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Eine Geschichte über das Waisenkind Sophie - niemand scheint hierfür besser prädestiniert zu sein wie die Grille Helm Hops. Der hat nämlich auch schon mitverantwortlich gezeichnet, als Sophie auf einem Seitenpfad des Buches "Hugo Bauklotz – Ein Zaun" als Jurymitglied für ein farbenfrohes Schachturnier fungiert hat. Oberschwester Theresa, die Leiterin des Waisenhauses, im Übrigen auch. So betrachtet eigentlich nicht gerade verwunderlich, dass einer wie Helm Hops auch diesmal wieder zur Verfügung steht. Als Reiseführer für die Geschehnisse rund um Sophie, bei welchen sie tatsächlich den Mars erreicht haben soll. Oder etwa doch nicht? Na, wird Helm Hops wohl schon noch aufzeigen. Im zweiten Teil der Geschichte, wo das Ganze näher unter die Lupe genommen wird. Zunächst wird der Fokus jedoch auf Sophies Mutter Judy gerichtet. Verbunden mit der Frage, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass die kleine Sophie Waise geworden ist. Judy selbst also zunächst mal eine junge, attraktive Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Als Mitarbeiterin in einer Buchhaltungsagentur ist sie so gut bezahlt, so dass sie sich locker und leicht die Anmietung eines exquisiten Apartments leisten kann. Mitten in der City natürlich, und sie könnte in der Tat ein sorgenfreies Leben führen, wäre da nicht eine Magenverstimmung, die ihr gerade in letzter Zeit immer wieder zugesetzt hat. Nach Untersuchungen bei ihrem Hausarzt Doktor Berrnbacher wird jedoch schnell klar, dass die Ursachen für den Magen viel tiefgreifender sind: Judy ist im vierten Monat. Ungewollt schwanger - für die überzeugte Single- Frau bricht eine Welt zusammen. Das Baby nach allen Milchmädchenrechnungen der Welt Resultat eines One – Night- Stand während der Fastnachtszeit. Was mittlerweile vier Monate zurückliegt - ein Indiz., dass Bernbacher mit seinen Einschätzungen gar nicht mal so falsch gelegen ist. Judy indes will das Baby in keinem Fall behalten. Für eine Abtreibung setzt sie sämtliche Hebel in Gang. Dabei ist es ihr völlig egal, dass die Schwangerschaft schon ziemlich fortgeschritten ist. Auch stört sie sich nicht daran, dass sie sich am Rand von Legalität bewegt. Schließlich findet sie eine Klinik in Polen, wo man für eine horrende Gebühr ihr Kind wegmachen würde. Doch auch Bernbacher,hat für Judy was an der Angel . So landet Judy mit der Hoffnung, dass man die Abtreibung auch hier vornehmen könnte, schließlich in der Frauenklinik von Methusalem Anourthosis. Doch kann sie sich dort mit ihrer Absicht, die Schwangerschaft abbrechen zu lassen, nicht durchsetzen. Schlichtweg, stattdessen bringt sie ein gesundes Mädchen zur Welt, Bedenklich ist inzwischen ihr Allgemeinzustand geworden. Kurz nach der Entlassung aus der Klinik verschwindet sie - für immer? Das zurückgelassene Baby landet im Waisenhaus. Die Jahre vergehen und Sophie, wie die Kleine heißt, wächst heran. Eines Tages – es ist mal wieder kurz vor Weihnachten – jagt die inzwischen Sechsjährige eine fette Amsel, die ein rotes Buchenblatt im Schnabel hält. Das hervorragend in ihr kleines Poesiealbum passen würde. Das kleine Büchlein ist im Übrigen von Judy, und das Einzige, was Sophie von ihrer Mutter hat. Doch die Amsel will das Buchenblatt partout nicht wieder hergeben. Für Sophie indes beginnt die Odyssee,damit erst. Offen die Frage, wohin sie am Ende hinkommt. Doch noch zum roten Laubblatt? Irgendwie? Oder womöglich wirklich zum roten Planeten? Oder vielleicht noch ganz wo anders hin?
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Seitenzahl: 343
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SOPHIE AUF DEM MARS – INHALT
Heute unter anderem dabei:
J1: Das Straßencafé Marienkäfer
J2: Judy in der City
J3: Eine Goldmünze für Gasson
J4: Judy und der Babybauch
J5: Der Rausschmiss
J6: Judys kleiner Wandkalender
J7: Judys Begegnung mit Mutter und Kind
J8: Die Hochschwangere am Rathausplatz
J9: Judy im Bankhaus
J10: Judy im Hotel
J11: Abschied vom Straßencafé
J12: Judy beim Mars
J13: Judy in der Frauenklinik von Methusalem Anourthosis
J14: Kommt eine Geburt manchmal doch allein?
J15: Die Abgabe im Waisenhaus
J16: Trauriger Fund
M1: Mittelteil
S1: Der Taxistand am Weihnachtsmarkt
S2: Die Verfolgung einer Amsel
S3: Die Rosendornen – Kratzer - Münze
S4: Am Imbissladen von Kalle Mitzwitz
S5: Die Rückkehr von Federica Fiel
S6: Der alte Grahm
S7: Sophie im Sturm
S8: Sophie auf dem Mars
S9. Sophie auf dem Jupiter
S10: Sophie beim Saturn
S11: Sophie auf dem Uranus
S12: Sophie auf dem Merkur
S13: Sophie auf der Venus
S14: Sophie auf dem Mond
S15: Sophie beim Neptun
S16: Sophie auf dem Pluto
S17: Zurück im Marienkäfer- Café
Anhang Heute dabei gewesen (komplette Liste)
Heute unter anderem dabei:
Judy Sophies Mutter
Sophie Waisenkind
Helm Hops Grille, Erzähler
Grahm zugewanderter Waldbewohner
Klein- Leo Waisenjunge
Prügelpogo Pädagogischer Beauftragter des Sonnensystems
Elly Judys beste Freundin
Mars 4.Planet des Sonnensystems
Tell Teck Taschentuchpackung
Oberschwester Theresa Leiterin des Waisenhauses
Telesto Saturnmond
Uranus 7.Planet des Sonnensystems
J1: Das Straßencafé Marienkäfer
Helm Hops Sehr verehrte Leserin, sehr verehrter Leser,
natürlich ist es für mich ein außerordentliches Vergnügen, Sie heute und an dieser Stelle ganz herzlich begrüßen zu dürfen. Ah - ich selbst im Übrigen Helm Hops bin, und in meiner Eigenschaft als waschechte Grille ihr heutiger Reiseführer durch die Geschichte von Sophie auf dem Mars, die in wenigen Momenten für Sie beginnen wird. Sozusagen in den Startlöchern, wenn man so will.
Augenblicklich befinde ich mich auf meinem geliebten Liegestuhl. Auf meinem geliebten Markstein. Und mit einem Glas meines geliebten Himbeersafts – insektengerechtes Glas natürlich. Was die Größe betrifft, mit der leisen Hoffnung, dass auch Sie sich‘ s vielleicht ein klein wenig bequem gemacht haben.
Mehr zu unserer Umgebung, zu meinen getreuen Gefährten, die mich ein klein wenig unterstützen werden, etwas später dann. Im Mittelteil dieses Buches, und vielleicht auch noch das eine oder andere über meine Wenigkeit.
