Von Anmerkung und Geisterhand - Tarius Toxditis - E-Book

Von Anmerkung und Geisterhand E-Book

Tarius Toxditis

0,0

Beschreibung

Laut Duden ist die Anmerkung weiterhin nichts weiter wie eine mündliche Äußerung. Oder eine nähere Erklärung oder Beschreibung. Zu einem Text zum Beispiel. Die Geisterhand hingegen gilt mehr als Sinnbild für höhere Macht. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an- oder vielleicht etwa doch nicht? Auf der anderen Seite ist die Anmerkung eine unsichtbare, abstrakte Erscheinung. Aber die Geisterhand nicht eigentlich auch? Eine unsichtbare, abstrakte Erscheinung? Also dann doch Gleichgepolte! Was sich in der Regel abstößt! Bekanntermaßen zumindest. Und ausgerechnet solche werden zusammengewürfelt? Hinzu kommt ja wohl auch noch, dass gerade die Geisterhand nicht unbedingt wie ein Kind zur Jungfrau geraten ist. Nein, mitnichten, zumal das Wiedergeben von Geschichten nicht gerade zu ihren Metiers zählt. Was sie auch unumwunden zugibt. Weshalb man dennoch auf sie zurückgegriffen? Dann doch nur Lückenbüßer- Mentalitäten? Denn kaum jemand erscheint für das Erzählen besser prädestiniert wie die Grille Helm Hops. Die hat man allerdings für die Schilderung der B- Geschichte abkommandiert. Nicht, dass das Ganze dann doch der Tatsache geschuldet, dass die Geschichte, für die die Geisterhand nun zuständig, ihren Ausgangspunkt an einem Gully vor einer Bankfiliale hat. Im Übrigen vor der Bankfiliale, in welcher sich die Geisterhand sowieso meistens aufhält. Wo sie sich am liebsten auf einer Lauer aalt. Doch es stinkt zum Himmel. Der Gully ist nämlich geöffnet. Und nicht nur zum Leidwesen von Kalle Mitzwitz, der auf der anderen Straßenseite eine Imbissbude betreibt. Auch die Anmerkung, unter anderem für das Freischaufeln der Bühne zuständig, äußert Bedenken. Vor allem, welchen Sinn es denn mache, den Vorhang ausgerechnet an einem geöffneten Gully zu lüften. Zumal das Wiederzugebende überhaupt nicht in der Bankfiliale stattfindet. Beziehungsweise stattgefunden hat- Pläsir hin, ähem her. Und was ist jetzt eigentlich mit Helm Hops? Und ihrer B- Geschichte…

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 358

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



INHALT VON ANMERKUNG UND GEISTERHAND

A-Geschichte (Von Anmerkung und Geisterhand): diesmal unter anderem dabei):

A1: Vorhang auf

A2: Von Anmerkung und Geisterhand

A3: Vor dem Imbiss

A4: An der Kreuzung

A5: In der Tankstelle Tunkel

A6: Im Islamischen Zentrum

A7: An der Haltestelle

A8: Im Antiquitätenladen

A9: Während der Abenddämmerung

A10: Am Stammtisch

A11: An den anderen Tischen

A12: Am Tresen

A13: In der Kneipe

A14: In der Küche

A15: Übergabe des Puppenhauses

A16: Nochmal vor der Tankstelle

A17: In einer Scheune

A18: Im Schlosspark I

A19: Im Schlosspark II

A20: Vor dem Brunnen

A21:Tissies Zimmer

A22: Vorbereitungen für die B- Geschichte

B- Geschichte (Marina auf die Straße): diesmal unter anderem dabei

B1: Im Marienkäfer- Café

B2: Bei der Sprechstundenhilfe

B3: Bei Doktor Bernbacher

B4: In der Textil- Manufaktur

B5: Wieder bei Gasson

B6: Wieder in der Praxis

B7: Auf der Trauerfeier

B8: Wieder daheim

B9: Unterwegs

B10: Die Taufe

B11: In der Kanzlei

B12: Am Stadtrand

B13: Im Häuschen am Stadtrand

B14: In der Schneiderei

B15: Am Zaun einer Hecke

B16: Besuch vom Jugendamt

B17: Marinas neues Zuhause

B18: Der Makler

B19: Im Wald

B20: Marina auf die Straße

B21: Im roten Tuch

B22: Der Staatsanwalt

B23: Die Rückfahrt

B24: Auf dem Friedhof

B25: Wieder zu Hause

B- Geschichte (Marina auf die Straße): diesmal dabei gewesen:

A23: Restart A- Geschichte

A24: Die Warmlampe

A25: Pluto

A26: Sella und Selfus

A27: In der Autowaschanlage

A28: Das zauberhafte Puppenhaus

A29: Im Elektrowagen

A30: Das Fallen des Vorhangs

A-Geschichte (Von Anmerkung und Geisterhand): diesmal dabei gewesen:

A-Geschichte (Von Anmerkung und Geisterhand): diesmal unter anderem dabei):

Geisterhand unsichtbare, abstrakte Erscheinung, Erzählerin der A- Geschichte

Anmerkung unsichtbare, abstrakte Erscheinung, Co- Erzählerin der A- Geschichte

Berry Weckerknecht Straßenkehrer

Anne Hoch Wirtstochter

Hasan Ibrahim RahmanImam der Vorstadt- Moschee

Tissie Andere Billionärs- Ur- Enkelin

Madeleine Wurm Busfahrerin

Blinder Stadtstreicher

Warmlampe Lichtgestalt

Karmin- Jupp Tyrannosaurus Rex; Schlosswächter

Sella Rochen- Dame im Pazifik

Tankwart Tunkel Tankwart

A1: Vorhang auf

Geisterhand Ich bin die fleißige Geisterhand und.

Anmerkung Was?

Geisterhand Ja! Und wie! Dazu überaußerordentlich gewandt!

Anmerkung Dass ich nicht lache!

Geisterhand Ach, was für ein Pläsir!

Anmerkung Für jemand, der den ganzen Tag nichts Besseres zu tun hat? Wie auf einer Lauer herum zu aalen?

Geisterhand Tja, mein Lieber, von nichts kommt nun mal nichts!

Anmerkung Und dann auch noch mitten in einer Bank!

Geisterhand In meiner geliebten Bank wohlgemerkt!

Anmerkung Bist trotzdem noch nicht dran.

Geisterhand Oh natürlich bin ich dran. Und wie ich dran bin. Oder glaubst du etwa, man mich umsonst für die heutige Geschichte auserkoren hat?

Anmerkung Was allerdings auch mir ein Rätsel ist. Ehrlich gesagt.

Geisterhand Nicht nur dir. Schätzungsweise hat‘ s was mit dem Ort des Geschehens zu tun.

Anmerkung Jetzt versteh ich überhaupt nichts mehr. Ich meine, wo unsere kleine Geschichte doch überhaupt nicht in einer Bank stattfindet! Und in deiner gleich dreimal nicht!

Geisterhand Nein, das stimmt schon, das hast du schon Recht. Doch unmittelbar davor!

Anmerkung Da ist doch gar nichts.

Geisterhand Hast du vielleicht ‚ne Ahnung.

Anmerkung Höchstens- aber nein, daran darf man ja nicht einmal denken.

Geisterhand Sprich dich nur aus.

Anmerkung Doch nicht der offene Gully!

Geisterhand Da schau mal her, scheinst ja doch Ahnung zu haben. Zumindest ein klein wenig.

Anmerkung Aber das, ich meine, das kann doch nicht dein Ernst sein.

Geisterhand Also der Schauplatz des Geschehens ist von mir ja nun auch nicht gerade ausgeguckt worden. Allerdings wenn wir so weitermachen.

Anmerkung Wie darf ich das denn nun schon wieder verstehen?

Geisterhand Was wir allein durch deine Plapperei jetzt schon an Zeit verloren haben.

Anmerkung Das liegt ja nun wirklich nicht an mir!

Geisterhand Oh, und wie es an dir liegt!

