Das Juwel von Tanara: Drachenheim - Marlies Lüer - E-Book

Das Juwel von Tanara: Drachenheim E-Book

Marlies Lüer

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Beschreibung

Teil 5 *** Wenn du ein Höheres Wesen verehrst, stelle sicher, dass es der Ehre wert ist!***

Sie könnten unterschiedlicher nicht sein – und doch sind sie in einem gleich: Sie sind auf der Flucht!
Das feinfühlige Mädchen Dara vor ihrem Vater, dem Clanhüter mit dem dunklen Geheimnis.
Gunno, der Totenbeschwörer, flieht vor der Hexe Zyperra.
Shondra, der Nachtwolf-Jäger, ist beim Erzzauberer in Ungnade gefallen.

Gemeinsam kämpfen sie um ihre Freiheit und ihr Lebensglück – bis einer von ihnen zum Verräter wird.

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Inhaltsverzeichnis

Das Juwel von Tanara

Impressum

-1-

-2-

-3-

-4-

-5-

-6-

-7-

-8-

-Epilog-

Das Juwel von Tanara

Drachenheim (Folge 5)

5-teilige Fantasy-Serie

©2022 Marlies Lüer

Cover: Renee Rott, Dream Design

Impressum

Marlies Lüer,29225 Celle, Fuhrberger Str. 95

Kontakt: [email protected]

-1-

Am nächsten Morgen stieg Shondra in Begleitung von Brend auf zum Dorf, das am Ende der Sternenlichtschlange lag. Oder an ihrem Anfang, wie man‘s nahm. Was ihm aber auch völlig egal war. Sollte die Schlange sich doch selbst in den Schwanz beißen! Seine Laune war auf dem Tiefpunkt. Dabei hatte er doch erreicht, was er sich seit vielen Jahren gewünscht hatte: Freiheit! Er war frei zu gehen, wohin er nur wollte. Zumindest nach Erledigung dieses Auftrags. Wenn es einen Weg gab, an Xorgolg Rache zu nehmen und gleichzeitig Torge zu befreien, dann wollte er ihn nicht unbeschritten lassen.

Die meiste Zeit des Wegs schwiegen sie, denn Shondra litt sehr unter den gestrigen Ereignissen. Er hatte seine Freunde zum zweiten Mal verloren. Gunno und Dara hatten sich zwar von ihm verabschiedet, aber das, was sie verbunden hatte, das, was er so sehr genossen hatte an ihrer freundschaftlichen Verbindung, das war verschwunden. Er war so einsam wie zuvor.

„Aber tröstet es dich denn nicht, dass sie gesagt haben, sie würden darüber nachdenken und bräuchten einfach mehr Zeit, um dir vergeben zu können?“, versuchte Brend, das Gespräch wieder aufzunehmen.

Shondra schnaubte durch die Nase. „Vergeben ist das eine. Doch werden sie mir je wieder vertrauen können?“

„Das kann ich dir nicht sagen. Aber offenbar vertrauen die Drachen dir. Das spricht für dich.“

Brend blieb kurz stehen, um zu verschnaufen, er war schließlich auch nicht mehr der Jüngste. Er ließ seinen Blick schweifen. Von hier oben war das Meer gut zu sehen. Ich sollte mal wieder auf einem der Schiffe mitfahren, einfach nur als Passagier und Meer und Sterne genießen, dachte er sehnsüchtig. Vor seiner Zeit als Anführer von Drachenheim war er Steuermann auf der ‚Pantarkas‘ gewesen. „Sieh nur! Da fliegen Araukis und Feor!“

Shondra blieb nun auch stehen und hielt Ausschau nach den Drachen. Wie klein sie von hier oben doch aussahen … „Und da kommt Isna!“

„Ich glaub’s ja nicht!“, rief Brend. „Das muss Talumir sein, der da durch die Luft torkelt. Sie geben ihm wohl Flugunterricht.“

Eine Weile schauten sie den Brüdern zu, jeder in seine eigenen Gedanken versunken.