Auf der anderen Seite sollen die Dinge über uns auch nicht einen allzu weiten Raum in Anspruch nehmen. Denn schließlich soll es ja die Geschichte von dem Waisenkind Sophie sein, die es richten soll, um es vielleicht auch mal so zu formulieren.
Doch bevor wir uns tatsächlich mit Sophie befassen, dauert es noch ein Weilchen. Das liegt daran, dass wir zunächst ihre Mutter Judy unter die Lupe nehmen wollen. Dies den ersten Teil dieses Buches ausmachen wird. Im zweiten Teil kommen wir dann tatsächlich auf Sophie zurück. Und wie sie es tatsächlich geschafft haben soll, den Mars zu erreichen. Also keine Sorge, Sie werden nichts verpassen nur etwas später.
Und wir wenden uns nun tatsächlich Judy zu, und vor allem auch, wie es überhaupt dazu gekommen war, dass die kleine Sophie im Waisenhaus landete. Drum genug der Reden, denn jetzt geht‘ s los – endlich wäre man geneigt zu meinen.
Begonnen hatte alles in einem Café unserer Stadt, die im Übrigen nicht allzu weit entfernt war und ist von unserem Wald. Etwas, was aber nur am Rande erwähnt werden sollte. Dort befindet sich nämlich das Straßencafé Marienkäfer.
Und gerade war Gasson, der Kellner des Cafés dabei, ein paar Tische vor dem Café abzuwischen.
Gasson Sie wollen doch nicht noch was?
Helm Hops Mit murrendem Unterton, etwas verstohlen vielleicht, und über seinen zugegebenermaßen etwas zu dünn geratenen Oberlippenbart. Scheinbar, war dem so, zusätzlich entschuldigte er sich mit einer eher ins Dumpfe neigenden Verneigung.
Gasson Entschuldigung.
Helm Hops Denn Gasson hatte so ganz nebenbei gegen unter dem kleinen Rundtisch platzierten Einkaufstüten, welche ach so vollbepackt, getreten. Versehentlich natürlich, mit allerlei Krimskrams, Textilien und ein paar Untersetzer für Blumentöpfe. Leicht gegengetreten, was für das Umfallen allerdings schon ausreichte.
Daraufhin beugte Gasson sich ganz nach unten, um sie wiederaufzurichten. Was sich gar nicht als so leicht entpuppte. Immerhin waren die Tische und Stühle vor dem Marienkäfer – Café so dicht zusammengestellt, so dass für Maßnahmen wie die des Herunterbeugens – beziehungsweise Kniens kaum Platz vorhanden war. Als er sich dann wieder aufraffte, hatte er erstmal seine Fliege, die ihm, als er unten, verrückt war, wieder gerade zu ziehen. Welche im Übrigen rot und mit schwarzen Punkten, freilich dem Café angepasst. Freilich, freilich, dem Namen des Cafés natürlich, allerdings konnte die Fliege Gassons Eleganz darüber hinaus nichts anhaben. Umgarnt war die schmächtige Figur des eigentlich noch recht jungen Mannes, dessen Herkunft den meisten hier noch immer gänzlich unbekannt war, von einer schwarzen Hose, einem wirklich schicken, weißen Hemd inklusive Weste, ebenfalls schwarz. Und aus Frankreich munkelte man, dass er aus Frankreich stammte, aufgrund seines Akzents, aus Frankreich oder Italien. Mit einem weißen Tuch wedelte er über ihren Tisch, nicht ohne die leer getrunkene Kaffeetasse zu entfernen Und Entschuldigung nochmals.
Älterer weiblicher Gast Ach, alles halb so wild!
Helm Hops Dieser ältere weibliche Gast war aber keine Geringere wie Federica Fiel, ihres Zeichens die damals schon durchaus etwas betagte, pensionierte Pensionswirtin, die ihr Ambiente in unserem Höhenstadtteil beherbergte, gemeint - ein paar Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Mitten im Fußgängerbereich, in einen der engen Einkaufspromenaden, welches jetzt zur Mittagszeit einigermaßen reflektiert wurde. Von Passanten. Zum Verweilen lud zudem die milde Spätfrühlingssonne ein, der Hauch eines leichten Windes durchstreifte sie.
Federica Fiel Aber bestellen Sie doch schon mal das Taxi für mich.
Gasson Mit dem allergrößten Vergnügen.
Federica Fiel Und bestellen Sie es nicht nur, sondern bestellen Sie es auch. Wissen Sie, die ganze Schlepperei die ganze Zeit. Durch die ganze Stadt.
Helm Hops Gasson wollte gerade abdrehen, mit der leeren Tasse in der Hand.
Federica Fiel Sie glauben ja gar nicht, wie manches ins Kreuz geht.
Gasson Doch, Madam, und wie ich Ihnen das glaube.
Federica Fiel Ins Kreuz und auch noch in den Rücken.
Gasson Gut, ich werde dann mal anrufen.
Federica Fiel Ganz zu schweigen von den Hüften. Schließlich ist man nicht mehr die Allerjüngste.
Gasson Wegen dem Taxi meine ich.
Federica Fiel Ach, was das noch für Zeiten waren. Als ich eine flotte Propellermaschine war.
Gasson Es müsste dann ja auch gleich sofort kommen.
Eine weibliche Stimme von einem anderen Tisch Halt, so warten Sie doch! Ich will auch noch was.
Helm Hops Gasson wandte sich dem Tisch zu, von welchem das mit dem „halt, warten Sie doch“ zu vernehmen war.
Gasson Ungewohnt.
Helm Hops Eine junge Frau, jung, na, sagen wir mal eine Mitzwanzigerin. Deren Haupt- Hingucker ohne Zweifel ihre Frisur war. Unter anderem, wenn diese überhaupt als solches hätte bezeichnet werden können. Ohne Zweifel, doch auf jeden Fall war das blond Gebleichte durch einen hellgrünen Haarreifen nach oben gezogen, und zwar so, dass das die Strähnen in allen möglichen beziehungsweise unmöglichen Richtungen schweifte- wild anmutend.
Die Mitzwanzigerin Einen Milchkaffee noch.
Gasson Ungewohnt Madam Elly.
Elly – das war natürlich der Name der jungen, bunt Bekleideten. Sie war in einen der Shops nebenan beschäftigt, und verbrachte in dem Café gewöhnlicherweise ihre Mittagspausen. Tagtäglich, zumindest dann, wenn sie zu arbeiteten hatte. Und zwar immer gegen zwölf, nur war es inzwischen so, dass die Pause nun eigentlich schon etwas fortgeschritten gewesen war. Mehr wie eigentlich. Und ihren tagtäglichen Milchkaffee bereits verköstigt hatte. Und zwar immer nur einen. Nicht, dass Gasson mit „ungewöhnlich“ haargenau dies meinte. Am Ende, oder etwa doch?
Elly Und zwar am besten gleich zwei.
Gasson Zwei?
Elly Ja, Sie haben es doch gehört.
Gasson Ungewohnt
Elly Schließlich wird sie irgendwann ja doch noch kommen.
Gasson Aber Sie meinen doch nicht etwa Madam Judy.
Elly Oh, Gasson natürlich meine ich die.
Gasson Wieder mit Marienkäfer?
Elly Und wie ich die meine. Wen denn sonst?