Anmerkung Gar nicht wahr!

Geisterhand Auf jeden Fall muss ich machen jetzt. Sonst werden wir ja nie fertig.

Also nochmal von vorn: ich bin die fröhliche Geisterhand, unsichtbar und sehr bekannt.

Anmerkung Halt, halt!

Geisterhand Was ist denn jetzt schon wieder? Schon wieder du unnötig aufhältst!

Anmerkung Als ob ich s nicht gerade erwähnt habe mit dem nicht Dransein.

Geisterhand Und ich das mit dem Auserkoren sein! Falls ich dich zart erinnern darf!

Anmerkung Nein, darfst du nicht!

Geisterhand Hört, hört! Und wieso nicht?

Anmerkung Hallo! Weil die Bühne vielleicht zuerst freigeschaufelt werden sollte?

Geisterhand Wieso Bühne?

Anmerkung Und der Vorhang gehoben!

Geisterhand Vorhang? Vor einem Gully?

Anmerkung Beeilung jetzt! Einfach voranmachen!

Geisterhand Du bist es doch, der dauernd stört und unterbricht.

Anmerkung Allmählich reicht es! Das kann doch nicht dein Ernst sein!

Geisterhand Und wie es mein Ernst ist. Nicht umsonst bin ich die unsichtbare Geisterhand,

stets auf der Lauer, mitten in der Bank!

Anmerkung Jetzt halt dich doch wirklich mal zurück!

Geisterhand Wie?

Anmerkung Ähem!

Geisterhand Ja, ja, schon gut! Von mir aus, schließlich es an mir auch nicht scheitern soll. Wobei unter Pläsir allerdings schon was anderes zu verstehen ist.

Anmerkung Oh je!

Ähem- also, verehrtes Publikum,

hiermit möchte ich mich für Ihr Erscheinen bedanken! Und Sie recht herzlich willkommen heißen hier bei uns auf der Bühne! Beziehungsweise vor dem Vorhang!

Geisterhand Und ich dachte in der Bank! Oder etwa jetzt doch nicht?

Anmerkung Funkt‘ s du etwa schon wieder dazwischen?

Geisterhand Vor dem Gully.

Anmerkung Ich gib‘ s auf.

Sehr verehrtes Publikum, ich denke, dass Sie jetzt schon verfolgt haben, was sich hier die im Moment noch abspielt. Auch darum würde ich sagen, bevor wir weiter herum machen: Vorhang auf, Bühne frei!

Geisterhand Müsste es nicht eigentlich „Gully auf, Bank frei“ heißen?

Anmerkung Ähem!

Geisterhand Ach, was für ein Pläsir!

Anmerkung Also, verehrtes Publikum, Bank auf, Gully frei! Für die Geisterhand. Wozu ich Ihnen viel Vergnügen wünsche!

Geisterhand Verzückt ich bin.

Anmerkung Nanu!

Geisterhand Nix nanu!

Anmerkung Ich meine, wo du doch sonst immer mit deinem Pläsir angelatscht kommst.

Geisterhand Stimmt eigentlich.

Anmerkung Oh je!

A2: Von Anmerkung und Geisterhand

Geisterhand So, werte Besucherin.

Anmerkung Beziehungsweise Besucher, nicht wahr?

Geisterhand Funk du jetzt bitte aber auch nicht dauernd dazwischen.

Anmerkung Ähem!

Geisterhand Also, weiter im Text, der da lautet: herzlich Willkommen und ein freundliches Hallo auch von mir hier aus der Bank, in welcher ich mich augenblicklich befinde.

Ich selbst bin die freundliche Geisterhand, alles andere wie unnahbar und durchaus galant. Und der heutige Begleiter der heutigen Geschichte.

Warum ich Sie aus der Bank begrüße, hat im Übrigen gleich mehrere Gründe. Zum einen, weil unsere Geschichte unmittelbar davor begann. Beziehungsweise ihren Lauf nahm. Davor bedeutet am Gully, aber ich denke, dass wir dies jetzt schon hatten- Bank oder Bühne hin, Vorhang oder Absperrung her!

Zum anderen man mich für unsere Geschichte auserkoren hat- Pläsir hin, Pläsir her.

Obwohl das Erzählen nicht unbedingt zu meinen Metiers zählt! Nein, etwas, was zweifelsohne behauptet werden kann.

Dass man dennoch auf mich zurückgegriffen, hat auch damit zu tun, dass unser eigentlicher Erzähler abhandengekommen ist. Ich spreche natürlich von der Grille Helm Hops, die im nahegelegenen Stadtwald wohnt.

Ja, ja, der gute alte Helm Hops, der weitaus Erfahrenste in unserer Gegend. was das Vortragen und Wiedergeben von Geschichten betrifft. Also demnach kaum einer besser prädestiniert. Warum er allerdings für unsere heutige Geschichte nicht zum Zuge kommt, hat was damit zu tun- na ja, wie soll ich sagen? Ich möchte nämlich natürlich nicht zu viel vorwegnehmen auf der anderen Seite.

Anmerkung Sag‘ s doch einfach. Frei raus.

Geisterhand Als ob ich nicht schon dabei wäre.

Anmerkung Auf der anderen Seite.

Geisterhand Wie?

Anmerkung Ach, nichts.

Geisterhand Also, es könnte, beziehungsweise es hat was damit zu tun, dass Helm Hops heute selbst mitwirkt.

Anmerkung Du meinst in unserer Geschichte mitwirkt.

Geisterhand Ja, beziehungsweise auftaucht.

Anmerkung Wohl nicht in einer ganz bestimmten Funktion- oder vielleicht etwa doch?

Geisterhand Beziehungsweise Rolle. Aber ob wir dabei nicht jetzt wirklich zu weit gehen würden? Was das Vorwegnehmen angeht?

Anmerkung Was spricht denn dagegen, wenn wir dies jetzt auch schon verraten?

Geisterhand Nicht, dass unsere Geschichte an Dramaturgie einbüßt.

Anmerkung Als was soll Helm Hops außerdem schon auftreten?

Geisterhand Wenn du mich so fragst: keine Ahnung.

Anmerkung Oh je, dann denk mal nach!

Geisterhand Ich fürchte, ich steh gerade auf‘ m Schlauch.

Anmerkung Als Geschichtenerzähler natürlich!

Geisterhand Aber ja doch! Natürlich!

Anmerkung Oh je!

Geisterhand Dass ich nicht selbst draufgekommen bin!

Anmerkung Wie denn? Wo du doch auf einem Schlauch verweilst.

Geisterhand Was für ein Pläsir! Ein Geschichteerzähler in unserer Geschichte.

Anmerkung Mach lieber weiter!

Geisterhand Jetzt, wo du‘ s gesagt hast.

Anmerkung Oh je!

Geisterhand Ich glaub, jetzt fällt‘ s mir auch wieder ein.

Anmerkung Also, wenn das so weiter geht.

Geisterhand Mich ab jetzt einfach nur machen lassen. Dann wird das schon.

Anmerkung Oh je!

Geisterhand Ja, werter Besucher.

Anmerkung Besucherin nicht zu vergessen. Nicht wahr?

Geisterhand Also nachdem jetzt schon geklärt ist, dass wir im Laufe unserer gemeinsamen Zeit auf Helm Hops treffen werden, wollen wir wieder zurück auf unsere ursprüngliche Geschichte kommen. Die, aber ich denke, dies ist jetzt mehrfach erwähnt worden, am Gully vor unserer Bank losgeht. Beziehungsweise in den Startlöchern steht.

Wichtig vielleicht noch zu sagen in diesem Zusammenhang, dass unsere Bank eigentlich nur eine Filiale ist, die sich an einer Vorstadt - Hauptstraße befindet.

Gegenüber von uns der Imbiss von Kalle Mitzwitz, und daneben der Antiquitätenladen vom alten Abraham. Beides gleichsam lang eingesessene Institutionen hier bei uns in der Vorstadt. Und auf Beides werden wir wohl noch zurückkommen im Laufe unserer Geschichte.

