Das Juwel von Tanara: Shondra - Marlies Lüer - E-Book

Das Juwel von Tanara: Shondra E-Book

Marlies Lüer

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Beschreibung

TEIL 3 ***Was wiegt schwerer - Freundschaft oder Freiheit?***

Sie könnten unterschiedlicher nicht sein – und doch sind sie in einem gleich: Sie sind auf der Flucht!

Das feinfühlige Mädchen Dara vor ihrem Vater, dem Clanhüter mit dem dunklen Geheimnis.
Gunno, der Totenbeschwörer, flieht vor der Hexe Zyperra.
Shondra, der Nachtwolf-Jäger, ist beim Erzzauberer in Ungnade gefallen.

Gemeinsam kämpfen sie um ihre Freiheit und ihr Lebensglück – bis einer von ihnen zum Verräter wird.

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Inhaltsverzeichnis

Das Juwel von Tanara

Impressum

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Das Juwel von Tanara

Shondra (Folge 3)

5-teilige Fantasy-Serie

©2022 Marlies Lüer

Cover: Renee Rott, Dream Design

Impressum

Marlies Lüer, 29225 Celle, Fuhrberger Str. 95

Kontakt: [email protected]

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Das Begrüßungsritual war jedes Mal dasselbe. Er ließ zu, dass sich Shondra bis auf etwa drei Meter näherte, dann knurrte er warnend und fixierte ihn mit seinen dunklen Augen, die von einem Grauschleier überzogen waren. Daraufhin drehte Shondra sich etwas zur Seite, verschränkte die Arme und schaute vorgeblich in die Ferne. Nach einer Weile näherte sich der Kettenhund schnüffelnd und begann bettelnd zu fiepsen. Der Junge genoss die Vorfreude auf ihr Spiel und griff betont langsam in seine Hosentasche, um einen Leckerbissen für seinen vierbeinigen Freund hervorzuholen. Heute hatte er ein Stück Käse dabei.

„Willst du den haben, ja?“

Ein enthusiastisches Schwanzwedeln war die Antwort.

Shondra warf ihm dann das Leckerchen zu und ging auf die Knie herunter, weil der Hund nach dem Verschlingen ihm quasi um den Hals fiel und das Gesicht abschlabberte. Das war durchaus eklig, ein alter Hund stank aus dem Maul; aber die freudvolle Liebe, die er ihm vermittelte, war es allemal wert. Es gab keinen Menschen auf dieser Welt, der Shondra so viel Zuneigung entgegenbrachte wie dieses zottelige Vieh, das den Hinterhof eines Wirtshauses bewachte.

„Komm. Ich habe noch mehr für dich.“

Der Junge klopfte einladend auf seinen Oberschenkel und lief zu ihrem Versteck am Haus. Ein dichtverzweigter Busch neben dem Hintereingang bot ihnen Deckung. Shondra holte ein Tuch aus seiner Jackentasche, in das er kleine Stücke Trockenfleisch und -fisch eingewickelt hatte. Der arme Hund war unterernährt, weil der Wirt zu geizig war, ihm regelmäßig anständiges Futter zu geben. Shondra betrachtete ihn zufrieden. Mit seiner Hilfe hatte sich sein Zustand gebessert, das Fell hatte sogar wieder etwas Glanz bekommen. Er lockte erneut den Hund näher zu sich heran, doch das Tier knurrte ganz leise und schnüffelte aus sicherer Entfernung an seinem linken Knöchel. Ein geflochtenes Band aus Haaren, eisengrauen und blonden, lugte unter dem Hosenbein hervor. Shondra versteckte seinen Knöchel unter dem rechten Oberschenkel. An dem Band haftete der Geruch seines Eigentümers.