„Weißt du, was mich nachdenklich macht? Dass der böse Erzzauberer von Tanarell gar nicht so weit von Drachenheim haust und wir haben davon nichts gewusst. Möglicherweise leben wir doch zu abgeschottet und haben unsere Augen verschlossen.“

„Alle denken vermutlich, er sei tot. Er verlässt den Turm nicht. Mag sein, es gibt einige wenige Eingeweihte außer den Tarsi, Torge und mir, die wissen, dass er existiert.“

„Tarsi?“

Shondra seufzte schwermütig. „Frag Dara und Gunno. Die haben einen der Tarsi kennengelernt. Auf die üble Art. Die Tarsi haben mich zum Jäger … ach, lassen wir das. Ist eine lange Geschichte. Und ich bin jetzt auf dem Weg, diese Geschichte zu einem Ende kommen zu lassen. Es reicht!“

„Ich kannte mal einen Torge“, sagte Brend wehmütig, konzentrierte sich aber sofort wieder auf das Wesentliche. „Sollst du etwa den Zauberer töten? Ganz allein? Ich kann dir Männer mitgeben.“

Überrascht von dem Angebot, erweichte sich Shondras Herz etwas. „Ich danke dir, Brend. Aber ich habe von Araukis alles bekommen, was ich dafür brauche.“

„In welchem Verhältnis stehst du zum Zauberer? Das ist mir nicht klar geworden, aus dem, was du gestern sagtest. Und überhaupt, ist das alles schwer zu glauben, zu verstehen … Zeitlinien! Es kann doch nur eine Zeit geben, oder?“

Shondra lachte freudlos. „Du hast ja keine Ahnung. Frag Talumir, der war dabei, als wir das Schicksal neu schrieben im Buch des Lebens. Er war die treibende Kraft. Ich habe eigentlich nur gemacht, was andere mir sagten.“

Langsam näherten sie sich ihrem Ziel. Shondra konnte schon den Rauch riechen, der aus den Kaminen der Hütten kroch.

„Ach ja, du wolltest wissen, wie ich zu Xorgolg stehe. Ich bin eine Art Ziehsohn. Wobei Sklave oder Instrument es besser trifft. Das Schicksal in Gestalt eines Sklavenhändlers hat uns zusammengebracht, nachdem ich als Kind aus meinem Heimatdorf fortgelaufen war. Ich bin eine Art Monster, weißt du? Keiner konnte mich leiden, ich war ihnen unheimlich. Ich springe ungewollt durch die Zeit, vor allem bei Gewitter. Dafür allein brauchte mich der Zauberer. Er wollte, dass ich seine Brüder aus der Vergangenheit rette und zu ihm bringe. Je älter ich wurde, umso mehr Energie brauchte es dafür, mich aus der Zeitlinie zu bewegen. Und im Juwel von Tanara, also in Talumirs Herzstein, steckt verdammt viel Energie. Das war eine Zeitschleife, in der der Drache und ich gefangen waren. Nur mein Tod konnte uns da rausholen.“

„Jetzt verstehe ich gar nichts mehr“, gestand Brend. „Das übersteigt meine Auffassungsgabe. Mir bleibt da wohl nur, dir alles Gute zu wünschen. Wir sind gleich da. Meine Leute geben dir Proviant mit.“

Sie wurden im Oberdorf freundlich begrüßt. Shondra war zufrieden mit dem Zustand des Pferdes, man hatte gut für das Tier gesorgt. Auch sein Bogen und der Köcher waren ordentlich verwahrt worden. Während man ihm einen Sack mit Proviant zusammenstellte, bewunderte er Satteltaschen und Rucksack, die ein Abschiedsgeschenk der Drachenheimer waren, für das er sich aufrichtig bedankte.

„Bereit? Ich bringe dich sicher durch die Höhle.“

Brend hielt eine Laterne in der Hand, die anders konstruiert war als die, die Shondra kannte. Er sprach den Bürgermeister interessiert darauf an, fragte auch nach den Straßenlaternen.

„Oho! Das ist etwas, was es nur hier bei uns gibt. Da du uns verlässt, wird es aber mein Geheimnis bleiben müssen.“

Shondra zuckte mit den Schultern. „Von mir aus.“

„Shondra, bitte versprich mir, dass du über uns Stillschweigen bewahrst. Unsere Abgeschiedenheit ist uns hoch und heilig. Nur Auserwählte finden den Weg zu uns. Das soll so bleiben. Unsere Lebensart unterscheidet sich zu sehr von der der anderen Völker Tanarells.“