Und ich glaube, so langsam freue ich mich doch darauf, so wenig das Geschichteerzählen mir wie ein Pläsir erscheint. Aber was heißt dies schon?

Neben Abrahams Laden dann im Übrigen noch ein langgezogener Maschendrahtzaun, hinter welchem sich ein Schulhof befindet.

Jedoch auch wir auf unserer Seite nicht gänzlich allein; an unserer beschaulichen Bankfiliale grenzt die kleine beschauliche Pension der pensionierten Pensionswirtin Federica Fiel. Und auch hier könnten im Laufe unserer Geschichte Bewegungen stattfinden; ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen.

Zwischen Pension und meiner Bank beziehungsweise Imbiss und Antiquitäten ist die Fahrbahn unserer Hauptstraße zweispurig; für jede Richtung eine. Der Verkehr hier nicht allzu stark, so dass die Straße an dieser Stelle spielendleicht überquert werden kann. Auch ist sie breit genug, wenn, ja, wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre. Und ob es sich in diesem Falle wirklich um ein Pläsir handelt? Na also, weiß nicht, ehrlich gesagt.

Tja, und dieses „wenn“ ist der geöffnete Gully mitten auf der Straße; umzingelt von rot-weißen Absperrbändern, so dass die Fahrspuren, in beiden Richtungen wohlgemerkt, eingeengt sind. Gerade größere Vehikel wie Lastwagen oder Linienbusse sind genötigt, an dieser Stelle abzubremsen. Vorsichtig umkurvt, wobei sie nicht selten die Bordsteinkante mitbenutzen müssen, um wenigstens halbwegs vorbeizukommen.

Zu alldem scheint es sich hierbei um eine Art Dauerbaustelle zu handeln; denn wie lange sie existiert, das weiß keiner von uns. Oder gar wie lange noch, nein, dies auch nicht gerade; nicht einmal derjenige, der sich stets innerhalb der Absperrung befindet; von morgens bis abends wohlgemerkt.

Dies ist freilich kein Geringerer wie der Kanalarbeiter Gunnar Günsch. Wer nun annimmt, er würde den ganzen Tag hinauf- und runterklettern, um seinen Job zu tun, könnte sich leicht getäuscht werden, leichter, wie man vielleicht annehmen könnte.

In Wirklichkeit sitzt Gunnar auf einem Klappstuhl, der an dem eines Theater- oder Filmregisseurs erinnert, unmittelbar neben dem offenen Kanal, und zwar von morgens bis abends. In der Regel bewaffnet, um auch mal solch einen Ausdruck zu verwenden, mit einer großen Flasche Orangenlimo beziehungsweise Salamistulle, wahlweise auch mal mit Kochschinken belegt, von morgens bis abends. Eindrücke, dass er jemals auch nur einen Handstrich im Kanal vollzogen hätte, kann man eigentlich so gut wie gar nicht wahrnehmen, von morgens bis abends. Und ebenfalls von morgens bis abends zieht er gehörigen Unmut auf sich, sowohl von den Vorbeifahrenden wie auch von Passanten und Anliegern; im besonderen Maße von Kalle Mitzwitz, dem Betreiber der Imbissbude; doch, doch, ganz zweifelsohne dem so ist.

Als Beispiel möge hierzu ein Dialog zwischen den beiden, welcher sich nahezu täglich wiederholt, dienen:

Kalle Mitzwitz Wann machst du nun endlich mal deinen Deckel zu?

Gunnar Günsch Gut Ding braucht nun mal sein Weilchen.

Kalle Mitzwitz Es stinkt bis zum Himmel!

Gunnar Günsch Was du nicht sagst!

Kalle Mitzwitz Unglaublich alles hier!

Geisterhand Und nachdem ich Ihnen nun unseren Straßenabschnitt etwas nähergebracht habe, können wir mit unserer Geschichte endlich loslegen!

Anmerkung Ähem!

Geisterhand Was denn jetzt noch?

Anmerkung Als ob du nicht noch was vergessen hättest.

Geisterhand Wie denn, Kleiner? Wenn ich noch gar nicht angefangen habe.

Anmerkung Kleiner ist die eine Sache.

Geisterhand Und du erahnst ja gar nicht, wie sehr ich mich inzwischen auf unsere kleine Geschichte freue.

Anmerkung Kleinigkeit eine andere.

Geisterhand Huch! In Rätseln du sprichst!

Anmerkung Ähem!

Geisterhand Nicht unbedingt ein Pläsir!

Anmerkung Mich.

Geisterhand Wie mich?

Anmerkung Mich halt. Oh je!

Geisterhand Nix oh je!

Anmerkung Ähem!

Geisterhand Ich glaub, ich mutmaße, auf welchem Dampfer du gerade schwimmst!

Anmerkung Also dann doch oh je!

Geisterhand Also schön.

Anmerkung Als ob du nicht schon dabei wärst, nicht wahr?

Geisterhand Werte Besucherin, werte Besucher, worauf mich die Anmerkung hat aufmerksam machen wollen, obwohl dies nicht unbedingt notwendig gewesen wäre ist sie auch mal vorzustellen- mit „sie“ ist natürlich die Anmerkung selbst gemeint.

Die Anmerkung selbst ist nichts weiter wie eine abstrakte Erscheinung, und gleichsam unsichtbar wie ich. Ach, was für ein verbindendes Pläsir. Jedoch dies natürlich nur am Rande.

Laut Duden ist die Anmerkung weiterhin nichts weiter wie eine mündliche Äußerung. Oder eine nähere Erklärung oder Beschreibung. Zu einem Text zum Beispiel.

In unserem Falle sie mir heute assistieren wird.

Anmerkung Na, ob ich mich darauf wirklich freue?

Geisterhand Ich denke, dass sich dies noch erweisen wird.

Anmerkung Da hast du vollkommen Recht.

Geisterhand Liebe Besucherin, die Anmerkung.

Anmerkung Ganz zu schweigen der Besucher. Nicht wahr?

Geisterhand Die Anmerkung. Ich meine, für heute wird die Anmerkung vor allem in ergänzender Weise beistehen. Am besten mal ein kleines Beispiel. Na, wie wäre es?

Anmerkung Äh!

Geisterhand Nur eine kleine Kostprobe.

Anmerkung Damit habe ich jetzt eigentlich nicht gerechnet. Ehrlich gesagt.

Geisterhand Auf, jetzt darfst du natürlich auch kein Frosch sein.

Anmerkung Also bevor du mich schlägst. Nur.

Geisterhand So gefällst du mir schon wieder viel besser.

Anmerkung Nur welches Beispiel nimm ich? In aller Kürze, schließlich bin ich nicht vorbereitet.Geisterhand Weiß ich jetzt eigentlich auch nicht. Ehrlich gesagt. Doch wozu in die Ferne schweifen?

Anmerkung Nein!

Geisterhand Warum denn nicht?

Anmerkung Doch nicht etwa Gunnar!

Geisterhand Ja, warum denn nicht?

Anmerkung Zu dem gibt es doch nun wirklich nicht mehr allzu viel zu sagen.

Geisterhand Umso besser.

Anmerkung Höchstens, dass er nicht allzu groß, leicht untersetzt, und in bestem Mannesalter.

Geisterhand Schau mal her! Geht ja doch!

Anmerkung Und dass er stets mit orangefarbener Kanalarbeiterkluft bekleidet.

Geisterhand Na, wer sagt‘ s denn?

Anmerkung Nur.

Geisterhand Und genügt auch schon. Vollkommen, was für ein Pläsir!

Anmerkung Bliebe nur noch eines offen.

Geisterhand Na klar! Der Gully!

Anmerkung Nämlich in welchem Tempus die Geschichte wiedergeben wird?

Geisterhand Wie du jetzt auf so etwas kommst?

Anmerkung Da doch der Gully immer offen ist. So auch jetzt gerade, in diesem Augenblick.