„So ist es jetzt besser, ja? Komm ruhig her, mein Freund, hier bin nur ich.“

Das Tier näherte sich wieder etwas und stupste nun fordernd an der Hand seines Wohltäters. Shondra lachte leise und gemahnte ihn, geduldig zu sein, und öffnete das Tuch. Während der Wachhund eifrig und sabbernd auf den Streifen herumkaute, genoss Shondra die Ruhe. Hier war er sicher vor den Launen des Erzzauberers. Dieses Mal war es ernster als sonst. Es war nicht die in letzter Zeit immer wieder auftretende Verdunkelung seines Geistes, die ihn fortgetrieben hatte, sondern eine berechtigte Wut auf ihn. Er hatte in einem Moment der Unachtsamkeit zwei der Tarsi-Kugeln zerbrochen. Nun war nur noch einer der blauen Männer dem Willen des letzten Zauberers dieser Welt unterworfen. In den Kugeln hatte Xorgolg einst etwas Blut und einen Teil der Seele der Männer vermischt und eingeschlossen, gebannt mit schwarzer Magie. Er musste nur eine Kugel mit seiner Fingerspitze berühren und konnte ihnen dann seinen Willen aufzwingen, seine Befehle erteilen. Die Männer waren ihm ausgeliefert und würden leben, solange er selbst lebte. Und jetzt erlitt nur noch einer dieses Schicksal. Eigentlich hatte er eine gute Tat vollbracht.

Shondra stöhnte leise, weil sein Rücken, wo der Zauberer ihn mit der Peitsche geschlagen hatte, immer noch schmerzte.

„Das ist doch kein Leben, das ich habe, Hund. Es ist Gefangenschaft. Und ich weiß wirklich nicht, wie ich seine Forderung erfüllen soll. Was kann ich dafür, dass ich das Ziel meiner Sprünge durch die Zeit nicht genau festlegen kann. Er hat kein Recht, mich für jedes Versagen zu bestrafen.“

Der Hund winselte und leckte seinem Lieblingsmenschen über die Hand.

„Wenn nicht mal die Tarsi dieses ominöse Juwel von Tanara ihm beschaffen konnten in all den Jahren, wie soll ich das schaffen? Mag sein, dass er eh nur einem Phantom hinterherjagt.“

„Wuff!“

„Ja, genau. Wuff. Bin ganz deiner Meinung, alter Freund.“

Shondra holte einen breiten Streifen Trockenfisch aus dem Tuch hervor und rümpfte die Nase. Wie der stank! Aber der Hund liebte es.

„Weißt du, was ich gern wissen würde? Ob die beiden Tarsi jetzt tot sind, oder frei. Mag sein, dass sie heute Morgen zu Staub zerfallen sind, weil Xorgolg ihr Leben so widernatürlich verlängert hat. Vielleicht hat nur noch sein böser Wille ihre Körper und Seelen zusammengehalten. Verstehst du, was ich meine?“

Der Hund antwortete nicht, er war zu sehr mit Kauen und Schlingen beschäftigt.

„Aber ich wünsche ihnen, dass sie frei sind. In welcher Form auch immer. Frei und lebendig.“

Plötzlich wurde das Fenster des Hinterzimmers weit geöffnet. Der Hund zuckte zusammen, als er die Stimme seines Herrn hörte.

„Ich lasse frische Luft rein, Herr Bürgermeister. Hier war lang keiner mehr drin. Den Wein bringe ich sofort. Denselben wie sonst auch?“

„Ja. Und lass den Feueranbeter warten, ich will erst in Ruhe mit meinen Männern reden.“

Shondra lauschte neugierig. Feueranbeter? Davon hatte er noch nie gehört. Er rückte etwas näher an die Hauswand heran, um besser hören zu können. Die Männer sprachen vor allem über Handelsbeziehungen, was ihn langweilte. Doch seine Geduld wurde belohnt. Nach einiger Zeit öffnete sich knarrend eine Tür und die Stimme des Wirts erklang wieder. Er ermahnte jemanden, dem Bürgermeister nicht seine kostbare Zeit zu stehlen. Und das tat dieser auch nicht, er kam sofort zur Sache.