Helm Hops Normalerweise verbrachte Elly nämlich die Zeit vor dem Café nicht allein. Sondern mit Judy, ihrer besten Freundin. Die in einer Agentur für Buchhaltung arbeitete. In einem Großraumbüro, auch mitten in der Stadt. Außer heute, was allerdings noch rechtzeitig verabredet werden konnte. Das Fernbleiben von Judy, weil die einen Termin wahrzunehmen hatte. Bei Doktor Bernbacher, etwas, was unvermeidbar geworden, aufgrund einer wiederholten Magenverstimmung. Ja, in letzter Zeit häufiger, etwas, was einfach nicht mehr von der Hand zu weisen war, einfach grässlich und fürchterlich unangenehm. Doch in jedem Moment hätte sie nun zu erscheinen gehabt. Nein, ewig hätte das mit jenem unerwarteten Termin ja nun auch nicht dauern können, dass hatte Elly im Vorfeld erfahren. Als Judy ihr Zuspätkommen ankündigte; mithilfe des Telefons. Welches mitten im Großraumbüro. Welches mitten in der Stadt.
Gasson war verschwunden im Café. Elly indes begonnen hatte, Münzen aus ihrem Portemonnaie heraus zu zählen. Die tiefstehende Spätfrühjahrs – Sonne strahlte bis in ihre Augen. Langsam wurde es Zeit, als Bewegungen vor der Buchhandlung gegenüber dem Café auffielen.
Ja, Bewegungen das treffende Wort, nein. anders hätte man es vielleicht auch nicht bezeichnen können. Und zwar von Emma Tisch, der korpulenten Verkaufshilfe von drüben, allerdings die Allerälteste auch nicht gerade, beileibe nicht. Und ihrem Falle war ein Wort wie „beileibe“ wortwörtlich zu nehmen. Wohl oder übel, auch mehr wie das.
Und am Auffüllen sie war, am Auffüllen von einen der Auslegetische. Doch nicht irgendwelche Kochbücher – Editionen dieser Welt waren es, von einem der TV – Starköche, die offenbar schon damals jeden Mist veröffentlichen durften, oder Vergleichbares, nein, sondern Plüschtiere. Na, sagen wir mal, eher Plüschkissen.
Elly schritt herüber. Bis zur dicken Emma, und es waren in der Tat Früchte, die die Kissen darstellten. Kirschen, Orangen., Äpfel, Pflaumen und einiges mehr, in jeweils entsprechenden Farben. Sogar mit Gesicht, und Armen und Beinen, Elly nahm eines zur Hand. Es war kuschelweich. Und gelb, kein Wunder, stellte es doch eine Zitrone dar.
Emma Tisch Total günstig,
Elly Und ich dachte immer, ihr seid ein Buchladen.
Emma Tisch Sind wir ja auch. Aber man wird ja wohl noch das Anrecht haben, auch mal was anderes zu verkaufen.
Helm Hops Mit dem Zitronenkissen in der Hand marschierte sie zurück zu ihrem Tisch, und platzierte es genau dort, wo sonst ihrer Freundin saß. Im nächsten Moment tauchte Gasson wieder auf. Mit einem Tablett wohlgemerkt.
Gasson Das Taxi kommt sofort. Es dauert nur noch ein Weilchen.
Federica Fiel Danke schön, Herr Franzose. Und dann bedanke ich mich auch recht schön.
Helm Hops Gasson wandte sich Ellys Tisch zu, auf dem er zwei Tassen setzte.
Gasson Voila, Madame Propeller.
Helm Hops Dann war ihm wohl das Zitronenkissen auf Judys Stuhl ins Auge gefallen.
Gasson Ungewohnt.
Elly Ach, Gasson, die da drüben wollten einfach mal was anderes verkaufen.
Federica Fiel Apropos, Gasson.
Gasson Madam!
Federica Fiel Danke schön für das Taxi.
Gasson Bitte schön, Madam. Gerne geschehen, Madam.
Federica Fiel Ja, und noch was.
Gasson Doch noch einen Kaffee?
Federica Fiel Nein, aber ich möchte mich noch bedanken.
Gasson Bedanken?
Federica Fiel Ja. Für das Taxi.
Gasson Elly sortierte die Schokoladen – Marienkäfer auf ihre Untertasse, die es immer als Beigabe dazugab. Auf ihrem Unterteller waren gleich zwei, dafür auf Judys keiner. Elly wollte gerade einen rüber legen, vorsorglich wohlgemerkt, als Judy erschien. Hektisch, schnellen Schrittes, um es vielleicht auch mal so zu formulieren.
Judys Gestalt erinnerte ein klein wenig an eine hochgeschossene, dünne Bohne. Na, sagen, wir mal, ein klein wenig mehr wie an eine hochgeschossene Bohne. Ja, dünn, das war wirklich kein Ausdruck, nein, beileibe nicht. Jung wie ihre Freundin Elly, passte sich ihr Kleidungsstil nahtlos ihren kurzgeschnittenen Haaren an. Zumindest auf das Farbliche bezogen, nämlich schwarz. Ein breiter, schwarzer Haarreifen aus purem Kunststoff ergänzte Judys Erscheinung gleichermaßen wie eine schwarze Umhängetasche und eine schwarze Sonnenbrille, die sie jedoch zumeist in einer Hand hielt. Und zwar so, dass sie gelegentlich an einen der Bügel etwas nagen konnte. Und dies auch immer wieder tat, gelegentlich sogar beim Sprechen.
Elly Ey, da bist du ja doch noch.
Judy Katastrophe.
Elly Ich hab für dich schon mal einen Kaffee bestellt.
Judy Und was für eine! Ich glaub, ich kann nicht mehr!
Helm Hops Judy wollte sich niederlassen. Musste aber zuerst das Zitronenkissen von ihrem Platz räumen. In all ihrer Hektik steckte sie einfach ihrer Freundin Elly zu, die ihn geradezu fürsorglich auf ihren Schoß setzte.
Elly Wieso Katastrophe? Erzähl halt. Ist es denn wirklich so schlimm?
Helm Hops Wobei sie mit schlimm Judys Magen meinte.
Elly Mit deinem Magen?
Judy Hach, wenn es doch wenigstens nur beim Magen geblieben wäre.
Elly So? Was hat denn der Bernbacher gesagt.
Judy Vierter Monat.
Helm Hops Sofort ließ Elly den Löffel, mit den sie gerade noch in ihrer Tasse rührte, fallen. Nein, anders hätte dies nicht beschrieben werden können, und zwar so, dass es nur so klimperte.
Judy Mindestens.
Elly Oh, nein.
Judy Leider.
Elly Sag, dass dies nicht wahr ist jetzt.
Helm Hops Judy hatte irgendwie den Schokomarienkäfer von ihrer Untertasse in die Hände gekriegt. Das Auswickeln war allerdings anderes wie einfach, wenn man so nervös wie Judy nervös war. Zumindest wirkte es so.
Judy Oh, du glaubst ja nicht, was ich dafür geben würde, wenn es nicht wahr wäre!
Elly Ach, du heiliger Strohsack!
Helm Hops Judy hatte bei all ihrer Nervosität, ohne es selbst richtig bemerkt zu haben, das Papier des Käfers zwischen zwei Finger gerieben. Nun versuchte sie los zu wedeln, was auch nicht gerade einfach wirkte. Ja, irgendwie klebte das Zeug an den Fingerkuppen. Zudem trank sie aus ihrem Milchkaffee ein, zwei heftige Schlucke, so dass es nur so schlürfte.
