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Frederik ist ein gut situierter - um nicht zu sagen, ein sehr gut situierter Metallfacharbeiter, der nichts anbrennen lässt. Na, sagen wir mal so gut wie nichts. Beschäftigt in einem florierenden Unternehmen für die Schwerindustrie, lässt er es ordentlich krachen. Tagtäglich, nach getaner Arbeit sind es vor allem zwei Dinge, die er im Visier hat. Zum einen das Würfelspiel, für das Frederik im Laufe von den vielen, vielen Jahren, in welchen er seinen Mann steht, eine beinahe schon grenzenlose Leidenschaft entwickelt hat. In jeder Lebenslage wohlgemerkt; zum anderen handelt es sich um schöne Frauen, die er in aller Regel abschleppt. Zu sich nach Hause, ohne allerdings gegenüber auch nur einen der Betthasen die Absicht zu hegen, eine vielleicht zumindest etwas festere Bindung einzugehen. Beziehungsweise nähere, doch dann wendet sich das Blatt. Die Firma setzt ihm den Stuhl vor die Tür. Es folgen Jahre des sozialen Falls; vom Verfall ganz zu schweigen. Bis Wedelink eines Tages das Ferienkind Alexa kennenlernt..
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Seitenzahl: 69
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DIE GESCHICHTE VON FREDERIK WEDELINK - INHALT
Heute dabei
Kleines Vorwort von der Geisterhand
Die Geschichte von Frederik Wedelink
Geisterhand unsichtbare Erscheinung, Erzähler
Frederik Wedelink Metallfacharbeiter
Alexa Ferienkind
Joseph Betriebsleiter
Gifter Buchhalter
Blütenstock Personalchef
Dreifach Kneipenwirt
Jenny Geliebte von Frederik
Arbeitsamtsbeamter zuständiger Sachbearbeiter für Frederik
Tankwart Tunkel Betreiber einer Tankstelle
Windhund Staranwalt
ProraBesucher auf einer Grill– und Ausflugswiese
Zwei Neffen von Prora
Alexas Opa Schrebergärtner
Alexas Oma Schrebergärtnerin
Francesco Verdi Eisverkäufer
Alexas Vater Alexas Vater
Frau mit schwarzem Minirock Spaziergängerin im Wald
weiterhin:
Alte (auf dem Holzsteg)
Amtsrichter Knöll
Geisterhand Hallo, da bin ich wieder
Und es freut mich, sie heute abermals begrüßen zu dürfen – ach, was für eine Plaisir!
Ich selbst bin die freundliche Geisterhand, unsichtbar und stets gewandt. Und es isr für mich etwas Besonderes, dass ich heute die Geschichte von Frederik präsentieren darf. Nicht nur präsentieren, nein, sondern auch erzählen. Sie ist eine von vier Geschichten aus „Hugo Bauklotz – Ein Zaun“. Bei der Zuteilung damals ist sie mir vorbehalten worden. Ja, meine Geschichte sozusagen, wenn man so will. Ach ja – aber genau! Denn darum müssen wir nichts verändern, ich kann sie genauso wiedergeben wie damals – ja, wirklich eine Plaisir. Völlig ungeschminkt.
Somit bleibt für mich jetzt nur noch eines: nämlich Ihnen viel Freude zu wünschen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Geisterhand
Geisterhand Und wieder sind sie erschienen, die Stimmen der lieblichen Engelsschar, nur, um bald wieder zu verschwinden. Wehmütig, der Morgentau, noch ruhig, sehr ruhig, nur das Plätschern des kleinen Flusses. Das Rascheln der Bäume nicht zu vergessen, ganz zu schweigen vom Zwitschern der Vögel. Allmähliches Verziehen letzter Nebelschwaden, ein paar Hunde, die am ausgeführt werden sind, es ist noch früh, das eine oder andere Fahrrad, wirklich nahezu lautlos, und es naht, schon gut zu erkennen, einer, an dem auch nicht alles spurlos vorbeigegangen. Scheinbar, vergangen so manches Jahr, ja, ja, Schritte, langsam, beschwerlich, und ist es nicht so, als ob ein Bein sogar nachgezogen? Leicht zwar nur, aber immerhin. Auf jeden Fall ist unter einer Plaisir was anderes zu verstehen – wahrlich, wahrlich.
Eine Tüte, eine Plastiktüte, eine weiße Plastiktüte, immer das Gleiche, immer das gleiche Spiel, Tag für Tag - tatsächlich? Ein Spiel? Wirklich nur ein Spielchen? Hm, und ob wir, solange sein Ziel noch nicht erreicht, eine kleine Rückschau halten wollen? Denn dies wird höchstwahrscheinlich noch dauern, und keine Sorge, wir werden auf jeden Fall rechtzeitig zurück sein, hier an diesem Ort, wo immer der gleiche Fluss.
