, und bis dann.«

»Gute Nacht«, antworte ich kurzerhand per Sprachnachricht, lege das Handy zurück auf den Nachttisch und gähne. Als ich wieder auf dem Rücken liege, zeichnen meine Lippen ein Lächeln. Auch wenn es erst in zwei bis drei Wochen losgeht, bin ich froh, dass sie mich gefragt hat. So werde ich sie definitiv wiedersehen. Dass wir uns heute erst begegneten, obwohl wir fast Nachbarn sind, ist ein Wunder, aber vielleicht nimmt sie andere Wege als Taylor und ich. Oder sie nimmt die gleichen, aber wir haben uns immer verpasst.

Ich drehe mich auf die Seite, ignoriere das neuerliche Vibrieren meines Handys und schließe die Augen.

* * *

Heute Abend steht Taylors Party an. Hayden hat sich nicht mehr bei mir gemeldet, über den Weg gelaufen sind wir uns auch nicht. Ich weiß nicht, ob ich ihr schreiben oder sie anrufen soll, da ich nicht aufdringlich sein will, allerdings sagte sie, dass sie sich wegen heute melden würde.

»Morgen, Alter«, brummt Taylor, als er aus seinem Zimmer kommt.

Ich schaue zu ihm. »Du weißt, dass schon Mittag ist, oder?«

Er zuckt mit den Schultern. »Ist Kaffee da?«

»Wir haben immer noch einen Vollautomaten, wenn du welchen willst, mach dir eine Tasse«, antworte ich amüsiert.

Taylor verdreht die Augen. »Wir hätten die andere Kaffeemaschine nicht abschaffen sollen.«

»Tja, du warst der, der sich beschwert hat, dass er so lange auf den Kaffee warten muss, also beschwer dich jetzt nicht, dass du ihn nicht mehr kannenweise bekommst«, halte ich grinsend dagegen und trinke einen Schluck von meinem Kaffee.

»Ja ja«, mault er.

»Niemals«, halte ich dagegen.

»Das heißt nicht immer, dass du mich am Arsch lecken sollst, Colin«, brummt Taylor, holt eine Tasse aus dem Schrank und macht sich seinen Kaffee. Das Mahlwerk des Vollautomaten verhindert gerade eine Unterhaltung.

»Trotzdem«, erwidere ich.

»Hast du was von Hayden gehört?«, fragt er, als er sich mit seinem Kaffee an den Tisch setzt.

Kopfschüttelnd sehe ich in meine Tasse. »Nein, sie hat sich nicht gemeldet.«

Er reibt sich die Augen. »Bin gespannt, ob sie heute Abend kommt.«

»Du solltest nicht damit rechnen. Als ich mit ihr telefoniert habe, meinte sie, dass sie sich nicht mit zu vielen Leuten in unsere Wohnung quetschen, Bieratem riechen und zu laute Musik hören will«, entgegne ich gelassen.

»Und was ist aus eurer heutigen Verabredung geworden?«

Daraufhin zucke ich mit den Schultern. »Sie hat sich nicht mehr gemeldet und ich will ihr nicht hinterher telefonieren.«

Taylor hebt eine Augenbraue. »Vielleicht will sie gar keinen Kontakt zu uns haben.«

»Dann hätte sie mich sicher nicht gefragt, ob ich ihr für einen Anzug, den sie schneidern muss, Modell stehe«, sage ich nachdenklich. »Sie wird sich bestimmt melden, sobald sie Zeit hat.«

»Na ja, sie hat sich auch nicht bei unseren Eltern gemeldet, um wieder an unsere Nummern zu kommen, nachdem sie ihr Handy zerlegt hatte«, gibt Taylor zu bedenken.

Seine Worte verhageln meine Laune. »Mhm, das macht mir jetzt keinen Mut.«

»Warte doch einfach ab, ob sie sich meldet. Es bringt nichts, wenn du dir jetzt den Kopf zerbrichst.«

»Mhm«, gebe ich noch einmal von mir.

Als mein Handy klingelt, zucke ich zusammen. Auch Taylor wirft einen Blick darauf. »Wenn man vom Teufel spricht.« Grinsend schiebt er es zu mir.

Ich nehme es an mich, anschließend den Anruf entgegen. »Hallo?«

»Hey, Colin, sorry, dass ich mich jetzt erst melde, aber ich hatte echt abartig viel zu tun«, sagt Hayden. »Hättest du heute Zeit oder willst du deine Ruhe haben, bevor ihr heute Abend feiert?«

»Ich habe Zeit«, erwidere ich. »Was willst du denn unternehmen?«

»Keine Ahnung, mir ist nicht wirklich etwas eingefallen.«

Taylor räuspert sich. »Kommt sie heute Abend?«

»War das Taylor?«, fragt Hayden.