Elly Hoffentlich ist er für dich noch nicht zu kalt.
Judy Ich weiß gar nicht, was ich jetzt machen soll.
Elly Oh je!
Judy Ehrlich gesagt.
Helm Hops Judy trank erneut, so dass sich einer der Papierkrümel zwischen ihren Zähnen wiederfand. Aus der Tasse irgendwie, unangenehm irgendwie, und sie wieder heraus zu pulen, wirkte ebenfalls wenig einfach. Ehrlich gesagt.
Elly Aber.
Judy Nichts aber.
Elly Aber das kann doch eigentlich fast gar nicht möglich sein.
Judy Oh, Elly, es gibt doch überhaupt keinen Zweifel.
Elly Ich meine doch nur.
Judy Und zu meinen gibt es erst dreimal nichts. Die Ergebnisse waren eindeutig. Von Bernbacher.
Helm Hops Elly deutete auf ihren Bauch.
Elly Man sieht ja nicht mal was.
Judy Gott sei Dank, das wäre ja noch schöner.
Elly Kein Kügelchen, kein gar nichts.
Judy Was mir wirklich gerade noch gefehlt h!
Helm Hops Das war wirklich mehr wie unangenehm. Mit dem zusammengeriebenen Papier zwischen den Zähnen.
Judy Und was ich jetzt machen soll, weiß ich überhaupt nicht
Elly Ich versteh noch immer nicht, wie das geschehen konnte.
Judy Mein Leben ein Scherbenhaufen.
Federica Fiel Oh, Kinder, glaubt ihr etwa, bei mir war es anders, als ich ein frisches Junggemüse war?
Elly Seit Ewigkeiten nicht.
Helm Hops Gerade war auch Gasson wieder hervorgetreten. Aus dem Café.
Federica Fiel Manchmal sind es nur ein paar Streiche, die das Leben streicht.
Helm Hops In der Tat war Judy seit Längerem Single, und dies beinahe auch schon aus Überzeugung. Also seit längerem keinen Freund. Insofern war Ellys Eingebung mit dem „wie das geschehen konnte“ gar nicht so sehr von der Hand zu weisen gewesen – ganz im Gegenteil. Es sei denn.
Elly Es sei denn.
Judy Doch, leider.
Elly Ich glaube, ich befürchte.
Judy Nur eine Gelegenheit.
Elly Ich befürchte, ich erahne.
Judy Wo es passieren konnte.
Elly Oh, Judy! Sag, dass das nicht wahr ist.
Federica Fiel Nicht alles, was man erahnt, muss man glauben, Kinder.
Helm Hops Das was sowohl Elly und Judy erahnten, im wahrsten Sinne des Wortes, beziehungsweise, befürchteten, nämlich das Entstandene, welches nun in Judys Bauch zu gedeihen gedachte, hatte tatsächlich vor ungefähr vier Monaten seinen Ursprung gehabt. Beziehungsweise Ausgangspunkt. Insofern stimmte zumindest das Zeitfenster, welches Bernbacher festgestellt hatte. So betrachtet hätte es während der Faschingszeit stattgefunden haben müssen. Wo zwei junge Frauen wie Elly und Judy mit ihrer ganzen Ungebundenheit, beziehungsweise Ungezwungenheit, sich in das Getümmel der verschiedenen Festivitäten gestürzt hatten. Schließlich landeten sie inmitten eines Tanzsaals, wo ein Ball gehalten wurde. Mit all dem Ausgiebigen und all dem Ausgelassenen, die für eine Veranstaltung dieser Art und Weise geradezu typisch waren. Ach so typisch, auf den Bänken wurde gesprungen und getanzt, ja, ja, auf den Bänken und Tischen und überall im ganzen Saal. Eine Polonäse nach der anderen in der übervollen Halle. So dass es schließlich enden musste, wie es dann auch geendet hatte. Zumindest im Falle von Judy, so dass sie in den späten Vormittagsstunden des darauffolgenden Tages in den Armen eines wildfremden Mannes in einem wildfremden Schlafzimmer erwachte. Zugegebenermaßen nicht schlecht ausgesehen, das hätte sie zweifelsfrei zugeben müssen. Damals, in den muskulösen Klauen jenes muskulösen Typen. Tief verkatert raffte sie dann ihre im ganzen Zimmer verstreute Klamotten zusammen. Unterm Strich betrachtet trennte man sich im gegenseitigen Einvernehmen, denn immerhin war ja auch sie eine Wildfremde. Eine Wildfremde für ihn, eine Wildfremde für einen Wildfremden. Und kaum, dass sie die wildfremde Klinke des wildfremden Schlafzimmers berührt hatte, rief er mit verkaterter, trockener Stimme hinterher: War‘ s denn wenigstens schön?
Judy Wie soll ich das wissen? Ich hab doch fast nichts mehr gemerkt.
Der Wildfremde Nicht nur du!
Helm Hops Nicht sonderlich viel maß Judy in der darauffolgenden Zeit dem Fakt bei, dass ihre Regel ausgefallen war. Nicht allzu lang ließ allerdings auch schon damals eine Empfehlung von Freundin Elly auf sich warten.
Elly damals An deiner Stelle würde ich mal zum Arzt gehen.
Helm Hops Sowie.
Elly damals Wer weiß, was du dir sonst noch so alles eingefangen hast. Schon verdächtig irgendwie.
Helm Hops Judy maß dem Ganzen, wie gesagt, nicht sonderlich viel bei. Trotz allem, trotz allen Unkenrufen, schließlich war es wirklich nicht zum ersten Mal gewesen, das Ausbleiben der Regel. Etwas, was ihr schon mehrfach widerfahren war in ihrem unterm Strich betrachtet doch noch recht jungen Leben. Ohne dass sich hinter her etwas Gravierendes verbarg. Einfach nur irgendwelche Unregelmäßigkeiten, Unregelmäßigkeiten der Regel, wenn man so wollte. Nicht mehr, umso mehr war Judy während ihres Aufsuchens von Doktor Bernbacher auf den Boden der Tatsache geholt worden. Mehr wie ihr hätte lieb sein können.
Judy versuchte ein Papierkügelchen, welches sich in der Tasse verirrt hatte, herauszufischen. Mit dem Löffel wohlgemerkt.
Elly Ach, Judy.
Judy Mein Leben. Vorbei.
Helm Hops Elly fasste ihre Hand.
Elly So etwas darf man nicht einmal denken.
Helm Hops Sie drückte sie noch fester, die Hand meine ich.
Elly Nicht mal denken.
Judy Am liebsten würde ich es wegmachen lassen.
Helm Hops Nun ließ Elly die Hand los.
Judy Ja, wegmachen lassen. Und alle Probleme wären gelöst.
Elly Na, dafür ist jetzt aber schon zu spät. Definitiv.
Judy Vielleicht hierzulande. Aber In Holland oder Polen. Da ist so was doch noch möglich. Ganz bestimmt.
Elly Äh, aber das meinst du doch wohl jetzt nicht wirklich im Ernst.
Judy Mir wird ja wohl kaum was anderes übrigbleiben.
Elly Nicht ganz ungefährlich in solchen Ländern. Was ich gehört habe. Und ganz billig auch nicht.
Federica Fiel Ja, richtig teuer sind die.
Helm Hops Kurzes Stillschweigen.
Federica Fiel Und Kurpfuscher sind das auch noch. Diese Kurpfuscher in Holland und Portugal.