„Ich gebe dir mein Wort, bei allem, was mir heilig ist.“

Der Bürgermeister nickte ernst. „Ich will dir glauben. Und nun lass uns gehen.“

Der Weg durch die Sternenlichtschlange kam Shondra sehr viel kürzer vor als auf dem Hinweg, weil er satt und ausgeruht war. Die Höhle zu durchqueren war dank der Beleuchtung auch kein Problem. Das Pferd blieb die ganze Zeit ruhig und ließ sich vertrauensvoll führen. Shondra hatte natürlich genau hingeschaut, als Brend die Laterne zum Leuchten brachte. Offenbar hatte der nicht mehr getan, als etwas unten in den Boden der Laterne zu schieben. Etwas Kleines, was er aus seiner Jackentasche gefischt hatte. Den Weg zu sehen, gab Sicherheit. Shondra nutzte die Zeit der Höhlendurchquerung zum Nachdenken. Das größte Problem war fürs Erste womöglich Torge. Er wusste nicht, wann genau Xorgolg ihn unter Kontrolle gebracht hatte. Oder – ob es jetzt wieder so sein würde! In dieser Zeitlinie war er nie mit Dara und Gunno im Grauen Turm gewesen. Und hatte auch nie die Absicht gehabt, sie und Talumir dorthin zu führen. Der Zauberer mochte ahnungslos sein. Und Torge somit ungefährlich.

„So still, mein Junge?“, fragte Brend in väterlichem Ton, als sie wieder im Tageslicht standen.

„Ich bin mir nicht sicher, was mich erwartet. Der Zeiten-Wechsel fand an der Weggabelung statt. Der letzte Tarsi müsste also auch in dieser neuen Zeitlinie tot sein. Wenn ich mit meinen Vermutungen richtig liege, müsste ich Xorgolg weitgehend gefahrlos entgegentreten können. Wenn nicht … nun ja.“

„Du hast die Wahl, du kannst es dir noch anders überlegen. Ja, das solltest du vielleicht sogar tun. Die Drachen sind doch flugfähig, sollen sie selbst ihren Bruder zur Rechenschaft ziehen und nicht dein junges Leben riskieren!“

Shondra stieg in den Sattel, bevor er es sich anders überlegte. „Ich will auch Torge befreien. Der Mann ist ein Gefangener, ein Pilger, der sich in den Grauen Turm verirrte, an dem Tag, als ich an den Zauberer verkauft wurde. Er ist eine Art Vater für mich. Ich kann nicht gehen und mein Leben genießen, ohne ihn befreit zu haben. Leb wohl, Brend. Und sag bitte Gunno und Dara, ich liebe sie beide.“

Er gab dem Pferd ein Signal mit den Unterschenkeln und ritt davon. Auf Anraten von Brend nahm er einen anderen, für das Pferd leichteren Weg als den, den er mit Dara und Gunno gekommen war. Als er sich ein letztes Mal umdrehte, sah er Brend, der einen rothaarigen Mann lebhaft begrüßte. Shondra zügelte das Pferd und sah interessiert zu, wie beide gestikulierten. Ihre Worte konnte er aus dieser Entfernung nicht verstehen. Der Rothaarige ging nun einige Schritte abwärts des Wegs, woher er gekommen war, und winkte mit beiden Armen. Menschen tauchten auf. Müde und ärmlich sahen sie aus. An ihrer Spitze ein großer Kerl mit einem langen Stab, auf dem ein weißer Kristall thronte. Sonnenlicht spiegelte sich darin. Auf seinen Schultern saß irgendetwas Kleines, was sich bewegte. Auch er sprach nun zu Brend. Selbst auf diese Entfernung konnte Shondra sehen, dass der Bürgermeister ratlos wirkte.

Nun ja. Nicht sein Problem. Seines hieß Xorgolg. Und er würde alles tun, was Araukis ihm aufgetragen hatte. Heute noch.

-2-

Dieses Mal stand Torge nicht im Eingang. Das Tor war unbewacht. Shondra ritt langsam auf den Hof und sah sich genau um. Alles still. Er umrundete den Grauen Turm, um zu erkunden, ob sich hier Gefahr verbarg. Die Schafe hatten sich unter dem Baum am Teich versammelt und starrten kauend vor sich hin. Der Esel leistete ihnen Gesellschaft. Torge war vermutlich im Stall. Shondra überlegte, ob er sofort in den Turm zum Zauberer gehen sollte – oder ob es klüger sei, sich zunächst über Torges Zustand Gewissheit zu verschaffen.

Die Entscheidung wurde ihm abgenommen. Torge kam aus dem Stall heraus und ging mit einem Bündel Kleidung unterm Arm zum Waschtrog. Seine Reinlichkeit war immer auch Shondra zugutegekommen.