»Ja, wer sonst?«

Sie lacht leise. »Kannst du ihm ausrichten, dass ich seine Party ausfallen lasse, dir aber nachher das Geschenk für ihn mitgebe?«

»Klar.«

Taylor sieht mich fragend an. »Und?«

»Sie kommt nicht, gibt mir aber später dein Geschenk mit.«

Mein bester Freund verdreht die Augen. »Warum kommt sie nicht?«

»Soll ich dich vielleicht abholen kommen, Hayden?«, wende ich mich an sie.

»Okay, aber was unternehmen wir?«, erkundigt sie sich.

»Uns fällt sicher etwas ein. Ist ja nicht so, als gäbe es in New York nichts zu unternehmen.«

»Stimmt.« Hayden räuspert sich. »Und ich komme nicht, weil ich noch an ein paar Entwürfen für meine Semesterarbeit arbeiten muss. Die Party würde mir wertvolle Zeit rauben.«

Ich gebe ihre Worte an Taylor weiter.

»Kann sie sich nicht wenigstens für eine Stunde freischaufeln?«, hakt er nach.

»Alter, ich werde sie später fragen, okay?«

Abwehrend hebt er die Hände. »Alles klar.«

»Colin?«, macht Hayden mich wieder auf sich aufmerksam.

»Sorry, ja?«

»Kommst du mich dann abholen? Sonst können wir uns auch irgendwo treffen, wenn du willst.«

»Ich komme dich abholen, du müsstest mir nur deine Adresse geben, damit ich weiß, wohin ich muss.«

»Alles klar, ich schicke sie dir gleich.«

»Geht in Ordnung. Wann soll ich denn bei dir sein?«, möchte ich wissen.

»Mhm«, macht sie. »So in einer Stunde? Dann habe ich genug Zeit, mich fertigzumachen, weil ich immer noch im Schlafanzug bin.«

Ich lache auf. »Alles klar. Bis gleich, Hayden.«

»Bis dann.« Sie legt auf und ich kopfschüttelnd das Handy ab.

»Du hast dir völlig umsonst ‘nen Kopf gemacht«, meint Taylor grinsend.

»Ja, wie es aussieht schon.« Ich leere meine Kaffeetasse, dann stehe ich auf. »Ich gehe mal duschen und mache mich dann auf den Weg zu ihr.«

Er nickt mir zu. »Ich bleibe hier, weil nachher die Getränke geliefert werden.«

»Willst du wieder ein Buffet anbieten?«

Taylor zeigt mir ein Kopfschütteln. »Nach der Sauerei bei deiner Party vor einem halben Jahr, werde ich mich hüten, noch mal etwas Essbares anzubieten.«

»Stimmt, das war abartig«, erwidere ich und bringe meine Tasse weg. »So, ich gehe duschen.«

»Mach das.«

Ich nicke ihm zu, dann lasse ich ihn allein.

* * *

Ich bin gerade bei Hayden angekommen und habe das Haus betreten, als sich der Kerl an der Rezeption räuspert. Irritiert schaue ich zu ihm. Er winkt mich zu sich, weshalb ich rübergehe.

»Zu wem möchten Sie?«, erkundigt er sich.

»Zu Hayden Armstrong, sie wohnt hier im Haus.«

»Und Ihr Name ist?«, hakt er nach.

»Colin Johnson«, lasse ich ihn wissen.

Nickend greift er zum Hörer, wählt und spricht einen Moment später: »Guten Tag, Ms. Armstrong, hier steht ein Colin Johnson und möchte zu Ihnen. Darf ich ihn zu Ihnen schicken? … Alles klar, danke, Ms. Armstrong … Haben Sie einen schönen Tag.« Er legt auf und schaut mich wieder an. »Ms. Armstrong wohnt in der neunzehnten Etage. Sie können zu ihr nach oben.«

»Danke«, erwidere ich. Sie hätte mir sagen können, dass ich mich beim Pförtner melden muss, wenn ich zu ihr will, aber es gibt Schlimmeres. Glücklicherweise hat der Kerl mich nicht für einen Triebtäter gehalten, sonst hätte ich sicher einiges erklären müssen.

Wenig später bin ich oben und verlasse den Aufzug, auf dem Flur schaue ich mich um. Hayden streckt den Kopf aus ihrer Wohnung. »Hey, da bist du ja«, sagt sie lächelnd.

Ich wende mich in ihre Richtung und gehe auf sie zu. »Hey.«

Hayden deutet in ihre Wohnung. »Komm rein und schon mal sorry für das Chaos, ich war noch mit den Stoffen zugange.«

»Dann schon mal kein Problem«, erwidere ich und folge ihr in die Wohnung. Obwohl ich es nicht will, lasse ich den Blick schweifen. Die Wände sind beige, ein paar Blumenwandtattoos befinden sich daran. »Du hast es schön hier.«

»Der Flur ist mein Aushängeschild, alles andere ist noch nicht ganz fertig«, entgegnet sie lachend und führt mich ins Wohnzimmer. Beinahe die ganze Front ist verglast, was mich wundert.