Geisterhand Ich steh gerade auf dem Schlauch.

Anmerkung Oh je! Und dies jetzt schon zum zweiten Mal!

Geisterhand Worauf du hinauswillst?

Anmerkung Der in diesem Augenblick offenstehende Gully. Spricht also eher für das Präsens.

Geisterhand Ach so! Aus dieser Richtung der Hahn kräht!

Anmerkung Groschen gefallen?

Geisterhand Aber mein Lieber, das ist doch nun wirklich ganz einfach.

Anmerkung Mit Donnerhall abwärts?

Geisterhand Unsere Geschichte. Liegt ja auch erst ein paar Tage zurück.

Anmerkung Also dann doch das Imperfekt.

Geisterhand Also, eigentlich ist unsere Geschichte schon eine vergangene.

Anmerkung Ähem!

Geisterhand Nix ähem!

Anmerkung Doch ähem! Worauf du jetzt eigentlich noch wartest? Nachdem all dies geklärt?

Geisterhand Wir könnten schon viel weiter sein. Deinem Dauerfunken sei Dank!

Anmerkung Fängst du etwa schon wieder mit diesem Theater an?

Geisterhand Apropos Theater: wo ist die Bühne denn jetzt eigentlich?

Anmerkung Und ich dachte, es geht an einem Gully los.

Geisterhand Und vor allem, der Vorhang? Wo ist der Vorhang?

Anmerkung Müsste der nicht sowieso mal gelüftet werden?

Geisterhand Kein Wunder bei dem Gestank.

Anmerkung Was!

Geisterhand Ja, worauf wartest du denn noch?

Anmerkung Als ob ich nicht schon dabei wäre.

Geisterhand Alles andere wie ein Pläsir!

Anmerkung Sehr verehrtes Publikum,

es ist mir ein außerordentliches Vergnügen, Ihnen nun die Geisterhand präsentieren zu dürfen! Hierzu Vorhang auf!

Geisterhand Zu viel der Ehre!

Anmerkung Jetzt mach du auch mal endlich mal voran!

Geisterhand Geht es nicht eigentlich um die Geschichte? Die zu präsentieren ist? Und weniger um mich? Bei aller Ehre?

Anmerkung Ähem!

Geisterhand Ich bin die lustige Geisterhand, fleißig, freundlich und durchaus elegant.

Anmerkung Ich glaub, ich werde nicht mehr!

A3: Vor dem Imbiss

Geisterhand Es war also einmal an einem Freitag; die Nachmittagssonne über unserer Vorstadt schien mild, ein leichter Wind dazu.

Abrahams Laden befand sich im Prinzip zwischen Kalles Imbiss auf der einen Seite und dem Schulhofzaun auf der anderen Seite- aber dies hatten wir ja bereits, oder etwa nicht?

Wieso ich dies dennoch noch einmal erwähne? An dem zweistöckigen Wohnhaus, wo der Antiquitätenladen untergebracht war, und zwar seit Jahrzehnten schon, oh, wer dies schon so genau wusste, verlief an der Seite, wo der Zaun angrenzte, und zwar unmittelbar, eine Regenrinne. Die vortrefflich zu glucksen verstand, vor allem dann, wenn es ruhig war, und vor allem nachts.

Genau davor befand sich eine Haltestelle. Wenn nicht gerade Schulschluss war, waren die Linienbusse, die dort hielten, gewöhnlicherweise leer. Vereinzelte lediglich, denn sie war und ist erst die zweite Station nach der Endstation hier bei uns in der Vorstadt.

Doch genau das war ein zusätzlicher Knackpunkt; denn der betroffene Linienbus hatte an der Absperrung von Gunnar Günsch abzubremsen, kaum dass er an der Haltestelle wieder angefahren war. Was den Verdruss der jeweiligen Busfahrer nicht gerade minderte. Nein, ganz im Gegenteil.

Anmerkung Und unter Pläsir schien wohl was anderes zu verstehen gewesen zu sein.

Geisterhand Du mir aus dem Herzen sprichst. Irgendwie zumindest.

Es war also Freitag nachmittags, als eben dieses von mir beschriebene Malheur abermals passierte. So dass der soeben angefahrene Linienbus wieder abzubremsen hatte. Und wie gesagt zum Verdruss des Busfahrers.

Anmerkung Busfahrerin.Geisterhand Aber ja natürlich, mein Lieber. Hätte ich auch schon noch gesagt. Und alles andere wie eine Unbekannte hier bei uns. Schließlich bediente sie seit etlichen Jahren die Linie durch unsere Vorstadt. Das Fenster an der Fahrerseite aufgeklappt, schaute sie auf Gunnar, wobei ihr die Verärgerung im Gesicht geschrieben stand.

Anmerkung Bei der Busfahrerin es sich um Madeleine Wurm handelte. Unter ihrer hellblauen Busdienstmütze quoll lockiges, ins Brünette neigende Haar, welches ihr bis zu den Kragen reichte, hervor. Ungefähr dreißig wirkte unsere Busfahrerin nicht ganz zuletzt aufgrund ihres sommersprossigen Gesichts noch recht jung.

Geisterhand Ihre Verärgerung hatte neben der Fahrbahnverengung durch die Ewigkeitsabsperrung noch einen weiteren Grund.

Anmerkung Na klar, Madeleine wollte nach Hause.

Geisterhand Denn es war für sie die letzte Tour des Tages. Dementsprechend eilig sie es hatte.

Anmerkung Aber warum hören wir nicht einfach mal rein?

Geisterhand Von nicht allzu weit hörte man die Glocke unserer kleinen Vorstadtkirche zur halben Stunde schlagen.

Gunnnar Günsch Madeleine, was ist denn jetzt schon wieder mit dir?

Madeleine Wurm Dass du das auch noch fragst.

Gunnar Günsch Wenigstens das wird man ja wohl noch dürfen.

Madeleine Wurm Jeden Tag die gleiche Scheiße hier!

Gunnar Günsch Das kannst du aber so jetzt auch nicht sagen.

Madeleine Wurm Doch! Und wie ich das sagen kann! Außerdem habe ich gleich Feierabend! Und es dementsprechend eilig! Falls dich das interessiert!

Gunnar Günsch Mensch! Und wie mich das interessiert!

Geisterhand Mühselig lenkte Madeleine ihren Bus an Absperrung und Gunnar vorbei, nicht ohne mit den Backboard- Reifen auf den Bordstein vor Kalles Imbiss zu fahren, doch wäre dies anders so gut wie gar nicht möglich gewesen. Sodann sie die Stelle endlich passiert, wurde sichtbar, dass sich auch vor Abrahams Ladentür etwas tat. An der stand nämlich Abrahams Frau, mit einer Hand an der Klinke wohlgemerkt.

Anmerkung Nicht mehr die Allerjüngste, vertrat sie ihren Mann häufig im Laden. Mit grauer Dauerwelle versehen, quellte unter dem pinken Kittel der vierzehnfachen Mutter eine hellblaue Bluse, die an den Ärmeln hochgekrempelt, hervor.

Vor ihrem Laden vorgefahren war ein kleiner orangefarbener Straßenkehrwagen, in welchem Berry Weckerknecht. Berry selbst steckte natürlich in einer orangefarbenen Straßenkehrkluft. Nicht nur durch sein Kurzhaarschnitt wirkte der ungefähr Dreißigjährige stets äußerst gepflegt.

Berry Weckerknecht Was? Sie auch mal draußen?

Abrahams Frau Na, hören Sie mal! Schließlich muss auch ich mal frische Luft schnappen.

Berry Weckerknecht Wieso? Gibt’ s in Ihrem im Laden keine?

Abrahams Frau Na, erlauben Sie mal!

Berry Weckerknecht Man hat ja wohl noch das Recht, fragen zu dürfen.

Abrahams Frau Sehen Sie lieber zu, dass Sie Land gewinnen. Bevor Sie mir mit noch mehr Frechheiten kommen.

Berry Weckerknecht Ganz im Gegenteil!