Zur Genüge würde es allerdings nicht genügen, wenn das Rad der Zeit nur um ein paar Stunden zurückgerudert werden würde. Fürwahr, fürwahr, auf jeden Fall war Frederik Wedelink zu dem Zeitpunkt, an welcher wir nun mit der Geschichte anfangen wollen, ein kräftiger, sehr athletischer Mann, muskelbepackt und in den besten Jahren. Um nicht zu sagen, in den allerbesten, immer in demselben Maschinenbaubetrieb, seit ungefähr fünfundzwanzig Jahren, einschließlich Lehrzeit. Ja, einer mit ausgezeichneter Reputation, um es mal so zu formulieren. Zwischen dem frühmorgendlichen Klicken an der Stechuhr bis zum Ertönen der betrieblichen Feierabendsirene stand er seinem Mann. Wie eine Eins, fürwahr, fürwahr, Konstruktionspläne auseinandergefaltet, geprüft, gemustert, jahrein, jahraus, Berechnungen, Schnittstellen, Maße und Zahlen, jahraus, jahrein, das eigentliche Montieren nicht zu vergessen. Geschraubt wurde und verschlossen, nach Strich und Faden, geklopft und gefeilt, hin und her, gegenseitig zusammengestaucht, um sich dann wieder auf die Schulter zu schlagen, gelegentlich, vergeben und gleich wieder vergessen,, was in der Hektik eines an Aufträgen und Abgabeterminen gebundenen Fachbetriebes doch schon mal vorkam, ohne Frage, nicht zu vergessen die große weiße Uhr in der Montagehalle mit den schwarzen Ziffern und den schwarzen Zeigern, und steter Fleiß war kein Ausdruck, beileibe, während anderswo die langen LKWs zur Abholung eingelenkt werden zu hatten, oder auch zur Lieferung von etwaigen Produktionsmitteln aller Art und Weise.
Und wenn Joseph, der zuständige Betriebsleiter aufgrund von unabänderlichen Dringlichkeiten einen wie den zu allen Zeiten und Wochentagen zuverlässigen Wedelink zu noch mehr Eile aufforderte, flutschten aus dem zumeist die immer gleichen Worte.
Frederik Wedelink „Nur keine Panik, in ungefähr einem Halben Dutzend Hammerschlägen ist das Ding geschaukelt.“
Geisterhand Hoch beliebt nicht nur wegen seiner Leistungskompetenz, ohne Frage, woran sowieso nie ein Weg vorbeigeführt hatte. Beileibe nicht. Und zu Wedelinks Ritualen gehörte gleichsam das Passieren der Werkstore zu weit vorgerückter Nachmittagszeit, vorbei an dem scheinbar immerwährenden Pförtner Kurth, inmitten des Trosses kollegialer Massen. In einer Kneipe nicht unweit des Werkes wurde dann Einzug gehalten, und umso fortgeschrittener die Woche, umso später die Abende. Beziehungsweise die Nächte, und die unbändigen Lebensgeister, mit welchem Wedelink den Betriebsalltag bewältigte, wurden dort keineswegs gezügelt. Im Gegenteil, am Tresen, ganz im Gegenteil, alle Fünf gerade sein gelassen, eine noch reichlich höfliche Beschreibung für das, was sich tatsächlich nahezu allabendlich abspielte. Berühmt – berüchtigt Frederiks Vorliebe für das Würfelspiel. Genauer gesagt für ein ganz bestimmtes Würfelspiel, ganz zu schweigen von der damit verbunden Plaisir. Mit vollen Schwüngen den Würfelbecher auf den Tresen geknallt, ließ er die Mitprotagonisten in der Kneipe dann oftmals in ungewissen Schwitzkästen schmoren, begleitet von seinem ebenfalls allseits bekannten Gelächter, sein arrogantes Grinsen nicht zu vergessen; bis die Einsätze ringsum nicht selten gering in die Höhe getrieben worden waren und dann endlich zur Auflösung geschritten wurde. Das Spiel war aber kein Geringeres wie „Chikago“, drei Würfel, und in den aller seltensten Fällen war Wedelink am Verlieren gewesen. Dann wurden Schnaps – und Branntweingläschen aufgefüllt, und mit dem Zuprosten eigentlich nichts weiter getan wie die darauffolgende Runde eingeläutet. Denn lumpen war etwas, was Wedelink sich nicht ließ, nein, um keinen Preis der Welt, nie und nimmer, und was ein so gut Verdienender wie er auch gar nicht nötig gehabt hätte. Nicht um alles in der Welt, und trotz seinen ellenlangen, für die anderen geradezu demoralisierenden Gewinnsträhnen, die sie zumeist mit zerknirschten beziehungsweise frustrierten Kopfschütteln zur Kenntnis zu nehmen hatten, mehr oder übel, gelang es Wedelink immer wieder, ihnen mehr wie eine Lokalrunde abzuringen. Und wenn er dann nach getaner Arbeit am nächsten Tag wieder am Tresen auftauchte hieß es nur: „Hier kommt er wieder – unser Würfellink!“
Und wie gesagt, umso später die Abende, denn wenn der Frederik Wedelink wollte, dass unter dem Umgestülptem die zum Gewinnen notwendigen Augenzahlen zu sein hatten, dann war dem auch so. Ja, und sie waren es ja tatsächlich auch, fast immer, und bei vorausgesagten Chics war es natürlich unter ihnen Usus, die Lagen pro Runde auch noch zu vervielfachen. Am Tresen wurde aber nicht nur geschwitzt und gezittert, man war sehr häufig einfach nur baff „du Gauner“ riefen sie dann. Oder auch mal ein „du Halsabschneider, du Elender.“