Helm Hops Kurzes Stillschweigen.
Elly Wenn du nur damals meinen Rat befolgt hättest.
Judy Nutzt mir jetzt auch nichts mehr.
Elly Kein Grund, pampig zu werden.
Judy Ja, ja, schon gut. Kommt jetzt vielleicht noch das mit dem wenn du doch nur früher zum Bernbacher gegangen wärest?
Elly Oh, Judy - wenn‘ s doch aber den Nagel auf den Kopf trifft.
Judy Ach.
Helm Hops Kurzes Stillschweigen.
Elly Und dann auch noch ganz ohne Vater.
Helm Hops Judy war den Tränen nahe. Hatte begonnen, in ihrer Tasche zu kramen. Derweil hatte ein schlaksiger, noch nicht allzu alter Mann sich den Tischen vor dem Marienkäfer – Café genähert. In einer schwarzweiß karierten Hemdjacke, die weit über die Hose hing. Dies war kein Geringerer wie der Taxifahrer Leonid Zimmermann.
Federica Fiel Ah, Leonid, gut, dass du kommst.
Leonid Zimmermann Kein Wunder. Wenn mich der Lockruf ruft!
Helm Hops Die alte Frau versuchte, um Leonid herumzuschauen.
Federica Fiel Und wo hast du es?
Leonid Zimmermann Was soll ich wo haben?
Federica Fiel Na, dein Taxi. Oder hast du‘ s gar nicht mitgebracht.
Leonid Zimmermann Oh, bei aller Wertschätzung, Federica. Natürlich habe ich es mitgebracht.
Helm Hops Abermals schaute sie um ihn herum.
Leonid Zimmermann Außerhalb geparkt. Die Gassen hier in der Fußgängerzone einfach zu eng.
Federica Fiel Ach so. Aber dann musst du mir bei der Schlepperei helfen.
Leonid Zimmermann Überhaupt kein Thema. Schließlich gehört dies zum Service eines guten Taxifahrers dazu.
Gasson Warten Sie, ich helfe Ihnen.
Helm Hops Gasson wollte sich nach ihren Einkaufstaschen beugen, als Federica Einhalt gebot.
Federica Fiel Lassen Sie das ruhig mal den Leonid machen.
Helm Hops Federica erhob sich, allerdings so unglücklich, so dass ihr kleiner Rundtisch ins Wackeln geriet. Eine kleine Engelsfigur aus Porzellan, welches ein kleines Blumengefäß umfasste, kippte um, und zerbrach.
Federica Fiel Oh, das tut mir aber leid.
Gasson Das macht doch nichts. Sie können ja nichts dafür.
Federica Fiel Und wie leid es mir tut. Ich bezahl den Schaden natürlich.
Helm Hops Nicht um sich kurz noch Judy zuzuwenden.
Federicsa Fiel Und für Sie Kopf hoch. Wird schon alles wieder werden.
Helm Hops Gasson hielt die Teile des kaputten Engelsgebildes in die Hände.
Federica machte sich auf dem Weg. Mit Leonid, der ihre Einkaufszahlen hinter ihr herschleppte.
Elly Was suchst du eigentlich?
Helm Hops Denn Judy kramte noch immer in ihrer Handtasche.
Judy Zigaretten.
Elly Aber du rauchst doch gar nicht.
Helm Hops Judy ließ von der Tasche ab.
Judy Ach, stimmt ja.
Elly Und dann noch in deinem Zustand.
Judy Mich bloß nicht daran erinnern.
Elly Oh je, in dieser Hinsicht wird dir sowieso nichts erspart bleiben.
Judy Am besten, ich häng mich auf. Mein Leben einfach vorbei.
Elly Ja, ja. Und als ob wir das nicht gerade schon hatten.
Judy Wenn‘ s doch aber wahr ist.
Elly Du solltest mal lieber über so etwas wie den Vater deines Babys ausfindig machen nachdenken.
Judy Das geht doch nicht mehr! Und das weißt du ganz genau.
Elly Allein dem Unterhalt zuliebe.
Judy Aus den Augen, aus dem Sinn.
Helm Hops Elly wollte sich erheben, als sie bemerkte, dass sie ja noch immer das Zitronenkissen auf dem Schoß hatte. Kurzerhand drückte sie es ihrer Freundin zu.
Elly Ich denke, du wirst es jetzt gut gebrauchen können.
Judy Um Himmelswillen!
Elly Wenn es erstmal auf der Welt ist.
Helm Hops Die Frauen verließen den Bereich des Cafés.
Gasson Zu bezahlen scheint heute wohl auch niemand zu wollen.
J2: Judy in der City
Helm Hops Da Judy hoffnungslos zu spät war, was das Pausenende betraf, eilte sie über die mit Kopfsteinpflaster im Fußgängerbereich asphaltierten Gassen der Einkaufspassagen. Ja, Judy fegte geradezu über die Kopfsteine, so dass es beinahe schon zwangsläufig so kommen musste, wie es dann auch tatsächlich kam. Nach dem für sie ohnehin schon eigentlich völlig missratenen Tag, denn sie blieb mit einem Absatz zwischen den Ritzen des Kopfsteinpflasters hängen. Irgendwie, so dass sie mit dem Fuß zur Seite knickte, irgendwie. Noch ein Unglück nach all dem mit dem entdeckten Baby in ihrem Bauch, etwas was mit Sicherheit nicht gewollt war und so ohne Weiteres gleich dreimal nicht – nein, nie und nimmer.
Judy stolperte bis in eine Einfahrt, die sich zwischen zwei Shops befand. Den Schuh ausgezogen, begutachtete sie den Fuß. Es schmerzte ganz ordentlich, so als ob die Bänder zumindest etwas in Mitleidenschaft gezogen wären. Nach dem Umknicken, aber so genau hätte sie das nicht feststellen können. Immerhin war sie kein Arzt – ein Arzt wie dieser Doktor Bernbacher, ihrem ganz persönlichen Hiobsbotschafter. Zumindest für den heutigen Tag, wenn man so wollte.
Von weitem schlug eine Kirchturmuhr zur vollen Stunde. Eins war es jetzt, und von irgendwoher hallte es bis zu ihr in die enge Einfahrt, in die sie sich begeben hatte. Eine Stimme, doch von draußen kam sie nicht. Nicht von einer aus den Mengen, die auf den Gassen schlenderten. Vorbeiströmten an ihre Einfahrt, und weiblich klang sie, die Stimme, hell und durchaus lieblich. Vorsichtig schritt Judy bis in den Hof, zu dem die Einfahrt führte. Es war das Innere eines Häuserblocks, wo es außer den Fassaden eigentlich nicht viel zu sehen gab. Die Sonne stach mühselig bis zu ihr vor, es war merklich kühler geworden. Ein paar graue Wolken waren aufgezogen, und jene Stimme, welche ach so lieblich, erklang erneut. Obwohl niemand zu sehen war, niemand in dem tristen Hof. Eine Melodie, die erklang, und Judy war es so, dass sie sogar einige der Worte vernehmen konnte, zu sehr es auch hallte
Liebliche Engelsstimme Sei nicht traurig mein Kind,
hörst du den Klang meiner Stimme,
Und bin ich auch noch so fern,
In deinem Herzen bin ich dir nah.
Und vielleicht bin ich eines Tages wieder bei dir
Fühlst du den Klang meiner Stimme.