Abrahams Frau Als ob Sie nichts anderes zu tun hätten.

Berry Weckerknecht Wissen Sie, ich hab da nämlich eine Frage. An Ihrem Mann.

Abrahams Frau Ist nicht da.

Berry Weckerknecht Wie?

Abrahams Frau Oder warum glauben Sie, stehe ich im Laden?

Berry Weckerknecht Allwissend bin ich natürlich auch nicht immer.

Abrahams Frau Ach herrje! Aber bitte schön, wenn es denn unbedingt sein muss.

Berry Weckerknecht Ach, Sie meinen, ich könnte.

Abrahams Frau Jede Frage an meinen Mann können Sie auch an mich richten. Wenn Sie mir nur nicht wieder so frech mit der Luft daherkommen.

Berry Weckerknecht Mann, war doch bloß ‘n Scherz.

Abrahams Frau Ja, ja. Also, was ist jetzt?

Berry Weckerknecht Nix? Was soll denn sein?

Abrahams Frau Mit Ihrer Frage. Oder glauben Sie, ich möchte den ganzen Tag hier Wurzeln schlagen?

Berry Weckerknecht Also, ob sie die auch haben?

Abrahams Frau Wie? Was?

Berry Weckerknecht Ich meine, wo ihr im Laden doch fast immer alles habt.

Abrahams Frau Also, wenn Sie lediglich in Rätseln sprechen, werde ich Ihnen wohl kaum auf die Sprünge helfen können.

Berry Weckerknecht Na ja, es ist doch nur, weil ich vorhin an so ’nem Plakat vorbeigefahren bin.

Abrahams Frau Na und.

Berry Weckerknecht So’ n Werbeplakat. Mit Werbung für Fruchtkaugummis.

Abrahams Frau Ich höre wohl nicht richtig.

Berry Weckerknecht Doch! Handelt sich wohl um so ganz neuartige Fruchtkaugummis.

Abrahams Frau Neuartig? Wird ja immer heiterer?

Berry Weckerknecht Ja! Laut Werbeplakat!

Abrahams Frau Oh, Herr Weckerknecht! Wie lange wir uns schon kennen.

Berry Weckerknecht Keine Ahnung! Sehr lange schon!

Abrahams Frau Dass Sie sich überhaupt mal besinnen. Dann dürfte Ihnen doch eigentlich auch klar sein, dass für Neuartiges in unserem Laden kein Platz ist.

Berry Weckerknecht Nix für ungut.

Abrahams Frau Sondern nur für das Gegenteilige; schließlich sind wir immer noch ein Antiquitätenladen.

Berry Weckerknecht Jetzt regen Sie sich doch nicht auf. Hätte ja sein können.

Männliche Stimme von der Seite Aber ich habe sie.

Anmerkung Jene Stimme von keinem Geringeren stammte wie von Kalle Mitzwitz, der aus dem offenen Visier seines Imbissladens herausschaute. Im besten Mannesalter war er zumeist mit einem karierten Hemd bekleidet, welches bis zu den Ärmeln hochgekrempelt war. Markenzeichen jedoch eine um seine kräftige Statur umgebundene weiße Schürze; die in aller Regel von alldem, was sein Imbiss hergab, vollgekleckert war: Mayospritzer, Senfspritzer, Ketschupspritzer, Fettspritzer.

Geisterhand Berry schaute sich um; Abrahams Frau, sie war verschwunden.

Kalle Mitzwitz Straßenkehrer!

Geisterhand Berry war etwas verdutzt, und so wirkte er auch.

Kalle Mitzwitz Was du hast?

Berry Weckerknecht Nichts.

Kalle Mitzwitz Nichts? So, so.

Berry Weckerknecht Es ist nur.

Kalle Mitzwitz Sprich dich nur aus.

Stimme von einen der Stehtische vor dem Imbiss Etwas, was noch nie geschadet hat.

Anmerkung Hierbei es sich um Olias Frech handelte; er war der Streifenpolizist hier bei uns in der Vorstadt, sein Posten auch nur ein paar Steinwürfe entfernt. Olias war groß und schlank und gleichsam wie Berry noch recht jung. Natürlich steckte er in einer Polizeiuniform, frei nach dem Motto: “was denn sonst auch?”.

Olias Frech war gerade beim Verzehren von Currywurst und einer gehörigen Portion Pommes mit Mayo, mit Ketchup; dazu eine große, kalte Cola.

Berry Weckerknecht Seit wann du Kaugummi führst.

Olias Frech Kein Wunder, wenn man seinen Standort in unmittelbarer Nähe einer Schule hat.

Kalle Mitzwitz Ein simples Geschäftsmodell.

Olias Frech Eher ein Ausbeuten von Taschengeldern. Wenn man mich fragt.

Kalle Mitzwitz Dich fragt aber keiner. Und schließlich muss man heutzutage ja auch sehen, wo man bleibt.

Geisterhand Und dann zum Straßenkehrer.

Kalle Mitzwitz Der allerneueste Schrei. Möchtest du auch welche?

Geisterhand Berry Weckerknecht lediglich mit den Achseln zuckelte.

Berry Weckerknecht Weiß nicht.

Kalle Mitzwitz Außerdem supergünstig.

Olias Frech Ist doch überhaupt nicht nötig.

Geisterhand Olias hatte kurzerhand ein Päckchen hervorgezückt und reichte es dem Straßenkehrer.

Kalle Mitzwitz Du weißt aber schon, dass das geschäftsschädigend ist.

Olias Frech Weiß nicht was du hast. Hab es doch von dir.

Kalle Mitzwitz Unfassbar!

Geisterhand Das Päckchen von dem Streifenpolizisten inzwischen angenommen, bemusterte Berry es von allen Seiten. Auf dem heidelbeerblauen Päckchen war eine Orangenscheibe abgebildet.

Olias Frech Nur nicht so schüchtern! Einfach mal probieren!

Geisterhand Berry mit den Achseln zuckelte.

Berry Weckerknecht Orangen?

Olias Frech Einfach köstlich.

Berry Weckerknecht Aber die, die sind irgendwie anders.

Kalle Mitzwitz Deshalb haben die ja auch so ’nen reißenden Absatz!

Berry Weckerknecht Sind anders als die vom Plakat.

Kalle Mitzwitz Plakat?

Olias Frech Ich befürchte, langsam kommen wir ins Detail.

Berry Weckerknecht Auf dem Plakat war eine Heidelbeere abgebildet.

Olias Frech Hab ich allerdings auch schon gesehen.

Kalle Mitzwitz Dafür kann ich auch nichts. Willst du jetzt welche?

Geisterhand Berry legte das Päckchen auf Olias Stehtisch ab; gleich neben dem Pappteller, auf dem sich sein Pommes- Berg befand.

Berry Weckerknecht Nee, lieber nicht.

Olias Frech Wieso denn nicht?

Geisterhand Doch Berry hatte sich schon etwas entfernt, um sich zu seinem Elektrowagen begeben.

Olias Frech Schade eigentlich. Wo die Orange doch so wunderbar zu deinem Outfit passt.

Berry Weckerknecht Wie bitte?

Olias Frech Zu deinem Outfit und zu deinem Wagen.

Berry Weckerknecht Äh, ich muss dann auch weiter.

Kalle Mitzwitz Wenigstens ‘ne Cola?

Geisterhand Doch Berry zwängte sich schon in sein enges Gefährt.

Kalle Mitzwitz Ich gib dir auch eine aus.

Olias Frech Was!

Berry Weckerknecht Nee, das nächste Mal vielleicht.

Olias Frech So schön möchte ich es auch mal haben.

Geisterhand Die Handbremse gelöst, war Berry angefahren, im Schritttempo wohlgemerkt Im Gegensatz zu Madeleines Bus kam Berry mit seinem Elektrowagen spielendleicht an Gunnars Absperrung vorbei.

Berry Weckerknecht Sag mal, geschehen tatsächlich noch Zeichen und Wunder?

