Lese-Adventskalender 2014 Der Geist der Weihnacht - Marlies Lüer - E-Book

Lese-Adventskalender 2014 Der Geist der Weihnacht E-Book

Marlies Lüer

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Beschreibung

Er ist der Unsichtbare, der Namenlose.

Er ist der Geist der Weihnacht für vier einsame Personen: Da ist Leo, der Träumer, der meint, er wäre im falschen Jahrhundert geboren.
Bianca, eine Sekretärin, fühlt sich nicht genügend gewürdigt.
Rudolf, Major a. D., der seine Tochter nicht versteht, aber liebt.
Und da ist Adele, eine alte, arme Witwe, die ihren Nachbarn heimlich beobachtet.
Sie alle brauchen die Hilfe des Hüters.

Ein vorweihnachtliches kleines Drama in 24 Episoden

(Neues Cover ab 2017)

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Vorwort

1

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Lese-Adventskalender 2014

Der Geist der Weihnacht

Impressum

© 2014 Marlies Lüer

Esslinger Str. 22, 70736 Fellbach

Cover: Isabell Schmitt-Egner

Vorwort

Er ist der Unsichtbare, der Namenlose.

Der „Hüter“ ist der Geist der Weihnacht für vier einsame Personen:

Da ist Leo, der Träumer, der meint, er wäre im falschen Jahrhundert geboren. Bianca, eine Sekretärin, fühlt sich nicht genügend gewürdigt. Rudolf, Major a. D., der seine Tochter nicht versteht, aber liebt. Und da ist Adele, eine alte, arme Witwe, die ihren Nachbarn heimlich beobachtet. Sie alle brauchen die Hilfe des Hüters.

Ein vorweihnachtliches kleines Drama in 24 Episoden!

1

Der Hüter sagt:

Mit dem Tod ist das so eine Sache. Es gibt ihn nämlich nicht wirklich. Jedenfalls nicht so, wie die meisten ihn sich vorstellen. Ich dachte ja immer: Aus und vorbei, da kommt nichts mehr. Klar, das Leben als Mensch endet wirklich und der Körper vergeht. Staub zu Staub, und so weiter. Dabei müsste es korrekterweise heißen: Das Lichttragende wandelt sich, gibt die Information frei, gibt die Energie, die im Fleisch gespeichert war, zurück an den Erdboden, nährt neues Leben, das wiederum irgendwann Teil einer neuen Körperlichkeit wird, die zu einem neuen, einzigartigen, lichttragenden Juwel wird. So habe ich es jedenfalls ungefähr verstanden, was mein Mentor mir erklärte. Ich kann es nicht so gut wiedergeben, dafür bin ich hier noch zu neu.

Mein Mentor ist ein blauweißes, strahlendes Licht in Form einer Kugel. Ich kann das noch nicht, mir die perfekte Form einer Kugel geben. Ich wabere nur so herum wie eine Amöbe, wenn ich das versuche. Und sonderlich strahlen tu ich auch nicht. Also bleibe ich bei meiner menschlichen Form. Ist aber ganz anders wie in einem Erdenkörper. Bin leichter als eine Feder und wenn ich irgendwo hin will, muss ich nur daran denken und schon bin ich da! Ich habe zwar noch meine Beine und so, aber ich muss sie nicht gebrauchen. Das hat alles mehr mit Vorstellungskraft zu tun. Naja. Ich lerne noch. Muss mich einleben. Höhö … einleben! Ich könnt‘ mich beömmeln. Einleben! Total der Witz, schließlich bin ich tot. Aber jetzt mal etwas ernster. Ich war echt überrascht, dass ich immer noch ‚da war‘. Es war alles anders, aber: es war! Und nun weiß ich, dass die Seele, das Individuum, weiterlebt, sogar unsterblich ist. Wir waren schon vor unserer Geburt unsterblich, denn das Leben, die Energie, der Geist – unsere Gotteskindschaft – ist ewiglich. Als ich noch auf der Erde lebte, konnte ich das nicht glauben. Habe nicht einmal ernsthaft darüber nachgedacht. Doch jetzt - weiß ich. Das ist besser als nur glauben.

Mein Mentor hat mir erklärt, dass jeder, der hier ankommt, nach der Begrüßung in einen Heilschlaf gelegt wird. Die Seelen müssen sich erholen und sich wieder ‚weiten‘ auf ihr ursprüngliches Bewusstseinsniveau. Man nimmt nur einen geringen Teil seiner Geisteskraft mit, wenn man inkarniert, also ‚ins Fleisch geht‘. Das hat seinen guten Grund. Hat was mit dem Erfahren und Lernen zu tun. Tja, und mein Heilschlaf war ein sehr intensiver. Etwas ist zurückgeblieben, was nur ich selbst heilen kann. Sagt mein Mentor! Mir fehlt total die Erinnerung. Ich weiß nicht einmal, ob ich ein Mann, eine Frau oder ein Kind war, als ich starb. Ob ich jung oder alt war am Tag meines Todes, weiß ich genauso wenig. Das ist mir sehr unangenehm, so unwissend zu sein, was meine eigene Person angeht. Aber mein Mentor sagt, sie haben mir aus gutem Grund diesen Teil meines Bewusstseins gesperrt. Das gehört zu der Aufgabe dazu, die sie mir geben wollen. Es ist nämlich so: Ich bin nicht sehr weit gekommen mit dem Aufstieg ins Licht. Genau gesagt, dümpele ich immer noch auf der Ankunftsebene herum, bin ziemlich erdnah. Ich habe schon viele Seelen gesehen, wunderbar anzuschauen in ihrem Lichtkleid, die gleich weiterzogen zum hellsten Punkt, näher zum Hohen Licht, was das wirkliche und einzige Ziel einer jeden Seele ist. Es strahlt solch eine reine Liebe aus! Aber ich kann nicht mitgehen. Mich hält etwas zurück. Und ich muss herausfinden, was das ist. Doch zuerst soll ich mich weiterentwickeln und was lernen. Mein Mentor sagt, der Job, den er mir geben wird, kann mir dabei helfen. Ich soll nämlich ein Hüter sein. Zum Glück hat er da nicht von einer Schafherde gesprochen, das wäre mir zu langweilig. Nein, ich darf Menschenseelen helfen, die noch mit ihrem Erdenleben beschäftigt sind. Ihre Namen lauten Adele, Leopold, Bianca, Rudolf.