„Meister Ehred, ich bringe dir das Juwel. Nun lass meine Tochter wieder frei. Sie hat doch mit der ganzen Sache gar nichts zu tun!“

„Romed, wovon sprichst du? Ich kenne deine Tochter nicht.“

„Mali! Ihr habt sie als Geisel nehmen lassen, weil ich im Lieferverzug war. Hier ist dein Stein.“

Shondra hielt den Atem an. Das versprach interessant zu werden! Geiselnahme? Der Bürgermeister tat so etwas? Das dürfte Xorgolg interessieren.

Ein Raunen ging plötzlich durch den Raum. Shondra hielt es nicht länger hinter dem Busch. Er schlich sich an und schob ganz langsam seinen Kopf höher, bis er in den Raum schauen konnte. Der am Tisch stehende Mann musste dieser Romed sein, er sah fremd aus mit seinen tiefschwarzen Haaren und der komischen Kleidung aus Grasfasern und Leder. Die anderen Männer waren ganz normale Doron, einige kannte er vom Sehen. Den Bürgermeister voran. Den kannte hier jeder.

Shondras Blick blieb an dem riesigen Kristall hängen, der aus einem Tuch gewickelt wurde. Groß wie ein kleiner Kohlkopf. Er schimmerte seltsam.

„Hier. Die Träne der Kella. Wie vereinbart.“

„Romed, ich weiß nicht, wo deine Tochter ist. Mein Ehrenwort. Männer, habt ihr irgendwas gehört, dass ein Kellantha-Mädchen in der Stadt gefangen gehalten wird?“

Seine Gefolgsleute verneinten.

„Sie ist vor einer Woche mitten in der Nacht von deinem Unterhändler geraubt worden. Er kam mit mehreren Soldaten“, warf Romed vorwurfsvoll ein.

„Mein Unterhändler? Der ist kürzlich verschwunden. Und mit ihm einige meiner Männer. Es gibt keine Spur von ihnen. Ich fürchte, sie sind einem Sklavenhändler oder Nachtwölfen zum Opfer gefallen. Oder sie sind desertiert. Wer weiß das schon. Die jungen Leute heutzutage wissen nicht mehr, was Treue im Dienst bedeutet. Die wollen ja alle nach Übersee!“

„Er hat gesagt, du würdest Mali als Sicherheit verlangen.“

„Niemals! So etwas tue ich nicht. Es tut mir leid, Romed, aber ich kann dir wirklich nichts über den Verbleib deiner Tochter sagen. Du solltest zur Stadtwache gehen und Anzeige erstatten. Aber das Ding hier“, Ehred deutete mit dem Finger auf den schimmernden Kristall, „ist viel zu groß. Das habe ich so nicht bestellt. Wenn meine Frau sich das Teil um den Hals hängt, fällt sie ja in den Brunnen und ertrinkt. Ich wollte einen großen Diamanten. Und keinen übergroßen Bergkristall.“

Romed brauste auf. „Das ist kein Bergkristall, es ist ein heiliger Stein, eine Träne der Göttin! Die größte, die die Welt je sah. Veredelt durch Dhrak-Magie!“

„Ja, ja. Wie auch immer. Geh und verkauf den Klumpen auf dem Markt oder an die Seefahrer. Die sind abergläubisch genug, um an Magie zu glauben. Mir egal. Besorg mir kleinere Steine und wir sind wieder im Geschäft. Und jetzt verschwinde!“

Shondra ließ sich mit dem Rücken an der Hauswand hinabgleiten. Sein Herz raste. Der Stein sah aus wie das Juwel von Tanara! Xorgolg hatte das begehrte Artefakt so beschrieben. Was hatte er für ein Glück! Jetzt brauchte er nur noch diesen schimmernden Klumpen stehlen und dem Erzzauberer bringen. Er hatte ihm versprochen, im Tausch seine Freiheit zu geben, sollte es ihm gelingen, das Juwel noch vor dem letzten Tarsi zu finden.

Freiheit … ein süßes Wort. Er wusste genau, was er mit echter Freiheit anfangen würde, oh ja.

---ENDE DER LESEPROBE---