Geisterhand Gunnar hatte sich erhoben, und war über seinen Klappstuhl gebeugt, den er gerade zuklappte.

Gunnar Günsch Ach, Straßenkehrer, du bist’ s!

Berry Weckerknecht Dass du dich überhaupt mal bewegst.

Gunnar Günsch Na klar! Ist doch Feierabend.

Geisterhand Nicht ohne noch einen draufzusetzen? Oder vielleicht doch?

Gunnar Günsch Feierabend und Wochenende.

Berry Weckerknecht So schön möchte ich es auch mal haben.

Gunnar Günsch Aber wieso denn nicht? Heute ist doch Freitag?

Berry Weckerknecht Also, ich kann nicht so ohne Weiteres alles zuklappen.

Gunnar Günsch Du erwartest doch nicht, dass ich jetzt in Mitleid verfalle.

Berry Weckerknecht Zumindest muss ich noch zur Erddeponie. Schließlich entleert sich mein Auto nicht von alleine.

Geisterhand Insgeheim wollte natürlich auch Berry Schluss machen. Die von ihm anvisierte Erddeponie war jedoch noch ganz schön entfernt. Auf dem Weg dorthin wollte er zudem noch die Abfallkörbe an zwei Haltestellen entleeren. So hatte er es zumindest vorgesehen.

Berry Weckerknecht Na, dann mach’ s mal gut, Kanalarbeiter.

Gunnar Günsch Ein schönes Wochenende ich dir wünsche.

Eine weibliche Stimme Halt! Warte doch mal!

Geisterhand Berry wollte gerade anfahren, als auf der anderen Seite Federica Fiel aus ihrer Pension hinausstürzte.

Anmerkung Mit Sicherheit war die Pensionswirtin nicht mehr die Allerjüngste. So um die achtzig schätzte man, so genau wusste dies allerdings keiner bei uns in der Vorstadt. Die Gestalt gedrungen und klein, der Kopf, welcher mit grauem, welligem Haar versehen, leicht nach vorne gebeugt. Weiterhin hinkte die alte Dame leicht. Meist trug sie dunkle Hosen und farbige Oberteile.

Berry Weckerknecht Frau Fiel? Was ist?

Geisterhand Trotz ihrer leichten Gehbehinderung hatte sie es bereits über die Straße bis zu seinem orangenfarbenen Vehikel geschafft.

Federica Fiel Du kannst mich doch ganz bestimmt ein Stückchen mitnehmen. Du weißt ja.

Geisterhand Nicht, dass die alte Dame doch etwas außer Atem geraten war.

Federica Fiel Dass ich nicht mehr die Allerjüngste bin!

Geisterhand Schnell war Berry um das kleine Elektroauto herum, und öffnete die Beifahrertür.

Berry Weckerknecht Wenn ich bitten darf! Ist nur ein klein wenig eng.

Federica Fiel Oh, das seh ich jetzt auch gerade. Da brauch ich allerdings etwas, bis ich mich da hineingequetscht habe.

Berry Weckerknecht Ihre Tasche können wir ja nach hinten tun.

Federica Fiel Glauben Sie, dass das wirklich geht?

Berry Weckerknecht Aber ja doch.

Federica Fiel Nicht, dass dabei was kaputt geht.

Geisterhand Schon hatte er ihr die große, schwere Tasche, die sie bei sich trug, abgenommen. Auf der Lade des kleinen Wagens hatte sich zwar schon eine Menge Abfall und Laub angehäuft. Kurzerhand stopfte er die Tasche in einen noch einigermaßen sauberen Eimer.

Federica Fiel Da ist nämlich was ganz Wichtiges drin.

Berry Weckerknecht Wichtig und gewichtig. So schwer wie Ihre Tasche ist.

Federica Fiel Und weißt du was?

Berry Weckerknecht Ich befürchte, Sie werden es mir gleich sagen.

Kalle Mitzwitz Federica! Nicht Lust auf ‘nen Kaffee?

Federica Fiel Nee, heute nicht.

Kalle Mitzwitz Ich lass auch einen springen.

Federica Fiel Aber ich muss doch zu Amalie heute.

Olias Frech Mich fragt mal wieder keiner.

Kalle Mitzwitz Ach so. Heute ist ja Freitag.

Federica Fiel Außerdem bring ich ihr auch noch was mit.

Geisterhand Berry schaute sich um; Gunnar war inzwischen verschwunden. Tatsächlich dauerte es etwas, bis sich die Pensionärin hineingezwängt hatte.

Kalle Mitzwitz Schon wieder nicht!

Olias Frech Mann, was ist denn jetzt schon wieder?

Kalle Mitzwitz Oh, dieser Gunnar!

Olias Frech Jetzt hast du ja Ruhe vor ihm.

Kalle Mitzwitz Vor Gunnar vielleicht.

Olias Frech Und dies gleich für zwei Tage.

Kalle Mitzwitz Aber nicht vor dem Gestank.

Olias Frech Kein Grund zur Aufregung.

Kalle Mitzwitz Denn den Gully hate er schon wieder nicht zugemacht.

Olias Frech Was ist jetzt mit dem Kaffee für Frau Fiel?

Kalle Mitzwitz Vergessen? Oder einfach nur zu blöde?

Olias Frech Ich würde mich freiwillig opfern.

Kalle Mitzwitz Mann, nerv mich du bitte nicht auch noch. Außerdem hast du doch schon ‘ne Cola.Olias Frech Ist doch schon alle.

A4: An der Kreuzung

Geisterhand Die an Kalles Imbiss von Federica erwähnte Amalie war und ist ebenfalls so etwas wie eine Institution in unserer Vorstadt. Gemeinsam mit ihrem Mann Dimitri betrieb sie eine Eckkneipe hier bei uns.

Und in letzter Zeit war es so, dass Federica in der Kneipe häufiger aushalf; vor allem am Wochenende. Dabei war ihr einmal aufgefallen, dass Amalie in der Küche ihrer Kneipe nicht über ausreichend Behältnisse für Gewürze und Ähnlichem verfügte. Dem wollte sie abhelfen, wozu der Inhalt der Tasche, welche nun auf dem Rücken des engen Elektrowagens, dienen sollte: denn es waren nichts weiter wie acht Aufbewahrungsdosen, welche sie Amalie überlassen wollte.

Im Übrigen war eng in dem Elektroauto kein Ausdruck; zusammengepfercht wie zwei Ölsardinen hockten Berry und Federica in der Fahrerkabine des Straßenkehrwagens. Berry gewann wenigstens etwas Platz, indem er einen Ellenbogen zum Fenster rausdrückte, während die leicht eingenickten Köpfe bis an die Decke des Gefährts reichten.

Berry Weckerknecht Amalie wird sich bestimmt freuen über das Geschenk.

Federica Fiel Oh, sie wird sich nicht nur freuen, sondern auch freuen.

Geisterhand Berry hatte indes das Radio im Auto eingeschaltet.

Federica Fiel Du hast aber ein schickes Radio.

Berry Weckerknecht Na ja.Federica Fiel Und so modern.

Berry Weckerknecht Dafür knistert die Musik. Finden Sie nicht?

Federica Fiel Kein Wunder, die ist wiederum alt.

Berry Weckerknecht Und so schön traurig.

Federica Fiel Die war modern, als ich noch eine flotte Propellermaschine war.

Berry Weckerknecht Ich kenn den, ich meine, den Titel.

Federica Fiel Ja, lang ist ‚s her.

Berry Weckerknecht Und den Sänger, den kenn ich ach.

Federica Fiel Kennt doch jedes Kind.

Berry Weckerknecht Ich habe wohl ein Blackout! Oh weh!

Federica Fiel Das macht nichts. Ich kann dir auf die Sprünge helfen.

Berry Weckerknecht Ja bitte, dann tun Sie es. Erlösen Sie mich.

Federica Fiel Das ist “Goodbye my Love, Goodbye“.

Berry Weckerknecht Aber ja, natürlich.