„Ah! Da bist du ja wieder. Wie war die Jagd?“

Shondra lauschte auf den Unterton seiner Worte, seiner Stimme, betrachtete genau sein Gesicht. Das war der gute, alte Torge. Den Barmherzigen sei Dank!

„Warum stehst du hier mit dem Gaul herum? Bring ihn in den Stall. Der braucht Wasser und Futter und seine Ruhe, nachdem er mit dir unterwegs war. Zack zack!“

„Zu Befehl, Herr Stallmeister“, witzelte Shondra.

„Was hast du für schöne neue Taschen, und sogar einen Rucksack“, staunte der ältere Mann. „War das Fell des Nachtwolfs so wertvoll?“

„Allerdings. War ein seltener Reinweißer“, improvisierte Shondra. „Ich habe auch noch guten Proviant über und für dich aufgespart. Er griff in die linke Satteltasche und fischte einen Ring geräucherte Wurst heraus und warf ihn Torge zu, dessen Augen aufleuchteten. Er fing ihn geschickt auf und ließ die getragene Wäsche achtlos in den Staub fallen.

„Und hast du vielleicht auch …?“

Shondra wusste sofort, dass Torge von einem Krug Bier sprach. Er fischte in der Tasche herum und entnahm eine Kruke aus Steingut. Das sah nicht wirklich nach Bier aus. Er entfernte den Korken, schnüffelte daran und nickte zufrieden. Das hier war besser als Bier.

„Hier mein Freund. Alles für dich. Beerenschnaps vom Feinsten.“

Erschüttert sah er, wie in Torges Augen sich Tränen bildeten, die er aber rasch abwischte. Der Mann brauchte dringend mehr Freude. Er stieg vom Pferd und führte es zum Stall, um es zu versorgen. Der Esel folgte freiwillig und erwartungsvoll, er hatte das Pferd vermisst. Es war nicht nur die Fürsorge, die er dem Tier schuldete. Er hatte Angst vor dem, was ihm gleich bevorstand, und wollte dies noch einige Minuten hinauszögern. Der rote Stein in seiner Hemdtasche pulsierte jetzt, man konnte ihn durch den Stoff sehen. Das war nicht gut. Xorgolg durfte nicht gleich misstrauisch werden. Shondra steckte ihn in die Tasche seiner ledernen Hose. Schon besser. Er spürte ihn noch. Das Ding wurde wärmer, war aber nicht mehr zu sehen.

Worauf wartest du?

Talumir? Bist du das?

Wer sonst?

Was, wenn das alles nicht funktioniert?

Vertraue. Ich bleibe bei dir und führe dich.

Und danach bin ich wirklich frei?

So frei, wie du sein willst. Ja.

Shondra atmete tief durch. Hastig gab er seinem treuen Reittier das, was es brauchte und tätschelte auch den Hals des Esels, kraulte ihn zwischen den Ohren. Dann ging er zum Grauen Turm. Stieg die vermaledeiten vielen Stufen nach oben und sammelte mit jedem Schritt Mut. Seine linke Hand umschloss den roten Stein, der – so absurd es auch schien – erwartungsvolle Schadenfreude ausstrahlte. Oder war das sein eigenes Gefühl? Shondra konnte es nicht unterscheiden. Innerlich fühlte er jetzt Talumir grinsen. Alles klar. Die Brüder hatten den Stein angefüllt mit was auch immer, aber er war randvoll.

Was, wenn es nicht funktioniert?

Keine Sorge, das wird es. Araukis war damals schon ein Meister der Suggestion.

Hier wird also nicht alles in die Luft fliegen?

Wo denkst du hin? Unsere Rache ist subtiler Natur.

Den Rest des Wegs schwieg der jüngste Bruder von Xorgolg. Oben angekommen, war Shondra außer Atem, was nicht nur an der Treppensteigerei lag. Die Freiheit winkte ihm zu. Ein neues Leben lag vor ihm! Er betrat den Raum mit der Obsidianfläche, deren Anblick ihn erschauern ließ. Xorgolg saß schief und etwas kraftlos in seinem Lehnstuhl. Doch sein Blick war lauernd und scharf wie der eines Raubvogels.

„Du hast meinen letzten Tarsi getötet.“ Anklagend hielt er eine geschwärzte, leere Glaskugel in die Höhe. „Brauchst es nicht leugnen. Habe deinen Pfeil in seinem Rücken gesehen.“ Maliziös grinste er nun und genoss Shondras Angst, die er zu verbergen versuchte.

---ENDE DER LESEPROBE---