Und wenn Jahre vergehen dahin.
Und bin ich auch noch so fern,
Die ganze Welt wird dich schauen.
Die Hoffnung, irgendwann bin ich wieder bei dir.
Helm Hops Abermals schaute Judy sich um. Das Hallen der Stimme, doch einzuordnen für sie war das Ganze noch immer nicht. Aus einen der offenstehenden Fenster des Innenblocks, nein, es war einfach nichts auszumachen inmitten der Tristesse des tristen Hofes. Oder lag es schlichtweg an den Schmerzen? Insbesondere am Knöchel? Die sich noch mehr umso bemerkbarer machten, umso mehr sie sich wieder nach draußen begab. Auf den Asphalt, auf dem Kopfsteinpflaster, mit jedem Schritt, verflixt, und ein Zuspätkommen war ohnehin jetzt schon unvermeidbar gewesen.
Gerade schaffte es Judy um die Ecke, in eine noch engere Gasse, als sie mit jemand um Haaresbreite zusammengerumst wäre. So als ob dies ihr an jenem Tage noch gefehlt hätte. Ach, aber wenn dies doch schon alles gewesen wäre. Denn derjenige, auf dem sie beinahe geprallt wäre, nicht zuletzt aufgrund jener Eile, war jemand, bei dem sie gerade vorhin noch verweilt hatte nämlich niemand anderes wie Doktor Bernbacher.
Doktor Bernbacher Aber, aber, Fräulein Judy, nicht zu stürmisch.
Helm Hops Der honorige Doktor Bernbacher war bereits in den besten Jahren, will gesagt worden sein, nicht mehr der Allerjüngste. Sein sehr lichtes graues, glattes Haar wedelte in allen möglichen und unmöglichen Richtungen. So wie gerade der Wind, beziehungsweise so als ob er sich heute noch nicht gekämmt hätte.
Doktor Bernbacher Auf der anderen Seite gut, dass ich Sie nochmal antreffe. So erspare ich mir eine erneute Einladung für Sie.
Helm Hops Er trug eine hellbraune Aktentasche bei sich, bei der nicht eindeutig erschien, ob es wirklich eine Aktentasche war, oder dann doch seine Arzttasche.
Doktor Bernbacher Sie haben nämlich vorhin was vergessen.
Judy Vergessen?
Doktor Bernbacher Wenn ich‘ s doch sage, junges Fräulein.
Judy Oh, nein. Unmöglich.
Doktor Bernbacher Doch, Ihr Ultraschallfoto. Als sie vorhin aus meiner Praxis herausgestürmt sind.
Helm Hops Seine freundlich aufgesetzte Miene wirkte eher aufgesetzt denn freundlich.
Doktor Bernbacher Man kann bereits erkennen, was es wird. Man muss nur genau hinschauen.
Judy Ich.
Doktor Bernbacher Nur keine Sorge, Fräulein Judy.
Judy Äh, ich - ich muss dann auch weiter.
Doktor Bernbacher Ein Mädchen. Wozu man ihnen gar nicht genug gratulieren kann.
Helm Hops Judy versuchte nun, den Doktor einfach zu umgehen. Was gar nicht so einfach war. Der hatte derweil so etwas wie eine Broschüre aus seiner Akten- Arzttasche gezückt und es ihr geradezu fürsorglich entgegengedrückt.
Doktor Bernbacher Schauen Sie mal. Ein Flyer der Frauenklinik Anourthosis. Es ist im Übrigen eine der besten Frauenkliniken, die ich kenne.
Judy Um Himmelswillen, was soll ich denn damit?
Doktor Bernbacher Dort werden Sie in allerbesten Händen sein. Doktor Anourthosis ist im Übrigen einer der besten Ärzte, die ich kenne.
Judy Frauenklinik? Ich brauche eher jemand, der‘ s mir wegmacht.
Doktor Bernbacher Ah ja, wegmachen, junges Fräulein. So kann man es natürlich auch irgendwie bezeichnen. Aber kommen Sie doch am besten gleich morgen früh zu mir in die Praxis.
Judy Ich – ich befürchte.
Doktor Bernbacher Dann können wir Ihnen gleich die Überweisung ausstellen.
Judy Ich befürchte, ich habe keine Zeit.
Doktor Bernbacher Nur keine Sorge, junges Fräulein. Doktor Anourthosis ist einer der Besten, die ich kenne. Es wird alles gut.
Helm Hops Zum Glück für Judy war der restliche Weg zu ihrem Arbeitsplatz nicht mehr allzu weit. Im Großraumbüro einer Buchhaltung – Agentur, die vor allem für die vielen kleineren Shops hier in der Stadt ihre Dienste anbot. Beziehungsweise durchführte. Gerade hatte sie ihre Umhängetasche an ihren Schreibtisch gelehnt, als mit Konrad Conradi schon ihr Vorgesetzter aus der Tür trat, die zu dessen Büro führte.
Konrad Conradi Sie wissen aber schon, dass Sie viel zu spät sind.
Helm Hops Conradis Alter war schwierig zum Einschätzen gewesen. Aber wenn man gesagt hätte, um die dreißig, wäre man höchstwahrscheinlich ziemlich nahe gewesen. Höchstwahrscheinlich, der schwarze Anzug, den er trug, und vor allem die schwarze Krawatte über weißem Hemde ließen ihn noch dünner wirken, wie er ohnehin schon war. Ganz zu schweigen von der Brille auf seiner dünnen Nase im dünnen Gesicht.
Judy Entschuldigung. Es hat halt etwas länger gedauert. Beim Arzt.
Konrad Conradi Nicht, dass es am Ende was Ernstliches ist.
Judy Nein, dies wohl nicht gerade.
Konrad Conradi Ihre Magenverstimmung.
Judy Wirklich nicht zu schlimm.
Helm Hops Conradi rückte seine Brille zurecht.
Konrad Conradi Oder doch was Kleines unterwegs?
Helm Hops. Judy fuhr ein kalter Schauer durch die Glieder.
Judy W- wie – wie kommen Sie denn jetzt auf so etwas?
Konrad Conradi Ach, Sie. Bei euch Frauen weiß man doch nie.
Helm Hops Und schon wieder stupste er an seiner Brille herum.
Konrad Conradi Na.
Judy Nur keine Sorge. Alles in bester Ordnung.
Konrad Conradi Na, dann wollen wir es mal hoffen.
Helm Hops Das Gerede von dem Kerl, so als ob ihr dies gerade noch gefehlt hätte.
Judy Ich mach mich dann wieder an die Arbeit.
Konrad Conradi Auf jeden Fall können wir uns so etwas nicht leisten.
Helm Hops Judy setzte sich, und fing an, auf ihrem Schreibtisch Unterlagen zurechtzulegen.
Auch Conradi schien auf dem Weg zurück in sein Büro. Dann schien er das Zitronenkissen bemerkt zu haben, welches sie von Elly geschenkt bekommen hatte, und welches sie einfach auf den Schreibtisch gepfeffert hatte.
Konrad Conradi Oh, Judy, ich hab gar nicht gewusst, dass sie noch mit Kuscheltieren spielen.
Judy Tu ich ja auch nicht.
Konrad Conradi Das hätte ich nun wirklich nicht von Ihnen gedacht.
Judy Außerdem ist es mehr ein Kissen. Und weniger ein Kuscheltier.