Federica Fiel Von Demis Roussos.

Berry Weckerknecht Fällt mir wie Schuppen aus den Haaren. Jetzt, wo Sie ‚s sagen.

Federica Fiel Schön traurig.

Berry Weckerknecht Na ja, schließlich wird man ja auch nicht jünger.

Federica Fiel Wem sagst du das?

Geisterhand Die weitere Fahrt verlief ohne besondere Vorkommnisse. Die Hauptstraße führte schnurstracks bis zu einer Kreuzung, die gerade auf Grün stand. Jedoch hatte er zu stoppen, denn genau an der Beifahrerseite befand sich die eckige Eckkneipe der Hochs.

Federica Fiel Magst nicht mit reinkommen?

Berry Weckerknecht Nee, geht nicht. Muss noch ein bisschen was tun.

Federica Fiel Dann später vielleicht.

Geisterhand Er öffnete ihr schnell noch die Tür. Bei ihrem Herauszwängen stützte er sie ein klein wenig am Ellenbogen.

Berry Weckerknecht Warten Sie! Ich trage Ihnen noch die Tasche rein.

Federica Fiel Danke, aber das ist nun wirklich nicht auch noch nötig. Das krieg ich gerade noch allein hin.

Geisterhand Gesagt, getan, mit der schweren Tasche sie bis zur Eingangstür der Kneipe hinkte, worin sie alsbald verschwunden war. Als Berry sich wieder in sein Auto gesetzt hatte, war die Ampel natürlich längst rot.

Es war ruhig, denn er war mit seinem orangefarbenen fahrbaren Untersatz der Einzige an der Kreuzung. Nicht mal das kleine Radio dudelte mehr, ganz im Gegenteil, es zischte nur noch. Wütend schlug er dagegen, denn es war nigelnagelneu, in der Tat, in der Tat.

War es die Einöde an der Ampel? Die Warterei? Das Grün, es ließ und ließ auf sich warten. Oder lag es am Ende am langen Arbeitstag, der natürlich auch Tribut forderte? Auf jeden Fall spürte Berry auf einmal Müdigkeit in den Augen. Schwer fiel es ihm, sie offenzuhalten. Der Kopf schon verdächtig nahe bis zum Lenkrad hinuntergenickt, als die Kirchturmglocke zur vierten Stunde schlug; zur vierten Nachmittagsstunde wohlgemerkt.

Berry aufgeschreckt, denn die Kirche befand sich in unmittelbarer Verlängerung der Kneipe an der Ecke an der anderen Seite der Kreuzung. Dementsprechend laut, hinter der Kirche im Übrigen ein flaches Gebäude, welches lange Jahre stillgestanden war. Und davor die Einbuchtung für eine der beiden Haltestellen, wo die Abfallkörbe, an welchem er sich noch verdingen wollte.

Das Gebäude war der ehemalige Sitz eines ehemaligen Bekleidungslagers, doch war die Firma schon vor vielen, vielen Jahren aus unserer Vorstadt weggezogen.

Vor Kurzem jedoch war hier ein Islamisches Zentrum errichtet worden; sogar mit einer kleinen Moschee. Und genau an diesem Tag hatte dort ein Ereignis stattgefunden, denn das erste Freitagsgebet wurde abgehalten. Vieles war freilich noch improvisorisch, doch der Auftakt ein geglückter war.

Nach dem Gebet fiel Hasan Ibrahim Rahman, der neue Imam hier bei uns, was ins Auge. Etwas, was seine Stimmung etwas trübte; eine Kleinigkeit zwar nur, doch immerhin.

Von dem, was sich hinter den Mauern des neuen Zentrums abspielte, wusste Berry natürlich nichts. Doch zu alldem später etwas was mehr. Und natürlich auch zu Hasan Ibrahim Rahman.

Zunächst jedoch zurück zu Berry, der noch immer vor der Ampel wartete, und der noch immer mit dem Einschlafen zu kämpfen hatte. Ach, diese verflixte Ampel, wo doch jenseits der Kreuzung die beiden letzten Abfallkörbe auf ihn warteten. Gegenüber der neuen Moschee, beziehungsweise diagonal gegenüber der Kneipe ein Parkplatz, vor dem eine langgezogene Einbuchtung. Dies war zum einen die Haltestellen für die Linienbusse der entgegengesetzten Richtung; zum anderen auch noch der Stand für haargenau ein Taxi.

In dem Taxi hockte Leonid Zimmermann und las Zeitung.

Berry Weckerknecht So schön möchte ich es auch mal haben.

Geisterhand Grübelte Berry so vor sich hin, als sich seine schlafversessenen Augen auf die Ampel konzentrierten. Von einem Moment zum nächsten schoss sein Kopf, welches beinahe schon völlig auf dem Lenkrad, in die Höhe. Nicht hundertprozentig überliefert ist, ob er sich hierbei eine Beule eingefangen hatte, aufgrund der Niedrigkeit des Autos, was freilich für die Decke galt; ja insbesondere für die Decke.

Auf jeden Fall war er wieder hellwach, nein, von Müdigkeit nichts mehr zu spüren.

Berry Weckerknecht Das gibt es doch nicht!

Geisterhand An dem Zaun des Gartens, welcher die Kirche umgarnte, waren gleich zwei Plakate angebracht worden: eines zeichnete das Konterfei unseres Vorstadt- Großbürgermeister Klein ab, dass andere wiederum Reklame für jene neuartigen Fruchtkaugummis. Und offenbar wieder für die gleiche Marke; doch, doch, ganz offenkund dem so war.

Diesmal war jedoch eine riesige Orangenscheibe abgebildet, gleichsam wie auf dem heidelbeerblauen Päckchen von Olias Frech. Heidelbeerblau dafür diesmal das Plakat mit der Orange.

Endlich schaltete die Ampel auf Grün. Berry war immer noch der Einzige an der Kreuzung, weit und breit. So dass er in aller Gemütlichkeit zu den Abfallkörben der Haltestellen hätte tuckern können.

Anmerkung Hätte können, wie man auch schon an der Formulierung erkennt.

Geisterhand Richtig, mein Lieber!

Anmerkung Sondern.

Geisterhand Dass du dich überhaupt mal wieder zu Wort meldest.

Anmerkung Was für ein Pläsir, nicht wahr?

Geisterhand Du mir aus der Seele sprichst.

Anmerkung Mann!

A5: In der Tankstelle Tunkel

Geisterhand Zurück zu unserem Straßenkehrer. Denn anstatt die Kreuzung zu überqueren, lenkte er nach links ein, wo sich die Tankstelle Tunkel befand. Ähem!

Anmerkung Hey, das ist doch mein Einwand.

Geisterhand Ähem!

Anmerkung Das mit dem Ähem, meine ich.

Geisterhand Was für ein Pläsir, nicht wahr?

Anmerkung Einfach nur plump!

Geisterhand Die Bühne! Jetzt frei für dich!

Anmerkung Mann!

Der Tankwart Tunkel war in dem Moment, als Berry in dessen Shop eintrat, mit dem Befüllen von Regalen hinter seiner Verkaufstheke beschäftigt. Tunkels großgewachsene Gestalt war in einem blauen Tankwartoverall gesteckt; er war ungefähr genauso alt wie unser Straßenkehrer.

Berry Weckerknecht Hätt ich dir gar nicht zugetraut.

Tankwart Tunkel Horcht, wer kommt von draußen rein?

Berry Weckerknecht So schöne Musik.

Tankwart Tunkel Ja, schön traurig.

Berry Weckerknecht Nur wer das noch mal singt?

Geisterhand Aus einem uralten Röhrenradio, welches auf einem der Regalfächer, und so gar nicht zu der modernen Einrichtung der Tanke passte. Die Musik knisterte; natürlich mono, frei nach dem Motto: “was sonst?”.

Berry Weckerknecht Meinst du, ich komm jetzt drauf?

Tankwart Tunkel Ah, daher der Hahn kräht!

Berry Weckerknecht Man wird schließlich auch nicht jünger.