»Du verbringst sicher Stunden damit, die Fenster zu putzen, oder?«

»Eher nicht, das machen die Fensterputzer. Ich muss sie gelegentlich nur von innen abwischen, was ich aber nicht tue.«

»Wenn meine Eltern mal nach New York kommen, muss ich Mom davon abhalten, die WG zu putzen, weil Taylor und ich solche Chaoten sind.«

»Ich dürfte Mom auch nicht in mein Nähzimmer lassen, weil sie dort einen Herzinfarkt kriegen würde.« Sie geht weiter und deutet zu einer großen Couch. »Setz dich. Ich räume die Stoffe weg, dann können wir los, wenn du willst, oder wir bleiben hier.«

»Danke.« Ich gehe zur Couch, setze mich und schaue Hayden dabei zu, wie sie Stoffbahnen aufrollt. »Ist das für deine Semesterarbeit?«

»Der Stoff ist für ein Kleid, das ich entworfen habe. Ich habe ihn gestern gekauft und mir vorhin angesehen.«

»Ist das eine Hausaufgabe?«

Sie schüttelt den Kopf. »Nein, das ist eine reine Hobbyarbeit.« Hayden klemmt sich die Rolle unter den Arm, danach greift sie zu einer weiteren. »Ich bringe das mal weg.«

»Mach das.«

Sie lässt mich allein und ich lasse meinen Blick schweifen. Hier sind die Wände in Pastelltönen gehalten, die Wand hinter dem Fernseher erstrahlt im hellen Rot, eine andere Pastellblau. Ihre Möbel sind modern und schließlich sehe ich den Geigenkoffer, er steht an der Wand. »Da bin ich wieder«, verkündet sie wenig später.

»Sehe ich.«

»Möchtest du hierbleiben oder sollen wir etwas unternehmen?«

»Ich richte mich nach dir«, erwidere ich.

Durch aufgeblähte Wangen stößt sie die Luft aus. »Da wir beide New York kennen, seit wir klein sind, wüsste ich nicht, was es zu sehen gibt, das wir noch nicht kennen.«

»Meinetwegen können wir auch hierbleiben.«

»Alles klar. Möchtest du etwas trinken?«

»Gerade nicht.«

»Okay.« Sie kommt näher und setzt sich in den großen, hellblauen Sessel, der neben der Couch steht. Es wundert mich, dass sie Abstand hält, aber ich will sie nicht darauf ansprechen.

* * *

Hayden

Ich habe keine Ahnung, worüber ich mit Colin sprechen soll, denn die Jahre, in denen wir keinen Kontakt hatten, sind zahlreich. Als Kind war ich total in ihn verschossen. Früher haben wir unheimlich oft Musik miteinander gemacht, aber seit ich mich von allem, was Noten erzeugt, fernhalte, fällt das flach.

»Spielst du noch?«, fragt Colin und deutet auf etwas.

Mit dem Blick folge ich seiner Geste. »Schon seit einer Weile nicht mehr«, antworte ich, als ich erkenne, dass er auf den Geigenkoffer deutet.

»Warum nicht?«

Daraufhin sehe ich ihn wieder an. »Aus verschiedenen Gründen, über die ich nicht sprechen möchte.«

Colin hebt die Augenbrauen, aber ich bin froh, dass er nicht nachhakt, welche Gründe ich dafür habe. »Okay. Es wundert mich nur, weil du früher so gern Geige und Klavier gespielt hast.«

»Ich … habe mich eben verändert und spiele jetzt nicht mehr.«

»Mhm.« Er lehnt sich zurück. »Seit wann bist du in New York?«

»Seit neun Monaten«, lasse ich ihn wissen. »Ich bin jetzt im zweiten Semester an der Designschule.«

»Macht’s dir Spaß?«

Ich nicke ihm zu. »Sehr großen sogar, auch wenn es anstrengend ist, aber ich zeichne gern und habe mich immer für Mode interessiert. Es war naheliegend, dass ich in die Richtung gehe.«

»Stimmt, aber wieso hast du erst mit neunzehn angefangen?«

Daraufhin räuspere ich mich. »Weil ich zuerst an der U studiert habe, aber das habe ich hingeschmissen und bin nach der Aufnahme an der Designschule hierhergekommen.«

»Was hast du denn in Miami studiert?«

»Musik«, erwidere ich.

Er wirkt irritiert. »Seit wann spielst du nicht mehr?«

»Seit einer Weile nicht mehr, Colin, aber ich möchte wirklich nicht darüber sprechen.

---ENDE DER LESEPROBE---