Konrad Conradi Von dieser Seite kenn ich Sie ja gar nicht.
Helm Hops Der restliche Tag – der restliche Arbeitstag – verlief ohne besondere Vorkommnisse. Etwas nervös und hektisch vielleicht, doch immerhin. Zwischendrin rief sie in dem Shop an, in welchem Elly arbeitete.
Judy Du treffen wir uns nachher nochmal?
Elly Ja, können wir machen.
Judy Bei Gasson?
Elly Kann bei mir nur heute etwas länger dauern. Muss nämlich etwas länger arbeiten.
Judy Okay. Dann warte ich auf dich.
Elly Nacharbeiten genauer gesagt. Du glaubst ja gar nicht, was ich für einen Rüffel gekriegt habe.
Helm Hops Ah- doch irgendwann war wirklich mal Feierabend. Die Sonne war inzwischen am Untergehen. Judy hatte natürlich den Weg eingeschlagen, welcher sie zum Marienkäfer – Straßencafé führen sollte. Nur ein paar Steinwürfe entfernt, als sie festgehalten wurde.
Eine krächzende, männliche Stimme Eine Gabe! Eine milde Gabe!
Helm Hops Urplötzlich beziehungsweise wie aus heiterem Himmel, von hinten und am Ärmel. Judy zuckte zusammen. Hinter ihr war eine, kleiner, schrumpeliger in Lumpen gehüllter Mann. Der Bart war ungepflegt, schlichtweg, das ungekämmte, graue, wellige Haar fiel bis über die Schultern und wurde von den kühlen Winden, die die Gassen hier nun erreichten, zerzaust. Und in diesem Falle war hoffnungslos kein Ausdruck mehr. Nein, beileibe nicht. Auffälligstes Merkmal des Verschmutzten, welcher sich an einem langen Stab, der nichts weiter, wie ein langer, dünner, Ast war, stützte, beziehungsweise aufstützte, war der starre Blick seiner Augen. Die Pupillen bewegten sich nicht, und er schaute gen Himmel, wo die Sonne mehr und mehr am Untergehen gewesen war.
Blinder Eine milde Gabe! Eine milde Gabe, für einen armen, blinden Bettler.
Helm Hops Bei allem Krächzen hatte die Stimme einen besonnenen Unterton. Ja, um nicht zu sagen, einen besänftigenden. Judy indes bekam nichts heraus, nicht eine Silbe, nein, rein gar nichts.
Blinder Hey, junge Dame! Was mit Ihnen ist?
Helm Hops Judy es etwas mit der Angst zu tun bekommen hatte.
Judy N – nichts. Was soll denn sein?
Blinder Sie zittern ja.
Judy Ein Wunder? Sie zerdrücken meinen Arm ja förmlich.
Helm Hops Zugebenermaßen hatte der seltsam Anmutende, der irgendwie vermodert roch, Judys Arm tatsächlich fest im Griff. Um es vielleicht auch einmal wortwörtlich zu nehmen.
Blinder Oh, Entschuldigung. Tut mir natürlich leid.
Judy Braucht Ihnen nicht leid zu tun. Wenn sie mich nur einfach wieder loslassen würden.
Helm Hops Der Blinde ließ daraufhin etwas vom Druck ab, mit welchem er ihren dünnen Arm festhielt. Will gesagt worden sein, ganz ließ er noch nicht von ihr ab.
Blinder Scheint Ihnen wohl auch nicht gerade gut zu gehen.
Judy Nee, nicht gerade.
Helm Hops Nun ließ er dann doch ganz ab von ihr.
Judy Ich – ich möchte einfach nur nach Hause gehen.
Blinder Oh weh! Mir scheint ja was so, als ob ich Ihnen was geben müsste.
Helm Hops Er zückte einen Lederknäuel, der ihm in Bezug auf Schmutz, Zerzaustem und Vermodertem in nichts nachstand – aber auch rein gar nichts. Aus dem er eine Goldmünze entnahm, die wunderschön funkelte, und ihr entgegenhielt.
Judy W – was soll das denn jetzt?
Blinder Nehmen Sie sie ruhig, nehmen Sie ruhig. Sie scheinen es wirklich bitter nötig zu haben. Dass man Ihnen was Gutes tut.
Judy W- wie kommen Sie denn auf so etwas?
Blinder Genehmigen Sie sich doch damit zum Beispiel einen Cognac. Um Ihre Nervenkostüm ein klein wenig zu beruhigen.
Judy Kann ich doch gar nicht annehmen. Von einem wie Ihnen.
Blinder Nur keine Sorge.
Helm Hops Der Blinde hatte sich daraufhin wieder in Gang gesetzt.
Blinder Alles wird gut.
Helm Hops Nicht ohne noch einen draufzusetzen. Um es mal so zu sagen.
Blinder Im Übrigen ihr Zitronenkissen wirklich hübsch.
Judy Woher wollen Sie das denn wissen?
Blinder Ich weiß es eben.
Judy Ich meine, als Blinder.
Helm Hops Der Blinde sich wieder auf dem Weg gemacht hatte. Nach ein paar Schritten traf er auf etwas, was eine wie der Judy zuvor auch noch nicht aufgefallen war, zumindest nicht wirklich: nämlich eine hellgrüne Bretterbude. Die Bretterbude nicht sonderlich hoch war. Auch nicht sonderlich breit, und wie gesagt, aus hellgrünen Planken zusammengeflickt. Beziehungsweise zusammengebastelt. Auf dem schmalen Giebel des Gebildes ein paar Buchstaben in roter Farbe: „Bei Butsch“.
Platz innendrin gerade mal für ein Männchen, und in diesem Falle man den Begriff „Männchen“ wortwörtlich zu nehmen hatte. Das mit einem hellgrünen Wams, an dem rote Knöpfe hingen, bekleidet war. Auch das Spitzhütchen hellgrün, das Gesicht schmal und mit einem hellen Spitzbärchen versehen. Feil bot er Paradiesäpfel; doch, doch, offenbar dem so war.
Blinder Haben Sie nichts Anderes?
Butsch Im Angebot, mein Bester. Was wollen Sie mehr?
Blinder Also gut, von mir aus, meinetwegen.
Butsch Mit dem allergrößten Vergnügen.
Helm Hops Butsch wickelte einen der rot glasierten Äpfel in Papier, welches man normalerweise fürs Butterbrot einpacken kannte, ein, während der Blinde in seinem Knäuel wühlte.
Blinder Oh weh – ich, befürchte, ich habe nicht mehr genügend Bares.
Butsch Dann bezahlen Sie eben morgen.
Blinder Das kann ich doch gar nicht annehmen.
Butsch Oh doch, das können Sie. Alles kein Problem.
Judy Ich kann doch für Sie bezahlen.
Helm Hops Denn immerhin hielt sie noch immer die glitzernde Goldmünze vom Blinden in den Händen. Doch hatte der sich schon wieder in Gang gesetzt.
J3: Eine Goldmünze für Gasson
Helm Hops Gott sei Dank war für Judy der Weg bis zum Marienkäfer – Café, wo sie sich ja mit Elly, ihrer besten Freundin verabredet hatte, nicht mehr allzu weit. Nur noch ein paar Steinwürfe nach der seltsamen Begegnung mit dem Blinden. Von der beinahe noch seltsameren mit dem hellgrünen Paradiesäpfel– Händler ganz zu schweigen.