Tankwart Tunkel Der Tankwart Tunkel dir mal ‘nen Tipp gibt: uralt.

Berry Weckerknecht Ja, das ist mir schon klar, das weiß ich denn auch noch. Nur wer das nochmal gesungen hat?

Tankwart Tunkel Dem auf die Sprünge geholfen werden kann.

Berry Weckerknecht Ach, Tunkel! Dann tu es doch einfach.

Tankwart Tunkel Also, bei der Gruppe handelt es sich um.

Berry Weckerknecht Ein mich auf die Folter spannen dies nennt.

Tankwart Tunkel Um Pussycat.

Berry Weckerknecht Ah!

Tankwart Tunkel Und das Lied heißt “Mississippi”!

Berry Weckerknecht Aber ja, natürlich!

Tankwart Tunkel Der Tankwart Tunkel einen Groschen hinabstürzen hört.

Berry Weckerknecht Kein Wunder! Wenn man auf dem Schlauch steht!

Tankwart Tunkel Bis in unendliche Tiefen.

Berry Weckerknecht Bis in unendliche? Findest du nicht, dass du ein wenig zu weit gehst?

Tankwart Tunkel Mitnichten! Schließlich war es ja auch nicht der Tankwart Tunkel, der auf dem Schlauch gestanden!

Berry Weckerknecht Oh je. Aber meinetwegen, von mir aus.

Geisterhand Aus dem alten Röhrenradio mittlerweile die “Elisabeth- Serenade” ertönte, während Berry sich der gläsernen Schiebetür zugewandt hatte.

Berry Weckerknecht Na denn, nix für ungut.Tankwart Tunkel Das war alles?

Berry Weckerknecht Wie das war alles?

Tankwart Tunkel Oh je! Nicht, dass du schon wieder auf dem Schlauch.

Berry Weckerknecht Ein Wunder, wenn du in Rätseln sprichst?

Tankwart Tunkel Was der Tankwart Tunkel nicht gemacht hat. Sondern lediglich gefragt, ob das alles war. Warum du den Tankwart Tunkel aufgesucht.

Berry Weckerknecht Aber ja natürlich, Tunkel. Schließlich habe ich noch jede Menge andere Dinge zu erledigen.

Tankwart Tunkel Und deswegen bist du in seinenShop gekommen? Um sich nach einem Lied zu fragen?

Berry Weckerknecht Reiner Zufall!

Tankwart Tunkel Seltsam!

Berry Weckerknecht Ja! Nein!

Tankwart Tunkel Was denn nun?

Berry Weckerknecht Wollte lediglich wissen, ob du auch diese neuartigen Kaugummis hast.

Tankwart Tunkel Für Neuartiges immer empfänglich! Schließlich muss ja auch ein Tankwart Tunkel sehen, wo er bleibt!

Berry Weckerknecht Ich fürchte, du hast mich nicht verstanden. Ich meine, ganz bestimmte. Gegenüber von dir ist doch ein Plakat von diesen Kaugummis.

Geisterhand Tunkel nur mit den Achseln zuckelte.

Berry Weckerknecht An der Kirche!

Geisterhand Tunkel herüberspähte.

Tankwart Tunkel Ach, die! Aber natürlich hat der Tankwart Tunkel die! Ganz frische Lieferung!

Berry Weckerknecht Na, denn mal nix für ungut, Tunkel!

Tankwart Tunkel Schließlich muss man auch als Tankwart Tunkel sehen.

Berry Weckerknecht Wo er bleibt, ja, ja!

Tankwart Tunkel Ach, dann willst du welche jetzt.

Berry Weckerknecht Wie?

Tankwart Tunkel Von den neuartigen Kaugummis.

Berry Weckerknecht Ich denke, ich kann mich gerade noch beherrschen.

Geisterhand Doch Tunkel hatte jedoch schon ein Päckchen aus einen seiner Regalfächer gezückt.

Berry Weckerknecht Weißt du, ich mach mir nämlich nichts aus Kaugummis! Ehrlich gesagt!

Geisterhand Tunkel das Päckchen auf die Verkaufstheke schleuderte, gleich neben der Kasse.

Berry Weckerknecht Nanu?

Tankwart Tunkel Kann der Tankwart Tunkel nur empfehlen!

Berry Weckerknecht Die sind anders!

Tankwart Tunkel Und gar nicht teuer!

Berry Weckerknecht Anders als die der Frech hat!

Tankwart Tunkel Was! Den alten Hallodri hast du auch schon wieder getroffen?

Berry Weckerknecht Beim Kalle! Beim Currywurst schlemmen!

Tankwart Tunkel Na klar, wo sonst auch? Also willst du jetzt welche?

Berry Weckerknecht Aber das Päckchen ist ja orange.

Tankwart Tunkel Passt doch zu dir!

Berry Weckerknecht Mit einer Heidelbeere drauf!

Tankwart Tunkel Hat wohl was mit dem Geschmack des Fruchtkaugummis zu tun.

Berry Weckerknecht Ja, aber Tunkel, das ist es doch. Bei denen vom Frech war es haargenau andersrum; da war das Päckchen blau.

Tankwart Tunkel Ach so, du möchtest die mit Orangengeschmack? Hab ich auch.

Geisterhand Der Straßenkehrer war wohl in die Lichtschranke der gläsernen Schiebetür getreten, so dass sie sich nun auftat.

Berry Weckerknecht Passt das blaue Päckchen eigentlich nicht eher zu deinem Outfit?

Tankwart Tunkel Wie darf ein Tankwart Tunkel denn das nun schon wieder verstehen?

Berry Weckerknecht Nix für ungut.

Tankwart Tunkel Ganz schön traurig alles irgendwie.

Berry Weckerknecht Nee, das ist “Mama Loo”.

Tankwart Tunkel Doch nicht etwa von den Les Humphries Singers?

Berry Weckerknecht Na klar! Kenn sogar ich!

Tankwart Tunkel Ah, bevor ich’ s vergesse.

Berry Weckerknecht Also, falls du noch einen deiner Kaugummis in der Hinterhand hast.

Tankwart Tunkel Wieso? Hast du‘ s dir doch anders überlegt?

Berry Weckerknecht Ich glaube, das ist wirklich nix für mich!

Tankwart Tunkel Käme es nicht auf eine Kostprobe an?

Berry Weckerknecht Tschau.

Tankwart Tunkel Nein, warte noch! Bevor ich‘ s vergesse!

Berry Weckerknecht Nix da! Ich bin in Eile!

Tankwart Tunkel Der Eimer vorm Eingang!

Geisterhand Tatsächlich stand vor dem Shop zwischen Kübeln mit Rosen, und anderen Blumen ein dunkelblaues Abfallbehältnis. Nicht dass bei Berry ein Licht aufging, als er das Ding in Visier genommen hatte. Oder vielleicht etwa doch?

Berry Weckerknecht Als ob ich erahne, auf welchen Dampfer du gerade dampfst.

Tankwart Tunkel Wie es den Tankwart Tunkel freut, dass er auch mal verstanden wird.

Berry Weckerknecht Ich glaub, jetzt schlägt‘ s dreizehn! Kann doch nicht dein Ernst sein!

Tankwart Tunkel Und wie!

Berry Weckerknecht Falls es dich interessiert: ich bin ausschließlich für den öffentlichen Abfall zuständig. Und nicht für den privaten.

Tankwart Tunkel Oh, Straßenkehrer! Mein Abfalleimer ist ja auch öffentlich.

Berry Weckerknecht Da lachen ja die Hühner!

Tankwart Tunkel Für meine Kunden schon!

Geisterhand Weckerknecht zog die Augenbrauen hoch, dass es nur so knirschte. Als er den Abfallbehältnis vom Tunkel über die Lade seines Wagens auskippte, purzelte nichts weiter wie Orangenschalen raus.

Berry Weckerknecht Deine Kunden scheinen wohl eine außerordentliche Vorliebe für Orangen zu haben.