2

Bianca schaut immer wieder nervös auf die Uhr. Sie muss die Unterlagen für die Rechtsabteilung der Firma unbedingt noch heute vor Feierabend fertigmachen. Vor allem darf ihr kein Fehler unterlaufen. Aber sie ist innerlich mit etwas anderem beschäftigt. Sie will für ihre Heiligabend-Party unbedingt noch diese fantastischen Kerzen von Luce & Brightley kaufen. Deren Grauton mit dem Perlmuttschimmer würde perfekt zum Weiß und Silber der Damast-Tischdecke ihrer Großmutter passen. Hat sie eigentlich schon die Servietten gestärkt und gebügelt? Papierservietten würden ihr an einem Festtag niemals auf den Tisch kommen. Vor ihrem geistigen Auge deckt sie den Tisch und dekoriert auch den Deckenstrahler, der so kühl und nüchtern wirkt. Doch sein klares Licht wird die exquisiten Speisen auf dem Teller zur Geltung kommen lassen. Die stilisierten Schneeflocken aus Meißner Porzellan wären eine gute Dekoration. Oder doch lieber diese entzückenden, winzigen Engelflügel aus Federn? Bianca überlegt hin und her. Es ist ihr wichtig, einen guten Eindruck auf ihre Gäste zu machen. Sie hat vorgestern die Kollegen eingeladen, die sie am meisten bewundert: Barbara und Dennis, das Ehepaar aus der Rechtsabteilung, Judith aus der Buchhaltung, Kevin, der IT-Spezialist und auch die quirlige Alessa, eine Italienerin aus der florentinischen Niederlassung, die für ein Vierteljahr in der niedersächsischen Zentrale arbeitet. Diese Frau hat unglaubliche Haare und Wimpern – schwarz wie die Nacht. Bianca wünscht sich, sie wäre nicht so blond und sommersprossig auf diese schnöde Welt gekommen. Und sie wünscht sich ebenso innig, dass endlich mal sie selbst für das Austauschprogramm berücksichtigt würde. Zum vierten Mal in Folge ist ihr Antrag abgelehnt worden. Aber Bianca, meine Gute, Sie wissen doch, wie unentbehrlich Sie als Sekretärin für mich sind, säuselt ihr direkter Vorgesetzter jedes verdammte Mal in ihr Ohr. Er hat so eine unangenehme Art, sich dabei seitlich über sie zu beugen.

Alle stützen sich auf sie, die Zuverlässige, die Hilfsbereite, die Fachkundige. „Bianca, kannst du bitte mal … drüber schauen, ob da Fehler sind?“ Wahlweise: … das für mich erledigen, … anrufen und fragen, was Sache ist, … für mich die Akten suchen, … für mich ein gutes Wort einlegen, … eben mal schnell ein Hotel und einen Leihwagen buchen und die Flugtickets besorgen? Bianca hier, Bianca da! Sie hat es wirklich satt, das Mädchen für Alle und Alles zu sein. Andererseits – es tut auch gut, Beachtung zu finden und für Vorgesetzte und Kollegen wichtig zu sein. Ja, ohne sie würde diese Firma doch gar nicht rund laufen! Selbst wenn sie krank ist, kommt sie zur Arbeit und behelligt niemanden mit ihrem Unwohlsein. Auf ihre Disziplin ist sie stolz. Auch auf ihren Sinn für Ästhetik. Ästhetik ist das Stichwort. Ihr fällt ein, sie braucht noch ein Geschenk für ihren Vater. Letztes Weihnachten hatte sie ihm zwei schicke Paar Pantoffeln aus Fleece und einen Morgenrock gekauft, vom besten Herrenausstatter Londons. Onlineshops sind ja so praktisch. Das klassische Karo-Muster der Pantoffeln wirkte zeitlos schön und das angenehm weiche Futter versprach besten Tragkomfort. Und schon lagen sie mit einem Klick im virtuellen Einkaufskorb. Sie hatte sich nicht zwischen zwei Versionen entscheiden können. Die einen waren rotgrün kariert und mit winzigen, goldfarbenen Fäden durchzogen, die anderen blaugrau mit Silber. Letztlich nahm sie einfach beide. Allein der Morgenmantel kostete 300 €.

Doch wie sie ihren Vater kennt, hat er ‚die guten Sachen‘ bis heute nicht ein einziges Mal angezogen. Das ist so typisch für ihn: Immer alles aufzutragen, bis es fadenscheinig geworden ist. Sparsam, genügsam, schweigsam. Er ist so entsetzlich bedürfnislos und hat keinen Sinn für den Wert ihrer Geschenke.

---ENDE DER LESEPROBE---