Da es zunehmend kälter geworden war, nicht zuletzt, weil die Sonne mehr und mehr am Untergehen war, setzte sie sich ins Innere des Cafés.
Gasson Madam Judy!
Helm Hops Er beäugte die junge Frau.
Judy Was ist denn los mit Ihnen?
Gasson Ungewohnt.
Judy Bringen Sie mir lieber mal einen Milchkaffee. Bevor Sie mir weiter auf die Nerven gehen.
Gasson Mit dem größten Vergnügen.
Judy Und am besten noch einen Cognac.
Gasson Ungewohnt!
Judy Oh, Gasson! Wenn man mit Ihnen nur nicht immer so ein Kreuz hätte.
Helm Hops Eine halbe Stunde war vergangen, in welcher Judy bereits zwei Cognac verdrückt hatte. Ständig schaute sie auf eine Kuckucksuhr, die an der Wand im Café hing, was ihr zusätzlich auf die Nerven ging, als Elly dann doch noch eintrat.
Judy Da bist du ja. Endlich.
Gasson Ungewohnt!
Elly Oh, Gasson! Bringen Sie mir lieber was! Als so blöde herumzustehen!
Gasson Mit dem allergrößten Vergnügen!
Helm Hops Elly setzte sich.
Elly Sie stehen ja noch immer herum. Auf, auf, jetzt holen Sie doch endlich etwas.
Gasson Aber Madam Elly, ich weiß doch noch gar nicht, was.
Elly Ach ja, stimmt ja. Habe ja noch gar nichts bestellt.
Judy Wie wär‘s mit einem Cognac?
Gasson Ungewohnt.
Judy Ich lade dich auch ein.
Elly Huch – wie komme ich denn zu dieser Ehre?
Judy Nur keine falsche Bescheidenheit.
Elly Na, dann würde ich lieber ein Bier nehmen. Ein schönes, großes, kaltes Bier. Wenn‘ s dir recht ist.
Judy Gasson, Sie haben es ja gehört.
Gasson Ungewohnt.
Judy Nun machen Sie schon und walten Ihres Amtes. Und für mich noch einen Cognac.
Elly Ungewohnt.
Helm Hops Gasson zog ab. Alsbald die beiden jungen Frauen ihre Getränke serviert bekommen hatten.
Judy Elly, was mit dir ist?
Elly Nichts, was schon sollte mit mir sein?
Judy Du sagst ja gar nichts.
Elly Nein, ich meine doch nur.
Judy Sag schon, was los ist.
Elly Ungewohnt.
Judy Ungewohnt?
Elly Dass du Alkohol trinkst.
Judy Sind doch nur ein paar Cognac.
Elly Ich meine doch nur.
Judy Tun gut. Nach all den Aufregungen heute.
Elly Wegen deinem Kind.
Helm Hops Judy lehnte sich ganz weit zurück. Ja, entspannt wirkte sie vielleicht zum ersten Mal an dem sich inzwischen in den Abendstunden befindlichen Tag.
Judy Ah! Aus dieser Richtung kräht der Hand.
Elly Ja, natürlich. Oder was dachtest du denn?
Judy Aber deswegen brauchst du dir nun wirklich keine Sorgen machen.
Elly Kinder kriegen und Alkohol können in den seltensten Fällen Freunde sein. Und das weißt du ganz genau.
Judy Ich habe doch gar nicht die Absicht, es zu kriegen.
Elly Judy!
Judy Nichts Judy! Ein Kind kann ich einfach nicht gebrauchen!
Elly Du – du willst es doch nicht wirklich wegmachen lassen?
Judy Doch, du hast es erfasst. Genau das hab ich vor.
Elly Oh, Judy. Beim besten Willen! Aber das kann doch nicht dein Ernst sein!
Judy Und wie es mein Ernst ist. Allein wegen meinem Job. Der Conradi schmeißt mich raus, wenn er erfährt, dass bei mir was unterwegs ist. Und zwar hochkant!
Helm Hops Elly nahm einen tiefen Schluck. Von ihrem Bier.
Elly Auch kein Argument. Wenn du mich fragst.
Judy Ich frag dich aber nicht. Und mein Entschluss steht fest.
Elly Wenn du dir das mal so einfach vorstellst.
Judy Tu ich ja nicht.
Elly Allein vom Gesetz her. Immerhin bist du schon im vierten Monat. Solltest du bedenken.
Judy Das weiß ich selber. Aber im Ausland.
Elly Auch nicht so einfach.
Judy In Polen. Oder Holland.
Elly Gefährlich.
Judy Gleich morgen fang ich mit der Suche nach einer Klinik an.
Elly Und nicht ganz billig sind die.
Judy Aber wenn der Conradi mich rausschmeißt, komme ich noch schlechter weg. Etwas, was einfach zu bedenken ist.
Elly Oh ja – das sollte man wirklich bedenken.
Judy Ich zahle dann.
Helm Hops Judy schnippte mit den Fingern nach Gasson.
Judy Gasson!
Gasson Aber gerne doch.
Judy Alles auf meinen Deckel.
Gasson Alles?”
Judy Oh, Gasson!
Gasson Ungewohnt.
Helm Hops Judy wühlte in ihrem Geldbeutel herum.
Judy Einen Moment.
Gasson Hauptsache, es bezahlt überhaupt mal jemand.
Judy Ich hatte vorhin doch noch so furchtbar viel Kleingeld.
Elly Ach, Judy, lass doch. Schließlich hab ich auch was.
Helm Hops Doch dann zückte Judy die Goldmünze, die sie vorhin noch vom Blinden geschenkt bekommen hatte, hervor.
Judy Tut mir leid, Gasson. Ich hab leider nichts anderes.
Elly Oh, wie der glitzert.
Helm Hops Gasson begutachtete die Münze von beiden Seiten.
Gasson Oh, so viel Wechselgeld habe in meinem Portemonnaie aber nicht.
Elly Einfach nur wunderschön.
Gasson Ich fürchte, ich muss erst zur Kasse gehen.
Helm Hops Gasson verschwand hinter der Theke des Cafés.
Elly Ich hab gar nicht gewusst, dass du so reich bist.
Judy Bin ich auch nicht.
Elly Die schöne Münze! Wie du nur zu ihr gekommen bist!
Judy Wenn ich‘ s dir sage, glaubst du es ja sowieso nicht.
Elly Ach, Judy! So lange wie wir uns kennen.
Judy Also, na schön. Weil‘ s du bist: von einem blinden Bettler.
Elly Was!
Judy Ja, du hast schon richtig gehört.
Elly Als ob du das nötig hättest.
Helm Hops Gasson huschte zurück; schnellen Schrittes wohlgemerkt. Er zählte für Judy ein kräftiges Bündel auf den Tisch, einen Hunderter nach dem anderen, ein richtiger Batzen.
Judy Was? So viel?
Elly Mensch, du bist ja wirklich reich.
Gasson Hauptsache, es ist überhaupt mal bezahlt worden.
Helm Hops Gasson zog sich erneut zurück.
Judy Oh, Elly, dann nimmt der Tag doch noch ein gutes Ende.
Elly Zumindest wird es dunkel draußen.
Judy Nein, du verstehst nicht. Mein Vorhaben.
Elly Dein Vorhaben?
Judy Ja, mit dem Kind wegmachen.
Elly Oh, Elly, überleg‘ s dir doch nochmal.
Judy